Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
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VPRRS 2014, 0543OLG Köln, Urteil vom 23.07.2014 - 11 U 104/13
1. Ersatz entgangenen Gewinns kann ein grundsätzlich übergangener Bieter nur dann verlangen, wenn er ohne Verstoß und auch bei ansonsten ordnungsgemäßer Vergabe den Zuschlag hätte erhalten müssen.
2. Das Vergaberecht verpflichtet die Vergabestelle nicht dazu, Aufträge für Leistungen zu vergeben, die sie so oder so nicht haben möchte.
3. Es ist nicht willkürlich, ein Vergabeverfahren zu wiederholen, weil die ursprüngliche Leistungsbeschreibung mehrdeutig war und der günstigste Bieter die Ausschreibung nicht so verstanden hat, wie sie gemeint war.
3. § 649 Satz 3 BGB ist nicht analog auf den Fall anzuwenden, dass ein Unternehmer einen Auftrag im Rahmen eines Vergabeverfahrens nicht erhält.
4. Ein als Vertrauensschaden ersatzfähiger Schaden bezüglich Personalkosten setzt die Darlegung und den Nachweis voraus, dass die betroffenen Mitarbeiter alternativ für einen anderen Zweck hätten eingesetzt werden können und in diesem Fall Gewinne erzielt worden wären.
VolltextVPRRS 2014, 0544
VK Südbayern, Beschluss vom 11.09.2014 - Z3-3-3194-1-34-07/14
1. Die Präqualifikation eines Bieters ist sowohl bei der formalen als auch bei der materiellen Eignungsprüfung zu berücksichtigen. Aspekte, die gegen die Eignung sprechen, sind der positiven Eignungsaussage durch die Präqualifikation wertend gegenüberzustellen.*)
2. Eine Vergabestelle, die selbst keine eigenen Erfahrungen mit dem betreffenden Bieter hat, kann grundsätzlich gesicherte Erfahrungen der von ihr beauftragten Büros - wie Architekt und Projektsteuerer - heranziehen, ohne dass es dazu eines gesonderten Hinweises in der Bekanntmachung bedarf.*)
3. Ansonsten darf die materielle Prüfung der Zuverlässigkeit nicht zu einer nachträglichen Verschärfung der bekannt gemachten Eignungsanforderungen führen.*)
4. Die Vergabestelle darf die Erfahrungen der von ihr beauftragten Büros nicht ungeprüft zur Begründung der Unzuverlässigkeit eines Bieters heranziehen. Sie muss zumindest prüfen, ob ein Büro ein Eigeninteresse hat, einen bestimmten Bieter als unzuverlässig erscheinen zu lassen.*)
5. Vor einem Ausschluss wegen mangelnder Zuverlässigkeit aufgrund der Erfahrungen der von der Vergabestelle beauftragten Büros ist dem Bieter Gelegenheit zu geben, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Dazu ist im Regelfall eine Anhörung des Bieters erforderlich.*)
6. Die Prognoseentscheidung bezüglich der Zuverlässigkeit muss jedenfalls anhand einer ausreichend ermittelten und bewerteten Tatsachengrundlage erfolgen.*)
VolltextVPRRS 2014, 0541
VK Südbayern, Beschluss vom 09.09.2014 - Z3-3-3194-1-35-08/14
1. Hat der Auftraggeber nach Durchführung eines Teilnahmewettbewerbs die Eignung eines Bewerbers ermessensfehlerfrei bejaht und ihn zur Verhandlung aufgefordert, so ist er daran grundsätzlich gebunden.*)
2. Die Vergabestelle als Herrin des Vergabeverfahrens ist nicht immer frei, das Verfahren nach ihren Vorstellungen beliebig weit zurückzuversetzen, jedenfalls dann nicht, wenn dadurch bereits in einem fehlerfrei durchgeführten Verfahrensabschnitt von einem Bieter erworbene geschützte Rechtspositionen entzogen würden.*)
3. Daher ist die Vergabestelle nach einer Rückversetzung des Vergabeverfahrens zur Behebung eines ganz anderen Vergabeverstoßes (unangemessen kurze Angebotsfrist) nach fehlerfrei erfolgter Bewerberauswahl daran gehindert, ihre Bewerberauswahl erneut zu treffen.*)
4. Die Teilnahme an Verhandlungsterminen im Verhandlungsverfahren steht nicht im Belieben eines Bieters. Ist ein Bieter an einem von der Vergabestelle festgesetzten Termin - aus welchen Gründen auch immer - an der Teilnahme verhindert, bleibt ihm nur der Weg, die Vergabestelle zu bitten, einen anderen Termin festzusetzen oder - sollte sich der gesetzte Termin als vergaberechtswidrig darstellen - die Terminierung zu rügen. Sagt ein Bieter dagegen eigenmächtig und rügelos die Teilnahme an einem von der Vergabestelle festgesetzten Verhandlungstermin ab, scheidet er aus dem gesamten Verhandlungsverfahren aus, ohne dass er dies explizit so erklären muss (Anschluss an OLG München, Beschluss vom 20.03.2013 - Verg 5/13,IBRRS 2013, 1284).*)
5. Das Merkmal der Unverzüglichkeit der Rüge in § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB kann derzeit wegen der Unvereinbarkeit mit der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG (in der Fassung der Richtlinie 2007/66/EG vom 11.12.2007) nicht zur Anwendung kommen.
VPRRS 2014, 0537
VG Ansbach, Urteil vom 13.08.2014 - 4 K 13.00577
Verstößt der Zuwendungsempfänger gegen die Auflage, 80% der Leistung in einem EU-weiten Verfahren auszuschreiben, indem er nur das Gewerk Rohbau mit ca. 37% Kostenanteil EU-weit ausgeschrieben hat, stellt dies einen schweren Vergaberechtsverstoß dar, der den Zuwendungsgeber zur Rückforderung der Subventionen berechtigt.
VolltextVPRRS 2014, 0535
VK Lüneburg, Beschluss vom 18.09.2014 - VgK-30/2014
1. Eine freihändige Vergabe zulässig, wenn die Leistung aufgrund von Umständen, die der Auftraggeber nicht voraussehen konnte, besonders dringlich ist und die Gründe für die besondere Dringlichkeit nicht dem Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben sind.
2. Die freihändige Vergabe ermöglicht die weitestgehende Reduktion der Förmlichkeit des Verfahrens. Die Anforderungen an die Dringlichkeit sind dementsprechend am höchsten.
3. Die Feststellung der besonderen Dringlichkeit erfordert eine Abwägung im Einzelfall. In die Abwägung einzustellen sind die grundsätzliche Pflicht des Auftraggebers zur Durchführung eines wettbewerblichen und transparenten Vergabeverfahrens und die durch das Ereignis bedrohten Rechtsgüter.
4. Die Anforderungen an die besondere Dringlichkeit sind im Wesentlichen dieselben, wie jene, die an die „zwingende“ Dringlichkeit oberhalb der Schwellenwerte gestellt werden. Die besondere Dringlichkeit muss objektiv nachweisbar vorliegen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn bedeutende Rechtsgüter, wie etwa Leib und Leben und hohe Vermögenswerte, unmittelbar gefährdet sind.
VolltextVPRRS 2014, 0530
VK Bund, Beschluss vom 26.01.2006 - VK 2-165/05
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2014, 0521
VK Sachsen, Beschluss vom 08.07.2014 - 1/SVK/020-14
1. Gemäß § 19 EG Abs. 3 lit d) VOL/A müssen solche Angebote von der Wertung ausgeschlossen werden, die Änderungen oder Ergänzungen an den Vertragsunterlagen enthalten. Der aus diesen Änderungen folgende Ausschluss ist zwingend, dem Auftraggeber steht keinerlei Ermessenspielraum zu.*)
2. Die Pflicht der Beteiligten zur Verfahrensförderung und die Verpflichtung der Nachprüfungsinstanzen, den relevanten Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, stehen in einer Wechselwirkung. Kommt ein Verfahrensbeteiligter seiner Förderungspflicht nicht nach, reduziert sich zu seinen Lasten die Aufklärungspflicht der Kontrollinstanzen. Müssten, um auf ein erstmaliges Vorbringen in der mündlichen Verhandlung angemessen reagieren zu können, weitere Bieter zum Vergabenachprüfungsverfahren zusätzlich beigeladen und ihnen rechtliches Gehör gewährt werden, würde dies zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung führen, weshalb ein solcher Vortrag als verspätet anzusehen und zurückzuweisen ist.*)
VolltextVPRRS 2014, 0517
OLG Saarbrücken, Urteil vom 18.06.2014 - 1 U 4/13
1. Die Vernachlässigung der Prüfung der Durchführbarkeit einer Straßenbaumaßnahme (hier: Baudurchführungsvereinbarung mit der DB-Netz AG vergessen) stellt eine Verletzung des durch das Ausschreibungsverfahrens begründeten Vertrauenstatbestands und eine Verletzung der Vorschriften des Vergaberechts dar.
2. Dies führt, wenn der Auftragnehmer bei ordnungsgemäßem Verfahren mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Auftrag erhalten hätte und die Maßnahme im Wesentlichen unverändert erneut ausgeschrieben und ausgeführt worden ist, zu einem auf das positive Interesse gerichteten, die Deckungskostenbeiträge für Wagnis und Allgemeine Geschäftskosten umfassenden Schadensersatzanspruch.
VolltextVPRRS 2014, 0518
VK Sachsen, Beschluss vom 25.07.2014 - 1/SVK/024-14
1. Die Aufhebung des Vergabeverfahrens ist grundsätzlich auch dann wirksam, wenn kein Aufhebungsgrund nach § 17 EG Abs. 1 VOB/A vorliegt.*)
2. Änderungen des Beschaffungsbedarfes oder Unklarheiten in den Vergabeunterlagen, die dazu führen, dass nicht miteinander vergleichbare Angebote eingehen, stellen grundsätzlich keine zur Aufhebung berechtigenden Gründe i. S. d. § 17 EG Abs. 1 VOB/A dar.*)
3. Geht aus der Kalkulation eines Bieters hervor, dass dieser tatsächlich eine vom Leistungsverzeichnis abweichende technische Variante auszuführen gedenkt, kann das Angebot im Ergebnis nicht weiter gewertet werden.*)
VolltextVPRRS 2014, 0514
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.06.2014 - 1 VK 24/14
1. Für die Substantiiertheit der Rüge ist es ausreichend, wenn der Bieter aufgrund seiner Marktkenntnisse zu der Annahme gelangt, dass ein Vergabefehler vorliegt, indem er etwa annimmt, dass Vorgaben des Auftraggebers nicht eingehalten wurden, weil der von den Mitbietern angebotene Preis zumindest auf den ersten Blick als zu niedrig erscheint. Der Bieter darf das behaupten, was er aus seiner Sicht für wahrscheinlich oder möglich hält.
2. Der Nachprüfungsantrag ist auch dann als zulässig anzusehen, wenn der Antragsteller erst durch im Nachprüfungsverfahren neu gewonnene Erkenntnisse von einem Sachverhalt erfährt, aufgrund dessen sich die behauptete Rechtsverletzung erstmals schlüssig darstellen lässt.
3. Es liegt kein Vergabeverstoß vor, wenn der Auftraggeber sich bei der Angebotswertung auf das Angebot eines Bieters konzentriert, wenn das Angebot das niedrigste ist und der Preis das alleinige Zuschlagskriterium bildet. Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, alle eingegangenen Angebote abschließend zu werten.
4. Die Prüfung der Auskömmlichkeit eines Angebotspreises geht nicht mit der Prüfung einher, ob die Konkurrenzangebote einen angemessenen Preis zum Gegenstand haben. Ob der Preis, den ein Mitbieter geboten hat, angemessen ist oder nicht, ist eine eigenständig zu beurteilende Frage, ganz abgesehen von der Frage, ob sich der Antragsteller überhaupt darauf berufen kann, dass der Preis eines Konkurrenten unangemessen niedrig ist.
5. Der Ausschluss eines Angebots wegen fehlender geforderter Erklärungen und Nachweise ist nur vergaberechtskonform, wenn diese klar und eindeutig gefordert wurden. Unklare und missverständliche Vergabeunterlagen, die von Bietern unterschiedlich ausgelegt wurden, können einen Ausschluss nicht rechtfertigen.
VolltextVPRRS 2014, 0511
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.07.2014 - 1 VK 25/14
Die Weitergabe der Angebotspreise aus bereits abgeschlossenen Vergabeverfahren stellt zwar einen Fehler im Vergabeverfahren dar. Dieser ist allerdings nicht so gewichtig, dass er einen schwerwiegenden Grund für eine Aufhebung darstellt.
VolltextVPRRS 2014, 0510
VK Bund, Beschluss vom 13.06.2014 - VK 1-34/14
1. Sieht ein Formblatt lediglich die Vornahme von getrennten Angaben für die letzten drei Geschäftsjahre vor, ohne dass eine Mindestmenge bzw. -anzahl erwähnt wird, ist auch die Eintragung einer Null möglich und für die Erfüllung der geforderten Angaben ausreichend.
2. Ruht ein Strafverfahren gegen den Geschäftsführer eines Bieters aufgrund eines zivilgerichtliches Verfahrens, hat aus strafrechtlicher Sicht die Unschuldsvermutung zu gelten. Das Strafverfahren darf bei der Bewertung der Eignung des Bieters daher nicht berücksichtigt werden.
3. Die Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bzw. die Berücksichtigung eines "Mehr an Eignung" im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbewertung ist grundsätzlich unzulässig. Ob ein Wertungskriterium Eignungs- oder Zuschlagskriterium ist, bestimmt sich danach, ob es schwerpunktmäßig mit der Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des betreffenden Auftrags oder mit der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots zusammenhängt.
4. Mit der Bewertung bereits erbrachter Leistungen, auch als Referenzen bezeichnet, handelt es sich grundsätzlich um ein typisches Eignungskriterium.
VPRRS 2014, 0508
VK Brandenburg, Beschluss vom 09.07.2014 - VK 7/14
1. Der Auftraggeber ist verpflichtet, die Vergabeunterlagen so eindeutig zu gestalten, dass die Bieter ihnen deutlich und sicher entnehmen können, welche Erklärungen von ihnen in welchem Stadium des Vergabeverfahrens abzugeben sind. Genügen die Vergabeunterlagen dem nicht, darf der Auftraggeber ein Angebot nicht ohne weiteres wegen Fehlens einer entsprechenden Erklärung aus der Wertung nehmen, sondern muss den Bietern Gelegenheit geben, die fraglichen Erklärungen nachzureichen.
2. Die Vergabeunterlagen sind nicht eindeutig gestaltet, wenn der Auftraggeber die Vorlage einer Bescheinigung unter den Vorbehalt einer Bestätigung von Eigenerklärungen durch zuständige Stellen stellt, ohne diese Stellen zu benennen und entsprechende Eigenerklärungen von den Bietern zu fordern.
3. Ein Bieter muss seinem Angebot alle geforderten Erklärungen und Nachweise beifügen, und zwar vollständig und widerspruchsfrei. Ist aus der Erklärung des Bieters nicht ersichtlich, welcher Nachunternehmer für welchen Leistungsbereich eingesetzt werden soll, ist das Angebot zwingend auszuschließen.
VolltextVPRRS 2014, 0487
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.07.2014 - 2 VK LSA 02/14
1. Versieht der Nachunternehmer eines Bieters ein gefordertes Formblatt, das Verpflichtungen zur Einhaltung staatlicher Sicherheitsvorschriften, den Mindestentgeltregelungen des AEntG sowie weitere Zahlungsverpflichtungen enthält, mit dem Stempelaufdruck "Gilt nur für Bauhauptgewerbe", liegt darin eine Änderung der Vergabeunterlagen, die auch im Rahmen einer Sektorenvergabe zum zwingenden Ausschluss des Angebots führt.
2. Werden zwei Einzelunternehmen vom Auftraggeber zur Angebotsabgabe aufgefordert und geben sie als Bietergemeinschaft ein Angebot ab, darf der Auftraggeber dieses Angebot bei der Wertung nicht berücksichtigen.
VPRRS 2014, 0507
VK Brandenburg, Beschluss vom 19.12.2013 - VK 25/13
Wird in den Vergabeunterlagen ein DC/AC-Wandler mit einem Wirkungsgrad von > 90% gefordert und wird ein Wandler mit dem Wirkungsgrad von 90% angeboten, genügt das Angebot nicht den Ausschreibungsbedingungen und ist auszuschließen.
VolltextVPRRS 2014, 0502
VK Brandenburg, Beschluss vom 19.12.2013 - VK 23/13
1. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Bieters steht dessen Ausschluss vom Wettbewerb im Ermessen des Auftraggebers. Der öffentliche Auftraggeber hat dabei in jedem Einzelfall zu überprüfen, ob das von der Insolvenz betroffene Unternehmen genügend fachkundig, leistungsfähig und zuverlässig ist, das heißt es ist zu prüfen, ob der Bieter mit seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung die Gewähr für eine fachgerechte und reibungslose Abwicklung des Auftrags bietet und ob man sich auf ihn verlassen kann.
2. Die Prüfung der Eignung eines Unternehmens ist ein wertender Vorgang, in den zahlreiche Einzelumstände einfließen. Bei der Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale hat der Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum, da eine prognostische, in die Zukunft gerichtete Entscheidung zu treffen ist.
VolltextVPRRS 2014, 0491
VK Brandenburg, Beschluss vom 20.01.2014 - VK 27/13
1. Ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 101a GWB eröffnet zwar das Nachprüfungsverfahren, ist aber nicht geeignet, einen Schaden im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB zu begründen oder die Zuschlagschancen oder sonstige Erfolgsaussichten des Bieters zu verbessern.
2. An die Anforderungen für eine ordnungsgemäße Rüge ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen. Allerdings reichen pauschale und unsubstantiiert "ins Blaue hinein" erhobene Behauptungen in der Erwartung, die Aufklärungspflicht der Vergabekammer werde zum Nachweis eines Vergabeverstoßes führen, nicht aus. Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen genügen nicht.
3. Zwar findet sich in der Sektorenverordnung - anders als in der VOB/A und VOL/A - keine Vorschrift, wonach wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen und Angebote von Bietern zwingend auszuschließen sind, die in Bezug auf die Vergabe eine unzulässige, wettbewerbsbeschränkende Abrede getroffen haben. Aus dem Gebot eines fairen und unverfälschten Wettbewerbs folgt jedoch die Verpflichtung auch des Sektorenauftraggebers, derartige Angebote von der Wertung auszuschließen.
VPRRS 2014, 0504
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.06.2014 - 1 VK 15/14
1. Bietergemeinschaften sind in der Regel zulässig und nur ausnahmsweise unzulässig.
2. Es gibt keinen "Königsweg", wie eine Dokumentation zu erfolgen hat. Ob der öffentliche Auftraggeber ein Schulnotensystem nutzt und dann eine Umrechnung in eine Punktetabelle vornimmt, ist grundsätzlich dem Auftraggeber selbst überlassen.
3. Der öffentliche Auftraggeber kann bei der Auswahl der Wertungskriterien und der Gewichtung für sich ein weites Ermessen in Anspruch nehmen. Entscheidend ist, dass das Wertungsverfahren für alle Bieter transparent ist und das Gleichbehandlungsgebot berücksichtigt wird.
4. Einen Verstoß gegen das Verbot der Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien muss ein durchschnittliches Unternehmen, das mit öffentlichen Aufträgen erfahren ist, erkennen und diesen rechtzeitig rügen.
VPRRS 2014, 0500
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.03.2014 - 2 VK LSA 04/14
1. Bei der Ermittlung des Auftragswerts ist der geschätzte Wert aller Liefer- und Dienstleistungen (und damit auch der Wert der Planungsleistungen) zu berücksichtigen, die für die Ausführung der Bauleistung erforderlich sind und vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden nach (SektVO § 2 Abs. 5).
2. Bei der Vorgabe einer bestimmten Stahlsorte handelt es sich um eine technische Spezifikation. Der Auftraggeber muss deshalb in die Beschreibung der entsprechenden Leistungsposition den Zusatz "oder gleichwertig" aufnehmen.
3. Eine Nichtabhilfenachricht setzt die 15-Tages-Frist des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB nicht in Gang, wenn es an einem ausreichenden Hinweis auf diese Frist fehlt.
VolltextVPRRS 2014, 0710
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.04.2014 - Verg 1/14
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2014, 0501
VK Brandenburg, Beschluss vom 06.08.2013 - VK 11/13
Der Rügepräklusion nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB steht entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht die Rechtsprechung des EuGH (IBR 2010, 159) entgegen. Anders als die britische Präklusionsvorschrift, die der EuGH für nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar erklärt hat, regelt § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB nicht die Ausschlussfrist für das Nachprüfungsverfahren, sondern nur die Anforderungen an die Rügeobliegenheit als Zulässigkeitsvoraussetzung für den Nachprüfungsantrag.
VolltextVPRRS 2014, 0498
VK Südbayern, Beschluss vom 11.08.2014 - Z3-3-3194-1-29-06/14
1. Das Tatbestandsmerkmal der Unverzüglichkeit der Rüge gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB verstößt gegen europäisches Recht (EuGH, Urteil vom 28.01.2010 - Rs. C-406/08 und Rs. C-456/08; OLG Koblenz, Beschluss vom 16.09.2013 - 1 Verg 5/13) und ist bis zu einer europarechtskonformen Neuregelung mit einer konkret in Tagen bemessenen Frist nicht anzuwenden.*)
2. Ein Bieter dessen Angebot aller Voraussicht nach selbst zwingend auszuschließen ist, kann den Ausschluss des Angebots eines Konkurrenten zumindest dann verlangen, wenn dadurch kein wertbares Angebot im Verfahren mehr verbleibt und er so eine zweite Chance zur Angebotsabgabe erhält.*)
3. Nimmt die Vergabestelle Merkmale für die anzubietenden Produkte ins Leistungsverzeichnis auf, sind diese für Bieter, die das Leistungsverzeichnis insoweit nicht gerügt haben, auch dann bindend, wenn eine technische Notwendigkeit für die Aufnahme dieser Merkmale nicht ersichtlich ist.*)
4. Vom Leistungsverzeichnis abweichende Angebote hat die Vergabestelle auch dann zwingend auszuschließen, wenn das angebotene, nicht den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses entsprechende Produkt, technisch gegenüber einem dem Leistungsverzeichnis entsprechenden Produkt keine Nachteile aufweist.*)
IBRRS 2014, 2381
OLG Dresden, Urteil vom 02.08.2012 - 9 U 402/12
1. Der Auftragnehmer kann seine Leistung nicht mit der Begründung einstellen, das geborgene Baggergut bestehe zu fast 95% aus feinen organischen Stoffen, weshalb wasserdichte und verschlossene Containerfahrzeuge eingesetzt werden müssten, wenn aus den Ausschreibungsunterlagen hervorgeht, dass ein hoher Anteil von Feinschlamm zu transportieren ist.
2. Ob die in der Leistungsbeschreibung getroffenen Aussagen (hier: in Bezug auf die Konsistenz zu transportierender Sedimente) eindeutig sind, ist eine Rechtsfrage, zu deren Beantwortung kein Sachverständigengutachten eingeholt werden muss.
3. Stellt der Auftragnehmer seine Leistungen unberechtigter Weise ein, kann der Auftraggeber den Vertrag nach § 8 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 4 VOB/B kündigen.
VolltextVPRRS 2014, 0552
VK Arnsberg, Beschluss vom 30.06.2014 - VK 10/14
1. Doppel- oder Mehrfachangebote sind unzulässig, wenn sie sich lediglich preislich unterscheiden und damit die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen bergen. Die Abgabe mehrerer Hauptangebote, die sich in Hinblick auf nichtpreisliche Kriterien unterscheiden, ist demgegenüber als zulässig anzusehen.
2. Wird ein Vergabeverfahren wegen fehlender Haushaltsmittel aufgehoben, kann dieser Aufhebungsgrund im Vergabenachprüfungsverfahren nicht herangezogen werden, wenn der Auftraggeber die haushaltsrechtliche Situation nicht als Aufhebungsgrund in der Vergabeakte dokumentiert hat. Sie kann auch nicht im Wege des Nachschiebens von Ermessensgründen in das Vergabenachprüfungsverfahren eingeführt werden.
3. Der öffentliche Auftraggeber kann von einem Beschaffungsvorhaben grundsätzlich auch dann Abstand zu nehmen, wenn dafür kein in den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt. Eine solche Aufhebung ist zwar rechtswidrig, aber dennoch wirksam.
VolltextVPRRS 2014, 0482
VK Sachsen, Beschluss vom 10.04.2014 - 1/SVK/007-14
1. Die permanente Verfolgung der aktuellen Rechtsprechung gehört nicht zu den Aufgaben eines Bieters. Damit muss ein Bieter eine, im Laufe des Vergabeverfahrens ergangene, höchstrichterliche Entscheidung nicht binnen drei Wochen zur Kenntnis nehmen und zum Gegenstand einer Rüge machen.*)
2. Nach § 14 EG Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 VOB/A 2012 sind die Angebote in allen wesentlichen Teilen im Eröffnungstermin zu kennzeichnen. Damit sind alle wesentlichen Angebotsbestandteile, die zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen, entweder einheitlich zu kennzeichnen oder aber durch eine Siegelung zu verbinden, um einen nachträglichen versehentlichen oder bewussten Austausch einzelner Bestandteile des Angebots oder deren Entfernung zu verhindern. Nebenangebote sind wesentliche Angebotsbestandteile.*)
3. Hat der Bieter das Nebenangebot als solches bezeichnet und weicht es inhaltlich von der vom Auftraggeber nachgefragten Leistung ab, besteht keine Möglichkeit, es in ein Hauptangebot umzudeuten. Nur wenn sich das Angebot im Rahmen der Leistungsbeschreibung bewegt, kann es als (zweites) Hauptangebot angesehen werden.*)
4. Die Zulassung von Nebenangeboten ist nicht gestattet, wenn der Zuschlag nur auf das zu ermittelnde niedrigste Angebot erteilt werden soll.
VolltextVPRRS 2014, 0479
VK Lüneburg, Beschluss vom 18.07.2014 - VgK-19/2014
Es ist dem Antragsteller im Vergabenachprüfungsverfahren verwehrt, gewissermaßen vorbeugend Ansprüche zu stellen, die ein erst künftig einzuleitendes Vergabeverfahren, die Verfahrensart oder Form oder den Zeitpunkt des Beginns betreffen.
VolltextVPRRS 2014, 0471
VK Brandenburg, Beschluss vom 11.02.2014 - VK 29/13
1. Der Auftraggeber ist nicht daran gehindert, den Zuschlag auf ein Angebot zu erteilen, dessen Bindefrist zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen ist. Ein Angebot kann demgemäß nicht mit der Begründung aus dem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, es sei wegen Ablaufs der Bindefrist erloschen.
2. Fällt dem Auftraggeber aufgrund einer Bieterfrage oder Rüge ein Versäumnis auf, kann er dies vor Angebotsabgabe im Wege der Korrektur der Vergabeunterlagen kompensieren. Fällt ihm aufgrund einer nach Angebotsabgabe eingehenden Rüge ein Versäumnis auf, verstößt er gegen grundlegende Wettbewerbsprinzipien, wenn er unter dem Eindruck der fraglichen Rüge die erkannte Beschaffungslücke zu beseitigen beginnt, indem er die Vergabeunterlagen neu interpretiert und die "neuen" Erkenntnisse dazu führen, sämtliche bei Angebotsabgabe und im Rahmen der Erstwertung nach den Vorstellungen des Auftraggebers LV-konforme Angebote nunmehr wegen vermeintlich unzulässiger Abweichungen von den Vergabeunterlagen auszuschließen.
VolltextVPRRS 2014, 0467
VK Südbayern, Beschluss vom 07.07.2014 - Z3-3-3194-1-24-05/14
1. Die nicht rechtzeitige Vorlage des Teilnahmeantrags bei der Vergabestelle hat auch in einem Vergabeverfahren nach der VOF die zwingende Nichtberücksichtigung zur Folge. Dies folgt aus der mit der Festlegung der Bewerbungsfrist durch den Auftraggeber ausgelösten Selbstbindung.*)
2. Verspätungen, die etwa aus einer ungewöhnlich langen Postlaufzeit resultieren, betreffen das dem Bewerber auferlegte Übersendungsrisiko. Davon ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn die Vergabestelle die Übermittlung auf dem Postweg vorgeschrieben hatte und die Verspätung durch Verschulden des Postdienstleisters verursacht wurde.*)
3. Es besteht kein Anlass, verspätet eingereichte Teilnahmeanträge anders zu behandeln als verspätet eingereichte Angebote.*)
VolltextVPRRS 2014, 0641
VK Südbayern, Beschluss vom 21.10.2013 - Z3-3-3194-1-29-08/13
1. Nach § 6 Abs. 7 EG VOL/A hat ein Auftraggeber dann, wenn Bewerber oder Bieter vor Einleitung des Vergabeverfahrens Auftraggeber beraten oder sonst unterstützt haben, sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme dieser Bewerber oder Bieter nicht verfälscht wird.*)
2. Die Vorschrift des § 6 Abs. 7 EG VOL/A umfasst jede Tätigkeit im Vorfeld eines Vergabeverfahrens, die einen Bezug zum konkreten Vergabeverfahren aufweist.*)
3. Der Ausschluss der vorfassten Bieters kann nur das letzte Mittel sein, wenn keine anderen Ausgleichsmöglichkeiten des Wissensvorsprungs durch den Auftraggeber denkbar sind.*)
VolltextVPRRS 2014, 0466
VK Sachsen, Beschluss vom 21.03.2013 - 1/SVK/004-13
1. Da weder die VOB/A noch die VOL/A mit § 11 Abs. 6 VOF und § 20 Abs. 1 VOF vergleichbare Regelungen enthalten, kann die Zulässigkeit eines Verzichts auf Verhandlungsgespräche für Verhandlungsverfahren nach der VOF nicht analog zu der Rechtslage nach der VOB/A und der VOL/A entschieden werden.*)
2. Einer erfolgreichen Geltendmachung einer Rechtsverletzung durch den Verzicht auf Verhandlungen im Verhandlungsverfahren steht es entgegen, wenn der Auftraggeber bereits den Leistungsgegenstand eindeutig und abschließend definieren konnte und eine vergleichende Wertung der Angebote auch ohne Verhandlungsgespräche möglich war.*)
3. In einem solchen Fall liegt zwar die Vermutung nahe, dass die Wahl der Verdingungsordnung fehlerhaft war und das Verfahren nicht nach der VOF, sondern nach der VOL/A hätte durchgeführt werden müssen. Die fehlerhafte Wahl der Verdingungsordnung kann jedoch nicht von der Antragstellerin erfolgreich zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht werden, da bei einem ordnungsgemäßen Vergabeverfahren nach der VOL/A kein Verhandlungsverfahren sondern ein Offenes Verfahren durchzuführen gewesen wäre. Ein Bieter hätte auch bei rechtskonformem Verhalten des Auftraggebers nicht die Möglichkeit erhalten, sein Angebot durch das Führen von Verhandlungsgesprächen zu verbessern.*)
VolltextVPRRS 2014, 0463
VK Brandenburg, Beschluss vom 25.06.2014 - VK 6/14
Unwägbarkeiten darüber, ob ein Bieter Minderungsregelungen der HOAI überhaupt in Betracht zu ziehen hat, sind vom Auftraggeber für das jeweils ausgeschriebene Planungsvorhaben in den Vergabeunterlagen mitzuteilen. Die entsprechende Einschätzung des Auftraggebers hat sachlich begründeten Erwägungen Rechnung zu tragen.
VolltextVPRRS 2014, 0461
VK Bund, Beschluss vom 07.07.2014 - VK 2-47/14
1. Das Tatbestandsmerkmal "unvorhergesehenes Ereignis" in § 3 EG Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 VOB/A 2012 bezieht sich auf die Leistungen desjenigen Unternehmens, welches mit den zusätzlichen Leistungen beauftragt werden soll. Ändert der Auftraggeber freiwillig seinen Bedarf, so ist das Erfordernis der hierfür benötigten Leistungen nicht "unvorhergesehen", sondern im Gegenteil gewollt.
2. Die zusätzlichen Leistungen müssen Voraussetzung für die Aus- und Fortführung der ursprünglich vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen sein.
VolltextVPRRS 2014, 0460
OLG Celle, Beschluss vom 16.09.2010 - 13 Verg 8/10
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2014, 0454
OLG Naumburg, Beschluss vom 30.04.2014 - 2 Verg 2/14
1. Eine im Vergabeverfahren verwendete Bekanntmachung ist dahin auszulegen, wie der Text von einem fachkundigen Unternehmen, welches die Gepflogenheiten des konkreten Auftraggebers nicht kennt, verstanden werden muss (hier: bezüglich der Forderung nach Vorlage von fünf Referenzen).*)
2. Die wirksame Heilung eines Fehlers im Bekanntmachungstext setzt eine Veröffentlichung der Berichtigung in dem Pflichtmedium, d.h. hier im Supplement des Amtsblatts der EU, voraus.*)
3. Für die Angemessenheit einer (verbleibenden) Bewerbungsfrist nach der gebotenen Herstellung der Transparenz der Bewerbungsbedingungen kommt es nicht allein darauf an, ob in dieser Zeit die Erstellung eines Teilnahmeantrags und dessen Übermittlung an die Vergabestelle in rein "technischer" Hinsicht noch möglich gewesen wäre, sondern darauf, ob die verbleibende Zeit auch genügt, einen Teilnahmeantrag in hoher Qualität mit echten Auswahlchancen im Teilnahmewettbewerb zu erstellen.*)
VolltextVPRRS 2014, 0457
VK Nordbayern, Beschluss vom 25.06.2014 - 21.VK-3194-15/14
1. Zwar sind fehlerhafte Angaben nicht mit fehlenden Erklärungen gleich zu setzen. Sie können weder nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 ergänzt noch im Wege von Aufklärungsverhandlungen nachgefordert werden. Dies gilt jedoch nicht bei einer offensichtlichen Unrichtigkeit. Sinn des Vergabeverfahrens ist es nämlich auch, das wirtschaftlich günstigste Angebot zu wählen und ein solches nicht an formalistischen Gesichtspunkten scheitern zu lassen. Liegen demnach offensichtliche Denkfehler vor, die für den Auftraggeber erkennbar sind, dürfen solche Fehler korrigiert werden.*)
2. Der Begriff der Erklärungen und Nachweise ist weit auszulegen. Er bezieht sich sowohl auf bieterbezogene Eigen- oder Fremderklärungen als auch auf leistungsbezogene Angaben und Unterlagen.*)
3. Werden zwei Fabrikate gleichermaßen im Angebot benannt und damit angeboten, kann in einem Aufklärungsgespräch ohne Änderung des Angebots bestimmt werden, welches von den angebotenen Fabrikaten eingebaut werden soll. Damit werden die in § 15 EG Abs. 3 VOB/A 2012 festgelegten Verhandlungsgrenzen eingehalten.*)
4. Unklarheiten in der Leistungsbeschreibung dürfen nicht zum Nachteil eines Bieters ausschlagen, Unklarheiten gehen insoweit zu Lasten der Vergabestelle. Denn die Rechtsfolge eines Angebotsausschlusses ist nur dort gerechtfertigt, wo sich ein eindeutiger und deshalb für die Bieter auch als solcher erkennbarer Ausschreibungswille ermitteln lässt, von dem sich das Angebot des betreffenden Bieters entfernt hat.*)
VolltextVPRRS 2014, 0458
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.01.2014 - 1 VK LSA 14/13
- Antragsbefugnis kann auch ohne Abgabe eines Teilnahmeantrages gegeben sein,*)
- Forderung in der Bekanntmachung zur Vorlage von fünf vergleichbaren Referenzen*)
- Frist zur Abgabe des Teilnahmeantrages von max. 6 Tagen ist unzureichend.*)
VolltextIBRRS 2014, 1996
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.06.2014 - 17 U 5/14
Ein Projektsteuerer haftet auf Schadensersatz, wenn sein Auftraggeber Zuwendungen zurückerstatten muss, weil bei der Verwendung der Zuwendungen Vergabevorschriften verletzt wurden oder die Vergabe nicht ordnungsgemäß dokumentiert werden kann.
VolltextVPRRS 2014, 0448
OLG Frankfurt, Urteil vom 28.05.2014 - 4 U 230/13
1. Die Parteien eines nicht unter die Vorschriften des öffentlichen Preisrechts fallenden Bauwerksvertrags können vertraglich vereinbaren, dass der Auftragnehmer solche Zahlungen zu erstatten hat, die auf nicht dem öffentlichen Preisrecht entsprechenden Abrechnungen beruhen.
2. Die Verjährung eines Rückforderungsanspruchs wegen einer überhöhten Schlussrechnung beginnt, sobald der Auftraggeber Kenntnis von den Unterlagen hat, aus denen die vertragswidrige Abrechnung und Masseermittlung ohne weiteres ersichtlich ist.
VolltextVPRRS 2014, 0447
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.05.2014 - Verg 46/13
1. Der öffentliche Auftraggeber kann als zusätzliche Anforderung an die Ausführung vorgeben, dass die Leistung ausschließlich mit Hilfe umweltfreundlicher Fahrzeuge erbracht wird.
2. Die für die Ausführung des Vertrags erforderliche technische Ausrüstung muss den Bietern nicht schon im Vergabeverfahren, sondern erst bei Beginn der Auftragsausführung zur Verfügung stehen.
VolltextVPRRS 2014, 0449
VK Nordbayern, Beschluss vom 11.06.2014 - 21.VK-3194-12/14
1. Unter Nebenangeboten sind Angebote zu verstehen, die in irgendeiner Form vom Hauptangebot abweichen, sei es in technischer Hinsicht durch die Verwendung anderer technischer Lösungen als in der Leistungsbeschreibung vorgegeben, sei es in wirtschaftlicher oder rechtlicher Hinsicht durch die Formulierung anderer Zahlungsbedingungen oder sonstiger vertraglicher Regelungen. Von Nebenangeboten wird auch gesprochen, wenn die Leistung als solche unverändert angeboten, ihre Ausführung hingegen von anderen als in den Vergabeunterlagen vorgesehenen vertraglichen Bedingungen abhängig gemacht wird, z.B. hinsichtlich der Ausführungsfristen. Eine Veränderung der vorgegebenen Bauzeit ist ein Nebenangebot.*)
2. Nicht zugelassene Nebenangebote sind nach § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e) VOB/A auszuschließen. Ist ein Angebot schon in der ersten Stufe aus formalen Gründen zwingend auszuschließen, fehlt der ASt ein Rechtschutzbedürfnis bezüglich der wirtschaftlichen Angebotswertung.*)
VolltextVPRRS 2014, 0446
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.08.2013 - Verg 15/13
1. Auch im Geltungsbereich der Sektorenverordnung sind Angebote auszuschließen, wenn sie die Vorgaben der Vergabeunterlagen nicht erfüllen bzw. unvollständig sind.
2. Dem Sektorenauftraggeber kommt ein Ermessen dahingehend zu, ob er Erklärungen und Nachweise, die auf seine Anforderung bis zum Ablauf der Frist für den Eingang der Angebote nicht von den Unternehmen vorgelegt wurden, bis zum Ablauf einer von ihm zu bestimmenden Nachfrist anfordert.
3. Erklärungen und Nachweise, die auf Aufforderung des Auftraggebers bis zum Ablauf der Frist für den Eingang der Teilnahmeanträge oder Angebote nicht von den Unternehmen vorgelegt wurden, können bis zum Ablauf einer vom Auftraggeber zu bestimmenden Nachfrist angefordert werden. Wird diese Frist versäumt, ist ein nochmaliges Nachfordern unter Setzen einer weiteren Nachfrist unzulässig, wenn hierdurch einzelne Bieter gegenüber anderen bevorzugt werden.
VolltextVPRRS 2014, 0443
VK Bund, Beschluss vom 24.06.2014 - VK 2-39/14
1. Eignungsanforderungen sind bieterbezogen, es geht um die Person des Bieters. Deshalb dürfen bei der Eignungsprüfung ausschließlich solche Sachverhalte berücksichtigt werden, die dem Bieter in irgendeiner Form zurechenbar sind. Zurechenbar können aber nur Umstände sein, auf die er Einfluss nehmen kann.
2. Ergeben sich aus der Rechtsordnung eines Landes, der der Bieter unterworfen ist, bestimmte Verpflichtungen, denen er sich nicht entziehen kann, ist es unzulässig, diese dem Bieter als ein die Zuverlässigkeit ausschließendes oder in Frage stellendes Fehlverhalten zuzurechnen. Das gilt auch dann, wenn er infolge dessen zwangsläufig gegen die Vorgaben einer anderen Rechtsordnung verstoßen muss.
3. Der Aspekt des Verbots der Datenweitergabe aufgrund des "No-Spy"-Erlasses ist in einem Vergabeverfahren bei den "besonderen Anforderungen an die Auftragsausführung" zu verorten.
VolltextVPRRS 2014, 0444
VK Bund, Beschluss vom 23.05.2014 - VK 1-30/14
1. Die Eintragung des Zeichens "./." anstelle eines Preises ist keine fehlende Preisangabe, sondern dahingehend zu verstehen, dass die ausgeschriebene Leistung nicht erbracht werden soll.
2. Bei dem Merkmal der "Unwesentlichkeit" in § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 c VOB/A 2012 handelt es sich um eine eigenständige Voraussetzung, die insbesondere nicht bereits dann vorliegt, wenn die übrigen Voraussetzungen (Beeinträchtigung des Wettbewerbs und der Wertungsreihenfolge) gegeben sind. Dementsprechend können Auswirkungen der konkreten Angebotslage auf den Wettbewerb bzw. die Bieterreihenfolge grundsätzlich keine Rolle für die Bewertung einer Position als unwesentlich oder nicht unwesentlich spielen.
3. Der in preislicher Hinsicht geringe Anteil einer Wartungsposition am Gesamtvolumen führt nicht generell dazu, dass die Wartungsposition als unwesentlich einzustufen ist. Kommt einer Wartungsposition vertragsrechtlich besondere Bedeutung zu, etwa weil mit ihrer Einbeziehung in die Beauftragung eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist verbunden ist, ist sie nicht als unwesentlich anzusehen.
VolltextVPRRS 2014, 0432
VK Bund, Beschluss vom 02.04.2014 - VK 1-14/14
1. Die Vorschrift des § 127 Abs. 1 SGB V, wonach die Krankenkassen über die Lieferung einer bestimmten Menge von Hilfsmitteln, die Durchführung einer bestimmten Anzahl von Versorgungen oder die Versorgung für einen bestimmten Zeitraum schließen können, entfaltet keinen vergaberechtlichen Bieterschutz.
2. Die Bestimmung des niedrigsten Preises als alleiniges Zuschlagskriterium ist vergaberechtlich grundsätzlich zulässig und begegnet jedenfalls dann keinen Bedenken, wenn andere Kriterien nicht geeignet sind oder nicht erforderlich erscheinen.
3. Die Vorgabe produktspezifischer Kriterien bei der Bezeichnung des Ausschreibungsgegenstands ist nicht schlechthin verboten. Eine produktspezifische Ausschreibung ist vielmehr dann zulässig, wenn sie durch den Ausschreibungsgegenstand gerechtfertigt ist.
4. Nach Wegfall der Regelung zum "ungewöhnlichen Wagnis" in der VOL/A 2009 können die Vergabeunterlagen im Hinblick auf (Kalkulations-)Risiken nur noch unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit beanstandet werden.
5. Eine mitgliedsstaatliche Regelung, die den automatischen Ausschluss eines Unternehmens, das sowohl als Einzelbieter als auch als Mitglied eines Konsortiums bzw. als eines von mehreren konzernverbundenen Unternehmen Angebote im Rahmen eines Vergabeverfahrens abgibt, ist gemeinschaftsrechtswidrig. Aufgrund der Gefahr, dass bei einer derartigen "parallelen" Teilnahme eines Unternehmens an einer Ausschreibung der Geheimwettbewerb zwischen den Bietern Schaden nimmt, muss den betroffenen Unternehmen im Einzelfall stets gestattet werden, einen Entlastungsbeweis zu führen.
VolltextVPRRS 2014, 0475
VK Lüneburg, Beschluss vom 05.12.2013 - VgK-39/2013
1. Die Dokumentation muss zeitnah erstellt und laufend fortgeschrieben werden. Deshalb ist es nicht ausreichend, wenn der Vermerk erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens und Zuschlagserteilung oder gar anlässlich eines Nachprüfungsantrags angefertigt wird.
2. Das Versäumnis der wirksamen Festlegung von Eignungsnachweisen berechtigt den Auftraggeber zur Aufhebung des Vergabeverfahrens.
VolltextVPRRS 2014, 0438
EuGH, Urteil vom 10.07.2014 - Rs. C-213/13
1. Art. 1 a Richtlinie 93/37/EWG ist dahin auszulegen, dass ein Vertrag, der die Errichtung eines Bauwerks, das den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen genügt, zum Hauptgegenstand hat, einen öffentlichen Bauauftrag darstellt und daher nicht unter den Ausschluss in Art. 1 a iii Richtlinie 92/50/EWG fällt, auch wenn er eine Verpflichtung enthält, das betreffende Bauwerk zu vermieten.*)
2. Sofern ein nationales Gericht wie das vorlegende, das letztinstanzlich entschieden hat, ohne dass der Gerichtshof der Europäischen Union zuvor nach Art. 267 AEUV mit einem Vorabentscheidungsersuchen befasst wurde, nach den anwendbaren innerstaatlichen Verfahrensvorschriften hierzu befugt ist, muss es seine rechtskräftig gewordene Entscheidung, die zu einer mit den Vorschriften der Union über die Vergabe öffentlicher Aufträge unvereinbaren Situation geführt hat, entweder ergänzen oder rückgängig machen, um einer später vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung dieser Vorschriften Rechnung zu tragen.*)
VolltextVPRRS 2014, 0435
OLG Hamburg, Beschluss vom 29.04.2014 - 1 Verg 4/13
1. Das von § 25 VOB/A 2006 (jetzt: § 16 VOB/A 2012) vorgegebene Prüfungsschema, in die nächstfolgende Wertungsstufe erst nach Abschluss der vorangegangenen überzugehen, schließt nicht aus, dass übersehene oder erst später bekannt gewordene Mängel nachträglich berücksichtigt werden dürfen. Das gilt auch dann, wenn im Nachhinein Bedenken zur Identität des Bieters aufkommen.
2. Die Angebote müssen von Anfang an die Identität des Bieters erkennen lassen. Dies gilt für Einzelbieter wie für Bietergemeinschaften. Bei Unklarheiten ist durch Auslegung aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers zu ermitteln, wer das Angebot abgegeben hat.
3. Eine Aufklärung des Angebotsinhalts kommt erst in Betracht, wenn sich die Zweifel nicht im Wege der Auslegung klären lassen.
4. Der Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs im Vergabenachprüfungsverfahren verlangt nicht, dass das erkennende Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf alle von den Verfahrensbeteiligten vorgebrachten Einwendungen eingeht. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass das Gericht auch ohne ausdrückliche Erwähnung jeder Einzelheit das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Verfahrensbeteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat.
IBRRS 2014, 1842
OLG Naumburg, Urteil vom 26.06.2014 - 9 U 5/14
1. Wird das Angebot des Bieters im Zuschlagsschreiben unter Abänderungen angenommen, kommt (noch) kein Vertrag zustande.
2. Soll ein auf bestimmte Teile des Angebots begrenzter Nachlass nach den Zuschlagsschreiben des Auftraggebers für sämtliche Preise gelten und enthält der später schriftlich geschlossene Vertrag keine Nachlassvereinbarung, ist der Nachlass nicht wirksam vereinbart worden.
VolltextIBRRS 2014, 1784; IMRRS 2014, 0937
LG Leipzig, Urteil vom 21.02.2014 - 3 O 3455/11
Die in einem Bauträgervertrag enthaltene Abtretung aller Gewährleistungsansprüche des Bauträgers gegen die bauausführenden Unternehmen an den Käufer erfasst nicht die Mängelhaftungsansprüche des Bauträgers gegen den Architekten.
VolltextVPRRS 2014, 0436
EuGH, Urteil vom 10.07.2014 - Rs. C-358/12
Die Art. 49 AEUV und 56 AEUV sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind dahin auszulegen, dass sie innerstaatlichen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, die die öffentlichen Auftraggeber bei öffentlichen Bauaufträgen, deren Wert unter der in Art. 7 Buchst. c der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1177/2009 der Kommission vom 30.11.2009 geänderten Fassung festgelegten Schwelle liegt, verpflichten, einen Bieter, der sich einen Verstoß bei der Entrichtung der Sozialbeiträge zuschulden kommen lassen hat, vom Vergabeverfahren für einen solchen Auftrag auszuschließen, wenn die Differenz zwischen den geschuldeten und den entrichteten Beträgen mehr als 100 Euro und gleichzeitig mehr als 5 % der geschuldeten Beträge ausmacht.*)
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