Vergabepraxis & -recht.

Aktuelle Urteile zu Verkehr
Online seit 28. Februar
VPRRS 2025, 0048
VK Westfalen, Beschluss vom 27.05.2024 - VK 1-10/24
1. Grundsätzlich hat der öffentliche Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum dahingehend, ab welcher Schwelle er einen ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis als gegeben ansieht. Von einer Unangemessenheit des Verhältnisses kann in aller Regel gesprochen werden, wenn der Endpreis zum Wert der angebotenen Leistung in einem beachtlichen Missverhältnis steht.*)
2. Einschränkung erfährt dieser Grundsatz dahingehend, dass ab gewissen Aufgreifschwellen eine Preisprüfung zwingend zu erfolgen hat.*)
3. Zwar ist die konkrete Höhe der absoluten Aufgreifschwelle von den Nachprüfungsinstanzen nicht abschließend festgelegt. Allerdings ist weitgehend anerkannt, dass ab einer Abweichung von 20% des Angebotspreises zum maßgeblichen Referenzwert eine Prüfpflicht besteht.*)
4. Der Auftraggeber muss so dokumentieren, dass die abschließende Entscheidung und die dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen nachvollziehbar sind und dass erkennbar ist, wie die Überprüfung der Kalkulation vorgenommen wurde. Insgesamt muss die Begründung alle Informationen enthalten, die notwendig sind, um die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers nachvollziehen zu können.*)

Online seit 26. Februar
VPRRS 2025, 0046
EuGH, Urteil vom 13.02.2025 - Rs. C-684/23
Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 3 Buchst. c VO (EG) Nr. 1370/2007 (…) über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße (…) ist dahin auszulegen, dass der öffentliche Auftraggeber, wenn ein interner Betreiber, an den zuvor von einer zuständigen örtlichen Behörde ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag direkt vergeben wurde, an einem wettbewerblichen Vergabeverfahren (…) teilnimmt, nicht zu prüfen hat, ob dieser Betreiber die in Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 3 Buchst. c dieser Verordnung aufgeführten Voraussetzungen erfüllt, um seine Berechtigung zur Teilnahme an einem solchen Verfahren zu klären.*)

Online seit 24. Februar
VPRRS 2025, 0044
VK Westfalen, Beschluss vom 12.09.2024 - VK 2-23/24
1. Bei der Beurteilung der Eignung eines Bieters handelt es sich um eine Prognoseentscheidung. Der öffentliche Auftraggeber prüft, ob vom künftigen Auftragnehmer die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Pflichten erwartet werden kann.*)
2. Inwieweit diese Prüfung vergaberechtskonform erfolgte, kann von den Nachprüfungsinstanzen nur dahingehend geprüft werden, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten worden ist, ob der Auftraggeber die von ihm selbst aufgestellten Bewertungsvorgaben beachtet hat, der zugrunde gelegte Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt worden ist, keine sachwidrigen Erwägungen angestellt worden sind und nicht gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßen worden ist.*)
3. Referenzen eines anderen Unternehmers können einem Bieter dann zugerechnet werden, wenn das Referenzunternehmer von dem Bieter etwa im Wege einer Verschmelzung oder einer Fusion übernommen worden ist und die für den Referenzauftrag maßgeblichen Erfahrungen und Ressourcen übergegangen sind. (hier verneint).*)
4. Hinreichende Anhaltspunkte für eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung liegen dann vor, wenn aufgrund objektiver Tatsachen die Überzeugung gewonnen werden kann, dass ein Verstoß gegen § 1 GWB und Art. 101 AEUV mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegt. Ein bloßer Verdacht genügt hierfür gerade nicht.*)
5. Zwar bedeutet dies nicht, dass der öffentliche Auftraggeber voll überzeugt i. S. des § 286 ZPO sein muss. Vielmehr ist der Maßstab heranzuziehen, wie er auch im Falle von Verdachtskündigungen Anwendung findet. Auch dort muss der Verdacht auf konkrete Tatsachen gestützt werden und eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein alternatives, eine außerordentliche Kündigung nicht rechtfertigendes Geschehen zu erklären sein, so dass bloße, auf mehr oder weniger haltbare Umstände gestützte Verdächtigungen zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht ausreichen.*)
6. Es kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass bei verbundenen Unternehmen wegen möglicher Schnittstellen und Berührungspunkte eine objektiv erhöhte Gefahr von Verstößen gegen den Geheimhaltungswettbewerb durch abgestimmtes Verhalten widerlegbar vermutet werden, so dass von den üblichen Verteilungsregeln der Darlegungs- und Feststellungslast abgewichen werden kann.*)
