Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
4950 Entscheidungen insgesamt
Online seit 27. März
VPRRS 2025, 0069
OLG Jena, Beschluss vom 19.02.2025 - Verg 10/24
1. Für die Vergleichbarkeit erforderlich, aber auch ausreichend ist die Vorlage solcher Referenzleistungen, die der ausgeschriebenen Leistung soweit ähneln, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Fachkunde und Leistungsfähigkeit des Bieters auch für die ausgeschriebene Leistung ermöglichen.
2. Die referenzierte Leistung muss im Zeitpunkt der Abgabe nicht vollständig erbracht sein. Bei mehrjährigen Dienstleistungsaufträgen, deren "passgenauer" Ablauf letztlich zufällig ist, kann der gewünschte Nachweis auch dadurch erbracht werden, dass die Leistungserbringung bereits seit längerer Zeit erfolgt.
3. Dass der Referenzauftrag auf einer festgestellt rechtswidrigen Vergabe beruht, ist irrelevant.
4. Sofern der öffentliche Auftraggeber aufgrund anderweitiger gesicherter Erkenntnisse zu der beanstandungsfreien Feststellung gelangt, das Angebot eines Bieters sei nicht ungewöhnlich oder unangemessen niedrig, darf er auf eine Aufklärung verzichten.
5. Dokumentationsmängel können durch geeigneten Vortrag infolge einer Rüge oder im Nachprüfungsverfahren geheilt werden.

Online seit 26. März
VPRRS 2025, 0067
VK Bund, Beschluss vom 03.07.2024 - VK 2-55/24
1. Für Grundlagen des Vergabeverfahrens, also Vorgaben bereits aus den Vergabeunterlagen, gilt eine an die bloße Erkennbarkeit anknüpfende, vorgezogene Rügeobliegenheit.
2. Bei der Erkennbarkeit ist abzustellen auf eine verobjektivierte Perspektive eines mit üblicher Sorgfalt agierenden Bieters. Es kommt allein darauf an, dass die den Verstoß begründenden Tatsachen bei laienhafter Bewertung vor Ablauf der Angebotsfrist gegenüber dem Auftraggeber hätten dargelegt werden können.
3. Es gehört zum allgemeinen Bieterwissen, dass Bewertungskriterien, die nicht zum Auftragsgegenstand passen, bzw. unklare Bewertungsmaßstäbe keine gleichmäßige Bewertung bzw. keine belastbare Konzepterstellung und damit keine vergleichbaren Angebote ermöglichen.
4. Für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit der Angebote steht dem Auftraggeber ein von den Nachprüfungsinstanzen nur begrenzt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Beurteilungsfehler ergeben sich, wenn der Auftraggeber bei seiner Bewertung die vorgegebenen Bewertungsmaßstäbe nicht eingehalten hat, von einem unzureichend ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist oder seine Bewertung willkürlich ist bzw. nicht auf sachgemäßen Erwägungen beruht.

Online seit 28. Februar
VPRRS 2025, 0048
VK Westfalen, Beschluss vom 27.05.2024 - VK 1-10/24
1. Grundsätzlich hat der öffentliche Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum dahingehend, ab welcher Schwelle er einen ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis als gegeben ansieht. Von einer Unangemessenheit des Verhältnisses kann in aller Regel gesprochen werden, wenn der Endpreis zum Wert der angebotenen Leistung in einem beachtlichen Missverhältnis steht.*)
2. Einschränkung erfährt dieser Grundsatz dahingehend, dass ab gewissen Aufgreifschwellen eine Preisprüfung zwingend zu erfolgen hat.*)
3. Zwar ist die konkrete Höhe der absoluten Aufgreifschwelle von den Nachprüfungsinstanzen nicht abschließend festgelegt. Allerdings ist weitgehend anerkannt, dass ab einer Abweichung von 20% des Angebotspreises zum maßgeblichen Referenzwert eine Prüfpflicht besteht.*)
4. Der Auftraggeber muss so dokumentieren, dass die abschließende Entscheidung und die dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen nachvollziehbar sind und dass erkennbar ist, wie die Überprüfung der Kalkulation vorgenommen wurde. Insgesamt muss die Begründung alle Informationen enthalten, die notwendig sind, um die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers nachvollziehen zu können.*)

Online seit 27. Februar
VPRRS 2025, 0047
VK Bund, Beschluss vom 13.12.2024 - VK 2-101/24
1. Bei der Wertung von Konzepten kommt dem öffentlichen Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüft werden kann. Die Nachprüfungsinstanzen können die Angebotswertung nur daraufhin überprüfen, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet wurden.
2. Soweit eine Bewertung nach einem offenen Bewertungsmaßstab erfolgt ("Schulnotenprinzip"), ist es erforderlich, dass aus fachkundiger Bietersicht den gesamten Vergabeunterlagen nebst Auftragsbekanntmachung entnommen werden kann, worauf es dem Auftraggeber ankommt, um die Angebote anhand dieses Maßstabs optimieren zu können. Dabei ist ein Quervergleich aller Angebot nicht zwingend geboten.
3. Gegen ein Zuschlagskriterium, das maßgeblich auf die beruflichen Erfahrungen und die Qualifikation des für die Auftragsausführung vorgesehenen Personals abstellt, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken.

Online seit 21. Februar
VPRRS 2025, 0043
VK Westfalen, Beschluss vom 26.12.2024 - VK 3-42/24
1. In einem fehlenden Hinweis der Antragstellerin auf die Notwendigkeit, dass der Antragsgegner den maßgeblichen Beschaffungsbedarf europaweit ausschreiben muss, liegt ebenso wenig ein missbräuchliches Verhalten wie in dem Umstand, dass sie zunächst am Verhandlungsverfahren teilgenommen und fristgerecht ein Angebot abgegeben und erst bei Nichtberücksichtigung einen Nachprüfungsantrag gestellt hat.*)
2. Der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV ist aufgrund seines Ausnahmecharakters und seiner wettbewerbshemmenden Wirkung eng auszulegen.*)
3. Dies gilt auch für die Frage, ob die vorgesehenen Mindestfristen, die für das offene und das nichtoffene Verfahren sowie für das Verhandlungsverfahren gesetzlich vorgeschrieben, nicht eingehalten werden können. Die Entscheidung hierüber prognostiziert der öffentliche Auftraggeber aufgrund gesicherter tatsächlicher Erkenntnisse. Hierbei kommt ihm ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüft werden kann.*)
4. Es ist unzureichend, wenn der öffentliche Auftraggeber lediglich apodiktisch feststellt, dass die gesetzlichen Mindestfristen nicht eingehalten werden können bzw. nicht nachvollziehbar darlegt, wie er den Zeitraum der zu erwartenden Dauer des Ausschreibungsvorgangs berechnet hat.*)
5. Der Verweis auf eine bestehende Erlasslage vermag die Pflicht zur Dokumentation nicht entfallen zu lassen.*)
6. Es ist anerkannt, dass auch im laufenden Nachprüfungsverfahren Begründungs- und Dokumentationsmängel geheilt werden dürfen. Ein Nachschieben tragender Erwägungen und damit wesentlicher Teile ist allerdings unzulässig.*)

Online seit 10. Februar
VPRRS 2025, 0032
VK Bund, Beschluss vom 28.01.2025 - VK 2-109/24
1. Öffentliche Auftraggeber sind grundsätzlich in der Bestimmung ihres Beschaffungsgegenstandes frei; dieser muss gleichwohl willkür- bzw. diskriminierungsfrei festgelegt worden sein und sich aus sachlichen und auftragsbezogenen Gründen rechtfertigen lassen.
2. Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden kann, weil aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist. Dieser eng auszulegende Ausnahmetatbestand verlangt, dass der öffentliche Auftraggeber anhand einer hinreichend dokumentierten Markterkundung nachweisen muss, dass zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Angebotsabgabe der Auftrag objektiv nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht werden kann.
3. Soll der Zuschlag ohne vorherige Durchführung eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens direkt an ein Unternehmen vergeben werden, bedarf es eines objektiv feststellbaren wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers gerade an dem konkreten Auftrag.
4. Die Antragsbefugnis entfällt, wenn ein Unternehmen nicht mehr bereit ist, den ausgeschriebenen Auftrag mit dem vom Auftraggeber vorgesehenen Inhalt abzuschließen, und das auch hinreichend zu erkennen gibt; die bekundete Bereitschaft, den Auftrag nur mit einem davon abweichenden Inhalt annehmen zu wollen, führt daher grundsätzlich zur Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags.

Online seit 31. Januar
VPRRS 2025, 0029
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 11.09.2024 - 3 VK 7/24
1. Der Auftraggeber hat für die Entscheidung der Frage, ob der Preis eines Angebots ungewöhnlich niedrig erscheint, grundsätzlich einen Einschätzungs- bzw. Beurteilungsspielraum.
2. Die Aufgreifschwelle für die Einleitung einer Preisprüfung ist erreicht, wenn sich ein einzelnes Angebot erheblich von den anderen Angeboten oder von der Kostenschätzung des Auftraggebers absetzt. Das ist in der Regel bei einem Abstand von mindestens 20 % des betroffenen zum nächstgünstigeren Angebot gegeben.
3. Die sog. Aufgreifschwelle ist nicht starr. Grundlage für die Annahme des Auftraggebers, dass ein ungewöhnlich niedriger Preis vorliegen könnte, sind die Umstände des Einzelfalls. Deshalb ist auch bei Einhaltung der 20 %-Schwelle eine Preisprüfung möglich und zulässig.

Online seit 14. Januar
VPRRS 2025, 0013
OLG Jena, Beschluss vom 02.10.2024 - Verg 5/24
1. Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn das Unternehmen in Bezug auf die Ausschlussgründe oder Eignungskriterien eine schwer wiegende Täuschung begangen hat.
2. Es spricht einiges dafür, dass § 124 Abs. 1 Nr. 8 GWB als Ausschlussgrund nur bei Falschangaben bzw. unvollständigen Angaben im laufenden Vergabeverfahren zur Anwendung kommt, nicht hingegen bei Falschangaben bzw. unvollständigen Angaben aus vorangegangenen Vergabeverfahren desselben Auftraggebers oder anderer öffentlicher Auftraggeber. Eine schwer wiegende Täuschung des öffentlichen Auftraggebers in einem früheren Vergabeverfahren kann unter dem Gesichtspunkt der nachweislich schweren Verfehlung in späteren Vergabeverfahren Berücksichtigung finden und einen fakultativen Ausschlussgrund darstellen.
3. Selbstreinigungsmaßnahmen können auch nach dem Zeitpunkt der Eignungsprüfung - noch im laufenden Nachprüfungsverfahren - zu berücksichtigen sein.
4. Der öffentliche Auftraggeber hat einen Beurteilungsspielraum bei der Frage, ob die Selbstreinigungsmaßnahmen des Unternehmens ausreichend sind. Dem Auftraggeber kommt auch bei dieser Prognose ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.

Online seit 10. Januar
VPRRS 2025, 0005
OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.11.2024 - 19 Verg 2/24
1. Abzugrenzen ist die Dienstleistungskonzession vom Dienstleistungsauftrag danach, dass bei der Konzession das Betriebsrisiko für die Verwertung der Dienstleistungen auf den Konzessionsnehmer übergeht (hier bejaht für Betrieb eines Reha-Zentrums).
2. Für das Merkmal der Aufsicht über die Leitung nach § 99 Nr. 2 b GWB kommt es darauf an, ob eine Verbindung der Vergabestelle mit der öffentlichen Hand besteht, die Letzterer eine Einflussnahme auf Entscheidungen der Vergabestelle in Bezug auf öffentliche Aufträge ermöglicht, und ob diese Verbindung der Verbindung gleichwertig ist, die besteht, wenn eines der beiden anderen alternativen Merkmale erfüllt ist, nämlich die Finanzierung überwiegend durch die öffentliche Hand erfolgt oder mehr als die Hälfte der Mitglieder des Leitungsorgans der Vergabestelle durch die öffentliche Hand ernannt wird (hier bejaht für Betreiber eines Reha-Zentrums).

Online seit 9. Januar
VPRRS 2025, 0006
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.02.2023 - Verg 6/22
1. Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft, ein Verfahren oder dergleichen im rechtlichen Ansatz ungebunden und weitestgehend frei. Dabei kann der öffentliche Auftraggeber eine seinen Bedürfnissen entsprechende Qualität bestimmen, die die abgegebenen Angebote gewährleisten müssen, und eine Untergrenze festlegen, die diese einhalten müssen.
2. Zuschlagskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen. Der Gegenstand des Auftrags bildet die äußere Grenze für die Wahl und die Heranziehung der Kriterien für die wirtschaftliche Bewertung der Angebote.
3. Über die Grenzen des Inhalts eines an dem eindeutig bestimmten und bekanntgemachten Gegenstand des Auftrags orientierten Angebots darf ein Zuschlagskriterium nicht hinausgehen. Auch soweit der Auftragnehmer nicht zu einem bestimmten Leistungserfolg verpflichtet werden soll, sondern nur zu einer Tätigkeit in bestimmter Qualität, darf der öffentliche Auftraggeber daher keine Konzepte verlangen und bewerten, die auf vom konkreten Auftrag losgelöste "Fähigkeiten" des Unternehmens zielen.

Online seit 8. Januar
VPRRS 2025, 0007
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.09.2022 - Verg 16/22
1. An Rügen ist zwar ein großzügiger Maßstab anzulegen. Reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen reichen indes nicht aus. Auch bei Vergabeverstößen, die sich ausschließlich in der Sphäre der Vergabestelle abspielen, ist ein Mindestmaß an Substanziierung einzuhalten. Eine willkürliche, aufs Geratewohl oder ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung ist unzulässig und unbeachtlich.
2. Werden dem Antragsteller während des Nachprüfungsverfahrens weitere mögliche Vergaberechtsverstöße bekannt, kann er diese zum Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens machen, sofern die Rüge des erst im Vergabenachprüfungsverfahren bekannt gewordenen Vergaberechtsverstoßes im Übrigen zulässig, insbesondere nicht präkludiert ist. Das gilt auch dann, wenn das Nachprüfungsverfahren zunächst unzulässig war, weil es aufgrund eines nicht, nicht unverzüglich oder inhaltlich unzureichend gerügten Verstoßes eingeleitet worden ist.
3. Ist das Angebot des Bieters nicht das zweit-, sondern das dritt- oder schlechter platzierte, bedarf die Feststellung einer Verschlechterung der Zuschlagschancen demzufolge einer über die Vergaberechtswidrigkeit der Auswahl des erstplatzierten Bieters hinausgehender Darlegung.
4. Im Rahmen des geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes ist die Vergabekammer grundsätzlich auch zum Aufgreifen nicht geltend gemachter, sich aufdrängender Vergaberechtsfehler befugt, soweit der Nachprüfungsantrag zulässig ist. Insbesondere muss der Antragsteller seine Rügeobliegenheit erfüllt haben. Präkludierte Verstöße dürfen von Amts wegen nicht aufgegriffen werden.
5. Der Anspruch auf Akteneinsicht im Nachprüfungsverfahren hat eine rein dienende, zum zulässigen Verfahrensgegenstand akzessorische Funktion. Von daher besteht er dann nicht, wenn der Nachprüfungsantrag zweifelsfrei unzulässig ist oder wenn der Bieter ins Blaue hinein Fehler oder mögliche Verstöße in der Hoffnung rügt, mithilfe von Akteneinsicht zusätzliche Informationen zur Untermauerung substanzloser Mutmaßungen zu erhalten.

Online seit 7. Januar
VPRRS 2025, 0004
VK Südbayern, Beschluss vom 06.08.2024 - 3194.Z3-3_01-24-26
1. Gibt ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen der Erstellung von Konzepten vor, dass das einzureichende Konzept bestimmten Formvorgaben zu entsprechen habe (Seitenanzahl, Schriftart, Schriftgröße und Zeilenabstand), hat er sich im Rahmen der Konzeptbewertung auch damit auseinanderzusetzen, ob die Ausführungen in den eingereichten Konzepten den formellen Vorgaben entsprechen oder nicht und dies entsprechend zu dokumentieren.*)
2. Hat der öffentliche Auftraggeber bei der Konzepterstellung Formvorgaben zu Seitenanzahl, Schriftgröße, Zeilenabstand und Schriftart aufgestellt, kann sowohl eine Überschreitung der Seitenvorgabe als auch eine Nichtbeachtung der Vorgaben zur Schriftgröße, Zeilenabstand und Schriftart dazu führen, dass die Bieter mehr Informationen in ihrem Konzept unterbringen, als wenn sie sich an die Vorgaben gehalten hätten. Daher hat sich der öffentliche Auftraggeber im Rahmen der Konzeptbewertung damit auseinanderzusetzen, wie er derartige Verstöße im Rahmen der Konzeptbewertung berücksichtigt, um eine transparente und gleichbehandelnde Bewertung der Konzepte sicherstellen zu können.*)
3. Wenn formelle Vorgaben, die bei der Konzepterstellung zu beachten sind und daran angeknüpfte Sanktionsmöglichkeiten unklar sind, leidet die Ausschreibung an einem schwer wiegenden Mangel, der eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand vor Bekanntmachung der Ausschreibung bedingen kann.*)
Online seit 2024
VPRRS 2024, 0245
BayObLG, Beschluss vom 11.12.2024 - Verg 7/24
1. Für die Erkennbarkeit eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB gilt ein objektiver Maßstab. Rechtliches Spezialwissen, das ein Bieter aufgrund der Beteiligung an einem ähnlich gelagerten, anderen Vergabeverfahren erlangt hat, ist nicht zu berücksichtigen.*)
2. Ein qualitatives Zuschlagskriterium, wonach ein eingereichter Beispielspeiseplan bewertet werden soll, verstößt mangels Auftragsbezugs gegen § 127 Abs. 3 GWB, wenn im Vertragsvollzug wöchentlich neue Speisepläne eingereicht werden müssen und für die Auftragsdurchführung der Inhalt des Beispielspeiseplans völlig irrelevant ist.*)

VPRRS 2024, 0239

Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 17.10.2024 - Rs. C-452/23
1. Art. 43 Abs. 1 c Richtlinie 2014/23/EU (…) über die Konzessionsvergabe ist dahin auszulegen, dass er nicht auf wesentliche Änderungen von inhouse vergebenen Konzessionen anzuwenden ist, solange sie als solche fortbestehen, das heißt solange diese Konzessionen den Charakter bewahren, der es rechtfertigte, sie vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/23 auszunehmen.*)
2. Er ist dagegen auf wesentliche Änderungen solcher Konzessionen anzuwenden, wenn diese Änderungen vorgenommen werden, nachdem die Voraussetzungen für eine Inhouse-Vergabe weggefallen sind, weil ein anderer Auftragnehmer, der nicht vom öffentlichen Auftraggeber kontrolliert wird, den ursprünglichen Auftragnehmer ersetzt hat.*)
3. Die Anwendbarkeit von Art. 43 Abs. 1 c Richtlinie 2014/23 auf die wesentliche Änderung einer Konzession hängt nicht davon ab, ob ihre ursprüngliche Vergabe rechtmäßig war.*)

VPRRS 2024, 0237

VK Westfalen, Beschluss vom 23.02.2024 - VK 2-44/23
1. Der öffentliche Auftraggeber kann die Vorlage von Gütezeichen verlangen, um Beleg dafür zu erhalten, dass eine Liefer- oder Dienstleistung bestimmten in der Leistungsbeschreibung geforderten Merkmalen entspricht. Dabei muss Auftraggeber Gütezeichen akzeptieren, die gleichwertige Anforderungen an die Leistung stellen.
2. Gleichwertig bedeutet nicht zwingend identisch. Der Begriff der Gleichwertigkeit ist nicht zu eng auszulegen.
3. Für die Frage, ob Gleichwertigkeit vorliegt, trägt zunächst der Bieter die Beweislast.
4. Es ist grundsätzlich vergaberechtlich zulässig, nicht gleichwertige, sondern „vergleichbare“ Zertifikate zu fordern. Nicht förderlich ist allerdings, wenn der Auftraggeber in seinen Vergabeunterlagen teilweise von vergleichbaren, teils von gleichwertigen Zertifikaten spricht. Insoweit ist die Bekanntmachung maßgeblich, da Widersprüche in den Vergabeunterlagen zu seinen Lasten gehen.

VPRRS 2024, 0222

VK Niedersachsen, Beschluss vom 04.07.2024 - VgK-13/2024
1. Die Eignungskriterien und -nachweise sind in der Auftragsbekanntmachung aufzuführen. Maßgeblich für die Eignungsprüfung sind allein die in der Auftragsbekanntmachung festgelegten Eignungskriterien und die dort für ihren Beleg geforderten Nachweise.
2. Die Eignungskriterien müssen eindeutig und abschließend beschrieben sein.
3. Der öffentliche Auftraggeber ist an die von ihm wirksam geforderten Eignungsnachweise gebunden. Er darf weder zusätzliche Nachweise fordern noch darf er auf einmal wirksam bekannt gegebene Nachweise verzichten.
4. Sind an sich zulässige und auftragsangemessene Eignungsanforderungen wirksam gefordert worden, wird ein Bieter, wenn er diese Anforderungen nicht erfüllt, wegen fehlender Eignung ausgeschlossen.

VPRRS 2024, 0216

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.09.2024 - 15 Verg 9/24
1. Im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb prüft der öffentliche Auftraggeber die Eignung der am vorgeschalteten Wettbewerb teilnehmenden Unternehmen, bevor er sie zum Verhandlungsverfahren zulässt. Mit der positiven Eignungsprüfung wird - anders als im offenen Verfahren - ein Vertrauenstatbestand für die zum Verhandlungsverfahren zugelassenen Unternehmen begründet.
2. Die zum Verhandlungsverfahren zugelassenen Unternehmen müssen nicht damit rechnen, der ihnen durch die Erstellung der Angebote und Teilnahme am Wettbewerb entstandene Aufwand könnte dadurch nachträglich nutzlos werden, dass der Auftraggeber ihre Eignung auf gleichbleibender tatsächlicher Grundlage später nochmals abweichend beurteilt.
3. Der öffentliche Auftraggeber ist berechtigt, die Vergabeunterlagen im laufenden Vergabeverfahren zu ändern, sei es zur Korrektur von Vergaberechtsverstößen oder aus Gründen der Zweckmäßigkeit, sofern dies nur in einem transparenten Verfahren und diskriminierungsfrei geschieht. Die Änderungsbefugnis des Auftraggebers bezieht sich auf alle Bestandteile der Vergabeunterlagen, so die Leistungsbeschreibung, Zuschlagskriterien, Unterkriterien und Gewichtungen.
4. Die maßgeblichen Stufen des Vergabeverfahrens sind fortlaufend zu dokumentieren. Insbesondere ist die Wertungsentscheidung des Auftraggebers so zu dokumentieren, dass sie inhaltlich nachzuvollziehen ist.
5. Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben. Die Dokumentation ist kein Selbstzweck.

VPRRS 2024, 0215

VK Bund, Beschluss vom 03.07.2024 - VK 2-47/24
1. Der Auftraggeber hat für die Entscheidung der Frage, ob der Preis eines Angebotes ungewöhnlich niedrig erscheint, grundsätzlich einen Einschätzungs- bzw. Beurteilungsspielraum, der von ihm pflichtgemäß und damit fehlerfrei auszuüben ist.
2. Die Aufgreifschwelle für die Einleitung einer Preisprüfung ist erreicht, wenn sich einzelne Angebote erheblich von anderen Angeboten oder von der Kostenschätzung des Auftraggebers absetzen. Das ist im Regelfall bei einem Abstand von mindestens 20% des betroffenen zum nächstgünstigeren Angebot gegeben.
3. Ein Auftraggeber darf auch unabhängig vom Vorliegen eines ungewöhnlich niedrigen Preises jederzeit in eine Preisaufklärung eintreten, wenn wegen des Preisabstands Anlass hierfür gegeben ist. Somit kann er auch das teuerste Angebot in die Aufklärung einbeziehen, um eine plausible Einschätzung der Marktüblichkeit der eingegangenen Angebote vornehmen zu können.

VPRRS 2024, 0207

VK Niedersachsen, Beschluss vom 25.06.2024 - VgK-12/2024
1. Ein Vertrag über den Betrieb einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete ist kein Bauauftrag, sondern ein Dienstleistungsauftrag.
2. Nicht die Vergabekammer, sondern nur die Vergabestelle ist Herrin des Vergabeverfahrens. Es ist nicht Aufgabe der Vergabekammer, dem Bieter hier vor oder anstelle der Antragsgegnerin die Eignung abzusprechen. Die Vergabekammer würde mit einer solchen Entscheidung in den Beurteilungsspielraum der öffentlichen Auftraggeberin eingreifen.
3. Weicht der öffentliche Auftraggeber von der gesetzlichen Zielvorstellung einer Kombination aus Eignungs- und Zuschlagskriterien ab, weil es ihm vor allem auf ein besonders wirtschaftlich ausgerichtetes Angebot ankommt, indem er § 122 Abs. 1 GWB nur schwach inhaltlich abarbeitet, führt das nicht zu einer Verletzung der Rechte des Konkurrenten.
4. Eine Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb ist bei für die Allgemeinheit unverzichtbaren Leistungen auch dann möglich, wenn die Dringlichkeit auf Versäumnisse der Vergabestelle zurückzuführen sind. Der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit tritt hinter die Notwendigkeit der Kontinuität der Leistungserbringung zurück, wenn bedeutende Rechtsgüter, wie etwa Leib und Leben oder hohe Vermögenswerte, unmittelbar gefährdet sind.
5. Der Zeitraum für die Dringlichkeitsbeauftragung darf als Ultima Ratio nur soweit bemessen werden, wie es erforderlich ist, die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Vergabe in einem ordnungsgemäßen, förmlichen Vergabeverfahren durchzuführen (im Regelfall maximal 12 Monate).
6. Die Unwirksamkeit der Vertrags muss nicht zwingend rückwirkend erklärt werden. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Unwirksamkeit von Anfang an unverhältnismäßig wäre.

VPRRS 2024, 0206

EuGH, Urteil vom 04.10.2024 - Rs. C-175/23
Art. 143 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der jeder Verstoß gegen die Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge eine "Unregelmäßigkeit" i.S.v. Art. 2 Nr. 36 dieser Verordnung darstellt, die automatisch zur Anwendung einer finanziellen Berichtigung führt, deren Höhe auf der Grundlage einer zuvor festgelegten Skala der Pauschalsätze für die Berichtigung bestimmt wird.

VPRRS 2024, 0202

VK Niedersachsen, Beschluss vom 08.08.2024 - VgK-14/2024
1. Ein öffentlicher Auftraggeber, der eine Sektorentätigkeit ausübt, kann bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags zwischen dem offenem Verfahren, dem nicht offenem Verfahren mit Bekanntmachung und dem Verhandlungsverfahren mit Bekanntmachung wählen.
2. Entscheidend für die Anwendbarkeit der SektVO ist allein, ob der verfahrensgegenständliche Auftrag dem Bereich der Sektorentätigkeit des Auftraggebers zuzuordnen ist.
3. Zum Sektorenbereich Verkehr gehört u. a. das Erbringen von Verkehrsleistungen, die Bereitstellung oder das Betreiben von Infrastruktureinrichtungen zur Versorgung der Allgemeinheit per Eisenbahn-, automatischen Systemen, Straßenbahn, Bus oder Seilbahn.
4. ...

VPRRS 2024, 0191

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.09.2024 - 3 VK LSA 25/24
1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 TVergG-SA gilt dieses Gesetz für öffentliche Aufträge i.S.d. §§ 103 bis 105 GWB, deren geschätzter Auftragswert die Schwellenwerte nach § 106 Abs. 2 GWB nicht erreicht, so dass grundsätzlich auch Konzessionen in den Anwendungsbereich des Tariftreue- und Vergabegesetz Sachsen-Anhalt fallen.
2. Mangels konkreter Anwendungsvorschrift in der UVgO ist jedoch hinsichtlich der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen kein Nachprüfungsverfahren eröffnet.
3. Auch im Unterschwellennachprüfungsverfahren gilt: Ohne rechtzeitige Rüge ist der Antragsteller mit Einwendungen, die er bis zur Angebotsabgabe hätte geltend machen können, ausgeschlossen.

VPRRS 2024, 0198

EuGH, Urteil vom 26.09.2024 - Rs. C-403/23
1. Art. 47 Abs. 3 und Art. 48 Abs. 4 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge in Verbindung mit dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die es den ursprünglichen Mitgliedern einer Bietergemeinschaft verwehrt, aus dieser Bietergemeinschaft auszutreten, wenn die Gültigkeitsdauer des von dieser Bietergemeinschaft eingereichten Angebots abgelaufen ist und der öffentliche Auftraggeber um die Verlängerung der Gültigkeit der bei ihm eingereichten Angebote ersucht, sofern zum einen erwiesen ist, dass die übrigen Mitglieder dieser Bietergemeinschaft die von dem Auftraggeber festgelegten Anforderungen erfüllen, und zum anderen, dass ihre weitere Teilnahme an diesem Verfahren nicht zu einer Beeinträchtigung der Wettbewerbssituation der übrigen Bieter führt.*)
2. Die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung sowie das Transparenzgebot, wie sie in Art. 2 und im zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18 niedergelegt sind, sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die die automatische Einbehaltung der von einem Bieter gestellten vorläufigen Kaution als Folge seines Ausschlusses von einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsvertrags vorsieht, auch wenn er den betreffenden Zuschlag nicht erhalten hat.*)

VPRRS 2024, 0188

VK Bund, Beschluss vom 31.07.2024 - VK 1-56/24
1. Damit die Wertung angebotener Lösungsansätze nachvollziehbar und nachprüfbar ist, muss gerade dann, wenn und soweit ein Wertungsergebnis sich nicht gleichsam zwangsläufig aus dem alleinigen "Abhaken" der ausgeschriebenen Vorgaben erschöpft, die Wertungsbegründung umso ausführlicher und konkreter sein. Je offener ein Wertungsschema ist, desto eingehender sind die Wertungsentscheidung und die wertungsrelevanten Überlegungen vom Auftraggeber zu dokumentieren.
2. Ein öffentlicher Auftraggeber ist weitestgehend darin frei, anhand welcher Methode er das für ihn wirtschaftlichste Angebot ermittelt (sog. Leistungsbestimmungsrecht). Die rechtlichen Grenzen hat ein Aufraggeber erst dann überschritten, wenn seine Wertungsmethode keine wettbewerbsoffene, willkürfreie und nachprüfbare Zuschlagserteilung ermöglicht.
3. Der Antrag auf weitere Akteneinsicht in die für den Bieter bisher geschwärzten Inhalte der Dokumentation der Wertungsentscheidung ist mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen, wenn bereits aufgrund der bekannten Akteninhalte feststeht, dass diese Dokumentation nicht vergaberechtskonform erfolgt ist. Gleiches gilt für den Antrag auf Durchführung eines "in-camera"-Verfahrens.

VPRRS 2024, 0183

VK Berlin, Beschluss vom 19.07.2024 - VK B 1-19/23
1. Voraussetzung für einen Ausschluss gem. § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB sind (kumulativ) eine erhebliche oder fortdauernde mangelhafte Erfüllung einer wesentlichen Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags, die zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat.
2. Nach dem Wortlaut der Norm genügt es nicht, dass der Auftraggeber gekündigt, einen Schadensersatzanspruch geltend gemacht oder eine Maßnahme ergriffen hat, die eine vergleichbare Rechtsfolge nach sich zieht. Die Konsequenzen müssen auch zu Recht gezogen worden sein. Da es sich dabei um eine Tatbestandsvoraussetzung handelt, müssen Auftraggeber eine entsprechende Rechtsprüfung (eingehend) dokumentieren, wozu neben der rechtlichen Würdigung auch der zu Grunde gelegte Sachverhalt gehört.
3. Der Ausschlusstatbestand erfasst zwar auch Leistungsstörungen bei öffentlichen Aufträgen anderer Auftraggeber. Dies entbindet aber nicht von der Dokumentation einer Prüfung der Rechtmäßigkeit der hieraus vom anderen Auftraggeber gezogenen Konsequenzen. Der Verweis auf eine erfolgte Kündigung oder auf vergleichbare Sanktionen Dritter genügt dem nicht.
4. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist der Auftraggeber verpflichtet, dem Unternehmen vor seinem Ausschluss rechtliches Gehör zu verschaffen, damit es unter anderem die Möglichkeit erhält, die Vorwürfe zu widerlegen oder mögliche Selbstreinigungsmaßnahmen nach § 125 GWB darzulegen.
5. Der Antragsgegner hat eine Prognoseentscheidung dahingehend zu treffen und zu dokumentieren, ob von dem fraglichen Bieter unter Berücksichtigung der festgestellten früheren Schlechtleistung im Hinblick auf die Zukunft zu erwarten ist, dass er den nunmehr zu vergebenden Auftrag nicht gesetzestreu, ordnungsgemäß und sorgfältig ausführen werde
6. Auch bei Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist eine eigene Entscheidung des Auftraggebers, die über ein bloßes "Abnicken" hinausgeht und entsprechend dokumentiert ist, erforderlich. Dabei kann sich der Auftraggeber die Ausführungen seiner Verfahrensbevollmächtigten zu eigen machen, indem er diese unter eigenverantwortlicher Abwägung einer eigenen Ermessensentscheidung zuführt.

VPRRS 2024, 0179

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.03.2023 - Verg 24/22
1. Die Angebotswertung hat anhand der vom Auftraggeber bekannt gemachten Zuschlags- und Unterkriterien einschließlich deren Gewichtung zu erfolgen.
2. Es steht dem öffentlichen Auftraggeber frei, ein Ausschlusskriterium für den Fall zu formulieren, dass von den Bietern eine bestimmte Mindestpunktzahl nicht erreicht wird. Der Inhalt eines solchen Ausschlusskriteriums muss - ebenso wie die Vergabeunterlagen insgesamt - hinreichend klar und eindeutig formuliert sein.
3. Die Zuschlagsentscheidung muss im Vergabenachprüfungsverfahren überprüfbar sein. Die Nachprüfungsinstanzen müssen anhand der Dokumentation der Wertungsentscheidung die Einhaltung der Bewertungsgrundsätze nachvollziehen können und daraufhin kontrollieren, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet wurden.
4. Vor allem dann, wenn der Auftraggeber sich eines aus Preis und qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalogs bedient, bei dem die Angebote hinsichtlich der Qualitätskriterien mittels eines Benotungssystems bewertet werden und die Bewertungsmethode des Preises nur enge Kompensationsmöglichkeiten für qualitative Abzüge erwarten lässt, muss der Auftraggeber seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind.

VPRRS 2024, 0180

BayObLG, Beschluss vom 01.08.2024 - Verg 19/23
1. Öffentliche Auftraggeber haben im Vergabeverfahren rechtzeitig gestellte, auftragsbezogene Fragen der Bieter zutreffend und unter Beachtung des Geheimnisschutzes zu beantworten (hier zu dem Umstand, dass die Abstimmungsvereinbarung zwischen öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und den Betreibern dualer Systeme im Ausschreibungszeitpunkt bereits ausgelaufen und eine neue Vereinbarung noch nicht abgeschlossen war).*)
2. Nach Durchführung einer elektronischen Auktion sind die finalen Angebote unter den Voraussetzungen des § 60 VgV einer Auskömmlichkeitsprüfung zu unterziehen.*)
3. Nach den nationalen Bestimmungen über die Durchführung elektronischer Auktionen sind die öffentlichen Auftraggeber nicht verpflichtet, den an der Auktion teilnehmenden Bietern neben ihrem jeweiligen Rang auch die Gesamtanzahl der an der Auktion beteiligten Wettbewerber mitzuteilen.*)
4. Es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die Zuweisung des Risikos schwankender Altpapiermengen an den Bieter ausnahmsweise eine kaufmännisch vernünftige Angebotskalkulation unzumutbar macht (hier verneint).*)

VPRRS 2024, 0174

VK Bund, Beschluss vom 29.07.2024 - VK 2-59/24
1. Eine dienststellenähnliche Kontrolle über eine juristische Person setzt voraus, dass sich deren beschlussfassende Organe ausschließlich aus Vertretern sämtlicher teilnehmender öffentlicher Auftraggeber zusammensetzen.
2. Eine institutionelle staatliche Förderung ist weder "Umsatz" noch ein "anderer tätigkeitsgestützter Wert". Denn eine institutionelle Förderung stellt keine Art von Gegenleistung für eine konkrete Tätigkeit dar.

VPRRS 2024, 0170

VK Bund, Beschluss vom 29.07.2024 - VK 2-61/24
1. Eine dienststellenähnliche Kontrolle über eine juristische Person setzt voraus, dass sich deren beschlussfassende Organe ausschließlich aus Vertretern sämtlicher teilnehmender öffentlicher Auftraggeber zusammensetzen.
2. Eine institutionelle staatliche Förderung ist weder "Umsatz" noch ein "anderer tätigkeitsgestützter Wert". Denn eine institutionelle Förderung stellt keine Art von Gegenleistung für eine konkrete Tätigkeit dar.

VPRRS 2024, 0167

OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.07.2024 - 18 U 63/23
1. Ist ein Vertrag von Anfang an unwirksam, weil der Auftraggeber entweder gegen seine Informations- und Wartepflicht verstoßen hat oder einen öffentlichen Auftrag unmittelbar an ein Unternehmen erteilt, ohne andere Unternehmen am Vergabeverfahren zu beteiligen und ohne dass dies aufgrund Gesetzes gestattet ist, steht dem Auftraggeber ein Anspruch auf Rückzahlung einer an den Unternehmer gezahlten sog. Ausgleichszahlung zu, wenn der Vergaberechtsverstoß in einem Vergabenachprüfungsverfahren festgestellt worden ist.
2. Der Anspruch des öffentlichen Auftraggebers auf Rückerstattung ist mit dem objektiven Wert der vom Unternehmer im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vertrags erbrachten Leistungen zu verrechnen, wenn der Auftraggeber die erlangten Leistungen wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht herausgeben kann.
3. Zur Schätzung des Werts erbrachter Verkehrsdienstleistungen.

VPRRS 2024, 0165

VK Bund, Beschluss vom 04.03.2024 - VK 1-6/24
1. Einem Sektorenauftraggeber stehen - auch im Rahmen der Verfahrensaufhebung - erhebliche Spielräume für die individuelle Organisation eines Vergabewettbewerbs zu. Gleichwohl darf ein Vergabeverfahren auch im Sektorenbereich nicht ohne Weiteres beendet werden. Die Grenze der fehlerfreien Ermessensausübung ist dort zu ziehen, wo eine Aufhebung als willkürlich anzusehen ist.
2. Die Nichtbekanntmachung von Eignungskriterien sowie die Aufstellung unklarer Vorgaben sind Vergabefehler.
3. Einem (Sektoren-)Auftraggeber ist es vergaberechtlich regelmäßig unbenommen, seinen Beschaffungsbedarf selbst zu bestimmen und im Vergleich zu früheren Beschaffungsvorhaben - gegebenenfalls sogar grundlegend - zu ändern. Erfolgt diese Änderung aber in einem laufenden Vergabeverfahren, in dem sich die Bieter schon auf den ursprünglichen Beschaffungsbedarf eingerichtet hatten, sind die entsprechenden Folgen der Sphäre des Auftraggebers zuzurechnen.

VPRRS 2024, 0145

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.02.2024 - Verg 23/23
1. Der öffentliche Auftraggeber kann im Hinblick auf die technische und berufliche Leistungsfähigkeit der Bieter Anforderungen stellen, die sicherstellen, dass der Bieter über die erforderlichen personellen und technischen Mittel sowie ausreichende Erfahrungen verfügt, um den Auftrag in angemessener Qualität ausführen zu können.
2. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Auftraggeber zum Nachweis der Anforderungen an die technische und berufliche Leistungsfähigkeit verlangt, dass sich die Referenz über eine Leistung verhalten muss, die mit der zu vergebenden Leistung "vergleichbar" ist.
3. Die Formulierung "vergleichbar" bedeutet, dass die referenzierte Leistung mit der ausgeschriebenen Leistung nicht "gleich" oder gar "identisch" sein muss. Ausreichend ist, dass sie in Bezug auf ihren Umfang und ihre Komplexität in technischer oder organisatorischer Art einen gleich hohen oder höheren Schwierigkeitsgrad aufweisen muss.

VPRRS 2024, 0144

BayObLG, Beschluss vom 29.05.2024 - Verg 15/23
1. Der öffentliche Auftraggeber darf grundsätzlich ohne Widerspruch zu davon ausgehen, dass ein Bieter seine vertraglichen Zusagen erfüllen wird.
2. Erst wenn sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dies zweifelhaft ist, ist der Auftraggeber gehalten, durch Einholung ergänzender Informationen die Erfüllbarkeit des Leistungsversprechens bzw. die hinreichende Leistungsfähigkeit des Bieters zu prüfen.
3. Bei der Überprüfung des Leistungsversprechens ist der Auftraggeber in der Wahl seiner Mittel grundsätzlich frei. Das vom Auftraggeber gewählte Mittel zur Überprüfung muss jedoch geeignet und die Mittelauswahl frei von sachwidrigen Erwägungen getroffen worden sein.
4. Der öffentliche Auftraggeber ist nur dann auf ein bestimmtes Mittel der Verifizierung zu verweisen, wenn dieses das einzige geeignete Mittel der Überprüfung der Bieterangaben darstellt und dem öffentlichen Auftraggeber zur Verfügung steht.

VPRRS 2024, 0140

VK Niedersachsen, Beschluss vom 21.03.2024 - VgK-4/2024
1. Es liegt im Interesse des Wettbewerbs, Beschaffungsziele nicht so ehrgeizig vorzugeben, dass nur wenige Anbieter diese Ziele zeitgerecht erfüllen können.
2. Jede Mindestanforderung begrenzt den Wettbewerb. Begrenzungen des Wettbewerbs führen regelmäßig dazu, dass sich die wertbaren Angebote verteuern, weil preiswerte Konzepte ausgeschlossen werden müssen.

VPRRS 2024, 0138

VK Niedersachsen, Beschluss vom 14.05.2024 - VgK-6/2024
1. Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, das Vergabeverfahren von Anbeginn fortlaufend so zu dokumentieren, dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen festgehalten werden.
2. Ein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht ist immer zugleich auch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot.
3. Zu dokumentieren sind sowohl der formale Verfahrensablauf als auch die Maßnahmen, Feststellungen und Begründungen der einzelnen Entscheidungen.
4. Zwar muss die Dokumentation nicht notwendigerweise in einem zusammenhängenden Vergabevermerk erfolgen. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass das Verfahren lückenlos dokumentiert wird, wobei der Vermerk aus mehreren Teilen bestehen kann. Die Dokumentation muss jedoch zeitnah erstellt und laufend fortgeschrieben werden.
5. Die für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen sind in allen Schritten so eingehend zu dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht und Ergebnis in die Benotung eingegangen sind.

VPRRS 2024, 0129

OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.05.2024 - 4 A 2508/22
1. Ein vollständiger Antrag, der geeignet ist, bei nicht rechtzeitiger Bescheidung eine Genehmigungsfiktion auszulösen, liegt im Anwendungsbereich des § 6a Abs. 2 GewO nur dann vor, wenn aus diesem hervorgeht, dass der Marktdurchführung durch den Antragsteller keine sonstigen rechtlichen Hindernisse mehr entgegenstehen.*)
2. Die Fiktionsregelung des § 6a Abs. 2 GewO sollte nur die durch die Richtlinie 2006/123/EG begründete Pflicht zur Einführung einer Genehmigungsfiktion in nationales Recht umsetzen. Von den die Mitgliedstaaten verpflichtenden Bestimmungen der Richtlinie 2006/123/EG über Genehmigungsregelungen sind insbesondere Marktfestsetzungsanträge nicht erfasst, die sich auf Märkte beziehen, welche als öffentliche Einrichtungen entweder von der öffentlichen Hand betrieben werden oder deren Betrieb privaten Veranstaltern im Einklang mit dem hierfür maßgeblichen Recht nur im Rahmen öffentlicher Dienstleistungskonzessionen im Sinne des Unionsrechts und/oder mit einer noch nicht erteilten oder verbindlich in Aussicht gestellten straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis oder sonstigen Erlaubnis zugänglich ist.*)
3. Hiervon ausgehend ist ein Festsetzungsantrag jedenfalls dann unvollständig, wenn aus ihm nicht hervorgeht, dass der vom Antragsteller beabsichtigen Marktdurchführung keine sonstigen rechtlichen Hindernisse mehr entgegenstehen.*)
4. Bei traditionell veranstalteten Wochenmärkten handelt es sich nach dem hierfür maßgeblichen Landesrecht unabhängig davon, dass sie von einem privaten Konzessionsnehmer unter Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis durchgeführt werden sollen, um vorhandene und nicht erst zu schaffende gemeindliche Einrichtungen i.S.v. § 8 GO-NW.*)
5. Bereits aus § 8 Abs. 2 GO-NW ergibt sich, dass die öffentlich-rechtlichen Bindungen aus dem Betrieb der Wochenmärkte als öffentliche Einrichtung gegenüber Beschickern, Besuchern und Dritten fortbestehen und sich eine veranstaltende Gemeinde diesen nicht vollständig durch eine "Flucht ins Privatrecht" entziehen kann.*)
6. Eine staatliche Stelle, die einen öffentlichen Auftrag vergibt, muss jedem Mitbewerber eine faire Chance bieten, nach Maßgabe der für den spezifischen Auftrag wesentlichen Kriterien und des vorgesehenen Verfahrens berücksichtigt zu werden.*)
7. Bei Auswahlentscheidungen, an denen ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht, ergibt sich die Pflicht transparenter und nachvollziehbarer Entscheidungen auch aus dem auf dem allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung beruhenden europarechtlichen Transparenzgebot.*)

VPRRS 2024, 0127

VG München, Urteil vom 25.04.2024 - 31 K 21.2797
1. Ein Zuwendungsbescheid kann ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn der Begünstigte gegen vergaberechtliche Vorschriften verstoßen hat, deren Einhaltung im Zuwendungsbescheid wirksam beauflagt wurde.
2. Die Einhaltung der Vergabegrundsätze liegt allein in der Risikosphäre des Zuwendungsempfängers.
3. Für die Feststellung der Vergabeverstöße kommt es nicht auf die Kenntnis des Zuwendungsnehmers hiervon bzw. auf ein entsprechendes Verschulden, sondern lediglich auf die objektive Rechtslage an. Subjektive Merkmale können allenfalls im Rahmen der Ausübung des Widerrufermessens Berücksichtigung finden.

VPRRS 2024, 0120

BayObLG, Beschluss vom 29.05.2024 - Verg 17/23
1. Der öffentliche Auftraggeber darf grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Bieter seine vertraglichen Zusagen erfüllen wird. Erst wenn sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Leistungsbereitschaft oder -fähigkeit eines Bieters zweifelhaft erscheint, ist er gehalten, durch Einholung ergänzender Informationen die Erfüllbarkeit des Leistungsversprechens bzw. die hinreichende Leistungsfähigkeit des Bieters zu prüfen.
2. Bei der Überprüfung des Leistungsversprechens ist der Auftraggeber in der Wahl seiner Mittel grundsätzlich frei.
3. "Schwere Verfehlungen" sind erhebliche Rechtsverstöße, die geeignet sind, die Zuverlässigkeit eines Bewerbers grundlegend in Frage zu stellen. Sie müssen nachweislich und schuldhaft begangen worden sein und erhebliche Auswirkungen haben. Nicht in jeder nicht ordnungsgemäßen, ungenauen oder mangelhaften Erfüllung eines Vertrags liegt eine schwere Verfehlung.
4. Der Begriff "Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit" umfasst jedes fehlerhafte Verhalten, das Einfluss auf die berufliche Vertrauenswürdigkeit des betreffenden Unternehmens hat, und nicht nur Verstöße gegen berufsethische Regelungen im engen Sinne des Berufsstands, dem dieser Wirtschaftsteilnehmer angehört.
5. Der öffentliche Auftraggeber kann ein Unternehmen bei Vorliegen eines fakultativen Ausschlussgrunds "zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens" ausschließen. Damit können erst während des Vergabeverfahrens und nach Angebotsabgabe entstandene oder bekannt gewordene Ausschlussgründe zu Lasten des Bieters berücksichtigt werden.

VPRRS 2024, 0111

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.09.2022 - Verg 2/22
1. Vertragsklauseln werden von den Vergabenachprüfungsinstanzen grundsätzlich nicht auf ihre zivilrechtliche Wirksamkeit geprüft, da sie keine Bestimmungen über das Vergabeverfahren sind.
2. Vertragsklauseln können unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit einer für den Bieter kaufmännisch vernünftigen Kalkulation beanstandet werden. Dabei ist Bietern zuzumuten, gewisse Preis- und Kalkulationsrisiken zu tragen.
3. Bei der Vergabe einer Rahmenvereinbarung ist in der Bekanntmachung nicht nur die Schätzmenge und/oder der Schätzwert sowie eine Höchstmenge und/oder ein Höchstwert der zu liefernden Waren als Gesamtmenge oder -wert anzugeben, sondern auch, dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge oder dieser Wert erreicht ist.
4. Fehlende Höchstabnahmemengen machen eine vernünftige und zumutbare wirtschaftliche Kalkulation unmöglich.

VPRRS 2024, 0107

BayObLG, Beschluss vom 29.05.2024 - Verg 20/23
1. Bei der Prüfung, ob der Rechtsmittelführer durch die angegriffene Entscheidung beschwert ist, ist nicht allein entscheidend, dass die Vergabekammer hier dem Antrag der Antragstellerin stattgegeben hat. Ob sie hinsichtlich aller Rügen "vollständig obsiegt" hat oder ob sie materiell beschwert ist, weil die Entscheidung der Vergabekammer hinter dem aus ihrem Vortrag erkennbaren Rechtsschutzziel (der begehrten Rechtsfolge) zurückgeblieben ist, bedarf einer wertenden Betrachtung.
2. Ob eine nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen vorliegt, ist durch Auslegung sowohl der Vergabeunterlagen als auch des Angebots des Bieters festzustellen. Für die Auslegung der Vergabeunterlagen ist ein objektiver Maßstab anzulegen und auf den Empfängerhorizont eines fachkundigen Bieters abzustellen, der mit der Leistung vertraut ist; ein Ausschluss kommt nur dann in Betracht, wenn die Angaben in den Vergabeunterlagen, von denen das Angebot eines Bieters abweicht, eindeutig sind.
3. Ändert der Bieter in seinem Angebot bei einigen Positionen den eingetragenen Umsatzsteuersatz, liegt darin keine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen, wenn sich aus diesen nicht eindeutig ergibt, dass der Regelsteuersatz im Preisblatt nicht abgeändert werden darf.
4. Fehlt die Angabe einer Umsatzsteuer, ist das Angebot jedenfalls dann nicht wegen fehlender Preisangabe nach § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV auszuschließen, wenn sich aus den Vergabeunterlagen nicht eindeutig ergibt, dass die Bieter die Umsatzsteuer angeben mussten.
5. Der Auftraggeber ist bei der Wertung der Angebote an das wirksam festgelegte Zuschlagskriterium des niedrigsten Bruttopreises gebunden.
6. Im offenen Verfahren darf ein Angebot nach Ablauf der Angebotsfrist inhaltlich nicht abgeändert werden. Eine unzulässige nachträgliche Abänderung des Angebots ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Bieter von eindeutigen Festlegungen seines Angebots im Zuge einer Stellungnahme zu einem Aufklärungsersuchen abrückt oder sich bei einer Angebotsaufklärung herausstellt, dass der Bieter tatsächlich nicht die geforderte Leistung angeboten hat.
7. Der Auftraggeber darf grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Bieter seine vertraglichen Zusagen erfüllen wird. Erst wenn sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dies zweifelhaft erscheint, ist der Auftraggeber gehalten, durch Einholung ergänzender Informationen die Erfüllbarkeit des Leistungsversprechens bzw. die hinreichende Leistungsfähigkeit des Bieters zu prüfen.
8. "Schwere Verfehlungen" i.S.v. § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB sind erhebliche Rechtsverstöße, die geeignet sind, die Zuverlässigkeit eines Bewerbers grundlegend in Frage zu stellen. Auch die Verletzung vertraglicher Verpflichtungen kann eine schwere Verfehlung darstellen, sofern diese eine solche Intensität und Schwere aufweist, dass der Auftraggeber berechtigterweise an der Integrität des Unternehmens zweifeln darf.
9. Das Unternehmen muss die schwere berufliche Verfehlung "nachweislich" begangen haben. Nicht zu fordern für den Nachweis ist eine rechtskräftige Feststellung der Pflichtverletzung oder eine Verurteilung. Der Nachweis kann auch durch schriftlich fixierte Zeugenaussagen, sonstige Aufzeichnungen, Belege, Schriftstücke oder andere objektivierte Anhaltspunkte für die fraglichen Verfehlungen geführt werden.
10. Regelmäßig sind weder der Auftraggeber noch die Nachprüfungsinstanzen verpflichtet, zur Abklärung, ob eine schwere Verfehlung nachweisbar ist, umfassende Beweisaufnahmen durch Zeugenvernehmungen oder Erholung von Sachverständigengutachten durchzuführen.

VPRRS 2024, 0108

BayObLG, Beschluss vom 29.05.2024 - Verg 16/23
1. Erläutert ein Bieter im Zuge eines Aufklärungsersuchens bei einer funktional beschriebenen, täglich über mehrere Jahre zu erbringenden Leistung den vorgesehenen technischen Ablauf im Vorfeld der Anlieferung (hier: Produktion und Transport vom Speisen), rechtfertigen zwischenzeitliche Modifikationen im Konzept nicht ohne Weiteres einen Angebotsausschluss nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV oder § 15 Abs. 5 Satz 2 VgV. Es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, ob darin eine unzulässige nachträgliche Angebotsänderung zu sehen ist.*)
2. a) Die Vorgabe in der Leistungsbeschreibung, wonach der Bieter bei der Erbringung der Leistung alle einschlägigen DIN-Vorschriften und vergleichbaren Vorgaben einzuhalten und sicherzustellen hat, dass sich die eingesetzten Sachmittel in technisch einwandfreiem Zustand befinden und einschlägigen Regelwerken entsprechen, verpflichtet die Vergabestelle nicht zu einer lückenlosen, jede Sachverhaltsvariante abdeckenden Überprüfung der Einhaltung aller nur denkbaren Normen und Vorschriften.*)
b) Die Vergabestelle darf bei der Beurteilung, ob der Bieter sein Leistungsversprechen einhalten kann, dessen plausible Erläuterungen sowie Bescheinigungen bzw. Bestätigungen von Fachunternehmen und Behörden heranziehen, denen sie nicht grundlos misstrauen muss.*)
3. Ein innovatives Konzept eines Bieters muss im Nachprüfungsverfahren nicht in allen Einzelheiten offengelegt werden, nur weil der Zweitbieter bezweifelt, dass sein Konkurrent sämtliche in Betracht kommenden Vorschriften bzw. Normen einzuhalten vermag. Legt ein Bieter im Zuge einer Aufklärung Bescheinigungen von Fachunternehmen sowie Bestätigungen vor Fachbehörden vor, wonach er sich regelkonform verhält, genügt nicht, dass ein Zweitbieter ohne konkrete Anhaltspunkte denkbare Normverstöße in den Raum stellt oder darauf verweist, dass eine noch genauere Prüfung möglich wäre, um die Notwendigkeit weiterer Aufklärung darzutun.*)
4. Auch die Verletzung vertraglicher Verpflichtungen kann eine schwere berufliche Verfehlung nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB darstellen, wenn sie eine solche Intensität und Schwere aufweist, dass der öffentliche Auftraggeber berechtigterweise an der Integrität des Unternehmens zweifeln darf.*)
5. Ob im Zeitpunkt des Ausschlusses nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB nachweislich eine schwere berufliche Verfehlung vorlag, ist durch die Nachprüfungsinstanzen voll überprüfbar. Insoweit steht dem Auftraggeber (anders als bei der Prüfung mit prognostischem Charakter, ob die festgestellte schwere Verfehlung die Integrität des Bieters in Frage stellt und eine positive Vertragserfüllung zu erwarten ist) kein Beurteilungsspielraum zu. Zu überprüfen ist dabei, ob im Rahmen der auch dem Auftraggeber zumutbaren Aufklärung unter Berücksichtigung objektiver Anhaltspunkte wie schriftlich fixierter Zeugenaussagen, sonstiger Aufzeichnungen, Belege, Schriftstücke oder ähnlichem von einer nachweisbar schweren Verfehlung auszugehen ist. Regelmäßig sind aber weder der Auftraggeber noch die Nachprüfungsinstanzen verpflichtet, zur Abklärung, ob eine schwere Verfehlung nachweisbar ist, umfassende Beweisaufnahmen durch Zeugenvernehmungen oder Erholung von Sachverständigengutachten durchzuführen.*)
6. Ein Bieter kann auch dann nicht mehr wegen einer schweren beruflichen Verfehlung nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB ausgeschlossen werden, wenn die Frist des § 126 Nr. 2 GWB zwar nicht schon bei Angebotsabgabe verstrichen war, aber während des weiteren Vergabe- bzw. Nachprüfungsverfahrens abläuft.*)
VPRRS 2024, 0092

VK Bund, Beschluss vom 18.03.2024 - VK 2-19/24
1. Der Nachprüfung durch die Vergabekammern unterliegt nur die Vergabe öffentlicher Aufträge.
2. Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zur Beschaffung von Leistungen, die u. a. die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Dies setzt eine Vereinbarung zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen voraus, die auf die Begründung gegenseitiger Leistungspflichten gerichtet ist.
3. Staatliche Zuwendungen, die einem Zuwendungsempfänger zur Bewirtschaftung für Tätigkeiten bewilligt werden, die mit der im haushaltsrechtlichen Wirtschaftlichkeitsgrundsatz wurzelnden Verpflichtung verbunden sind, erhaltene Beträge bei nicht bestimmungsgemäßer Verwendung zurückzuzahlen, sind keine öffentlichen Aufträge.
4. Maßgeblich für die Beurteilung eines Vorgangs als öffentlicher Auftrag oder einer Aufgabenausführung aufgrund haushaltsrechtlicher Bewirtschaftung zur unmittelbaren Gewährleistung öffentlicher Zweckerfüllung ist die funktionale Betrachtungsweise.
5. Nicht die Rechtsform eines Vorgangs entscheidet über die Einordnung als öffentlicher Auftrag, sondern eine gemessen am Zweck des Vergaberechts orientierte Auslegung des Auftragsbegriffs bzw. eine dementsprechende Einordnung des Vorgangs, um die Umgehung des EU-Vergaberechts vermeiden.

VPRRS 2024, 0089

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.12.2022 - Verg 11/22
1. Sämtliche Eignungskriterien sind in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen. Andere Eignungsanforderungen sind nicht wirksam aufgestellt.
2. Für die Beantwortung der Frage, welche Eignungskriterien gefordert sind, sind neben der Bekanntmachung nur solche Umstände relevant, die bis zur Veröffentlichung gegeben und für die Bieter erkennbar waren. Auf die Vergabeunterlagen kommt es insoweit nicht an. Diese können die Bekanntmachung - sofern sie mit dieser übereinstimmen - allenfalls konkretisieren.
3. Die geforderten Referenzen dienen als Beleg für die technische und berufliche Leistungsfähigkeit des Bieters. Anhand von Referenzen will der Auftraggeber feststellen, ob der potentielle Auftragnehmer Erfahrungen auf dem Gebiet der nachgefragten Leistung hat und ob er in der Lage sein wird, den Auftrag auch tatsächlich auszuführen. Dafür muss die Referenzleistung der ausgeschriebenen Leistung so weit ähneln, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffnet.
4. Referenzen sind personen- oder unternehmensgebunden. Bietet ein Bieter die Leistung vollständig als eigene an, also ohne sich bezüglich bestimmter Leistungsteile auf einen Nachunternehmer zu berufen, muss er im Rahmen der Referenzen auch alle wesentlichen Leistungsteile selbst erbracht haben.
5. Antragsbefugt zur Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens sind nur solche Unternehmen antragsbefugt, denen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Ein Schaden droht, wenn der Antragsteller im Fall eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte.
6. Ist das Angebot des antragsstellenden Bieters nicht das zweit-, sondern das dritt- oder schlechter platzierte, bedarf die Feststellung einer Verschlechterung der Zuschlagschancen einer über die Vergaberechtswidrigkeit der Auswahl des erstplatzierten Bieters hinausgehender Darlegung.

VPRRS 2024, 0084

OLG Brandenburg, Urteil vom 21.03.2024 - 12 U 195/22
1. Ein öffentlicher Auftrag ist im sog. Oberschwellenbereich von Anfang an unwirksam, wenn dem öffentlichen Auftraggeber ein Vergabeverstoß gem. § 134 GWB oder § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB vorzuwerfen ist und dieser Verstoß in einem Nachprüfungsverfahren festgestellt worden ist, wobei die Geltendmachung in einem Nachprüfungsverfahren nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss erfolgen darf.
2. Im Anwendungsbereich der Unterschwellenvergabeverordnung (UVgO) ist ein Verstoß gegen Vergaberechtsvorschriften nach der Erteilung des Auftrags unbeachtlich.

VPRRS 2024, 0060

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 24.10.2023 - 3 VK 5/23
1. Für eine Konzession ist ein Beschaffungsbezug erforderlich. Ein ausschreibungspflichtiger Beschaffungsvorgang liegt nur vor, wenn die Gegenleistung den öffentlichen Auftraggeber bei der Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben unterstützt. Der Private erbringt die Dienstleistung anstelle der öffentlichen Hand unter ihrer Aufsicht.
2. Bei reinen Miet- und Pachtverträgen beschafft die öffentliche Hand nichts, sondern bietet selbst eine Leistung an und verwertet eigenes Vermögen.

VPRRS 2024, 0056

VK Thüringen, Beschluss vom 02.06.2023 - 4003-407-2022-E-008-SLF
1. Die Wertung der Angebote hat anhand der mit der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen bekannt gegebenen Zuschlagskriterien, Unterkriterien und Gewichtungsregeln bzw. Bewertungsgrundsätze und Bewertungsmethoden zu erfolgen.
2. Bei der Bewertung von Einzelpositionen bzw. der Vergabe von Punkten/Noten besitzt der Auftraggeber einen weiten Beurteilungsspielraum. Das bedeutet, dass die Bewertungen letztlich nicht einer absoluten Richtigkeitskontrolle zugänglich sind. Die Wertungsentscheidungen müssen jedoch willkürfrei in Anwendung der mitgeteilten Zuschlags- und Unterkriterien getroffen werden.
3. Ein Bieter ist nicht dazu verpflichtet, nach erhobener Rüge eine Stillhaltefrist bis zur Einreichung des Nachprüfungsantrags einzuhalten. Das gilt auch in den Fällen, in denen noch kein unmittelbarer Zuschlag droht und der Auftraggeber noch Zeit hat, sich mit der Rüge auseinander zu setzen und ihr gegebenenfalls abzuhelfen.

VPRRS 2024, 0055

VK Thüringen, Beschluss vom 07.02.2023 - 4003-398-2022-E-005-GTH
1. Beabsichtigt der Auftraggeber, das antragstellende Unternehmen auszuschließen, und hat er über den Ausschluss eines weiteren Unternehmens noch nicht entschieden, ist das Vergabeverfahren bei fortbestehender Beschaffungsabsicht des Auftraggebers mindestens in den Stand vor Prüfung und Wertung zurückzuversetzen.*)
2. Lassen die Vergabeunterlagen bei Umlaufzeiten keine Toleranzen zu, führt jede Überschreitung zum Ausschluss.*)
3. Allein die Teilnahme an einem Vergabeverfahren durch Abgabe eines Angebots ändert nichts an dem Nachweis der Verfügbarkeit, sodass ein Unternehmen sich auch in einem parallelen Verfahren auf die gleichen Mittel und Kapazitäten berufen kann.*)

VPRRS 2024, 0043

VG Berlin, Urteil vom 29.01.2024 - 2 K 41/23
1. Jede Person hat Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine Stelle der öffentlichen Verwaltung verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen.
2. Umweltinformationen sind unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Die Aufstellung und der Betrieb von Trinkwasserbrunnen und Wasserspendern ist eine Maßnahme bzw. Tätigkeit in diesem Sinne.
3. Ein Antrag auf Informationszugang ist abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.
4. Die zwischen einem Unternehmen und einem öffentlichen Auftraggeber vereinbarten Preise sind Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens.

VPRRS 2024, 0034

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 01.02.2023 - 3 VK 11/22
1. Eine Gesamtvergabe ist aus Gründen des Mittelstandsschutzes nur ausnahmsweise zulässig. Grundsätzlich muss ein Auftrag in Lose aufgeteilt werden.
2. Öffentliche Auftraggeber dürfen von der Aufteilung des Auftrags in Lose allein dann absehen, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Solche liegen vor, wenn bei getrennten Ausschreibungen das - nicht durch inhaltliche Gestaltung der Vergabeunterlagen vermeidbare - Risiko besteht, dass der Auftraggeber Teilleistungen erhält, die zwar jeweils ausschreibungskonform sind, aber nicht zusammenpassen und deshalb in ihrer Gesamtheit nicht geeignet sind, den Beschaffungsbedarf in der angestrebten Qualität zu befriedigen.
3. Für eine Gesamtlosvergabe müssen Gründe vorliegen, die über solche Schwierigkeiten hinausgehen, die typischerweise mit jeder losweisen Ausschreibung verbunden sind. An sich plausible Gründe, wie etwa die Entlastung des Auftraggebers von der Koordinierung, der Vorzug, nur einen Vertragspartner zu haben oder die einfachere Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen sind nicht geeignet, einen Ausnahmefall zu begründen.
4. Eine Regelung in den Ausschreibungsunterlagen, wonach "die am Nachprüfungsverfahren beteiligten Bieter bis vier Wochen nach Rechtskraft des letztinstanzlichen Beschlusses an ihr Angebot gebunden sind, wenn sich die Zuschlagserteilung wegen eines Nachprüfungsverfahrens verzögert", ist vergaberechtlich zulässig.

VPRRS 2024, 0032

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.03.2023 - 3 VK 12/22
1. Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information geschlossen werden.
2. Auf den Tag des Zugangs der Vorabinformation beim betroffenen Bieter oder Bewerber kommt es für den Fristbeginn nicht an. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber.
3. Die Vorabinformation gilt als abgesendet, wenn sie den Herrschaftsbereich des öffentlichen Auftraggebers verlassen und er alles Erforderliche getan hat, damit die Information den Empfänger erreichen kann.
4. Eine Absendung liegt erst dann vor, wenn ohne weiteres Zutun des öffentlichen Auftraggebers unter normalen Umständen mit der Übermittlung der Information an den Adressaten innerhalb des für das verwendete Kommunikationsmittel üblichen Zeitraums zu rechnen ist. Wird die Information per Post versandt, ist die Übergabe an den Postdienstleister erforderlich.
