Vergabepraxis & -recht.
Aktuelle Urteile zu Gesundheit
Online seit 23. Oktober
VPRRS 2024, 0208VK Niedersachsen, Beschluss vom 19.06.2024 - VgK-11/2024
1. Für die Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber kommt es (nur) darauf an, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweils einschlägigen Tatbestandsvariante für die betreffende Einrichtung bei objektiver Betrachtung erfüllt sind. Subjektive Vorstellungen sind insoweit unerheblich.
2. Unter dem Begriff der Finanzierung in § 99 Nr. 2 GWB ist ein Transfer von Finanzmitteln zu verstehen, der ohne spezifische Gegenleistung mit dem Ziel vorgenommen werde, die Tätigkeit der betreffenden Einrichtung zu unterstützen. Da dieser Begriff funktional auszulegen ist, schließt das Kriterium der überwiegenden Finanzierung durch öffentliche Stellen auch eine mittelbare Finanzierungsweise ein. Zahlungen, die im Rahmen eines Leistungsaustausches gewährt werden, stellen hingegen keine öffentliche Finanzierung dar.
3. Von einer "Verbindung" i.S.v. § 99 Nr. 4 GWB kann nur gesprochen werden, wenn nach einer Gesamtbewertung aller Umstände Bau- und Dienstleistungsauftrag in einem funktionalen Verhältnis zueinanderstehen. Dabei ist zu fordern, dass die Beschaffungsmaßnahme insoweit auf das Bauvorhaben als solches ausgerichtet und zugeschnitten ist, d.h. die zu beschaffenden Gegenstände speziell auf die Situation im Gebäude angepasst werden müssen und es sich nicht um standardisierte Geräte oder in bestimmten Zyklen zu ersetzende Geräte handelt, sondern auf dauerhaften Einsatz in dem Gebäude bzw. Krankenhaus abgestellt sind (hier verneint).
4. Die Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber kann nicht durch die Nebenbestimmungen des Fördermittelbescheids begründet werden. Die Regelungen des § 99 GWB sind abschließend.
VolltextOnline seit 11. Oktober
VPRRS 2024, 0200OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.04.2022 - Verg 47/21
1. Hat der Bieter ein vorheriges Nachprüfungsverfahren insgesamt für erledigt erklärt, spricht viel für die Begründung eines schützenswerten Vertrauenstatbestands zu Gunsten des Auftraggebers dergestalt, dass der Bieter die nach Einschätzung der Vergabekammer für unbegründet gehaltene Beanstandung bezüglich der Eignungsleihe endgültig fallen gelassen hat. Der erneuten Rüge der Unzulässigkeit der Eignungsleihe in einem weiteren Nachprüfungsverfahren stünde dann der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen.
2. Im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb prüft der öffentliche Auftraggeber die Eignung der Unternehmen grundsätzlich, bevor er sie zum Verhandlungsverfahren zulässt. Dadurch wird mit der positiven Eignungsprüfung - anders als im offenen Verfahren - ein Vertrauenstatbestand für die zum Verhandlungsverfahren zugelassenen Unternehmen begründet. Etwas anderes gilt, wenn der Bieter bis zum Abschluss des Teilnahmewettbewerbs nicht alle zur abschließenden Prüfung seiner Eignung erforderlichen Unterlagen eingereicht hat (hier: Verpflichtungserklärung des Eignungsleihgebers).
3. Öffentliche Auftraggeber trifft die Pflicht, die Vergabeunterlagen klar und eindeutig zu formulieren und Widersprüchlichkeiten zu vermeiden. Bei der Frage, welcher Erklärungswert den maßgeblichen Teilen der Vergabeunterlagen zukommt, ist im Rahmen einer normativen Auslegung auf den objektiven Empfängerhorizont der potenziellen Bieter bzw. Bewerber, also einen abstrakten Adressatenkreis, abzustellen.
4. Vor diesem Hintergrund wird der durchschnittliche Bieter von einem Ausschluss der üblicherweise zulässigen Eignungsleihe nur dann ausgehen, wenn dies klar und unmissverständlich so in den Vergabeunterlagen erklärt bzw. eine Selbstausführung vorgeschrieben wird. Schweigen die Vergabeunterlagen zur Eignungsleihe, so ist diese zulässig, da nicht auf das Übliche - ihre Zulässigkeit -, sondern auf das Ungewöhnliche - ihren Ausschluss - hingewiesen werden muss.
5. Der Auftraggeber ist verpflichtet, die Gründe für seine Auswahlentscheidung eingehend zu dokumentieren. Die Bewertungsentscheidungen ist daraufhin überprüfbar, ob die jeweilige Bewertung im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurde. Es muss nachvollziehbar sein, weshalb ein Mitbewerber besser bewertet wurde; die Wertungen müssen im Quervergleich mit den besser bewerteten Angeboten stimmig sein, insbesondere demjenigen des Zuschlagsprätendenten. Dabei dürfen aber im Interesse der Handhabbarkeit keine allzu hohen Anforderungen an die Bewertungsbegründung gestellt werden, eine Nachvollziehbarkeit genügt.
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