Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5421 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2011
VPRRS 2011, 0400
OLG München, Urteil vom 31.01.1996 - 27 U 502/95
1. Bei einer Ausschreibung nach VOB/A hat der Ausschreibende den Zuschlag auf das Angebot zu erteilen, das unter Berücksichtigung aller technischen und wirtschaftlichen, ggf. auch gestalterischen und funktionsbedingten Gesichtspunkte, als das annehmbarste erscheint. Das heißt, daß er sorgfältige Ermittlungen im Rahmen der verfügbaren Erkenntnismöglichkeiten und innerhalb der zeitlichen Möglichkeiten der Zuschlagsfrist anzustellen hat, um zu bestimmen, welches Angebot aus seinem Blickwinkel im Augenblick des Zuschlages als das technisch und wirtschaftlich günstigste erscheint. Ein objektives und in seiner Richtigkeit auch später überprüfbares Urteil unabhängig von den Erkenntnismöglichkeiten im Augenblick des Zuschlags ist nicht gefordert.*)
2. Schon vor Geltung der VOB/A 1992 hatte der Bieter die technische Gleichwertigkeit seines Produkts mit der technischen Spezifikation bei Angebotsabgabe nachzuweisen.*)
3. Zur eigenen Überprüfung der Gleichwertigkeit ohne entsprechende Nachweise des Anbietenden ist der Ausschreibende nicht verpflichtet.*)
4. Zieht der Ausschreibende Fachleute und Sachverständige bei, so haftet er nicht für deren Fehler.*)

IBRRS 2011, 4964; IMRRS 2011, 3614

OLG Oldenburg, Urteil vom 21.03.1996 - 8 U 248/95
Ein Auftraggeber verhält sich nicht pflichtwidrig, wenn er einem Bieter den Zuschlag erteilt, der zwar ein unvollständiges Angebot abgegeben hat, der aber auch bei vollständigem Angebot den Zuschlag erhalten hätte. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn die Auswirkungen der fehlenden Preisangaben im Hinblick auf den kalkulatorischen Nachvollzug so gering und nebensächlich sind, daß sie für die Wertung keinerlei Bedeutung haben.*)

VPRRS 2011, 0399

OLG München, Urteil vom 09.11.1993 - 13 U 1716/93
Bei der Vergabe eines ausgeschriebenen Bauvorhabens kann in die Wertung der dritten Stufe das niedrigste Angebot gegenüber einem höheren Angebot zurückgesetzt werden, wenn letzteres aufgrund der technischen Qualifikationen des Bieters “annehmbarer” erscheint.

VPRRS 2011, 0398

OLG Köln, Urteil vom 28.04.1993 - 13 U 201/92
1. Sind an einen Unternehmer zwei Lose i. S. von § 4 Nr. 2 VOB/A vergeben worden, kann der Besteller berechtigt sein, das gesamte Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund zu kündigen, auch wenn der Unternehmer nur bezüglich eines Loses einen wichtigen Grund gesetzt hat.*)
2. Der öffentlichen Hand als Besteller ist es grundsätzlich unbenommen, erhöhte fachliche Anforderungen an die Vergabe der Leistung zu knüpfen, unabhängig davon, ob dies in DIN-Bestimmungen vorgesehen ist.*)

VPRRS 2011, 0395

VK Münster, Beschluss vom 14.10.2011 - VK 14/11
1. Zum Umfang der Selbstbindung der Vergabestelle bei Verpflichtung zur Neuwertung der Angebote.*)
2. Preisnachlässe sind keine Nebenangebote, weil sie von den Vorgaben der Vergabeunterlagen nicht abweichen.*)

VPRRS 2011, 0447

VK Arnsberg, Beschluss vom 05.10.2011 - VK 13/11
1. Zum Nachweis der wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Leistungsfähigkeit einer Bietergemeinschaft kann es sachlich gerechtfertigt sein, die Leistungsnachweise für jedes einzelne Bietergemeinschaftsmitglied zu fordern.*)
2. Der Auftraggeber ist nicht gehindert, im Rahmen des Beurteilungsspielraums zur Prognoseentscheidung bezüglich der hinreichenden Eignung einer Bietergemeinschaft auch Erfahrungen mit der Vorgängerfirma (Insolvenz) eines maßgeblichen Mitglieds mit einfließen zu lassen.*)

IBRRS 2011, 4896; IMRRS 2011, 3560

OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2001 - 22 U 173/00
1. Die auch im Rahmen des § BGB § 150 BGB § 150 Absatz II BGB anzuwendenden Grundsätze von Treu und Glauben gebieten es, dass der Empfänger eines Vertragsangebots, wenn er von dem Vertragswillen des Anbietenden abweichen will, dies in der Annahmeerklärung klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss; ein derart abweichender Annahmewille des Werkunternehmers wird nicht deutlich, wenn er die zu erbringende Werkleistung lediglich verkürzt bezeichnet, ohne für den Auftraggeber erkennbar zu machen, dass ausgehandelte Einzelheiten ausgeklammert werden sollen.*)
2. Die Zustellung eines Mahnbescheids unterbricht die Verjährung eines Werklohnanspruchs nur, wenn er im Mahnbescheid hinreichend individualisiert ist; das ist nicht der Fall, wenn einer von mehreren Werklohnansprüchen im Mahnbescheid nicht ausdrücklich genannt wird und auch aus der Forderungshöhe nicht entnommen werden kann, dass er geltend gemacht werden soll.*)

VPRRS 2011, 0393

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2008 - 23 U 57/08
1. Der Grundsatz, dass der Vertrag mit dem Vertretenen auch dann zu Stande kommt, wenn der bevollmächtigte Vertreter erkennbar im fremden Namen handelt, ohne die Person des Vertretenen zu benennen, der Vertretene aber individualisierbar ist, gilt auch bei Vertragsschlüssen mit der öffentlichen Hand (hier der Universität als Anstalt des öffentlichen Rechts).
2. Den im öffentlichen Interesse bestehenden Zuständigkeitsregeln der öffentlichen Hand darf nicht über die Anwendung von Rechtsscheintatbeständen (hier: Anscheinsvollmacht) ihre Wirkung genommen werden.

VPRRS 2011, 0392

VK Sachsen, Beschluss vom 20.09.2011 - 1/SVK/035-11
1. Fehlen geforderte Erklärungen oder Nachweise, die bereits mit dem Angebot abzugeben waren und wird das Angebot nicht entsprechend Nummern 1 oder 2 ausgeschlossen, hat der Auftraggeber die fehlenden Erklärungen oder Nachweise nachzuverlangen. Nach dem Wortlaut von § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2009 ist diese Verpflichtung des Auftraggebers zwingend und zielt der Normsystematik nach ausschließlich auf Unterlagen ab, die bereits mit dem Angebot abzugeben waren. Unterlässt der Auftraggeber diese, im Gegensatz zu § 19 Abs. 2 Satz 1 VOL/A 2009 - nicht im Ermessen des Auftraggebers stehende Nachforderung, kommt ein Ausschluss des Angebots nicht in Betracht.*)
2. Soweit die Bewerbungsbedingungen lauten:

VPRRS 2011, 0390

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.11.2011 - Verg 22/11
1. Einen Bieterschutz im Rechtssinne entfaltet § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A 2006 nur, wenn das an den Auftraggeber gerichtete Gebot, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen, den Ausschluss des als unangemessen niedrig gerügten Preisangebots fordert. Dazu zählen beispielhaft unangemessen niedrige Angebote, die in der zielgerichteten Absicht der Marktverdrängung abgegeben worden sind oder die zumindest die Gefahr begründen, dass bestimmte Wettbewerber vom Markt verdrängt werden.
2. Ein Nebenangebot oder eine Variante liegt nur vor, wenn Gegenstand des Angebots ein von der in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehenen Leistung in technischer, wirtschaftlicher oder rechtlicher Hinsicht abweichender Bietervorschlag ist, d.h. der Inhalt des Angebots durch den Bieter gestaltet und nicht vom Auftraggeber vorgegeben ist.
3. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass Nebenangebote unzulässig sind, wenn der Preis das einzige Zuschlagskriterium ist.
4. Aufgrund der gegenteiligen Ansicht des OLG Schleswig (IBR 2011, 351) legt das OLG Düsseldorf diese Frage dem BGH vor.

VPRRS 2011, 0389

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.11.2011 - Verg 60/11
1. Erfüllt ein Bauprojekt alle Merkmale eines Großbauvorhabens, ist die Vorgabe einer mindestens dreijährigen Geschäftstätigkeit vergaberechtlich nicht als unangemessen oder mit dem Auftragsgegenstand nicht zusammenhängend zu beanstanden. Dies hat ungeachtet der Höhe der Auftragsumme auch in Bezug auf Betonstahl-Verlegearbeiten zu gelten. Armierungsarbeiten stellen bei der gebotenen funktionalen Betrachtung keine lediglich untergeordnete oder weniger wichtige Bauleistung dar. Sie betreffen die Tragfähigkeit des Bauwerks und sind im Baubetrieb in enger Verzahnung mit vorgehenden (z. B. Schalungsarbeiten) und darauf aufbauenden Bauleistungen (bspw. Betonierarbeiten) auszuführen.
2. Ein Nachunternehmer hat für die von ihm zu übernehmenden Teile der Leistung in fachlicher, persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht denselben Eignungsanforderungen zu genügen wie der Auftragnehmer für jenen Leistungsteil.
3. Das Vertrauen auf ein vergaberechtswidriges Verhalten des Auftraggebers ist rechtlich nicht schützenswert.
4. Ein Bieter darf einen Nachunternehmer nicht gegen einen anderen austauschen. Auch eine nachträgliche Veränderung des Eigenleistungsanteils des Bieters ist nicht statthaft.
5. Falschangaben eines Nachunternehmers im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 g VOB/A 2009 sind dem Bieter zuzurechnen.

VPRRS 2011, 0388

VK Bund, Beschluss vom 24.11.2011 - VK 3-143/11
1. Unklarheiten eines Nebenangebots führen im Wege eines Erst-recht-Schlusses gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 b VOB/A i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A zu einem zwingenden Ausschluss des betroffenen Nebenangebots.
2. Eine Klarheit kann insoweit auch nicht über ein Aufklärungsgespräch gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A herbeigeführt werden, da eine Aufklärung nur im Sinne einer zusätzlichen Erläuterung im Rahmen des abgegebenen Angebots erfolgen, nicht aber der Heilung von Fehlern oder der sonstigen Nachbesserung des Angebots dienen darf.

VPRRS 2011, 0386

OLG Dresden, Urteil vom 31.08.2011 - 1 U 1682/10
Auch bei einem Bauvertrag, der auf einer VOB/A-Ausschreibung beruht, ist das Verhalten der Parteien nach Vertragsschluss bei der durch Auslegung zu ermittelnden Bestimmung des Vertragsinhaltes zu berücksichtigen.*)

VPRRS 2011, 0385

VK Bund, Beschluss vom 29.08.2011 - VK 1-105/11
Die Beschaffung von Laborgeräten mittels Herstellerlisten ist mangels produktneutraler Ausschreibung unzulässig.

VPRRS 2011, 0384

VK Lüneburg, Beschluss vom 23.06.2011 - VgK-20/2011
1. Unklare Formulierungen in den Vergabeunterlagen gehen zu Lasten des Auftraggebers.
2. Werden in den Vergabeunterlagen Nachweise vom Auftragnehmer gefordert, dürfen die Bieter davon ausgehen, dass diese Nachweise erst der bezuschlagte Auftragnehmer vorlegen muss.
3. Unterlässt ein Bieter es deshalb, diese Unterlagen bereits mit dem Angebot abzugeben, darf ein Ausschluss nicht erfolgen.

VPRRS 2011, 0382

VK Lüneburg, Beschluss vom 18.11.2011 - VgK-50/2011
Zu der Frage, wie enge Teilnahmevoraussetzungen ein Auslober im Architektenwettbewerb stellen darf.

VPRRS 2011, 0381

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.10.2011 - Verg 46/11
1. Anforderungen des Auftraggebers an die Leistung müssen in der Leistungsbeschreibung so eindeutig und erschöpfend formuliert sein, dass Bieter oder Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen und unzweideutig erkennen können, welchen genauen Anforderungen die Eignung unterliegt.
2. Unklarheiten gehen zu Lasten des Auftraggebers.
3. Umfangreiche Vorarbeiten und Recherchen, die eine Angebotskalkulation erst ermöglichen, darf die Ausschreibung dem Bieter nicht abverlangen. Die Leistungsbeschreibung muss zudem erschöpfend sein. Das ist der Fall, wenn sie keine Fragen offenlässt, wobei sich der erschöpfende Charakter bereits aus der Eindeutigkeit der Leistungsbeschreibung ergeben kann.

VPRRS 2011, 0380

VK Lüneburg, Beschluss vom 16.09.2011 - VgK-35/2011
1. Eine kann nicht parallel noch ein zweites Mal im gleichen Vergabeverfahren zum Gegenstand des erneuten Nachprüfungsantrages vor der Vergabekammer gemacht werden.
2. Vor einer Beschwerdeentscheidung des Vergabesenats können keine vollendeten Tatsachen entstehen und daher kein wirksamer Zuschlag erteilt werden.
3. Die Vergabestelle muss sich an die bekannt gemachten Zuschlagskriterien, die Unterkriterien und ihre Gewichtung halten.

VPRRS 2011, 0379

VK Sachsen, Beschluss vom 20.10.2011 - 1/SVK/039-11
1. Hat ein Bieter die von ihm erkannte Unklarheit einer Ausschreibung nicht unverzüglich gerügt und wird er wegen eines die Bedingungen abändernden Angebots ausgeschlossen, eröffnet ihm der Ausschluss eine neue Rügemöglichkeit in Bezug auf die Unklarheit.
2. Bei der Ausschreibung von Planungsleistungen im Anwendungsbereich der HOAI ist zur Gewährleistung vergleichbarer Angebote eine Honorarzone durch den Auftraggeber vorzugeben.
3. Ob eine Ausschreibung missverständlich ist (hier: Vorgabe oder eigenständige Ermittlung der Honorarzone), richtet sich nicht nach Unschärfen im Detail, sondern nach dem Gesamteindruck von Vergabebekanntmachung und Ausschreibungsunterlagen unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts der fachkundigen Ausschreibungsadressaten und des Gebots einer vergabekonformen Auslegung.

VPRRS 2011, 0374

OLG München, Beschluss vom 03.11.2011 - Verg 14/11
1. Grundsätzlich steht die Wertung eines Funktionstestes der Vergabestelle als der Auftraggeberin zu. Sie beschafft und hat deshalb als Verantwortliche für das Ausschreibungsverfahren die Entscheidungshoheit darüber, ob die Anforderungen erfüllt sind oder nicht, wobei ihr ein Beurteilungsspielraum zur Verfügung steht.
2. Voraussetzung für eine vergabekonforme Beurteilung ist jedoch grundsätzlich, dass anhand der von der Vergabestelle selbst aufgestellten Anforderungen der Test geprüft wird. Die formulierten Mindestanforderungen sind daher für jede einzelne Aufgabe, wie sie im LV aufgeführt sind, zunächst daraufhin zu überprüfen, wie sie zu verstehen und nach dem Empfängerhorizont eines fach- und sachkundigen Bieters auszulegen sind.
3. Selbst dann, wenn eine solche Auslegung nicht den Vorstellungen der Vergabestelle entsprechen sollte, darf im zivilrechtlichen Geschäftsverkehr grundsätzlich nur das objektiv nach außen Erklärte und nicht das hiervon abweichende subjektiv Gewollte berücksichtigt werden.

VPRRS 2011, 0372

OLG Celle, Beschluss vom 17.11.2011 - 13 Verg 6/11
1. Dem Auftraggeber steht gemäß § 16 Abs. 6 S. 1 VOL/A ein Beurteilungsspielraum zu, ob er ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung als ungewöhnlich niedrig einstuft.*)
2. Zur Zuständigkeit des Verwaltungsausschusses für die Vergabeentscheidung.*)
3. Vergaberechtsfehler von Amts wegen aufzugreifen, kommt nur dann in Betracht, wenn ein Fehler vorliegt, der es unmöglich macht, das Vergabeverfahren fortzusetzen, z. B. weil eine vergaberechtskonforme Wertung der vorliegenden Angebote und ein entsprechender Zuschlag auf der Grundlage der vorliegenden Ausschreibung nicht möglich ist.*)

VPRRS 2011, 0371

VK Brandenburg, Beschluss vom 09.05.2011 - VK 10/11
Die Sektorenverordnung setzt die Sektorenrichtlinie (Richtlinie 2004/17/EG-SKR) um. Sie sollte nach den Erwägungen der Bundesregierung nur den Mindeststandard der Sektorenrichtlinie aufnehmen mit dem Ziel, durch die Neufassung der Vergabevorschriften im Sektorenbereich den Regelungsinhalt zu reduzieren. Wenn also der nationale Verordnungsgeber in der Sektorenverordnung bewusst auf den Mindeststandard der Sektorenrichtlinie übersteigende Reglementierungen verzichtet hat, kann keineswegs unterstellt werden, es lägen etwaig unbeabsichtigte Regelungslücken vor, die im Wege der Analogie zu schließen seien.

VPRRS 2011, 0368

OLG Brandenburg, Beschluss vom 01.11.2011 - Verg W 12/11
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass Einzelpositionen nur dann "unwesentlich" i. S. d. § 19 EG Abs. 2 Satz 2 2. Hs. VOL/A 2009 wären, wenn sie den Gesamtpreis nicht verändern oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen. Bei einem solchen Verständnis der Vorschrift wäre der Begriff "unwesentlich" überflüssig und könnte ohne Weiteres gestrichen werden. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass der Verordnungsgeber hier einen nichtssagenden Begriff verwenden wollte.

VPRRS 2011, 0367

VK Bund, Beschluss vom 29.04.2011 - VK 1-34/11
1. Die VOL/A-EG sieht anders als § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A (sechs Kalendertage) keine konkrete Vorlagefrist vor, vielmehr liegt diese im von der Vergabekammer zumindest eingeschränkt überprüfbaren Ermessen des öffentlichen Auftraggebers.
2. Die Frist muss angemessen sein und es ist bei ihrer Bemessung u.a. zu berücksichtigen, mit welchem Aufwand die nachgeforderte Erklärung beschafft werden kann.
3. Allerdings verhält es sich grundsätzlich auch nicht so, dass dem betreffenden Bieter eine so lange Frist eingeräumt werden muss wie ursprünglich im Rahmen der Angebotserstellung vorgesehen war. Durch die Nachforderung erhält der Bieter lediglich die erneute Chance, dieser Anforderung spätestens jetzt gerecht zu werden.
4. Der Bieter hatte daher bereits seit der Kenntnis der Bekanntmachung Möglichkeit und auch Veranlassung, zügig die geforderten CE-Erklärungen zu besorgen. Vor diesem Hintergrund kann auch eine Frist von knapp 21 Stunden zur Vorlage der CE-Konformitätserklärung ausreichend sein.

VPRRS 2011, 0362

VK Brandenburg, Beschluss vom 18.01.2011 - VK 66/10
1. Während bei der Ermittlung der Anwendungsschwellen für Liefer- und Dienstleistungsaufträge prinzipiell auf den Wert des einzelnen zu vergebenden Auftrages abgestellt wird und eine Zusammenfassung nur bei laufzeitbestimmten Verträgen infrage kommt, ist Anknüpfungspunkt im Baubereich der Gesamtauftragswert des zu realisierenden Projektes. Dabei sind die Aufträge einzurechnen, die in demselben technischen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.
2. Besteht zwischen dem zweiten und dem ersten Bauabschnitt kein funktionaler und auch zeitlicher Zusammenhang, weil die Maßnahmen des 2. Bauabschnitts weder technisch noch wirtschaftlich von dem bereits abgeschlossenen Projekt abhängen, sind die jeweiligen Auftragswerte der Bauabschnitte für die Berechnung des Schwellenwerts nicht zusammenzurechnen.
3. Kann der Bieter aus der Vergabebekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen klar erkennen, dass der Auftraggeber von einem Bauauftrag ausgeht, während der Bieter selbst von einen Lieferauftrag ausgeht, so ist ihm der Vergabeverstoß (falsche Wahl der Verfahrensart) positiv bekannt und er muss ihn bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber rügen.

VPRRS 2011, 0360

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.09.2011 - 9 S 1273/10
Die in Nr. 3.2 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) enthaltene Verpflichtung, bei der Vergabe von Aufträgen die Abschnitte 1 der VOL bzw. VOB anzuwenden, stellt eine Auflage im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG dar, wenn sie zum Bestandteil des Zuwendungsbescheids gemacht wurde. Ein Verstoß hiergegen berechtigt zum (Teil-)Widerruf der Zuwendung.*)

VPRRS 2011, 0359

VK Südbayern, Beschluss vom 21.07.2010 - Z3-3-3194-1-37-05/10
Pauschale Vermutungen und Behauptungen stellen keine ausreichende Begründung für einen Nachprüfungsantrag dar. Zur Vermeidung von Missbrauch ist auch dann, wenn der Antragsteller die Grundlage der Rechtsverletzung in internen Vorgängen der Vergabestelle sieht, von ihm zu verlangen, diejenigen Indizien und tatsächlichen Anhaltspunkte vorzubringen, die ihn zu dem Schluss bewogen haben, die Vergabestelle habe sich vergaberechtswidrig verhalten.*)

VPRRS 2011, 0357

VK Sachsen, Beschluss vom 27.09.2011 - 1/SVK/038-11
1. Der Übergang in ein Verhandlungsverfahren gemäß § 3a EG Abs. 6 Nr. 1 VOB/A ohne Öffentliche Vergabebekanntmachung ist nur dann zulässig, wenn bei einem Offenen Verfahren oder Nichtoffenen Verfahren keine wirtschaftlichen Angebote abgegeben und die ursprünglichen Vertragsunterlagen nicht grundlegend geändert worden sind. Wird nach Aufhebung des Offenen Verfahrens durch Verzicht auf die ursprüngliche Forderung eines Leitfabrikates und verschiedener Alleinstellungsmerkmale gerade erstmalig ein produktneutrales Leistungsverzeichnis hergestellt, so stellt dies eine grundlegend Änderung der ursprünglichen Vertragsunterlagen dar.*)
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind regelmäßig ein Schaden und eine Antragsbefugnis zu bejahen, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren nicht ohne Weiteres durch Zuschlag beendet werden darf, und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt.*)

VPRRS 2011, 0355

OLG Jena, Beschluss vom 22.08.2011 - 9 Verg 2/11
Die Entscheidung und die Ausgestaltung einer Rahmenvereinbarung liegen im Ermessen der Vergabestelle. Soweit die Rahmenvereinbarung keine Mindestabnahmepflicht beinhaltet, verletzt die Ausschreibung die Rechte der Bieter, da diesen ein unzumutbares Kalkulationsrisiko aufgebürdet wird und die Ausschreibung keine vergleichbaren Angebote erwarten lässt.

IBRRS 2011, 4082

VK Bund, Beschluss vom 21.09.2011 - VK 1-117/11
Einem Antragsteller droht ausnahmsweise dann kein Schaden, wenn sich die Verwendung unzulässiger Eignungskriterien in der Angebotsprüfung nicht negativ auf seine Zuschlagschancen (Angebotsreihenfolge) ausgewirkt hat. Dem Antragsteller fehlt dann die Antragsbefugnis (§ 107 Abs. 2 GWB).

VPRRS 2011, 0353

VK Südbayern, Beschluss vom 04.10.2010 - Z3-3-3194-1-45-07/10
1. Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, bereits bei Angebotsabgabe die Angabe von Fabrikat und Herstellern von den Bietern zu verlangen.*)
2. Dem Auftraggeber ist es nicht verwehrt nach der Angebotslegung im Rahmen der Aufklärung vom Bieter Angaben über das angebotene Fabrikat sowie den Hersteller zu verlangen.*)
3. Verweigert ein Bieter die geforderte Aufklärung seines Angebotes vollständig oder macht er unzureichende Angaben ist das Angebot auszuschließen.*)
4. Das Recht auf Akteneinsicht besteht nur in dem Umfang, in dem es zur Durchsetzung der subjektiven Rechte des betroffenen Verfahrensbevollmächtigten erforderlich ist. Hierbei ist die Entscheidungsrelevanz der Unterlagen maßgeblich, deren Einsicht begehrt wird.*)

VPRRS 2011, 0352

VK Südbayern, Beschluss vom 23.11.2010 - Z3-3-3194-1-58-10/10
1. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A sind Änderungen an den Verdingungsunterlagen durch den Bieter unzulässig. Sie haben nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A zur Folge, dass das Angebot, welches nicht der Leistungsbeschreibung des Auftraggebers entspricht, von der Wertung ausgeschlossen werden muss. Der Ausschlussgrund ist nicht erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot wegen fehlender Erklärungen im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Damit ein Angebot gewertet werden kann, ist jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag anzugeben, der für die entsprechende Leistung beansprucht wird. Erklärungen eines Bieters zum Einheitspreis einer Position sind nicht vollständig, auch wenn er die Bemerkung "-in BMZ enthalten -" und als Einheitspreis "0 Euro" angibt.*)
2. § 97 Nr. 2 GWB verpflichtet die öffentlichen Auftraggeber, alle Teilnehmer an einem Vergabeverfahren grundsätzlich gleich zu behandeln, es sei denn, eine Benachteiligung ist auf Grund des GWB ausdrücklich geboten oder gestattet. Es handelt sich hierbei um einen der zentralen vergaberechtlichen Grundsätze schlechthin. Das diesen Grundsatz flankierende Gebot der Produktneutralität gem. § 9 Nr. 10 VOB/A soll sicherstellen, dass eine Leistungsbeschreibung die Herstellung von Chancengleichheit im Vergabewettbewerb gewährleistet.*)

VPRRS 2011, 0449

VK Düsseldorf, Beschluss vom 29.07.2011 - VK 19/2011
1. Beim Regelungsgehalt des § 4 Abs.1 Nr. 2 VOB/A ist zu berücksichtigen, dass die Varianten aus § 7 Abs. 13 bis 15 VOB/A einzubeziehen sind.
2. Eine Kombination einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis (§ 7 Abs. 9 ff. VOB/A) mit einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm (§ 7 Abs. 13 ff. VOB/A) ist nicht möglich, weil in ihr von vornherein der Widerspruch angelegt ist, dass der Bieter die Pauschalvereinbarung rechtfertigende „genaue“ Planung und Leistungsbestimmung des Auftraggebers gegebenenfalls ergänzen/verändern muss, um das ihm gesetzte funktionale Ziel zu erreichen.
3. Fordert der öffentliche Auftraggeber von Bietern, dass diese eine lückenausfüllende und mängelbeseitigende Planung und die sich daraus in der Ausführung ergebenden Änderungen in ihre Angebote einzukalkulieren haben, kann er sich im Rahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A nicht mit Erfolg auf eine positive Änderungsprognose im Rahmen seines Beurteilungsspielraums berufen.
4. Die Pauschalierung von Erdarbeiten ist mit der Anforderung aus § 4 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A jedenfalls dann nicht vereinbar, wenn sich aus dem Baugrunduntersuchungsraster ergibt, dass die Baugrundverhältnisse fast durchweg Belastungen des Oberbodens ausweisen, da in diesem Falle Risiken vorliegen, die über die bei Erdarbeiten üblichen Unwägbarkeiten hinausgehen und die auch bei unterstellt sorgfältiger Erkundung zu Änderungen der abgeleiteten Mengengerüste führen können.
5. Eine Pauschalierung gem. § 4 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A setzt eine vollständige Ausführungsplanung voraus, die nicht gegeben ist, wenn 5% der Statiken nicht mit Prüfvermerken des Prüfingenieurs versehen sind und die Schalungs- und Bewehrungspläne erst vor dem Baubeginn übergeben werden.
6. Eine Pauschalierung der Vergütung für Hochwasserschutzmaßnahmen ist nicht zulässig, da auf Grund der mangelnden Vorhersehbarkeit von Hochwasserereignissen nicht prognostiziert werden kann, wie oft Geräte, Stoffe und Hilfskonstruktionen entfernt und wieder eingesetzt werden müssen.
7. Werden den Bietern im ausgeschriebenen Bauvertrag Generalunternehmerleistungen zur Bewältigung von Schnittstellen übertragen, so ist dies nicht zu beanstanden, da Generalunternehmerleistungen auch die Schnittstellenkoordination einer unbestimmten Anzahl Dritter umfasst.
8. Die Übernahme der Sicherheits- und Gesundheitskoordination als Teil der Gesamtbauleitung durch einen Generalunternehmer erscheint nicht als nach Art und Umfang unbestimmte und/oder ungewöhnlich risikobehaftete Leistung, da auf Grund der eigenen Bautätigkeit und auf Grund der Funktion der Gesamtbauleitung eine umfassende Mitwirkungs- und Abstimmungsverpflichtung des Generalunternehmers mit allen relevant mit den Arbeiten in Berührung kommenden Dritten als ohnehin zu erfüllende Nebenpflicht zu bezeichnen ist.

VPRRS 2011, 0349

VK Südbayern, Beschluss vom 20.04.2011 - Z3-3-3194-1-07-02/11
1. Bieter können für die Angebotsabgabe eine selbstgefertigte Abschrift oder Kurzfassung des Leistungsverzeichnisses benutzen, wenn sie den vom Auftraggeber verfassten Wortlaut des Leistungsverzeichnisses im Angebot als allein verbindlich anerkennen; Kurzfassungen müssen jedoch die Ordnungszahlen (Positionen) vollzählig, in der gleichen Reihenfolge und mit den gleichen Nummern wie in dem vom Auftraggeber verfassten Leistungsverzeichnis, wiedergeben.*)
2. Angebote sind auszuschließen, sofern der Ausschlusstatbestand "Änderungen der Verdingungsunterlagen" vorliegt. Als derartige Änderungen sind alle Eintragungen anzusehen, welche die vom Auftraggeber erarbeiteten Vergabeunterlagen abändern.*)
3. Ein Ausschluss ist dann nicht gerechtfertigt, wenn es sich bei dem abgeänderten Leistungsverzeichnis nicht um eine Erhöhung der Mengen handelt, sondern um einen Wegfall eines Teils einer Position im Leistungsverzeichnis. Dem Auftraggeber entsteht so kein Nachteil bei der Wertung des Angebots und seitens des Bieters bestehen keine Manipulationsmöglichkeiten.*)

VPRRS 2011, 0435

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.08.2011 - Verg 34/11
1. Der öffentliche Auftraggeber ist befugt, die für die Leistungserbringung notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen selbstständig zu prüfen.
2. Rechtliche Zweifel am Umfang und der Gültigkeitsdauer einer Genehmigung geben hinreichenden Anlass, die Eignung des Bieters zu verneinen, und rechtfertigen den Ausschluss vom Vergabeverfahren.
3. Im Vergabenachprüfungsverfahren beschränkt sich die Überprüfung darauf, ob die Auslegung der Genehmigung durch den öffentlichen Auftraggeber vertretbar ist.
4. Eine lediglich faktische Duldung durch die Genehmigungsbehörde führt zu keiner Einengung der Ermessensentscheidung des öffentlichen Auftraggebers.

VPRRS 2011, 0347

BGH, Urteil vom 30.08.2011 - X ZR 55/10
1. Zur Beurteilung der Frage, ob an einem öffentlichen Auftrag ein grenzüberschreitendes Interesse besteht, ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Auftrag nach den konkreten Marktverhältnissen, das heißt mit Blick auf die angesprochenen Branchenkreise und ihre Bereitschaft, Aufträge gegebenenfalls in Anbetracht ihres Volumens und des Ortes der Auftragsdurchführung auch grenzüberschreitend auszuführen, für ausländische Anbieter interessant sein könnte.*)
2. Bei der Zulassung von Nebenangeboten werden die Grundfreiheiten des Primärrechts der Europäischen Union und die Gebote der Gleichbehandlung, Verhältnismäßigkeit und Transparenz gewahrt, wenn in den Vergabeunterlagen vorgegeben wird, dass Ausführungsvarianten eindeutig und erschöpfend beschrieben werden und alle Leistungen umfassen müssen, die zu einer einwandfreien Ausführung der Bauleistung erforderlich sind, und dass bei nicht in Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen oder in den Vergabeunterlagen geregelten Leistungen im Angebot entsprechende Angaben über Ausführung und Beschaffenheit dieser Leistungen zu machen sind.*)

VPRRS 2011, 0346

OLG Brandenburg, Beschluss vom 13.09.2011 - 6 W 73/11
1. Nimmt der Antragsteller den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit, der dem Zeitpunkt der Anhängigkeit entspricht, zurück, sind ihm die Kosten nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO aufzuerlegen.*)
2. Der Anwendungsbereich des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO, der ausnahmsweise die Berücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs bereits bei der Kostenentscheidung des laufenden Rechtsstreits ermöglicht, ist in einem solchen Fall nicht eröffnet.*)
3. Hat sich der Verfügungsantrag nach Eingang des Antrages in der Hauptsache erledigt, kann der Antragsteller das Verfahren für in der Hauptsache erledigt erklären. Für eine analoge Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO für den Fall einer Erledigung nach Eingang des Verfügungsantrages bei Gericht besteht kein Anlass.*)
4. Eine Erledigung des Verfügungsantrages vor seiner Einreichung bei Gericht fällt grundsätzlich in die Risikosphäre des Klägers. Eine entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO in einem solchen Fall ist nicht gerechtfertigt.*)
5. Es ist zweifelhaft, ob bei Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich der nicht berücksichtigte Bieter eine einstweilige Verfügung mit dem Ziel beantragen kann, dem Auftraggeber den Zuschlag zu untersagen. Denn das Zivilrecht lässt nicht allgemein Unterlassungsansprüche als primäre Leistungspflichten zu. Bei einer beabsichtigten Vergabe könnte ein etwaiger Unterlassungsanspruch allenfalls dann erwogen werden, wenn glaubhaft gemacht wäre, dass der Antragsgegner in unredlicher Absicht oder willkürlich vorzugehen droht oder ihm vorsätzlicher Rechtsbruch zu Last zu legen ist.*)

VPRRS 2011, 0344

LG Stuttgart, Beschluss vom 06.06.2011 - 10 O 9/11
Auf einen eingetragenen Verein, der die angewandte Forschung fördern soll und überwiegend von Bund und Ländern finanziert wird, ist die Gerichtsstandsvereinbarung des § 18 Abs. 1 VOB/B anwendbar.

VPRRS 2011, 0326

VK Sachsen, Beschluss vom 16.05.2011 - 1/SVK/016-11
Auch wenn der Auftraggeber überschießende Produktanforderungen in den Vergabeunterlagen aufstellt, greift eine diesbezügliche Selbstbindung. Er ist daher bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gebunden, nur solche Angebote zu berücksichtigen, die diesen überzogenen Produktanforderungen gerecht werden. Nach Öffnung der Angebote ist dem Auftraggeber ein nachträglicher Verzicht auf diese Produktanforderungen zu Gunsten eines günstigeren Angebotes untersagt.*)

VPRRS 2011, 0325

VK Sachsen, Beschluss vom 19.05.2011 - 1/SVK/015-11
1. Das ursprünglich in § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A 2006 enthaltene Gebot, dass dem Auftragnehmer kein "ungewöhnliches Wagnis" aufgebürdet werden dürfe, ist im Zuge der Novellierung der VOL/A 2009 ersatzlos entfallen, während hingegen dieses Postulat in § 7 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2009 weiterhin besteht. Allerdings ist es Aufgabe der Vergabekammer, unter dem Tatbestandsmerkmal der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung zu prüfen, ob die Verdingungsunterlagen eine angemessene Risikoverteilung enthalten.*)
2. Schließt ein Auftraggeber bei einem Liefervertrag über Tausalz jegliche Abnahmeverpflichtung aus, so werden die Risiken des Vertrages in vergaberechtswidriger Weise einseitig zu Lasten des Auftragnehmers verschoben. Es kann aber ebenso wenig Verpflichtung des Auftraggebers sein, die branchentypischen Wagnisse eines solchen Liefervertrages für die Bieter vollständig zu übernehmen.*)

VPRRS 2011, 0324

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.09.2011 - Verg 80/11
1. Die Plausibilität des Angebots auf der ersten Wertungsstufe zu prüfen.
2. Dabei ist zu überprüfen, ob die Kalkulation des Bieters, die auf den für allgemein verbindlich erklärten Tarifverträgen zu fußen habe, die Leistungsbeschreibung hinreichend widerspiegelt.
3. Unterschreiten die angesetzten Kosten die nach der Leistungsbeschreibung notwendigen oder angebotenen Leistungen, ist dies entweder auf eine untertarifliche Entlohnung der Arbeitnehmer oder auf den fehlenden Willen des Bieters, die angebotenen Leistungen vollständig zu erbringen, zurückzuführen. Beide denkbaren Gründe führen zum Ausschluss des Angebots.

VPRRS 2011, 0321

VK Köln, Beschluss vom 05.07.2011 - VK VOB 17/2011
1. Bei der Prüfung des Schwellenwerts sind die geschätzten Gesamtkosten der Baumaßnahme und nicht die Ausschreibungsergebnisse zu Grunde zu legen.
2. Die geschätzten Kosten zweier Bauabschnitte, die dem Lückenschluss einer Gesamtstrecke dienen, sind bei der Schwellenermittlung zu addieren, diese stellen einen Bauauftrag dar.

VPRRS 2011, 0320

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2011 - Verg 64/10
1. Eine Verletzung der Rechte der Bieter liegt dann vor, wenn der Auftraggeber bei der Wertung das Kriterium der "Wirtschaftlichkeit" herangezogen hat, ohne eine dieses Kriterium näher konkretisierende Wertungsmatrix den Bietern bekanntzugeben und der Wertung zugrundezulegen.
2. Eine Erledigung des Vergabenachprüfungsverfahren liegt auch dann vor, wenn der Auftraggeber von der zunächst beabsichtigten Zuschlagserteilung an einen anderen Bieter abgesehen und das Vergabeverfahren durch die Übersendung korrigierter Vergabeunterlagen zurückversetzt hat.
3. Für die Frage der Erledigung kommt es nicht darauf an, ob der ursprüngliche Nachprüfungsantrag zulässig und begründet war. Es reicht vielmehr aus, dass der auf Vornahme oder Unterlassung gerichtete Antrag des Antragstellers gegenstandslos geworden ist.

VPRRS 2011, 0318

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.08.2011 - Verg 71/11
1. Geforderte Eignungsnachweise sind vom Auftraggeber nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. u VOB/A in der Vergabebekanntmachung zu nennen. In den Vergabeunterlagen (Aufforderung zur Angebotsabgabe) kann der Auftraggeber lediglich noch angeben, ob die Nachweise bereits mit dem Angebot verlangt werden oder ob deren spätere Anforderung vorbehalten ist (vgl. § 6 Abs. 3 Nr. 5 VOB/A).
2. Ein Angebot kann nicht wegen fehlender Eignungsnachweise ausgeschlossen werden, wenn deren Vorlage in der Vergabebekanntmachung nicht mit der strikten Klarheit und Deutlichkeit, die bei einer Zuwiderhandlung den Ausschluss eines Angebots zulässt, gefordert wird.

VPRRS 2011, 0317

OLG Hamm, Urteil vom 22.02.2011 - 19 U 106/10
1. Eine Besondere Leistung im Sinne der VOB/C gehört nur bei ausdrücklicher Erwähnung in der Leistungsbeschreibung zum vertraglichen Leistungsumfang des Auftragnehmers.
2. Ist die Leistung allerdings insgesamt funktional beschrieben und auf eine mangelfreie sowie vollständige Werkleistung bezogen, ist die Leistungsbeschreibung ambivalent, wenn dieser Erfolg ohne die Besondere Leistung nicht erreicht werden kann.
3. In einer solchen Konstellation ist die Leistungsbeschreibung in vergütungsrechtlicher Hinsicht funktional unvollständig, so dass dem Auftragnehmer für die Ausführung der Besonderen Leistung ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung zusteht.

VPRRS 2011, 0316

OLG Dresden, Beschluss vom 17.05.2011 - WVerg 3/11
Lassen die Ausschreibungsunterlagen die Abgabe eines Angebots zu, so wird ein Bieter hieran nicht dadurch gehindert, dass das ausgeschriebene Leistungsprofil nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechen mag.*)

VPRRS 2011, 0315

OLG Dresden, Beschluss vom 02.08.2011 - WVerg 4/11
1. Die VOL/A verbietet es auch in der neuen Fassung, den Bietern ein ungewöhnliches Wagnis aufzuerlegen, obwohl die dies aussprechende Regelung der VOL/A in der vormaligen Fassung nicht übernommen worden ist.*)
2. Mit einer Verpflichtung, Streusalz in größeren Mengen auf Abruf zu liefern, ohne dass auch nur hinsichtlich einer Teilmenge eine Abnahmeverpflichtung des öffentlichen Auftraggebers besteht, wird dem Auftragnehmer ein ungewöhnliches Wagnis auferlegt.*)

VPRRS 2011, 0314

VK Berlin, Beschluss vom 21.02.2011 - VK-B2-18/2011
1. Der in § 25 Nr. 1 Abs. 1 c) VOB/A 2006 angeordnete Ausschluss von Angeboten trifft nicht nur Bieter, die eine unzulässige, wettbewerbsbeschränkende Abrede getroffen haben, sondern auch solche, denen im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung am Vergabeverfahren andere wettbewerbliche Verfehlungen von erheblichem Gewicht im Sinne des allgemeinen Teils des GWB und des UWG vorzuwerfen sind.
2. Reicht ein Bieter mit seinem Nachprüfungsantrag aus dem Angebot eines Mitbieters dessen Unbedenklichkeitsbescheinigung der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, eine steuerliche Bescheinigung zur Beteiligung an Öffentlichen Aufträgen und eine Freistellungsbescheinigung zum Steuerabzug bei Bauleistungen ein, um durch eine eigenwillige Auslegung dieser Schreiben den Mitbieter in Misskredit zu bringen, so ist der Bieter auszuschließen.

VPRRS 2011, 0313

KG, Urteil vom 17.01.2011 - 2 U 4/06 Kart
1. Begehrt ein Bieter, künftig wieder zu Vergabeverfahren von Konzernunternehmen der Vergabestelle zugelassen zu werden, ist die ordentliche Gerichtsbarkeit zuständig.
2. Zu der Frage, wann eine marktbeherrschende Stellung des Auftraggebers im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB vorliegt.
3. Die Vorschriften der Verdingungsordnungen sind insoweit als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB anzusehen, soweit sie bieterschützenden Charakter haben.
4. Die grundsätzliche Möglichkeit der Verhängung einer Vergabesperre ist allgemein anerkannt.
5. Vergabesperren wegen Unzuverlässigkeit des Unternehmens unterscheiden sich zum Ausschluss von einem konkreten Vergabeverfahren lediglich insoweit, als die Umstände, auf die die Unzuverlässigkeit gestützt wird, geeignet sein müssen, den Ausschluss nicht nur im Hinblick auf eine konkrete Vergabe, sondern generell zu rechtfertigen.
6. Zu der Frage, wann schwere Verfehlungen im Sinne des § 8 Nr. 5 Abs. 1 c VOB/A 2006 vorliegen.
7. Dem Auftraggeber ist die Verhängung einer generellen Vergabesperre wie der Ausschluss eines Angebots im Rahmen eines konkreten Vergabeverfahrens nicht etwa erst möglich, wenn sich der Auftragnehmer strafrechtlichen Vorwürfen ausgesetzt hat, die entweder unstreitig sind oder zu einer rechtskräftigen Verurteilung geführt haben. Die Verfehlungen, die den Ausschluss bzw. die Verhängung der Sperre rechtfertigen, müssen nicht nachgewiesen, sondern lediglich "nachweislich" sein.
8. Ergibt sich für den Auftraggeber, dass die Zuverlässigkeit des Bieters weiterhin ungewiss erscheint, darf er ihn weiter generell von der Teilnahme an Ausschreibungen ausschließen.

VPRRS 2011, 0312

OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.09.2011 - Verg W 11/11
1. Die Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB ist auf ein Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Teilnahmewettbewerb i.S.v. § 3 Abs. 4 EG VOL/A entsprechend anwendbar.
2. Ein drohender Schaden im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ist bereits dargetan, wenn der Vortrag des Antragstellers ergibt, dass er im Fall eines ordnungsgemäßen neuen Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte als in dem beanstandeten Verfahren.
3. Eine Verschlechterung der Bieterposition kommt insbesondere in Betracht, wenn der Auftraggeber statt des offenen Verfahrens ein Verhandlungsverfahren durchführt. Wird das Verhandlungsverfahren zu Unrecht gewählt, ist deshalb jeder Bieter der im offenen Verfahren nicht gegebenen Gefahr ausgesetzt, im Rahmen von Nachverhandlungen von einem Mitbewerber unterboten zu werden. Bereits dies kann seine Zuschlagschancen beeinträchtigen.
4. Die Unvollständigkeit eines Angebots führt nach geltendem Recht nicht mehr unmittelbar zum Ausschluss eines Angebots. § 19 EG Abs. 2 VOL/A räumt dem Auftraggeber die Möglichkeit ein, fehlende Erklärungen und Nachweise nachzufordern, wobei ein Ausschluss des Angebots erst dann zwingend erfolgen muss, wenn der Bieter die nachgeforderten Unterlagen auch innerhalb der vom Auftraggeber bestimmten Nachfrist nicht vorgelegt hat.
5. Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet fehlende Erklärungen oder Nachweise nachzufordern. Eine Verpflichtung hierzu ergibt sich auch nicht etwa aus dem Umstand, dass die entsprechende Regelung im Bereich der Bauaufträge den Auftraggeber zwingt, fehlende Erklärungen oder Nachweise nachzuverlangen, § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A. Dem steht der klare Wortlaut des § 19 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A entgegen.
6. Es ist anerkannt, dass das Wort "kann" im Vergaberecht dem Auftraggeber ein Ermessen einräumt und ihn nicht etwa zur Vornahme der Handlungen verpflichtet, die er vornehmen kann. Der Auftraggeber kann also ein unvollständiges Angebot von der Wertung ausschließen, ohne von der Nachforderungsmöglichkeit Gebrauch zu machen.
