Vergabepraxis & -recht.
Hervorzuhebende Urteile zu Dienstleistungen
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei vpr-online eingestellt
Online seit 8. August
VPRRS 2024, 0159VGH Bayern, Beschluss vom 26.07.2024 - 12 CE 24.1067
1. Bilden zwei Unternehmen, die beide hinreichend leistungsfähig sind und die mit Blick auf den Gegenstand der Ausschreibung in unmittelbarer Konkurrenz stehen, eine sog. horizontale Bietergemeinschaft, besteht die Vermutung einer unzulässigen wettbewerbsbeschränkenden Absprache, die von den beteiligten Unternehmen zu entkräften ist.
2. Dient die Beteiligung an einer Bietergemeinschaft lediglich dem Zweck, die Chancen auf einen Zuschlag zu steigern oder mit Hilfe der Bietergemeinschaft Synergiepotenziale oder -effekte zu realisieren, ist eine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Absprache zu bejahen.
VolltextOnline seit 29. Juli
VPRRS 2024, 0151LG Würzburg, Urteil vom 10.06.2024 - 73 O 2247/23
1. Eine Anspruch auf Vertragsanpassung wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage setzt zunächst eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage nach Vertragsschluss voraus. Die Corona-Pandemie stellt eine schwerwiegende Änderung der Geschäftsgrundlage dar.
2. Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtigt noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Weitere Voraussetzung ist, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
3. Wird der Vertrag im Anschluss an ein Vergabeverfahren geschlossen, sind die Parteien aufgrund der Regelungen und Restriktionen des Vergaberechts wesentlich weniger frei in ihrer Vertragsgestaltung als ohne ein derartiges Verfahren. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Vertrag entweder mit demselben Inhalt oder gar nicht geschlossen worden wäre.
4. Im Rahmen der Corona-Pandemie und im Rahmen der allgemeinen Risiken ist ein entgangener Gewinn von 26 % innerhalb eines Zwei-Jahres-Zeitraumes zumutbar.
VolltextOnline seit 25. Juli
VPRRS 2024, 0145OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.02.2024 - Verg 23/23
1. Der öffentliche Auftraggeber kann im Hinblick auf die technische und berufliche Leistungsfähigkeit der Bieter Anforderungen stellen, die sicherstellen, dass der Bieter über die erforderlichen personellen und technischen Mittel sowie ausreichende Erfahrungen verfügt, um den Auftrag in angemessener Qualität ausführen zu können.
2. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Auftraggeber zum Nachweis der Anforderungen an die technische und berufliche Leistungsfähigkeit verlangt, dass sich die Referenz über eine Leistung verhalten muss, die mit der zu vergebenden Leistung "vergleichbar" ist.
3. Die Formulierung "vergleichbar" bedeutet, dass die referenzierte Leistung mit der ausgeschriebenen Leistung nicht "gleich" oder gar "identisch" sein muss. Ausreichend ist, dass sie in Bezug auf ihren Umfang und ihre Komplexität in technischer oder organisatorischer Art einen gleich hohen oder höheren Schwierigkeitsgrad aufweisen muss.
VolltextOnline seit 18. Juli
VPRRS 2024, 0140VK Niedersachsen, Beschluss vom 21.03.2024 - VgK-4/2024
1. Es liegt im Interesse des Wettbewerbs, Beschaffungsziele nicht so ehrgeizig vorzugeben, dass nur wenige Anbieter diese Ziele zeitgerecht erfüllen können.
2. Jede Mindestanforderung begrenzt den Wettbewerb. Begrenzungen des Wettbewerbs führen regelmäßig dazu, dass sich die wertbaren Angebote verteuern, weil preiswerte Konzepte ausgeschlossen werden müssen.
VolltextOnline seit 16. Juli
VPRRS 2024, 0138VK Niedersachsen, Beschluss vom 14.05.2024 - VgK-6/2024
1. Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, das Vergabeverfahren von Anbeginn fortlaufend so zu dokumentieren, dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen festgehalten werden.
2. Ein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht ist immer zugleich auch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot.
3. Zu dokumentieren sind sowohl der formale Verfahrensablauf als auch die Maßnahmen, Feststellungen und Begründungen der einzelnen Entscheidungen.
4. Zwar muss die Dokumentation nicht notwendigerweise in einem zusammenhängenden Vergabevermerk erfolgen. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass das Verfahren lückenlos dokumentiert wird, wobei der Vermerk aus mehreren Teilen bestehen kann. Die Dokumentation muss jedoch zeitnah erstellt und laufend fortgeschrieben werden.
5. Die für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen sind in allen Schritten so eingehend zu dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht und Ergebnis in die Benotung eingegangen sind.
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