Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5421 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2012
VPRRS 2012, 0455
VK Köln, Beschluss vom 04.10.2012 - VK VOF 18/2012
Fehlende Antragsbefugnis wegen Nichtabgabe eines Angebots; Projektantenproblematik wegen Vorbefassung.*)

VPRRS 2012, 0437

EuGH, Urteil vom 19.12.2012 - Rs. C-159/11
Das Recht der Union über die Vergabe öffentlicher Aufträge steht einer nationalen Regelung entgegen, die es erlaubt, ohne Ausschreibung einen Vertrag zu schließen, mit dem öffentliche Einrichtungen eine Zusammenarbeit vereinbaren, wenn - was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist - ein solcher Vertrag nicht die Wahrnehmung einer diesen Einrichtungen gemeinsam obliegenden öffentlichen Aufgabe zum Gegenstand hat, nicht nur durch Erfordernisse und Überlegungen bestimmt wird, die mit der Verfolgung von im öffentlichen Interesse liegenden Zielen zusammenhängen, oder geeignet ist, einen privaten Dienstleistungserbringer besser zu stellen als seine Wettbewerber.*)

VPRRS 2012, 0436

VK Lüneburg, Urteil vom 03.09.2012 - VgK-29/2012
1. Eine geforderte Darstellung branchenüblicher begleitender Dienstleistungen genügt den Anforderungen an die Leistungsbeschreibung, wenn sie sich auf in der Branche bekannte Stichworte beschränkt.
2. Funktionale Leistungsbeschreibungen und pauschalierte einheitliche Versorgungspreise als Mittel der Kostensenkung im Gesundheitswesen sind nicht vergaberechtswidrig.
3. Ein im öffentlichen Auftragswesen erfahrener Bieter muss hinreichend eigene Rechtskenntnisse besitzen, um auch ohne anwaltliche Beratung die Problematik eines einheitlichen Versorgungspreises und unverständlichen Managementkonzepts zu erkennen. Anders ist dies, wenn eine atypische Marktsituation vorliegt.
4. Es besteht keine Verpflichtung des Bieters zur zeitnahen Durchsicht der Vertragsunterlagen im Hinblick auf etwaige Vergabeverstöße.

VPRRS 2012, 0435

OLG München, Beschluss vom 06.12.2012 - Verg 29/12
1. Bei der Auslegung der Rüge eines nicht anwaltlich vertretenen Bieters ist in höherem Maße wie bei einem Anwaltsschriftsatz darauf abzustellen, was der Bieter vernünftigerweise meint und will.*)
2. Zur Begründung der Entscheidung, dass ein Bieter einen unangemessen hohen Preis verlangt, darf jedenfalls dann auch auf Erkenntnisse aus einem nachfolgenden Verhandlungsverfahren zurückgegriffen werden, wenn eine Nichtberücksichtigung dieser Erkenntnisse mutmaßlich letztlich zu keinem anderen Ergebnis führen würde.*)
VPRRS 2012, 0434

VK Lüneburg, Beschluss vom 03.09.2012 - VgK-28/2012
1. Der Bieter ist nicht zur zeitnahen Durchsicht der Vertragsunterlagen verpflichtet. Etwas anderes kann dann gelten, wenn er detailierte Kenntisse von einem möglichen Vergabeverstoß hat.
2. Ein im öffentlichen Auftragswesen erfahrener Bieter muss auch ohne anwaltliche Beratung den Unterschied zwischen einem offenen Verfahren und einem nicht offenen Verfahren mit vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme erkennen können. Anders ist dies nur, wenn es sich um eine atypische Marktsituation handelt.
3. Wird die Lieferung von nur funktional beschriebenen Produkten zusammen mit der Lieferung des gesamten Zubehörs und der zugehörigen Dienstleistungen vergeben, ist das Verfahren mit vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme zulässig, weil die vertraglichen Spezifikationen nicht hinreichend genau festgelegt werden können.
4. Der Abschluss eines Rahmenvertrages ohne garantierte Abnahmeverpflichtung stellt kein ungewöhnliches Wagnis dar, wenn eine Bevorratung mit den ausgeschriebenen Produkten weder besondere Lagerstätten erfordert, noch es mit gravierenden Bedarfsschwankungen zu rechnen ist.

VPRRS 2012, 0426

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.11.2012 - Verg 12/12
1. Die Angabe eines Preises von 0,00 Euro ist jedenfalls dann eine Preisangabe im vergaberechtlichen Sinn, wenn der Bieter diese näher begründet oder erläutert hat. Eine solche Begründung oder Erläuterung stellt keine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen dar.
2. Der Begriff der "fehlenden" Erklärungen in § 11 Abs. 3 VOF ist weit auszulegen und umfasst auch fehlende Preisangaben.
3. Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 VOF räumt dem Auftraggeber kein Ermessen ein. Fehlen Preisangaben, ist der Auftraggeber dazu verpflichtet, diese beim Bieter nachzufordern.

VPRRS 2012, 0425

VK Lüneburg, Beschluss vom 10.07.2012 - VgK-21/2012
1. Um einen möglichst breiten Wettbewerb zu ermöglichen ist die umfassende Zulassung von Bietergemeinschaften zu Vergabeverfahren sachgerecht. Hinsichtlich Leistungsfähigkeit und Fachkunde kommt es dabei auf die Bietergemeinschaft insgesamt an. Die Tatsache, dass in einer aus mehreren Unternehmen bestehenden Bietergemeinschaft ein Unternehmen beteiligt ist, das erst seit kurzem existiert und deshalb geforderte Nachweise für eine Mindestzahl an Geschäftsjahren nicht vorweisen kann, führt daher nicht automatisch zur mangelnden Eignung der Bietergemeinschaft als Ganzes.
2. In Bezug auf die Zuverlässigkeit einer Bietergemeinschaft liegt es im berechtigten Interesse des Auftraggebers, dass jedes Mitglied der Bietergemeinschaft seine Zuverlässigkeit einzeln nachweist.
3. Bewerber, die im Vergabeverfahren vorsätzlich unzutreffende Erklärungen in Bezug auf ihre Eignung (Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit) abgegeben haben, können aus der Wertung ausgeschlossen werden. Es ist dem Auftraggeber überlassen zu entscheiden, ob sein Vertrauensverhältnis durch die Falschangaben so nachhaltig gestört ist, dass eine vertragliche Bindung nicht mehr zumutbar ist.
4. Erscheint dem Auftraggeber ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, hat er vom Bieter Aufklärung zu verlangen und das Ergebnis bei der Entscheidung zu berücksichtigen.
5. Ein unangemessen niedriger Preis kann sich aufgrund eines Vergleichs mit den Konkurenzpreisen oder aufgrund von Erfahrungswerten ergeben. Dabei gibt es keine starren Grenzen, nach denen sich die Unangemessenheit eines Preises bemisst. Als Orientierung kann eine Differenz zum nächsthöheren Preis von mehr als 10% bei öffentlichen Bauaufträgen und von mehr als 20% im Liefer- und Dienstleistungsbereich gelten.

VPRRS 2012, 0424

VK Bund, Beschluss vom 26.10.2012 - VK 3-117/12
1. Unterbreitet der Bieter im Rahmen eines Nebenangebots eigene, vom Amtsentwurf abweichende Vorschläge, ist es für den Auftraggeber von großer Bedeutung, die Einhaltung der Vorgaben auch überprüfen zu können. Bei Unklarheit des Nebenangebots ist dies nicht möglich.
2. Es gibt keinen rechtlich anerkannten Grundsatz des Inhalts, dass ein Bieter im Zweifel ein ausschreibungskonformes Angebot abgegeben hat.
3. Auf ein unklares Nebenangebot darf der Zuschlag nicht ergehen. Wenn schon Unklarheiten in Bezug auf Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen den Angebotsausschluss nach sich ziehen, so muss dies erst recht für das Angebot als solches gelten.

VPRRS 2012, 0422

VK Lüneburg, Beschluss vom 18.09.2012 - VgK-36/2012
1. Das Nachprüfungsverfahren dient nicht der allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle. Es ist als Antragsverfahren ausgestaltet und verlangt grundsätzlich, dass der Antragsteller die Vergabefehler bezeichnet, die er zur Überprüfung stellen will.
2. Vergaberechtsfehler von Amts wegen aufzugreifen, kommt nur in Betracht, wenn ein Fehler vorliegt, der es unmöglich macht, das Vergabeverfahren fortzusetzen.
3. Der Auftraggeber hat in den Bewerbungsbedingungen oder der Aufforderung zur Angebotsabgabe nur die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung anzugeben, nicht jedoch Rechenwege offen zu legen. Allerdings kann ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vorliegen, wenn der nicht offengelegte Rechenweg einen Bieter daran hindert, sein Angebot optimal auf das Anforderungsprofil des Auftraggebers auszurichten.

VPRRS 2012, 0420

VK Thüringen, Beschluss vom 28.09.2012 - 250-4002-14693/2012-E-005-SM
Es steht dem Bieter im Rahmen seiner Kalkulationsfreiheit frei, erwartete Vorteile und Gewinne, die sich bei bestimmten Positionen des Leistungsverzeichnisses ergeben, in anderen Positionen zu verrechnen. Hierin ist keine unzulässige Mischkalkulation zu sehen.

VPRRS 2012, 0419

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17.08.2012 - VK-SH 17/12
1. Eine Baukonzession im Sinne von § 99 Abs. 6 GWB scheidet grundsätzlich aus, wenn der Private ein unbefristetes Nutzungsrecht erhält. Dies ist insbesondere dann gegeben, wenn der Private das Eigentum an der streitgegenständlichen Anlage erwirbt.*)
2. Zur Frage des Vorliegens eines unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteils im Rahmen eines öffentlichen Bauauftrages.*)

VPRRS 2012, 0412

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.09.2012 - Verg 31/12
Bei Beschaffungsvorhaben, die wegen ihrer Komplexität eine Vielzahl von zum Teil schwierigen und erörterungsbedürftigen Rechtsfragen aufwerfen, ist eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung eher weniger zu erwarten.

VPRRS 2012, 0411

VK Lüneburg, Beschluss vom 04.10.2012 - VgK-38/2012
1. Von der Teilnahme am Wettbewerb können solche Bewerber ausgeschlossen werden, die im Vergabeverfahren vorsätzlich unzutreffende Erklärungen in Bezug auf ihre Eignung abgegeben haben. Durch diese Vorschrift sollen solche Bewerber ausgeschlossen werden können, die aufgrund ihres Verhaltens gegenüber dem Auftraggeber nicht vertrauenswürdig erscheinen.
2. Neben der aktiven Abgabe unzutreffender Erklärungen wird das Vertrauen öffentlicher Auftraggeber in gleicher Weise erschüttert, wenn der Bewerber die Abgabe von Erklärungen gezielt unterlässt. Der Ausschlusstatbestand ist deshalb auch erfüllt, wenn ein Bewerber falsche bzw. unvollständige Angaben aufrecht erhält bzw. nicht korrigiert hat. Denn auch dann verhindert der Bewerber, dass sich der Auftraggeber ein zutreffendes und vollständiges Bild von der Eignung machen kann.

VPRRS 2012, 0410

OLG München, Beschluss vom 22.11.2012 - Verg 22/12
1. Das Angebot eines Bieters ist dann nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 lit c) VOB/A von der Wertung auszuschließen, wenn der öffentliche Auftraggeber eine nachweislich schwere Verfehlung des Bieters festgestellt und seine auf den konkreten Auftrag bezogene Prognose ergeben hat, dass aufgrund dieses Sachverhalts die Zuverlässigkeit des Bieters nicht bejaht werden kann.*)
2. Liegen diese beiden Voraussetzungen vor, steht dem Auftraggeber kein Ermessen mehr für die Frage zu, ob das Angebot in der Wertung bleiben kann. Das Angebot ist auszuschließen.*)
3. Der letztmögliche Zeitpunkt für die Prognoseentscheidung der Vergabestelle ist die letzte mündliche Verhandlung im Nachprüfungsverfahren.*)

VPRRS 2012, 0400

OLG Dresden, Urteil vom 17.04.2012 - 5 U 842/11
1. Auch wenn Doppelbohlen mit Eckprofilen in einer LV-Position ausgeschrieben sind, kann die Auslegung ergeben, dass lediglich die Eckprofile zu vergüten sind.
2. Bei der Ausschreibung erkennbar werdende Widersprüche und Unklarheiten in den Vergabeunterlagen hat der Auftragnehmer vor Abgabe seines Angebots zu klären. Ergeben sich zwischen dem Textteil, der Angabe des Gesamtgewichts und der Stückzahl Widersprüche, darf dies ein Bieter nicht hinnehmen, sondern muss die sich daraus ergebenden Zweifelsfragen vor Angebotsabgabe klären.

VPRRS 2012, 0396

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 02.12.2011 - 1 VK 6/11
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2012, 0395

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 03.09.2012 - 8 LA 187/11
1. Die Wahl der falschen Verfahrensart stellt einen schwerwiegenden Vergaberechtsverstoß dar, der den Zuwendungsgeber zur (teilweisen) Rückforderung der gewährten Zuwendung berechtigt.
2. Ob das Fehlverhalten dem Zuwendungsempfänger auch subjektiv vorzuwerfen ist, also auch ein schuldhafter Verstoß vorliegt, ist unerheblich.

VPRRS 2012, 0392

OLG München, Beschluss vom 12.11.2012 - Verg 23/12
1. Vergleichbar ist eine Referenzleistung mit der ausgeschriebenen Leistung, wenn sie dieser so weit ähnelt, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffnet.*)
2. Bei der Bewertung der Frage der Vergleichbarkeit der Referenz kommt der Vergabestelle ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.*)

VPRRS 2012, 0390

OLG Koblenz, Urteil vom 26.10.2012 - 10 U 336/11
1. Steht aufgrund von geotechnischen Untersuchungen fest, dass bei der Ausführung von Erdarbeiten kontaminiertes Erdaushubmaterial entsorgt werden muss, hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer ein systematisches Rückbaukonzept vorzulegen.
2. Zu den vom Auftraggeber herbeizuführenden öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnissen im Sinne von § 4 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B gehören auch die nach den Richtlinien der LAGA und dem Stand der Technik erforderlichen LAGA-Analysen.
3. Enthalten die Ausschreibungsunterlagen keinen eindeutigen Hinweis darauf, dass der Auftragnehmer die nach den LAGA-Richtlinien notwendigen Analysen einzuholen hat, darf der Auftragnehmer die Ausschreibung dahingehend verstehen, dass der Auftraggeber die LAGA-Analysen einholen wird.
4. Unklarheiten in der Leistungsbeschreibung gehen zu Lasten des Auftraggebers.
5. Weigert sich der Auftraggeber, die von ihm herbeizuführenden öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnissen zur Verfügung zu stellen, kann der Auftragnehmer den Vertrag nach § 9 Nr. 1a VOB/B kündigen.

VPRRS 2012, 0389

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.05.2012 - Verg 4/12
1. Wird ein Mindestdauer an berufspraktischer Erfahrung eines Bieters oder seiner Mitarbeiter vom Auftraggeber verlangt, so ist weder auf den Zeitraum bis zur Abgabe eines Angebots noch auf den Zeitraum bis zum Vertragsschluss, sondern auf den Zeitraum bis zum Vertragsbeginn abzustellen. Der Auftraggeber ist nur berechtigt, auf einen anderen Zeitraum abzustellen, wenn er dies in der Vergabebekanntmachung entsprechend angibt.
2. Die vorzulegenden Eignungsnachweisen müssen klar und widerspruchsfrei festgelegt worden sein. Unklarheiten und Widersprüche gehen zu Lasten des Auftraggebers.

VPRRS 2012, 0443

VK Bund, Beschluss vom 11.07.2012 - VK 1-67/12
(Ohne amtlichen Leitsatz)

IBRRS 2012, 4218

LG Mainz, Urteil vom 21.02.2011 - 5 O 103/05
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2012, 0383

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.03.2012 - 1 VK 04/12
1. § 20 Abs. 2 SektVO ist richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass die Begrenzung der Bewerberzahl anhand transparenter, objektiver und nicht diskriminierender, auftragsbezogener Kriterien zu erfolgen hat. Bei einem Losverfahren handelt es sich um kein objektives, auftragsbezogenes Kriterium. Eine Reduzierung der Bewerberzahl durch Losentscheid ist daher nur zulässig, wenn der öffentliche Auftraggeber unter den eingegangenen Bewerbungen eine rein objektive Auswahl nach qualitativen Kriterien unter gleich qualifizierten Bewerbern nicht mehr nachvollziehbar durchführen kann.
2. Die Rügeobliegenheit entfällt, wenn der antragstellenden Partei erst währen des Nachprüfungsverfahrens weitere Vergabefehler bekannt werden.
3. Wird ein Angebot vom Auftraggeber versehentlich geöffnet, führt dies nicht zwingend zu dessen Ausschluss. Dies gilt auch im Bereich der SektVO. Voraussetzung ist allerdings, dass die offenen Teilnahmeanträge vertraulich behandelt und unter Verschluss gehalten werden.

VPRRS 2012, 0382

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.09.2012 - VK 2-25/12
1. Das vormalige in § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A 2006 enthaltene Verbot einer Überbürdung ungewöhnlicher Wagnisse existiert seit Inkrafttreten der Neufassung der VOL/A nicht mehr und ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen als solches nicht mehr zu prüfen.
2. Regelungen, die vergaberechtlich nach früherem Recht als Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses zu tadeln waren, können nach der derzeit geltenden Rechtslage in Einzelfällen lediglich unter dem Gesichtspunkt der (Un-)Zumutbarkeit einer für den Bieter kaufmännisch vernünftigen Kalkulation beanstandet werden.
3. Aufgrund des Gebots der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung (VOL/A 2009 § 8 EG Abs. 1) ist der öffentliche Auftraggeber dazu verpflichtet, in den Ausschreibungsunterlagen alle kalkulationsrelevanten Umstände anzugeben.

VPRRS 2012, 0381

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.10.2012 - Verg 34/12
1. An die Darlegung eines entstandenen oder drohenden Schadens, insbesondere der Möglichkeit, den Zuschlag zu erlangen, sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, wenn ein Schaden nicht offensichtlich ausgeschlossen ist.
2. Mehrere, inhaltlich verschiedene Hauptangebote eines Bieters sind vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Auf eine Quantifizierung - überwiegende Zahl der LV-Positionen identisch - ist dabei nicht abzustellen.

VPRRS 2012, 0375

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.04.2012 - VK 2-8/12
1. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter und das Transparenzgebot fordern, dass im Regelfall alle Kriterien, die vom Auftraggeber bei der Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots berücksichtigt werden und ihre relative Bedeutung den potenziellen Bietern zum Zeitpunkt der Vorbereitung der Angebote bekannt sind.
2. Es ist grundsätzlich unzulässig, dass der öffentliche Auftraggeber im Rahmen eines Vergabeverfahrens nachträglich Gewichtungskoeffizienten und Unterkriterien für die in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung genannten Zuschlagskriterien festlegt.

VPRRS 2012, 0373

OLG München, Beschluss vom 31.10.2012 - Verg 19/12
1. Werden für ein Bauvorhaben nicht nur die Bauleistung, sondern in einem gewissen Umfang auch Planungsleistungen ausdrücklich ausgeschrieben, sind diese bei der Schätzung des Gesamtauftragswertes zu berücksichtigen.*)
2. Bei fortbestehender Vergabeabsicht können die Nachprüfungsinstanzen die Aufhebung der Aufhebungsentscheidung des öffentlichen Auftraggebers jedenfalls dann anordnen, wenn die Aufhebungsentscheidung auf einem fehlerhaften Ermessensgebrauch des Auftraggebers beruht, offen ist, zu welchem Ergebnis die korrekte Ermessensausübung durch den Auftraggeber führt, und ihm mehrere Handlungsalternativen verbleiben.*)

VPRRS 2012, 0367

OLG München, Beschluss vom 02.11.2012 - Verg 26/12
Zu Fragen der Wertung und Dokumentation der Präsentation einer Ingenieurleistung.*)

VPRRS 2012, 0365

OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.08.2012 - Verg W 5/12
1. Die Rüge, es stehe zu vermuten, dass der für den Zuschlag vorgesehene Bieter die nach dem Brandenburgischen Vergabegesetz erforderliche Erklärung nicht eingereicht habe, erfolgt nicht "ins Blaue" hinein, wenn der Auftraggeber nach Angebotswertung Anlass zu Misstrauen dahin gibt, dass er einseitig kalkulationsrelevante Anforderungen fallengelassen habe, ohne allen Bietern Gelegenheit zur Anpassung zu geben.*)
2. Die Rüge, das Angebot eines Konkurrenten - weil es sich in zwei dünnen Umschlägen und nicht in mehreren prall gefüllten Ordnern befinde - müsse aufgrund des geringen Umfangs unvollständig sein, stellt dagegen eine Rüge "ins Blaue" dar.*)
3. Für ein mit den wichtigsten Regeln der öffentlichen Auftragsvergabe vertrautes Unternehmen war erkennbar, dass das Brandenburgische Vergabegesetz auf solche Vergabeverfahren keine Anwendung findet, die vor dem 1.1.2012 eingeleitet worden sind. Ein solches Unternehmen, das die mangelnde Geltung dieses Gesetzes für das Vergabeverfahren nicht bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe rügt, kann sich auf die fehlende Verpflichtung zur Einreichung einer Erklärung nicht berufen, durch die sich die Bieter verpflichten, ihren Beschäftigten ein Arbeitnehmerbruttogehalt von mindestens 8,00 Euro pro Arbeitsstunde zu zahlen.*)
4. Weist ein Auftraggeber darauf hin, dass bei fehlender Unterschrift auf einem mit dem Angebot einzureichenden Formular das Angebot als unvollständig gelte, muss im Geltungsbereich der VOB/A 2009 ein Bieter nicht mit dem Ausschluss seines Angebotes rechnen, wenn er dieses Formular nicht mit seinem Angebot einreicht. Er darf vielmehr darauf vertrauen, dass der Auftraggeber dieses bei ihm nachfordern werde.*)
5. Der Auftraggeber ist berechtigt, das Verzeichnis der Leistungen anderer Unternehmer, Erklärungen bzw. Nachweise betreffend die Leistung und Eignung der vorgesehenen Nachunternehmer und eine Erklärung zur Verhinderung von Schwarzarbeit nachzufordern für den Fall, dass diese Unterlagen dem Angebot nicht beigefügt waren.*)

VPRRS 2012, 0363

VK Bund, Beschluss vom 18.06.2012 - VK 2-53/12
1. Wahlpositionen beeinträchtigen die Bestimmtheit und Eindeutigkeit der Leistungsbeschreibung und überdies die Transparenz des Vergabeverfahrens, weil sie es dem öffentlichen Auftraggeber ermöglichen, durch seine Entscheidung für oder gegen eine Wahlposition das Wertungsergebnis aus Erwägungen zu beeinflussen, die gegebenenfalls mit der eigentlichen Vergabe nichts zu tun haben.
2. Der Ansatz von Wahlpositionen ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Er kommt in Betracht, wenn und soweit ein berechtigtes Bedürfnis des öffentlichen Auftraggebers besteht, die zu beauftragende Leistung in den betreffenden Punkten einstweilen offen zu halten.
3. Zur Gewährleistung eines transparenten Vergabeverfahrens muss dem Bieterkreis zudem vorab bekannt sein, welche Kriterien für die Inanspruchnahme der ausgeschriebenen Wahlposition maßgebend sein sollen.

VPRRS 2012, 0359

VK Brandenburg, Beschluss vom 24.08.2012 - VK 25/12
1. Gibt ein Bieter als Einzelfirma ein Angebot ab und gibt - irrtümlich - die Umsätze der Firmengruppe und nicht der Einzelfirma an, so fehlt seine mit dem Angebot abgegebene Erklärung in diesem Punkt nicht, sie ist vielmehr unrichtig.
2. Derart fehlerhafte Eintragungen sind nicht mit fehlenden Angaben/Unterlagen gleichzusetzen und können somit nicht nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nachgereicht werden.
3. Da ein Bieter naturgemäß nur begrenzten Einblick in den Ablauf des Vergabeverfahrens hat und die Angebote seiner Konkurrenten nicht kennt, darf er im Nachprüfungsverfahren behaupten, was er auf Grundlage seines eingeschränkten Informationsstandes für wahrscheinlich oder möglich halten darf. Dies insbesondere dann, wenn es sich um Vergabeverstöße handelt, die sich ausschließlich in der Sphäre des Auftraggebers abspielen oder das Angebot des Mitbewerbers betreffen. Allerdings müssen zumindest tatsächliche Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen.

VPRRS 2012, 0355

VK Bund, Beschluss vom 04.10.2012 - VK 2-86/12
1. Ob die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für die Erbringung der ausgeschriebenen Leistung beim jeweiligen Bieter in ausreichendem Maße vorhanden ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls; bei der Beurteilung der Eignung eines Bieters kommt es entscheidend darauf an, inwieweit die umfassend zu prüfenden und abzuwägenden Umstände des Einzelfalls die Prognose erlauben, dass der Bieter gerade die ausgeschriebenen und von ihm angebotenen Leistungen vertragsgerecht erbringen kann
2. Aus dem Verhältnis des Auftragsumfangs zu den bisherigen Jahresumsätzen des Bieters kann nicht pauschal auf dessen mangelnde wirtschaftliche bzw. personelle Leistungsfähigkeit geschlossen werden.

VPRRS 2012, 0354

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.04.2012 - 2 VK LSA 6/12
Grundsätzlich ist der Vergabevermerk fortlaufend während des gesamten Vergabeverfahrens, beginnend mit der Vorbereitungsphase, zu führen. Diese Verpflichtung erstreckt sich auch auf die Festlegung des Beschaffungsgegenstandes.*)

VPRRS 2012, 0353

VK Brandenburg, Beschluss vom 10.02.2012 - VK 1/12
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2012, 0352

KG, Beschluss vom 28.09.2012 - Verg 10/12
1. Zur Berechnung des vergaberechtlichen Auftragswertes bei Aufteilung eines Gesamtbauvorhabens in mehrere Einzelbauaufträge und - lieferaufträge.*)
2. a) Ein formal als Einzelauftrag ausgeschriebener Bauauftrag ist vergaberechltich nicht als "Los" einer Gesamtbaumaßnahme im Sinne von § 3 Abs. 2 VgV anzusehen, wenn der Bauabschnitt, der Gegenstand des Einzelauftrages ist, auch ohne die anderen Bauabschnitte eine sinnvolle Funktion erfüllen kann.*)
b) Zum Vorliegen dieser Voraussetzung im Einzelfall.*)
3. Der Schwellenwert des § 2 Nr. 3 VgV muss im Falle losweiser Auftragsvergabe neben dem Schwellenwert des § 2 Nr. 6 VgV erreicht sein.*)
4. Für die Bewertung von Bauaufträgen im Sinne des § 3 VgV kommt es auf die tatsächlich ausgeschriebenen Bauaufträge an, nicht auf die geplanten Baumaßnahmen.*)

VPRRS 2012, 0351

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.06.2012 - 2 VK LSA 08/12
1. Für eine Zusammenrechnung einzelner Bauabschnitte nach § 3 Abs. 1 VgV ist es unerheblich, dass die Bauarbeiten bezogen auf die einzelnen Abschnitte zum Teil in größeren zeitlichen Abständen erfolgten.
2. Gemäß § 16 Abs. 2 VOB/A können Angebote von Bietern ausgeschlossen werden, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet ist. Bei der Entscheidung, ob die Vergabestelle das Angebot eines solchen Bieters in der Wertung beläßt, steht somit ein eigenes Ermessen zu.
3. Dieses Ermessen übt die Vergabestelle nicht rechtmäßig aus, wenn in ihre Entscheidung die Risiken, die mit einer Bezuschlagung des Angebots eines solchen Bieters verbunden sind, nicht hinreichend eingeflossen sind.

VPRRS 2012, 0347

OLG Hamm, Urteil vom 26.09.2012 - 12 U 142/12
1. Die Konzessionsvergabe für öffentliche Versorgungsleistungen erfolgt grundsätzlich aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags. Es handelt sich nicht um einen der vergaberechtlichen Nachprüfung durch die Vergabekammern unterliegenden öffentlichen Auftrag.*)
2. Primärrechtsschutz, gerichtet auf Untersagung der beabsichtigten Konzessionsvergabe an einen Dritten, kann der unterlegene Bieter nach den §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB erlangen.*)
3. Im Rahmen der vorzunehmenden einzelfallbezogenden Interessenabwägung können überwiegende Belange der Beteiligten oder der Allgemeinheit einer vorläufigen Untersagung der Konzessionsvergabe entgegen stehen.*)

VPRRS 2012, 0346

KG, Urteil vom 10.09.2012 - 23 U 161/11
1. Eine Klausel in vorformulierten Vertragsbedingungen eines Konzessionsvertrages im Bundesfernstraßenbau, die vorsieht, dass der Auftragnehmer mit Ansprüchen auf Erstattung von Mehrkosten allein schon wegen der Verletzung von Anzeigepflichten ausgeschlossen ist, verstößt gegen § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB.*)
2. Eine Regelung, durch die dem Konzessionsnehmer das "Baugrundrisiko" auferlegt wird, verstößt dann gegen § 307 Abs. 1 BGB, wenn das Boden- und Wasserrisiko in unangemessener Weise auf den Auftraggeber übergewälzt wird. Das ist nicht der Fall, wenn der Auftraggeber auch die für den Bau erforderlichen Planungsleistungen übernimmt und das Risiko für nicht erkennbare Risiken beim Auftraggeber verbleibt.*)

VPRRS 2012, 0345

OLG Frankfurt, Urteil vom 16.03.2010 - 14 U 31/04
1. Zu den Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers gehört es insbesondere, dem Unternehmer zuverlässige Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Sind die überlassenen Pläne mangelhaft, muss der Auftraggeber sich ein Verschulden der von ihm beauftragten Planer als seiner Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen.
2. Übernimmt ein Unternehmer über die Werkleistung hinaus auch Planungsleistungen, ist er bei dieser Planung zu einer eigenverantwortlichen Prüfung verpflichtet und hat die ihm zur Verfügung gestellte (Entwurfs-)Planung zu überprüfen. Fehler der Entwurfsplanung muss sich der Auftraggeber als Mitverschulden aber auch dann entgegen halten lassen, wenn der Auftragnehmer diese Fehler bei pflichtgemäßer Überprüfung der Entwurfsplanung hätte feststellen können und auf sie hätte reagieren müssen.
3. Ein mit der Vor- und Entwurfsplanung beauftragter TGA-Planer muss in seiner Planung die Festlegungen treffen, die für eine änderungsfreie Weiterplanung notwendig sind. Hierzu gehören unter anderem sämtliche Angaben zu notwendigen Rohr- und Leitungsdurchführungen, um deren Berücksichtigung bei der weiteren Tragwerksplanung zu ermöglichen.

VPRRS 2012, 0336

OLG Naumburg, Beschluss vom 02.08.2012 - 2 Verg 3/12
1.1. Eine wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweise eines Bieters i.S. des § 19 EG Abs. 3 lit. f) VOL/A ist regelmäßig schon dann verwirklicht, wenn ein Bieter sein Angebot in Kenntnis des Angebots eines anderen Bieters erstellt. Besteht eine wechselseitige Kenntnis beider Bieter jeweils vom Angebot des anderen innerhalb der Angebotsfrist, kommt der Ausschluss beider Angebote in Betracht. Der Auftraggeber muss jedoch die Kenntnis des Bieters vom Inhalt des Konkurrenzangebots nachweisen, um hierauf einen Ausschluss stützen zu können.*)
1.2. Soweit eine Kenntnis eines Bieters vom Inhalt des Konkurrenzangebots zum Zeitpunkt der eigenen Angebotserstellung festzustellen ist, muss der vom Ausschluss seines Angebots bedrohte Bieter vom Auftraggeber angehört werden bzw. im Nachprüfungsverfahren Gelegenheit erhalten, die Vermutung zu widerlegen, dass die Angebote voneinander beeinflusst seien. Es kann grundsätzlich nicht verlangt werden, dass der Bieter diesen Nachweis bereits mit dem Angebot führt.*)
2. Werden Erklärungen und Nachweise zur Eignung zwar in der Vergabebekanntmachung aufgeführt, jedoch nicht in den Vergabeunterlagen in der nach § 9 EG Abs. 4 VOL/A gebotenen Zusammenstellung der innerhalb der Angebotsfrist einzureichenden Unterlagen, so ist rechtlicher Maßstab für ihre Nachforderung § 18 EG VOL/A und nicht § 19 EG Abs. 2 VOL/A.*)
3. Beabsichtigt ein Auftraggeber die Zuschlagserteilung auf ein bislang (von ihm unerkannt) unvollständiges Nebenangebot, und wird erst im Nachprüfungsverfahren entdeckt, dass eine mit dem Angebot geforderte Eigenerklärung des Bieters zur Eignung fehlt, so hat der Auftraggeber vor einer Entscheidung über den Ausschluss des Angebots eine Ermessensentscheidung nach § 19 EG Abs. 2 VOL/A zu treffen.*)

VPRRS 2012, 0332

OLG München, Beschluss vom 05.10.2012 - Verg 15/12
1. Die (außerordentliche) Kündigung eines Auftrags entbindet den öffentlichen Auftraggeber nicht von den Vorschriften des Vergaberechts.*)
2. Schreibt der öffentliche Auftraggeber nach der Kündigung eines Bauauftrages die Bauleistung erneut aus, ist der gekündigte Unternehmer nicht von vornherein von der Teilnahme am Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen.*)
3. Der Auftraggeber darf bei der Prüfung der Eignung eines Bieters, also der Prognose, ob der Bieter nach seiner personellen, finanziellen und technischen Ausstattung in der Lage sein wird, den Auftrag durchzuführen, Erfahrungen mit einbeziehen, die er selbst mit einem bestimmten Bieter in der Vergangenheit gemacht hat, ohne dass hierauf gesondert in der Vergabebekanntmachung oder den Ausschreibungsunterlagen hingewiesen werden muss.*)
4. Die Erfahrungen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Auftragsverhältnisses geführt haben, können die Prognose rechtfertigen, dass bei erneuter Beauftragung dieses Bieters nicht mit einer ordnungsgemäßen Leistungsabwicklung zu rechnen ist, ohne dass im Nachprüfungsverfahren positiv festgestellt werden muss, dass die außerordentliche Vertragskündigung durch den Auftraggeber gerechtfertigt war.*)

VPRRS 2012, 0331

OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.09.2012 - 6 A 10478/12
1. Wird Nr. 3.1 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung - ANBest-P - in einen Zuwendungsbescheid einbezogen, so stellt diese Regelung eine Auflage im Sinne von § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG dar.*)
2. Das Nichtoffene Verfahren bzw. die Beschränkte Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb sind gegenüber dem Offenen Verfahren bzw. der Öffentlichen Ausschreibung grundsätzlich in geringerem Maße geeignet, einen möglichst breiten Wettbewerb zu sichern und damit auch dem Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung zu dienen.*)
3. Auch wenn ein Auftrag unzulässigerweise im Nichtoffenen Verfahren bzw. aufgrund einer Beschränkten Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb statt im Offenen Verfahren bzw. aufgrund einer Öffentlichen Ausschreibung vergeben wird, muss ein solcher Vergabeverstoß nicht ausnahmslos als schwerwiegend erachtet werden.*)

VPRRS 2012, 0330

OLG Naumburg, Beschluss vom 20.09.2012 - 2 Verg 4/12
1. Die Festlegung des Auftragsgegenstands steht im Belieben des Auftraggebers; die Grundsätze des Vergaberechts können jedoch dann verletzt sein, wenn die Entscheidung auf das Vergabeverfahren ausstrahlt und in ihm fortwirkt.
2. Zur Rechtfertigung einer wettbewerbsbeschränkenden Festlegung reichen sach- und auftragsbezogene Kriterien aus; eine Marktuntersuchung ist nicht erforderlich.
3.1. Ein aus rückschauender Betrachtung gefertigter, den Verlauf des Vergabeverfahrens zusammenfassender Vergabevermerk genügt nicht den Anforderungen des § 20 Abs. 1 VOB/A 2009. Der öffentliche Auftraggeber ist vielmehr verpflichtet, die Gegenstände der Dokumentation im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Geschehen zu erfassen, d.h. eine Vergabeakte zu führen, in der Protokolle, Ablichtungen oder Ausdrucke der schriftlichen bzw. elektronischen Korrespondenz sowie erforderlichenfalls Einzelvermerke abgelegt und verwahrt werden.*)
3.2. Führt eine Festlegung im Rahmen der Bestimmung des Beschaffungsgegenstandes objektiv zu einer erheblichen Beschränkung des Wettbewerbs (hier: die Festlegung eines räumlichen Bereichs, innerhalb dessen sich der vom Bewerber beizustellende Baugrund be-finden soll), so sind der Entscheidungsprozess und die Gründe der Festlegung zu dokumentieren.*)
3.3. Zur Zulässigkeit des Nachreichens von Bestandteilen der Dokumentation im Nachprüfungsverfahren.*)
4.1. Ist die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes als Neubau in der Innenstadt eines Oberzentrums beabsichtigt und steht dem öffentlichen Auftraggeber ein geeignetes Baugrundstück dort selbst nicht zur Verfügung, darf er in der Ausschreibung nicht nur die Beistellung des Baugrunds durch den Bieter verlangen, sondern auch Standorteingrenzungen vornehmen, soweit dies nicht zu einer willkürlichen Beschränkung des Wettbewerbs bzw. zu einer Bevorzugung eines ortsansässigen Unternehmens führt.*)
4.2. Der Senat neigt hinsichtlich des rechtlichen Maßstabs der Nachprüfung der Bestimmung des Beschaffungsgegenstandes der Auffassung des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu.*)
4.3. Existieren in dem eingegrenzten Standortbereich mindestens vier Grundstücke, die objektiv für eine Bebauung in Betracht kommen, so verstößt die Bestimmung des Standortbereichs nicht gegen das Wettbewerbsprinzip. Eine weiter gehende Markterkundung durch den öffentlichen Auftraggeber, etwa im Hinblick auf die Eigentumsverhältnisse an den betroffenen Grundstücken und auf die Möglichkeiten des Erwerbs dieser Grundstücke durch am Auftrag interessierte Unternehmen, ist grundsätzlich (und auch hier) nicht geboten.*)
5. Die Bewerbungsfrist in einem Teilnahmewettbewerb darf sich nicht nur an der Mindestfrist orientieren, sondern muss jeweils einzelfallbezogen angemessen sein, um einem fachkundigen Unternehmen eine ordnungsgemäße und aussichtsreiche Bewerbung zu ermöglichen.*)
6. Eine Landesbehörde, die durch ein von ihr geführtes Vergabeverfahren Veranlassung für die Einleitung eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens gegeben hat, ist nach § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VwKostG LSA nicht generell von den Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer befreit.*)

VPRRS 2012, 0328

OLG Hamm, Urteil vom 12.09.2012 - 12 U 50/12
1. Die Transparenz gebietet es auch im Falle von Unterschwellen-Vergaben, die erforderlichen Nachweise in der Bekanntmachung anzugeben.
2. Die ausschreibende Stelle besitzt einen weiten Ermessensspielraum, Referenzen zu überprüfen und deren Vergleichbarkeit zu beurteilen.
3. Die Eignung muss grundsätzlich im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorliegen.

VPRRS 2012, 0326

OLG München, Beschluss vom 12.10.2012 - Verg 16/12
1. Ein Angebot darf nur dann wegen fehlender Erklärungen ausgeschlossen werden, wenn der öffentliche Auftraggeber die Vorlage der betreffenden Erklärung eindeutig und unmissverständlich gefordert hat.*)
2. Zur Frage, ob externe Prüfleistungen als Nachunternehmerleistungen zu qualifizieren sind.*)

VPRRS 2012, 0325

OLG Koblenz, Beschluss vom 02.10.2012 - 1 Verg 4/12
1. Ein gegen die Entscheidung über den Zuschlag gerichteter Nachprüfungsantrag hat Erfolg, wenn der Auftraggeber den wertungsrelevanten Sachverhalt nur teilweise würdigt und dadurch seinen Beurteilungsspielraum sachwidrig einengt.*)
2. Jeder Bieter kann und darf bei der Abfassung seiner Angebotsunterlagen davon ausgehen, dass sein Angebot von sachkundigen Mitarbeitern geprüft wird.*)
3. Hat der Auftraggeber neben dem Preis mindestens ein weiteres Zuschlagskriterium bekannt gemacht, muss er auf der letzten Wertungsstufe durch eine ergebnisoffene Anwendung aller Zuschlagskriterien das Angebot mit dem für ihn im konkreten Vergabeverfahren besten Kosten-Nutzen-Verhältnis ermitteln. Dabei sind innerhalb des vom Auftraggeber in den Vergabeunterlagen gezogenen Rahmens alle Eigenschaften und Umstände relevant, die aus dem Blickwinkel des Preis-Leistungs-Verhältnisses einer gestuften Bewertung zugänglich sind.*)
4. Umstände und Eigenschaften, die dem Auftraggeber einen Mehrwert bringen, führen regelmäßig zu einer Aufwertung.*)
5. Lassen die Gestaltung der Ausschreibung oder sonstige Gegebenheiten den Bietern nur kleine Spielräume für wertungsrelevante Umstände, wäre es folgerichtig, der gebotenen Differenzierung dadurch Rechnung zu tragen, dass schon ein kleiner Mehrwert zu einer besseren Bewertung führt.*)
6. Beim Zuschlags(unter)kriterium "Qualitätssicherung" kann, wenn bereits eine Maßnahme nach dem in Regelungswerken niedergelegten Stand der Technik zur Qualitätssicherung ausreicht, ein Bündel von Maßnahmen schon wegen der wechselseitigen Kontrolle und Absicherung deshalb einen Mehrwert auch für den Auftraggeber haben, weil es das Risiko einer (zunächst unentdeckt bleibenden) Qualitätsminderung verringert.*)

IBRRS 2012, 3772; IMRRS 2012, 2722

VGH Kassel, Urteil vom 25.04.2012 - 5 A 1514/11
1. Auf der Grundlage des § 12 HessKAG darf eine Gemeinde nur die Aufwendungen erstattet verlangen, die sie für erforderlich halten darf. Dies gilt für den Grund und die Höhe der Aufwendungen.*)
2. Bei der Frage, welche Aufwendungen die Kommune für erforderlich halten darf, steht ihr ein Einschätzungsspielraum zu.*)
3. Dieser Einschätzungsspielraum wird im Falle einer gemeinsamen Ausschreibung von Arbeiten an Versorgungsleitungen und Hausanschlussleitungen überschritten, wenn die Zuschlagsentscheidung zu einer unbilligen, weil unverhältnismäßigen einseitigen Belastung der Grundstückseigentümer führt, die auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Ausschreibungssituation nicht mehr sachlich gerechtfertigt ist.*)

VPRRS 2012, 0324

OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.03.2012 - Verg W 2/12
1. Bauleistungen im vergaberechtlichen Sinne sind Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird. Wird ein Gebäude zu einem bestimmten Zweck errichtet, gehören alle Leistungen zu dem Bauwerk, die es erst funktionsfähig machen.*)
2. Der Neueinbau von technischen Anlagen in ein bestehendes Gebäude fällt unter den Begriff der Bauleistung, wenn die Anlagen für ein funktionsfähiges Bauwerk erforderlich und von wesentlicher Bedeutung sind. Danach ist die Beschaffung eines Planetariumsprojektors und einer digitalen Ganzkuppelvideoprojektionsanlage für ein bestehendes Kuppelplanetarium als Bauauftrag anzusehen. Dem steht nicht entgegen, dass der Lieferanteil den Montageanteil überwiegt.*)

VPRRS 2012, 0321

VK Nordbayern, Beschluss vom 06.09.2012 - 21.VK-3194-15/12
1. Einem Nachprüfungsantrag kann, mangels relevanter Verletzung von Bieterrechten, dann kein Erfolg beschieden sein, wenn der Antragsteller auch bei vergaberechtskonformer Durchführung des Verfahrens keine realistische Chance gehabt hätte, den Auftrag zu erlangen. Die Antragbefugnis ist jedoch anzuerkennen, wenn nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann, ob das Angebot des vor dem Beschwerdeführer liegenden Bieters einem Zuschlag an den Antragsteller entgegenstehen wird.*)
2. Der Bieter muss davon ausgehen, dass der Auftraggeber die Leistung regelmäßig in der von ihm vorgegebenen Ausstattung ausgeführt haben will. Nur dann ist eine erschöpfende, vergleichende Wertung der einzelnen Angebote möglich und ein transparenter, chancengleicher Bieterwettbewerb im Sinne des § 97 Abs. 1 und 2 GWB gewährleistet. Die Vergabestelle hat kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabe, im nachhinein von ihren Festlegungen abzuweichen. Sie ist vielmehr gezwungen, das abweichende Angebot aus der Wertung zunehmen.*)
3. Für die Frage der Gleichwertigkeit eines angebotenen Fabrikats im Verhältnis zum ausgeschriebenen Fabrikat ist in erster Linie auf die sonstige allgemeine Leistungsbeschreibung abzustellen, denn in ihr bringt der Auftraggeber für die Bieter erkennbar zum Ausdruck, auf welche Leistungsmerkmale es ihm wesentlich ankommt.*)

VPRRS 2012, 0318

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.07.2009 - Verg 13/09
Hat die Vergabestelle den Aufhebungsgrund selbst verursacht, etwa weil sie in der Vergabebekanntmachung weder Mindestanforderungen an die Eignung der Bieter festgelegt noch eine Vorlage von Eignungsnachweisen verlangt hat, liegt kein beachtlicher Grund vor, das Vergabeverfahren aufzuheben.
