Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5420 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2015
VPRRS 2015, 0082
VK Lüneburg, Beschluss vom 29.10.2014 - VgK-38/2014
1. Der Auftraggeber darf bei der Bewertung eines Zuschlagskriteriums nur solche Kriterien berücksichtigen, die er zuvor festgelegt und den Bietern bekannt gemacht hat.
2. Ein Angebot darf nicht deshalb schlechter bewertet werden, weil der Bieter anstelle der favorisierten Modularbauweise die Ausführung einer konventionellen Massivbauweise anbietet, wenn der Auftraggeber derartige Bauweise nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat.
3. Hat es der Auftraggeber versäumt, über die Gewichtung hinaus Bewertungsmaßstäbe für die Bewertung der Bieterkonzeptionen festzulegen und bekanntzugeben, ist die konkrete Punktevergabe nicht nachvollziehbar und genügt nicht den Anforderungen an die Dokumentation eines Vergabeverfahrens.

VPRRS 2015, 0093

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.09.2014 - Verg 19/14
Wird die Angabe von Preisen im Leistungsverzeichnis oder in den sonstigen Vergabeunterlagen eindeutig gefordert, sind Angebote, in denen diese Preisangaben fehlen oder unzutreffend angegeben werden, zwingend von der Wertung auszuschließen.

VPRRS 2015, 0091

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22.09.2014 - 2 VK 12/14
1. Eine - dem Vergaberecht entzogene - Dienstleistungskonzession liegt (nur) dann vor, wenn die vertragliche Gegenleistung des "Auftraggebers" ausschließlich oder überwiegend in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung besteht, so dass der Vertragspartner ("Auftragnehmer") das Betriebs- bzw. Nutzungs- und Ertragsrisiko in vollem Umfang oder zumindest zu einem erheblichen Teil übernimmt.
2. Kann die Risikoverteilung zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber nicht sicher abgeschätzt werden, ist im Interesse eines fairen und transparenten Wettbewerbs von einem Dienstleistungsauftrag auszugehen.
3. Ein Vertrag über die Versorgung der Mieter von über 2.000 Wohneinheiten mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen stellt einen - dem Vergaberecht unterfallenden - Dienstleistungsauftrag dar.
4. Ein Wohnungsunternehmen in Privatrechtsform, dessen einziger Gesellschafter eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist und zu dessen Gesellschaftszweck die "sichere und sozial verantwortbare Wohnraumversorgung von breiten Schichten der Bevölkerung" gehört, ist ein öffentlicher Auftraggeber i.S. des § 98 Nr. 2 GWB.
5. Im Fall einer vermeintlich unzulässigen Direktvergabe entfällt die Rügepflicht nicht von vornherein. Jedenfalls in den Fällen, in denen der Auftraggeber kein oder ein vermeintlich unrichtiges Vergabeverfahren durchführt, der Unternehmer über diesen Umstand jedoch gleichwohl fortlaufend unterrichtet wird, ist es diesem möglich und zumutbar, dies gegenüber der Vergabestelle geltend zu machen.

VPRRS 2015, 0089

VK Lüneburg, Beschluss vom 23.01.2015 - VgK-47/2014
1. Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft oder ein Verfahren weitestgehend frei. Das Vergaberecht regelt nicht, was der öffentliche Auftraggeber beschafft, sondern nur die Art und Weise der Beschaffung.
2. Auch wenn der Auftraggeber mit der Übernahme strenger Werte aus der Energieberechnung des Planungsbüros und unter möglichem Abgleich mit den Produktdatenblättern eines bestimmten Herstellers den potentiellen Lieferantenkreis erheblich einschränkt, liegt darin keine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung. Sämtliche Bieter haben die Möglichkeit, auf einen der Hersteller zurückzugreifen.
3. Wird für den Wärmeschutz ein U Wert Gesamtbauteil von ≤ 0,9 W/m²K angegeben, ist das eine in diesem Bereich funktionale Leistungsbeschreibung, weil den Bietern nicht vorgeben wird, wie sie die Einhaltung des Werts erreichen sollen. Eine Leistungsbeschreibung wird aber durch die Kombination deskriptiver Passagen und funktionaler Elemente nicht intransparent.
4. Das Vergaberecht sieht für die Überschreitung eindeutig formulierter Vorgaben der Leistungsbeschreibung keine Toleranzbereiche vor.
5. Bis zur Anpassung an die europarechtlichen Vorgaben ist von einer Rügefrist von 10 bzw. 15 Kalendertagen ab Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes auszugehen.

VPRRS 2015, 0092

KG, Urteil vom 22.01.2015 - 2 U 14/14 Kart
1. Zur Abgrenzung einer ausschreibungspflichtigen Dienstleistungskonzession zu einem vergabefreien Pachtvertrag.
2. Ein Pachtvertrag ist auch dann nicht ausschreibungspflichtig, wenn der Pächter Instandhaltungspflichten zur Erhaltung des Wertes öffentlichen Eigentums übernimmt.
3. Das Grundrecht der Berufsfreiheit und der Gleichbehandlungsgrundsatz verlangen nicht, dass ein von eine öffentlichen Auftraggeber zu schließender Pachtvertrag öffentlich ausgeschrieben wird.

VPRRS 2015, 0083

VK Lüneburg, Beschluss vom 29.10.2014 - VgK-39/2014
1. Das VHB Bund ist eine Formularsammlung und eine Anwendungshilfe für Arbeiten im Zusammenhang mit Bauaufträgen. Es handelt sich um verwaltungsinternes (Binnen-)Recht, das keine verbindliche Außenwirkung gegenüber den Bietern entfaltet.
2. Soll das VHB-Bund bei einer öffentlichen Ausschreibung angewendet werden, bedarf es hierfür eines Verweises in der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder in den Bewerbungsbedingungen.
3. Ein Unterkostenangebot liegt nicht schon dann vor, wenn einzelne Preise oder Preisgruppen für bestimmte Leistungen nicht kostendeckend kalkuliert worden sind, sondern erst dann, wenn das Kostenangebot insgesamt unauskömmlich kalkuliert worden ist. Jeder Bieter ist berechtigt, einzelne Preise unauskömmlich zu kalkulieren, solange nicht der Fall einer Mischkalkulation vorliegt.
IBRRS 2015, 0379

OLG Dresden, Beschluss vom 16.09.2013 - 12 U 877/13
1. Gehört die Erstellung der "M+W-Planung", aus der "Konstruktion, Maße, Einbau, Befestigung, Bauanschlüsse inklusive aller Sonder- und Anschlussdetails der Bauteile sowie die Einbaufolge erkennbar sein" müssen, zum Leistungsumfang des Auftragnehmers, beschränkt sich die "M+W-Planung" nicht auf eine bloße Umsetzung der bauseits erstellten Ausführungsplanung. Vielmehr muss der Auftragnehmer alle Maße prüfen und Unstimmigkeiten sowie etwaige Bedenken gegen die vorgegebene Konstruktion frühzeitig anmelden.
2. Bei neuartigen Baukonstruktionen ist der dafür eingesetzte Auftragnehmer als Spezialunternehmer vor dem Architekten verantwortlich. Der Architekten muss insoweit nicht über ein spezielleres Wissen als der Auftragnehmer verfügen.
3. Der Auftragnehmer, der aufgrund einer für richtig gehaltenen, in Wirklichkeit aber unzutreffenden Berechnungsgrundlage einen bestimmten Preis ermittelt und seinem Angebot zugrunde legt hat, trägt auch das Risiko dafür, dass seine Kalkulation zutrifft.
4. Fordert der Auftragnehmer im VOB-Vertrag nachträglich die Neufestlegung eines Preises, muss er unter Berücksichtigung der Mehr- und Minderkosten seiner bisherigen Preiskalkulation eine neue, im Einzelnen nachvollziehbare Preiskalkulation gegenüberstellen.

IBRRS 2015, 0377

OLG Dresden, Beschluss vom 12.11.2013 - 12 U 877/13
1. Die vom (Bau-)Auftragnehmer zu erstellende Werkplanung kann Bestandteil der Ausführungsplanung sein und eine Verpflichtung zur Fortschreibung der Ausführungsplanung auslösen.
2. Gehört die Erstellung der "M+W-Planung", aus der "Konstruktion, Maße, Einbau, Befestigung, Bauanschlüsse inklusive aller Sonder- und Anschlussdetails der Bauteile sowie die Einbaufolge erkennbar sein" müssen, zum Leistungsumfang des Auftragnehmers, beschränkt sich die "M+W-Planung" nicht auf eine bloße Umsetzung der bauseits erstellten Ausführungsplanung. Vielmehr muss der Auftragnehmer alle Maße prüfen und Unstimmigkeiten sowie etwaige Bedenken gegen die vorgegebene Konstruktion frühzeitig anmelden.
3. Bei neuartigen Baukonstruktionen ist der dafür eingesetzte Auftragnehmer als Spezialunternehmer vor dem Architekten verantwortlich. Der Architekten muss insoweit nicht über ein spezielleres Wissen als der Auftragnehmer verfügen.
4. Der Auftragnehmer, der aufgrund einer für richtig gehaltenen, in Wirklichkeit aber unzutreffenden Berechnungsgrundlage einen bestimmten Preis ermittelt und seinem Angebot zugrunde legt hat, trägt auch das Risiko dafür, dass seine Kalkulation zutrifft.
5. Fordert der Auftragnehmer im VOB-Vertrag nachträglich die Neufestlegung eines Preises, muss er unter Berücksichtigung der Mehr- und Minderkosten seiner bisherigen Preiskalkulation eine neue, im Einzelnen nachvollziehbare Preiskalkulation gegenüberstellen.

VPRRS 2015, 0077

VK Bund, Beschluss vom 05.11.2014 - VK 1-86/14
Sind Leistungsbeschreibung einerseits und Vergabeunterlagen andererseits in Bezug auf den des Leistungszeitraums für Durchführung von Winterdienstleistungen widersprüchlich, weil laut Leistungsbeschreibung für die Monate "Oktober bis März" Winterdienstleistungen beschafft werden sollen, der Leistungszeitraum im Mustervertrag aber mit "November bis März" angegeben wird, ist der tatsächlich gewollte Leistungszeitraum nicht eindeutig beschrieben. Ein solcher Widerspruch führt dazu, dass die eingereichten Angebote nicht vergleichbar sind.

VPRRS 2015, 0078

OLG Jena, Beschluss vom 21.01.2015 - 2 Verg 4/14
1. In einem Vergabeverfahren sind nur die Bieter zu berücksichtigen, die die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen erforderliche Eignung besitzen. Dies gilt auch in einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb.
2. Es ist zwar vergaberechtlich zulässig, sich für die Leistungserbringung der Unterstützung anderer Unternehmen zu bedienen. Will sich der Auftraggeber aber mit der geforderten Referenz ein Bild über die technische Leistungsfähigkeit des potentiellen Vertragspartners machen, muss der Bieter offenbaren, dass nicht er selbst, sondern ein Nachunternehmer die Leistung erbringen wird.
3. Es ist unzulässig, nachträglich Angaben zu den eigenen Eignungsvoraussetzungen in einem wesentlichen Umfang zu ändern und das Angebot inhaltlich nachzubessern.

VPRRS 2015, 0070

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.11.2014 - 2 VK LSA 73/14
1. Ein Formblatt, das in der Bekanntmachung durch einfaches Anklicken eines Links unkompliziert aufgerufen werden kann, ist als Bestandteil der Bekanntmachung anzusehen.
2. Fordert die Auftraggeber die Vorlage von Referenzen für vergleichbare Leistungen, heißt vergleichbar nicht, dass die Leistung gleich zu der ausgeschriebenen sein muss. Vielmehr müssen die Leistungen in technischer und organisatorischer Hinsicht einen gleich hohen oder höheren Schwierigkeitsgrad aufweisen. Sie müssen auch quantitativ der geforderten Aufgabe in etwa entsprechen.
3. Der Auftraggeber kann vom Bieter verlangen, Unklarheiten in den vorgelegten Referenzen zu klären bzw. fehlende Unterlagen nachzureichen. Er ist aber nicht befugt, den Bieter aufzufordern, unzureichende Referenzen nachzubessern, weil das eine unzulässige Änderung des Angebotsinhalts darstellt.

VPRRS 2015, 0067

VK Westfalen, Beschluss vom 03.02.2015 - VK 1-1/15
1. Gegen die Benennung eines Zuschlagskriteriums "Schadstoffemissionen und Energieverbrauch" bestehen grundsätzlich keine vergaberechtlichen Bedenken. Die Aspekte, die ein öffentlicher Auftraggeber dann überprüft, müssen aber objektiv bestimmt werden und effektiv kontrollierbar sein, damit eine Bewertung gelingt.*)
2. Vor dem Hintergrund, dass die Gesetzesänderung in § 19 EG Abs. 2 VOL/A (Nachfordern von Nachweisen) im Jahre 2009 erfolgte, weil nach Auffassung des BGH (beispielsweise BGH, 18.05.2004 - X ZB 7/04, IBR 2004, 448), unvollständige Angebote auszuschließen waren und man eben "günstige" Angebote nicht nur wegen des Fehlens eines unbedeutenden Nachweises ausschließen wollte, spricht vieles dafür, dass ein Nachfordern letztlich nur in Betracht kommt, wenn der Nachweis tatsächlich nicht vorhanden war.*)
VPRRS 2015, 0071

OLG Celle, Beschluss vom 19.02.2015 - 13 Verg 12/14
1. Zum Angebotsausschluss aufgrund einer Änderung von Vergabeunterlagen, wenn Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht eingehalten sind.*)
2. Zur Auslegung eines Leistungsverzeichnisses.*)
3. Eine Nachforderung nach § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 kommt nur bei fehlenden, nicht aber bei inhaltlich unklaren Erklärungen in Betracht.*)

VPRRS 2015, 0068

VK Nordbayern, Beschluss vom 20.11.2014 - 21.VK-3194-31/14
Antragsbefugt sind nur Unternehmen, die ein Interesse am Auftrag haben (GBW § 107 Abs. 2 GWB). Ein Interesse am Auftrag hat nur der potentielle Auftragnehmer, insbesondere jener, der ein Angebot eingereicht hat. Die Vergabenachprüfungsinstanzen haben nur seine Interessen zu schützen, nicht hingegen jene von lediglich mittelbar an der Auftragserteilung interessierten. Dies bedeutet bei Angeboten von Bietergemeinschaften: Nur die Bietergemeinschaft als solche, nicht ein einzelnes Mitglied, hat ein Interesse am Auftrag und kann einen Nachprüfungsantrag zulässig stellen.*)

VPRRS 2015, 0055

VK Sachsen, Beschluss vom 22.09.2014 - 1/SVK/029-14
1. Die Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes ist nicht zwingend allein deswegen ausgeschlossen, weil für ein grundsätzlich unzulässiges Verhalten des Auftraggebers gesetzliche Ausnahmetatbestände existieren, deren Vorliegen der Bieter ohne Einblick in die Vergabeakte nicht abschließend beurteilen kann. Der Verweis auf eine bestimmte Herkunft i. S. d. § 7 EG Abs. 8 Satz 1 VOB/A ist nur ausnahmsweise zulässig. Tritt ein solcher Verweis in den Vergabeunterlagen offen zu Tage, so ist ein möglicher Vergaberechtsverstoß erkennbar und somit in der Regel bis zum Ende der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe zu rügen.*)
2. Eine Rügepflicht entfällt nicht allein deswegen, weil ein Bieter subjektiv keine Veranlassung hatte, ein objektiv erkennbares Verhalten zum maßgeblichen Zeitpunkt zu rügen.*)
3. Hat der Bieter das Nebenangebot als solches bezeichnet und weicht es inhaltlich von der vom Auftraggeber nachgefragten Leistung ab, besteht keine Möglichkeit, es in ein Hauptangebot umzudeuten. Nur wenn sich das Angebot im Rahmen der Leistungsbeschreibung bewegt, kann es als (zweites) Hauptangebot angesehen werden.*)

IBRRS 2015, 0383

BGH, Urteil vom 18.12.2014 - VII ZR 60/14
Die Anwendung der Grundsätze der Mehrvergütung bei verzögerter Vergabe kommt auch bei einem Baukonzessionsvertrag in Betracht (Fortführung von BGH, Urteil vom 11.05.2009 - VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47 = IBR 2009, 310 - 312).*)

VPRRS 2015, 0054

VK Sachsen, Beschluss vom 04.09.2014 - 1/SVK/026-14
1. Eine Rüge muss hinreichend deutlich erkennen lassen, dass sie im Namen des Bieters erfolgt.*)
2. Auch im Anwendungsbereich der VOF müssen Angebote, die nach Ablauf der Frist zur Abgabe eingehen, aufgrund des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom weiteren Verfahren ausgeschlossen werden. Insbesondere gilt dies dann, wenn der Auftraggeber in den Bewerbungsbedingungen ein solches Ausschlussszenario bereits festgelegt hat.*)
3. Der Zugang eines Angebots ist nicht bereits dann bewirkt, wenn das Angebot in eine dafür nicht vorgesehene Empfangsvorrichtung des Auftraggebers eingeworfen wird. Hat der Auftraggeber für das konkrete Verfahren für die Abgabe der Angebote eine bestimmte Stelle (hier ein bestimmtes Zimmer) vorgeschrieben und wirft der Bieter das Angebot an anderer Stelle ein, so ist mit der Kenntnisnahme des Auftraggebers unter normalen Umständen nicht zu rechnen. Eine verspätete Kenntnis des Auftraggebers geht dann zu Lasten des Bieters.*)

VPRRS 2015, 0058

OLG Naumburg, Urteil vom 27.11.2014 - 2 U 152/13
1. Ein anderer schwerwiegender Grund für eine Aufhebung der Ausschreibung i.S. von § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2009 kann zwar auch darin liegen, dass ausreichende Haushaltsmittel für den Auftrag nicht zur Verfügung stehen. Hierfür genügt jedoch die objektive Überschreitung der Ansätze der eigenen Kostenschätzung nicht, wenn die Kostenschätzung nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist.*)
2. In einem Vergabeverfahren darf jeder Bieter grundsätzlich nur ein Hauptangebot abgeben, mehrere gleichzeitig vorliegende Hauptangebote eines Bieters sind grundsätzlich unzulässig. Das gilt jedenfalls dann, wenn ein schutzwürdiges Interesse des Bieters an der Abgabe zweier (oder mehrerer) Hauptangebote nicht vorliegt.*)
3. Bei der rechtswidrigen Aufhebung einer Ausschreibung wegen einer objektiven Überschreitung des Haushaltsansatzes kommen Schadenersatzansprüche wegen des negativen Interesses für mehrere Bieter in Betracht.*)
VPRRS 2015, 0048

VK Südbayern, Beschluss vom 13.10.2014 - Z3-3-3194-1-37-08/14
1. Die Vorschrift des § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB ist auch auf ein Verhandlungsverfahren nach einem durchgeführten Architektenwettbewerb in Form eines Realisierungswettbewerbs gemäß § 15 VOF, entsprechend anwendbar, obwohl diese Art des Verhandlungsverfahrens keine "in der Bekanntmachung benannte Frist zur Angebotsabgabe" kennt und die "in der Bekanntmachung benannte Frist zur Bewerbung" nicht einschlägig sein kann, weil zu diesem Zeitpunkt die Bewerber keine Kenntnis von den Unterlagen des nachfolgenden Verhandlungsverfahrens haben.*)
2. Es ist an keiner Stelle dem Normtext der VOF zu entnehmen noch aus sonstigen Gründen erforderlich, dass das Wettbewerbsergebnis so hoch gewichtet werden muss, dass der Wettbewerbsgewinner des vorhergehenden Architektenwettbewerbs regelmäßig auch den Auftrag im Verhandlungsverfahren erhalten muss.*)
3. Die Wertung abstrakter Prozentsätze der Umbauzuschläge für den Umbau und die Modernisierung von Gebäuden gem. § 36 Abs. 1 HOAI oder der Umbauzuschläge für den Umbau und die Modernisierung von Innenräumen gem. § 36 Abs. 2 HOAI ohne Bezug auf die zugrundeliegenden Bausummen ist regelmäßig vergaberechtswidrig.*)
4. Ist in den Vergabeunterlagen lediglich die Wertung von Umbauzuschlägen für den Umbau und die Modernisierung von Gebäuden gem. § 36 Abs. 1 HOAI bekanntgemacht, darf die Vergabestelle unter diesem Punkt keine Umbauzuschläge für den Umbau und die Modernisierung von Innenräumen gem. § 36 Abs. 2 HOAI werten.*)
VPRRS 2015, 0056

OLG Koblenz, Beschluss vom 19.01.2015 - Verg 6/14
1. Für eine ordnungsgemäße Bekanntmachung der vorzulegenden Eignungsnachweise reicht es nicht aus, wenn lediglich auf ein später in den Vergabeunterlagen vorzufindendes Formblatt verwiesen wird.*)
2. Für die Forderung nach Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung einer tariflichen Sozialkasse gibt es keine Rechtsgrundlage; die §§ 6 EG Abs. 3 Nr. 2 lit. h), § 16 EG Abs. 2 lit. d) VOB/A erfassen nur die Zahlungen von Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung.*)
3. Die Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG ist kein Eignungsnachweis, sondern soll lediglich die Zahlungsabwicklung nach Auftragsvergabe vereinfachen. Mangels vergaberechtlicher Relevanz gibt es für die Forderung nach ihrer Vorlage keine Rechtsgrundlage.*)
4. Der zum Zwecke seiner Vermeidung zeitlich verzögert eintretende Ausschlussgrund des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A ist nur auf Nachweise und Erklärungen anwendbar, die innerhalb der Angebotsfrist (§ 10 EG Abs. 1 Nr. 7 VOB/A) vorzulegen sind.*)
5. Das geltende Recht kennt keinen Ausschlusstatbestand für den Fall, dass Unterlagen, die der Auftraggeber erstmals nach Ablauf der Angebotsfrist anfordert, nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt werden.*)
6. Bei inhaltlichen Unzulänglichkeiten vorgelegter Unterlagen, die für Wertungsstufen von Bedeutung sind, die der formalen Angebotsprüfung auf Vollständigkeit nachfolgen, kommt mangels eines normierten Ausschlussgrundes ein Angebotsausschluss nicht in Betracht. Die Mängel sind vielmehr auf der materiellen Prüfungsebene angemessen zu berücksichtigen.*)
7. Die Angaben in den Formblättern 221 - 223 VHB sind ein Instrument zur Preisprüfung nach § 16 EG Abs. 6 VOB/A; mit Abschluss der Angebotswertung werden sie bedeutungslos.*)
8. Jedenfalls dann, wenn die Preisblätter nicht bereits (vorsorglich) mit dem Angebot vorzulegen sind, darf der Auftraggeber diese nicht allein deshalb nachfordern, weil er sich dies vorbehalten hat (oder dies in einem Vergabehandbuch oder einer Dienstanweisung so geschrieben steht). Vielmehr braucht er dafür einen Anlass im Sinne des § 16 EG Abs. 6 VOB/A.*)
9. Besteht kein Grund für die Annahme, der Angebotspreis sei unangemessen niedrig, kann der Ausschluss eines Angebots nicht auf eine unzureichende Mitwirkung des Bieters bei der überflüssigen Aufklärung gestützt werden.*)
IBRRS 2015, 0247

OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.10.2012 - 21 U 54/09
1. Der Schadensersatzanspruch des Auftraggebers wegen Planungsmängeln richtet sich nach dem positiven Interesse. Um dieses zu ermitteln, kann auf den Geldbetrag zurückgegriffen werden, der für die Mangelbeseitigung erforderlich wird.
2. Lässt der Auftraggeber die (Planungs-)Mängel beseitigen, ist von seinem Schadensersatzanspruch auch die entstandene Mehrwertsteuer erfasst.
3. Wird der Planer wegen planerischer Defizite in Anspruch genommen, ist der Schadensersatzanspruch des Auftraggebers nicht auf die Kosten der Beseitigung handwerklicher (Bau-)Mängel begrenzt. Vielmehr muss der Schadensbetrag so bemessen sein, dass die Planungsmängel nachhaltig beseitigt werden können.
4. Ein Verstoß des (öffentlichen) Auftraggebers bei der Vergabe von Sanierungsarbeiten führt nicht dazu, dass Abzüge von seinem Schadensersatzanspruch vorzunehmen sind. Etwas anderes kann gelten, wenn der Auftraggeber die Grenze der Erforderlichkeit eindeutig überschreitet.

VPRRS 2015, 0051

VG Aachen, Urteil vom 16.12.2014 - 2 K 1603/12
1. Wird gegen die mit dem Zuwendungsbescheid verbundene Auflage verstoßen, bei der Vergabe von Aufträgen für Bauleistungen die Vorschriften der VOB/A anzuwenden, kann der Zuwendungsgeber den Zuwendungsbescheid widerrufen.
2. Es stellt einen Vergaberechtsverstoß dar, wenn eine Öffentliche Generalunternehmerausschreibung (aus tragfähigen Gründen) aufgehoben und anschließend eine beschränkte Ausschreibung von Einzelgewerken durchgeführt wurde.

IBRRS 2015, 0251

OLG Frankfurt, Urteil vom 12.06.2012 - 11 U 102/10
1. Wird im Bauvertrag festgelegt, dass mit der Ausführung "innerhalb von 12 Werktagen nach Zugang der Aufforderung durch den Auftraggeber" zu beginnen ist und "die Aufforderung [...] voraussichtlich bis zum 03.02.2009 zugehen" wird, haben die Parteien keine verbindliche Ausführungsfrist vereinbart. Bei einer solchen Vertragsgestaltung ist dem Auftragnehmer auf Verlangen Auskunft über den voraussichtlichen Beginn der Arbeiten zu erteilen.
2. Auch bei einer Leistung "auf Abruf" darf der Auftraggeber den Abruf der Leistung nicht auf unbestimmte Zeit hinausschieben, sondern muss dem Auftragnehmer die Möglichkeit geben, die Leistung zu bewirken. Ein zu langes Hinauszögern der Aufforderung zum Beginn der Ausführung ist dem Auftragnehmer nicht zumutbar.

VPRRS 2015, 0030

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 18.09.2014 - 2 VK 8/14
Auch eine deutliche Überschreitung des geschätzten Auftragswerts stellt nur dann einen schwer wiegenden Grund für die Aufhebung einer Ausschreibung dar, wenn die vor der Ausschreibung vorgenommene Kostenschätzung als vertretbar erscheint und die im Vergabeverfahren abgegebenen Gebote deutlich darüber liegen.

VPRRS 2015, 0038

OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.12.2014 - 11 Verg 7/14
1. Sieht das Angebot eines Bieters die Lieferung eines Schaltschranks vor, der in das den Aufzugsschacht umgebende Mauerwerk eingebaut werden soll, ist das Angebot auszuschließen, wenn nach den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses das Steuerungs-/Bedienpaneel "in den Türrahmen der obersten Tür zu integrieren" und der Schaltschrank sich "im Bereich der obersten Haltestelle in der Mauervorlage Integriert am Türrahmen" zu befinden hat.
2. Die falsche Bezeichnung des Antragsgegners schadet nicht, wenn klar erkennbar ist, wer als Adressat des Antrags gemeint ist. Gerade wenn darüber Einigkeit besteht und auch in den versandten Unterlagen deutlich gemacht wird, dass die Zuschlagserteilung im Namen und für Rechnung des Auftraggebers erfolgen seil, kann die Vergabekammer trotz eines anders lautenden Nachprüfungsantrags den Auftraggeber als Beteiligten benennen und das Rubrum entsprechend berichtigen.

VPRRS 2015, 0036

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.07.2014 - 3 VK LSA 67/14
1. Die Vorgabe des Auftraggebers, dass das Angebot mit der kürzesten Bauzeit die höchste Punktzahl erreicht, hat weder einen fassbaren Inhalt noch einen konkreten Sachverhaltsbezug und ist daher als Zuschlagskriterium "Bauzeit" für die Wertung nicht anwendbar.
2. Untaugliche Zuschlagskriterien dürfen nachträglich nicht konkretisiert und erst recht nicht geändert werden.
3. Geforderte Fabrikats-, Produkt- und Typangaben sind integraler Angebotsbestandteil. Das Fehlen derartiger Angaben ist nicht heilbar und führt zum zwingenden Angebotsausschluss.
VPRRS 2015, 0028

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.06.2014 - 3 VK LSA 49/14
1. Die Anlage 3 zur Beachtung der Kernarbeitsnormen verlangt eine anzukreuzende Erklärung darüber, ob die Leistung oder Lieferung der in der Anlage genannten Produkte in Afrika, Lateinamerika oder Asien hergestellt bzw. bearbeitet werden oder wurden.*)
2. Es steht im Ermessen des Auftraggebers, welche Anforderungen er an die von ihm ausgeschriebene und gewünschte Leistung auch im Hinblick auf Teilkomponenten stellt. Er hat das Recht, die Einzelheiten der Auftragsdurchführung zu bestimmen und ist in der Auswahl der von ihm zu beschaffenden Leistungen frei. Er ist auch nicht verpflichtet, in der Ausschreibung eine weitergehende Vielfalt von technischen Lösungen zuzulassen.*)

VPRRS 2015, 0040

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.02.2014 - 3 VK LSA 01/14
Kennzeichnung im Sinne von § 14 Abs. 3 VOB/A bedeutet, dass alle wesentlichen Angebotsbestandteile, die zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung vorliegen, entweder einheitlich (z. Bsp. durch Lochung) gekennzeichnet oder aber (z. Bsp. durch Siegelung) verbunden werden müssen, um einen nachträglichen versehentlichen oder bewussten Austausch einzelner Bestandteile des Angebots bzw. deren Entfernung zu verhindern. Sie dient damit der Gewährleistung der Authentizität der Angebote und ist unabdingbare Grundvoraussetzung zur Sicherung eines transparenten und fairen Wettbewerbs.*)

VPRRS 2015, 0027

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.06.2014 - 3 VK LSA 47/14
1. Gemäß § 16 Abs. 6 Nr. 3 VOB/A soll bei Angeboten, die in die engere Wahl gekommen sind, der Zuschlag auf das Angebot erteilt werden, das unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, wie z. B. Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebs- und Folgekosten, Rentabilität, Kundendienst und technische Hilfe oder Ausführungsfrist als das wirtschaftlichste erscheint.*)
2. Die preisliche Beurteilung des Angebots im Rahmen der Prüfung des wirtschaftlichsten Angebots spielt damit eine maßgebliche Rolle. Hat der Auftraggeber aber Zuschlagskriterien entweder nicht bekannt gemacht, oder aber das Kriterium "Wirtschaftlichkeit" genannt, aber nicht näher definiert, darf nur der niedrigste Preis als Wirtschaftlichkeitskriterium angewendet werden.*)

VPRRS 2015, 0025

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12.06.2014 - 3 VK LSA 36/14
1. Grundsätzlich müssen Angebote, um im Wettbewerb verbleiben zu können, die geforderten Erklärungen und Nachweise enthalten. Dies gilt auch, soweit es sich um Nachweise handelt, die zur Beurteilung der Eignung des Bieters gefordert worden sind.*)
2. Körperlich fehlende Erklärungen oder Nachweise können Gegenstand einer Nachforderung sein, aber körperlich vorliegende unvollständige Erklärungen oder Nachweise dürfen nicht nachgebessert werden. Dieser Gedanke resultiert aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz und gilt ebenso für Eignungsnachweise. Eine spätere Korrektur von bereits eingereichten Eignungsnachweisen ist damit nicht möglich.*)
3. Das Landesvergabegesetz regelt ein Tätigwerden der Vergabekammer nur, soweit ein Bieter das Verfahren beanstandet. Eine darüber hinausgehende Fach- und Rechtsaufsicht wird der Vergabekammer durch das Gesetz nicht auferlegt.*)

VPRRS 2015, 0031

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.01.2015 - Verg 29/14
1. Bei der rechtlichen Überprüfung einer vollständigen oder auch nur teilweisen Aufhebung eines Vergabeverfahrens ist zwischen der Wirksamkeit und der Rechtmäßigkeit der (Teil-) Aufhebungsentscheidung öffentlicher Auftraggeber zu unterscheiden. § 17 EG Abs. 1 VOB/A 2012 bestimmt die Voraussetzungen, unter denen die (Teil-) Aufhebung eines Vergabeverfahrens rechtmäßig ist. Das Nichtvorliegen einer der Aufhebungsgründe des § 17 EG Abs. 1 VOB/A 2012 führt allerdings nur zu auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzansprüchen der Bieter, die möglicherweise infolge der Aufhebung oder Zurückversetzung vergeblich ein Angebot erstellt haben oder ein vollständig neues und erneut kostenaufwändiges Angebot erstellen müssen.*)
2. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob die (Teil-) Aufhebung eines Vergabeverfahrens wirksam ist.*)
3. Notwendige Voraussetzung für eine vollständige oder auch nur teilweise Aufhebung einer Ausschreibung ist lediglich, dass der öffentliche Auftraggeber für seine (Teil-) Aufhebungsentscheidung einen sachlichen Grund hat, so dass eine Diskriminierung einzelner Bieter ausgeschlossen und seine Entscheidung nicht willkürlich ist oder nur zum Schein erfolgt.*)
4. Ändert sich in einer durch eine Teilaufhebung eröffneten zweiten Angebotsrunde die Bieterreihenfolge, ist dies von den am Wettbewerb beteiligten Unternehmen hinzunehmen.*)
5. Sowohl das Gebot fairen Wettbewerbs als auch das Gleichbehandlungsgebot verpflichten öffentliche Auftraggeber allerdings, vor einer Teilaufhebung des Vergabeverfahrens durch Zurückversetzung in eine auf nur bestimmte Preispositionen beschränkte zweite Angebotsrunde zu prüfen, ob die beabsichtigte und auf bestimmte Preise bezogene Preisänderung Einfluss auf das Preisgefüge im Übrigen haben kann. Steht dies zu befürchten, ist er an einer solchen Fehlerkorrektur gehindert und muss gegebenenfalls vollständig neue Angebote einholen.*)
6. Einer erneuten Submission bedarf es in einem solchen Fall nicht.*)
7. Eine Prüfung der neuen Preise auf Auskömmlichkeit im Sinn des § 16 EG Abs. 6 Nr. 2 VOB/A 2012 ist nicht erforderlich.*)

VPRRS 2015, 0024

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.03.2014 - 3 VK LSA 10/14
Auch wenn im Angebot des Bieters keine Abweichung vom Leistungsverzeichnis vermerkt ist, kann der Auftraggeber das Angebot ausschließen, wenn sich im Zuge der Aufklärung herausgestellt, dass der Bieter die Leistung nicht so wie angeboten ausführen will.

VPRRS 2015, 0023

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.03.2014 - 3 VK LSA 08/14
1. Können die Bieter bei der Angebotserstellung selbst über Inhalt und Umfang einer geforderten Bestandsliste sowie der für erforderlich gehaltenen Wartungsarbeiten und -fristen entscheiden, ist ein transparenter und fairer Wettbewerb nicht gewährleistet, weil die eingereichten Angebote nicht vergleichbar sind.
2. Das Vergabeverfahren ist zeitnah so zu dokumentieren, dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen, die maßgebenden Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen in Textform festgehalten werden. Der öffentliche Auftraggeber hat damit alle Verfahrens- und Entscheidungsschritte jeweils zu dokumentieren. Dazu gehört die Dokumentation der Entscheidung über die Vergabeart.
VPRRS 2015, 0022

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.02.2014 - 3 VK LSA 03/14
1. Für die Bewertung der Zuverlässigkeit eines Bieters im Vergabeverfahren ist maßgebend, inwieweit die Umstände des einzelnen Falles die Aussage rechtfertigen, er werde die von ihm angebotenen Leistungen, die Gegenstand des Vergabeverfahrens sind, vertragsgerecht erbringen. Die Beurteilung der Zuverlässigkeit ist eine Prognoseentscheidung, die auch aufgrund des in der Vergangenheit liegenden Geschäftsgebarens eines Bewerbers erfolgt.*)
2. Zum Ausschluss eines Bieters wegen schwerer Verfehlungen bedarf es einer dokumentierten negativen Prognose, wonach die Verfehlungen für den zu vergebenden Auftrag erhebliche Zweifel an seiner Zuverlässigkeit begründen.*)

VPRRS 2015, 0026

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12.06.2014 - 3 VK LSA 37/14
1. Grundsätzlich müssen Angebote, um im Wettbewerb verbleiben zu können, die geforderten Erklärungen und Nachweise enthalten. Dies gilt auch, soweit es sich um Nachweise handelt, die zur Beurteilung der Eignung des Bieters gefordert worden sind.*)
2. Körperlich fehlende Erklärungen oder Nachweise können Gegenstand einer Nachforderung sein, aber körperlich vorliegende unvollständige Erklärungen oder Nachweise dürfen nicht nachgebessert werden. Dieser Gedanke resultiert aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz und gilt ebenso für Eignungsnachweise. Eine spätere Korrektur von bereits eingereichten Eignungsnachweisen ist damit nicht möglich.*)
3. Das Landesvergabegesetz regelt ein Tätigwerden der Vergabekammer nur, soweit ein Bieter das Verfahren beanstandet. Eine darüber hinausgehende Fach- und Rechtsaufsicht wird der Vergabekammer durch das Gesetz nicht auferlegt.*)

VPRRS 2015, 0013

VK Lüneburg, Beschluss vom 09.01.2015 - VgK-44/2014
Ein öffentlicher Auftraggeber ist bei der Vergabe von Rettungsdienstleistungen nicht verpflichtet, in den Vergabeunterlagen Anforderungen an die Energieeffizienz der angebotenen Rettungsmittel aufzunehmen.

IBRRS 2015, 0203

OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.11.2014 - 22 U 37/14
1. Für die "Forderung bzw. das Verlangen des Auftraggebers" nach Ausführung einer bisher im Bauvertrag nicht vorgesehenen Leistung i.S.v. § 2 Nr. 6 VOB/B gelten die von der Rechtsprechung des BGH entwickelten Grundsätze zur "Anordnung des Auftraggebers", welche die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B ändert, entsprechend.*)
2. § 2 Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 VOB/B ist - für den Fall, dass die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart ist - nicht wegen eines Verstoßes gegen §§ 305 ff. BGB unwirksam, denn die Versäumung der Ankündigung hat nur dann einen Anspruchsverlust des Auftragnehmers zur Folge, wenn und soweit die Ankündigung berechtigten Schutzinteressen des Auftraggebers dient und ihre Versäumung unentschuldigt ist.*)
3. Ohne eine nachvollziehbare Darlegung der Preisgrundlagen aufgrund der vorzulegenden Auftrags-/Urkalkulation bzw. einer plausiblen (Nach-)Kalkulation - ist ein geltend gemachter Mehrvergütungsanspruch bei Nachträgen i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B bzw. § 2 Nr. 6 VOB/B unschlüssig und die Klage als endgültig unbegründet (und nicht wie bei nur fehlender Prüfbarkeit als nicht fällig bzw. derzeit unbegründet) abzuweisen. Für einen Rückgriff auf den ortsüblichen Preis in Anlehnung an § 632 Abs. 2 BGB ist im Rahmen von § 2 Nr. 5 bzw. Nr. 6 VOB/B kein Raum.*)
4. Die Auftragnehmerin ist im Rahmen von § 2 Nr. 8 VOB/B dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass die Ausführung der zusätzlichen Werkleistungen durch sie dem mutmaßlichen Willen der Auftraggeberin entspricht. Sie muss den Willen vor Beginn der Ausführung mit zumutbarem Aufwand erforschen und selbst dann beachten, wenn das ihr erkennbare Verhalten der Auftraggeberin ihr unvernünftig bzw. interessenwidrig erscheint, es sei denn § 679 BGB (öffentliches Interesse, z.B. Bauordnungsrecht, Gefahrenabwehr etc.) steht dem entgegen.*)
5. Für die Abgrenzung, welche Arbeiten von der vertraglich vereinbarten Leistung erfasst sind bzw. ggf. zusätzlich zu vergüten sind, kommt es auf den durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermittelnden Inhalt der Leistungsbeschreibung an. Dabei sind das gesamte Vertragswerk und dessen Begleitumstände zu Grunde zu legen, d.h. Baubeschreibung, Leistungsverzeichnis einschließlich abstrakter Vorbemerkungen, Probestücken, Bauzeichnungen, Detailplanungen und auch sämtliche sonstigen Vertragsunterlagen. Eine Zeichnung besitzt dabei vertraglich grundsätzlich die gleiche Bedeutung wie das geschriebene Wort oder die geschriebene Zahl in der Leistungsbeschreibung, zumal eine Zeichnung weit eher geeignet ist, Art und Umfang der gewollten Leistung zu bestimmen.*)
6. Es ist im Zivilprozess nicht Aufgabe des Gerichts, sich aus schriftsätzlich nicht hinreichend erläuterten Anlagen (Aufstellungen) etwaig im Rahmen von § 2 VOB/B erhebliche Positionen selbst im Wege einer unzulässigen Amtsaufklärung erst noch zu beschaffen bzw. zu ermitteln.*)

VPRRS 2015, 0018

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.04.2014 - 3 VK LSA 14/14
1. Ein Anspruch auf Wertung eines Nebenangebots besteht nur dann, wenn Nebenangebote zugelassen sind und diese die Anforderungen des Leistungsverzeichnisses erfüllen. Den Bietern obliegt insofern bereits bei Angebotsabgabe die Verpflichtung, die in ihren Nebenangeboten enthaltenen Leistungen eindeutig und erschöpfend zu beschreiben.
2. Weist ein Bieter in seinem Nebenangebot nicht die Gleichwertigkeit zu den Forderungen in der Leistungsbeschreibung nach, ist das Nebenangebot als nicht zuschlagsfähig einzuordnen.
3. Es ist nicht Aufgabe des öffentlichen Auftraggebers, eventuelle Defizite des Bieters durch eigene ergänzende Untersuchungen auszugleichen. Ebenso wenig darf sich der Auftraggeber auf die bloßen Beteuerungen des Bieters hinsichtlich der nach dessen Meinung gegebenen Gleichwertigkeit verlassen. Den Auftraggeber trifft vielmehr die Pflicht zur eigenständigen Prüfung der Gleichwertigkeit.

VPRRS 2015, 0017

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.04.2014 - 3 VK LSA 13/14
Nach § 14 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A ist ein Angebot, das nachweislich vor Ablauf der Angebotsfrist dem Auftraggeber zugegangen war, aber bei Öffnung des ersten Angebotes aus vom Bieter nicht zu vertretenden Gründen dem Verhandlungsleiter nicht vorgelegen hat, wie ein rechtzeitig vorliegendes Angebot zu behandeln.*)

VPRRS 2015, 0016

VK Bund, Beschluss vom 17.11.2014 - VK 2-79/14
1. Eine Leistungsbeschreibung ist intransparent, wenn der Auftraggeber den Bietern ein detailliertes Leistungsverzeichnis für die Angebotsabgabe an die Hand gibt, das auf 558 Seiten in 308 Positionen die zu erbringenden Leistungen beschreibt und das die Möglichkeit ausschließt, Nebenangebote einzureichen, andererseits aber Abweichungen von Materialstärken und Funktionalitäten zulässt, ohne dabei anzugeben, in welchen Leistungspositionen und in welchem Umfang solche Abweichungen möglich sind.
2. Ein Feststellungsinteresse rechtfertigt sich durch jedes gemäß vernünftigen Erwägungen und nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern.
3. Ein Schadensersatzanspruch wegen sinnlos aufgewendeter Kosten für die Erstellung eines Angebots in einem Vergabeverfahren, das wegen der Intransparenz der Vorgaben zurückversetzt werden musste, erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, was für die Begründung des Feststellungsinteresses ausreicht. Die abschließenden Erfolgsaussichten eines möglichen Schadensersatzbegehrens sind im Nachprüfungsverfahren nicht zu prüfen.

VPRRS 2015, 0015

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.08.2014 - 3 VK LSA 75/14
1. Entspricht keines der eingereichten Angebote den Anforderungen der Vergabeunterlagen, sind sie einer Zuschlagserteilung nicht zugänglich und das Vergabeverfahren ist aufzuheben.
2. Geforderte Fabrikats-, Erzeugnis- und/oder Typangaben sind integraler Angebotsbestandteil und nicht nachzufordern. Das Fehlen solcher Angaben ist nicht heilbar und führt zum Angebotsausschluss.
3. Das Vergabeverfahren ist zeitnah so zu dokumentieren, dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen, die maßgebenden Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen in Textform festgehalten werden. Hierzu gehören die Feststellung der Eignung der Bieter sowie der Prüfung und Wertung der Angebote.

VPRRS 2015, 0012

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.06.2014 - 3 VK LSA 43/14
1. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 LVG-LSA hat ein Bieter, sofern er beabsichtigt, Bau-, Liefer- und Dienstleistungen auf Nachunternehmer zu übertragen, die betreffenden Nachunternehmen dem öffentlichen Auftraggeber schriftlich zu benennen. Allein die Bieter, die Nachunternehmer einsetzen, müssen die Einhaltung dieser Anforderungen sicherstellen und dies auch durch ihre Unterschrift dokumentieren.*)
2. Die Bauleistung wird im eigenen Betrieb durchgeführt und hierfür werden keine Nachunternehmer eingesetzt. Die in der Erklärung zum Nachunternehmereinsatz aufgeführten Pflichten zum Einsatz von Nachunternehmern sind daher nicht zu belegen.*)

VPRRS 2015, 0011

OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.12.2014 - 11 Verg 8/14
Ein Beteiligter kann sich im Wege der sofortigen Beschwerde gegen eine Zwischenentscheidung der Vergabekammer über die Gewährung von Akteneinsicht wenden, wenn er geltend machen will, dass die Offenlegung bestimmter Aktenteile wegen des Geheimschutzes oder des Schutzes seiner Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu einem Eingriff in seine Rechte führen würde, ohne dass die damit verbundenen schwerwiegenden wirtschaftlichen Nachteile wieder ausgeglichen werden können.

VPRRS 2015, 0005

VK Arnsberg, Beschluss vom 08.12.2014 - VK 21/14
1. Die fehlende geforderte Rückgabe von Besonderen Vertragsbedingungen führt nicht zum Angebotsausschluss, wenn sich der Bieter in seinem Angebot zur Anerkennung derselben verpflichtet.
2. Die Verpflichtungserklärung nach § 19 TVgG enthält mehrere Erklärungen, so dass ein fehlender Erklärungsteil nach § 8 Abs. 2 TVgG-NRW, § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nachgeholt werden kann.

VPRRS 2014, 0692

KG, Beschluss vom 21.11.2014 - Verg 22/13
1. Eine unklares Leistungsverzeichnisses ist im Zweifel zu Ungunsten einer Ausschließung von Angeboten auszulegen. Denn der Ausschluss eines Angebots auf der Grundlage inhaltlich unpräziser und damit unklarer Vergabebedingungen ist mit dem Transparentgebot nicht vereinbar.
2. Die Rügefrist des § 107 Abs. 3 Nr. 1 beginnt erst zu laufen, wenn der Bieter aufgrund laienhafter, vernünftiger Bewertung der ihm bekannten Umstände eine Vorstellung von einem Verstoß gegen das Vergaberecht hat.
3. Auch wenn der Bieter aus Vergabebekanntmachung und den Vergabeunterlagen alle tatsächlichen Umstände entnehmen kann, die zur Unzulässigkeit des Verhandlungsverfahrens führen, muss aufgrund einer laienhafte Bewertung dieser Umstände nicht auf das Vorliegen eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften geschlossen werden. Denn das Vergaberecht ist im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit von Verhandlungsverfahren jedenfalls für den rechtlichen Laien gänzlich unübersichtlich.

VPRRS 2015, 0002

VK Bund, Beschluss vom 25.11.2014 - VK 2-93/14
1. Der Ausnahmetatbestand der Dringlichkeit, der eine Abweichung vom Grundsatz des offenen Verfahrens zulässt, ist aufgrund seines Ausnahmecharakters eng auszulegen. Dringlichkeit ist grundsätzlich nur in Fällen höherer Gewalt oder bei sonstigen Katastrophen gegeben.
2. Allerdings gibt es bei der Dringlichkeit und deren Voraussetzungen Abstufungen. Die Anforderungen an die Dringlichkeit können unter der Voraussetzung geringer sein, dass der Auftraggeber die Fristen für beschleunigte Verfahren einhält, also insbesondere nicht gänzlich von einer europaweiten Bekanntmachung absieht.

VPRRS 2015, 0001

VK Bund, Beschluss vom 17.11.2014 - VK 2-77/14
1. Eine Leistungsbeschreibung ist intransparent, wenn der Auftraggeber den Bietern ein detailliertes Leistungsverzeichnis für die Angebotsabgabe an die Hand gibt, das auf 558 Seiten in 308 Positionen die zu erbringenden Leistungen beschreibt und das die Möglichkeit ausschließt, Nebenangebote einzureichen, andererseits aber Abweichungen von Materialstärken und Funktionalitäten zulässt, ohne dabei anzugeben, in welchen Leistungspositionen und in welchem Umfang solche Abweichungen möglich sind.
2. Ein Feststellungsinteresse rechtfertigt sich durch jedes gemäß vernünftigen Erwägungen und nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern.
3. Ein Schadensersatzanspruch wegen sinnlos aufgewendeter Kosten für die Erstellung eines Angebots in einem Vergabeverfahren, das wegen der Intransparenz der Vorgaben zurückversetzt werden musste, erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, was für die Begründung des Feststellungsinteresses ausreicht. Die abschließenden Erfolgsaussichten eines möglichen Schadensersatzbegehrens sind im Nachprüfungsverfahren nicht zu prüfen.
Online seit 2014
VPRRS 2014, 0690
BGH, Urteil vom 11.11.2014 - X ZR 32/14
Die Erteilung des Zuschlags auf ein von einem Kalkulationsirrtum beeinflusstes Angebot kann einen Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des betreffenden Bieters darstellen. Die Schwelle zu einem solchen Pflichtenverstoß ist überschritten, wenn dem Bieter aus Sicht eines verständigen öffentlichen Auftraggebers bei wirtschaftlicher Betrachtung schlechterdings nicht mehr angesonnen werden kann, sich mit dem irrig kalkulierten Preis als einer auch nur annähernd äquivalenten Gegenleistung für die zu erbringende Bau-, Liefer- oder Dienstleistung zu begnügen (Weiterführung von BGH, Urteil vom 07.07.1998 - X ZR 17/97, BGHZ 139, 177 = IBR 1998, 419).*)

IBRRS 2014, 3207

OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.12.2014 - 22 U 92/14
1. Die Auftragnehmerin kann nach der Kündigung eines Werkvertrages Abschlagszahlungen nicht mehr verlangen, sondern muss - im Rahmen ihrer Darlegungs- und Beweislast - zur Ermittlung der vertragsbezogenen, anteiligen Vergütung die bis zur Kündigung erbrachten Werkleistungen im Einzelnen genau bezeichnen, von den kündigungsbedingt nicht (mehr) erbrachten Werkleistungen nachvollziehbar abgrenzen und sodann den Anteil der bis zur Kündigung erbrachten Werkleistungen in einem weiteren, eigenständigen Schritt auf der Grundlage der dem Werkvertrag zu Grunde liegenden Kalkulation bewerten*)
2. Die Auftragnehmerin muss die bis zur Kündigung bereits erbrachten Einzelleistungen eines Detailpauschalpreisvertrags zum Zwecke der Abrechnung grundsätzlich in die damit - gemäß Leistungsbeschreibung - konkret verbundenen weiteren Einzelleistungen weiter zergliedern und diese jeweils mit - aus ihrer vorzutragenden bzw. vorzulegenden Vertragskalkulation abgeleiteten und für den Auftraggeber nachvollziehbar dargestellten bzw. errechneten - Einzelpreisen "bepreisen" bzw. bewerten; pauschale Bewertungen sind regelmäßig unzulässig.*)
3. Insbesondere bei Bauträger- und ähnlichen Verträgen ist eine bereits im Vertrag von den Parteien (unabhängig von der insoweit grundsätzlich irrelevanten Aufteilung in Abschlagszahlungen in einem bloßen Zahlungsplan) verbindlich vorgenommene Aufteilung und Bewertung einzelner Teilleistungen auch bei der Abrechnung nach einer Kündigung des Vertrages regelmäßig zu berücksichtigen.*)
4. Mangels Vorlage einer Schlussrechnung durch die Auftragnehmerin können die Auftraggeber unmittelbar aus der vertraglichen Abrede (nicht aus §§ 812 ff. BGB) auf Rückzahlung der Abschlagszahlungen klagen, sofern sich aus der von ihnen erstellten, ihrem möglichen Kenntnisstand entsprechenden Abrechnung ein Rückzahlungsanspruch (d. h. eine Überzahlung) ergibt.*)
5. Der Wert der bis zur Kündigung erbrachten Leistungen kann im Einzelfall auch durch Abzug der Fertigstellungskosten vom vereinbarten Werklohn ermittelt werden. *)
6. Der Unterschied zwischen einem Privatgutachten und einem gerichtlichen Gutachten in einem selbständigen Beweisverfahren ist nicht so erheblich, dass die Parteien eines Werkvertrages grundsätzlich verpflichtet sind, ein selbständiges Beweisverfahren anzustrengen.*)
7. Eine Klausel in den AGB eines Werkvertrages, wonach sich die Ausführungsfrist bei Nichtbegleichung fälliger Abschlagszahlungen durch den Auftraggeber binnen einer näher bezeichneten Frist entsprechend verlängert, ist gemäß § 308 Nr. 1 BGB unwirksam.*)

IBRRS 2014, 3158

OLG Köln, Urteil vom 26.11.2014 - 11 U 103/14
1. Die Verpflichtung zur "schlüsselfertigen" oder "bezugsfertigen" Herstellung umfasst alle Kosten der Bauausführung, auch die mit der Errichtung des Gebäudes anstehenden Nebenkosten. Dazu gehört regelmäßig auch der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung.
2. Kann der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung aufgrund einer kommunalen Kanalanschlussatzung außerhalb der Grundstücksgrenze nur von der Stadt selbst oder durch ein von ihr beauftragtes Unternehmen durchgeführt werden, scheidet eine Herstellungspflicht insoweit aus.
3. Der öffentliche Auftraggeber muss bei der Ausschreibung alle ihm bekannten relevanten Erkenntnisse in die Vergabeunterlagen aufnehmen. Verschweigt er solche Erkenntnisse, verhält er sich vergabewidrig. Das ist bereits bei der Auslegung der Leistungsbeschreibung zu berücksichtigen.
