Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
1653 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2019
VPRRS 2019, 0168OLG München, Beschluss vom 10.04.2019 - Verg 8/18
1. Die Entscheidung über die Kostentragung ist in den Fällen einer Verfahrensbeendigung aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu treffen.
2. Gesichtspunkte der Billigkeit können es im Einzelfall gebieten, von der Maßgeblichkeit des voraussichtlichen Verfahrensausgangs abzuweichen und einem Beteiligten die Verfahrenskosten aufzuerlegen bzw. bei der Kostenentscheidung zu seinen Lasten zu berücksichtigen.
3. Wurde die Erledigung einseitig durch die Entscheidung des Auftraggebers herbeigeführt und dadurch zumindest teilweise dem Ansinnen des Antragstellers entsprochen, entspricht es der Billigkeit, bei der Kostenentscheidung eine Kostenlast des Auftraggebers anzusetzen.
VolltextVPRRS 2019, 0167
OLG München, Beschluss vom 02.05.2019 - Verg 5/19
1. Die Entscheidung über die Kostentragung ist in den Fällen einer Verfahrensbeendigung aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen grundsätzlich unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu treffen.
2. Gesichtspunkte der Billigkeit können es im Einzelfall gebieten, von der Maßgeblichkeit des voraussichtlichen Verfahrensausgangs abzuweichen und einem Beteiligten die Verfahrenskosten aufzuerlegen bzw. bei der Kostenentscheidung zu seinen Lasten zu berücksichtigen.
3. Ein Ausnahmefall liegt vor, wenn ein Nachprüfungsantrag unnötigerweise zu früh gestellt wurde, die Einreichung eines Nachprüfungsantrages durch unzutreffende Angaben der Vergabestelle hervorgerufen wurde oder wenn der Auftraggeber der Rüge des Antragstellers nach Einleitung des Verfahrens doch noch (ganz oder teilweise) abhilft.
VolltextVPRRS 2019, 0159
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.09.2018 - 15 Verg 4/18
1. Für Amtshandlungen der Vergabekammern werden Gebühren und Auslagen zur Deckung des Verwaltungsaufwands erhoben. Die Höhe richtet sich nach personellem und sachlichem Aufwand der Vergabekammer sowie der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache.
2. Es ist ermessensfehlerfrei, wenn die Vergabekammer die nach der Gebührenstufe anfallende Gebühr um fast die Hälfte reduziert, weil sie den Antrag nicht zugestellt und als offensichtlich unzulässig zurückgewiesen hat.
VolltextVPRRS 2019, 0155
OLG München, Beschluss vom 17.05.2019 - Verg 4/19
Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag zurück, weil er ohne Rücknahme des Rechtsmittels aller Voraussicht nach unterlegen wäre, begibt er sich in die Rolle des Unterlegenen, so dass es der Billigkeit entspricht, ihm die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners aufzuerlegen.
VolltextVPRRS 2019, 0144
OLG München, Beschluss vom 29.04.2019 - Verg 3/19
Nimmt der Antragsteller die Beschwerde zurück, ist von Amts wegen über die Kosten zu entscheiden. Es entspricht der Billigkeit, dem Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners aufzuerlegen, wenn er ohne Rücknahme des Rechtsmittels aller Voraussicht nach unterlegen wäre.
VolltextVPRRS 2019, 0404
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.01.2019 - Verg 9/18
1. Nicht nur die Kostengrundentscheidung der Vergabekammer, sondern auch der Ausspruch über die Notwendigkeit der Zuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch den obsiegenden Verfahrensbeteiligten ist mit der sofortigen Beschwerde selbstständig anfechtbar.
2. Über die Notwendigkeit für den öffentlichen Auftraggeber, einen Rechtsanwalt zuzuziehen, ist nicht schematisch, sondern auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls zu entscheiden.
3. Dabei ist – regelmäßig für den Zeitpunkt der Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten – danach zu fragen, ob sich das Nachprüfungsverfahren auf auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen nebst den zugehörigen Vergabevorschriften konzentriert hat. In einem solchen Fall ist die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch den öffentlichen Auftraggeber im Allgemeinen nicht erforderlich.
4. Umgekehrt kann die Beteiligung eines Rechtsanwalts notwendig sein, wenn sich im Nachprüfungsverfahren darüber hinaus nicht einfach gelagerte Rechtsfragen, insbesondere verfahrensrechtlicher oder solcher Art stellen, die auf einer höheren Rechtsebene als jener der Vergabeordnungen zu entscheiden sind. Eine kleinliche Beurteilung ist dabei unangebracht.
VolltextVPRRS 2019, 0115
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.01.2018 - Verg 41/16
1. Läuft ein Vergabenachprüfungsverfahren schon über einen längeren Zeitraum und ist ein Ende nicht absehbar, ist der Auftraggeber berechtigt, das Vergabeverfahren aufzuheben, wenn ansonsten wegen eines durch das Nachprüfungsverfahren begründeten Baustopps und damit einhergehender Ertragsausfälle des Auftraggebers dessen Existenz gefährdet wird.
2. Stellt der öffentliche Auftraggeber mit der Bekanntmachung unterschiedliche Dateien zum Download bereit, dürfen diese nicht nur in sich, sondern auch untereinander nicht widersprüchlich oder missverständlich sein. Um Missverständnisse zu vermeiden, muss der Auftraggeber gegebenenfalls Verwendungshinweise geben, die Unklarheiten ausschließen.
3. Ein besonderes Feststellungsinteresse kann sich insbesondere sowohl aus der nicht auszuschließenden Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs des Bieters gegen den öffentlichen Auftraggeber im Falle des Vorliegen eines Vergaberechtsverstoßes als auch aus einer Wiederholungsgefahr ergeben.
4. Richtiger Antragsgegner des Vergabenachprüfungsverfahrens ist derjenige, der sich in der Auftragsbekanntmachung und/oder den Vergabeunterlagen als Auftraggeber zu erkennen gegeben hat.
VolltextVPRRS 2019, 0106
VK Brandenburg, Beschluss vom 28.01.2019 - VK 22/18
1. Für die Frage, in welcher Reihenfolge Rüge und Nachprüfungsantrag eingegangen sind, ist der Zeitpunkt der Antragstellung bei der Vergabekammer entscheidend, nicht der Zeitpunkt der Übermittlung an den Auftraggeber.
2. Beruft sich ein Unternehmen darauf, die Rüge vor dem Nachprüfungsantrag gefaxt zu haben, muss es das Faxprotokoll seines Geräts vorlegen.
3. Der Nachprüfungsantrag ist schriftlich einzureichen. Ein per E-Mail an die Vergabekammer übersandter Nachprüfungsantrag genügt nicht der vorgeschriebenen Schriftform.
VolltextVPRRS 2019, 0097
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.01.2019 - Verg 30/18
1. Haben die Verfahrensbeteiligten das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, ist über die Kosten des Beschwerdeverfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu befinden. Dabei genügt eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht.
2. Die Kostenentscheidung dient keiner abschließenden Klärung schwieriger Rechts- oder Tatsachenfragen, sondern soll lediglich eine dem jeweiligen Sach- und Streitstand entsprechende Kostenverteilung sicherstellen.
3. Ist der Verfahrensausgang offen und nicht vorherzusehen, sind die Kosten gegeneinander aufzuheben. Bei einfacher Sach- und Rechtslage und prognostizierbarem Verfahrensausgang kommt demgegenüber dem voraussichtlichen Ausgang des Verfahrens maßgebende Bedeutung zu.
VolltextVPRRS 2019, 0091
VG Halle, Beschluss vom 14.11.2018 - 3 A 400/18
Der Verwaltungsrechtsweg ist in Sachsen-Anhalt für die Überprüfung von Entscheidungen der als Behörde beim Landesverwaltungsamt eingerichteten Vergabekammer im unterschwelligen Bereich i.S.d. § 106 GWB gegeben.*)
VolltextVPRRS 2019, 0093
OLG Celle, Beschluss vom 19.03.2019 - 13 Verg 1/19
1. Ein isoliert auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Verfahrensaufhebung gerichteter Nachprüfungsantrag, mit dem nicht zugleich um Primärrechtsschutz nachgesucht wird, ist unzulässig.*)
2. Das gegenüber einem üblichen Nachprüfungsantrag geringere wirtschaftliche Interesse bei einem auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Verfahrensaufhebung gerichteten Antrag kann dadurch zu berücksichtigen sein, dass eine Gebührenermäßigung nach § 182 Abs. 2 Satz 1 GWB erfolgt. Maßstab für diese Gebührenermäßigung kann dabei § 182 Abs. 3 Satz 3 GWB sein, wonach nur die Hälfte der Gebühr zu entrichten ist, wenn sich der Antrag vor Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweitig erledigt.*)
VolltextVPRRS 2019, 0092
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2018 - Verg 57/17
1. Das für den Sitz der Vergabekammer zuständige Oberlandesgericht entscheidet über die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen der Vergabekammer. Liegen aber weder eine Entscheidung der Vergabekammer noch eine hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde vor, sondern (lediglich) sozialgerichtliche Entscheidungen, ist das Oberlandesgericht funktionell nicht zuständig.
2. Verweist ein Sozialgericht den Rechtsstreit an das funktionell unzuständige Oberlandesgericht und dieses das Verfahren an die Vergabekammer, ist die Verweisung bindend und die Vergabekammer für den Rechtsstreit zuständig.
VolltextVPRRS 2019, 0085
VK Berlin, Beschluss vom 29.01.2019 - VK B 1-33/18
Die Gestattung des Zuschlags darf nur in besonderen Ausnahmefällen erfolgen, denn vor Entscheidung des Hauptsacheverfahrens führt sie dazu, dass dem Bieter im Nachprüfungsverfahren der Primärrechtschutz irreversibel genommen und er auf den Sekundärrechtsschutz verwiesen wird.
VolltextVPRRS 2019, 0083
OLG Celle, Beschluss vom 19.03.2019 - 13 Verg 7/18
1. Ein Verstoß gegen die Bestimmung, auf die Frist des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB bereits in der Bekanntmachung hinzuweisen, kann durch einen späteren Hinweis in der Rügezurückweisung mit der Folge geheilt werden, dass die Präklusionsvorschrift des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB Anwendung findet.*)
2. Zum Gebot, alle kalkulationsrelevanten Umstände eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, insbesondere bei der Ausschreibung von Rahmenverträgen.*)
3. Zur Begrenzung des grundsätzlich weiten Beurteilungs- und Handlungsspielraums des Auftraggebers, anhand der Bestimmung und Gewichtung von Zuschlagskriterien festzulegen, welche Qualität die Leistung vorzugsweise haben soll.*)
4. Vertragsklauseln sind im Nachprüfungsverfahren nicht grundsätzlich auf ihre zivilrechtliche Wirksamkeit zu prüfen.*)
VolltextVPRRS 2019, 0076
VK Sachsen, Beschluss vom 24.10.2018 - 1/SVK/039-18G
1. Durch die Gestattung der vorzeitigen Zuschlagserteilung wird dem Antragsteller der Primärrechtsschutz irreversibel genommen, deswegen darf diese grundsätzlich nur in besonderen Ausnahmefällen erfolgen. Sie ist nur möglich, wenn ein dringendes Bedürfnis für eine sofortige Auftragserteilung besteht, welches deutlich das Interesse des Antragstellers an einer vorherigen Durchführung des Nachprüfungsverfahrens übersteigt.*)
2. Eine Verzögerung der Zuschlagserteilung ist jedem Nachprüfungsverfahren immanent und kann allein kein dringendes Bedürfnis an der Ermöglichung der sofortigen Zuschlagserteilung begründen. Vielmehr hat ein Auftraggeber Verzögerungen, die sich aus einem Nachprüfungsverfahren ergeben, grundsätzlich hinzunehmen.*)
3. Unabhängig davon, dass die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags nach § 169 Abs. 2 Satz 4 GWB nicht in jedem Fall Gegenstand der vorzunehmenden Interessenabwägung sein müssen, kommt die Gestattung der vorzeitigen Zuschlagserteilung wegen fehlender Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags nur in Betracht, wenn die Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags auf der Hand liegt und ein besonderes Beschleunigungsinteresse des Auftraggebers hinzutritt.*)
VolltextVPRRS 2019, 0067
VK Sachsen, Beschluss vom 12.11.2018 - 1/SVK/021-18-ERG
Rechtsgrundlage für eine nachträgliche Änderung der Kostenfestsetzung in einem Beschluss der Vergabekammer ist § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG.*)
VolltextVPRRS 2019, 0038
VK Südbayern, Beschluss vom 08.08.2018 - Z3-3-3194-1-21-06/18
1. Die Rügetatbestände des § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB können nur innerhalb eines bereits begonnenen Vergabeverfahrens greifen.*)
2. Bei europaweiten Vergaben im offenen Verfahren beginnt das Verfahren grundsätzlich mit der Absendung der Auftragsbekanntmachung an das Amt für Veröffentlichungen der europäischen Union (siehe auch § 3 Abs. 3 VgV).*)
3. Die Rügetatbestände des § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB sind - solange die Vorschriften des § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB restriktiv ausgelegt werden und den Primärrechtsschutz i.S.d. effet utile nicht übermäßig einschränken - mit den unionsrechtlichen Vorgaben der Rechtsmittelrichtlinie vereinbar (vgl. Art. 1 Abs. 4 und Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2007/66/EG). Dabei dürften die Regelungen in § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB das absolute Maximum der europarechtlich noch zulässigen Erschwerung des Rechtsschutzes darstellen.*)
4. Der Gesetzgeber hat in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB den Fristbeginn an eine innere Tatsache beim Antragsteller geknüpft. Dieser auf das Bewusstsein des konkreten Antragstellers abstellende Maßstab stellt eine hohe Hürde für die Feststellung einer frühzeitigen, zur Obliegenheitsverletzung führenden Kenntnis dar.*)
5. Die Ausschlussgründe des § 124 Abs. 1 GWB können nach dem klaren Wortlaut der Norm ("zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens") ebenfalls nur innerhalb eines bereits begonnenen Vergabeverfahrens greifen. Anders als unter der vor dem 18.04.2016 geltenden Rechtslage (vgl. § 19 EG Abs. 3 VOL/A 2009 bzw. § 16 EG Abs. 1 VOB/A a.F.) können nach § 124 Abs. 1 GWB nicht nur Angebote, sondern Unternehmen ausgeschlossen werden. Dies steht im Einklang mit Art. 57 der Richtlinie 2014/24/EU, der durchgängig von Wirtschaftsteilnehmern spricht. Ein Ausschluss eines Unternehmens nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB ist daher im Grundsatz zu einem Zeitpunkt nach Einleitung eines Vergabeverfahrens möglich, an dem es - wie hier - noch kein Angebot abgegeben hat.*)
VolltextVPRRS 2019, 0034
VK Südbayern, Beschluss vom 11.12.2018 - Z3-3-3194-1-45-11/16
1. Ein Qualifizierungssystem nach der SektVO ist zwar kein Vergabeverfahren, sondern eine vorweggenommene Eignungsprüfung. Dennoch kann insbesondere der Ausschluss aus einem Qualifizierungssystem zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht werden, da nur so effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden kann.*)
2. § 125 Abs. 1 Nr. 2 GWB bedarf einer europarechtskonformen Auslegung nach dem Urteil des EuGH vom 24.10.2018 (VPR 2019, 2). Die Pflicht zur Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Auftraggeber muss auf die Maßnahmen beschränkt sein, die unbedingt für die Prüfung der Zuverlässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers und dabei insbesondere für die Bewertung der Selbstreinigungsmaßnahmen erforderlich sind.*)
3. Ein Bieter, der eine Selbstreinigung aufgrund einer früheren Beteiligung an einem Kartell anstrebt, muss regelmäßig gegen ihn ergangene Entscheidungen der Kartellbehörden vorlegen. Aus diesen Entscheidungen sind gegebenenfalls personenbezogene Daten, an denen der Auftraggeber kein berechtigtes Interesse hat, unkenntlich zu machen.*)
4. Bei der Gebührenfestsetzung für ein Nachprüfungsverfahren aufgrund eines Ausschlusses aus einem Qualifizierungssystem nach der SektVO muss in Ermangelung von tauglichen Anknüpfungspunkten für die Bemessung des Auftragswerts der Sachverhalt unterstellt werden, welcher für die Parteien am günstigsten ist, und dies ist das Anknüpfen an den für die Mindestgebühr maßgeblichen Auftragswert i.H.v. 80.000 Euro.*)
VolltextVPRRS 2019, 0032
OLG Rostock, Beschluss vom 27.03.2017 - 17 Verg 1/17
1. Bei einem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb steht dem Auftraggeber im Rahmen der materiellen Eignungsprüfung, das heißt bei der Auswahl der formell geeigneten Teilnehmer für das Verhandlungsverfahren, ein Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum zu.
2. Die Nachprüfung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen ist dabei auf die Frage beschränkt, ob das Ermessen bei der Auswahlentscheidung rechtmäßig ausgeübt wurde.
VolltextVPRRS 2019, 0026
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.06.2018 - 15 Verg 7/17
1. Der für die Vergabe maßgebliche Auftragswert ist anhand des funktionalen Auftragsbegriffs zu ermitteln. Auch wenn der öffentliche Auftraggeber Leistungen in verschiedenen Abschnitten ausführen lassen will, ist von einem Gesamtauftrag auszugehen, sofern die Leistungen in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht zusammenhängen.
2. Die Schätzung des Gesamtauftragswerts ist vom Auftraggeber nach objektiven Kriterien, ausgehend von der zu beschaffenden Leistung und der aktuellen Marktlage aufgrund einer sorgfältigen betriebswirtschaftlichen Finanzplanung durchzuführen.
3. Der Auftraggeber hat seine Ermittlungen und Schätzungen zu dokumentieren. Die vollständige Dokumentation kann auch während des Nachprüfungsverfahrens nachgeholt werden.
4. Ein interessierter Marktteilnehmer kann sich gegen eine bevorstehende de-facto-Vergabe mit einem Antrag auf Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens wehren. Voraussetzung ist, dass ein konkreter Beschaffungsvorgang vorliegt.
5. Öffentliche Aufträge sind an fachkundige und leistungsfähige (geeignete) Unternehmen zu vergeben. Hat ein Unternehmen wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren Auftrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt, kann der Auftraggeber es zu jeder Zeit des Vergabeverfahrens von der weiteren Teilnahme ausschließen.
VPRRS 2019, 0027
OLG Koblenz, Beschluss vom 20.12.2018 - W 601/18 Kart
Zur Festsetzung des Streitwerts eines einstweiligen Verfügungsverfahrens in einem Konzessionsverfahren zur Vergabe von Wegenutzungsrechten.
VolltextVPRRS 2019, 0021
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2018 - Verg 61/17
1. Nicht nur die Kostenentscheidung der Vergabekammer, sondern auch der dazugehörende Ausspruch über die Notwendigkeit der Zuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch den obsiegenden Verfahrensbeteiligten ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.
2. Die Kosten eines Rechtsanwalts sind als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendige Kosten erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.
3. Über die Notwendigkeit für den öffentlichen Auftraggeber, einen Rechtsanwalt zuzuziehen, ist nicht schematisch, sondern auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls zu entscheiden.
4. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts kann notwendig sein, wenn sich im Nachprüfungsverfahren keine einfach gelagerten Rechtsfragen stellen, sondern solche, die auf einer höheren Rechtsebene als der der Vergabeordnungen zu entscheiden sind.
5. Die Problematik "Verstoß gegen den Geheimwettbewerb" ist sowohl hinsichtlich der tatsächlichen wie auch rechtlichen Voraussetzungen nicht alltäglich und nur schwer zu überblicken.
VolltextVPRRS 2019, 0020
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.09.2018 - Verg 32/18
1. Der Auftraggeber legt fest, ob das Angebot schriftlich und/oder elektronisch einzureichen ist. Ausreichend ist grundsätzlich die Übermittlung in Textform mithilfe elektronischer Mittel, bei der auf die eigenhändige Unterschrift verzichtet wird.
2. Der öffentliche Auftraggeber kann erhöhte Anforderungen an die Sicherheit der zu übermittelnden Daten stellen und eine fortgeschrittene elektronische Signatur oder eine qualifizierte elektronische Signatur des Bieters verlangen.
3. Weist ein Angebot die geforderte elektronische Signatur nicht auf, ist es von der Wertung auszuschließen.
4. Die fehlende elektronische Signatur unter dem Angebot kann nicht als "sonstiger Nachweis" nachgefordert werden.
VolltextVPRRS 2019, 0018
KG, Beschluss vom 21.12.2018 - Verg 7/18
Die Entscheidung darüber, ob der Vergabesenat bei Erfolg der sofortigen Beschwerde zugleich in der Sache entscheidet oder ob er die Sache zur erneuten Sachentscheidung an die Ausgangsinstanz zurückverweist, steht gemäß § 178 Satz 1 GWB im Ermessen des Vergabesenats. Dabei nimmt der Vergabesenat eine Gesamtabwägung der von seiner Entscheidung tangierten, berechtigten Interessen vor. Unter den regelmäßig tangierten Interessen sind insbesondere in den Blick zu nehmen das regelmäßige Interesse der Vergabestelle an einer möglichst unverzögerten, abschließenden Entscheidung über die geltend gemachten Vergaberügen, ferner das regelmäßige Interesse der Verfahrensbeteiligten an der Vollständigkeit und Ordnungsgemäßheit des erstinstanzlichen Verfahrens, insbesondere auch im Hinblick auf eine dort ggf. vorzunehmende Sachaufklärung und nicht zuletzt der Grad der Wahrscheinlichkeit, mit der die Beschwerdeführerin letztlich auch in der Sache obsiegen dürfte.*)
VolltextVPRRS 2019, 0017
OLG Brandenburg, Beschluss vom 03.01.2019 - 19 Verg 5/18
1. Die Entscheidung über den Gebührenansatz liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Vergabekammer. Auf die Beschwerde wird die Gebührenentscheidung deshalb nur auf Ermessensfehler hin überprüft.
2. Die Höhe der Gebühr für das Verfahren vor der Vergabekammer ist unter Berücksichtigung ihres Aufwands (Kostendeckungsprinzip) und der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache (Äquivalenzprinzip) zu bestimmen.
3. Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag vor der Entscheidung der Vergabekammer zurück, entsteht in der Regel kein dem Auftragswert äquivalenter Aufwand. Der Erledigungsaufwand ist typischerweise verringert, so dass die Gebühr pauschal auf die Hälfte der sonst angemessenen Gebühr zu ermäßigen ist.
4. Im Anschluss an die Halbierung der Gebühr kann eine weitere Herabsetzung der Gebühr nur noch aus Gründen der Billigkeit gerechtfertigt sein. Hierbei ist das Verbot zu beachten, dass dieselben Gesichtspunkte, die schon bei einem früheren Prüfungsschritt zu einer Reduzierung der Gebühr geführt haben, für eine solche Ermäßigung der Gebühr nicht ein weiteres Mal herangezogen werden dürfen.
VolltextVPRRS 2019, 0016
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 13.12.2018 - 3 VK 9/18
1. Dienen Konzessionen hauptsächlich dazu, dem Auftraggeber die Bereitstellung oder den Betrieb öffentlicher Kommunikationsnetze oder die Bereitstellung eines oder mehrerer elektronischer Kommunikationsdienste für die Öffentlichkeit zu ermöglichen, sind sie vergaberechtsfrei.
2. Konzessionen sind entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Unternehmen mit der Erbringung von Bau- oder Dienstleistungen betraut werden, wobei die Gegenleistung normiert ist. Bei Bauleistungen besteht die Gegenleistung im Recht zur Nutzung des Bauwerks oder diesem Recht zuzüglich einer Zahlung, bei Dienstleistungen besteht sie entweder allein in dem Recht zur Verwertung der Dienstleistungen oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung.
3. Die Frage, ob eine staatliche Zuwendung der Einordnung eines Auftrags als Konzession entgegensteht, ist im Einzelfall in einer wertenden Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der jeweils herrschenden Marktgegebenheiten zu beantworten.
4. Geht der Auftragnehmer mit dem Bau und dem Betrieb des Breitbandkabelnetzes ein Risiko ein, das durch die Zahlung eines staatlichen Zuschusses nicht ausgeglichen wird, weil der Zuwendungsgeber sie nur einmalig mit Rücksicht auf die Versorgung in einem strukturschwachen Gebiet gewährt, liegt eine Konzession vor.
VolltextOnline seit 2018
VPRRS 2018, 0396OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.07.2019 - Verg 51/16
Kann der Bundesgerichtshof auf eine Vorlage nach § 124 Abs. 2 GWB a.F. hin (erneut) über einen Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB a.F. entscheiden, wenn das Beschwerdegericht bereits eine diesbezügliche Entscheidung getroffen hat?
VolltextVPRRS 2018, 0401
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 09.11.2018 - 2 VK 5/18
Ein voreilig gestellter Nachprüfungsantrag ist mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig.
VolltextVPRRS 2018, 0390
VK Berlin, Beschluss vom 23.08.2018 - VK B 2-19/18
1. Wird der Nachprüfungsantrag vor einer Entscheidung der Vergabekammer zurückgenommen, erfolgt die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, nach billigem Ermessen.
2. Es entspricht billigem Ermessen, dem Antragsteller die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzuerlegen, wenn dieser bei summarischer Prüfung voraussichtlich unterlegen wäre.
3. Hat sich der Antragsteller durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben, sind ihm die Kosten aufzuerlegen, wenn keine Anhaltspunkte für eine andere Ausübung des billigen Ermessens bestehen.
VolltextVPRRS 2018, 0388
VK Berlin, Beschluss vom 17.10.2017 - VK B 1-15/17
1. Ein Nachprüfungsantrag ist nicht erst dann offensichtlich erfolglos, wenn nicht der geringste (theoretische) Zweifel an seiner Zulässigkeit oder Begründetheit bestehen kann. Es ist auch nicht erforderlich, dass eine zur Beurteilung der Erfolgsaussichten relevante Rechtsfrage in Rechtsprechung und Literatur einhellig beantwortet wird.
2. Für die Offensichtlichkeit kommt es vielmehr darauf an, dass die Unzulässigkeit oder Unbegründetheit ohne weitere gründliche Prüfung des Antrags auffällt. Erforderlich ist, dass sich ohne weiteres oder jedenfalls unschwer aus den gesamten Umständen seine Unbegründetheit ergeben muss. Die Sache muss eindeutig sein.
3. Der Antrag ist offensichtlich unbegründet, wenn der maßgebliche Sachverhalt aus Sicht der Vergabekammer hinreichend aufgeklärt ist, die mündliche Verhandlung daher insofern keinen besonderen Erkenntnisgewinn verspricht und der Antrag unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Aussicht auf Erfolg hat.
VolltextVPRRS 2018, 0385
VK Bund, Beschluss vom 16.11.2018 - VK 1-99/18
1. Eine Handwerkskammer ist zwar eine juristische Person des öffentlichen Rechts, aber kein öffentlicher Auftraggeber.
2. Eine Handwerkskammer wird auch nicht dadurch zum öffentlichen Auftraggeber, dass in der Auftragsbekanntmachung die Vergabekammern des Bundes als „Zuständige Stellen für Rechtsbehelfs-/Nachprüfungsverfahren“ genannt werden.
3. Für die Beantwortung der Frage, ob eine Baumaßnahme zu mehr als 50% aus öffentlichen Mitteln subventioniert wird, kommt es nicht auf eine umfassende Betrachtung des Gesamtvorhabens an, sondern nur auf die vom jeweiligen Einzellos umfassten Positionen.
VolltextVPRRS 2018, 0377
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.11.2018 - 3 VK LSA 63/18
1. Auf ein Angebot, das den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht in allen Punkten entspricht, darf der Zuschlag nicht erteilt werden.
2. Behält sich der Bieter in seinem Angebot technische Änderungen, Zwischenverkauf, Eingabefehler und Irrtümer ausdrücklich vor, ist das Angebot nicht zuschlagsfähig.
3. Wird kein zuschlagsfähiges Angebot eingereicht, ist das Vergabeverfahren aufzuheben.
4. Auch ein Bieter, dessen Angebot ausgeschlossen wurde, kann ein Vergabenachprüfungsverfahren einleiten, wenn ein anderes Angebot trotz Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren nicht ausgeschlossen wird und den Zuschlag erhalten soll.
VolltextVPRRS 2018, 0381
EuGH, Urteil vom 28.11.2018 - Rs. C-328/17
1. Sowohl Art. 1 Abs. 3 Richtlinie 89/665/EWG als auch Art. 1 Abs. 3 Richtlinie 92/13/EWG sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, die es Wirtschaftsteilnehmern nicht erlaubt, gegen die Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers in einem Vergabeverfahren zu klagen, wenn sie sich entschieden haben, an diesem Verfahren nicht teilzunehmen, weil sich aus der auf das Verfahren anwendbaren Regelung ergibt, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie den Zuschlag für den betreffenden öffentlichen Auftrag erhalten.*)
2. Es ist jedoch Sache des zuständigen nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände, die den Kontext der bei ihm anhängigen Rechtssache kennzeichnen, umfassend zu prüfen, ob nicht die konkrete Anwendung dieser Regelung das Recht der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz beeinträchtigen kann.*)
VolltextVPRRS 2018, 0405
KG, Beschluss vom 09.11.2018 - Verg 5/18
Zur Festsetzung des Vergleichswerts im Vergabenachprüfungsverfahren.*)
VolltextVPRRS 2018, 0368
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.09.2018 - Verg 35/17
1. Die Kostenentscheidungen der Vergabekammern sind anfechtbar.
2. Ist das Vergabenachprüfungsverfahren infolge übereinstimmender Erledigungserklärungen beendet, ist über die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und die dort zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu befinden.
3. Dabei genügt eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Ist der Verfahrensausgang offen und nicht vorherzusehen, sind die Kosten gegeneinander aufzuheben.
4. Gesichtspunkte der Billigkeit können es im Einzelfall gebieten, von der Maßgeblichkeit des voraussichtlichen Verfahrensausgangs abzuweichen.
VolltextVPRRS 2018, 0359
KG, Beschluss vom 09.10.2018 - Verg 5/18
1. Zur analogen Anwendung von § 278 Abs. 6 ZPO im Vergabenachprüfungsverfahren.*)
2. Zur Festsetzung der Verfahrensgebühr durch die Vergabekammer gemäß § 182 Abs. 2 GWB.*)
VolltextVPRRS 2018, 0343
VK Lüneburg, Beschluss vom 30.10.2018 - VgK-41/2018
Die Rügefrist endet im zweistufigen Vergabeverfahren bereits mit Ablauf der Bewerbungsfrist, wenn die Vergabeunterlagen beider Stufen zeitgleich mit der Bekanntmachung offengelegt werden und der Bewerber den behaupteten Vergabeverstoß trotz zuzubilligender Erkenntnisdefizite bei Durchsicht der Vergabeunterlagen objektiv erkennen konnte.
VPRRS 2018, 0346
AG Hamburg-Harburg, Urteil vom 01.06.2018 - 645 C 56/17
Unter Berücksichtigung des dem Rechtsanwalt zuzubilligenden Ermessens von 20% ist die Abrechnung einer 2,3 Geschäftsgebühr auch in einem Vergabenachprüfungsverfahren ohne mündliche Verhandlung nicht unbillig, wenn es sich um eine komplexe Angelegenheit handelt und auch Umfang der anwaltlichen Tätigkeit überdurchschnittlich ist.
VolltextVPRRS 2018, 0339
VK Bund, Beschluss vom 08.10.2018 - VK 1-95/18
Ein Nachprüfungsverfahren ist nicht statthaft, wenn der öffentliche Auftrag durch Zuschlag wirksam erteilt wurde.
VolltextVPRRS 2018, 0342
KG, Urteil vom 25.10.2018 - 2 U 18/18 EnWG
1. § 47 Abs. 5 EnWG eröffnet die Klagemöglichkeit im Eilverfahren zu den ordentlichen Gerichten nur für rechtzeitig und wirksam gerügte Rechtsverletzungen, denen die Gemeinde nicht abhilft. Eine wirksame "Rüge" i.S.d. § 47 EnWG liegt nur vor, wenn der Antragsteller einen konkreten Rechtsverstoß beschreibt und begründet. Es reicht daher nicht aus, allgemeine Bedenken gegen eine Verfahrenshandlung zu formulieren oder Nachfragen zu stellen.*)
2. Befindet sich das Auswahlverfahren im Stadium nach Mitteilung der Eignungs- und Auswahlkriterien und vor Auswahl des künftigen Netzbetreibers, ist das Gerichtsverfahren nach § 47 Abs. 5 EnWG auf eine abstrakte Vorabprüfung der von der Kommune bekannt gegebenen Vorgaben für die Auswahlentscheidung gerichtet. Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle sind daher nicht sämtliche potenziellen Rechtsverletzungen der Kommune im Rahmen des laufenden Konzessionierungsverfahrens, sondern allein solche Rechtsverletzungen, die in den im Rahmen dieses Verfahrens erfolgten Verlautbarungen der Kommune manifestiert sind.*)
3. Bei der Überprüfung von Verfahrenshandlungen der Gemeinde auf ihre Transparenz und Diskriminierungsfreiheit im einstweiligen Verfügungsverfahren nach § 47 Abs. 5 EnWG erfolgt eine umfassende und detaillierte Kontrolle jedes einzelnen wirksam gerügten Rechtsverstoßes. Einer nur summarischen Prüfung steht die in § 47 Abs. 1 Satz 1 EnWG festgeschriebene materielle Präklusionswirkung entgegen.*)
4. Die Anforderung von vertraglichen Zusagen, Kontroll- und Mitwirkungsrechten sowie Sanktionen in Bezug auf die Kriterien "sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche Energieversorgung" stellt weder ein aliud zu den Zielen des § 1 EnWG noch relativiert sie diese Ziele. Im Gegenteil wird erst durch die Einräumung von Vertragsrechten das Erreichen der Ziele des § 1 EnWG garantiert, da nur sie der Gemeinde nach Konzessionserteilung ermöglichen, die Realisierung des (rein deskriptiven) Konzepts gegenüber dem Konzessionär rechtlich durchzusetzen. Im Rahmen des aus der Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung folgenden Ermessensspielraums steht es der Kommune dabei frei, bestimmten Auswahlkriterien dadurch besonderes Gewicht zu verleihen, dass sie sich nur einige der konzeptionellen Angaben der Bieter zusätzlich durch unterschiedliche vertragliche Rechte absichern lässt.*)
5. Auch Eignungskriterien unterfallen bereits vor Auswahl des Konzessionärs der Rechtmäßigkeitskontrolle nach § 47 EnWG. Sinn und Zweck dieses Verfahrens gebieten eine weite Auslegung der Begriffe "Auswahl" in § 46 Abs. 4 Satz 1 und "Auswahlkriterien" in § 46 Abs. 4 Satz 4 EnWG. Die Vorgaben der Gemeinde für die Eignung des auszuwählenden Unternehmens sind darauf zu überprüfen, ob durch das Verfahren sichergestellt ist, dass dasjenige Unternehmen ermittelt wird, das nach seiner personellen und sachlichen Ausstattung, seiner fachlichen Kompetenz und seinem Betriebskonzept am besten geeignet ist, beim Netzbetrieb eine den Zielen des § 1 Abs. 1 EnWG entsprechende Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität zu gewährleisten.*)
VolltextVPRRS 2018, 0332
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 09.08.2018 - VK 2-11/18
1. Die Angabe einer elektronischen Adresse, unter der die vollständigen Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt und direkt abgerufen werden können, stellt keine ordnungsgemäße Mitteilung der Eignungskriterien und der Eignungsnachweise dar.
2. Sind die Eignungsanforderungen nicht wirksam gefordert worden, kann ein Bieter nicht wegen fehlender Eignungsnachweise ausgeschlossen werden.
3. Der Nachprüfungsantrag steht zur freien Disposition des Bieters, der sich in dem Anspruch darauf verletzt fühlt, dass der öffentliche Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält. Er kann seinen Antrag jederzeit zurücknehmen, solange und soweit noch eine formell bestandskräftige sachliche Entscheidung über den Antrag aussteht.
4. Mit der Rücknahme des Antrags als unabdingbare Sachentscheidungsvoraussetzung ist das Verfahren in der Hauptsache beendet.
5. Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag zurück, entfällt das Zuschlagsverbot. Es ist dann lediglich noch über die Kosten zu befinden.
6. Die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, erfolgt nach billigem Ermessen. Sie orientiert sich grundsätzlich an dem voraussichtlichen Verfahrensausgang bei summarischer Prüfung.
VolltextVPRRS 2018, 0325
VK Brandenburg, Beschluss vom 17.07.2018 - VK 11/18
1. Hat der Auftraggeber einen Dienstleistungsvertrag wegen einer Pflichtverletzung nicht innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von dem Verstoß (außerordentlich) gekündigt, kann er den betreffenden Bieter nicht wegen einer erheblichen oder fortdauernd mangelhaften Erfüllung vom Vergabeverfahren ausschließen.
2. Im Vergabenachprüfungsverfahren muss die Rechtmäßigkeit einer streitigen Kündigung nicht abschließend geklärt werden. Ausreichend ist eine Plausibilitätsprüfung im Schnelldurchlauf.
VolltextVPRRS 2018, 0323
VK Bund, Beschluss vom 14.09.2018 - VK 2-76/18
1. Die Leistungsbeschreibung als Basis dafür, was vom Auftraggeber gefordert wird und bieterseitig in den Konzepten darzustellen ist, muss hinreichend konkret sein. Das gilt auch dann, wenn die Leistung (lediglich) funktional beschrieben ist.
2. Eine Angebotswertung nach dem "Schulnotensystem" ist beurteilungsfehlerhaft, wenn die Leistungsbeschreibung konturenlos ist.
3. Für die Frage, ob ein Vergaberechtsverstoß erkennbar ist, ist ein objektiver Maßstab anzulegen und auf einen durchschnittlich fachkundigen Bieter abzustellen. Ein sorgfältig handelndes Unternehmen muss den Rechtsverstoß erkennen können, ohne hierzu rechtliche Beratung einholen zu müssen. Dafür müssen die Rechtsvorschriften, gegen die (möglicherweise) verstoßen wurde, zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der Bieterkreise gehören.
VolltextVPRRS 2018, 0326
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.09.2018 - Verg 51/17
Geht es dem Rechtsmittelführer nicht um die Wahrung der Zuschlagschance und eine mögliche Gewinnerzielung, sondern rügt er die Zuständigkeit eines Vergabekammerspruchkörpers rügt und greift eine damit im Zusammenhang stehende Zwischenentscheidung an, ist der Streitwert durch eine entsprechende Anwendung des § 3 ZPO zu festzusetzen.
VolltextVPRRS 2018, 0324
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.09.2018 - Verg 50/18
Ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann auch nach Ablauf der Frist des § 173 Abs. 1 Satz 2 GWB gestellt werden, wenn nachträglich der Zuschlag droht.
VolltextVPRRS 2018, 0304
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.06.2018 - 1 VK LSA 13/18
1. Ein Nachprüfungsantrag ist unstatthaft, wenn bereits zum Zeitpunkt des Eingangs des Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer ein Zuschlag wirksam erteilt wurde.
2. Die 10-Tagesfrist des § 134 Abs. 2 GWB gilt trotz Feiertagen und wird bei einem Fristende, das auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag fällt, nicht auf den nächsten Werktag verlängert.
VolltextVPRRS 2018, 0303
VK Hessen, Beschluss vom 22.02.2018 - 69d-VK-2-4/2018
1. Eine gemeinnützige, im Eigentum einer Kommune stehende Aktiengesellschaft, die einen karitativ gemeinnützigen Versorgungsauftrag für die Stadt und die Region wahrnimmt, ist ein öffentlicher Auftraggeber.
2. Verfügt der öffentliche Auftraggeber über keine "Vergabestelle" und steht ihm auch kein Personal zur Verfügung, das die wesentlichen vergaberechtlichen Normen kennt, ist auch unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit im Vergabenachprüfungsverfahren die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten gerechtfertigt.
VolltextVPRRS 2018, 0297
VK Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2018 - VK 15/18
1. Wesentliche Änderungen eines öffentlichen Auftrags während der Vertragslaufzeit erfordern ein neues Vergabeverfahren. Wesentlich sind solche Änderungen, die dazu führen, dass sich der neue Auftrag erheblich von dem ursprünglich vergebenen Auftrag unterscheidet.
2. Eine wesentliche Änderung liegt insbesondere vor, wenn ein neuer Auftragnehmer den Auftragnehmer ersetzt. "Ersetzt" wird ein Auftragnehmer beispielsweise, wenn der Auftraggeber die Kündigung eines Vertrags wegen mangelhafter Ausführung erklärt und den Auftrag anschließend von einem anderen Unternehmer ausführen lässt.
3. Ein Vergabenachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn der Antragsteller auch bei ordnungsgemäßer Durchführung des Vergabeverfahrens keine Chance auf den Zuschlag hat.
VolltextVPRRS 2018, 0296
OLG Koblenz, Beschluss vom 11.09.2018 - Verg 3/18
1. § 51 Abs. 2 Satz 1 SektVO ermöglicht nicht den Austausch oder die "Anreicherung" eines Eignungsnachweises, der formgerecht, lesbar und vollständig ist, dessen Inhalt aber nicht ausreicht, um das zu beweisen, was bewiesen werden soll.*)
2. Macht der Antragsteller geltend, es sei ermessenfehlerhaft gewesen, von der nach § 51 Abs. 2 Satz 1 SektVO grundsätzlich möglichen Nachforderung abzusehen, muss er zur Darlegung eines Schadens i.S.d. § 160 Abs. 2 Satz 2 GWB in der Regel auch schlüssig vortragen, dass er zu einer Nachlieferung der fehlenden Unterlage in der Lage gewesen wäre.*)
VolltextVPRRS 2018, 0403
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.08.2018 - Verg 16/18
Begibt sich der Antragsteller durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags in die Rolle der Unterlegenen, entspricht es der Billigkeit, ihm die Kosten des Vergabeverfahrens sowie die notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners und die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
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