Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5420 Entscheidungen insgesamt
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VPRRS 2016, 0405
VK Sachsen, Beschluss vom 23.08.2016 - 1/SVK/015-16
Ist das Angebot eines Bieters vollständig, ist ein öffentlicher Auftraggeber weder berechtigt noch verpflichtet nach § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 VOB/A 2012 andere Nachweise resp. Referenzen zu fordern. Allenfalls besteht die Möglichkeit, die im Angebot benannten Referenzen weiter nach § 15 EG Abs. 1 Nr. 1 VOB/A 2012 aufzuklären. Denn die Bieter dürfen durch Aufklärungsmaßnahmen keinesfalls in die Lage versetzt werden, ihr Angebot nachträglich zu modifizieren und zu verbessern.*)

VPRRS 2016, 0407

VK Brandenburg, Beschluss vom 07.01.2016 - VK 24/15
1. Eine fehlende Angabe von Kontaktdaten "Telefon oder E-Mail" der Referenzgeber rechtfertigen keinen sofortigen Ausschluss des Angebotes. Dies gilt selbst dann, wenn der Auftraggeber die Angaben zu den Referenzen mittels des Vordrucks "Eigenerklärung zur Eignung" als Mindestanforderungen zur Angebotsabgabe gefordert hat.
2. Geforderte, aber nicht angegebene Kontaktdaten sind fehlende Erklärungen, also keine inhaltlichen, sondern formale Mängel des Angebots.
3. Der Auftraggeber ist verpflichtet, die fehlenden Angaben nachzufordern. Das Angebot darf erst ausgeschlossen werden, wenn der Bieter dem Nachforderungsverlangen nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen ist.

VPRRS 2016, 0400

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.03.2016 - 3 VK LSA 01/16
1. Auf Angebote mit unangemessen hohen oder niedrigen Preisen darf ein Zuschlag nicht erteilt werden. Der Auftraggeber darf Einsicht nehmen in die Preisermittlungen der Bieter, um zu prüfen, ob der angebotene Preis angemessen ist.
2. Um ermitteln und beurteilen zu können, ob Preise angemessen sind, können als Maßstab Angebote anderer Anbieter, Daten aus anderen Ausschreibungen, sowie für vergleichbare Leistungen vom Auftraggeber gezahlte oder ihm angebotene Preise ebenso dienen, wie Kostenschätzungen und Kalkulationen beratender Ingenieurbüros.

VPRRS 2016, 0396

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.10.2016 - 3 VK LSA 33/16
1. Es ist sachgerecht und zulässig, wenn der Auftraggeber in seine Wertung Erfahrungen mit einbezieht, die er mit einem bestimmten Bieter in der Vergangenheit gemacht hat. Erfahrungen mit dem Bieter aus vier Bauvorhaben, von denen drei gekündigt wurden, sprechen für mangelnde Sorgfalt bei der Ausführung früherer Arbeiten und sind ein Kriterium für die Unzuverlässigkeit eines Bieters.
2. Zuverlässig ist ein Bieter, der seinen gesetzlichen Verpflichtungen - auch zur Entrichtung von Steuern und sonstigen Abgaben - nachgekommen ist und der aufgrund der Erfüllung früherer Verträge eine einwandfreie Ausführung einschließlich Erfüllung der Mängelansprüche erwarten lässt.
3. Grundsätzlich kann sich die Vergabestelle bei der Eignungsprüfung im Rahmen der Prognoseentscheidung, ob vom Bieter unter allen heranzuziehenden Gesichtspunkten eine einwandfreie und vertragsgemäße Auftragsdurchführung zu erwarten ist, auch auf negative Erfahrungen bei einer vorangegangenen Maßnahme berufen. Hierbei reicht es aus, wenn sie bei nur einem von mehreren Verträgen schlechte Erfahrungen mit dem Bieter gesammelt hat.

VPRRS 2016, 0395

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.06.2016 - 3 VK LSA 14/16
1. Es verstößt nicht gegen die EU-Vergaberichtlinien, den Zuschlag auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen, wenn alle gewerteten Nebenangebote berücksichtigt werden.
2. Hat der Auftraggeber keine Zuschlagskriterien benannt oder bekannt gemacht, darf nur der Preis als Wirtschaftlichkeitskriterium angewendet werden.
3. Bei Vergaben unterhalb der Schwellenwerte müssen für Nebenangebote keine Mindestanforderungen vorgegeben werden. Sie können wie Hauptangebote gewertet werden.

VPRRS 2016, 0394

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.04.2016 - 3 VK LSA 04/16
1. Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, die Eignung der Bieter zu prüfen. Hierbei hat er einen Beurteilungsspielraum, der nur eingeschränkt überprüfbar ist.
2. Für den Ausschluss eines Bieters wegen erheblicher Mängel im Zusammenhang mit einem früheren Vergabeverfahren, muss eine negative, dokumentierte Prognose für das aktuelle Verfahren vorliegen. Durch nachvollziehbare sachliche Gründe muss belegt werden, dass nachweislich schwere Verfehlungen in der Vergangenheit auch für den neu zu vergebenden Auftrag schwere Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bewerbers begründen.
3. Der Auftraggeber muss transparent dokumentieren, welche Umstände er bei der Prognoseentscheidung über die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Bieters zugrunde gelegt und welches Gewicht er jedem dieser Umstände beigemessen hat.

VPRRS 2016, 0389

OLG Naumburg, Urteil vom 25.06.2015 - 2 U 17/15 Lw
1. Einem Bieter stehen in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags Unterlassungsansprüche bei einer Verletzung derjenigen Vergabeverfahrensregeln zu, denen sich der Auftraggeber im Rahmen der Ausschreibung selbst unterworfen hat.
2. Wird von einem Träger der öffentlichen Verwaltung eine Ausschreibung zum Neuabschluss eines Pachtvertrags veranstaltet, wird zwischen dem Ausschreibenden und den Teilnehmern des Verfahrens ein vorvertragliches Schuldverhältnis begründet, das den Ausschreibenden dazu verpflichtet, die grundsätzlich geltenden und die selbst gesetzten Verfahrensregeln einzuhalten.
3. Die Durchführung einer förmlichen Ausschreibung verschafft den Teilnehmern ein subjektives Recht, vom Ausschreibenden die Unterlassung aller Handlungen verlangen zu können, die zu einer Verletzung der Verfahrensregeln führen. Dem steht nicht entgegen, dass für Ausschreibenden rechtlich auch die Möglichkeit bestanden hätte, den neuen Pachtvertrag ohne ein Auswahlverfahren abzuschließen.

VPRRS 2016, 0391

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.05.2016 - 3 VK LSA 05/16
1. Versichert ein Bieter zunächst, die Leistung im eigenen Betrieb zu erbringen und benennt erst im Zuge eines Aufklärungsgesprächs nachträglich einen Nachunternehmer, ist dies eine unzulässige Änderung des Angebots.
2. Verhandlungen über die Änderung von Angeboten sind nicht statthaft (§ 15 Abs. 3 VOB/A).
3. Die Vergabestelle hat ein Recht darauf, die Unternehmen zu erfahren, die für die Leistungserbringung vom Bieter eingesetzt werden. Diese Abfrage stellt keine angebotsändernde Verhandlung dar, sondern zielt darauf ab, zu prüfen, ob das Angebot den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses entspricht.

VPRRS 2016, 0387

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.04.2016 - Verg 3/15
1. Eine Streitigkeit über die Auslegung des Leistungsverzeichnisses sowie die Beantwortung der Fragen, ob das Angebot der Antragstellerin wegen Abweichungen vom Leistungsverzeichnis auszuschließen war und ob erkannte Rechtsverstöße rechtzeitig erkannt und gerügt wurden, entsprechen einem durchschnittlichen vergaberechtlichen Schwierigkeitsgrad.
2. Durch die Festsetzung des 2,0-fachen Gebührensatzes wird dem Umfang und der Schwierigkeit einer solchen Streitigkeit hinreichend Rechnung getragen.

VPRRS 2016, 0343

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.01.2016 - 3 VK LSA 75/15
1. Gemäß § 14 Absatz 1 LVG-SA hat der öffentliche Auftraggeber ungewöhnlich niedrige Angebote, auf die der Zuschlag erfolgen soll, zu überprüfen. Dies gilt unabhängig von der nach Teil A der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) und Teil A der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) vorgegebenen Prüfung ungewöhnlich niedrig erscheinender Angebote. Weicht nach § 14 Absatz 2 LVG-SA ein Angebot für die Erbringung von Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, auf das der Zuschlag erteilt werden soll, um mindestens 10 v. H. vom nächsthöheren Angebot ab, so hat der öffentliche Auftraggeber die Kalkulation des Angebots zu überprüfen. Im Rahmen dieser Überprüfung ist der Bieter verpflichtet, die ordnungsgemäße Kalkulation nachzuweisen.*)
2. Gemäß § 16 Abs. 6 VOL/A verlangen die Auftraggeber vom Bieter Aufklärung, wenn ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheint. Auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, darf der Zuschlag nicht erteilt werden.*)

VPRRS 2016, 0383

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.07.2016 - 1 VK LSA 11/15
Enthält die Leistungsbeschreibung Zulagepositionen, muss der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen Festlegungen hinsichtlich der Wertung dieser Positionen zu treffen. Anderenfalls ist den Bietern eine einwandfreie Preisermittlung nicht möglich.

VPRRS 2016, 0377

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.07.2016 - 3 VK LSA 20/16
1. Bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit ist ausschlaggebend, ob bei einer Gesamtabwägung die positiven oder die negativen Erfahrungen mit der Antragstellerin objektiv größeres Gewicht haben. Zum Ausschluss der Antragstellerin wegen Unzuverlässigkeit bedarf es einer dokumentierten negativen Prognose. Die Antragsgegnerin hat den Angebotsausschluss wegen mangelnder Zuverlässigkeit und fehlender Leistungsfähigkeit bei früheren Aufträgen der Antragstellerin ausführlich dokumentiert. Sie hat in ihrem Formblatt zur Eignungsprüfung und im Informationsschreiben nach § 19 Abs. 1 LVG-SA begründet, weshalb die Antragstellerin für die Ausführung der Leistungen für die Ausschreibung 2016 ungeeignet ist.*)
2. Für die Feststellung mangelnder Zuverlässigkeit liegen nachvollziehbare sachliche Gründe vor, dass aufgrund der nachweislichen schweren Verfehlung in der Vergangenheit auch für den zu vergebenden Auftrag schwere Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bewerbers bestehen.*)

VPRRS 2016, 0493

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.05.2016 - 1 VK 5/16
Die Verwendung des Aufklebers "Urkalkulation bitte nicht öffnen" stellt keinen Ausschlussgrund dar.

VPRRS 2016, 0364

VK Lüneburg, Beschluss vom 06.07.2016 - VgK-18/2016
1. Ein Teilnahmewettbewerb ist nicht zu beanstanden, wenn er entsprechend der bekanntgemachten Eignungskriterien und anhand der angeforderten Erklärungen und Nachweise erfolgt und das Ergebnis entsprechend dokumentiert wird.
2. Ein Bieter muss davon ausgehen, dass die Bewertung von Fachkunde und technischer Leistungsfähigkeit sich an abgefragten Parametern und Referenzen orientiert und dabei aktuellere Referenzen positiver bewertet werden als Referenzen über länger zurückliegende Projekte. Dies gilt insbesondere, wenn und soweit Projekte benannt wurden, die in den abgefragten Zeitraum zwar hineinreichen, deren Projektbeginn terminlich aber weit vor diesem Zeitraum lag.

VPRRS 2016, 0355

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.04.2016 - VK-SH 3/16
1. Im Angebot angegebene und vom Bieter verlangte Produkt- und Typenbezeichnungen sind wörtlich zu nehmen, wenn die Angaben für sich genommen eindeutig sind.
2. Insbesondere bei produktneutraler Ausschreibung ohne Abfrage von Fabrikaten besteht ein ureigenes Interesse an der Information über das angebotene Produkt, um sich mit dem konkreten Inhalt der abgegebenen Angebote auseinandersetzen, diese vergleichen und mit dem Leistungsverzeichnis abgleichen zu können.
3. Nach Ablauf der Angebotsfrist ist eine Änderung des Angebots einschließlich verbindlich mitgeteilter Fabrikate ausgeschlossen. Erfüllt ein konkret benanntes Produkt nicht alle Parameter der Leistungsbeschreibung ist es im offenen Verfahren auszuschließen.

VPRRS 2016, 0363

VK Lüneburg, Beschluss vom 08.04.2016 - VgK-04/2016
1. Haben Bieter für den ausgeschriebenen Dienstleitungsauftrag eine sich ergänzende Unternehmensausrichtung, können sie eine Bietergemeinschaft gründen. Es gibt keine Verpflichtung, im Unternehmen fehlendes Know-How oder fehlende Kapazitäten vorrangig durch Nachunternehmer zu decken, um sich an einem Vergabeverfahren zu beteiligen.
2. Weicht bei Liefer- und Dienstleistungsverträgen ein Angebot um etwa 20% vom nächsthöheren Angebot ab, besteht eine Nachprüfungspflicht. Da es sich um eine Plausibilitätsprüfung handelt, kann der Zuschlag bei nachvollziehbaren Angaben auch auf Unterkostenangebote erteilt werden.
3. Unter Wettbewerbsgesichtspunkten sind im Einzelfall auch nicht auskömmliche oder jedenfalls knapp kalkulierte Angebote erwünscht und zuschlagsfähig, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Leistung keine Zweifel bestehen.

VPRRS 2016, 0360

VK Thüringen, Beschluss vom 27.05.2016 - 250-4002-4190/2016-N-004-IK
1. Kann der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau beschrieben werden und ist deshalb die Verwendung der Bezeichnung eines Erzeugnisses statthaft, muss nicht nur der Zusatz "oder gleichwertig" angefügt werden, sondern es sind auch die Leistungsparameter zu benennen, die die Gleichwertigkeitsschwelle darstellen.
2. Die Angebote sind in allen wesentlichen Teilen im Eröffnungstermin zu kennzeichnen. Die unterlassene Kennzeichnung der Angebote stellt einen gravierenden Vergaberechtsverstoß dar, der zur Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens führt.


KG, Urteil vom 16.04.2014 - 21 U 230/12
1. Bei der Auslegung einer (öffentlichen) Ausschreibung kommt es nicht auf das Verständnis des einzelnen Bieters, sondern darauf an, wie die beteiligten Fachkreise die verwendete Terminologie üblicherweise einheitlich in dem speziellen, fachlichen Sinn verstehen.
2. Angaben im Leistungsverzeichnis sind in Verbindung mit den anderen vertraglichen Unterlagen als sinnvolles Ganzes auszulegen; Ausgangspunkt ist dabei zunächst derjenige Teil der Leistungsbeschreibung, der die Leistung konkret auf das Bauvorhaben bezogen beschreibt.
3. Wird der Auftragnehmer mit dem lösen, einbauen und verdichten bzw. dem lösen, laden und verwerten von Boden beauftragt, darf ein Auflockerungsfaktor bei der Ermittlung der Massen nur dann berücksichtigt werden, wenn dies vertraglich vereinbart wurde.
4. Unrichtige Prüfungsansätze des Auftraggebers führen nicht dazu, dass der Auftragnehmer seinerseits unrichtig abrechnen darf.

VPRRS 2016, 0365

VK Lüneburg, Beschluss vom 19.06.2016 - VgK-15/2016
1. Die Eigenschaft "öffentlicher Auftraggeber" knüpft nicht an die generelle Funktion einer juristischen Person, sondern an ein bestimmtes Vorhaben an. Eine juristische Person kann deshalb für ein Bauvorhaben öffentlicher Auftraggeber sein, für ein anderes nicht.
2. Kirchen sind zwar als öffentlich-rechtliche Körperschaften dem öffentlichen Recht zugeordnet, aber nicht dem staatlichen Rechtskreis untergeordnet. Für die Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber ist ausschlaggebend, ob und in welcher Höhe die Kirche mit öffentlichen Fördermitteln bei der Gesamtkalkulation zum Zeitpunkt der Ausschreibung oder (bei fehlender Ausschreibung) direkten Auftragserteilung gerechnet hat.

VPRRS 2016, 0358

VK Thüringen, Beschluss vom 27.07.2016 - 250-4002-5385/2016-N-007-IK
1. Die Frage, welche fehlenden Erklärungen und Nachweise nachgefordert werden können, kann nicht einheitlich beantwortet werden.
2. Im Leistungsverzeichnis geforderte Fabrikats-, Produkt- und Typenangaben definieren die angebotene Leistung und werden mit Zuschlagserteilung zum Vertragsgegenstand. Sie sind einer Nachforderung nicht zugänglich.
3. Das Angebot bzw. den Vertragsinhalt allein erläuternde Erklärungen und Nachweise, die das Angebot lediglich konkretisieren, können hingegen nachgefordert werden.

VPRRS 2016, 0337

VK Hessen, Beschluss vom 08.02.2016 - 69d-VK-35/2015
1. Für die Dokumentation gemäß § 20 VOL/A 2009 reicht es aus, wenn die tragenden Erwägungen zusammengefasst werden; dies kann durch knappe Formulierungen oder nur durch Schlag- bzw. Stichworte geschehen. Die Dokumentation der Wertung kann auch in tabellarischer Form, etwa in Form einer Bewertungsmatrix, vorgenommen werden; die Gründe für die Punktevergabe müssen dann die Bewertung nicht nur rechnerisch, sondern auch inhaltlich nachvollziehbar machen lassen.*)
2. Die Mitteilungspflicht i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 2 b, § 16 Abs. 7 VOL/A 2009 gilt auch für eine vom Auftraggeber erstellte Wertungsmatrix, die Kriterien und Unterkriterien enthält; ein erst im Nachhinein, d.h. nach der Aufforderung zur Angebotsabgabe, erstellter Beurteilungsmaßstab für die Wertungsmatrix ist vergaberechtswidrig.*)
3. Hat der Auftraggeber die Gewichtung der Kriterien, die er bei der Wertung berücksichtigt, bekanntgegeben, obwohl er dazu nicht verpflichtet ist, hat er sich damit selbstgebunden. Die Wertung ist dann mittels bekanntgegebener Kriterien und Gewichtung durchzuführen.*)
4. Anknüpfungspunkt für die Maßnahmen der Vergabekammer gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB a.F. kann im Rahmen der gebotenen Einzelfallprüfung der Zeitpunkt im Vergabeverfahren sein, zu dem sich der festgestellte Vergaberechtsverstoß erstmals zum Nachteil des Antragstellers ausgewirkt hat.*)

VPRRS 2016, 0356

VK Thüringen, Beschluss vom 26.09.2016 - 250-4002-6249/2016-N-074-EF
1. Der Auftraggeber ist verpflichtet, die Kalkulation eines Angebots, das mehr als 10% vom nächsthöheren Angebot abweicht, durch gezielte Rückfragen aufzuklären.
2. Auch die Angemessenheitsprüfung des Angebotspreises ist ordnungsgemäß zu dokumentieren.

VPRRS 2016, 0359

VK Thüringen, Beschluss vom 09.06.2016 - 250-4002-4702/2016-N-005-KYF
1. Der Verhandlungsleiter hat die eingegangenen Angebote einschließlich der abgegebenen Nebenangebote im Eröffnungstermin ordnungsgemäß zu kennzeichnen.
2. Die unterlassene Kennzeichnung der Angebote stellt einen gravierenden Vergaberechtsverstoß dar (Anschluss an VK Sachsen, Beschluss vom 24.05.2007 - 1/SVK/029-07, IBRRS 2007, 3280 = VPRRS 2007, 0219).
3. Ein öffentlicher Auftraggeber muss eine eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung erstellen. Im Umkehrschluss ist ein Bieter deshalb dazu verpflichtet, ein eindeutiges Angebot zu erstellen. Die Erstellung eines missverständlichen Angebots geht zu Lasten des Bieters.
4. In technischen Spezifikationen darf nur ausnahmsweise auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen eines bestimmten Ursprungs oder einer bestimmten Produktion verwiesen werden.
5. Wird die Leistungsbeschreibung unter Verwendung herstellerspezifischer Ausschreibungstexte erstellt, hat der Auftraggeber entsprechende gleichwertigkeitsbegründende Leistungsparameter festzulegen.

VPRRS 2016, 0362

VK Thüringen, Beschluss vom 25.02.2016 - 250-4002-1839/2016-N-003-EA
1. Der Auftraggeber hat die Kalkulation des Angebots zu überprüfen, wenn ein Angebot, auf das der Zuschlag erteilt werden könnte, um mindestens zehn vom Hundert vom nächsthöheren Angebot abweicht.
2. Im Rahmen dieser Überprüfung ist der Bieter verpflichtet, die ordnungsgemäße Kalkulation nachzuweisen. Kommt der Bieter dieser Verpflichtung nicht nach, ist er vom weiteren Verfahren auszuschließen.
3. Die Eignung des Bieters kann einen ungewöhnlich niedrigen Preis nicht rechtfertigen. Denn die Prüfung der Eignung ist unabhängig von der Prüfung über die Angemessenheit eines Angebotspreises.

VPRRS 2016, 0357

VK Thüringen, Beschluss vom 12.09.2016 - 250-4002-6681/2016-N-015-SOK
1. Ein unterschriebenes Gesamt-Angebotsschreiben, das alle Angebotsbestandteile abgedeckt, ist rechtsverbindlich, auch wenn Unterschriften auf einzelnen Angebotsschreiben fehlen.
2. In den Vergabeunterlagen enthaltene Widersprüche hinsichtlich besonderer Vertragsbedingungen führen dazu, dass die Bieter wegen fehlender Erklärungen nicht ausgeschlossen werden können.
3. Grundsätzlich ist zu empfehlen, nur ein einziges, alle Baubestandteile abdeckendes Angebotsschreiben zu verwenden.

VPRRS 2016, 0346

VK Bund, Beschluss vom 25.08.2016 - VK 2-71/16
1. Die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012, wonach der Auftraggeber fehlende Erklärungen oder Nachweise nachfordert, findet grundsätzlich keine Anwendung auf solche Unterlagen, die erst auf gesondertes Verlangen hin vorzulegen sind.
2. Der Auftraggeber kann in den Vergabeunterlagen festlegen, dass die Nachforderungsmöglichkeit entsprechend § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 auch auf die erst auf Verlangen vorzulegenden Nachweise Anwendung findet.
3. Eine Verpflichtung des (Haupt-)Auftragnehmers oder seines Nachunternehmers, vorsorglich ausreichend Personal vorzuhalten, das bei Nichterhalt des Auftrags möglicherweise nicht anderweitig eingesetzt werden kann, stellt ein (unzulässiges) "ungewöhnliches Wagnis" dar.
4. Die Bieter haben ihre Preise bei den einzelnen Positionen wahrheitsgemäß anzugeben. Andernfalls fehlt es an einer geforderten Preisangabe und das Angebot ist zwingend auszuschließen.
VPRRS 2016, 0339

VK Hessen, Beschluss vom 13.01.2016 - 69d-VK-45/2015
1. Rügen gegen Vergabeverstöße sind noch als unverzüglich i.S.v. § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB a.F. anzusehen, wenn sie bei anwaltlicher Vertretung des Antragstellers innerhalb von fünf bis sechs Werktagen erhoben worden sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass an Sonn- und Feiertagen im üblichen Geschäftsleben keine Bürotätigkeit stattfindet.*)
2. Eine Änderung an den Vergabeunterlagen i.S.v. § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 VOB/A 2012 ist auch dann gegeben, wenn der Bieter nach Ablauf der Angebotsfrist sein Angebot dahin ändert, dass die geforderten Leistungen nicht mehr durch einen Nachunternehmer, sondern nun im eigenen Betrieb ausgeführt werden sollen.*)
3. Ein Aufklärungsgespräch i.S.v. § 15 EG VOB/A 2012 darf nur dazu dienen, im Wege der Informationseinholung durch den Auftraggeber einen feststehenden Sachverhalt aufzuklären, ohne diesen zu verändern.*)
4. Die Nachverlangungspflicht gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 gilt nur für Erklärungen und Nachweise, die innerhalb der Angebotsfrist bzw. gleichzeitig mit dem Angebot vorzulegen waren. Auf Unterlagen, die Bieter von vornherein erst auf Verlangen vorzulegen haben, ist diese Vorschrift nicht anwendbar.*)
5. Der Auftraggeber darf gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 VOB/A 2012 einem Bieter nicht eine nochmalige Nachfrist einräumen.*)

VPRRS 2016, 0325

VK Hessen, Beschluss vom 22.02.2016 - 69d-VK-47/2015
1. An das mit der Rüge vorgebrachte Überprüfungsbegehren sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn die Rüge inhaltlich eine konkrete Beanstandung angibt, die den Auftraggeber in die Lage versetzt, den beanstandeten Fehler nach Überprüfung zu erkennen und zu berichtigen.*)
2. Zu den Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands von § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 c 2. Hs. VOB/A 2012.*)

VPRRS 2016, 0499

KG, Beschluss vom 27.05.2016 - Verg 12/15
1. Der Ausschlussgrund eines Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung hat grundsätzlich keinen bieterschützenden Charakter.
2. Ein Bieter kann sich ausnahmsweise nur dann auf eine Verletzung von § 16 Abs. 6 VOL/A 2009 berufen, wenn es die Bekämpfung wettbewerbsbeschränkender und unlauterer Verhaltensweisen des Bieters erfordert, das beanstandete Angebot auszuschließen.

VPRRS 2016, 0331

VK Bund, Beschluss vom 19.08.2016 - VK 2-75/16
1. Die Vorschrift des § 16 EG Abs. 6 Nr. 1 VOB/A 2012, wonach der Zuschlag nicht auf ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Preis erteilt werden darf, dient in erster Linie dem Schutz des öffentlichen Auftraggebers. Dieser soll davor bewahrt werden, den Vertrag mit einem Anbieter abzuschließen, der aufgrund des unauskömmlichen Angebots in die Gefahr gerät, den Auftrag nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllen zu können.
2. Etwas anderes kann in Ausnahmefällen gelten, wenn das Angebot in Marktverdrängungsabsicht abgegeben wurde oder wenn zu befürchten ist, dass der Bieter zu diesem Preis nicht über die gesamte Laufzeit des ausgeschriebenen Vertrags leistungsfähig bleibt.
3. Auf ein Unterkostenangebot kann trotz Unauskömmlichkeit der Zuschlag erteilt werden, wenn der Bieter mit dem Angebot wettbewerbskonforme Ziele verfolgt und er trotz Unauskömmlichkeit die Zuverlässigkeit nachweisen kann, den Auftrag ordnungsgemäß zu erfüllen.

VPRRS 2016, 0311

OLG Saarbrücken, Urteil vom 17.08.2016 - 1 U 159/14
1. Ein Vertrag, den die Parteien unter bewusster und gewollter Außerachtlassung der nach vergaberechtlichen Vorschriften zwingend erforderlichen Ausschreibung der Leistungen geschlossen haben, verstößt gegen Grundwerte des Vergaberechts und ist nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig.*)
2. Der Vertretene muss sich grundsätzlich über § 166 BGB die Kenntnis seines Vertreters von den die Sittenwidrigkeit begründenden Umständen zurechnen lassen, sofern kein evidenter Vollmachtsmissbrauch vorliegt oder der Vertreter bei Abschluss des Vertrages mit dem Vertragspartner nicht bewusst zum Nachteil des Vertretenen zusammengearbeitet hat.*)
3. In einem solchen Fall sind wechselseitige Ansprüche nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen.*)

VPRRS 2016, 0307

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.08.2016 - 3 VK LSA 23/16
1. Tariftreueerklärungen und sonstige arbeitnehmerschützende Verpflichtungserklärungen sind keine Eignungskriterien im Sinne der VOB/A.
2. Der Einsatz von Pflichtpraktikanten stellt keinen Verstoß gegen die nach dem Landesgesetz bestehende Verpflichtung zur Tariftreue und zur Entgeltgleichheit dar.
3. Bei der Prüfung unangemessen hoher oder niedriger Angebotspreise kommt es nicht auf die Einzelpositionen, sondern den Gesamtpreis an.

VPRRS 2016, 0241

OLG München, Beschluss vom 22.01.2016 - Verg 13/15
1. Bei unzulässigen Vergabekriterien leidet das Verfahren unter einem so schwer wiegenden Mangel, dass es aufzuheben ist.
2. Bei besonders schwer wiegenden Vergabeverstößen darf der Fehler auch ohne ausdrückliche Rüge beachtet werden.

VPRRS 2016, 0309

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.08.2016 - 3 VK LSA 24/16
1. Tariftreueerklärungen und sonstige arbeitnehmerschützende Verpflichtungserklärungen sind keine Eignungskriterien im Sinne der VOB/A.
2. Der Einsatz von Pflichtpraktikanten stellt keinen Verstoß gegen die nach dem Landesgesetz bestehende Verpflichtung zur Tariftreue und zur Entgeltgleichheit dar.
3. Bei der Prüfung unangemessen hoher oder niedriger Angebotspreise kommt es nicht auf die Einzelpositionen, sondern den Gesamtpreis an.

VPRRS 2016, 0308

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.08.2016 - 3 VK LSA 25/16
1. Tariftreueerklärungen und sonstige arbeitnehmerschützende Verpflichtungserklärungen sind keine Eignungskriterien im Sinne der VOB/A.
2. Der Einsatz von Pflichtpraktikanten stellt keinen Verstoß gegen die nach dem Landesgesetz bestehende Verpflichtung zur Tariftreue und zur Entgeltgleichheit dar.
3. Bei der Prüfung unangemessen hoher oder niedriger Angebotspreise kommt es nicht auf die Einzelpositionen, sondern den Gesamtpreis an.

VPRRS 2016, 0298

VK Lüneburg, Beschluss vom 13.07.2016 - VgK-26/2016
1. Der Auftraggeber berücksichtigt bei der Wertung der Angebote entsprechend der bekannt gegebenen Gewichtung vollständig und ausschließlich die Kriterien, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen genannt sind.
2. Der Grundsatz des Transparenzgebots bedeutet, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens klar, präzise und eindeutig in der Vergabebekanntmachung, konkret allerdings noch in den Vergabeunterlagen zu formulieren sind.

VPRRS 2016, 0295

OLG Schleswig, Beschluss vom 11.05.2016 - 54 Verg 3/16
1. Im Vergabeverfahren sind eindeutige Produktangaben in einem Angebot wörtlich zu nehmen, auch wenn dieses Produkt den im Leistungsverzeichnis formulierten Anforderungen nicht gerecht wird. Dieser Umstand erlaubt nämlich nicht zwingend den Umkehrschluss, dass dieses System nicht hätte angeboten werden sollen.*)
2. Es wäre zirkulär, im Vergabeverfahren zur Auslegung eines Angebots die Anforderungen des Leistungsverzeichnisses heranzuziehen und auf diese Weise Irrtümer beim Ausfüllen des Leistungsverzeichnisses zu korrigieren. Angesichts der Vielzahl der möglichen Irrtümer kann weder ausgeschlossen werden, dass der Anbietende das Angebotene tatsächlich anbieten wollte, noch ermittelt werden, was er ggf. stattdessen hätte anbieten wollen.*)

VPRRS 2016, 0294

VK Thüringen, Beschluss vom 10.03.2016 - 250-4002-2350/2016-N-003-SOK
1. Der Nachweis der rechtzeitigen Vorlage der Angebote und ihrer einzelnen Bestandteile kann nur mit einer ordnungsgemäßen Kennzeichnung, die zwingend im Eröffnungstermin stattfinden muss, geführt werden. Eine im Eröffnungstermin nicht vorgenommen Kennzeichnung der Angebote kann nicht nachträglich nachgeholt werden.
2. Die unterlassene Kennzeichnung der Angebote stellt einen gravierenden Vergaberechtsverstoß dar (im Anschluss an VK Sachsen, Beschluss vom 24.05.2007 - 1/SVK/029-07, IBRRS 2007, 3280 = VPRRS 2007, 0219).

VPRRS 2016, 0292

VK Südbayern, Beschluss vom 27.06.2016 - Z3-3-3194-1-65-12/15
1. Eignungsnachweise i.S.d. § 16 Abs. 2 VOL/A 2009 sind nur solche Unterlagen, die zum Beleg der Eignung nach den Vorgaben der Bekanntmachung mit dem Angebot oder dem Teilnahmeantrag vorzulegen sind.*)
2. Aufklärungsmaßnahmen dürfen nicht dazu dienen, dem Bieter eine inhaltliche Änderung oder Ergänzung seines Angebots oder der Eignungsnachweise zu ermöglichen.*)
3. Kann die Vergabestelle aus den geforderten und vollständig vorgelegten Eignungsnachweisen weder auf die Eignung noch die Nichteignung eines Bieters oder Bewerbers schließen, kann sie auch sonstige - außerhalb der geforderten Erklärungen und Nachweisen zur Eignung stehende - Umstände, bei der materiellen Prüfung der Eignung eines Bieters oder Bewerbers heranziehen.*)
4. Dabei kann sie auch Gutachten über außerhalb der geforderten Erklärungen und Nachweisen zur Eignung stehende Umstände im Auftrag geben, wenn sie dies zur Beurteilung der Eignung für nötig erachtet.*)
5. Bei der materiellen Prüfung einer Bewerbung im Teilnahmewettbewerb dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die vor Abgabe des Teilnahmeantrags vorgelegen haben.*)

VPRRS 2016, 0290

VK Thüringen, Beschluss vom 07.04.2016 - 250-4002-2784/2016-N-002-SON
1. Die Rechtsprechung des BGH, wonach im sog. "Oberschwellenbereich" Nebenangebote grundsätzlich nicht zugelassen und gewertet werden dürfen, wenn der Preis das alleinige Zuschlagskriterium ist (IBR 2014, 162 = VPR 2014, 64), ist auf Vergaben im sog. "Unterschwellenbereich" nicht anwendbar.
2. Nebenangebote sind zu werten, es sei denn, der Auftraggeber hat sie in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen nicht zugelassen.
3. Im Rahmen der Prüfung der Angebote erfolgt auch die Prüfung eingegangener Nebenangebote auf Gleichwertigkeit zur ausgeschriebenen Leistung. Im Falle einer gegebenen Gleichwertigkeit sind die Nebenangebote zwingend zu werten, im Falle nicht gegebener Gleichwertigkeit bleiben diese unberücksichtigt.
4. Für Nebenangebote gelten die gleichen Anforderungen, wie sie im umgekehrten Verhältnis für einen Auftraggeber bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung gelten. Der Auftraggeber muss aus dem Nebenangebot deshalb eindeutig erkennen können, welche Leistungen Inhalt des Nebenangebots sind.

VPRRS 2016, 0288

OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.07.2016 - 11 Verg 9/16
1. Kann der Auftrag durch eine vom Bieter zu gründende und von ihm zu haltende Projektgesellschaft durchgeführt werden, entspricht eine Projektstruktur, wonach der Bieter an der Projektgesellschaft lediglich mit einem Kommanditanteil von 5% beteiligt ist, nicht den Vorgaben der Auftragsbekanntmachung.
2. Da es keine eindeutige juristische Definition des Begriffs des "Haltens" gibt, kann das Angebot aber nicht wegen Abweichens von den Vorgaben der Ausschreibung ausgeschlossen werden. Denn Verstöße gegen interpretierbare oder missverständliche bzw. mehrdeutige Angaben rechtfertigen keinen Ausschluss.
3. Zweifel an der Auslegung und fehlende eindeutige Vorgaben gehen grundsätzlich zulasten des Auftraggebers.

VPRRS 2016, 0284

VK Sachsen, Beschluss vom 22.02.2016 - 1/SVK/046-15
Angebote, die nicht die nachgeforderten Erklärungen enthalten, sind gem. § 16 Abs. 3 a VOL/A 2009 auszuschließen.*)

VPRRS 2016, 0286

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.02.2016 - Verg 54/15
Sind nach den Vergabeunterlagen auf der Baustelle mindestens acht Rückbau- oder Sanierungskolonnen gleichzeitig einzusetzen und gibt der Bieter an, dass lediglich vier Sanierungskolonnen zum Einsatz auf der Baustelle vorgesehen sind, weicht das Angebot von den Vorgaben der Vergabeunterlagen ab, was - ungeachtet sonstiger kontrovers beurteilter Rechtsfragen - unabwendbar dessen Ausschluss zur Folge hat.

VPRRS 2016, 0280

VK Sachsen, Beschluss vom 24.06.2016 - 1/SVK/009-16
1. Eine produktneutral formulierte Gestaltung der Ausschreibung, die auf eine Abfrage der Typen und Fabrikate verzichtet, ist vergaberechtlich zulässig und verlagert die konkrete Produktabfrage auf die Aufklärung.*)
2. Ist der Vorlagezeitpunkt von Nachweisen unklar geblieben oder auf den Zeitpunkt der nach Angebotsabgabe zu erstellenden Werk- und Montageplanung verlagert, kann in der Nichtvorlage solcher Nachweise zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe kein Ausschlussgrund zu Lasten des entsprechenden Bieters gesehen werden.*)

VPRRS 2016, 0279

VK Nordbayern, Beschluss vom 29.06.2016 - 21.VK-3194-07/16
Fehlen in einem Angebot geforderte Erklärungen oder Nachweise, hat der Auftraggeber diese nachzuverlangen. Die nachverlangten Erklärungen sind spätestens innerhalb von sechs Kalendertagen nach Aufforderung durch den Auftraggeber vorzulegen. Werden die Erklärungen oder Nachweise nicht innerhalb der Frist vorgelegt, ist das Angebot zwingend auszuschließen. Dem Auftraggeber steht kein Ermessen zu, diese Frist zu verlängern.*)

VPRRS 2016, 0278

VK Nordbayern, Beschluss vom 06.07.2016 - 21.VK-3194-04/16
1. Auf ein Angebot, welches den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht in allen Punkten entspricht, darf der Zuschlag nicht erteilt werden, denn es fehlt an den für einen Vertragsschluss erforderlichen sich deckenden und sich entsprechenden Willenserklärungen. Ob dieser zwingende Ausschlussgrund unter den Ausschlussgrund des § 16 EG Abs. 1 Nr. 1b i.V.m. § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A 2012 in Form der unzulässigen Änderung an den Vergabeunterlagen oder unter einen nicht ausdrücklich in der VOB/A erwähnten zwingenden Ausschlussgrund subsumiert wird, ist zwar in der Rechtsprechung umstritten, kann im Falle eines offenen Abweichens vom Leistungsverzeichnis aber dahinstehen, da die Rechtsfolge in beiden Fällen gleich ist.*)
2. Der Auftraggeber hat bei der Zulassung gleichwertiger Produkte konkret zu bezeichnen von welchen Leistungsmerkmalen und -anforderungen er Abweichungen zulässt. Ein allgemeiner Hinweis auf die Gleichwertigkeit reicht nicht aus.*)

VPRRS 2016, 0502

OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.08.2016 - Verg W 3/16
1. Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist eine sofortige Beschwerde auch isoliert gegen die Kostenentscheidung oder den Ausspruch, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes notwendig bzw. nicht notwendig war, statthaft.
2. Die Frage, ob sich der Auftraggeber auf Kosten anderer Beteiligter anwaltlicher Hilfe bedienen darf, kann nicht schematisch, sondern stets nur auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls entschieden werden.
3. Es ist zunächst zu berücksichtigen, um welche Art von Auftraggeber es sich handelt. Eine Vergabestelle, die speziell zum Zwecke der Organisation und Abwicklung öffentlicher Aufträge eingerichtet worden ist, muss sich anders behandeln lassen als ein kleiner kommunaler Auftraggeber, der gelegentlich wegen Überschreitens der Schwellenwerte sich veranlasst sieht, Dienstleistungen auszuschreiben.
4. Weiter ist in Betracht zu ziehen, ob das Nachprüfungsverfahren hauptsächlich auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen einschließlich der dazu gehörenden Vergaberegeln betrifft. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob Grundlage der Nachprüfung Fakten sind, die die Vergabestelle selbst geschaffen und/oder bereits geprüft hat.

IBRRS 2016, 1944

OLG Naumburg, Urteil vom 13.10.2014 - 12 U 110/14
1. Eine Anordnung des Auftraggebers i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B ist eine eindeutige, die vertragliche Leistungspflicht des Auftragnehmers ändernde oder erweiternde Erklärung des Auftraggebers. Diese muss als eine auf den Vertrag bezogene und diesen abändernde Erklärung für den Auftragnehmer verpflichtend sein.
2. Die Freigabe von Plänen, die der Auftragnehmer im Rahmen der ihm übertragenen Leistungspflichten zu erstellen hat, stellt keine Anordnung des Auftraggebers dar, wenn der Auftragnehmer abweichend vom vertraglichen Leistungssoll darin eine andere Ausführung als geschuldet eingetragen hat.
3. Die im Rahmen eines Bauvertrags vertraglich geschuldete Leistung wird durch Auslegung ermittelt. Dabei ist das Verhältnis zwischen dem Leistungsverzeichnis und anderen Vertragsbestandteilen und Vertragsgrundlagen ebenfalls durch Auslegung zu ermitteln.
4. Ein detailreich aufgestelltes Leistungsverzeichnis geht in der Regel allen anderen Vertragsbestandteilen und Vertragsgrundlagen - also auch der Vorbemerkung der Ausschreibungsunterlagen - vor.
5. Der Bieter muss bei seiner Kalkulation nicht damit rechnen, dass die Leistungsbeschreibung unrichtig ist. Liegt aber ein offenkundiger (Planungs-)Fehler vor und muss sich die Mangelhaftigkeit der Leistungsbeschreibung deshalb geradezu aufdrängen, ist der Bauvertrag zugunsten des Auftraggebers auszulegen.


OLG Braunschweig, Urteil vom 26.06.2014 - 8 U 11/13
1. Für den Transport asbesthaltigen Materials dürfen aufgrund der - einem Fachunternehmen bekannten - Technischen Regeln für Gefahrstoffe keine Schüttrutschen verwendet werden.
2. Sieht das Leistungsverzeichnis für den Transport asbesthaltigen Materials den Einsatz von Schüttrutschen vor, liegt ein offenkundiger Widerspruch zwischen Leistungsverzeichnis und den Technischen Regeln für Gefahrstoffe vor, den der Auftragnehmer vor Vertragsschluss aufklären muss.
3. Die Kalkulation des Auftragnehmers wird grundsätzlich nicht Geschäftsgrundlage, selbst wenn sie dem Auftraggeber offengelegt wird. Es ist Sache des Auftragnehmers, wie er den Preis eines Bauvertrages kalkuliert. Er trägt deshalb das Risiko auskömmlicher Preise.
4. Auch wenn der öffentliche Auftraggeber die Anforderungen an die Aufstellung der Leistungsbeschreibung nach § 9 VOB/A missachtet, sind alle Erschwernisse vom Vertrag umfasst, mit denen nach dem objektiven Empfängerhorizont eines potentiellen Bieters gerechnet werden musste.
5. Erschwernisse im Rahmen der Bauausführung, mit denen der Auftragnehmer nach den ihm bei Vertragsschluss erkennbaren Umständen von vornherein rechnen musste, stellen keine Behinderung dar.

IBRRS 2016, 1913

LG Heilbronn, Urteil vom 13.04.2016 - 8 O 128/15
1. Bestimmt die Sicherungsabrede, die Bürgschaft sichere "sämtliche Verpflichtungen aus dem Vertrag", so sind von ihr auch nach der Abnahme entstehende Gewährleistungsrechte umfasst.
2. Schuldet der Auftragnehmer eine Gewährleitungsbürgschaft bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem die Vertragserfüllungsbürgschaft noch nicht zurück zu gewähren ist, und kommt es dadurch zu einer Kumulierung der durch die Auftragnehmerin zu leistenden Sicherheiten i.H.v. 8%, so liegt Übersicherung vor.
3. Eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers liegt vor, wenn er für einen Zeitraum über die Abnahme hinaus Gewährleistungssicherheiten i.H.v. 8% der Auftragssumme leisten muss.
