Vergabepraxis & -recht.

Aktuelle Urteile zum Bau- & Immobilienrecht
Online seit gestern
VPRRS 2025, 0077
VK Niedersachsen, Beschluss vom 30.09.2024 - VgK-22/2024
1. Grundsätzlich ist das Vergaberecht auf einen reinen Veräußerungsvorgang wie den Verkauf eines kommunalen Grundstücks nicht anwendbar ist, weil keine Beschaffung der öffentlichen Hand vorliegt.
2. Ein Bauauftrag kann aber bei einer dem öffentlichen Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommende Bauleistung durch Dritte vorliegen. Ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse des öffentlichen Auftraggebers liegt vor, wenn er sich finanziell an der Erstellung des Bauwerks beteiligt; ein nur mittelbares fiskalisches Eigeninteresse der Gemeinde genügt nicht.
3. Das Vorliegen eines Bauauftrags erfordert ferner die Eingehung einer einklagbaren Bau- oder Realisierungsverpflichtung.

Online seit 10. April
VPRRS 2025, 0079
VK Niedersachsen, Beschluss vom 29.11.2024 - VgK-29/2024
1. Die Errichtung von Lärmschutzwänden stellt bei Straßen- und Brückenbauarbeiten ein marktübliches, abgrenzbares Gewerk und somit ein Fachlos dar.
2. Das gesetzliche Regel- und Ausnahmeverhältnis zwischen Los- und Gesamtvergabe bedeutet nicht, dass eine Gesamtvergabe überhaupt nur bei Vorliegen eines objektiv zwingenden Grundes erfolgen darf. Erforderlich ist jedoch, dass nach einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Belange die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden technischen und/oder wirtschaftlichen Gründe überwiegen.
3. Ein Abwägungs- und Dokumentationsmangel ist anzunehmen, wenn weder Vergabevermerk noch die Dokumentation im Übrigen erkennen lassen, dass eine Abwägung mit den für eine Fachlosbildung sprechenden Gründen stattgefunden hat (sog. Abwägungsausfall).
4. Eine nachträgliche Heilung von Dokumentationsmängeln ist nur dann möglich, wenn die Vergabestelle ihre Erwägungen im Laufe des Nachprüfungsverfahrens lediglich ergänzt und präzisiert.
5. Die besonderen technischen Anforderungen bei der Errichtung von Lärmschutzwänden bei einem Brückenbauwerk rechtfertigen regelmäßig keine Gesamtvergabe.

Online seit 24. März
VPRRS 2025, 0064
LG Stralsund, Urteil vom 08.01.2025 - 7 O 332/23
1. Ein dem Abschluss eines Pachtvertrags vorgelagerter Ideenwettbewerb ist kein Vergabeverfahren. Denn bei einem Ideenwettbewerb gibt es keinen Zuschlag, weil er nicht der Lösungsfindung dient, sondern der Aufgabenfindung.
2. Beteiligt sich ein Unternehmen an einem Ideenwettbewerb der öffentlichen Hand, entsteht zwischen den Beteiligten ein zivilrechtliches Schuldverhältnis, das die öffentliche Hand zur Beachtung der grundgesetzlich geschützten Grundsätze der Gleichbehandlung verpflichtet.
3. Die grundgesetzlich geschützten Grundsätze der Gleichbehandlung sind verletzt, wenn ein an dem Ideenwetttbewerb beteiligtes Unternehmen willkürlich benachteiligt wird.
4. Willkür setzt voraus, dass eine Entscheidung der öffentlichen Hand nicht nur fehlerhaft, sondern unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und es sich daher aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Die Darlegungs- und Beweislast trägt nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen das Unternehmen.
