Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5417 Entscheidungen insgesamt
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VPRRS 2002, 0200
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05.08.2002 - VK 20/02
1. Mindestvoraussetzung für einen Nachprüfungsantrag ist regelmäßig, dass sich der Antragsteller an dem der (beabsichtigten) Auftragsvergabe vorausgehenden Wettbewerb beteiligt, mithin ein fristgerechtes Angebot abgegeben hat. Der Unternehmer, der sich einer Angebotsabgabe enthält, begibt sich selbst von vornherein jeglicher Möglichkeit, den Zuschlag zu erhalten und ist daher grundsätzlich nicht antragsbefugt.
2. Das vorgenannte Erfordernis stellt sich ausnahmsweise nicht für den Fall, dass ein Unternehmen schlüssig darlegt, an der Teilnahme gerade durch den behaupteten Verstoß gegen Vorschriften des Vergaberechts behindert und bei Durchführung eines fehlerfreien Vergabeverfahrens zur Abgabe eines konkurrenzfähigen Angebots Willens und in der Lage gewesen zu sein.
3. Ein Antragsteller, der auch bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren keinerlei Aussicht auf Berücksichtigung seines Angebots und auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätte, kann ein - investitionshemmendes - Nachprüfungsverfahren nicht einleiten. Er muss daher in seiner Antragsbegründung (§ 108 GWB) in jedem Fall darlegen, dass er in einem fehlerfrei durchgeführten Vergabeverfahren eine konkrete Aussicht auf Zuschlagserteilung gehabt hätte.

VPRRS 2002, 0199

BayObLG, Beschluss vom 17.06.2002 - Verg 14/02
Ausschluß eines Bieters von der Wertung wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Selbstausführung der Leistungen nach § 4 Nr. 8 Abs. 1 Satz 1 VOB/B.*)

VPRRS 2002, 0198

VK Brandenburg, Beschluss vom 07.05.2002 - VK 14/02
Koppelungsangebote sind auch im Vergaberecht grundsätzlich zulässig, müssen sich aber im Einzelfall an den Grundprinzipien des Vergaberechts messen lassen.

VPRRS 2002, 0197

VK Nordbayern, Beschluss vom 03.04.2002 - 320.VK-3194-07/02
Rüge gem. § 107 Abs. 3 GWB muss vor Antragstellung bei der Vergabekammer erfolgen.*)

VPRRS 2002, 0196

VK Nordbayern, Beschluss vom 25.03.2002 - 320.VK - 3194-06/02
1. Der Auftraggeber kann Nebenangebote generell nicht zulassen oder durch eindeutige Formulierungen in den Verdingungsunterlagen klarstellen, dass bestimmte Festlegungen des Leistungsverzeichnisses verbindlich sind und Nebenangebote hierzu nicht zugelassen werden (§ 25 Nr. 5 VOB/A).*)
2. Sondervorschläge, die quantitativ nicht gleichwertig sind, können nicht gewertet werden.*)
3. Bei Nebenangeboten hat der Auftraggeber eine besonders eingehende und alle Vergabekriterien gewichtende und zueinander ins Verhältnis setzende, vergleichend abwägende Wertung durchzuführen. Daher ist eine klare und in sich geschlossene übersichtliche und erschöpfende Beschreibung des Nebenangebots durch den Bieter zwingend erforderlich.*)
4. Eine Pauschalsumme ist grundsätzlich nur zulässig, wenn die Leistung nach Ausführungsart und Umfang genau bestimmt ist und mit einer Änderung bei der Ausführung nicht zu rechnen ist (§ 5 Nr. 1 Buchst. b VOB/A).*)

VPRRS 2002, 0193

VK Nordbayern, Beschluss vom 07.06.2002 - 320.VK-3194-17/02
1. Nachunternehmereinsatz: Der Zusatz "teilweise" bzgl. der Vergabe von Leistungen an Nachunternehmer ist unklar und führt zum Ausschluss des Angebots nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A, weil es § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht entspricht.*)
2. Bei der Ermittlung des Fremdleistungsanteils sind neben dem Personalkostenanteil auch die Baustoffe, Bauteile und Geräte mit ihren Kosten den Unternehmen zuzurechnen, deren Personal die Leistung erbringt. Dies bedeutet, dass der Positionspreis des Leistungsverzeichnisses in Gänze dem Fremdleistungsanteil zuzuordnen ist, wenn die Position von einem Nachunternehmer ausgeführt wird.*)
3. Der Nachunternehmereinsatz kann nicht nachträglich im Rahmen des § 24 VOB/A geklärt werden.*)

VPRRS 2002, 0192

VK Nordbayern, Beschluss vom 15.02.2002 - 320.VK-3194-02/02
1. Rügt die ASt die Nichteinhaltung der 14-tägigen Vorabinformationsfrist, so ist sie diesbezüglich nicht antragsbefugt nach § 107 Abs. 2 GWB, wenn sie rechtzeitig einen Nachprüfungsantrag stellen und somit eine Überprüfung des Vergabeverfahrens bewirken konnte (der ASt kann durch den geltend gemachten Vergabeverstoß kein Schaden entstanden sein oder zu entstehen drohen).*)
2. Wird ein anderes Material angeboten als im Leistungsverzeichnis ausgeschrieben, handelt es sich um eine unzulässige Änderung an den Verdingungsunterlagen gem. § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A, die zum Angebotsausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A führt.*)
3. Selbst wenn eine Änderung als zulässige Abweichung von einer vorgegebenen technischen Spezifikation (§ 21 Nr. 2 VOB/A) angesehen werden kann, ist ein Ausschluss des Angebotes geboten, wenn nicht folgende Voraussetzungen vorliegen: die angebotene Leistung muss mit dem geforderten Schutzniveau in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und Gebrauchstauglichkeit gleichwertig sein, die Abweichung muss im Angebot eindeutig bezeichnet sein und die Gleichwertigkeit ist mit dem Angebot nachzuweisen.*)

IBRRS 2002, 1879

OLG Brandenburg, Urteil vom 22.02.2001 - 12 U 60/00
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2002, 0190

OLG Koblenz, Beschluss vom 25.03.2002 - 1 Verg 1/02
1. Die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung einer sofortigen Beschwerde nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB setzt voraus, dass zuvor durch Zustellung des Nachprüfungsantrags das Zuschlagsverbot gemäß § 115 Abs. 1 GWB ausgelöst worden ist; ansonsten kann vorläufiger Rechtsschutz in der Beschwerdeinstanz nur durch erstmaliges Inkraftsetzen des Zuschlagsverbots, entsprechend § 115 Abs. 1 GWB mit Nachholung der Zustellung durch das Beschwerdegericht, gewährt werden.*)
2. Das Verbot des § 13 S. 3 VgV und die sich daran anknüpfende Folge der Nichtigkeit eines erteilten Zuschlags nach § 13 S. 4 VgV ist nicht auf den Fall einer unzureichenden Begründung der Vorabinformationnach § 13 S. 1 VgV auszudehnen.*)
3. Eine Verletzung der Informationspflicht durch unzureichende Begründung der beabsichtigten Nichtberücksichtigung nach § 13 S. 1 VgV scheidet dann aus, wenn der unterlegene Bieter nach Vorabinformation tatsächlich imstande war, mit seinem Nachprüfungsantrag in zulässiger Weise eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB infolge Nichtbeachtung anderer Vergabevorschriften als § 13 S. 1 VgV geltend zu machen.*)

VPRRS 2002, 0189

VK Nordbayern, Beschluss vom 12.12.2001 - 320.VK-3194-41/01
Die Entscheidung für eine Wahlposition ist ein wertender Vorgang. Dem Auftraggeber ist dabei ein Beurteilungsspielraum einzuräumen, der nur einer eingeschränkten Kontrolle durch die Nachprüfungsinstanzen zugänglich ist. Die Entscheidung der Vergabestelle kann folglich nur darauf überprüft werden, ob die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums überschritten sind. Eine Überschreitung des Beurteilungsspielraums ist anzunehmen, wenn von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen wird oder sachwidrige Erwägungen in die Entscheidung einbezogen werden.*)

VPRRS 2002, 0188

VK Nordbayern, Beschluss vom 30.11.2001 - 320.VK-3194-40/01
Ergibt das Produkt aus Menge und Einheitspreis nicht den angegebenen Gesamtbetrag, so ist gem. § 23 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/A die Multiplikation der Menge mit dem angegebenen Einheitspreis maßgebend. Dies gilt auch dann, wenn der Einheitspreis offenbar falsch ist.*)
Das Nicht-Verlesen eines Nachlasses ohne Bedingungen bei der Angebotseröffnung stellt zwar einen Verstoß gegen die Formvorschrift des § 22 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A dar, dennoch ist der Nachlass zu werten, wenn keine Anhaltspunkte für Manipulationen vorliegen.*)

VPRRS 2002, 0187

VK Nordbayern, Beschluss vom 16.11.2001 - 320.VK-3194-38/01
1. Hat die VSt die Ausschreibung als Offenes Verfahren im Amtsblatt der EU bekanntgemacht und die Vergabekammer als Nachprüfungsstelle angegeben, ist der rechtliche Rahmen für eine Nachprüfung nach §§ 102 ff GWB im Rahmen des sog. 80%-Kontingents festgelegt.*)
2. Ist die ASt auf Teile der ausgeschriebenen Arbeiten nicht eingerichtet und umfassen diese Arbeiten mehr als 50 % des Gesamtauftrages, kann die ASt für die Durchführung der ausgeschriebenen Leistung als ungeeignet i.S.d. § 25 Nr. 2 Abs. 1 i.V.m. § 8 Nr. 2 Abs. 1 und § 2 Nr. 1 VOB/A beurteilt werden. Eine Erklärung zum Nachunternehmereinsatz kann nicht nachgereicht werden, weil dies durch § 24 VOB/A nicht gedeckt ist.*)
3. Bei der Prüfung der Eignung eines Unternehmens ist dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum einzuräumen, der nur einer eingeschränkten Kontrolle durch die Nachprüfungsinstanzen zugänglich ist. Die Entscheidung der VSt kann folglich nur darauf überprüft werden, ob die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums überschritten sind. Eine Überschreitung des Beurteilungsspielraums ist anzunehmen, wenn
- das vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten wird
- nicht von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wird
- sachwidrige Erwägungen in die Wertung einbezogen werden
- der sich im Rahmen des Beurteilungsermächtigung haltende Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend angewandt wird.*)

VPRRS 2002, 0186

VK Nordbayern, Beschluss vom 29.10.2001 - 320.VK-3194-35/01
Eine kirchliche Einrichtung in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist auch bei Vorhabensförderung durch die öffentliche Hand zu mehr als 50 % kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 GWB.*)
Der Wortlaut des § 98 Nr. 5 GWB lässt für eine Auslegung am Maßstab der Richtlinie 93/37/EWG durch die Vergabekammer keinen Raum. Eine etwaige Gesetzeslücke kann nur durch den Gesetzgeber geschlossen werden.*)

VPRRS 2002, 0185

VK Nordbayern, Beschluss vom 18.10.2001 - 320.VK-3194-34/01
1. Ein Nebenangebot, das nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben ist, ist bei der Wertung nicht zu berücksichtigen. Die ungenügende Beschreibung eines Nebenangebots kann nicht mit einer Aufklärung des Angebotsinhalts nach § 24 VOB/A nachgebessert werden.*)
2. Der Auftraggeber kann durch eindeutige Formulierungen in den Verdingungsunterlagen klarstellen, dass bestimmte Festlegungen des Leistungsverzeichnisses verbindlich sind und Nebenangebote hierzu nicht zugelassen werden (§ 25 Nr. 5 VOB/A).*)

VPRRS 2002, 0184

VK Nordbayern, Beschluss vom 21.09.2001 - 320.VK-3194-32/01
Gibt ein Bieter sein Angebot auf seinem Briefpapier ab, auf dem die eigenen Zahlungsbedingungen vorgedruckt sind, und widersprechen diese eigenen Zahlungsbedingungen den Vorgaben der Vergabestelle, so ist das Angebot wegen unzulässiger Änderungen an den Verdingungsunterlagen (§ 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A) auszuschließen (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A).

VPRRS 2002, 0183

VK Nordbayern, Beschluss vom 30.08.2001 - 320.VK-3194-31/01
Wird die Erklärung über Art und Umfang der Nachunternehmerleistungen nicht zusammen mit dem Angebot abgegeben, ist das Angebot auszuschliessen (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A, § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A).*)
Eine nachträgliche Benennung der Nachunternehmerleistungen ist durch § 24 VOB/A nicht gedeckt.*)

VPRRS 2002, 0181

VK Nordbayern, Beschluss vom 14.08.2001 - 320.VK-3194-25/01
Ein Bieter kann nicht geltend machen, nur Teile der benannten Nachunternehmerleistungen für eine Weitervergabe vorgesehen zu haben, wenn er diese Teilleistungen in seinem Angebot nicht ausdrücklich benannt hat.*)
Die erstmals im Nachprüfungsverfahren vorgetragene Aufschlüsselung der Kosten und ein daraus veränderter Nachunternehmereinsatz kann bei der Angebotswertung nicht berücksichtigt werden, da Verhandlungen mit dem Ziel, die beabsichtigte Weitervergabe von Leistungen an Nachunternehmen zu verringern und damit den Eigenleistungsanteil zu steigern, durch § 24 VOB/A nicht gedeckt sind. Zudem würde dies dem Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 97 Abs. 1 u. 2 GWB widersprechen, weil ein Bieter nach Angebotseröffnung entscheiden könnte, ob er durch Steigerung seines Eigenleistungsanteiles im Wettbewerb verbleiben will oder nicht.*)
Ein Nichterreichen des im Formblatt \"Selbstausführungspflicht - Erklärung zum Einsatz von Nachunternehmern\" geforderten Eigenleistungsanteils von 70 % führt nicht zwangsläufig zum Ausschluss des Angebotes. Da § 4 Nr. 8 Abs. 1 Satz 2 VOB/B und das Formblatt ausdrücklich vorsehen, dass mit schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers Leistungen an Nachunternehmen übertragen werden dürfen, ist es nicht zu beanstanden, wenn die VSt einen Eigenleistungsansatz von rd. 65 % als weitgehende Leistungserbringung im eigenen Betrieb wertet und diesem Nachunternehmereinsatz beim Vertragsabschluss zustimmen will.*)

VPRRS 2002, 0180

VK Nordbayern, Beschluss vom 03.08.2001 - 320.VK-3194-23/01
Die Unterschrift des Bieters auf dem Angebotsschreiben umfasst nur diejenigen Angebote, die unter den Anlagen zum Angebotsschreiben aufgeführt sind. Ist ein Angebot bei diesen Anlagen nicht genannt, muss es zwingend gesondert unterschrieben werden. Wenn die gesonderte Unterschrift (hier für den Wartungsvertrag) ebenfalls fehlt, ist das Gesamtangebot unvollständig und gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A auszuschließen.*)

VPRRS 2002, 0179

VK Nordbayern, Beschluss vom 24.07.2001 - 320.VK-3194-21/01
Eine Ordensgemeinschaft in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist auch bei Vorhabensförderung durch die öffentliche Hand kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 GWB.*)

VPRRS 2002, 0178

VK Nordbayern, Beschluss vom 27.06.2001 - 320.VK-3194-20/01
Die Einreichung eines Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer kann nicht als Rüge im Sinne von § 107 Abs. 3 GWB gesehen werden.*)

VPRRS 2002, 0176

VK Nordbayern, Beschluss vom 27.06.2001 - 320.VK-3194-16/01
1. Die Prüfung der Angemessenheit des Angebotspreises nach § 25 Nr. 3 Abs. 1 und 2 VOB/A umfasst den Gesamtpreis des Angebots und nicht die Auskömmlichkeit der Einheitspreise von verschiedenen Teilleistungen.*)
2. Der VSt ist es verwehrt, nach der Angebotsfrist eine Veränderung der Mengenansätze des Leistungsverzeichnisses vorzunehmen. Dies käme einer unstatthaften Änderung der Angebote i.S.d. § 24 Nr. 3 VOB/A gleich.*)

VPRRS 2002, 0175

VK Nordbayern, Beschluss vom 15.06.2001 - 320.VK-3194--15/01
Der Nachweis der Eintragung des Bieters in das Handelsregister sowie die Nachweise über die Fachkunde und Leistungsfähigkeit eines Bewerbers dienen zwar in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers, entfalten jedoch über den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 97 Abs. 2 GWB auch bieterschützende Wirkung.

VPRRS 2002, 0174

VK Nordbayern, Beschluss vom 21.03.2001 - 320.VK-3194-01/01
(ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2002, 0173

VK Nordbayern, Beschluss vom 12.09.2002 - 320.VK-3194-25/02
1. Die Aufhebung einer Aufhebung ist rechtssystematisch ausgeschlossen, es sei denn, die Aufhebung erfolgte rechtsmissbräuchlich (§ 114 Abs. 2 Satz 2 GWB).*)
2. Auch die Entscheidung des EuGH zur Rechtslage in Österreich (Urteil vom 18.06.2002, Rs. C-92/00, Hospital Ingenieure.) führt nicht zu einer anderen Beurteilung, da Entscheidungen des EuGH nicht unmittelbar geltendes Recht sind und der deutsche Gesetzgeber erst zur Umsetzung tätig werden muss.*)

VPRRS 2002, 0171

VK Bund, Beschluss vom 11.06.2002 - VK 1-25/02
1. Wird trotz Einheitspreisaufforderung in einem Nebenangebot ein Pauschalpreis angeboten, so kann dieses Nebenangebot gewertet werden.
2. Folgen eines Wissensvorsprungs eines Bieters, der ihm nicht durch die Vergabestelle selbt verschafft wurde.

VPRRS 2002, 0168

VK Sachsen, Beschluss vom 13.09.2002 - 1/SVK/080-02
1. Die Voraussetzungen des §§ 9 b i. V. m. § 9 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A bzw. des wortgleichen § 6 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A-SKR (Rechtfertigung der Vorgabe eines Erzeugnisses durch die Art der geforderten Leistung) liegen zum einen aus technischer Sicht allenfalls dann vor, wenn bei bereits benutzten Anlagen der Einbau inkompatibler Stoffe oder Bauteile verhindert werden muss und die verschiedenen miteinander zu verbauenden Elemente unter keinen Umständen gemeinsam funktionieren (Inkompatibilität). Nicht ausreichend sind deshalb mögliche Einsparerwartungen bei der Wartung.*)
2. Gibt der Auftraggeber gemäß §§ 9 b i. V. m. § 9 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A bzw. des wortgleichen § 6 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A-SKR ein bestimmtes Leitfabrikat im Leistungsverzeichnis vor, so muss er zwingend den Zusatz "oder gleichwertiger Art" verwenden und hinzufügen. Ausnahmen von diesem Erfordernis sind nicht möglich. Fehlt dieser Zusatz ist, ist das Leistungsverzeichnis fehlerhaft und die Vergabekammer muss in aller Regel die Aufhebung der Ausschreibung verfügen.*)
3. Sowohl § 9 Nr. 5 Abs. 1 als auch § 9 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A bzw. die wortgleichen Regelungen in den §§ 6 Nr. 5 Abs. 1 und Abs. 2 VOB/A-SKR sind eng auszulegen, da sie eine Ausnahme von der Regel einer produktneutralen Ausschreibung enthalten und den Wettbewerb einschränken. Dieses Erfordernis ergibt sich nicht zuletzt auch aus überlagernden Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts zum öffentlichen Auftragswesen.*)

VPRRS 2002, 0167

VK Sachsen, Beschluss vom 05.09.2002 - 1/SVK/73-02
1. Die §§ 107 Abs. 2 und 114 Abs. 1 und 2 GWB sind europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass eine Vergabekammer auch eine bereits erfolgte Aufhebung einer Ausschreibung noch in zulässiger Weise überprüfen und ggf. auch wiederum aufheben kann. Dies folgt aus dem Gebot der Rechtsmittelrichtlinie (Art. 1 Abs. 1), dass (sämtliche) Entscheidungen der Vergabebehörden wirksam und rasch auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können. Eine bloße Beschränkung der Prüfungskompetenz auf sog. Scheinaufhebungen reicht danach nicht aus.*)
2. Fehlende Haushaltsmittel begründen grundsätzlich keinen Aufhebungsgrund nach § 26 Nr. 1 lit. a VOB/A, der fordert, dass kein Angebot eingegangen ist, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht. Eine Aufhebung nach § 26 Nr. 1 lit. c VOB/A kommt bei dieser Sachlage ebenfalls nicht in Betracht, wenn der Auftraggeber die Kosten der Leistung selber oder durch beauftragte Dritte fehlerhaft zu niedrig bestimmt hat und die Angebotssummen diesen (vergaberechtswidrig) untersetzten Haushaltsansatz nunmehr alle überschreiten.*)
3. Die wettbewerbliche Relevanz einer von Auftraggeber geforderten, aber nicht oder nicht vollständig vom Bieter vorgelegten, Erklärung, muss bei einem Ausschluss eines Angebots gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b in die Betrachtung eingestellt werden. Bei vorgegebenem Material, DIN-Nummer und weiteren Beschreibungsparametern ist eine Gleichwertigkeitsprüfung hinsichtlich des angebotenen Fabrikats grundsätzlich möglich. Bei einem Wert der streitigen Leistungsposition von unter 500 Euro fehlt die wettbewerbliche Relevanz dieser Leistungsposition.*)
4. Hat der Bieter die geforderte Fabrikatsangabe durch den Zusatz "o. glw." (="oder gleichwertiger Art") wieder entwertet, ist ein Ausschluss des Angebots dann nicht gerechtfertigt, wenn der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen selbst an das Fehlen jedweder Fabrikatsangabe (ohne vorgegebenes Leitfabrikat) lediglich einen ermessensgebundenen Ausschluss geknüpft hat und diese Möglichkeit in der vierten Wertungsstufe (Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots) rechtlich nicht mehr besteht.*)
5. Der Amtsermittlungsgrundsatz der Vergabekammer nach § 110 Abs. 1 S. 1 GWB und des Vergabesenats beim Oberlandesgericht nach § 70 Abs. 1 GWB gilt (nach der einschlägigen Rechtsprechung) nur soweit wie der Vortrag der Beteiligten oder der Sachverhalt bei sorgfältiger Überlegung der sich aufdrängenden Gestaltungsmöglichkeiten dazu Anlass gibt. *)
6. Der Ablauf der Zuschlags- und Bindefrist steht einer Bewertung und Bezuschlagung der Angebote nicht entgegen, wenn die Bieter der engeren Wahl entsprechend § 28 Nr. 2 Abs. 2 VOB/A zu Protokoll der Vergabekammer erklären, dass sie sich durch ein gleichlautendes "Angebot" des Auftraggebers (nach § 150 Abs. 2 BGB weiterhin) binden lassen wollen. Dem steht auch eine mehrmalige und mehrmonatige Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist infolge diverser Nachprüfungsverfahren nicht entgegen. Da die Regelung über die Bindefrist insbesondere die Bieter der engeren Wahl schützen soll, können gerade diese Bieter auch auf diesen Schutz verzichten.*)
7. Die Regelungen der §§ 21, 25 und 26 VOB/A entfalten bieterschützende Wirkung.*)

VPRRS 2002, 0166

VK Sachsen, Beschluss vom 04.07.2002 - 1/SVK/072-02
1. Ein Antrag ist offensichtlich unbegründet im Sinne des § 110 Abs. 2 Satz 1 GWB, wenn das Nichtvorliegen der maßgeblichen Tatbestandsvoraussetzungen ohne weiteres ersichtlich ist. Der Nachprüfungsantrag ist daher nicht zuzustellen, wenn er auf einem eindeutigen, nachvollziehbaren und daher unstreitigen Sachverhalt beruht und jegliche Anhaltspunkte durch den Antragsteller fehlen, die geeignet wären, die Ausführungen des Auftraggebers (hier zum Ausschluss des Angebots) zu widerlegen.*)
2. Die unterstellte Gleichwertigkeit eines Angebots gemäß §§ 21 Nr. 4, 21 Nr. 2 VOB/A liegt tatsächlich nicht vor, wenn sie durch unstreitige planerische Vorgaben (Ausführungsplan, Aufbauskizze) widerlegt ist.*)

IBRRS 2002, 1727

OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.06.2001 - 9 U 203/00
Zum Ausschluss eines Bieters bei einer öffentlichen Ausschreibung wegen Fehler des Angebots, fehlender Leistungsfähigkeit und Unzuverlässigkeit.*)

IBRRS 2002, 1710

OLG München, Urteil vom 18.05.2000 - U (K) 5047/99
Mit der aus einer "öffentlichen" Ausschreibung resultierenden wechselseitigen Sorgfaltspflichten ist es nicht vereinbar, daß der Ausschreibende sich nicht an die formalisierten oder selbst gesetzten Regeln hält und auf diese Weise einen Bieter benachteiligt.*)

VPRRS 2002, 0293

OLG München, Urteil vom 19.10.2000 - U (K) 1864/00
1. Ausschluß eines Angebots von der Wertung*)
2. Der Ausschluß eines im Rahmen einer Ausschreibung auf der Grundlage der VOB/A vorgelegten Angebotes von der Wertung wegen fehlender Angaben gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b., § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A setzt voraus, das das Fehlen geforderter Angaben oder Erklärungen Einfluß auf die Eindeutigkeit des Angebotsinhaltes oder auf den Wettbewerb hat.*)

VPRRS 2002, 0165

BayObLG, Beschluss vom 18.06.2002 - Verg 8/02
In die Schätzung des voraussichtlichen Vertragswertes von Lieferaufträgen und damit in die Berechnung des Schwellenwertes sind Bedarfspositionen einzustellen.

VPRRS 2002, 0164

BayObLG, Beschluss vom 23.07.2002 - Verg 17/02
Die für das Nachprüfungsverfahren einschlägigen Schwellenwerte ergeben sich für Bauaufträge allein aus § 2 VgV und nicht auch aus § 1a Nr. 2 VOB/A.*)

VPRRS 2002, 0163

KG, Beschluss vom 18.07.2002 - 2 Kart Verg 4/02
1. Ein öffentlicher Auftraggeber von Bauleistungen ist an das von ihm auf der 2. Wertungsstufe ordnungsgemäß ausgeübte Ermessen zur Frage der Eignung eines Bieters gebunden.
2. Muss ein Bieter für die ausgeschriebene Leistung zusätzliches Personal einstellen, beeinträchtigt dies allein nicht seine Eignung.

VPRRS 2002, 0162

OLG Celle, Urteil vom 03.05.2001 - 13 U 186/00
1. Ein nach VOB/A erstelltes Leistungsverzeichnis über die Demontage von Abflussrohren muss auf etwaig erforderliche besondere Schutz- und Entsorgungsmaßnahmen aus der Behandlung und Beseitigung von Asbestzementmaterial ausdrücklich hinweisen.
2. Das Schweigen des Leistungsverzeichnisses im Hinblick auf Asbestzement entbindet den Auftragnehmer jedoch nicht von der ausführungsbezogenen Prüfungs- und Hinweispflicht.

VPRRS 2002, 0161

OLG Jena, Beschluss vom 09.09.2002 - 6 Verg 4/02
1. Die sofortige Beschwerde nach den §§ 116 ff. GWB ist auch gegen eine Zwischenentscheidung der Vergabekammer eröffnet, mit der im Ergebnis der Vergabeüberprüfungsantrag der Antragstellerin abgelehnt wurde, soweit er auf die Gewährung von Primärrechtschutz, letztlich also auf den Erhalt des Auftrags, gerichtet war.*)
2. Die Zwischenentscheidung, dass sich das auf die Gewährung von Primärrechtschutz gerichtete Vergabeüberprüfungsverfahren infolge Zuschlagserteilung erledigt habe ist bei Streit der Beteiligten über die Wirksamkeit eines erteilten Zuschlags aus verfahrensökonomischen Gründen zulässig. Sie muss aufgrund mündlicher Verhandlung getroffen werden.*)
3. Der Senat folgt der Auffassung des Kammergerichts (VergabeR 2002, 235, 239 mit zustimmender Anmerkung Erdl), wonach die Frist des § 13 Satz 2 VgV erst mit Zugang der nach Satz 1 der Vorschrift vorgeschriebenen Information an den letzten nicht berücksichtigten Bieter beginnt. Bei Fax-Übermittlung ist jeweils der Telefaxausdruck am Empfängergerät maßgebend ist (vgl. Kammergericht, KG-Report 2002, 27).*)
4. Auch wenn der OK-Vermerk im Sendebericht des Fax-Absenders weder vollen Beweis noch einen Anscheinsbeweis dafür begründet, dass das Telefaxschreiben dem Empfänger auch tatsächlich zugegangen ist, rechtfertigen es die im Wirtschafts- und Rechtsverkehr allgemein übliche Nutzung derartiger moderner Kommunikationsmittel und die gerichtsbekannte hohe Zuverlässigkeit bei der Übermittlung von Telefaxnachrichten, demjenigen, der sich auf den Nichtzugang eines ordnungsgemäß abgesandten Telefaxschreibens beruft, höhere Anforderungen hinsichtlich des Bestreiten des Zugangs aufzuerlegen.*)

IBRRS 2002, 1513

OLG Rostock, Beschluss vom 16.05.2001 - 17 W 2/01
(Ohne amtlichen Leitsatz)

IBRRS 2002, 1506

OLG Rostock, Beschluss vom 24.09.2001 - 17 W 11/01
Ein dem Bieter durch die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften drohender Schaden im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB setzt grundsätzlich voraus, dass der Bieter sich durch Abgabe eines Angebotes am Wettbewerb beteiligt hat.

VPRRS 2002, 0157

OLG Rostock, Beschluss vom 01.10.2001 - 17 W 3/01
1. Zur Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigung der Hauptsache vor der Vergabekammer.
2. Die isolierte Anfechtung einer Kostenentscheidung nach Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache ist zulässig.

VPRRS 2002, 0155

OLG Schleswig, Urteil vom 08.11.2000 - 9 U 104/99
AGB-Regelungen, wonach Abtretungsanzeigen unter Verwendung eines vorgedruckten Formblattes des Schuldners erfolgen müssen, sind nach § 9 Abs. 1 AGBG nichtig.*)

IBRRS 2002, 1431

OLG Schleswig, Beschluss vom 18.01.2001 - 11 U 139/99
Zur Frage des Schadensersatzes bei unrechtmäßiger Aufhebung einer Ausschreibung.*)

IBRRS 2002, 1383

OLG Nürnberg, Urteil vom 29.11.2000 - 4 U 3184/00
VOB/A § 25 - Bauvergabe nach VOB/A: Ausschluß eines Angebots*)
Unvollständige Angebote - hier: fehlende Preise bei Einzelpositionen - sind jedenfalls dann gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A auszuschließen, wenn der Anbieter hierdurch zum Ausdruck bringt, dass er nicht sämtliche ausgeschriebenen Leistungen anbiete.*)

VPRRS 2002, 0154

VK Sachsen, Beschluss vom 16.08.2002 - 1/SVK/76-01
1. Hat sich die Vergabekammer aufgrund des Ablaufs des Vergabeverfahrens bereits darauf geeinigt, den Auftraggeber zur Aufhebung der Ausschreibung zu verpflichten und hebt ein Auftraggeber im "Vorausschauenden Gehorsam" die Ausschreibung auf, trägt er die Kosten für das in seine Sphäre fallende erledigende Ereignis.*)
2. Werden bezüglich eines Vergabeverfahrens in zwei Nachprüfungsverfahren zwei verschiedene Anträge gestellt, die jedoch zum gleichen Ergebnis führen würden, ist aus Gründen der Billigkeit die Halbierung der Gebühr in jedem der beiden Verfahren gerechtfertigt.*)

VPRRS 2002, 0153

VK Sachsen, Beschluss vom 15.08.2002 - 1/SVK/075-02
1. Unter den Auftraggeberbegriff des § 98 Nr. 5 GWB fallen auch juristische Personen des privaten Rechts, in den Fällen, in denen diese voraussichtlich Mittel erhalten, mit denen relevante Bauvorhaben voraussichtlich zu mehr als 50 vom Hundert finanziert werden, auch wenn noch kein entsprechender Fördermittelbescheid ergangen ist.*)
2. Der Auftraggeber hat nach den §§ 10 a, 25 a VOB/A ein Wahlrecht, ob er (alle) Zuschlagskriterien in der veröffentlichten Vergabebekanntmachung nach § 17 a VOB/A oder erst in der Aufforderung zur Angebotsabgabe nach § 10 a VOB/A benennen will.*)
3. Die VOB/A und die sie überlagernde Baukoordinierungsrichtlinie gehen von einer Kongruenz und Kontinuität der einmal bekannt gemachten Zuschlagskriterien aus. Eine spätere Veränderung (Weglassen, Hinzufügen) von Zuschlagskriterien ist unzulässig.*)
4. Unterscheiden sich dennoch die in der Vergabebekanntmachung und der Angebotsaufforderung benannten Zuschlagskriterien, sind nur die erstgenannten Zuschlagskriterien verbindlich.*)
5. Eine Vergabekammer kann den Auftraggeber (ausnahmsweise) zur Zuschlagserteilung an den Antragsteller verpflichten, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt. Dabei gilt ein wertungsrelevanter Vortrag eines eingeschalteten Ingenieurbüros (Verfahrensbeistand) gemäß § 14 VwVfG als Vortrag des Auftraggebers, wenn der anwesende Entscheidungsträger des Auftraggebers dem Vorbringen des Beistandes in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer nicht unverzüglich widerspricht.*)

VPRRS 2002, 0152

VK Sachsen, Beschluss vom 21.08.2002 - 1/SVK/077-02
1. Die §§ 107 Abs. 2 und 114 Abs. 1 und 2 GWB sind europarechtskonform dahin gehend auszulegen, dass eine Vergabekammer auch eine bereits erfolgte Aufhebung einer Ausschreibung noch in zulässigerweise überprüfen und ggf. auch wiederum aufheben kann. Dies folgt aus dem Gebot der Rechtsmittelrichtlinie, dass (sämtliche) Entscheidungen der Vergabebehörden wirksam und rasch auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können. Eine bloße Beschränkung der Prüfungskompetenz auf sog. Scheinaufhebungen reicht nicht aus.*)
2. Fehlende Haushaltsmittel begründen grundsätzlich keinen Aufhebungsgrund nach § 26 Nr. 1 a VOB/A, der fordert, dass kein Angebot eingegangen ist, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht.*)
3. Die wettbewerbliche Relevanz einer vom Auftraggeber geforderten, aber nicht oder nicht vollständig von Bieter vorgelegten Erklärung muss bei einem Ausschluss eines Angebots gemäß §§ 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A in die Betrachtung mit eingestellt werden.*)
4. Bei fehlenden Typenbezeichnungen, aber vorhandenen Fabrikatsbezeichnungen, im vom Bieter verpreisten Leistungsverzeichnis ist keine formalistische Betrachtungsweise im Sinne eines regelmäßigen und zwingenden Ausschlusses veranlasst. Dies ergibt sich auch aus einer parallelen Betrachtungsweise zu den Regelungen in den §§ 25 Nr. 1 Abs. 2 a und 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 1 VOL/A.*)
5. Ermessensgebundene Ausschlussgründe können vom Auftraggeber in der vierten Wertungsphase (Auswahl des wirtschaftlichsten Angebotes) nicht mehr zu Lasten eines Bieters herangezogen werden.*)
6. Die Regelungen in den §§ 21, 25 und 26 VOB/A entfalten bieterschützende Wirkung.*)

VPRRS 2002, 0151

VK Sachsen, Beschluss vom 30.07.2002 - 1/SVK/071-02
Ein Nebenangebot kann nicht als gleichwertig gewertet werden, wenn es von Mindestbedingungen des Leistungsverzeichnisses abweicht.*)

VPRRS 2002, 0150

OLG Jena, Beschluss vom 22.08.2002 - 6 Verg 3/02
1. Nach Rücknahme der sofortigen Beschwerde ist auf Antrag der Vergabestelle deklaratorisch die Wirkungslosigkeit einer Zwischenentscheidung nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB festzustellen. Die Zulässigkeit einer solchen - im GWB nicht ausdrücklich vorgesehenen - Entscheidung ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung zivilprozessualer Bestimmungen, etwa der §§ 269 Abs. 4, 620f Abs. 1 S. 2 ZPO.*)
2. Nach Rücknahme der sofortigen Beschwerde ist entsprechend § 516 Abs. 3 ZPO zu verfahren. Die Kostenentscheidung bezieht sich auch auf die durch das Zwischenverfahren nach § 118 Abs. 1 GWB entstandenen Mehrkosten.*)
3. Hat der Beschwerdeführer die sofortige Beschwerde und den Nachprüfungsantrag zurückgenommen, tritt mit der zuerst erklärten Rechtsmittelrücknahme die Rechtskraft ein, so dass die Rücknahme des Nachprüfungsantrags ins Leere geht und über die Wirkungslosigkeit der Vergabekammerentscheidung eine Feststellung nicht mehr möglich ist.*)

VPRRS 2002, 0149

OLG Jena, Beschluss vom 31.07.2002 - 6 Verg 5/01
1. Die Antragsbefugnis kann nicht mit der Begründung verneint werden, der Antragsteller habe in einem durch Ausschreibungsaufhebung beendeten Vergabeverfahren ein nicht berücksichtigungsfähiges Angebot abgegeben. Gleiches gilt für das Argument, die Antragstellerin habe in dem vorangegangenen Vergabeverfahren ihr Angebot zu einem wesentlich höheren Preis als ein anderer Bewerber abgegeben und habe daher keine Chancen auf den Zuschlag gehabt.*)
2. Bei der im Rahmen eines Klinikumsneubaus ausgeschriebenen Lieferung und Montage zweier Autoklaven und eines Wasserstoffperoxidgenerators handelt es sich um einen Bauauftrag im Sinne des § 99 Abs. 3 GWB, so dass es für die Statthaftigkeit eines GWB-Nachprüfungsverfahrens darauf ankommt, ob der Bauvertrags-Schwellenwert erreicht ist.*)
3. Es bestehen erhebliche Zweifel daran, ob der Vergabestelle verpflichtet ist, von einzelnen Bietern in Anspruch genommene eingetragene gewerbliche Schutzrechte auf ihren Bestand hin zu überprüfen.*)

VPRRS 2002, 0145

BayObLG, Beschluss vom 29.04.2002 - Verg 10/02
1. Enthält das Leistungsverzeichnis neben der allgemeinen Leistungsbeschreibung die Angabe eines bestimmten Fabrikats "oder gleichwertig", so ist die Gleichwertigkeit in erster Linie an dem in der allgemeinen Leistungsbeschreibung zum Ausdruck gekommenen Auftraggeberwille zu messen.*)
2. Zur Wertung eines den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht entsprechenden Angebots als Nebenangebot.*)

VPRRS 2002, 0144

BayObLG, Beschluss vom 15.07.2002 - Verg 15/02
1. Die Bitte der Vergabestelle um Verlängerung der Zuschlagsfrist enthält nicht zugleich die konkludente Erklärung, über eine damit verbundene Neubestimmung der Bauausführungsfrist nachverhandeln zu wollen.
2. Wird die Zuschlagsfrist verlängert, ohne daß sich die Beteiligten zu einer etwaigen Neubestimmung damit kollidierender Ausführungsfristen erklärt haben, so wird im Falle des Zuschlags das ursprüngliche Angebot mit den darin enthaltenen Ausführungsfristen Vertragsinhalt. Über die Neubestimmung der Leistungszeit und die etwaige Anpassung des Vertrages im Übrigen kann nach den Regeln der VOB/B auf der kalkulatorischen Grundlage des Ausgangsangebots eine Vereinbarung herbeigeführt werden.
3. Zur Frage einer Aufhebung der Ausschreibung im Fall einer Neubestimmung der Bauausführungsfrist, die durch Verlängerung der Zuschlagsfrist erforderlich wird.
