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21 Urteile

Online seit heute

VPRRS 2024, 0217
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Finanzhilfevereinbarung und Kaufvorvertrag = öffentlicher Bauauftrag?

EuGH, Urteil vom 17.10.2024 - Rs. C-28/23

1. Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/18/EG (...) ist dahin auszulegen, dass ein Vertragswerk zwischen einem Mitgliedstaat und einem Wirtschaftsteilnehmer, das aus einer Finanzhilfevereinbarung und einem Kaufvorvertrag besteht, die im Hinblick auf die Errichtung eines Fußballstadions geschlossen wurden, einen "öffentlichen Bauauftrag" im Sinne dieser Bestimmung darstellt, sofern mit dem Vertragswerk gegenseitige Verpflichtungen zwischen dem Mitgliedstaat und dem Wirtschaftsteilnehmer begründet werden, darunter die Verpflichtung zum Bau des Stadions gemäß den vom Mitgliedstaat genannten Bedingungen und eine einseitige Option des Wirtschaftsteilnehmers, die der Verpflichtung des Mitgliedstaats entspricht, das Stadion zu erwerben, und sofern dem Wirtschaftsteilnehmer mit dem Vertragswerk eine staatliche Beihilfe gewährt wird, die von der Kommission als mit dem Binnenmarkt vereinbar anerkannt wurde.*)

2. Die Richtlinie 89/665/EWG (...) und die Richtlinie 2014/24/EU (...) sind dahin auszulegen, dass sie der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften, wonach ein unter Verstoß gegen das Vergaberecht geschlossener Vertrag ex tunc absolut nichtig ist, im Rahmen einer Nichtigkeitseinrede des öffentlichen Auftraggebers nicht entgegenstehen, sofern die eine solche Nichtigkeit vorsehenden Rechtsvorschriften im Fall eines öffentlichen Auftrags, der in den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/24 fällt, das Unionsrecht einschließlich der allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätze beachten.*)

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Online seit gestern

VPRRS 2024, 0216
DienstleistungenDienstleistungen
Auftraggeber darf Vergabeunterlagen nachträglich ändern!

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.09.2024 - 15 Verg 9/24

1. Im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb prüft der öffentliche Auftraggeber die Eignung der am vorgeschalteten Wettbewerb teilnehmenden Unternehmen, bevor er sie zum Verhandlungsverfahren zulässt. Mit der positiven Eignungsprüfung wird - anders als im offenen Verfahren - ein Vertrauenstatbestand für die zum Verhandlungsverfahren zugelassenen Unternehmen begründet.

2. Die zum Verhandlungsverfahren zugelassenen Unternehmen müssen nicht damit rechnen, der ihnen durch die Erstellung der Angebote und Teilnahme am Wettbewerb entstandene Aufwand könnte dadurch nachträglich nutzlos werden, dass der Auftraggeber ihre Eignung auf gleichbleibender tatsächlicher Grundlage später nochmals abweichend beurteilt.

3. Der öffentliche Auftraggeber ist berechtigt, die Vergabeunterlagen im laufenden Vergabeverfahren zu ändern, sei es zur Korrektur von Vergaberechtsverstößen oder aus Gründen der Zweckmäßigkeit, sofern dies nur in einem transparenten Verfahren und diskriminierungsfrei geschieht. Die Änderungsbefugnis des Auftraggebers bezieht sich auf alle Bestandteile der Vergabeunterlagen, so die Leistungsbeschreibung, Zuschlagskriterien, Unterkriterien und Gewichtungen.

4. Der maßgeblichen Stufen des Vergabeverfahrens sind fortlaufend zu dokumentieren. Insbesondere ist die Wertungsentscheidung des Auftraggebers so zu dokumentieren, dass sie inhaltlich nachzuvollziehen ist.

5. Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben. Die Dokumentation ist kein Selbstzweck.

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Online seit 31. Oktober

VPRRS 2024, 0215
Beitrag in Kürze
VerkehrVerkehr
Teuerster Bieter zu teuer oder günstigere Bieter zu billig?

VK Bund, Beschluss vom 03.07.2024 - VK 2-47/24

1. Der Auftraggeber hat für die Entscheidung der Frage, ob der Preis eines Angebotes ungewöhnlich niedrig erscheint, grundsätzlich einen Einschätzungs- bzw. Beurteilungsspielraum, der von ihm pflichtgemäß und damit fehlerfrei auszuüben ist.

2. Die Aufgreifschwelle für die Einleitung einer Preisprüfung ist erreicht, wenn sich einzelne Angebote erheblich von anderen Angeboten oder von der Kostenschätzung des Auftraggebers absetzen. Das ist im Regelfall bei einem Abstand von mindestens 20% des betroffenen zum nächstgünstigeren Angebot gegeben.

3. Ein Auftraggeber darf auch unabhängig vom Vorliegen eines ungewöhnlich niedrigen Preises jederzeit in eine Preisaufklärung eintreten, wenn wegen des Preisabstands Anlass hierfür gegeben ist. Somit kann er auch das teuerste Angebot in die Aufklärung einbeziehen, um eine plausible Einschätzung der Marktüblichkeit der eingegangenen Angebote vornehmen zu können.

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Online seit 30. Oktober

VPRRS 2024, 0214
Beitrag in Kürze
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Nicht jedes vergessene Kreuz führt zum Angebotsausschluss!

VK Nordbayern, Beschluss vom 08.08.2024 - RMF-SG21-3194-9-19

Setzt der Bieter im VHB-Formblatt 213.H kein Kreuz unter "Vertragsformular für Instandhaltung [...]" und trägt er unter Ziffer 2.1 keine Gesamtsumme für den Instandhaltungsvergütung ein, führt das nicht zum Angebotsausschluss wegen Unvollständigkeit, wenn der Wartungsvertrag dem Angebot als Anlage beigefügt ist und die geforderte Gesamtsumme enthält.

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Online seit 29. Oktober

VPRRS 2024, 0213
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Keine "vergleichbare" Referenz vorgelegt: Bieter ist ungeeignet!

VK Berlin, Beschluss vom 05.05.2023 - VK B 1-19/22

1. Die Bestimmung des Hauptgegenstandes des Vertrages erfolgt nach den Umständen des Einzelfalles. Dabei ist auf die wesentlichen, vorrangigen Verpflichtungen abzustellen, die den Auftrag als solchen prägen, und nicht auf die Verpflichtungen bloß untergeordneter oder ergänzender Art die zwingend aus dem eigentlichen Gegenstand des Vertrages folgen. Der jeweilige Wert der dabei erbrachten Einzelleistungen ist insoweit nur ein Kriterium unter anderen, die bei der Ermittlung des Hauptgegenstandes zu berücksichtigen sind.

2. Die Erkennbarkeit von Verstößen gegen Vergabevorschriften hat zwei Komponenten. Erkennbarkeit ist auf die einen Rechtsverstoß begründenden Tatsachen und deren rechtliche Bewertung als Vergaberechtsverstoß zu beziehen. Eine Rügepräklusion kommt in der Regel nur bei auf allgemeiner Überzeugung der Vergabepraxis beruhenden und ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht. Der Verstoß muss so offensichtlich sein, dass er einem verständigen Bieter bei der Vorbereitung seines Angebots bzw. seiner Bewerbung auffallen muss.

3. Bei dem Begriff "vergleichbare Leistung" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der anhand des Wortlauts der Vergabeunterlagen und von Sinn und Zweck der geforderten Angaben unter Berücksichtigung des Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatzes auszulegen ist. Dabei bedeutet die Formulierung "vergleichbar" nicht "gleich" oder gar "identisch", sondern, dass die Leistungen im technischen oder organisatorischen Bereich einen gleich hohen oder höheren Schwierigkeitsgrad hatten.

4. Die Eröffnung der sog. "zweiten Chance" durch eine Zurückversetzung des Vergabeverfahrens, kommt nur in Betracht, wenn aufgrund der Sach- und Rechtslage am Schluss der (letzten) mündlichen Verhandlung feststeht, dass ein vergaberechtskonformer Zuschlag unmöglich ist und sich daran auch durch bloße Fortsetzung des Vergabeverfahrens nichts mehr ändern kann. Es genügt nicht, wenn lediglich diese Möglichkeit im Raum steht, etwa weil noch die ergebnisoffene Prüfung konkurrierender Angebote durch den Auftraggeber auf Ausschlussgründe aussteht, die diesem einen Beurteilungsspielraum auf der Tatbestandsebene und/oder einen Ermessensspielraum bei der Rechtsfolge einräumen.

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Online seit 28. Oktober

VPRRS 2024, 0209
Brief- und PaketdienstleistungenBrief- und Paketdienstleistungen
Mal wieder: IHK ist kein öffentlicher Auftraggeber!

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 18.01.2024 - 1 VK 6/23

Industrie- und Handelskammern sind mangels Staatsnähe keine öffentlichen Auftraggeber i. S. des § 99 Nr. 2 GWB (Anschluss an VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 08.05.2007 - 3 VK 4/07, IBRRS 2010, 0506 = VPRRS 2010, 0068).

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Online seit 25. Oktober

VPRRS 2024, 0212
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Drittstaats-Unternehmen haben keinen Anspruch auf Gleichbehandlung!

EuGH, Urteil vom 22.10.2024 - Rs. C-652/22

Unternehmen, die aus Drittstaaten kommen, die keine internationalen Übereinkünfte mit der Europäischen Union im Bereich des öffentlichen Auftragswesens geschlossen haben, haben in Vergabeverfahren keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit in der Europäischen Union ansässigen Unternehmen.

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Online seit 24. Oktober

VPRRS 2024, 0211
NachprüfungsverfahrenNachprüfungsverfahren
Vergaberechtsschutz nur bei verschlechterter Zuschlagschance!

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 26.04.2023 - 3 VK 1/23

1. Die positive Kenntnis des Bieters wird zwar, insbesondere hinsichtlich der rechtlichen Wertung, häufig erst nach anwaltlicher Beratung zu bejahen sein. Allerdings ist dann eine Grenze erreicht und von einer Rügeobliegenheit auszugehen, wenn der Kenntnisstand des Bieters in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einen solchen Grad erreicht hat, dass seine Unkenntnis vom Vergaberechtsverstoß nur als ein mutwilliges Sich-Verschließen vor der Erkenntnis dieses Rechtsverstoßes verstanden werden kann (hier bejaht).

2. Eignungskriterien sind in der Auftragsbekanntmachung aufzuführen, wobei eine Verlinkung mit der Auftragsbekanntmachung ausreicht.

3. Kann sicher ausgeschlossen werden, dass sich ein festgestellter Vergaberechtsverstoß auf die Auftragschancen des Antragstellers ursächlich ausgewirkt haben kann, fehlt die Antragsbefugnis.

4. Auf eine Verletzung der Dokumentationspflicht, die grundsätzlich bieterschützend ist, kann sich ein Bieter nur insoweit stützen, wie sich die Versäumnisse des Auftraggebers auf seine Rechtsstellung und die Auftragschancen im Vergabeverfahren negativ ausgewirkt haben können.

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Online seit 23. Oktober

VPRRS 2024, 0208
GesundheitGesundheit
Durch einen Fördermittelbescheid wird man kein öffentlicher Auftraggeber!

VK Niedersachsen, Beschluss vom 19.06.2024 - VgK-11/2024

1. Für die Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber kommt es (nur) darauf an, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweils einschlägigen Tatbestandsvariante für die betreffende Einrichtung bei objektiver Betrachtung erfüllt sind. Subjektive Vorstellungen sind insoweit unerheblich.

2. Unter dem Begriff der Finanzierung in § 99 Nr. 2 GWB ist ein Transfer von Finanzmitteln zu verstehen, der ohne spezifische Gegenleistung mit dem Ziel vorgenommen werde, die Tätigkeit der betreffenden Einrichtung zu unterstützen. Da dieser Begriff funktional auszulegen ist, schließt das Kriterium der überwiegenden Finanzierung durch öffentliche Stellen auch eine mittelbare Finanzierungsweise ein. Zahlungen, die im Rahmen eines Leistungsaustausches gewährt werden, stellen hingegen keine öffentliche Finanzierung dar.

3. Von einer "Verbindung" i.S.v. § 99 Nr. 4 GWB kann nur gesprochen werden, wenn nach einer Gesamtbewertung aller Umstände Bau- und Dienstleistungsauftrag in einem funktionalen Verhältnis zueinanderstehen. Dabei ist zu fordern, dass die Beschaffungsmaßnahme insoweit auf das Bauvorhaben als solches ausgerichtet und zugeschnitten ist, d.h. die zu beschaffenden Gegenstände speziell auf die Situation im Gebäude angepasst werden müssen und es sich nicht um standardisierte Geräte oder in bestimmten Zyklen zu ersetzende Geräte handelt, sondern auf dauerhaften Einsatz in dem Gebäude bzw. Krankenhaus abgestellt sind (hier verneint).

4. Die Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber kann nicht durch die Nebenbestimmungen des Fördermittelbescheids begründet werden. Die Regelungen des § 99 GWB sind abschließend.

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Online seit 22. Oktober

VPRRS 2024, 0207
DienstleistungenDienstleistungen
Keine Dringlichkeitsvergabe bei Langzeitvertrag!

VK Niedersachsen, Beschluss vom 25.06.2024 - VgK-12/2024

1. Ein Vertrag über den Betrieb einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete ist kein Bauauftrag, sondern ein Dienstleistungsauftrag.

2. Nicht die Vergabekammer, sondern nur die Vergabestelle ist Herrin des Vergabeverfahrens. Es ist nicht Aufgabe der Vergabekammer, dem Bieter hier vor oder anstelle der Antragsgegnerin die Eignung abzusprechen. Die Vergabekammer würde mit einer solchen Entscheidung in den Beurteilungsspielraum der öffentlichen Auftraggeberin eingreifen.

3. Weicht der öffentliche Auftraggeber von der gesetzlichen Zielvorstellung einer Kombination aus Eignungs- und Zuschlagskriterien ab, weil es ihm vor allem auf ein besonders wirtschaftlich ausgerichtetes Angebot ankommt, indem er § 122 Abs. 1 GWB nur schwach inhaltlich abarbeitet, führt das nicht zu einer Verletzung der Rechte des Konkurrenten.

4. Eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb ist bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen sind. Der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt hinter die Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück, wenn bedeutende Rechtsgüter, wie etwa Leib und Leben oder hohe Vermögenswerte, unmittelbar gefährdet sind.

5. Der Zeitraum für die Dringlichkeitsbeauftragung darf als ultima ratio nur soweit bemessen werden, wie es erforderlich ist, die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Vergabe in einem ordnungsgemäßen, förmlichen Vergabeverfahren durchführen (im Regelfall maximal 12 Monate).

6. Die Unwirksamkeit der Vertrags muss nicht zwingend rückwirkend erklärt werden. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Unwirksamkeit von Anfang an unverhältnismäßig wäre.

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Online seit 21. Oktober

VPRRS 2024, 0210
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Nachforderung ausgeschlossen: Keine zweite Chance!

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.03.2023 - 1 VK 1/23

1. Anders als in der VOB/A besteht bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen kein Anspruch auf die Nachforderung fehlender Unterlagen. Bieter bzw. Bewerber haben jedoch Anspruch darauf, dass die Vergabestellen das ihnen zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausüben.

2. Sofern für die elektronische Übermittlung der Unterlagen die Verwendung einer Vergabeplattform vorgesehen ist, muss diese auch verwendet werden. Eine Übersendung der Unterlagen in anderer Form (z.B. per E-Mail) ist in diesem Fall grundsätzlich nicht zulässig, führt aber regelmäßig nur zum Ausschluss der formwidrig abgegebenen Unterlagen.

3. Grundsätzlich trägt der Bieter das Risiko der Übermittlung und des rechtzeitigen und vollständigen Eingangs seines Angebotes. Er muss sein Angebot so rechtzeitig auf den Weg bringen und den Übermittlungsvorgang beginnen, dass sein Angebot vor Fristablauf an der vorgesehenen Stelle eingegangen ist. Treten technische Schwierigkeiten beim Betrieb der verwendeten elektronischen Mittel auf, so sind die Folgen danach zu beurteilen, wessen Sphäre sie zuzuordnen sind. Bieter haben also dafür Sorge zu treffen, dass stets die neueste Version des Bieter-Cockpits auf ihrem PC oder Netzwerk installiert ist.

4. Entscheidet sich der öffentliche Auftraggeber dazu, keine Unterlagen nachzufordern, dann ist er auch nicht verpflichtet, dem Bieter Gelegenheit zur Nachreichung fehlender Unterlagen zu geben, bevor er ihn ausschließt.

5. Ist der öffentliche Auftraggeber zum Angebotsausschluss verpflichtet, kann ein rechtlich schützenswertes Vertrauen des betreffenden Bieters, sein Angebot werde nicht von der Wertung ausgeschlossen werden, nicht entstehen (hier: wegen vorheriger Bindefristverlängerung).

6. Die Installationsbedürftigkeit und potenzielle Schädlichkeit einer Software (hier: Java-Script) stellt keinen Verstoß gegen die §§ 11, 12 VgV dar.

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Online seit 18. Oktober

VPRRS 2024, 0206
DienstleistungenDienstleistungen
Nicht jeder Vergaberechtsverstoß ist eine „Unregelmäßigkeit“!

EuGH, Urteil vom 04.10.2024 - Rs. C-175/23

Art. 143 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der jeder Verstoß gegen die Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge eine "Unregelmäßigkeit" i.S.v. Art. 2 Nr. 36 dieser Verordnung darstellt, die automatisch zur Anwendung einer finanziellen Berichtigung führt, deren Höhe auf der Grundlage einer zuvor festgelegten Skala der Pauschalsätze für die Berichtigung bestimmt wird.

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Online seit 17. Oktober

VPRRS 2024, 0205
Beitrag in Kürze
ITIT
Aufhebung geht immer, kann aber teuer werden!

VK Berlin, Beschluss vom 09.09.2024 - VK B 1-39/23

1. Ein öffentlicher Auftraggeber ist aufgrund eines einmal eingeleiteten Vergabeverfahrens grundsätzlich nicht zur Zuschlagserteilung verpflichtet. Auch dann, wenn kein in den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt, kann ein öffentlicher Auftraggeber von einem Vergabeverfahren Abstand nehmen.

2. Nur in Ausnahmefällen kann ein Anspruch auf Fortsetzung des Vergabeverfahrens angenommen werden. Das ist der Fall, wenn der öffentliche Auftraggeber für seine Aufhebungsentscheidung keinen sachlichen Grund vorweisen kann und sie deshalb willkürlich ist oder wenn die Aufhebung bei fortbestehender Beschaffungsabsicht nur zu dem Zweck erfolgt, Bieter zu diskriminieren.

3. Stellt ein öffentlicher Auftraggeber vor Zuschlagserteilung einen erheblichen Fehler in den Vergabeunterlagen fest, ist er zu einer Fehlerkorrektur grundsätzlich berechtigt. Eine bereits erfolgte Submission schließt eine solche Fehlerkorrektur nicht aus.

4. Bei der rechtlichen Überprüfung einer vollständigen oder auch nur teilweisen Aufhebung eines Vergabeverfahrens ist zwischen der Wirksamkeit und der Rechtmäßigkeit der (Teil-)Aufhebungsentscheidung öffentlicher Auftraggeber zu unterscheiden.

5. Das Nichtvorliegen eines in den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannten Aufhebungsgrunds führt zu auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzansprüchen der Bieter, die möglicherweise infolge der Aufhebung oder Zurückversetzung vergeblich ein Angebot erstellt haben oder ein vollständig neues und erneut kostenaufwändiges Angebot erstellen müssen.

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VPRRS 2024, 0204
Waren/GüterWaren/Güter
Zeitdruck ist kein Grund für AGB-widrige Verträge!

OLG Köln, Urteil vom 19.07.2024 - 6 U 101/23

1. Die Klausel in einem Open-House-Vertrag zur Lieferung von Corona-Schutzausrüstung mit Vereinbarung eines "spätesten Liefertermins", bei dessen Nichteinhaltung die gegenseitigen Pflichten der Vertragsparteien entfallen und eine verspätete Lieferung keine Erfüllung des Vertrags darstellt ("absolutes Fixgeschäft"), benachteiligt die Lieferanten unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 2, Nr. 1 BGB.*)

2. Die Vereinbarung eines relativen Fixgeschäfts außerhalb der vorgegebenen Vertragsklauseln kommt in Betracht; insoweit kann aber nicht nach dem Grundsatz "falsa demonstratio non nocet" auf eine unwirksame Vereinbarung eines absoluten Fixgeschäfts zurückgegriffen werden.*)

3. Die Notwendigkeit einer zügigen Beschaffung von Schutzausrüstung unter den Bedingungen einer sich entwickelnden Pandemielage mit einer erheblichen Gefährdung für die Bevölkerung, die zeitlich begrenzte Verkehrsfähigkeit bestimmter Schutzmasken oder die Deckelung des Einkaufsvolumens sind keine hinreichenden Gründe für die Annahme eines relativen Fixgeschäfts; die Fristsetzung zur Nacherfüllung war danach nicht gem. § 323 Abs. 2, Nr. 2 BGB entbehrlich.*)

4. Die vertraglich vereinbarte Vorleistungspflicht entfällt, wenn der andere Teil zu Unrecht den Rücktritt erklärt und unmissverständlich zum Ausdruck bringt, er wolle die ihm obliegende Leistung nicht mehr erbringen.*)

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Online seit 16. Oktober

VPRRS 2024, 0203
Strom, Wasser, GasStrom, Wasser, Gas
Vergabe einer Wasserkonzession: Grundsätze für die Nachprüfung?

OLG Celle, Urteil vom 27.08.2024 - 13 U 5/23 (Kart)

Zu den Grundsätzen, die für die Nachprüfung der Entscheidung der Gemeinde in einem Wasserkonzessionsvergabeverfahren gelten.*)

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VPRRS 2024, 0202
VerkehrVerkehr
Begründung für (zu) niedrigen Preis muss objektiv überprüfbar sein!

VK Niedersachsen, Beschluss vom 08.08.2024 - VgK-14/2024

1. Ein öffentlicher Auftraggeber, der eine Sektorentätigkeit ausübt, kann bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags zwischen dem offenem Verfahren, dem nicht offenem Verfahren mit Bekanntmachung und dem Verhandlungsverfahren mit Bekanntmachung wählen.

2. Entscheidend für die Anwendbarkeit der SektVO ist allein, ob der verfahrensgegenständliche Auftrag dem Bereich der Sektorentätigkeit des Auftraggebers zuzuordnen ist.

3. Zum Sektorenbereich Verkehr gehört u. a. das Erbringen von Verkehrsleistungen, die Bereitstellung oder das Betreiben von Infrastruktureinrichtungen zur Versorgung der Allgemeinheit per Eisenbahn-, automatischen Systemen, Straßenbahn, Bus oder Seilbahn.

4. ...

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Online seit 15. Oktober

VPRRS 2024, 0201
Mit Beitrag
PlanungsleistungenPlanungsleistungen
Nachlass unter Bedingung gestellt: Änderung der Vergabeunterlagen!

VK Bund, Beschluss vom 30.08.2024 - VK 1-72/24

1. Angebote, die Änderungen der Vergabeunterlagen beinhalten, sind auszuschließen. Das gilt auch im Verhandlungsverfahren, wenn sich der Auftraggeber die Zuschlagerteilung ohne weitere Verhandlungen vorbehält.

2. Eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen liegt vor, wenn der Bieter den unbedingt anzubietenden Nachlass unter verschiedene Bedingungen stellt (hier: HOAI-konforme Ermittlung verschiedener Honorarparameter, obwohl der Vertrag von der HOAI abweichende Regelungen enthält).

3. Eine Aufklärung des von den Vergabeunterlagen abweichenden Angebots ist unzulässig, wenn sich der Auftraggeber die Zuschlagerteilung ohne weitere Verhandlungen vorbehalten hat und das Hinwegdenken der Abweichungen zu einer Änderung des Angebots führen würde.

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Online seit 14. Oktober

VPRRS 2024, 0191
Mit Beitrag
NachprüfungsverfahrenNachprüfungsverfahren
Kein Rechtsschutz im Unterschwellenbereich bei Dienstleistungskonzessionen!

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.09.2024 - 3 VK LSA 25/24

1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 TVergG-SA gilt dieses Gesetz für öffentliche Aufträge i.S.d. §§ 103 bis 105 GWB, deren geschätzter Auftragswert die Schwellenwerte nach § 106 Abs. 2 GWB nicht erreicht, so dass grundsätzlich auch Konzessionen in den Anwendungsbereich des Tariftreue- und Vergabegesetz Sachsen-Anhalt fallen.

2. Mangels konkreter Anwendungsvorschrift in der UVgO ist jedoch hinsichtlich der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen kein Nachprüfungsverfahren eröffnet.

3. Auch im Unterschwellennachprüfungsverfahren gilt: Ohne rechtzeitige Rüge ist der Antragsteller mit Einwendungen, die er bis zur Angebotsabgabe hätte geltend machen können, ausgeschlossen.

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Online seit 11. Oktober

VPRRS 2024, 0200
Mit Beitrag
GesundheitGesundheit
Eignungsleihe muss ausdrücklich ausgeschlossen werden!

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.04.2022 - Verg 47/21

1. Hat der Bieter ein vorheriges Nachprüfungsverfahren insgesamt für erledigt erklärt, spricht viel für die Begründung eines schützenswerten Vertrauenstatbestands zu Gunsten des Auftraggebers dergestalt, dass der Bieter die nach Einschätzung der Vergabekammer für unbegründet gehaltene Beanstandung bezüglich der Eignungsleihe endgültig fallen gelassen hat. Der erneuten Rüge der Unzulässigkeit der Eignungsleihe in einem weiteren Nachprüfungsverfahren stünde dann der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen.

2. Im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb prüft der öffentliche Auftraggeber die Eignung der Unternehmen grundsätzlich, bevor er sie zum Verhandlungsverfahren zulässt. Dadurch wird mit der positiven Eignungsprüfung - anders als im offenen Verfahren - ein Vertrauenstatbestand für die zum Verhandlungsverfahren zugelassenen Unternehmen begründet. Etwas anderes gilt, wenn der Bieter bis zum Abschluss des Teilnahmewettbewerbs nicht alle zur abschließenden Prüfung seiner Eignung erforderlichen Unterlagen eingereicht hat (hier: Verpflichtungserklärung des Eignungsleihgebers).

3. Öffentliche Auftraggeber trifft die Pflicht, die Vergabeunterlagen klar und eindeutig zu formulieren und Widersprüchlichkeiten zu vermeiden. Bei der Frage, welcher Erklärungswert den maßgeblichen Teilen der Vergabeunterlagen zukommt, ist im Rahmen einer normativen Auslegung auf den objektiven Empfängerhorizont der potenziellen Bieter bzw. Bewerber, also einen abstrakten Adressatenkreis, abzustellen.

4. Vor diesem Hintergrund wird der durchschnittliche Bieter von einem Ausschluss der üblicherweise zulässigen Eignungsleihe nur dann ausgehen, wenn dies klar und unmissverständlich so in den Vergabeunterlagen erklärt bzw. eine Selbstausführung vorgeschrieben wird. Schweigen die Vergabeunterlagen zur Eignungsleihe, so ist diese zulässig, da nicht auf das Übliche - ihre Zulässigkeit -, sondern auf das Ungewöhnliche - ihren Ausschluss - hingewiesen werden muss.

5. Der Auftraggeber ist verpflichtet, die Gründe für seine Auswahlentscheidung eingehend zu dokumentieren. Die Bewertungsentscheidungen ist daraufhin überprüfbar, ob die jeweilige Bewertung im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurde. Es muss nachvollziehbar sein, weshalb ein Mitbewerber besser bewertet wurde; die Wertungen müssen im Quervergleich mit den besser bewerteten Angeboten stimmig sein, insbesondere demjenigen des Zuschlagsprätendenten. Dabei dürfen aber im Interesse der Handhabbarkeit keine allzu hohen Anforderungen an die Bewertungsbegründung gestellt werden, eine Nachvollziehbarkeit genügt.

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Online seit 9. Oktober

VPRRS 2024, 0198
Mit Beitrag
DienstleistungenDienstleistungen
Austritt aus BIEGE = Abschied vom Wettbewerb?

EuGH, Urteil vom 26.09.2024 - Rs. C-403/23

1. Art. 47 Abs. 3 und Art. 48 Abs. 4 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge in Verbindung mit dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die es den ursprünglichen Mitgliedern einer Bietergemeinschaft verwehrt, aus dieser Bietergemeinschaft auszutreten, wenn die Gültigkeitsdauer des von dieser Bietergemeinschaft eingereichten Angebots abgelaufen ist und der öffentliche Auftraggeber um die Verlängerung der Gültigkeit der bei ihm eingereichten Angebote ersucht, sofern zum einen erwiesen ist, dass die übrigen Mitglieder dieser Bietergemeinschaft die von dem Auftraggeber festgelegten Anforderungen erfüllen, und zum anderen, dass ihre weitere Teilnahme an diesem Verfahren nicht zu einer Beeinträchtigung der Wettbewerbssituation der übrigen Bieter führt.*)

2. Die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung sowie das Transparenzgebot, wie sie in Art. 2 und im zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18 niedergelegt sind, sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die die automatische Einbehaltung der von einem Bieter gestellten vorläufigen Kaution als Folge seines Ausschlusses von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsvertrags vorsieht, auch wenn er den betreffenden Zuschlag nicht erhalten hat.*)

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Online seit 7. Oktober

VPRRS 2024, 0197
Bau & ImmobilienBau & Immobilien
Leistungsverzeichnisse sind im geforderten Dateiformat einzureichen!

OLG Köln, Urteil vom 07.02.2024 - 11 U 118/20

1. Ein Angebot ist als nicht formgerecht auszuschließen, wenn das Leistungsverzeichnis nur als pdf-Dokument eingereicht wird, obwohl der öffentliche Auftraggeber in den Vergabeunterlagen festgelegt hat, dass das Leistungsverzeichnis unter Verwendung des dort genannten Softwareprogramms als GAEB-Datei im Format d.84 oder x.84 einzureichen ist.

2. Sowohl GAEB-Programme als auch Windows PCs oder das XML-Format sind allgemein verfügbar und mit allgemein verbreiteten Geräten kompatibel im Sinne von § 11a Abs. 1 Satz 1 VOB/A 2016.

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