Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
5387 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2013
VPRRS 2013, 0022VK Düsseldorf, Beschluss vom 09.01.2013 - VK-29/2012-L
1. Die Einführung von tatsächlichen oder vermeintlichen Inhalten des Angebots eines Mitbewerbers in das Nachprüfungsverfahren ist nicht als Beeinträchtigung geschützter Interessen des betroffenen Konkurrenten anzusehen, wenn der Bieter nur das vorträgt, was bei der Vergabekammer ohnehin bewusst wahrgenommen wird.
2. Ziel des TVgG-NRW ist es zu vermeiden, dass Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge untertariflich entlohnte Beschäftigte einsetzen. Kernelement des Gesetzes ist die Verankerung eines Mindestlohns, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Damit entfaltet die in § 10 Abs. 1 TVgG-NRW ausgesprochene Prüfungspflicht zugleich drittschützende Wirkung.
VolltextVPRRS 2013, 0021
BGH, Beschluss vom 10.01.2013 - VII ZR 37/11
Eine Anpassung der Bauzeit und gegebenenfalls auch der Vergütung aufgrund einer Verzögerung durch ein Nachprüfungsverfahren ist keine nachträgliche Vertragsänderung, sondern von vornherein vereinbart. Mit dieser Vereinbarung haben die Parteien den - jedenfalls in Grenzen - voraussehbaren Fall geregelt, dass eine derartige Verzögerung stattfindet, die auch zu einer Veränderung der Bauzeit führt. Eine solche Regelung ist vergaberechtlich möglich und verstößt nicht gegen europarechtliche Vorgaben (im Anschluss an BGH, IBR 2010, 606 und BGH, Beschluss vom 23.09.2010 - VII ZR 213/08, ibr-online).
VolltextVPRRS 2013, 0019
VK Bund, Beschluss vom 08.11.2012 - VK 1-115/12
1. Welche Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Bieter im Sinne von Mindestanforderungen in einem Vergabeverfahren seitens des Auftraggebers gestellt werden, ist der jeweiligen Bekanntmachung zu entnehmen.
2. Maßgeblich für die Auslegung der Ausschreibung ist das Verständnis eines durchschnittlichen verständigen Bieters. Wird ein Bauvorhaben europaweit ausgeschrieben, kann deshalb grundsätzlich nicht allein der nationale Bieterhorizont zugrunde gelegt werden. Vielmehr ist auf ein grenzüberschreitendes Bieterverständnis abzustellen.
3. Ein privat genutztes Gebäude mit Büroräumen ist kein "Gebäude der öffentlichen Nutzung" bzw. kein "gemeinnütziges Gebäude".
VolltextVPRRS 2013, 0018
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09.10.2012 - 15 Verg 12/11
1. Dienstleistungskonzessionen sind vertragliche Konstruktionen, die sich von einem Dienstleistungsauftrag nur dadurch unterscheiden, dass der Konzessionär das zeitweilige Recht zur Nutzung der ihm übertragenen Dienstleistung erhält und gegebenenfalls die zusätzliche Zahlung eines Preises vorgesehen ist. Charakteristisch für eine Dienstleistungskonzession ist, dass der Konzessionär bei der Verwertung der ihm übertragenen Leistung dergestalt den Risiken des Marktes ausgesetzt ist, dass er das damit einhergehende Betriebsrisiko ganz oder zumindest zu einem wesentlichen Teil übernimmt
2. Ob und inwieweit der Konzessionär das Betriebsrisiko zu einem wesentlichen Teil übernimmt, ist unter Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der konkreten Marktbedingungen und vertraglichen Vereinbarungen zu beurteilen. Wird neben dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung zusätzlich ein Preis gezahlt, kann je nach den Umständen des Einzelfalles zweifelhaft sein, ob der Vertrag als Dienstleistungskonzession oder öffentlicher Dienstleistungsauftrag zu werten ist.
3. Ein Vertrag kann jedenfalls dann nicht als Dienstleistungskonzession angesehen werden, wenn die zusätzliche Vergütung oder Aufwandsentschädigung ein solches Gewicht hat, dass ihr bei wertender Betrachtung kein bloßer Zuschusscharakter mehr beigemessen werden kann.
IBRRS 2013, 0249; IMRRS 2013, 0177
OVG Niedersachsen, Urteil vom 13.09.2012 - 8 LB 58/12
1. Zuwendungen der öffentlichen Hand zur Projektförderung können grundsätzlich nur für solche Vorhaben bewilligt werden, die noch nicht begonnen worden sind. Als Vorhabenbeginn ist dabei der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrages anzusehen. Planung und Bodenuntersuchung sowie sonstige vorbereitende Maßnahmen gelten bei Baumaßnahmen nicht als Beginn des Vorhabens, ebenso wie der Grunderwerb.
2. Wird ein HOAI-Vertrag über sämtliche Leistungsphasen geschlossen, dann ist er bereits auf die Ausführung des Bauvorhabens gerichtet, wenn eine folgenlose Lösung vom Vertrag für den Fall der Versagung der beantragten Zuwendung nicht mehr möglich ist.
VolltextVPRRS 2013, 0014
VK Nordbayern, Beschluss vom 04.12.2012 - 21.VK-3194-29/12
1. Nach § 15 EG Abs. 1 Nr. 1 VOB/A darf der Auftraggeber nach Öffnung der Angebote von einem Bieter Aufklärung verlangen, um sich über seine Eignung, insbesondere seine technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, zu unterrichten. Verweigert ein Bieter die geforderten Aufklärungen und Angaben oder lässt er die ihm gesetzte angemessene Frist unbeantwortet verstreichen, so kann sein Angebot unberücksichtigt bleiben.
Eine gesetzte Frist von 2 Arbeitstagen ist unangemessen. Die VOB/A sagt nichts zur Länge der Frist. Für die Angemessenheit der Frist kommt es auf den Inhalt und den Umfang der verlangten Angebotsaufklärung an, sie ist deshalb jeweils anhand der Umstände des Einzelfalls zu bemessen.*)
2. Lässt der Bieter die ihm gesetzte angemessene Frist unbeantwortet verstreichen, so kann sein Angebot unberücksichtigt bleiben (§ 15 EG Abs. 2 VOB/A). Dies bedeutet, dass es im Ermessen des Auftraggebers liegt, ob er die Fristverletzung mit einem Ausschluss belegt. Wurde bei der Fristsetzung das Ermessen bereits ausgeübt und bei Nichteinhaltung eine Nichtberücksichtung als zwingend festgelegt, muss die Vergabestelle die Bieter auf diese Ausschlussfrist unmissverständlich hinweisen oder sonst kenntlich machen, dass es sich um eine letzte und abschließende Möglichkeit zur Beantwortung eines Aufklärungsverlangens handelt.*)
3. Transport- und Entsorgungsleistungen sind keine Bauleistungen und müssen deshalb nicht mit dem Angebot in der Nachunternehmerliste angegeben werden.*)
VolltextVPRRS 2013, 0013
OLG Schleswig, Beschluss vom 08.01.2013 - 1 W 51/12
1. Auch bei einer Unterschwellenvergabe kann Primärrechtsschutz im Wege des Erlasses einer einstweiligen Verfügung erlangt werden, wenn gegen bieterschützende, den transparenten und chancengleichen Wettbewerb betreffende Bestimmungen verstoßen wird.*)
2. Die Missachtung der Verfahrenspflichten zur Kennzeichnung von Angeboten und zur Bekanntgabe, ob und von wem und in welcher Zahl Nebenangebote eingereicht worden sind, führt zu keiner eigenständig zu erfassenden Bieterrechtsverletzung. Die Pflichten gewinnen erst im Zusammenhang mit der Prüfung von Ausschlussgründen nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A eine - auch - bieterschützende Bedeutung.*)
3. Zu Vorgängen im Bereich der Vergabestelle kann einem Bieter keine Glaubhaftmachung "ins Blaue hinein" abverlangt werden. Der Vergabestelle obliegt eine sekundäre Darlegungs- bzw. Glaubhaftmachungslast zum internen Ablauf des Vergabeverfahrens.*)
4. Eine nur theoretische Möglichkeit von - ggf. strafbaren - Manipulationen an eingereichten Angeboten genügt für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht.*)
5. Ein Bieter kann ergänzende Informationen beanspruchen, um sich zu vergewissern, (ab) wann und durch welche konkreten Maßnahmen die eingereichten Konvolute von Nebenangeboten gegen nachträgliche Manipulationen gesichert worden sind. Werden die Informationen nicht kurzfristig zugänglich gemacht, können etwaige Primärrechtsschutzansprüche durch eine Zwischenverfügung bis zur Erfüllung der Informationsansprüche gesichert werden. Ohne vorherige - konkrete und erfolglose - Anfrage des Bieters bei der Vergabestelle besteht für eine gerichtliche Zwischenverfügung kein Anlass.*)
VolltextVPRRS 2013, 0010
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.11.2012 - Verg 8/12
Nicht ordnungsgemäß geforderte Eignungsnachweise dürfen anerkanntermaßen keine Berücksichtigung bei der Eignungsprüfung finden. Die sich danach ergebende Verringerung des Eignungsniveaus ist im Hinblick auf die Durchführbarkeit der Eignungsprüfung gleichwohl vergaberechtlich irrelevant.
VolltextIBRRS 2013, 0180; IMRRS 2013, 0130
OLG Hamm, Urteil vom 06.11.2012 - 24 U 45/11
1. Zum Anspruch auf Ersatz von Avalprovisionen als Verzögerungsschaden bei Nichtrückgabe einer Bürgschaft nach der MaBV.*)
2. Zur Wirksamkeit der Regelung der Bürgschaftsdauer, wonach die Bürgschaft bereits bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 MaBV ohne Rücksicht auf etwaige Mängelansprüche zurückzugeben ist, in Vorauszahlungsfällen.*)
3. Zur Frage, ob im Fall der Nichtigkeit der vertraglichen Regelung zur Bürgschaftsdauer § 7 Abs. 1 S. 3 MaBV als Ersatzregelung Anwendung findet oder die allgemeinen Vorschriften zur Bürgschaftsdauer gelten, wonach die Bürgschaft herauszugeben ist, sobald feststeht, dass der Sicherungsfall nicht mehr eintreten kann.*)
4. Die Frage, wann feststeht, dass der Sicherungsfall nicht mehr eintreten kann, ist im Hinblick auf Anlass und Zweck der Sicherheitenleistung nach der MaBV, Nachteile aus der Vorauszahlung zu kompensieren und den Erwerber bei nicht vollständiger oder nicht ordnungsgemäßer Erfüllung nicht schlechter zu stellen als bei nicht erbrachter Vorauszahlung, im Zeitpunkt des Herausgabeverlangens im Wege einer ex ante-Betrachtung zu beantworten. Sofern zu diesem Zeitpunkt Ansprüche im Raume stehen, die im Bestehensfall durch die Bürgschaft gesichert wären, kann dies einem fälligen Herausgabeanspruch entgegenstehen. Eine spätere rechtskräftige Abweisung der Klage des Erwerbers ist für die Beurteilung ohne Belang.*)
5. Zweifel bei der Feststellung der Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 3 MaBV gehen im Hinblick auf Anlass und Zweck der Sicherheitsleistung ebenfalls zulasten des Sicherungsgebers.*)
6. Zur Verjährung des Anspruchs auf Ersatz von Verzögerungsschaden.*)
VolltextVPRRS 2013, 0008
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.12.2012 - Verg 37/12
1. Ändert ein Angebot Vergabeunterlagen ab, so ist es zwingend vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen.
2. Enthält ein Leistungsverzeichniss eines Bauvorhabens eine Mindestanzahl an Gerätschaften (hier: mindestens 11 Baukräne), handelt es sich nicht um zwingende Ausschreibungsbedingungen, wenn diese Angabe gleichzeitig relativiert wird, dass dies "der Sicht des Verfassers" entspreche und nicht unterschritten werden "solle". Vielmehr handelt es sich um funktionale Leistungsmerkmale, die den Bietern verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Bewältigung der Bauaufgabe eröffnen.
3. Auftragsübergreifende Synergieeffekte bei der Verwirklichung mehrerer Beschaffungsvorhaben (hier: zwei Bauvorhaben in unmittelbarer Nähe) stellen nur dann wechselseitige Ausschreibungsbedingungen dar, wenn sie als solche ausdrücklich in den Vergabeunterlagen genannt sind.
4. Ist ein Mitbieter mit seinem Angebot zwingend von der beabsichtigten Vergabe auszuschließen, haben sämtliche anderen Bieter einen Anspruch auf Einhaltung der den Ausschluss gebietenden Bestimmungen.
VolltextVPRRS 2013, 0006
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.01.2013 - Verg 26/12
1. Bei der Beschaffung sog. strategischer Partnerschaften (ÖPP) durch kommunale Netzunternehmen besteht eine Ausschreibungspflicht nach GWB, wenn - ungeachtet des gewählten Beteiligungsmodells - der Vertrag jedenfalls (auch) Dienstleistungen zum Gegenstand hat, die wertmäßig den maßgebenden Schwellenwert erreichen oder übersteigen.*)
2. Die Entscheidung für eine Getrennt- oder Zusammenvergabe von Wegekonzession und Eingehung einer ÖPP unterliegt der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers. Deren Ausübung ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, sofern dafür sachlich gerechtfertigte Gründe vorliegen, die eine Ungleichbehandlung oder Diskriminierung von Bewerbern, und zwar allein wegen der Trennung der Verfahren, ausschließen.*)
3. Eine lediglich befürchtete oder vermutete Voreingenommenheit der Kommune bei der späteren Vergabe der Verteilnetzkonzession rechtfertigt keinen Eingriff in die Ausschreibung der ÖPP.*)
4. Bei Eingehung einer ÖPP sind zugesagte Renditen - als nach § 3 Abs. 2 KAV unzulässige Finanzleistungen - nur zu bewerten, wenn sie als eine spezifische Gegenleistung für die Einräumung von Wegenutzungsrechten vereinbart oder gewährt werden.*)
5. Bei der Vergabe dürfen - dieses mit Blick auf die finanzielle Situation der Kommune und eine Begrenzung ihrer unternehmerischen Risiken - auch wirtschaftliche Ziele sowie kommunale Einflussmöglichkeiten auf das gemeinsame Netzunternehmen berücksichtigt werden.*)
6. Eine marktbeherrschende Stellung der Kommune bei Wegenutzungsverträgen ist einer kommunalen Netzgesellschaft bei Ausschreibung einer strategischen Partnerschaft nicht zuzurechnen.*)
VolltextVPRRS 2013, 0005
OLG Bremen, Beschluss vom 09.10.2012 - Verg 1/12
1. Derjenige, der die ausgeschriebene Dienstleistung bereits bislang durchgeführt hat, ist nahezu zwangsläufig besser mit der Materie vertraut als Außenstehende, die die für das Angebot und die Kalkulation wesentlichen Informationen den Angebotsunterlagen und eigenen Erfahrungswerten entnehmen müssen.
2. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass die Vergabestelle zur Wahrung der Chancengleichheit gezwungen wäre, den bisherigen Dienstleister aus der Ausschreibung auszuschließen. Dies wäre nicht damit zu vereinbaren, dass auch dieser Dienstleister Anspruch auf Gleichbehandlung bei der Auftragsvergabe hat.
3. Es entspräche auch nicht den berechtigten Interessen der Vergabestelle, von Ausschreibung zu Ausschreibung bei Dienstleistungen zu einem Wechsel des Vertragspartners gezwungen zu werden.
VolltextVPRRS 2013, 0004
VG Halle, Urteil vom 15.11.2012 - 1 A 27/11
Die Pflicht zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Zuwendungen gebietet es dem Zuwendungsempfänger, eingeräumte Skonti auch zu nutzen.*)
VolltextOnline seit 2012
VPRRS 2012, 0439BGH, Urteil vom 20.11.2012 - X ZR 108/10
1. Der Erklärungswert der vom öffentlichen Auftraggeber vorformulierten Vergabeunterlagen ist gemäß den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden, auf den objektiven Empfängerhorizont der potenziellen Bieter abstellenden Grundsätzen zu ermitteln.*)
2. Der gestellten Vergabebedingung einer "rechtsverbindlichen" Unterzeichnung des Angebots kommt lediglich der Erklärungsgehalt zu, dass der Unterzeichner bei Angebotsabgabe über die erforderliche Vertretungsmacht verfügt haben muss.*)
3. Wann die Aufhebung einer Ausschreibung wegen "deutlicher" Überschreitung des vertretbar geschätzten Auftragswerts rechtmäßig ist, ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zu entscheiden, bei der insbesondere zu berücksichtigen ist, dass einerseits den öffentlichen Auftraggebern nicht das Risiko einer deutlich überhöhten Preisbildung zugewiesen werden, die Aufhebung andererseits aber auch kein Instrument zur Korrektur der in Ausschreibungen erzielten Submissionsergebnisse sein darf (Weiterführung von BGH, Urteil vom 8. September 1998 - X ZR 48/97, BGHZ 139, 259 und Urteil vom 12. Juni 2001 - X ZR 150/99, VergabeR 2001, 293).*)
VolltextIBRRS 2012, 4697; IMRRS 2012, 3355
BVerwG, Urteil vom 31.05.2012 - 3 A 1.11
1. Der Erstattungsanspruch eines Landes gegen den Bund nach Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG wegen der Räumung von Kampfmitteln aus dem Zweiten Weltkrieg umfasst grundsätzlich auch die Beprobung zur Erlangung einer repräsentativen Gefährdungsabschätzung im Vorfeld der Räumung (hier: Flughäfen Berlin-Tegel und -Tempelhof).*)
2. Erstattungsfähig sind Sondierungsmaßnahmen, die zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leben oder Gesundheit erforderlich sind. Der mit dem Begriff der Unmittelbarkeit vorausgesetzte Zurechnungszusammenhang wird jedenfalls nicht durch nutzungsadäquate Maßnahmen des Eigentümers oder Besitzers des kampfmittelbelasteten Grundstücks unterbrochen.*)
VolltextVPRRS 2012, 0438
OLG München, Beschluss vom 06.12.2012 - Verg 25/12
1. Zur Frage, wann eine Aufhebung der Ausschreibung wegen grundlegender Änderungen der Vergabeunterlagen rechtmäßig ist.*)
2. Bei einer produktspezifischen Ausschreibung kann der Bieter ein zweites Hauptangebot einreichen, welches andere Fabrikate enthält als das vorgesehene Leitfabrikat.*)
VolltextVPRRS 2012, 0455
VK Köln, Beschluss vom 04.10.2012 - VK VOF 18/2012
Fehlende Antragsbefugnis wegen Nichtabgabe eines Angebots; Projektantenproblematik wegen Vorbefassung.*)
VolltextVPRRS 2012, 0437
EuGH, Urteil vom 19.12.2012 - Rs. C-159/11
Das Recht der Union über die Vergabe öffentlicher Aufträge steht einer nationalen Regelung entgegen, die es erlaubt, ohne Ausschreibung einen Vertrag zu schließen, mit dem öffentliche Einrichtungen eine Zusammenarbeit vereinbaren, wenn - was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist - ein solcher Vertrag nicht die Wahrnehmung einer diesen Einrichtungen gemeinsam obliegenden öffentlichen Aufgabe zum Gegenstand hat, nicht nur durch Erfordernisse und Überlegungen bestimmt wird, die mit der Verfolgung von im öffentlichen Interesse liegenden Zielen zusammenhängen, oder geeignet ist, einen privaten Dienstleistungserbringer besser zu stellen als seine Wettbewerber.*)
VolltextVPRRS 2012, 0436
VK Lüneburg, Urteil vom 03.09.2012 - VgK-29/2012
1. Eine geforderte Darstellung branchenüblicher begleitender Dienstleistungen genügt den Anforderungen an die Leistungsbeschreibung, wenn sie sich auf in der Branche bekannte Stichworte beschränkt.
2. Funktionale Leistungsbeschreibungen und pauschalierte einheitliche Versorgungspreise als Mittel der Kostensenkung im Gesundheitswesen sind nicht vergaberechtswidrig.
3. Ein im öffentlichen Auftragswesen erfahrener Bieter muss hinreichend eigene Rechtskenntnisse besitzen, um auch ohne anwaltliche Beratung die Problematik eines einheitlichen Versorgungspreises und unverständlichen Managementkonzepts zu erkennen. Anders ist dies, wenn eine atypische Marktsituation vorliegt.
4. Es besteht keine Verpflichtung des Bieters zur zeitnahen Durchsicht der Vertragsunterlagen im Hinblick auf etwaige Vergabeverstöße.
VolltextVPRRS 2012, 0435
OLG München, Beschluss vom 06.12.2012 - Verg 29/12
1. Bei der Auslegung der Rüge eines nicht anwaltlich vertretenen Bieters ist in höherem Maße wie bei einem Anwaltsschriftsatz darauf abzustellen, was der Bieter vernünftigerweise meint und will.*)
2. Zur Begründung der Entscheidung, dass ein Bieter einen unangemessen hohen Preis verlangt, darf jedenfalls dann auch auf Erkenntnisse aus einem nachfolgenden Verhandlungsverfahren zurückgegriffen werden, wenn eine Nichtberücksichtigung dieser Erkenntnisse mutmaßlich letztlich zu keinem anderen Ergebnis führen würde.*)
VPRRS 2012, 0434
VK Lüneburg, Beschluss vom 03.09.2012 - VgK-28/2012
1. Der Bieter ist nicht zur zeitnahen Durchsicht der Vertragsunterlagen verpflichtet. Etwas anderes kann dann gelten, wenn er detailierte Kenntisse von einem möglichen Vergabeverstoß hat.
2. Ein im öffentlichen Auftragswesen erfahrener Bieter muss auch ohne anwaltliche Beratung den Unterschied zwischen einem offenen Verfahren und einem nicht offenen Verfahren mit vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme erkennen können. Anders ist dies nur, wenn es sich um eine atypische Marktsituation handelt.
3. Wird die Lieferung von nur funktional beschriebenen Produkten zusammen mit der Lieferung des gesamten Zubehörs und der zugehörigen Dienstleistungen vergeben, ist das Verfahren mit vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme zulässig, weil die vertraglichen Spezifikationen nicht hinreichend genau festgelegt werden können.
4. Der Abschluss eines Rahmenvertrages ohne garantierte Abnahmeverpflichtung stellt kein ungewöhnliches Wagnis dar, wenn eine Bevorratung mit den ausgeschriebenen Produkten weder besondere Lagerstätten erfordert, noch es mit gravierenden Bedarfsschwankungen zu rechnen ist.
VolltextVPRRS 2012, 0426
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.11.2012 - Verg 12/12
1. Die Angabe eines Preises von 0,00 Euro ist jedenfalls dann eine Preisangabe im vergaberechtlichen Sinn, wenn der Bieter diese näher begründet oder erläutert hat. Eine solche Begründung oder Erläuterung stellt keine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen dar.
2. Der Begriff der "fehlenden" Erklärungen in § 11 Abs. 3 VOF ist weit auszulegen und umfasst auch fehlende Preisangaben.
3. Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 VOF räumt dem Auftraggeber kein Ermessen ein. Fehlen Preisangaben, ist der Auftraggeber dazu verpflichtet, diese beim Bieter nachzufordern.
VolltextVPRRS 2012, 0425
VK Lüneburg, Beschluss vom 10.07.2012 - VgK-21/2012
1. Um einen möglichst breiten Wettbewerb zu ermöglichen ist die umfassende Zulassung von Bietergemeinschaften zu Vergabeverfahren sachgerecht. Hinsichtlich Leistungsfähigkeit und Fachkunde kommt es dabei auf die Bietergemeinschaft insgesamt an. Die Tatsache, dass in einer aus mehreren Unternehmen bestehenden Bietergemeinschaft ein Unternehmen beteiligt ist, das erst seit kurzem existiert und deshalb geforderte Nachweise für eine Mindestzahl an Geschäftsjahren nicht vorweisen kann, führt daher nicht automatisch zur mangelnden Eignung der Bietergemeinschaft als Ganzes.
2. In Bezug auf die Zuverlässigkeit einer Bietergemeinschaft liegt es im berechtigten Interesse des Auftraggebers, dass jedes Mitglied der Bietergemeinschaft seine Zuverlässigkeit einzeln nachweist.
3. Bewerber, die im Vergabeverfahren vorsätzlich unzutreffende Erklärungen in Bezug auf ihre Eignung (Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit) abgegeben haben, können aus der Wertung ausgeschlossen werden. Es ist dem Auftraggeber überlassen zu entscheiden, ob sein Vertrauensverhältnis durch die Falschangaben so nachhaltig gestört ist, dass eine vertragliche Bindung nicht mehr zumutbar ist.
4. Erscheint dem Auftraggeber ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, hat er vom Bieter Aufklärung zu verlangen und das Ergebnis bei der Entscheidung zu berücksichtigen.
5. Ein unangemessen niedriger Preis kann sich aufgrund eines Vergleichs mit den Konkurenzpreisen oder aufgrund von Erfahrungswerten ergeben. Dabei gibt es keine starren Grenzen, nach denen sich die Unangemessenheit eines Preises bemisst. Als Orientierung kann eine Differenz zum nächsthöheren Preis von mehr als 10% bei öffentlichen Bauaufträgen und von mehr als 20% im Liefer- und Dienstleistungsbereich gelten.
VolltextVPRRS 2012, 0424
VK Bund, Beschluss vom 26.10.2012 - VK 3-117/12
1. Unterbreitet der Bieter im Rahmen eines Nebenangebots eigene, vom Amtsentwurf abweichende Vorschläge, ist es für den Auftraggeber von großer Bedeutung, die Einhaltung der Vorgaben auch überprüfen zu können. Bei Unklarheit des Nebenangebots ist dies nicht möglich.
2. Es gibt keinen rechtlich anerkannten Grundsatz des Inhalts, dass ein Bieter im Zweifel ein ausschreibungskonformes Angebot abgegeben hat.
3. Auf ein unklares Nebenangebot darf der Zuschlag nicht ergehen. Wenn schon Unklarheiten in Bezug auf Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen den Angebotsausschluss nach sich ziehen, so muss dies erst recht für das Angebot als solches gelten.
VolltextVPRRS 2012, 0422
VK Lüneburg, Beschluss vom 18.09.2012 - VgK-36/2012
1. Das Nachprüfungsverfahren dient nicht der allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle. Es ist als Antragsverfahren ausgestaltet und verlangt grundsätzlich, dass der Antragsteller die Vergabefehler bezeichnet, die er zur Überprüfung stellen will.
2. Vergaberechtsfehler von Amts wegen aufzugreifen, kommt nur in Betracht, wenn ein Fehler vorliegt, der es unmöglich macht, das Vergabeverfahren fortzusetzen.
3. Der Auftraggeber hat in den Bewerbungsbedingungen oder der Aufforderung zur Angebotsabgabe nur die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung anzugeben, nicht jedoch Rechenwege offen zu legen. Allerdings kann ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vorliegen, wenn der nicht offengelegte Rechenweg einen Bieter daran hindert, sein Angebot optimal auf das Anforderungsprofil des Auftraggebers auszurichten.
VolltextVPRRS 2012, 0420
VK Thüringen, Beschluss vom 28.09.2012 - 250-4002-14693/2012-E-005-SM
Es steht dem Bieter im Rahmen seiner Kalkulationsfreiheit frei, erwartete Vorteile und Gewinne, die sich bei bestimmten Positionen des Leistungsverzeichnisses ergeben, in anderen Positionen zu verrechnen. Hierin ist keine unzulässige Mischkalkulation zu sehen.
VolltextVPRRS 2012, 0419
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17.08.2012 - VK-SH 17/12
1. Eine Baukonzession im Sinne von § 99 Abs. 6 GWB scheidet grundsätzlich aus, wenn der Private ein unbefristetes Nutzungsrecht erhält. Dies ist insbesondere dann gegeben, wenn der Private das Eigentum an der streitgegenständlichen Anlage erwirbt.*)
2. Zur Frage des Vorliegens eines unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteils im Rahmen eines öffentlichen Bauauftrages.*)
VolltextVPRRS 2012, 0412
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.09.2012 - Verg 31/12
Bei Beschaffungsvorhaben, die wegen ihrer Komplexität eine Vielzahl von zum Teil schwierigen und erörterungsbedürftigen Rechtsfragen aufwerfen, ist eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung eher weniger zu erwarten.
VolltextVPRRS 2012, 0411
VK Lüneburg, Beschluss vom 04.10.2012 - VgK-38/2012
1. Von der Teilnahme am Wettbewerb können solche Bewerber ausgeschlossen werden, die im Vergabeverfahren vorsätzlich unzutreffende Erklärungen in Bezug auf ihre Eignung abgegeben haben. Durch diese Vorschrift sollen solche Bewerber ausgeschlossen werden können, die aufgrund ihres Verhaltens gegenüber dem Auftraggeber nicht vertrauenswürdig erscheinen.
2. Neben der aktiven Abgabe unzutreffender Erklärungen wird das Vertrauen öffentlicher Auftraggeber in gleicher Weise erschüttert, wenn der Bewerber die Abgabe von Erklärungen gezielt unterlässt. Der Ausschlusstatbestand ist deshalb auch erfüllt, wenn ein Bewerber falsche bzw. unvollständige Angaben aufrecht erhält bzw. nicht korrigiert hat. Denn auch dann verhindert der Bewerber, dass sich der Auftraggeber ein zutreffendes und vollständiges Bild von der Eignung machen kann.
VolltextVPRRS 2012, 0410
OLG München, Beschluss vom 22.11.2012 - Verg 22/12
1. Das Angebot eines Bieters ist dann nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 lit c) VOB/A von der Wertung auszuschließen, wenn der öffentliche Auftraggeber eine nachweislich schwere Verfehlung des Bieters festgestellt und seine auf den konkreten Auftrag bezogene Prognose ergeben hat, dass aufgrund dieses Sachverhalts die Zuverlässigkeit des Bieters nicht bejaht werden kann.*)
2. Liegen diese beiden Voraussetzungen vor, steht dem Auftraggeber kein Ermessen mehr für die Frage zu, ob das Angebot in der Wertung bleiben kann. Das Angebot ist auszuschließen.*)
3. Der letztmögliche Zeitpunkt für die Prognoseentscheidung der Vergabestelle ist die letzte mündliche Verhandlung im Nachprüfungsverfahren.*)
VolltextVPRRS 2012, 0400
OLG Dresden, Urteil vom 17.04.2012 - 5 U 842/11
1. Auch wenn Doppelbohlen mit Eckprofilen in einer LV-Position ausgeschrieben sind, kann die Auslegung ergeben, dass lediglich die Eckprofile zu vergüten sind.
2. Bei der Ausschreibung erkennbar werdende Widersprüche und Unklarheiten in den Vergabeunterlagen hat der Auftragnehmer vor Abgabe seines Angebots zu klären. Ergeben sich zwischen dem Textteil, der Angabe des Gesamtgewichts und der Stückzahl Widersprüche, darf dies ein Bieter nicht hinnehmen, sondern muss die sich daraus ergebenden Zweifelsfragen vor Angebotsabgabe klären.
VolltextVPRRS 2012, 0396
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 02.12.2011 - 1 VK 6/11
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2012, 0395
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 03.09.2012 - 8 LA 187/11
1. Die Wahl der falschen Verfahrensart stellt einen schwerwiegenden Vergaberechtsverstoß dar, der den Zuwendungsgeber zur (teilweisen) Rückforderung der gewährten Zuwendung berechtigt.
2. Ob das Fehlverhalten dem Zuwendungsempfänger auch subjektiv vorzuwerfen ist, also auch ein schuldhafter Verstoß vorliegt, ist unerheblich.
VolltextVPRRS 2012, 0392
OLG München, Beschluss vom 12.11.2012 - Verg 23/12
1. Vergleichbar ist eine Referenzleistung mit der ausgeschriebenen Leistung, wenn sie dieser so weit ähnelt, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffnet.*)
2. Bei der Bewertung der Frage der Vergleichbarkeit der Referenz kommt der Vergabestelle ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.*)
VolltextVPRRS 2012, 0390
OLG Koblenz, Urteil vom 26.10.2012 - 10 U 336/11
1. Steht aufgrund von geotechnischen Untersuchungen fest, dass bei der Ausführung von Erdarbeiten kontaminiertes Erdaushubmaterial entsorgt werden muss, hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer ein systematisches Rückbaukonzept vorzulegen.
2. Zu den vom Auftraggeber herbeizuführenden öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnissen im Sinne von § 4 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B gehören auch die nach den Richtlinien der LAGA und dem Stand der Technik erforderlichen LAGA-Analysen.
3. Enthalten die Ausschreibungsunterlagen keinen eindeutigen Hinweis darauf, dass der Auftragnehmer die nach den LAGA-Richtlinien notwendigen Analysen einzuholen hat, darf der Auftragnehmer die Ausschreibung dahingehend verstehen, dass der Auftraggeber die LAGA-Analysen einholen wird.
4. Unklarheiten in der Leistungsbeschreibung gehen zu Lasten des Auftraggebers.
5. Weigert sich der Auftraggeber, die von ihm herbeizuführenden öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnissen zur Verfügung zu stellen, kann der Auftragnehmer den Vertrag nach § 9 Nr. 1a VOB/B kündigen.
VolltextVPRRS 2012, 0389
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.05.2012 - Verg 4/12
1. Wird ein Mindestdauer an berufspraktischer Erfahrung eines Bieters oder seiner Mitarbeiter vom Auftraggeber verlangt, so ist weder auf den Zeitraum bis zur Abgabe eines Angebots noch auf den Zeitraum bis zum Vertragsschluss, sondern auf den Zeitraum bis zum Vertragsbeginn abzustellen. Der Auftraggeber ist nur berechtigt, auf einen anderen Zeitraum abzustellen, wenn er dies in der Vergabebekanntmachung entsprechend angibt.
2. Die vorzulegenden Eignungsnachweisen müssen klar und widerspruchsfrei festgelegt worden sein. Unklarheiten und Widersprüche gehen zu Lasten des Auftraggebers.
VolltextVPRRS 2012, 0443
VK Bund, Beschluss vom 11.07.2012 - VK 1-67/12
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2012, 4218
LG Mainz, Urteil vom 21.02.2011 - 5 O 103/05
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2012, 0383
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.03.2012 - 1 VK 04/12
1. § 20 Abs. 2 SektVO ist richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass die Begrenzung der Bewerberzahl anhand transparenter, objektiver und nicht diskriminierender, auftragsbezogener Kriterien zu erfolgen hat. Bei einem Losverfahren handelt es sich um kein objektives, auftragsbezogenes Kriterium. Eine Reduzierung der Bewerberzahl durch Losentscheid ist daher nur zulässig, wenn der öffentliche Auftraggeber unter den eingegangenen Bewerbungen eine rein objektive Auswahl nach qualitativen Kriterien unter gleich qualifizierten Bewerbern nicht mehr nachvollziehbar durchführen kann.
2. Die Rügeobliegenheit entfällt, wenn der antragstellenden Partei erst währen des Nachprüfungsverfahrens weitere Vergabefehler bekannt werden.
3. Wird ein Angebot vom Auftraggeber versehentlich geöffnet, führt dies nicht zwingend zu dessen Ausschluss. Dies gilt auch im Bereich der SektVO. Voraussetzung ist allerdings, dass die offenen Teilnahmeanträge vertraulich behandelt und unter Verschluss gehalten werden.
VolltextVPRRS 2012, 0382
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.09.2012 - VK 2-25/12
1. Das vormalige in § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A 2006 enthaltene Verbot einer Überbürdung ungewöhnlicher Wagnisse existiert seit Inkrafttreten der Neufassung der VOL/A nicht mehr und ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen als solches nicht mehr zu prüfen.
2. Regelungen, die vergaberechtlich nach früherem Recht als Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses zu tadeln waren, können nach der derzeit geltenden Rechtslage in Einzelfällen lediglich unter dem Gesichtspunkt der (Un-)Zumutbarkeit einer für den Bieter kaufmännisch vernünftigen Kalkulation beanstandet werden.
3. Aufgrund des Gebots der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung (VOL/A 2009 § 8 EG Abs. 1) ist der öffentliche Auftraggeber dazu verpflichtet, in den Ausschreibungsunterlagen alle kalkulationsrelevanten Umstände anzugeben.
VolltextVPRRS 2012, 0381
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.10.2012 - Verg 34/12
1. An die Darlegung eines entstandenen oder drohenden Schadens, insbesondere der Möglichkeit, den Zuschlag zu erlangen, sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, wenn ein Schaden nicht offensichtlich ausgeschlossen ist.
2. Mehrere, inhaltlich verschiedene Hauptangebote eines Bieters sind vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Auf eine Quantifizierung - überwiegende Zahl der LV-Positionen identisch - ist dabei nicht abzustellen.
VolltextVPRRS 2012, 0375
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.04.2012 - VK 2-8/12
1. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter und das Transparenzgebot fordern, dass im Regelfall alle Kriterien, die vom Auftraggeber bei der Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots berücksichtigt werden und ihre relative Bedeutung den potenziellen Bietern zum Zeitpunkt der Vorbereitung der Angebote bekannt sind.
2. Es ist grundsätzlich unzulässig, dass der öffentliche Auftraggeber im Rahmen eines Vergabeverfahrens nachträglich Gewichtungskoeffizienten und Unterkriterien für die in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung genannten Zuschlagskriterien festlegt.
VolltextVPRRS 2012, 0373
OLG München, Beschluss vom 31.10.2012 - Verg 19/12
1. Werden für ein Bauvorhaben nicht nur die Bauleistung, sondern in einem gewissen Umfang auch Planungsleistungen ausdrücklich ausgeschrieben, sind diese bei der Schätzung des Gesamtauftragswertes zu berücksichtigen.*)
2. Bei fortbestehender Vergabeabsicht können die Nachprüfungsinstanzen die Aufhebung der Aufhebungsentscheidung des öffentlichen Auftraggebers jedenfalls dann anordnen, wenn die Aufhebungsentscheidung auf einem fehlerhaften Ermessensgebrauch des Auftraggebers beruht, offen ist, zu welchem Ergebnis die korrekte Ermessensausübung durch den Auftraggeber führt, und ihm mehrere Handlungsalternativen verbleiben.*)
VolltextVPRRS 2012, 0367
OLG München, Beschluss vom 02.11.2012 - Verg 26/12
Zu Fragen der Wertung und Dokumentation der Präsentation einer Ingenieurleistung.*)
VolltextVPRRS 2012, 0365
OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.08.2012 - Verg W 5/12
1. Die Rüge, es stehe zu vermuten, dass der für den Zuschlag vorgesehene Bieter die nach dem Brandenburgischen Vergabegesetz erforderliche Erklärung nicht eingereicht habe, erfolgt nicht "ins Blaue" hinein, wenn der Auftraggeber nach Angebotswertung Anlass zu Misstrauen dahin gibt, dass er einseitig kalkulationsrelevante Anforderungen fallengelassen habe, ohne allen Bietern Gelegenheit zur Anpassung zu geben.*)
2. Die Rüge, das Angebot eines Konkurrenten - weil es sich in zwei dünnen Umschlägen und nicht in mehreren prall gefüllten Ordnern befinde - müsse aufgrund des geringen Umfangs unvollständig sein, stellt dagegen eine Rüge "ins Blaue" dar.*)
3. Für ein mit den wichtigsten Regeln der öffentlichen Auftragsvergabe vertrautes Unternehmen war erkennbar, dass das Brandenburgische Vergabegesetz auf solche Vergabeverfahren keine Anwendung findet, die vor dem 1.1.2012 eingeleitet worden sind. Ein solches Unternehmen, das die mangelnde Geltung dieses Gesetzes für das Vergabeverfahren nicht bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe rügt, kann sich auf die fehlende Verpflichtung zur Einreichung einer Erklärung nicht berufen, durch die sich die Bieter verpflichten, ihren Beschäftigten ein Arbeitnehmerbruttogehalt von mindestens 8,00 Euro pro Arbeitsstunde zu zahlen.*)
4. Weist ein Auftraggeber darauf hin, dass bei fehlender Unterschrift auf einem mit dem Angebot einzureichenden Formular das Angebot als unvollständig gelte, muss im Geltungsbereich der VOB/A 2009 ein Bieter nicht mit dem Ausschluss seines Angebotes rechnen, wenn er dieses Formular nicht mit seinem Angebot einreicht. Er darf vielmehr darauf vertrauen, dass der Auftraggeber dieses bei ihm nachfordern werde.*)
5. Der Auftraggeber ist berechtigt, das Verzeichnis der Leistungen anderer Unternehmer, Erklärungen bzw. Nachweise betreffend die Leistung und Eignung der vorgesehenen Nachunternehmer und eine Erklärung zur Verhinderung von Schwarzarbeit nachzufordern für den Fall, dass diese Unterlagen dem Angebot nicht beigefügt waren.*)
VolltextVPRRS 2012, 0363
VK Bund, Beschluss vom 18.06.2012 - VK 2-53/12
1. Wahlpositionen beeinträchtigen die Bestimmtheit und Eindeutigkeit der Leistungsbeschreibung und überdies die Transparenz des Vergabeverfahrens, weil sie es dem öffentlichen Auftraggeber ermöglichen, durch seine Entscheidung für oder gegen eine Wahlposition das Wertungsergebnis aus Erwägungen zu beeinflussen, die gegebenenfalls mit der eigentlichen Vergabe nichts zu tun haben.
2. Der Ansatz von Wahlpositionen ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Er kommt in Betracht, wenn und soweit ein berechtigtes Bedürfnis des öffentlichen Auftraggebers besteht, die zu beauftragende Leistung in den betreffenden Punkten einstweilen offen zu halten.
3. Zur Gewährleistung eines transparenten Vergabeverfahrens muss dem Bieterkreis zudem vorab bekannt sein, welche Kriterien für die Inanspruchnahme der ausgeschriebenen Wahlposition maßgebend sein sollen.
VolltextVPRRS 2012, 0359
VK Brandenburg, Beschluss vom 24.08.2012 - VK 25/12
1. Gibt ein Bieter als Einzelfirma ein Angebot ab und gibt - irrtümlich - die Umsätze der Firmengruppe und nicht der Einzelfirma an, so fehlt seine mit dem Angebot abgegebene Erklärung in diesem Punkt nicht, sie ist vielmehr unrichtig.
2. Derart fehlerhafte Eintragungen sind nicht mit fehlenden Angaben/Unterlagen gleichzusetzen und können somit nicht nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nachgereicht werden.
3. Da ein Bieter naturgemäß nur begrenzten Einblick in den Ablauf des Vergabeverfahrens hat und die Angebote seiner Konkurrenten nicht kennt, darf er im Nachprüfungsverfahren behaupten, was er auf Grundlage seines eingeschränkten Informationsstandes für wahrscheinlich oder möglich halten darf. Dies insbesondere dann, wenn es sich um Vergabeverstöße handelt, die sich ausschließlich in der Sphäre des Auftraggebers abspielen oder das Angebot des Mitbewerbers betreffen. Allerdings müssen zumindest tatsächliche Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen.
VolltextVPRRS 2012, 0355
VK Bund, Beschluss vom 04.10.2012 - VK 2-86/12
1. Ob die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für die Erbringung der ausgeschriebenen Leistung beim jeweiligen Bieter in ausreichendem Maße vorhanden ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls; bei der Beurteilung der Eignung eines Bieters kommt es entscheidend darauf an, inwieweit die umfassend zu prüfenden und abzuwägenden Umstände des Einzelfalls die Prognose erlauben, dass der Bieter gerade die ausgeschriebenen und von ihm angebotenen Leistungen vertragsgerecht erbringen kann
2. Aus dem Verhältnis des Auftragsumfangs zu den bisherigen Jahresumsätzen des Bieters kann nicht pauschal auf dessen mangelnde wirtschaftliche bzw. personelle Leistungsfähigkeit geschlossen werden.
VolltextVPRRS 2012, 0354
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.04.2012 - 2 VK LSA 6/12
Grundsätzlich ist der Vergabevermerk fortlaufend während des gesamten Vergabeverfahrens, beginnend mit der Vorbereitungsphase, zu führen. Diese Verpflichtung erstreckt sich auch auf die Festlegung des Beschaffungsgegenstandes.*)
VolltextVPRRS 2012, 0353
VK Brandenburg, Beschluss vom 10.02.2012 - VK 1/12
(Ohne amtlichen Leitsatz)
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