Vergabepraxis & -recht.
Aktuelle Urteile zu Waren/Güter
Online seit 8. Juli
VPRRS 2024, 0132VK Berlin, Beschluss vom 03.03.2023 - VK B 1-42/21
1. Voraussetzung für einen Ausschluss wegen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen ist, dass das Angebot von den Vergabeunterlagen abweicht.
2. Änderungen sind alle unmittelbaren Eingriffe mit verfälschender Absicht, wie Streichungen, Hinzufügungen, jede Abänderung einer Position, Herausnahme von einzelnen Blättern etc.
3. Ein Ausschluss wegen einer Änderung der Vergabeunterlagen setzt eine positive Feststellung der Änderung durch den Auftraggeber voraus. Die Unsicherheit, ob eine Änderung der Vergabeunterlagen vorliegt genügt nicht.
4. Ein Unternehmen kann ausgeschlossen werden, wenn es im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, die die Integrität dieses Unternehmens infrage stellt. Ein Verstoß gegen das Patentrecht ist grundsätzlich eine berufliche Verfehlung.
5. Die Feststellung einer schweren beruflichen Verfehlung muss zwar nicht den Grad einer rechtskräftigen Verurteilung haben, es ist allerdings ein Vollbeweis nötig, wonach im Grundsatz die volle Überzeugung im Sinne persönlicher Gewissheit von einem bestimmten Sachverhalt als wahr gilt, die an sich mögliche Zweifel überwindet.
VolltextOnline seit 3. Juli
VPRRS 2024, 0127VG München, Urteil vom 25.04.2024 - 31 K 21.2797
1. Ein Zuwendungsbescheid kann ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn der Begünstigte gegen vergaberechtliche Vorschriften verstoßen hat, deren Einhaltung im Zuwendungsbescheid wirksam beauflagt wurde.
2. Die Einhaltung der Vergabegrundsätze liegt allein in der Risikosphäre des Zuwendungsempfängers.
3. Für die Feststellung der Vergabeverstöße kommt es nicht auf die Kenntnis des Zuwendungsnehmers hiervon bzw. auf ein entsprechendes Verschulden, sondern lediglich auf die objektive Rechtslage an. Subjektive Merkmale können allenfalls im Rahmen der Ausübung des Widerrufermessens Berücksichtigung finden.
VolltextOnline seit 25. Juni
VPRRS 2024, 0120BayObLG, Beschluss vom 29.05.2024 - Verg 17/23
1. Der öffentliche Auftraggeber darf grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Bieter seine vertraglichen Zusagen erfüllen wird. Erst wenn sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Leistungsbereitschaft oder -fähigkeit eines Bieters zweifelhaft erscheint, ist er gehalten, durch Einholung ergänzender Informationen die Erfüllbarkeit des Leistungsversprechens bzw. die hinreichende Leistungsfähigkeit des Bieters zu prüfen.
2. Bei der Überprüfung des Leistungsversprechens ist der Auftraggeber in der Wahl seiner Mittel grundsätzlich frei.
3. "Schwere Verfehlungen" sind erhebliche Rechtsverstöße, die geeignet sind, die Zuverlässigkeit eines Bewerbers grundlegend in Frage zu stellen. Sie müssen nachweislich und schuldhaft begangen worden sein und erhebliche Auswirkungen haben. Nicht in jeder nicht ordnungsgemäßen, ungenauen oder mangelhaften Erfüllung eines Vertrags liegt eine schwere Verfehlung.
4. Der Begriff "Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit" umfasst jedes fehlerhafte Verhalten, das Einfluss auf die berufliche Vertrauenswürdigkeit des betreffenden Unternehmens hat, und nicht nur Verstöße gegen berufsethische Regelungen im engen Sinne des Berufsstands, dem dieser Wirtschaftsteilnehmer angehört.
5. Der öffentliche Auftraggeber kann ein Unternehmen bei Vorliegen eines fakultativen Ausschlussgrunds "zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens" ausschließen. Damit können erst während des Vergabeverfahrens und nach Angebotsabgabe entstandene oder bekannt gewordene Ausschlussgründe zu Lasten des Bieters berücksichtigt werden.
VolltextOnline seit 19. Juni
VPRRS 2024, 0116EuGH, Urteil vom 13.06.2024 - Rs. C-737/22
Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung genannten Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz dem nicht entgegenstehen, dass im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines in Lose unterteilten öffentlichen Auftrags nach den in den Auftragsunterlagen festgelegten Modalitäten dem Bieter mit dem wirtschaftlich zweitgünstigsten Angebot der Zuschlag eines Loses unter der Bedingung erteilt wird, dass er akzeptiert, die Lieferungen und Leistungen in Bezug auf dieses Los zum gleichen Preis zu erbringen wie der Bieter, der das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat und der daher den Zuschlag für ein anderes, größeres Los dieses Auftrags erhalten hat.*)
VolltextOnline seit 14. Juni
VPRRS 2024, 0113VK Bund, Beschluss vom 29.04.2024 - VK 2-33/24
1. Voraussetzung für einen Ausschluss wegen des Fehlens geforderter Unterlagen ist, dass die betreffenden Unterlagen in den Vergabeunterlagen wirksam gefordert worden sind.
2. Welche Anforderungen an eine geforderte „Risikobeurteilung“ zu stellen sind und welche grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen für Konstruktion und Bau von Maschinen gelten, ergibt sich aus der EG-Maschinenrichtlinie.
3. Eine „alternative Nachweisform“ ersetzt eine Risikobeurteilung i.S. der EG-Maschinenrichtlinie nur dann, wenn dies in den Vergabeunterlagen gestattet ist.
4. Hat ein Bieter seinem Angebot die wirksam geforderte Risikobeurteilung nicht beigefügt, ist ein Angebotsausschluss geboten.
5. Eine Unterlage fehlt nicht und kann dementsprechend nicht nachgefordert werden, wenn sie körperlich vorhanden und auch vollständig ist, ihr Inhalt aber nicht den Erklärungs- oder Beweiswert hat, den die Unterlage nach den Vorgaben des Auftraggebers haben sollte.
6. Ein Unterlage ist nur dann „unvollständig“, wenn sie nicht den physischen Umfang hat, den sie haben sollte.
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