Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
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VPRRS 2006, 0461VK Lüneburg, Beschluss vom 10.10.2006 - VgK-23/2006
1. Die Überschreitung des maßgeblichen Schwellenwerts ist eine Anwendungsvoraussetzung des vergaberechtlichen Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahrens und daher jederzeit von Amts wegen zu prüfen. Diese Prüfung bleibt unbeeinflusst von dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten, insbesondere davon, ob und wann diese zu den tatsächlichen Grundlagen der Schwellenwertberechnung oder zu den fachlichen und rechtlichen Fragen der Berechnung (Vorausschätzung) des voraussichtlichen Auftragswertes (Honorarsumme nach HOAI) im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB Rügen erhoben haben.
2. Steht bei einer öffentlichen Ausschreibung nach § 3 VOB/A nach Mitteilung der Submissionsergebnisse fest, dass die Angebote sämtlicher Bieter weit über den Schwellenwerten liegen, so haben spätestens ab diesem Zeitpunkt alle Bieter positive Kenntnis davon, dass der Auftraggeber gegen seine Pflicht zur Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens verstoßen hat.
3. Bei einem solchen Verstoß liegt keine schwierige Sach- oder Rechtslage vor, so dass eine Rüge innerhalb weniger Tage erfolgen muss.
4. Wird die Wahl der öffentlichen Ausschreibung nach § 3 VOB/A anstelle des gebotenen europaweiten, offenen Verfahrens nicht rechtzeitig beanstandet, erfasst die Präklusionswirkung die spätere Nichteinhaltung solcher Bestimmungen, die gerade nur bei gemeinschaftsweiter Ausschreibung einzuhalten sind. Dies gilt insbesondere für die Nichterteilung der Vorinformation nach § 13 VgV und deren Rechtsfolgen. Der dann - wie im vorliegenden Fall - nach öffentlicher Ausschreibung geschlossene Vertrag ist nicht wegen unterbliebener Vorinformation nichtig.
5. Die Vergabekammer kann gravierende Verstöße, die nicht das individuelle Interesse eines Bieters, sondern vornehmlich auch das öffentliche Interesse an einem fairen und ausschließlich wirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigenden Vergabeverfahren im Wege der Amtsermittlung auch dann aufgreifen, wenn diese Verstöße nicht gerügt wurden. Solchen Verstößen darf die Kammer aber nur dann nachgehen, wenn der Nachprüfungsantrag zumindest in Teilen zulässig ist.
6. Das vergaberechtswidrige Unterlassen der Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens, das wegen Erreichens oder Überschreitens des maßgeblichen Schwellenwertes geboten ist, erfüllt nur bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen der §§ 107, 109 GWB die Anwendungsvoraussetzungen eines Nachprüfungs- oder Beschwerdeverfahrens.
VolltextVPRRS 2006, 0460
OLG München, Beschluss vom 16.11.2006 - Verg 14/06
1. Hat ein im Nachprüfungsverfahren tätiger Rechtsanwalt den Beteiligten bereits im Vergabeverfahren beraten, bestimmt sich die Abrechnung seiner Gebühren für das Nachprüfungsverfahren nicht nach dem reduzierten Gebührenrahmen der Nr. 2301 (bis 30.6.2006: 2401) VV RVG sondern nach Nr. 2300 (bis 30.6.2006: 2400) VV RVG.*)
2. Bei der Ausfüllung des Rahmens der Nr. 2300 RVG kann sich die Vorbefassung des Rechtsanwalts im Vergabeverfahren gebührenmindernd auswirken.*)
VolltextVPRRS 2006, 0459
OLG München, Beschluss vom 13.11.2006 - Verg 13/06
1. Hat ein im Nachprüfungsverfahren tätiger Rechtsanwalt den Beteiligten bereits im Vergabeverfahren beraten, bestimmt sich die Abrechnung seiner Gebühren für das Nachprüfungsverfahren nicht nach dem reduzierten Gebührenrahmen der Nr. 2301 (bis 30.6.2006: 2401) VV RVG sondern nach Nr. 2300 (bis 30.6.2006: 2400) VV RVG.*)
2. Bei der Ausfüllung des Rahmens der Nr. 2300 RVG kann sich die Vorbefassung des Rechtsanwalts im Vergabeverfahren gebührenmindernd auswirken.*)
VolltextVPRRS 2006, 0457
OLG Jena, Beschluss vom 30.10.2006 - 9 Verg 4/06
1. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln erlischt nach Ablauf der Bindefrist (§ 19 Abs. 3 VOL/A) das Angebot eines Bieters gem. §§ 146, 148 BGB und ist damit für das Ausschreibungsverfahren nicht mehr existent.*)
2. Die Wertung eines wegen Überschreitung der Bindefrist bereits erloschenen und danach erneut zum Wettbewerb eingereichten - inhaltsgleichen - Angebots ist wegen Überschreitung der Angebotsfrist (§ 18 Abs. 1 S. 1 VOL/A) grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, dass der verspätete Eingang auf nicht vom Bieter zu vertretenden Umständen beruht, § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. e VOL/A.*)
3. Nicht der Bietersphäre im vorgenannten Sinne zuzurechnen ist es, wenn die Vergabestelle mit gleicher Wirkung für alle Bieter und im Einvernehmen mit diesen (vgl. § 28 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A) eine bereits abgelaufene Angebotsfrist nachträglich "verlängert", d.h. die erneute Vorlage der bereits erloschenen Angebote mit deren ursprünglichem Inhalt gestattet.*)
4. Übergeht die Vergabestelle im Rahmen der nachträglichen "Verlängerung" einer bereits abgelaufenen Angebotsfrist einen einzelnen Bieter, so ist diesem aus Gleichbehandlungsaspekten wie den übrigen Bewerbern die erneute Vorlage seines (erloschenen) ursprünglichen Angebots gestattet.*)
VolltextVPRRS 2006, 0456
VK Lüneburg, Beschluss vom 17.10.2006 - VgK-25/2006
Im Teilnahmeverfahren nach der VOF ist es nicht zulässig, die Abgabe der Ausschreibungsunterlagen an die interessierten Bewerber von einer Kostenerstattung abhängig zu machen.
VolltextVPRRS 2006, 0455
VK Sachsen, Beschluss vom 20.09.2006 - 1/SVK/085-06
1. Hinsichtlich der Eignung der Bewerber im Sinne des § 2 Nr. 2 VOL/A gilt, das jedes Mitglied der Bietergemeinschaft die geforderten Voraussetzungen erfüllen muss. Gemäß § 7 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A sind Arbeitsgemeinschaften und andere gemeinschaftliche Bewerber Einzelbewerbern gleichzusetzen, d.h., sie dürfen gegenüber Einzelbewerbern weder bevorzugt, noch benachteiligt werden. D.h. ggf. hat jedes Mitglied der Bietergemeinschaft für die jeweiligen Geschäftsführer die entsprechenden Führungszeugnisse vorzulegen, anderenfalls könnte über die Wahl des Rechtskonstruktes der Bietergemeinschaft die Forderung des Auftraggebers nach Eignungsnachweisen unterlaufen werden.*)
2. Die erste Tatbestandsalternative des § 26 Nr. 2 a VOL/A erlaubt nur dann eine Teilaufhebung der Ausschreibung, wenn das wirtschaftlichste Angebot mengenmäßig hinter der Ausschreibung zurückbleibt; geregelt werden mithin Fälle einer quantitativen oder kapazitätsmäßigen Abweichung. Die Teilaufhebung einer Ausschreibung, bezogen auf eines von mehreren Losen, muss aber als milderes Mittel im Vergleich zur Gesamtaufhebung zulässig sein, wenn bspw. für nur ein Los keine annehmbaren Angebote abgegeben wurden. Wenn man aber die Teilaufhebung als Minus zur Vollaufhebung versteht, wäre zu fordern, dass diese zumindest aus den in § 26 Nr. 1 VOL/A abschließend genannten Gründen gerechtfertigt ist, da nur so sichergestellt ist, dass außerhalb des Vergaberechts liegende Umstände außer Betracht bleiben.*)
3. Die Kostenschätzung ist als ein der eigentlichen Ausschreibung vorgeschalteter Vorgang mit Unsicherheiten und Unwägbarkeiten behaftet; sie kann nicht an den gleichen Maßstäben wie das Angebot der Teilnehmer am Ausschreibungsverfahren gemessen werden, d.h. sie kann also aus nachträglicher Sicht durchaus unvollkommen sein.*)
4. Die Wertbarkeit des Angebots eines Antragstellers ist zwar logische Vorfrage eines Beschlusses in einem Vergabenachprüfungsverfahren. Die Auffassung der Vergabekammer zu einer solchen Vorfragen erwächst jedoch im Vergabenachprüfungsverfahren so wenig wie nach anderen Verfahrensordnungen in Bestandskraft, sofern diese Defizite im Angebot des Antragstellers von keinem Verfahrensbeteiligten thematisiert und zum Gegenstand der Entscheidung gemacht werden.*)
VolltextVPRRS 2006, 0453
OLG München, Beschluss vom 06.11.2006 - Verg 17/06
1. Beim Fehlen der vom öffentlichen Auftraggeber verlangten Verpflichtungserklärung für Nachunternehmer ist das Angebot eines Bieters zwingend wegen unvollständiger Erklärungen nach § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A von der Wertung auszuschließen.*)
2. Das Erfordernis einer solchen Verpflichtungserklärung muss nicht in der Vergabebekanntmachung veröffentlicht werden; es genügt, dass die Vorlage in den Vergabeunterlagen gefordert wird.*)
VolltextVPRRS 2006, 0529
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.09.2006 - 1 VK 53/06
1. Eine Dienstleistungskonzession muss nicht nach Abschnitt 2 der VOL/A vergeben werden.
2. Bei einer Dienstleistungskonzession handelt es sich um einen Vertrag, bei dem sich ein Unternehmen gegenüber einem öffentlichen Auftraggeber dazu verpflichtet, diesem gegenüber Dienstleistungen zu erbringen und ist speziell dadurch gekennzeichnet, dass die Gegenleistung des Auftraggebers nicht in der Zahlung einer Vergütung besteht, sondern in der Verleihung des Rechts, die zu erbringende Dienstleistung entgeltlich zu verwerten, wobei das Verwertungsrisiko im wesentlichen beim Auftragnehmer liegt. Der Auftragnehmer trägt das Risiko, dass seine Leistung am Markt eventuell nicht oder in nicht ausreichendem Maße nachgefragt wird.
3. Die Tatsache, dass der Auftraggeber dem künftigen Betreiber Anlagen zur Nutzung überlässt, stellt nicht die Zahlung einer Vergütung oder einen vergleichbaren geldwerten Vorteil dar.
VolltextVPRRS 2006, 0452
VK Köln, Beschluss vom 11.11.2005 - VK VOL 23/2005
1. Der Umstand, dass das Angebot eines Antragstellers zwingende Ausschlussgründe aufweist, betrifft nicht die Antragsbefugnis eines Antragstellers, sondern allein die Begründetheit seines Nachprüfungsantrages (im Anschluss an BGH - X ZB 7/04).
2. Erklärt ein Bieter, dass ein seinem Angebot beigelegter verschlossener umschlag nur in seiner Gegenwart geöffnet werden darf, so handelt es sich hierbei um eine unzulässige Ergänzung der Verdingungsunterlagen, die zwingend zum Auschluss führt.
VolltextVPRRS 2006, 0451
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.09.2005 - VK 17/05
1. Setzt ein Bieter unterhalb der Überschrift "Zuschlagsposition" aus der Leistungsbeschreibung einen Strich ein und macht an der Stelle, an der der Einheitspreis für die Position prozentual angegeben werden sollte, keinen Eintrag, ist der Preis, der für die betreffende Leistung beansprucht wird, unvollständig angegeben. Hinsichtlich jeder Position der Leistungsbeschreibung müssen alle zur Kennzeichnung der insoweit angebotenen Leistung geeigneten Parameter bekannt sind.
2. Ein Feststellungsverfahren ist nur möglich, wenn sich das Nachprüfungsverfahren erledigt hat - etwa durch Zuschlagserteilung.
VolltextVPRRS 2006, 0450
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.02.2006 - VK 46/05
1. Die Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG sieht bei Bauaufträgen eine Berücksichtigung von Nebenangebote nur dann vor, wenn diese den vom Auftraggeber festgelegten Mindestanforderungen entsprechen und diese Mindestanforderungen zuvor in den Verdingungsunterlagen erläutert worden sind (vgl. EuGH, Urteil vom 16. März 2003, Rs. C-421/01, "Traunfellner"; BayObLG, Beschluss vom 22. Juni 2004, Verg 13/04; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Januar 2005, VII-Verg 106/04: OLG Schleswig, Beschluss vom 5. April 2005, 6 Verg 1/05; OLG München, Beschluss vom 11. August 2005, Verg 12/05).
2. Art. 19 der Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG ist nicht eingehalten, wenn die Verdingungsunterlagen nur auf eine nationale Rechtsvorschrift verweisen, die einzig das Kriterium aufstellt, dass mit dem Alternativvorschlag die Erbringung einer qualitativ gleichwertigen Leistung wie derjenigen sichergestellt ist, die Gegenstand der Ausschreibung ist.
3. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Hierfür ist einzig die veröffentlichte Vergabebekanntmachung entscheidend. Auf die weiteren Vergabeunterlagen, die den interessierten Bietern zur Verfügung gestellt werden kommt es nicht an.
4. Besteht die konkrete Möglichkeit, dass das Angebot des betreffenden Bieters doch noch in den Kreis derjenigen Angebote gelangt, die für eine Zuschlagserteilung ernsthaft in Betracht zu ziehen sind, genügt dies für die Antragsbefugnis. Ob ein Angebot im Nachprüfungsverfahren auszuschließen ist, betrifft zumindest in den Fällen, in denen der Ausschluss nicht evident erscheint, nicht die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags, sondern die Begründetheit.
VolltextVPRRS 2006, 0449
VK Brandenburg, Beschluss vom 02.10.2006 - 2 VK 38/06
1. Auch für die Auftraggeber im Sektorenbereich, insbesondere für das Verhandlungsverfahren, gelten die allgemeinen Grundsätze für die Vergabe von Aufträgen, dass Aufträge nach einem wirksamen, nicht verfälschten Wettbewerb im Rahmen eines dem Transparenzgebot und dem Gleichbehandlungsgebot folgenden Vergabeverfahren vergeben werden sollen. Das Verhandlungsverfahren eröffnet dem Auftraggeber einen sehr großen Gestaltungsspielraum - und damit auch ein höheres Maß der gestaltenden Verantwortung für die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze eines ordentlichen Vergabeverfahrens.*)
2. Es obliegt dem Auftraggeber im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb, zunächst und vorrangig sicherzustellen, dass die Bieter gleiche Chancen im Wettbewerb haben und Wettbewerbsverzerrungen ausgeschlossen sind und dann die Bieter nach sachlichen, nachvollziehbaren Kriterien der fachlichen Eignung unter Berücksichtigung der Anforderungen des konkreten Auftrages auszuwählen.*)
3. Daher kommt es bei der Auswahl der Bieter darauf an, Anhaltspunkte für eine Wettbewerbsverzerrung zur Kenntnis zu nehmen, vor der Entscheidung über die Aufforderung zur Abgabe von Angeboten zu würdigen und auf die Wahl von Unternehmen zu verzichten, zwischen denen ein echter Wettbewerb eher unwahrscheinlich ist, sei es aufgrund von besonderen Vorteilen aus der Bedienung von zwei Marktstufen, sei es aus Konzernverflechtungen und damit der Zugehörigkeit zu einer wettbewerblichen Einheit, sei es aber auch aus Anhaltspunkten für gemeinsame Marktstrategien.*)
4. Eine schwer wiegende Verfälschung des Wettbewerbs droht, wenn das Unternehmen, das auf der vorgelagerten Marktstufe mit der Versorgung der Baustellen mit Asphaltmischgut als alleiniger Lieferant beauftragt worden ist, auch als Bieter für die nachgelagerten Bauleistungen aufgefordert wird, bei denen der Auftraggeber den Bietern und damit dem zukünftigen Auftragnehmer eine Bezugsverpflichtung zu festgelegten Konditionen bei dem Mischgutlieferanten auferlegt hat. Der Mischgut liefernde Bieter hat einen eindeutigen, rechtlich nicht zu beanstandenden Wettbewerbsvorsprung, weil er bei der Kalkulation seines Bauangebotes, anders als die übrigen Bieter, die Erlöse des abgesicherten Asphaltverkaufs zur Reduzierung der Baukosten einsetzen kann.*)
5. Zwar hat die Auftraggeberin bei der Auswahl der Bieter einen weiten Ermessensspielraum, der von der Vergabekammer nur eingeschränkt überprüft werden kann. Die von der Auftraggeberin angewandten Kriterien, sollten aber den Bewerbern vorher bekannt gemacht sein und müssen aber zumindest vernünftig, in Bezug auf die Anforderungen der Maßnahme schlüssig und sachgerecht angewandt worden sein.*)
VolltextVPRRS 2006, 0447
VK Südbayern, Beschluss vom 19.01.2006 - 56-12/05
Ausschluss von der Wertung wegen fehlenden Typen- und Fabrikatsangaben.*)
VolltextVPRRS 2006, 0446
VK Südbayern, Beschluss vom 02.12.2005 - 48-10/05
Ein Angebot, das entgegen den klaren Anforderungen in den Verdingungsunterlagen nicht nachvollziehbar darstellt, in welchem Umfang Leistungen durch Nachunternehmer erbracht werden sollen, genügt nicht den Anforderungen des § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A und ist deshalb gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A in der ersten Wertungsstufe auszuschließen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0445
BVerfG, Beschluss vom 11.07.2006 - 1 BvL 4/00
1. Bei strittiger gemeinschaftsrechtlicher und verfassungsrechtlicher Rechtslage gibt es keine feste Rangfolge unter den vom Gericht gegebenenfalls einzuleitenden Zwischenverfahren (Vorabentscheidung nach Art. 234 EG und Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG).*)
2. Die Tariftreueregelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 VgG Bln berührt das Grundrecht der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG nicht und verletzt nicht das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.*)
VPRRS 2006, 0444
VK Südbayern, Beschluss vom 29.11.2005 - 46-09/05
Zur Frage, wann eine Bauleistung vorliegt.
VolltextVPRRS 2006, 0443
VK Südbayern, Beschluss vom 28.10.2005 - 44-09/05
1. Zwingende Ausschlussgründe sind im 4. Abschnitt der VOB/A nicht geregelt. Allerdings gelten auch hier die allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätze des § 97 GWB, also insbesondere das Transparenzgebot (Abs. 1), der Gleichbehandlungsgrundsatz (Abs. 2) sowie das Eignungsprinzip (Abs. 4).*)
2. Kriterien, nach denen der Auftraggeber die Eignung der Bieter im offenen Verfahren prüfen muss, sind insbesondere die Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Zu deren Nachweis können entsprechende Angaben gefordert werden, soweit es durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist (§ 5 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A-SKR).*)
3. Im Interesse eines transparenten und diskriminierungsfreien Wettbewerbs darf ein Bieter, der bestimmte Nachweise nicht für erforderlich oder vorlagefähig hält, nicht ohne Weiteres auf die Vorlage verzichten und sich ggf. darauf verlassen, die Vergabestelle werde von den eigenen zwingenden Vorgaben absehen und das Nachreichen ermöglichen.*)
4. Welche Vorgaben bei einer Ausschreibung bezüglich der mit dem Angebot geforderten Eignungsnachweise gemacht wurden, ist anhand der Bekanntmachung sowie der in den Vergabeunterlagen (Angebotsaufforderung, Bewerbungsbedingungen) gemachten Angaben festzustellen. Hierbei ist der objektive Erklärungswert unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zu ermitteln, wobei nicht auf die Sicht eines einzelnen, sondern aller potentieller Bieter in deren damaligen Situation abzustellen ist. Die Vergabeunterlagen sind daher so zu verstehen, wie sie von einem fachkundigen und mit einschlägigen Aufträgen vertrauten Bieter aufgefasst werden können.*)
VolltextVPRRS 2006, 0442
VK Köln, Beschluss vom 30.08.2006 - VK VOB 27/06
1. Bei der Angebotswertung ist nicht ausschließlich auf formale Gesichtspunkte, sondern auf die Gesamtheit der abgegebenen Erklärungen abzustellen.
2. Daher bleibt es folgenlos, wenn der Bieter statt des Angebotsformblattes das Formblatt " Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes" beifügt, im übrigen jedoch alle geforderten Anlagen und Unterlagen mit dem Angebot vorgelegt werden.
VolltextVPRRS 2006, 0441
VK Südbayern, Beschluss vom 24.11.2005 - Z3-3-3194-1-42-09/05
Die Vorschrift des § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A lässt insoweit keinen Spielraum zu, etwa auch nicht, wenn ein Bieter die Rechtsfolge (zwingender Ausschluss des Angebots) bei Angebotsabgabe z. B. mangels Angabe in den Verdingungsunterlagen nicht kannte (vgl. Urteil des BGH vom 8. September 1998, X ZR 85/97). Der zwingende Ausschluss muss sogar dann erfolgen, wenn die Vergabestelle zunächst die Eignung des betreffenden Bieters bejaht hat und das Angebot zu Unrecht in die engere Wahl für den Zuschlag genommen hat.*)
VolltextVPRRS 2006, 0440
VK Südbayern, Beschluss vom 07.11.2005 - Z3-3-3194-1-40-09/05
1. Ein Angebot ist zwingend von der Wertung auszuschließen, wenn die Formblätter EFB-Preis 1 d und 2 bei Angebotsabgabe unstreitig nicht ausgefüllt waren. Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchstabe b VOB/A sind Angebote, die § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A nicht entsprechen, zwingend von der Wertung der Angebote auszuschließen.*)
2. Änderung der Verdingungsunterlagen sind nach § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A unzulässig. Sie bestehen darin, Unterlagen zu entfernen oder Zusätze zu machen, aber auch technische Anforderungen oder vertragliche Ansprüche zu ändern. Ein klarstellender Vermerk, durch den die Verdingungsunterlagen nicht verändert werden, ist unschädlich.*)
3. Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB entscheidet die Vergabekammer, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Nach Satz 2 ist sie hierbei nicht an Anträge gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Hieraus folgt zwar, dass die Vergabekammer grundsätzlich ungeachtet vom Antragsbegehren des Antragstellers (wenngleich nicht unabhängig vom Erfolg des Nachprüfungsantrags) dazu ermächtigt ist, die in Bezug auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens gebotenen Anordnungen zu treffen. Dennoch darf die Vergabekammer von der durch § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB geschaffenen Ermächtigung nur unter zwei wichtigen Einschränkungen Gebrauch machen:
Erstens muss der Nachprüfungsantrag zulässig sein und zweitens darf die Vergabekammer die Ermächtigungsnorm des § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB nicht dazu heranziehen, ungeachtet einer Rechtsverletzung des Antragstellers auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einzuwirken. Die Vorschrift ermächtigt die Vergabekammer zu keiner allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle. Vielmehr müssen diejenigen Vergaberechtsverstöße, welche die Vergabekammer zum Anlass nimmt, unabhängig von den Anträgen des Antragstellers, mithin amtswegig, die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens sicherzustellen, zugleich den Antragsteller betreffen und ihn in seinen Rechten verletzen. Dagegen darf die Vergabekammer auf den Nachprüfungsantrag des Antragstellers solche Vergaberechtsverstöße, durch die der Antragsteller in eigenen Bieterrechten nicht betroffen und verletzt ist, nicht zum Anlass nehmen, auf das Vergabeverfahren einzuwirken. In solchen Fällen ist die Vergabekammer zu einem Eingriff in das Vergabeverfahren nur befugt, wenn die vom Rechtsverstoß Betroffenen selbst einen Nachprüfungsantrag gestellt haben. Diese Auslegung von § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB findet sich im Wortlaut der Norm bestätigt. Die Bestimmung löst die Befugnis der Vergabekammer, auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einzuwirken, nämlich nicht von der Feststellung einer Rechtsverletzung des Antragstellers und von der Zweckbindung, die zur Beseitigung einer Rechtsverletzung geeigneten Maßnahmen zu ergreifen (vgl. § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB). Sie befreit die Vergabekammer ausdrücklich nur von der Bindung an die Sachanträge, mit der Folge, dass sie zum Beispiel bestimmte Maßnahmen auch anordnen darf, wenn der Antragsteller keinen konkreten Antrag gestellt oder die Anordnung anderer Maßnahmen beantragt hat. Dadurch wird also die Bestimmung in § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB, wonach die Vergabekammer über eine Rechtsverletzung des Antragstellers entscheidet und diejenigen Maßnahmen ergreift, die dazu geeignet sind, eine Rechtsverletzung zu beseitigen, nicht außer Kraft gesetzt. Sie gilt im Sinn einer Voraussetzung und Begrenzung der zu treffenden Maßnahmen selbstverständlich auch im Fall des § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB, in dem die Vergabekammer bestimmte Maßnahmen unabhängig von den gestellten Anträgen ergreifen darf.*)
VolltextVPRRS 2006, 0439
VK Münster, Beschluss vom 19.09.2006 - VK 12/06
1. Bereits geschlossene Verträge stehen der Nachprüfung nicht entgegen, wenn der Zuschlag wegen Verstoßes gegen § 13 VgV nicht wirksam erteilt wurde.*)
2. Eine Vergabestelle, die lediglich eine beschränkte Ausschreibung durchführt, obwohl eine europaweite Ausschreibung erforderlich war, führt kein geregeltes förmliches Vergabeverfahren nach dem 4. Teil des GWB durch. Bei diesen sogenannten de facto Vergaben obliegt dem Bieter keine Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.*)
3. Die Vergabekammern können allein das Unterlassen einer europaweiten Ausschreibung nicht zum Anlass für eine Rechtmäßigkeitskontrolle nehmen. Vielmehr muss der Antragsteller darlegen, dass er durch diesen Vergaberechtsverstoß tatsächlich in seinen Rechten gemäß § 114 Abs. 1 GWB verletzt ist.*)
4. Wenn die Vergabestelle in den Verdingungsunterlagen bestimmte Erklärungen als Mindestanforderungen fordert, dann hat sie sich bereits im Vorfeld gegenüber den Interessenten festgelegt und ihr Ermessen im Sinne des § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) VOL/A entsprechend ausgeübt. Auch im Anwendungsbereich der VOL/A sind somit solche Angebote, die die vom Auftraggeber geforderten Erklärungen nicht vollständig enthalten, unter den vergaberechtlichen Geboten des Wettbewerbs und der Gleichbehandlung von der Wertung genauso zwingend auszuschließen, wie dies unter der Geltung der VOB/A geboten ist.*)
VolltextVPRRS 2006, 0519
VK Bund, Beschluss vom 06.07.2006 - VK 3-54/06
Die Nichtvorlage geforderter Nachweise (hier: Erklärungen über den Umsatz) hat zur Folge, dass der Bieter seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit nicht nachgewiesen hat. Dies führt zwingend zum Ausschluss des Teilnahmeantrags von der Wertung.
VolltextVPRRS 2006, 0438
BGH, Urteil vom 01.08.2006 - X ZR 146/03
1. An einer echten Chance im Sinne von § 126 GWB fehlt es, wenn die Leistungsbeschreibung fehlerhaft war und deshalb mangels Vergleichbarkeit die abgegebenen Angebote nicht gewertet werden können.*)
2. Ist dem Bieter bekannt, dass die Leistungsbeschreibung fehlerhaft ist, und gibt er gleichwohl ein Angebot ab, steht ihm wegen dieses Fehlers der Ausschreibung ein Anspruch aus culpa in contrahendo auf Ersatz des Vertrauensschadens nicht zu.*)
VolltextVPRRS 2006, 0437
VK Bund, Beschluss vom 14.08.2006 - VK 2-80/06
Fehlt in einem Angebot die Bestätigung, dass dem Bieter die erforderlichen Mittel für die genannten Nachunternehmer zur Verfügung stehen, ist das Angebot unvollständig und muss zwingend ausgeschlossen werden.
VolltextVPRRS 2006, 0436
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.05.2006 - VK 2-LVwA LSA 17/06
1. Die vermuteten Nachtragsrisiken aus einer verzögerten Vergabe sowie der Ablauf der Bindefrist stellen keine schwerwiegenden Gründe im Sinne des § 26 Nr. 1 c dar, die eine Aufhebung der Ausschreibung rechtfertigen könnten.
2. Zu der Frage, wann eine Ausschreibung aufgrund von Mengenänderungen aufgehoben werden kann.
3. Die Vergabekammer kann die Vergabestelle anweisen, eine Aufhebung der Ausschreibung rückgängig zu machen. Im Einzelfall kann gleichwohl eine derartige Weisung ausgeschlossen sein. Dies setzt jedoch voraus, dass der öffentliche Auftraggeber den ausgeschriebenen Auftrag endgültig nicht mehr vergeben will und deshalb die Aufhebung der Ausschreibung veranlasst hat. In diesem Falle kann die Vergabestelle nicht zu einem Vertragsschluss gezwungen werden.
VolltextVPRRS 2006, 0435
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.05.2006 - VK 2-LVwA LSA 16/06
1. Zu der Frage, wann eine Ausschreibung aufgrund von Mengenänderungen aufgehoben werden kann.
2. Kommt es aufgrund diverser Nachprüfungsanträge zu zeitlichen Verzögerungen, so rechtfertigt dies keine Aufhebung der Ausschreibung, um einzelne Leistungen herauszulösen und anderweitig zu vergeben.
3. Die vermuteten Nachtragsrisiken aus einer verzögerten Vergabe sowie der Ablauf der Bindefrist stellen keine schwerwiegenden Gründe im Sinne des § 26 Nr. 1 c dar, die eine Aufhebung der Ausschreibung rechtfertigen könnten.
4. Die Vergabekammer kann die Vergabestelle anweisen, eine Aufhebung der Ausschreibung rückgängig zu machen. Im Einzelfall kann gleichwohl eine derartige Weisung ausgeschlossen sein. Dies setzt jedoch voraus, dass der öffentliche Auftraggeber den ausgeschriebenen Auftrag endgültig nicht mehr vergeben will und deshalb die Aufhebung der Ausschreibung veranlasst hat. In diesem Falle kann die Vergabestelle nicht zu einem Vertragsschluss gezwungen werden.
VolltextVPRRS 2006, 0522
OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.08.2006 - 11 Verg 3/06
1. Gemäß § 8 Abs. 1 VOF ist die Aufgabenstellung so zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinn verstehen können. Deshalb ist es zunächst Sache des Auftraggebers zu entscheiden, welche Planungsaufgabe verwirklicht werden soll.
2. Bei der Aufgabenbeschreibung sind die Anforderungen an die Qualität der Leistung so zu stellen, dass die Grundsätze der Vergabe nach § 4 VOF konsequent umgesetzt werden können. Damit soll sichergestellt werden, dass die Bewerber ihre Bewerbung mit dem Ziel der bestmöglichen und möglichst gut vergleichbaren Darstellung ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit formulieren können.
VolltextVPRRS 2006, 0434
VK Südbayern, Beschluss vom 23.10.2006 - 30-09/06
1. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A sind Angebote zwingend von der Wertung auszuschließen, die § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht entsprechen.
2. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A bestimmt, dass Angebote nur die Preise und die geforderten Erklärungen enthalten sollen.
3. Der als Soll-Vorschrift formuliert § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A ist im Kontext mit § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A so auszulegen, dass das Angebot alle geforderten Preise und Erklärungen enthalten muss.
4. Zu den geforderten Erklärungen gehört auch die Verpflichtungserklärung von Nachunternehmern nach EVM (B) BwB/E EG 212EG, dass der Bieter über die Leistung des Nachunternehmers verfügen kann.
VolltextVPRRS 2006, 0433
OLG Naumburg, Beschluss vom 13.10.2006 - 1 Verg 11/06
1. Leitet ein öffentlicher Auftraggeber für einen identischen Beschaffungsvorgang, der nur einmal realisiert werden kann und soll, vor Abschluss der ursprünglichen Ausschreibung ein weiteres Vergabeverfahren ein, so verletzt die Doppelausschreibung für diejenigen Bieter, die im ursprünglichen Verfahren ein zuschlagfähiges Angebot abgegeben haben, sowohl deren Recht auf Durchführung eines fairen Wettbewerbs als auch auf Beachtung des Diskriminierungsverbots.*)
2. Die Anordnung der Aufhebung der Ausschreibung durch die Nachprüfungsinstanzen kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Aufhebung das einzige geeignete Mittel ist, um die drohende oder bereits eingetretene Rechtsverletzung zu beseitigen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0432
BVerfG, Beschluss vom 13.06.2006 - 1 BvR 1160/03
1. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bindet staatliche Stellen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.*)
2. Die in der Rechtsordnung dem übergangenen Konkurrenten eingeräumten Möglichkeiten des Rechtsschutzes gegen Entscheidungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge mit Auftragssummen unterhalb der Schwellenwerte genügen den Anforderungen des Justizgewährungsanspruchs (Art. 20 Abs. 3 GG).*)
3. Es verletzt nicht den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), dass der Gesetzgeber den Rechtsschutz gegen Vergabeentscheidungen unterhalb der Schwellenwerte anders gestaltet hat als den gegen Vergabeentscheidungen, die die Schwellenwerte übersteigen.*)
VPRRS 2006, 0430
VK Lüneburg, Beschluss vom 25.09.2006 - VgK-19/2006
§ 4 Nr. 5 VOF verpflichtet den Auftraggeber nicht, kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger am Verhandlungsverfahren zu beteiligen.
VolltextVPRRS 2006, 0429
OLG Naumburg, Beschluss vom 13.10.2006 - 1 Verg 6/06
1. Für die Wahrung der Entscheidungsfrist des § 113 Abs. 1 GWB ist es ausreichend, wenn die Entscheidung der Vergabekammer vor Fristablauf vollständig abgesetzt und zur Geschäftsstelle gelangt ist. Hierfür ist nicht erforderlich, dass auch die Bekanntgabe der Entscheidung gegenüber allen Verfahrensbeteiligten innerhalb der Entscheidungsfrist bereits bewirkt ist.*)
2. Die Anordnung der Fortsetzung der Ausschreibung mit dem Ziel einer Zuschlagserteilung kommt nicht nur bei irrtümlicher Aufhebung der Ausschreibung in Betracht, sondern auch dann, wenn der öffentliche Auftraggeber seine Absicht, die ausgeschriebene Leistung von Dritten zu beschaffen, unverändert aufrecht erhält und ihm tatsächlich kein sachlicher Grund, insbesondere kein Grund i.S.v. § 26 Nr. 1 VOB/A, für die Aufhebung zur Seite steht bzw. wenn die Aufhebung selbst im Falle des Vorliegens eines sachlichen Grundes nicht verhältnismäßig ist.*)
3. Eine unvollständige Dokumentation des Wertungsprozesses sowie der Grundlagen für die Entscheidung zur Aufhebung einer Ausschreibung kann zu Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zugunsten des Bieters führen, der geltend macht, dass die Aufhebungsgründe vorgeschoben oder manipuliert sind.*)
4. Mengenänderungen in einzelnen Leistungspositionen, die nicht auf einer willentlichen Neubestimmung des Beschaffungsbedarfs, sondern auf einer veränderten Prognose des erforderlichen Leistungsumfangs beruhen, rechtfertigen regelmäßig keine Aufhebung einer Ausschreibung, deren Gegenstand ein Einheitspreisvertrag nach VOB/B ist.*)
5. Wird von einem Auftrag ein Teil der Leistungspositionen nachträglich herausgenommen, so liegt faktisch eine Teilaufhebung der Ausschreibung vor, die einer eigenen sachlichen Rechtfertigung bedarf.*)
6. Soll eine Aufhebung auf die fehlende Zuschlagfähigkeit der in der Wertung verbliebenen Angebote wegen ihrer Preisrisiken, insbesondere des Preisrisikos wegen verzögerter Auftragsvergabe, gestützt werden, so ist dieses Risiko im Hinblick auf das konkrete Angebot zu prüfen und sein Ausmaß zu quantifizieren. Als Aufhebungsgrund können regelmäßig nur solche Preisrisiken in Betracht kommen, die im Rahmen einer Neuausschreibung vermeidbar sind.*)
VolltextVPRRS 2006, 0427
VK Sachsen, Beschluss vom 10.05.2006 - 1/SVK/037-06
1. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Vergaberechtsverstoß fehlt, wenn der Antragsteller in einem neu ausgeschrieben Verfahren die Neuausschreibung nicht als verfahrensfehlerhaft rügt, sondern lediglich einen konkreten Vergabeverstoß. Diese einzelne Rüge kann die Antragsbefugnis nicht begründen. Insofern besteht in solchen Fällen eine „doppelte Rügeverpflichtung“.
2. Eine solche Vorgehensweise (Verzicht auf vorherige Rüge) ist nur dann möglich, wenn der Antragsteller während des bereits anhängigen Vergabenachprüfungsverfahrens von Tatsachen Kenntnis erlangte, die ihr vor Einleitung des Vergabenachprüfungsverfahrens nicht bekannt waren.
3. Die Rüge in einem zwischenzeitlich im „Zweitverfahren“ neu ausgeschriebenen Vergabeverfahren („Erstverfahren“) hat dann Bestand, wenn der Antragsteller, der in dem erneuten Vergabeverfahren ein Angebot abgegeben hat, bei Abgabe seines Angebotes ausdrücklich betont, dass seine Rüge zur Aufhebung der Ausschreibung weiter Gültigkeit haben soll.
VolltextVPRRS 2006, 0426
VK Sachsen, Beschluss vom 11.08.2006 - 1/SVK/073-06
1. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist nach seinem Wortlaut und Sinn nur auf "im Vergabeverfahren", aber nicht auf erst "im Nachprüfungsverfahren" erkannte Vergaberechtsverstöße anwendbar. Daher entfällt die Rügeobliegenheit für solche Vergaberechtsfehler, die der antragstellenden Partei erst während des laufenden Vergabenachprüfungsverfahrens bekannt werden.
2. Entschließt sich der Auftraggeber, zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes für die benannten Zuschlagskriterien ein unterschiedliches Wertungssystem anzuwenden, so muss dieses System mit den Bewertungsmaßstäben des anderen Systems dergestalt kompatibel sein, dass im Ergebnis den einzelnen Kriterien die verlautbarte Gesamtgewichtung zukommt und nicht durch die unterschiedlichen Wertungssysteme eine Verzerrung der ursprünglichen Wichtungsfaktoren entsteht. Dies erfordert, dass sich die unterschiedlichen Wertungssysteme in ein sinnvolles Verhältnis zueinander bringen lassen und eine sachbezogene Ausfüllung zulassen.
3. Wendet der Auftraggeber ein Punktesystem an, das für das Kriterium „Preis“ 500 Maximalpunkte vorsieht, für die jedes Prozent der Differenz zum Preis des günstigen Bieters jedoch Punktabzüge vornimmt, wobei eine Abweichung von 4,96 % z.B. einen Punktabzug von 25 Punkten, eine Abweichung von 5,35 % einen Punktabzug von 26,75 (gerundet 27) Punkten bewirkt, rechnerisch eine Preisdifferenz von 100 % also einem Punktwert von 0 gleichkommt, ist dieser Maßstab sachfremd, da er nicht die branchenüblichen Preisabweichungen widerspiegelt, die üblicherweise bei Ausschreibungen von Wäscheleistungen im Krankenhauswesen anzutreffen sind.
4. Eine Dienstleistungskonzession, die die Übertragung eines Rechts zur Verwertung einer bestimmten Leistung umfasst und dem Konzessionär das wirtschaftliche Nutzungsrisiko auferlegt, scheidet aus, wenn der Konzessionär als Entgelt ausschließlich einen vorher festgelegten Preis erhält.
5. Nur wenn der Auftraggeber bereits vor Veranlassung der Bekanntmachung oder vor Versendung der Verdingungsunterlagen Regeln für die Gewichtung der Wertungskriterien aufstellt, ist er auch verpflichtet, diese in der Vergabebekanntmachung oder den Ausschreibungsunterlagen anzugeben.
6. Die Verdingungsunterlagen als Ganzes und in all ihren Teilen sind Grundlage der Angebote der sich beteiligenden Bieter; diese müssen also - um vergleichbar zu bleiben - von dem gleichen unveränderten Text, wie ihn der Auftraggeber aufgrund der VOL/A erarbeitet und an die Bieter verschickt hat, ausgehen.
VolltextVPRRS 2006, 0424
OLG Naumburg, Beschluss vom 13.10.2006 - 1 Verg 7/06
1. Für die Wahrung der Entscheidungsfrist des § 113 Abs. 1 GWB ist es ausreichend, wenn die Entscheidung der Vergabekammer vor Fristablauf vollständig abgesetzt und zur Geschäftsstelle gelangt ist. Hierfür ist nicht erforderlich, dass auch die Bekanntgabe der Entscheidung gegenüber allen Verfahrensbeteiligten innerhalb der Entscheidungsfrist bereits bewirkt ist.*)
2. Die Anordnung der Fortsetzung der Ausschreibung mit dem Ziel einer Zuschlagserteilung kommt nicht nur bei irrtümlicher Aufhebung der Ausschreibung in Betracht, sondern auch dann, wenn der öffentliche Auftraggeber seine Absicht, die ausgeschriebene Leistung von Dritten zu beschaffen, unverändert aufrecht erhält und ihm tatsächlich kein sachlicher Grund, insbesondere kein Grund i.S.v. § 26 Nr. 1 VOB/A, für die Aufhebung zur Seite steht bzw. wenn die Aufhebung selbst im Falle des Vorliegens eines sachlichen Grundes nicht verhältnismäßig ist.*)
3. Eine unvollständige Dokumentation des Wertungsprozesses sowie der Grundlagen für die Entscheidung zur Aufhebung einer Ausschreibung kann zu Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zugunsten des Bieters führen, der geltend macht, dass die Aufhebungsgründe vorgeschoben oder manipuliert sind.*)
4. Zur Feststellung der Unverhältnismäßigkeit der Aufhebung einer Ausschreibung wegen der Besorgnis von Preiserhöhungen aufgrund verzögerter Auftragsvergabe.*)
VolltextVPRRS 2006, 0423
OLG Naumburg, Beschluss vom 13.10.2006 - 1 Verg 12/06
1. Leitet ein öffentlicher Auftraggeber für einen identischen Beschaffungsvorgang, der nur einmal realisiert werden kann und soll, vor Abschluss der ursprünglichen Ausschreibung ein weiteres Vergabeverfahren ein, so verletzt die Doppelausschreibung für diejenigen Bieter, die im ursprünglichen Verfahren ein zuschlagfähiges Angebot abgegeben haben, sowohl deren Recht auf Durchführung eines fairen Wettbewerbs als auch auf Beachtung des Diskriminierungsverbots.
2. Die Anordnung der Aufhebung der Ausschreibung durch die Nachprüfungsinstanzen kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Aufhebung das einzig verhältnismäßige Mittel ist, um die drohende oder bereits eingetretene Rechtsverletzung zu beseitigen.
VolltextVPRRS 2006, 0422
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.04.2006 - 6 A 10145/06
1. Für die Erneuerung von Grundstücksanschlüssen kann eine (Verbands-)Gemeinde auf der Grundlage des § 13 Abs. 1 Satz 1 KAG nur die Aufwendungen erstattet verlangen, die sie für erforderlich halten darf. Diese Begrenzung der Erstattungspflicht ist nicht gleichbedeutend mit dem beitragsrechtlichen Grundsatz, dass nur der erforderliche Aufwand beitragsfähig ist.*)
2. Werden Maßnahmen zur Erneuerung einer öffentlichen Einrichtung ausgeschrieben, deren Kosten zum Teil von konkret begünstigten Grundstückseigentümern in voller Höhe erstattet verlangt und zum anderen Teil als einmalige Beiträge oder als laufende Entgelte auf eine Solidargemeinschaft umgelegt werden (sollen), ist ein Hinweis darauf in die Verdingungsunterlagen aufzunehmen. Bei der Entscheidung, welches der in die Wertung einzubeziehenden Angebote als das wirtschaftlichste erscheint, ist auf diese unterschiedlichen Kosteninteressen Rücksicht zu nehmen, ggf. müssen sie gegeneinander abgewogen werden. Angesichts des geringeren Spielraums der (Verbands-)Gemeinde bei Kosten, die in voller Höhe von den Grundstückseigentümern erstattet verlangt werden, wird im Zweifel der Zuschlag auf das Angebot zu erteilen sein, das hinsichtlich der Grundstücksanschlüsse das günstigere ist.*)
3. In einem solchen Vergabeverfahren sind Angebote von der Wertung auszuschließen, die den tatsächlichen Preis einer Einzelleistung nicht an ihrer Position des Leistungsverzeichnisses offenlegen, sondern in der Preisangabe einer anderen Position "verstecken" und damit auf einer unzulässigen Mischkalkulation beruhen (im Anschluss an BGHZ 159, 186 = NJW-RR 2004, 1626).*)
VolltextVPRRS 2006, 0421
BGH, Urteil vom 01.08.2006 - X ZR 115/04
1. Die Vorgaben der Ausschreibungsunterlagen für die Angebote sind auch im Verhandlungsverfahren verbindlich, solange sie nicht vom Auftraggeber transparent und diskriminierungsfrei gegenüber allen noch in die Verhandlungen einbezogenen Bietern aufgegeben oder geändert worden sind (Fortführung von Sen.Urt. v. 08.09.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3644; v. 16.12.2003 - X ZR 282/02, NJW 2004, 2165).*)
2. Angebote, die eine für die Bieter unzumutbare Vorgabe nicht erfüllen, dürfen nicht ausgeschlossen werden. Ein Ausschluss kommt danach nicht in Betracht, soweit die Ausschreibungsbedingungen eine technisch unmögliche Leistung verlangen (Fortführung von Sen.Beschl. v. 18.02.2003 - X ZB 43/02, NZBau 2003, 293, 295 f.).*)
3. Werden an den Inhalt der Angebote unerfüllbare Anforderungen gestellt, so muss die Vergabestelle die Ausschreibung entweder gemäß § 26 Nr. 1 VOB/A aufheben oder diskriminierungsfrei die Leistungsbeschreibung soweit ändern, wie es erforderlich ist, um die unerfüllbaren Anforderungen zu beseitigen.*)
4. Für den Erfolg einer auf positives Interesse gerichteten Schadensersatzklage eines Bieters nach Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags an einen anderen Bieter ist entscheidend, ob dem klagenden Bieter bei objektiv richtiger Anwendung der bekanntgemachten Vergabekriterien unter Beachtung des der Vergabestelle gegebenenfalls zukommenden Wertungsspielraums der Zuschlag erteilt werden musste (Fortführung von Sen.Urt. v. 05.11.2002 - X ZR 232/00, NZBau 2003, 168; Urt. v. 16.12.2003 - X ZR 282/02, NJW 2004, 2165).*)
5. Bei einer Ausschreibung mit Leistungsprogramm ist es jedenfalls dann unzulässig, die Preise der Angebote mittels einer Mengenkorrektur zum Zweck der Wertung vergleichbar zu machen, wenn ein Einfluss der angebotenen Mengen auf die Angebotsbewertung nicht transparent gemacht worden ist.*)
VPRRS 2006, 0420
OLG Nürnberg, Urteil vom 28.05.2003 - 4 U 63/02
1. Werden in einem auszufüllenden Formblatt einzelne Felder nicht ausgefüllt, weil sie auf das Angebot des Bieters nicht zutreffen, so rechtfertigt dies keinen Ausschluss des betreffenden Bieters, wenn aus den konkreten Unständen nicht hergeleitet werden kann, dass in einem solchen Fall diese Felder mit einer Null oder einem Querstrich etc. hätten ausgefüllt werden müssen.
2. Missverständliche Äußerungen im Angebot des Bieters, zu denen auch fehlende ausdrückliche Äußerungen zählen können, sind in den in § 24 VOB/A genannten Fällen aufklärungsfähig und "verhandelbar". Aufklärungen und Verhandlungen sind dagegen unzulässig, wenn hierdurch der Bieter sein Angebot, insbesondere den Angebotspreis, unzulässigerweise nachbessern und damit ändern könnte.
3. Hätte der Auftrag bei ordnungsgemäßer Ausführung der Vergabe an den klagenden Bieter vergeben werden müssen, so steht ihm der Ersatz des entgangenen Gewinns zu.
4. Zur Berechnung des entgangenen Gewinns.
VolltextVPRRS 2006, 0419
LG Koblenz, Urteil vom 04.10.2006 - 4 O 241/05
1. Der Beschreibung einer Leistung im Leistungsverzeichnis (Leistungsposition) kommt regelmäßig eine größere Bedeutung zu, als vorangestellten allgemeinen Angaben (z. B. in einer allgemeinen Baubeschreibung). Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Leistungsverzeichnis die Leistung ausführlich und klar wiedergibt.
2. Ist die Leistungsbeschreibung ausführlich und klar, hat diese gegenüber widersprüchlichen Angaben in Vorbemerkungen Vorrang.
3. Im allgemeinen Teil der Baubeschreibung genannte Mengenangaben haben für die Auslegung einer Leistungsposition nur untergeordnete und nachrangige Bedeutung.
VolltextVPRRS 2006, 0418
VK Sachsen, Beschluss vom 28.12.2005 - 1/SVK/147-05
1. Selbst wenn ein Auftraggeber die Zuschlagskriterien in den Vergabeunterlagen benannt und dazu auch festgelegt hat, dass diese in der Reihenfolge ihrer Nennung gewichtet werden sollen, er jedoch an keiner Stelle dokumentiert hat, mit welchem Anteil nunmehr die genannten Zuschlagskriterien Berücksichtigung finden sollen, stellt dies einen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB i.V.m. § 30 VOL/A dar.
2. Weist der Auftraggeber in seinen Vergabeunterlagen auf sein Ermessen hinsichtlich eines Ausschlusses bei Nichtvorlage von Nachweisen hin, ist dennoch nicht ersichtlich, wa-rum bei Fehlen dieser Unterlagen mit Angebotsabgabe für den Auftraggeber eine Ermessensreduzierung auf null eintreten sollte.
3. Der Auftraggeber bindet sich an seine verlautbarten Zuschlagskriterien. Es besteht die Verpflichtung, diese Zuschlagskriterien zur Grundlage der Entscheidung zu machen. Eine Benennung allein von Eignungskriterien als letztendliche Zuschlagskriterien ist unzulässig.
VolltextVPRRS 2006, 0417
VK Sachsen, Beschluss vom 19.07.2006 - 1/SVK/059-06
1. Bietergemeinschaften sind vor allem dann unzulässig i.S.v. § 1 GWB, wenn sich Unternehmen zusammenschließen, die als Einzelunternehmen den Auftrag allein hätten ausführen können, weil sie über die geforderten Kapazitäten, technischen Ausrüstungen und fachlichen Kenntnisse verfügen.
2. Erweist sich die unternehmerische Entscheidung gegen die Alleinbewerbung nach diesem Maßstab als nachvollziehbar, so ist von der Zulässigkeit einer Bewerbergemeinschaft auszugehen.
3. Für eine fortwährend behauptete wettbewerbsbeschränkende Abrede muss ein gesicherter Nachweis existieren, woran hohe Anforderungen zu stellen sind. Eine reine Vermutung kann für einen Ausschluss nicht genügen.
4. Fehlt es an der erforderlichen Vorlage von Eignungsnachweisen, liegt kein Anwendungsfall von § 21 Nr. 1 Abs. 1, § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) VOL/A vor, in dem das Fehlen geforderter „Angaben und Erklärungen“ nur nach pflichtgemäßem Ermessen des Auftraggebers zu einem Ausschluss des Angebots führt. Eignungsnachweise unterfallen nicht dem Begriff der „Angaben und Erklärungen“ im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1, § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A.
5. Die aus § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A folgende Konsequenz, wonach Angebote, in denen die Eignung nicht belegt ist, von der Wertung auszunehmen sind, ist im Rechtsinn zwingend.
VolltextVPRRS 2006, 0416
VK Sachsen, Beschluss vom 08.06.2006 - 1/SVK/047-06
1. Ein Bieter kann im Angebot nur das "erklären", was er selbst in der Hand hat. Dazu gehört nicht die Höhe gesetzlich bestimmter Steuersätze zum Zeitpunkt des "Bewirkens der Leistung" bzw. zum (ebenfalls gesetzlich bestimmten) Zeitpunkt des Entstehens der Steuer, da sich der jeweils zutreffende Steuersatz aus dem Gesetz und nicht aus einer Bietererklärung ergibt.
2. Durch eine privatrechtliche Vereinbarung oder auch durch eine im Rahmen von allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgegebene Formulierung, kann weder der Zeitpunkt der Entstehung des Steueranspruchs verschoben noch die rechtlich zutreffende Subsumtion unter den Steuertatbestand verändert werden.
VolltextVPRRS 2006, 0415
VK Sachsen, Beschluss vom 09.05.2006 - 1/SVK/035-06
1. Einem gegen die Aufhebung einer Ausschreibung gestellten, auf die Fortführung des aufgehobenen Verfahrens gerichteten Nachprüfungsantrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn vor Antragstellung die Vergabestelle den Auftrag neu ausgeschrieben hat, der Antragsteller die Neuausschreibung aber nicht als verfahrensfehlerhaft rügt und dementsprechend auch nicht mit einem Nachprüfungsantrag beanstandet.
2. Eine solche Vorgehensweise (Verzicht auf vorherige Rüge) ist nur dann möglich, wenn der Antragsteller während des bereits anhängigen Vergabenachprüfungsverfahrens von Tatsachen Kenntnis erlangte, die ihr vor Einleitung des Vergabenachprüfungsverfahrens nicht bekannt waren.
3. Die Rüge in einem zwischenzeitlich im „Zweitverfahren“ neu ausgeschriebenen Vergabeverfahren („Erstverfahren“) hat dann Bestand, wenn der Antragsteller, der in dem erneuten Vergabeverfahren ein Angebot abgegeben hat, bei Abgabe seines Angebotes ausdrücklich betont, dass seine Rüge zur Aufhebung der Ausschreibung weiter Gültigkeit haben soll.
VolltextVPRRS 2006, 0414
VK Sachsen, Beschluss vom 25.04.2006 - 1/SVK/031-06
1. Das Ermessen der Vergabestelle reduziert sich auf Null, wenn die Ergänzung der zunächst fehlenden Angaben die Wettbewerbsstellung des betreffenden Bieters ändern würde.
2. Grundsätzlich darf der Auftraggeber frei wählen, welche Eignungsnachweise er fordern möchte. Fordert er jedoch bestimmte Nachweise und Erklärungen, unterwirft er sich hinsichtlich dieser Nachweise einer Selbstbindung.
3. Werden Unterauftragnehmer einbezogen, sind solche Nachweise und Erklärungen auch für jeden von ihnen vorzulegen.
4. Die Nachweis- und Erklärungspflicht für Unterauftragnehmer entfällt, soweit als Unterauftragnehmer ein Postunternehmen tätig wird, das selbst bundesweit flächendeckend Universaldienstleistungen i. S. v. § 11 Postgesetz erbringt.
5. Kennt der Auftraggeber aus früheren Vertragsbeziehungen einen Bewerber bereits, darf aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes dennoch nicht auf dessen Eignungsnachweise verzichtet werden.
VolltextVPRRS 2006, 0413
VK Sachsen, Beschluss vom 05.04.2006 - 1/SVK/027- 06
1. Ein Angebot kann bei Fehlen geforderter Angaben und Erklärungen gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A ausgeschlossen werden. Es handelt sich hierbei zunächst um eine Bestimmung, die den Ausschluss des Bieters - anders als beispielsweise in § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A - in das Ermessen der Vergabestelle stellt. Allerdings reduziert sich das Ermessen der Vergabestelle auf Null, wenn die Ergänzung der zunächst fehlenden Angaben die Wettbewerbsstellung des betreffenden Bieters ändern würde.
2. Der Auftraggeber geht zu Recht von einer Änderung der Verdingungsunterlagen i.S.d. § 21 Nr. 1 Absatz 3 VOL/A bzw. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A aus, wenn eine Leistung angeboten wurde, die von einer geforderten Punktlagegenauigkeit abweicht und damit eine andere als die ausgeschriebene Leistung anbietet.
3. Änderungen können in Ergänzungen und Streichungen bestehen; sie können sich aber auch auf den (technischen) Inhalt der Leistungen beziehen.
4. Bei der Bestimmung der Unverzüglichkeit i.S.v. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist dem Antragsteller auch bei einfach gelagerten tatsächlichen oder rechtlichen eine Überlegungsfrist zuzubilligen, ob er taktisch gegen den Auftraggeber überhaupt vorgehen will oder nicht.
5. Eine Nachverhandlung ist dem Auftraggeber ausschließlich als eine Aufklärungsmaßnahme im engeren Sinne gestattet. Sie darf nicht dazu dienen, dem Bieter eine inhaltliche Änderung oder Ergänzung seines Angebots zu ermöglichen.
6. Die Wertung von technischen Lösungswegen - gerade bei innovativen oder unüblichen Methoden - ist immer von einer gewissen Restunsicherheit geprägt, die jedoch vom Beurteilungsspielraum des Auftraggebers gedeckt ist. Die Vergabekammer darf insoweit nur prüfen, ob die Vergabestelle die Grenzen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums durch Fehlgebrauch, Überschreitung oder Unterschreitung oder durch Berücksichtigung sachfremder Erwägungen verletzt hat.
VolltextVPRRS 2006, 0412
VK Nordbayern, Beschluss vom 09.10.2006 - 21.VK-3194-30/06
1. Beim Fehlen geforderter Erklärungen (hier: „Verpflichtungserklärungen“ von Nachunternehmern) ist ein Angebotsausschluss zwingend, wenn die Erklärung zumutbar gefordert, klar verlangt und nicht unbedeutend war.*)
2. Die Vergabestelle darf von den Bietern den Nachweis verlangen, dass ihnen die erforderlichen Mittel der benannten Nachunternehmen zur Verfügung stehen.
3. Es genügt, wenn diese Verpflichtungserklärung der Nachunternehmer erst in den Verdingungsunterlagen gefordert wird.
4. Legt ein Bieter die geforderte Verpflichtungserklärung der Nachunternehmer nicht vor, so ist sein Angebot unvollständig und zwingend von der Wertung auszuschließen.
5. Der Einwand, dass eine Verpflichtungserklärung nicht notwendig sei, wenn die Bieter nur untergeordnete Teilleistungen weitervergeben wollen und deshalb die Nachunternehmerleistungen für den Nachweis der Fachkunde und Leistungsfähigkeit des Bieters nicht maßgebend seien, ist irrelevant. Die Eignungsprüfung ist nicht Gegenstand der formalen Angebotswertung im ersten Wertungsschritt nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A.
6. Fehlende Erklärungen können mit einer Aufklärung des Angebotsinhalts nach § 24 VOB/A nicht nachgereicht werden. § 24 VOB/A enthält eine abschließende Aufzählung der zulässigen Verhandlungsgründe. Hiernach sind Verhandlungen nur erlaubt, soweit sie sich auf das rein Informatorische beschränken.
VolltextVPRRS 2006, 0411
VK Sachsen, Beschluss vom 18.08.2006 - 1/SVK/077-06
1. Die Überprüfung der Entscheidung über die Aufhebung eines Vergabeverfahrens muss in einem Nachprüfungsverfahren zulässig sein.
2. Eine Scheinaufhebung liegt dann vor, wenn der Auftraggeber unter Missbrauch seiner Gestaltungsmöglichkeiten nur den Schein einer Aufhebung gesetzt hat, mit dessen Hilfe er dem ihm genehmen Bieter, obwohl dieser nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte, den Auftrag zuschieben will.
3. Die Aufzählung in § 26 Nr. 1 VOL/A ist als abschließend zu betrachten.
4. Für eine Aufhebung können nur Gründe angeführt werden, die dem Ausschreibenden nicht bereits vor Einleitung des Verfahrens bekannt waren. Erst nachträglich, das heißt nach Beginn der Ausschreibung bekannt gewordene Gründe berechtigen zur Aufhebung wegen der Notwendigkeit einer grundlegenden Änderung der Verdingungsunterlagen.
5. Von einer Berechtigung zur Aufhebung i.S.v. § 26 Nr. 1 lit. d VOL/A ist zumindest dann auszugehen, wenn auf der Grundlage der eingegangenen Angebote eine ordnungsgemäße Vergabe nicht möglich wäre. Ein solcher Fall ist zumindest dann gegeben, wenn ohne die Aufhebung das Wettbewerbsprinzip, das Gleichbehandlungsgebot oder das Diskriminierungsverbot verletzt werden würde oder aber eine sachgerechte Wertung der Angebote mangels Vergleichbarkeit nicht möglich ist.
6. Sind die Verdingungsunterlagen in sich widersprüchlich und insgesamt unklar gefasst, sind sie letztlich gar nach der Intention des Auftraggebers und dem Verständnis objektiver Dritter insbesondere darauf ausgerichtet, etwas auszuschreiben, was es so ab dem 01.09.2006 nicht mehr geben wird, so ist damit die Leistungsbeschreibung entgegen der Forderung in § 8 Nr. 1 Absatz 1 VOL/A gerade nicht so eindeutig beschrieben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen mussten und die Angebote miteinander verglichen werden konnten. Insoweit ist ein schwerwiegender Aufhebungsgrund i. S. d. § 26 Abs. 1 lit. d VOL/A gegeben.
VolltextVPRRS 2006, 0410
LG Hannover, Urteil vom 07.04.2006 - 13 O 173/04
Sollen entgegen der üblichen Praxis nach Abschluss eines Bauvorhabens vorzuhaltende Stahlgleitschwellen in das Eigentum des Auftraggebers übergehen, bedarf es eines gesonderten, herausgehobenen Hinweises in der Leistungsbeschreibung.
VolltextVPRRS 2006, 0407
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.04.2006 - VK 2-LVwA LSA 7/06
1. Wird nur der Preis als relevantes Zuschlagskriterium im Vergabevermerk angeführt, während in der Aufforderung zur Angebotsabgabe außer dem Preis noch weitere Zuschlagskriterien vermerkt waren, fällt der Vergabestelle eine Vergabeverstoß zur Last. Sie hat bei ihrer Wertung alle Kriterien, die sie in der Angebotsaufforderung genannt hat, zu berücksichtigen und entsprechend zu dokumentieren.
2. Können dem antragstellenden Bieter im Nachprüfungsverfahren unabhängig von den geltend gemachten Vergaberechtsverstößen ersichtlich von vornherein keine Aussichten auf den Zuschlag zugebilligt werden, so fehlt es an einem Rechtschutzbedürfnis.
3. Die Rügeobliegenheit besteht nicht erst ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller Kenntnis von einem völlig zweifelsfreien und in jeder Beziehung nachweisbaren Vergabefehler erlangt. Es genügt insoweit vielmehr die Kenntnis eines Sachverhaltes, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und der es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden.
4. Werden die vorgebrachten Vergabeverstöße erst mehrere Monate nach Kenntniserlangung gerügt, ist dies weder nach der im Regelfall angewandten dreitägigen Rügefrist, noch nach der von der Rechtsprechung im Einzelfall bei schwieriger Sach- oder Rechtslage und daher nötiger Konsultation von Sachverständigen zuerkannten zweiwöchigen Höchstfrist rechtzeitig.
5. Werden Preisabsprachen als Vergaberechtsverstoß gerügt, kann diese Rüge nicht auf alle denkbaren wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen ausgedehnt werden. Die dabei relevanten Lebenssachverhalte sind nicht deckungsgleich, weshalb nach § 107 Abs. 3 Satz 1 jeder behaupteter Vergabeverstoß einzeln zu rügen ist.
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