Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
5387 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2006
VPRRS 2006, 0316OLG Hamm, Urteil vom 25.10.2005 - 24 U 39/05
1. Ein Nebenangebot darf nur dann bezuschlagt werden, wenn es dem Hauptangebot quantitativ und qualitativ gleichwertig ist.
2. Dem Auftraggeber ist grundsätzlich ein Ermessen bei der Zuschlagserteilung eingeräumt und er hat bei Nebenangeboten eine besonders eingehende und alle Vergabekriterien gewichtende und zueinander ins Verhältnis setzende, vergleichend abwägende Wertung durchzuführen, insbesondere wenn erhebliche Abweichungen von der ausgeschriebenen Bauleistung vorliegen.
3. Einem Bieter ist es nicht möglich, durch ein entsprechendes kostengünstigeres Nebenangebot, auch wenn es funktional gleichwertig sein mag, den Auftraggeber dazu zu zwingen, von seiner in vertretbarer Weise getroffenen grundsätzlichen Entscheidung über die Durchführung der Dachsanierung abzuweichen.
VolltextVPRRS 2006, 0314
VK Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2005 - VK-20/2005-Z
Ziel des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 115 Abs. 2 GWB kann es nicht sein, Vergabeentscheidungen der Entwicklung verwaltungsorganisatorischer Entscheidungsprozesse anzupassen. Es ist Sache des öffentlichen Auftraggebers für ein Beschaffungsvorhaben die Realisierungsvoraussetzungen insgesamt einzuschätzen und dabei auch die Zeiträume zu berücksichtigen, die für ein eventuelles vergaberechtliches Prüfungsverfahren benötigt werden. Vorliegend hat die Antragsgegnerin - wie sie im Übrigen selbst vorträgt - für das Vergabeverfahren von Anfang an äußerst knappe Fristen eingeplant.*)
VolltextVPRRS 2006, 0312
LG Potsdam, Urteil vom 26.05.2006 - 1 O 364/05
Verschieben sich Zuschlagserteilung und Baubeginn aufgrund eines Nachprüfungsverfahrens, ist der Preis analog § 2 Nr. 5 VOB/B anzupassen.
VolltextVPRRS 2006, 0308
OLG Jena, Beschluss vom 26.06.2006 - 9 Verg 2/06
1. Der Wettbewerbsgrundsatz verpflichtet den Auftraggeber, vor Festlegung der Ausschreibungsbedingungen sich einen möglichst breiten Überblick über die in Betracht kommenden technischen Lösungen ("Verfahren" i.S.d. § 9 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A) zu verschaffen und einzelne Lösungswege nicht von vornherein auszublenden. Da die Vergabestelle den ihr hierbei eingeräumten Beurteilungsspielraum auszuschöpfen hat, hat sie zu prüfen und positiv festzustellen, warum eine durch die technischen Vorgaben des Leistungsverzeichnisses (auch nur inzident) ausgeschlossene Lösungsvariante zur Verwirklichung des Beschaffungszwecks nicht geeignet erscheint.*)
2. Die zur Wahrnehmung und Ausschöpfung des in § 9 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A eröffneten Entscheidungsspielsraums erforderlichen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse sind in den Vergabeakten zu dokumentieren (§ 30 Nr. 1 VOB/A).*)
VolltextVPRRS 2006, 0305
BGH, Urteil vom 08.06.2006 - VII ZR 13/05
1. Eine Lohngleitklausel in Form einer sogenannten "Pfennigklausel" bedarf als Kostenelementeklausel keiner Genehmigung nach § 3 WährG, wenn sich grundsätzlich nur die entstehenden Lohnkostenveränderungen auf den Werklohn auswirken.*)
2. Haben die Vertragsparteien eine nicht genehmigungsfreie Lohngleitklausel vereinbart, verhält sich der Auftraggeber nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er über die Anpassung der Änderungssätze hinaus unter Berufung auf eine vereinbarte Bagatell- und Selbstbeteiligungsklausel eine Selbstbeteiligung des Auftragnehmers an den Lohnerhöhungen verlangt.*)
VolltextIBRRS 2006, 1883
OLG Saarbrücken, Urteil vom 15.12.2005 - 8 U 627/04-172
Für die wirksame Einbeziehung der VOB/B in den Bauvertrag gegenüber einem bauunerfahrenen Auftraggeber reicht es nicht, wenn dieser einen Architekten mit der Planung und Bauüberwachung betraut hat. Vielmehr muss der Architekt am konkreten Vertragsschluss beteiligt sein.
VolltextVPRRS 2006, 0303
VK Sachsen, Beschluss vom 09.05.2006 - 1/SVK/036-06
1. Formuliert die Vergabestelle Mindestanforderungen, kann der Bieter aus einzelnen technischen Eigenschaften nicht ableiten, dass nur ein Produkt geeignet ist.
2. Die Vergabestelle hat ein schützenswertes Interesse, selbst zu prüfen, ob das angebotene Produkt den Anforderungen gerecht wird.
VolltextVPRRS 2006, 0302
VK Sachsen, Beschluss vom 20.04.2006 - 1/SVK/029-06
1. Benennt der Bieter für eine Leistung mehrere Nachunternehmer und ergibt sich aus der Position keine zweifelsfreie Leistungszuordnung, ist er zwingend wegen Unklarheit der Nachunternehmererklärung auszuschließen.
2. Vergibt der Bieter Unteraufträge für eigenständige Planungsleistungen, handelt es sich nicht um Hilfsleistungen. Die leistungserbringenden Unternehmen sind in das Nachunternehmerverzeichnis aufzunehmen.
3. Nur solche Teilleistungen sind als Nebenleistungen zu qualifizieren, die sich auf reine Hilfsfunktionen beschränken.
VolltextVPRRS 2006, 0526
VK Saarland, Beschluss vom 12.12.2005 - 3 VK 04/2005
1. Ein Angebot ist gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A wegen mangelhafter Eignung/Fachkunde von dem Vergabeverfahren zwingend auszuschließen, wenn der in den Ausschreibungsunterlagen und der Bekanntmachung im EU-Blatt geforderte, mit dem Angebot vorzulegende, Zertifizierungsnachweis zum Entsorgungsbetrieb gemäß § 52 Abs. 1 KrW-/ AbfG nicht vorgelegt wird. Weder die Vorlage eines nicht mehr gültigen Entsorgungszertifikates, noch die Ankündigung, ein solches nachzureichen, noch die Bezugnahme auf ein entsprechendes Zertifikat des in Bietergemeinschaft agierenden Partnerunternehmens vermögen diesen Mangel zu ersetzen. Die Vergabestelle ist an die in der Bekanntmachung und/oder den Verdingungsunterlagen vorgegebenen Anforderungen mit Rücksicht auf das Gebot der Transparenz und Gleichbehandlung/Chancengleichheit aller Bieter (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) gebunden; sie darf weder zusätzliche noch andere Belege fordern, noch den Bietern die Vorlage anderer Nachweise gestatten oder zugunsten eines Bieters von dem festgelegten Vorlagetermin Ausnahmen gestatten.*)
2. Beruft sich ein Bieter in einem Vergabeverfahren bezüglich des Personals und der technischen Einrichtungen auf die Ressourcen eines anderen Unternehmens, auf das er vorgibt, uneingeschränkte Zugriffsmöglichkeiten zu haben, so ist der Auftraggeber verpflichtet, den von dem Bieter dargestellten Sachverhalt bezüglich technischer und personeller Ausstattung und seiner Zugriffsmöglichkeiten insoweit weiter zu ermitteln bzw. zu überprüfen. Der Auftraggeber darf nicht von einem unvollständig ermittelten Sachverhalt ausgehen oder anhand willkürlicher, sachwidriger Maßstäbe entscheiden, sonst muss er sich ein Ermessensausfall vorwerfen lassen. Misslingt dem Bieter der Nachweis darüber, dass er über das für die fach und fristgerechte Ausführung des Auftrags erforderliche Personal und Gerät verfügt, so ist er wegen des fehlenden Nachweises der Leistungsfähigkeit nach Maßgabe von § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A zwingend von der Wertung auszuschließen.*)
3. Ein sich nicht im Einklang mit den §§ 108 ff. des Saarländischen Kommunalen Selbstverwaltungsgesetzes (KSVG) bewegendes kommunales Unternehmen besitzt nicht die erforderliche Zuverlässigkeit für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen und ist gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A i.V.m. § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A i.V.m. §§ 108 ff. des Saarländischen Kommunalen Selbstverwaltungsgesetzes (KSVG) wegen wettbewerbsbeschränkender und unlauterer Verhaltensweisen bei der Auswahl der Angebote nicht zu berücksichtigen. Gemäß § 108 Abs. 2 Nr. 1 KSVG ist neben der Abwasserbeseitigung auch die Abfallbeseitigung kommunalrechtlich privilegiert. Dazu gehört jedoch nicht der Gesamtbereich der Abfallentsorgung und Wertstofferfassung, sondern nur die den Gemeinden durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz zugewiesene Funktion der Aufnahme von Abfällen zur Beseitigung und von Abfällen aus privaten Haushalten (Verwertung und Beseitigung). Für die Aufgabenwahrnehmung in den übrigen Bereichen der Abfallentsorgung gilt die Schrankentrias des § 108 Abs. 1 KSVG. Der Privilegierungstatbestand des § 108 Abs. 2 KSVG bezieht sich folglich nur auf die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung im Bereich der Abfallentsorgung. Extraterritoriale Abfallentsorgungstätigkeiten sind - weil keine Pflichtaufgaben - von der Regelung des § 108 Abs. 2 KSVG nicht erfasst. Nach der Neufassung des § 108 KSVG vom 08.10.2003 liegt der ordnungspolitische Schwerpunkt auf der Marktbeteiligung (Vorrang der Privatwirtschaft), d.h. bei Leistungsparität im Verhältnis zu privaten Anbietern erlaubt der Landesgesetzgeber eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden nicht mehr. Der neue Absatz 4 des § 108 lässt daher eine Gemeindegrenzenüberschreitung nur zu, wenn die allgemeinen Voraussetzungen des Abs. 1 der Vorschrift vorliegen, d.h. insbesondere, von einem öffentlichen Zweck der ausgreifenden Kommune getragen ist. Ein öffentlicher Zweck ist aber gemäß § 108 Abs. 3 Satz 3 KSVG keinesfalls dann mehr gegeben, wenn die Tätigkeit, mit der die Gemeinde an dem vom Wettbewerb beherrschten Gesellschaftsleben teilnimmt, vorwiegend dazu dient, Gewinn zu erzielen. Ein öffentlicher Zweck ist aber auch dann nicht gegeben, wenn eine kommunale Einrichtung mit ihrer Teilnahme am Vergabeverfahren die Absicht verfolgt, ihre Unternehmenstätigkeit außerhalb des eigenen Gemeindegebietes räumlich auszuweiten, um sich neue Geschäftsfelder zu erschließen, die dann zu einer bislang offensichtlich nicht vorhandenen Auslastung ihrer Kapazitäten bzw. der Kapazitäten konzernzugehöriger Unternehmen führen sollen. Das ist mit dem öffentlichen Zweck im Sinne des § 108 Abs. 1 KSVG, der auf die unmittelbare oder mittelbare Förderung von der im öffentlichen Interesse gebotenen Versorgung der Bevölkerung zielt, nicht nur nicht vereinbar, sondern (Gedanke aus § 108 Abs. 3 Satz 3 KSVG) sogar kontraproduktiv. Der drittschützende Charakter dieser Vorschrift ergibt sich im Zusammenhang mit § 2 Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 2 VOL/A i.V.m. § 97 Abs. 7 GWB. Danach haben die Mitbieter ein Recht darauf, dass ein Unternehmen der öffentlichen Hand nicht in dieser Art und Weise in den Markt eintritt und an einem Ausschreibungsverfahren im Rahmen eines Wettbewerbs teilnimmt.*)
4. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A begründet eine Aufklärungs- und Prüfungspflicht der Vergabestelle, wenn eine Angebot ungewöhnlich niedrig kalkuliert scheint. Dies bedeutet, die Vergabestelle verfügt insoweit über keinerlei Ermessen dahingehend, ob sie eine Überprüfung durchführt oder davon absieht. Die Aufklärungspflicht setzt vielmehr ein, sobald die Vergabestelle Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis hat. Von einem Missverhältnis zwischen Preis und Leistung ist nur dann auszugehen, wenn der Preis von den Erfahrungswerten wettbewerblicher Preisbildung so grob abweicht, dass dies sofort ins Auge fällt. Ein beträchtlicher Preisabstand zwischen dem niedrigsten und dem nachfolgenden Angebot allein ist jedoch für sich genommen noch kein hinreichendes Merkmal dafür, dass der niedrige Preis auch im Verhältnis zur zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig ist. Hinzu kommen müssen vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass der Niedrigpreis wettbewerblich nicht begründet ist. Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Sinne des Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeit keine Zweifel bestehen. Hat die Bewertung des Bieters auf den vorangegangenen Bewertungsstufen jedoch schon Zweifel z.B. an der Zuverlässigkeit, Eignung und/oder Fachkunde des Bieters ergeben, trifft den Auftraggeber im Zusammenhang mit der Auskömmlichkeitsprüfung nach § 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A eine strengere Prüfungspflicht als bei einem Bieter, dessen Angebot im Rahmen der bis dahin angestellten Prüfung ohne Beanstandungen geblieben ist.*)
VolltextVPRRS 2006, 0301
VK Saarland, Beschluss vom 12.12.2005 - 3 VK 03/2005
1. Ein Angebot ist gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A wegen mangelhafter Eignung/Fachkunde von dem Vergabeverfahren zwingend auszuschließen, wenn der in den Ausschreibungsunterlagen und der Bekanntmachung im EU-Blatt geforderte, mit dem Angebot vorzulegende, Zertifizierungsnachweis zum Entsorgungsbetrieb gemäß § 52 Abs. 1 KrW-/ AbfG nicht vorgelegt wird. Weder die Vorlage eines nicht mehr gültigen Entsorgungszertifikates, noch die Ankündigung, ein solches nachzureichen, noch die Bezugnahme auf ein entsprechendes Zertifikat des in Bietergemeinschaft agierenden Partnerunternehmens vermögen diesen Mangel zu ersetzen. Die Vergabestelle ist an die in der Bekanntmachung und/oder den Verdingungsunterlagen vorgegebenen Anforderungen mit Rücksicht auf das Gebot der Transparenz und Gleichbehandlung/Chancengleichheit aller Bieter (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) gebunden; sie darf weder zusätzliche noch andere Belege fordern, noch den Bietern die Vorlage anderer Nachweise gestatten oder zugunsten eines Bieters von dem festgelegten Vorlagetermin Ausnahmen gestatten.*)
2. Beruft sich ein Bieter in einem Vergabeverfahren bezüglich des Personals und der technischen Einrichtungen auf die Ressourcen eines anderen Unternehmens, auf das er vorgibt, uneingeschränkte Zugriffsmöglichkeiten zu haben, so ist der Auftraggeber verpflichtet, den von dem Bieter dargestellten Sachverhalt bezüglich technischer und personeller Ausstattung und seiner Zugriffsmöglichkeiten insoweit weiter zu ermitteln bzw. zu überprüfen. Der Auftraggeber darf nicht von einem unvollständig ermittelten Sachverhalt ausgehen oder anhand willkürlicher, sachwidriger Maßstäbe entscheiden, sonst muss er sich ein Ermessensausfall vorwerfen lassen. Misslingt dem Bieter der Nachweis darüber, dass er über das für die fach und fristgerechte Ausführung des Auftrags erforderliche Personal und Gerät verfügt, so ist er wegen des fehlenden Nachweises der Leistungsfähigkeit nach Maßgabe von § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A zwingend von der Wertung auszuschließen.*)
3. Ein sich nicht im Einklang mit den §§ 108 ff. des Saarländischen Kommunalen Selbstverwaltungsgesetzes (KSVG) bewegendes kommunales Unternehmen besitzt nicht die erforderliche Zuverlässigkeit für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen und ist gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A i.V.m. § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A i.V.m. §§ 108 ff. des Saarländischen Kommunalen Selbstverwaltungsgesetzes (KSVG) wegen wettbewerbsbeschränkender und unlauterer Verhaltensweisen bei der Auswahl der Angebote nicht zu berücksichtigen. Gemäß § 108 Abs. 2 Nr. 1 KSVG ist neben der Abwasserbeseitigung auch die Abfallbeseitigung kommunalrechtlich privilegiert. Dazu gehört jedoch nicht der Gesamtbereich der Abfallentsorgung und Wertstofferfassung, sondern nur die den Gemeinden durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz zugewiesene Funktion der Aufnahme von Abfällen zur Beseitigung und von Abfällen aus privaten Haushalten (Verwertung und Beseitigung). Für die Aufgabenwahrnehmung in den übrigen Bereichen der Abfallentsorgung gilt die Schrankentrias des § 108 Abs. 1 KSVG. Der Privilegierungstatbestand des § 108 Abs. 2 KSVG bezieht sich folglich nur auf die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung im Bereich der Abfallentsorgung. Extraterritoriale Abfallentsorgungstätigkeiten sind - weil keine Pflichtaufgaben - von der Regelung des § 108 Abs. 2 KSVG nicht erfasst. Nach der Neufassung des § 108 KSVG vom 08.10.2003 liegt der ordnungspolitische Schwerpunkt auf der Marktbeteiligung (Vorrang der Privatwirtschaft), d.h. bei Leistungsparität im Verhältnis zu privaten Anbietern erlaubt der Landesgesetzgeber eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden nicht mehr. Der neue Absatz 4 des § 108 lässt daher eine Gemeindegrenzenüberschreitung nur zu, wenn die allgemeinen Voraussetzungen des Abs. 1 der Vorschrift vorliegen, d.h. insbesondere, von einem öffentlichen Zweck der ausgreifenden Kommune getragen ist. Ein öffentlicher Zweck ist aber gemäß § 108 Abs. 3 Satz 3 KSVG keinesfalls dann mehr gegeben, wenn die Tätigkeit, mit der die Gemeinde an dem vom Wettbewerb beherrschten Gesellschaftsleben teilnimmt, vorwiegend dazu dient, Gewinn zu erzielen. Ein öffentlicher Zweck ist aber auch dann nicht gegeben, wenn eine kommunale Einrichtung mit ihrer Teilnahme am Vergabeverfahren die Absicht verfolgt, ihre Unternehmenstätigkeit außerhalb des eigenen Gemeindegebietes räumlich auszuweiten, um sich neue Geschäftsfelder zu erschließen, die dann zu einer bislang offensichtlich nicht vorhandenen Auslastung ihrer Kapazitäten bzw. der Kapazitäten konzernzugehöriger Unternehmen führen sollen. Das ist mit dem öffentlichen Zweck im Sinne des § 108 Abs. 1 KSVG, der auf die unmittelbare oder mittelbare Förderung von der im öffentlichen Interesse gebotenen Versorgung der Bevölkerung zielt, nicht nur nicht vereinbar, sondern (Gedanke aus § 108 Abs. 3 Satz 3 KSVG) sogar kontraproduktiv. Der drittschützende Charakter dieser Vorschrift ergibt sich im Zusammenhang mit § 2 Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 2 VOL/A i.V.m. § 97 Abs. 7 GWB. Danach haben die Mitbieter ein Recht darauf, dass ein Unternehmen der öffentlichen Hand nicht in dieser Art und Weise in den Markt eintritt und an einem Ausschreibungsverfahren im Rahmen eines Wettbewerbs teilnimmt.*)
4. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A begründet eine Aufklärungs- und Prüfungspflicht der Vergabestelle, wenn eine Angebot ungewöhnlich niedrig kalkuliert scheint. Dies bedeutet, die Vergabestelle verfügt insoweit über keinerlei Ermessen dahingehend, ob sie eine Überprüfung durchführt oder davon absieht. Die Aufklärungspflicht setzt vielmehr ein, sobald die Vergabestelle Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis hat. Von einem Missverhältnis zwischen Preis und Leistung ist nur dann auszugehen, wenn der Preis von den Erfahrungswerten wettbewerblicher Preisbildung so grob abweicht, dass dies sofort ins Auge fällt. Ein beträchtlicher Preisabstand zwischen dem niedrigsten und dem nachfolgenden Angebot allein ist jedoch für sich genommen noch kein hinreichendes Merkmal dafür, dass der niedrige Preis auch im Verhältnis zur zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig ist. Hinzu kommen müssen vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass der Niedrigpreis wettbewerblich nicht begründet ist. Bei einem grundsätzlich leistungsfähigen Bieter kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Derartige Angebote sind im Sinne des Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeit keine Zweifel bestehen. Hat die Bewertung des Bieters auf den vorangegangenen Bewertungsstufen jedoch schon Zweifel z.B. an der Zuverlässigkeit, Eignung und/oder Fachkunde des Bieters ergeben, trifft den Auftraggeber im Zusammenhang mit der Auskömmlichkeitsprüfung nach § 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A eine strengere Prüfungspflicht als bei einem Bieter, dessen Angebot im Rahmen der bis dahin angestellten Prüfung ohne Beanstandungen geblieben ist.*)
VolltextVPRRS 2006, 0300
VK Saarland, Beschluss vom 27.05.2005 - 3 VK 02/2005
1. Die Rechte eines Mitbieters sind verletzt, wenn durch nachträgliches Verhandeln mit einem anderen Bieter gegen das Nachverhandlungsverbot des § 24 Nr. 3 VOB/A und das Diskriminierungsverbot des § 2 Nr. 2 VOB/A bzw. das korrespondierende Gleichbehandlungsgebot des § 97 Abs. 2 GWB, § 8 Nr. 1 Satz 1 VOB/A verstoßen wird.*)
2. Bei einer sog. funktionalen Ausschreibung (Ausschreibung per Leistungsprogramm) sind Verhandlungen nach Öffnung der Angebote bis zur Zuschlagserteilung nur dann und soweit zulässig, als sie nötig sind, um unumgängliche technische Änderungen geringen Umfangs und evtl. sich daraus ergebende (geringfügige) Preisänderungen zu vereinbaren. Wenn das Angebot demgegenüber nur bei größeren technischen Änderungen zuschlagsfähig wäre, so müssen die Verhandlungen (und Zuschlagserteilung auf ein entsprechend abgeändertes Angebot) unterbleiben.*)
3. Als eine technische Änderung geringen Umfangs i.S. v. § 24 Nr. 3 VOB/A ist nur eine solche Änderung anzusehen, die im Vergleich zur bisherigen Ausführungsart und zum bisherigen Ausführungsumfang eine nur unwesentliche Bedeutung hat, wobei man diese Grenze einerseits an den Auswirkungen auf die Preise, andererseits an der Menge der Änderungen insgesamt wird messen können. Diese Grenze ist jedenfalls dann überschritten, wenn im Zuge der "Nachverhandlungen" das Angebotskonzept grundlegend geändert wird. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Unternehmer die Änderung kostenneutral anbietet. Es ist vielmehr darauf abzustellen, welche kostenmäßigen Auswirkungen die Änderung bei realistischer Berechnungs- und Betrachtungsweise auf den Angebotspreis hätte haben müssen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0298
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12.06.2006 - VK-SH 12/06
1. Da die Rügeobliegenheit zum einen der Beschleunigung des Vergabeverfahrens dient und zum anderen dazu, der Vergabestelle möglichst frühzeitig Gelegenheit zu geben, Rügen zu überprüfen und Fehler ggf. abzustellen, darf mit der Rüge nicht gewartet werden, bis eine zweifelsfreie Kenntnis über einen Vergabefehler, der auch in jeder Hinsicht nachweisbar ist, gegeben ist.*)
2. Bleibt bei eindeutig für Kenntnis sprechender Faktenlage offen, ob die vom Antragsteller dagegen vorgebrachten Tatsachen zutreffen oder nicht, ist eine Rügepräklusion anzunehmen; wann eine Faktenlage eindeutig ist, lässt sich auch mit dem gesunden Menschenverstand beantworten.*)
3. Für eine unverzügliche Rüge im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gilt der Maßstab des § 121 BGB, wonach unverzüglich nur derjenige handelt, der dies "ohne schuldhaftes Zögern" tut. Angesichts der kurzen Fristen im Vergaberecht muss die Rüge grundsätzlich binnen ein bis drei Tagen erfolgen.*)
4. Mit einer ex-post-Betrachtung aus Sicht des Nachprüfungsverfahrens lässt sich eine von Anfang an unumstößlich festgelegte Einstellung der Vergabestelle (und damit ein möglicher Wegfall der Rügepflicht) nicht begründen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0296
VK Nordbayern, Beschluss vom 23.05.2006 - 21.VK-3194-16/06
1. Gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist ein Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens unzulässig, soweit ein Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren, insbesondere anhand der Verdingungsunterlagen, erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Erkannt sind Vergabeverstöße dann, wenn dem Bieter die Tatsachen, die einen möglichen Vergabeverstoß begründen, aus den ihm zugänglichen Unterlagen bewusst werden. Dafür ist das Wissen um einen Sachverhalt ausreichend, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es nach vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Verhalten des Auftraggebers als fehlerhaft zu beanstanden. Mängel in den Ausschreibungsunterlagen, die spätestens beim Erstellen des Angebots erkennbar sind, sind mit einer entsprechenden Rüge unverzüglich zu beanstanden.*)
2. Hat die Vergabestelle bei der Beurteilung des wirtschaftlichsten Angebots nicht alle bekannt gegebenen Wertungskriterien berücksichtigt, so hat sie den Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 97 Abs. 1 und 2 GWB nicht beachtet.
Bei der Wertung der Angebote dürfen nur Kriterien berücksichtigt werden, die in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen genannt sind (§ 25a VOB/A). Umgekehrt bedeutet dies, dass der Auftraggeber auch verpflichtet ist, alle bekannt gemachten Zuschlagskriterien - und nicht nur den Preis - auf die Angebote anzuwenden.*)
VolltextVPRRS 2006, 0295
VK Nordbayern, Beschluss vom 09.05.2006 - 21.VK-3194-13/06
1. Bei der Bearbeitung der Angebote in den Verdingungsunterlagen festgestellte Fehler sind unverzüglich zu rügen (§ 107 Abs. 3 GWB).*)
2. Ein Angebot ist gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A zwingend auszuschließen, weil in einer Position die geforderte Typenangabe für ein Fabrikat fehlt. Sobald der vom Bieter benannte Hersteller unter dem angegebenen Fabrikat mehrere geeignete Produkte anbietet, ist weder die erforderliche Vergleichbarkeit mit den entsprechenden Positionen in einem insoweit vollständigen Angebot eines anderen Bieters gewährleistet noch die Möglichkeit von nachträglichen Manipulationen ausgeschlossen.*)
3. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A ist ein Angebot zwingend von der Wertung auszuschließen, das Änderungen an den Verdingungsunterlagen enthält (§ 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A). Abweichungen von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen ändern die Verdingungsunterlagen in unzulässiger Weise. Ein derartiges Angebot muss schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil es wegen der sich nicht deckenden Willenserklärungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer nicht zu dem beabsichtigten Vertragsabschluss führen kann.*)
4. Der Bieter muss davon ausgehen, dass der Auftraggeber die Leistung regelmäßig mit den von ihm geforderten Mindesteigenschaften ausgeführt haben will. Nur dann ist eine erschöpfende, vergleichende Wertung der einzelnen Angebote möglich und ein transparenter, chancengleicher Bieterwettbewerb i.S.d. § 97 Abs. 1 u. 2 GWB, §§ 2 Nr. 2 und 8 Nr. 1 VOB/A gewährleistet.*)
VolltextVPRRS 2006, 0294
VK Saarland, Beschluss vom 19.05.2006 - 3 VK 03/2006
1. Ein Antrag auf Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens ist statthaft, auch wenn mit ihm nicht die Art und Weise der Einleitung oder Durchführung eines geregelten Vergabeverfahrens gerügt wird, sondern beanstandet wird, dass ein nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB geregeltes Vergabeverfahren bislang nicht stattgefunden hat (vorbeugender vergaberechtlicher Rechtschutz). Da § 107 GWB wesentlich auf die materiellen Vergabevorschriften und deren Missachtung abstellt, wird es als ausreichend betrachtet, wenn überhaupt ein Verfahren in Frage steht, an dem ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 GWB und mindestens ein außen stehender Dritter (Unternehmen) beteiligt ist. Eine Nachprüfbarkeit ist lediglich dann nicht gegeben, wenn Handlungen betroffen sind, die eine bloße Vorstudie des Marktes darstellen oder die rein vorbereitend sind und sich im Rahmen der internen Überlegung des öffentlichen Auftraggebers im Hinblick auf die Vergabe eines öffentlichen Auftrags abspielen.*)
2. Die Einkategorisierung von freiberuflichen Dienstleistungen als "nachrangige Dienstleistungen" im Sinne des Anhangs II Teil B, der sogenannten Dienstleistungsrichtlinie, der für die insoweit umgesetzten nationalen Verdingungsordnungen (VOF und VOL/A) als Anhang I Teil B gleichlautend ist, entzieht diese Dienstleistungen nicht im Sinne eines Automatismus dem Vergaberegime des GWB. Die nur begrenzte Unterwerfung der in Teil B des Anhangs II bzw. I aufgeführten Dienstleistungsaufträge unter die strengeren, auf EG-Richtlinien basierenden Vergabevorschriften, gründet auf der Erwägung, dass es sich dabei um Dienstleistungen handelt, bei welchen derzeit kaum Potential für eine grenzüberschreitende Auftragsvergabe besteht. Die Nachprüfungskompetenz als solche der Vergabekammer hängt jedoch nicht davon ab, ob und welche Paragraphen des Abschnitts 2 der VOL/A oder der VOF bei dem betreffenden Vergabeverfahren eingehalten werden müssen.*)
3. Ein Antragsteller, der ein Nachprüfungsverfahren mit dem Vorwurf der Wahl des falschen Vergabeverfahrens und daraus resultierend der unterlassenen Vergabebekanntmachung begründet, ist antragsbefugt, wenn er vorträgt, dieser Mangel sei ursächlich für seine Nichtteilnahme am Wettbewerb gewesen. Der in § 107 Abs. 2 GWB vorausgesetzten Darlegungslast eines subjektiven Interesses bzw. einer Verletzung in eigenen Rechten ist mit einem solchen Vortrag entsprochen, da eine fehlende Vergabebekanntmachung - zumindest abstrakt gesehen - den am Markt tätigen Unternehmen die Möglichkeit einer Wettbewerbsteilnahme entzieht.*)
4. Für die Anwendbarkeit der VOF muss es sich um geistigschöpferische Dienstleistungen handeln, die so beschaffen sind, dass vertragliche Spezifikationen nicht hinreichend genau festgelegt werden können, um den Auftrag durch die Wahl des besten Angebotes in Übereinstimmung mit den Vorschriften über das offene oder nicht offene Verfahren vergeben zu können. Das geistigschöpferische Element der Dienstleistung muss sozusagen nach einer individuellen Erbringung rufen. In der Regel haben diese Dienstleistungen eine planerische, kreative oder gutachterliche Tätigkeit zum Gegenstand.*)
VolltextVPRRS 2006, 0293
VK Saarland, Beschluss vom 23.01.2006 - 1 VK 06/2005
1. Die Rechte eines Bieters sind verletzt, wenn die Vergabestelle das Vergabeverfahren mangelhaft dokumentiert. Die Dokumentation hat zeitnah nach jeder Einzelentscheidung zu erfolgen und ist laufend fortzuschreiben. Es genügt nicht, dass der Vergabevermerk erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens und/oder der Zuschlagserteilung vorliegt. Durch eine nicht ordnungsgemäße Dokumentation wird das Transparenzprinzip besonders schwerwiegend verletzt. Der Vergabevermerk muss daher einen erheblichen Detaillierungsgrad aufweisen.*)
2. Die Vergabestelle ist an die Mindestanforderungen, die sie in der Vergabebekanntmachung genannt hat, gebunden. Sie darf in den Ausschreibungsunterlagen nicht mehr davon abweichen, indem sie durch unterschiedliches Ankreuzen von Wertungskriterien in der Vergabebekanntmachung einerseits und den Unterlagen zur Aufforderung zur Angebotsabgabe andererseits widersprüchliche Angaben macht. Es widerspricht dem Grundsatz der Transparenz, wenn die Vergabestelle ihrer Wertungsentscheidung andere Kriterien zu Grunde legt, als sie in der Bekanntmachung veröffentlicht hat.*)
VolltextVPRRS 2006, 0292
VK Saarland, Beschluss vom 15.03.2006 - 3 VK 02/2006
1. Die Antragsbefugnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Bieter, der die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens begehrt, selbst kein Generalunternehmer (GU)- Angebot abgegeben hat, sondern lediglich ein Angebot für das Einzel-Los. Hat der Auftraggeber alternativ ein Los oder alle Lose ausgeschrieben und nur ein Bieter ein Angebot für alle Lose abgegeben, würde ansonsten der vergaberechtliche Rechtsschutz für alle Einzelbieter leer laufen: Der Einzelbieter könnte mit seinem Nachprüfungsantrag mangels Antragsbefugnis in keinem Fall erfolgreich sein, auch wenn das vorangegangene Vergabeverfahren, das zum Zuschlag des Gesamt-Los-Angebotes führen soll, in vergaberechtlicher Hinsicht noch so fehlerhaft wäre.*)
2. Die Antragsbefugnis und damit die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Angebot des Antragstellers möglicherweise wegen eines vorhandenen zwingenden Ausschlussgrundes nicht gewertet werden durfte. Die Antragsbefugnis hängt nicht davon ab, ob ein Antragstellerangebot zu Recht ausgeschlossen worden ist oder hätte ausgeschlossen werden müssen. Der Zugang zum Vergabenachprüfungsverfahren wird eröffnet mit der schlüssigen Behauptung, im Verlauf der Auftragsvergabe in einem Bieterrecht so verletzt worden zu sein, dass eine Zuschlagschance vereitelt worden ist.*)
3. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A sind Änderungen an den Verdingungsunterlagen unzulässig. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A müssen Angebote, bei denen Änderungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen wurden, zwingend von der Wertung ausgeschlossen werden. Eine Änderung der Verdingungsunterlagen liegt auch vor, wenn der Bieter die zu erbringende Leistung abändert und eine andere als die ausgeschriebene Leistung anbietet. Hierfür spielt es keine Rolle, ob die vorgenommene Änderung zentrale und wichtige oder eher unwesentliche Leistungen betrifft, die möglicherweise keine Relevanz für die Ausführung des Auftrages haben. § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A soll sicherstellen, dass das Angebot den ausgeschriebenen Leistungen und den sonstigen Verdingungsunterlagen entspricht. Es geht nicht allein darum, dass der Auftraggeber eigenverantwortlich bestimmt, zu welchen Bedingungen er den Vertrag abschließen möchte, sondern auch darum, dass die übrigen Teilnehmer an der Ausschreibung nicht durch eine Änderung der Verdingungsunterlagen durch einen Mitbieter einen Wettbewerbsnachteil erleiden. Normzweck der genannten Vorschriften ist es, die Abgabe durchsichtiger, in den ausgewiesenen Leistungsmerkmalen identischer und miteinander ohne weiteres vergleichbarer Angebote sicherzustellen und damit einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten.*)
4. Schließt die Vergabestelle einen Bieter aus dem Wettbewerb aus, so erlischt das Rechtsverhältnis, aus dem sein Anspruch auf Gleichbehandlung erwächst, jedenfalls dann, wenn das beanstandete Angebot tatsächlich mit Mängeln behaftet ist, die ihm die Teilnahmefähigkeit am Wettbewerb nehmen. Gleiches gilt in dem Fall, dass die Vergabenachprüfungsinstanz über den Ausschluss eines von der Vergabestelle vergaberechtswidrig zugelassenen mangelhaften Angebotes eines Bieters befindet. Das hindert zwar nicht das Fortbestehen etwaiger nachvertraglicher Treue und Loyalitätspflichten, die dazu dienen, dem Bieter die Prüfung und Inanspruchnahme vergaberechtlichen Rechtschutzes zu ermöglichen (Antragsbefugnis); ein zwingend auszuschießender Bieter ist gleichwohl nicht länger Teilnehmer an einem Vergabeverfahren im Sinne des § 97 Abs. 2 GWB und ist insbesondere des Anspruchs auf Gleichbehandlung mit den übrigen im Wettbewerb verbliebenen Bietern verlustig gegangen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0291
VK Saarland, Beschluss vom 01.03.2005 - 1 VK 01/2005
Ein Angebot, das auf der Rückseite des Angebotsschreibens von den grundsätzlichen Vorschriften der VOB abweichende Allgemeine Geschäftsbedingungen enthält, ist wegen Änderung an den Verdingungsunterlagen nach Maßgabe von § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A vom Vergabeverfahren auszuschließen. Nur durch den Ausschluss eines solchen Angebotes kann die für den Wettbewerb wichtige Vergleichbarkeit der Angebote aller Bieter sichergestellt werden.*)
VolltextVPRRS 2006, 0287
OLG Dresden, Beschluss vom 11.04.2006 - WVerg 6/06
1. Ein Angebot unterliegt dem Wertungsausschluss wegen fehlender notwendiger Bietererklärungen (§§ 25 Nr. 1 Abs. 1 b, 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A), wenn die Vergabeunterlagen die namentliche Benennung der in Aussicht genommenen Nachunternehmer und die Bezeichnung der insoweit zu erbringenden Teilleistung mit dem Angebot verlangen und die Angaben des Bieters es nicht erlauben, dem einzelnen Nachunternehmer konkrete Leistungsbestandteile anhand des Leistungsverzeichnisses eindeutig zuzuordnen.*)
2. An einer solchen Zuordnung fehlt es - ungeachtet etwa fehlender oder ungenauer Angaben des Bieters zu Ordnungsziffern des Leistungsverzeichnisses oder zu verbalen Umschreibungen der für einen Nachunternehmereinsatz vorgesehenen Teilleistung - jedenfalls dann, wenn auch eine Gesamtschau der Bietererklärungen nicht zweifelsfrei Aufschluss darüber gibt, wofür genau der Nachunternehmer in der Bauausführung verwendet werden soll.*)
VolltextVPRRS 2006, 0285
OLG Dresden, Beschluss vom 25.04.2006 - 20 U 467/06
Auf ein Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte des § 2 VgV sind weder § 115 Abs. 1 GWB noch § 13 VgV anwendbar; selbst wenn man bei einem solchen Beschaffungsvorhaben vergaberechtlichen Primärrechtsschutz von Verfassungs wegen grundsätzlich für geboten hielte, unterliegt ein öffentlicher Auftraggeber auch angesichts eines entsprechenden verwaltungs- oder zivilgerichtlichen Rechtsschutzverfahrens daher weder einem Zuschlagsverbot noch einer Vorabinformationspflicht.*)
VolltextVPRRS 2006, 0284
VG Karlsruhe, Beschluss vom 14.06.2006 - 8 K 1437/06
1. Für die Überprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der Schwellenwerte ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben.
2. Die öffentliche Hand handelt bei der Vergabe von Aufträgen privatrechtlich; es handelt sich um ein einstufiges Verfahren.
3. Für unterschwellige Vergabeverfahren, die nicht europarechtlicher Vorgabe unterliegen, gewährt auch das sonstige nationale Recht keine subjektiven Rechte, so dass Artikel 19 Abs. 4 GG nicht berührt ist.
VPRRS 2006, 0283
OLG München, Beschluss vom 28.04.2006 - Verg 6/06
1. Hält sich der Auftraggeber bei der Ausschreibung unterschiedlicher freiberuflicher Leistungen (hier: Beratung in rechtlicher, technischer und wirtschaftlicher Beziehung bei einem ÖPP-Projekt) offen, ob er die zu vergebenden Lose einem Auftragnehmer überträgt, ist für die Berechnung des Schwellenwertes auf die Summe der Einzelleistungen abzustellen.*)
2. Zur Frage der eindeutig und erschöpfend beschreibbaren freiberuflichen Leistung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 VOF.*)
VolltextVPRRS 2006, 0282
VK Hessen, Beschluss vom 27.03.2006 - 69d-VK-10/2006
Die Tatsache, dass sich ein Bieter bereits an den vorausgegangenen Vergabeverfahren beteiligt hatte, führt nicht dazu, dass er in einem nachfolgenden Verfahren die geforderten Nachweise nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A nicht mehr vorlegen müsste. Sind die geforderten Eignungsnachweise bereits aus der Bekanntmachung erkennbar und hat der Bieter die Nichterforderlichkeit derartiger Nachweise nicht vor Ablauf der Bewerbungsfrist gegenüber dem Ag gem. § 107 Abs. 3 S. 2 GWB zu rügen. Hält ein Bieter bestimmte Nachweise nicht für erforderlich oder vorlagefähig, darf nicht ohne weiteres auf ihre Vorlage verzichten oder sich ggf. darauf verlassen, die Vergabestelle werde von den eigenen zwingenden Vorgaben absehen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0281
OLG Naumburg, Urteil vom 15.03.2005 - 9 U 135/04
Bei der Gleichwertigkeit kommt es nicht darauf an, ob einzelne Eigenschaften voneinander abweichen. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Maßgebliches Kriterium ist die Einhaltung der vertraglichen Anforderungen.
VolltextVPRRS 2006, 0279
VK Brandenburg, Beschluss vom 14.09.2005 - 1 VK 55/05
1. Bei einem weder sachlich noch rechtlich als schwierig anzusehenden Sachverhalt, bei dem es allein um die tatsächliche Frage geht, ob 1 oder 3 Brandmeldezentralen angeboten wurden, ist grundsätzlich von der Geltung der 1 – 3-tägigen Frist für die Erhebung der Rüge auszugehen.
1. Für die Entscheidung, ob eine Rüge unverzüglich i.S.d. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB erfolgt ist, ist die Definition des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB heranzuziehen und darauf abzustellen, ob sie ohne schuldhaftes Zögern erfolgt ist.
2. Nach einer Einzelfallbeurteilung ist eine Rüge dann nicht mehr unverzüglich, wenn sie nicht mehr so entsprechend zeitig erfolgt, wie es dem Bieter unter Berücksichtigung der für die Prüfung und Begründung der Rüge notwendigen Zeit möglich und zumutbar ist, wobei eine eine Obergrenze von zwei Wochen ab Kenntniserlangung zu unterstellen ist.
VolltextVPRRS 2006, 0278
VK Brandenburg, Beschluss vom 01.11.2005 - 1 VK 53/05
1. Wird eine Ausschreibung aufgehoben und der Steller eines Nachprüfungsantrags somit durch Eintritt von Erledigung klaglos gestellt, greift der in § 128 Abs. 3 Satz 1 aufgestellte Grundsatz, dass der unterliegende Verfahrensbeteiligte Kostenschuldner ist, nicht. Es bleibt vielmehr beim Grundsatz der § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr.1 VwKostG, wonach derjenige, der durch Stellung eines Nachprüfungsantrags das Verfahren in Gang gesetzt hat, die Kosten schuldet.
2. Eine derartige Kostenregelung ergibt sich auch nicht, mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 128 Abs. 3 und 4 GWB für den Fall der Erledigung, aus der entsprechenden Anwendung von § 161 Abs. 2 VwGO bzw. § 91a ZPO, da die Kostenregelung in § 128 GWB anschließend ist.
VolltextVPRRS 2006, 0276
VK Brandenburg, Beschluss vom 26.08.2005 - 1 VK 49/05
1. Mit der Anforderung der Ausschreibungsunterlagen durch den Bieter kommt zwischen diesem und dem Auftraggeber ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis gemäß § 311 Abs. 2 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB zustande.
2. Nimmt ein Bieter einen Ordner aus dem Data Room mit, in dem sich Unterlagen über den gegenwärtigen Stand der Realisierung eines Projekts befinden, verletzt er nicht nur die Interessen des Auftraggebers und der Mitbewerber, sondern begründet darüber hinaus auch die Gefahr, dass unbefugte Dritte Kenntnis vom Inhalt der Unterlagen erlangen und ihn weitergeben können. Dies stellt eine Verletzung des vorvertraglichen Schuldverhältnisses dar, die den Ausschluss des Bieters rechtfertigt.
3. Auch im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb hat der Auftraggeber die fachliche Eignung und Zuverlässigkeit zu überprüfen, wenn negative Änderungen der Bietereignung, die nach Abschluss der Eignungsprüfung erfolgen, einen Wiedereintritt in die Eignungsprüfung rechtsfertigen.
4. Der Begriff der vergaberechtlichen Zuverlässigkeit erfasst nicht nur negative Verfehlungen der oben beschriebenen Art. Vielmehr kann von fehlender Eignung eines Bewerbers auch dann gesprochen werden, wenn er bestimmte zusätzliche Anforderungen nicht erfüllt, die der Auftraggeber aus Gründen, die in der Natur der ausgeschriebenen Aufgabe und der mit ihr verfolgten Zwecke liegen, mit Recht zur Voraussetzung für die Auftragsvergabe machen will.
VolltextVPRRS 2006, 0275
VK Lüneburg, Beschluss vom 08.05.2006 - VgK-07/2006
1. Die Rüge muss angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich binnen 1 bis 3 Tagen nach positiver Kenntniserlangung erfolgen. Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt, kann einem Bieterunternehmen allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger, insbesondere anwaltlicher Hilfe erfordert.
2. Wird die Struktur und Identität der Gesellschaft nicht geändert, spricht vergaberechtlich nichts gegen die Teilnahme des Unternehmens am Wettbewerb um öffentliche Aufträge in der Phase der Umfirmierung. Denn bloße Umfirmierungen sind vergaberechtlich irrelevant, da sie die rechtliche Identität des Bieters und damit seine Eignung unberührt lassen.
3. Zwei Schwesternunternehmen, die selbstständige juristische Personen darstellen, können an demselben Vergabeverfahren teilnehmen.
4. Zur Frage der hinreichenden Dokumentation der Eignungsprüfung und der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes.
5. In den Fällen, in denen der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien nicht bekannt gemacht hat oder ausdrücklich nur das Kriterium "Preis" benannt hat, darf ausschließlich der niedrigste Preis als Zuschlagskriterium bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes zugrunde gelegt werden.
6. Zwischen dem Ablauf der Angebotsfrist und dem Vertrags- und Leistungsbeginn darf ein Zeitraum von fast zwei Jahren liegen, ohne dass ein ungewöhnliches Wagnis im Sinne des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A vorliegt.
7. Eine Klausel in den Vergabebekanntmachungen, wonach sich der Auftraggeber bei der Überschreitung der für eine Selbstdurchführung kalkulierten Kosten auch durch das günstigste Angebot die Aufhebung der Ausschreibung mangels wirtschaftlichen Ergebnisses vorbehält, ist vergaberechtlich zulässig und verstößt insbesondere nicht gegen § 26 Nr. 1 f VOL/A.
8. Eine vorweggenommene Einverständniserklärung des Bieters zur Verlängerung der Bindefrist bei Verzögerung durch ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren in der Vergabebekanntmachung ist zulässig.
9. Die Beschränkung des Auftragnehmers, erstmalig im 2. Leistungsjahr eine Preisanpassung verlangen zu dürfen, stellt kein ungewöhnliches Wagnis für den Auftragnehmer im Sinne des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A dar.
VolltextVPRRS 2006, 0274
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.05.2006 - 15 B 692/06
1. In einem vergaberechtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist ein Antragsteller antragsbefugt, der zwar im Vergabeverfahren kein Angebot abgegeben hat, aber geltend machen kann, durch die Ausschreibungsbedingungen gleichheitswidrig an der Abgabe eines konkurrenzfähigen Gebotes gehindert zu werden.*)
2. In einem vergaberechtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit kann ein Unterlassungsanspruch nicht auf jedweden Verstoß gegen Bestimmungen der Verdingungsordnungen gestützt werden, sondern - insoweit enger als in Nachprüfungsverfahren nach dem GWB - nur auf solche Verstöße, die den Antragsteller gleichheitswidrig benachteiligen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0273
VK Thüringen, Beschluss vom 15.05.2006 - 360-4002.20-006/06-ESA-S
Das Nachprüfungsverfahren ist ein Verwaltungsverfahren, auf das in Thüringen die Vorschriften des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz (ThürVwVfG) Anwendung finden. Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag zurück, ist nach § 80 Abs. 1 Satz 6 ThürVwVfG über die Kosten nach billigem Ermessen zu entscheiden. Bei fehlender Erfolgsaussicht des zurückgenommenen Antrages sind dem Antragsteller daher die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Vergabestelle, nicht jedoch die Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.
VolltextVPRRS 2006, 0271
OLG München, Beschluss vom 02.06.2006 - Verg 12/06
1. Zur Feststellung eines unangemessen hohen Angebotes können auch die Ergebnisse vergleichbarer Ausschreibungen und übliche Marktpreise herangezogen werden.*)
2. Die Stellung eines Antrags ist für die Erstattung der notwendigen Auslagen eines Beigeladenen nicht erforderlich (§ 101 ZPO analog).*)
VolltextVPRRS 2006, 0268
OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.04.2005 - 11 Verg 1/05
1. Zwar kann das weitere Verrgabeverfahren grundsätzlich einen Bieter, dessen Angebot ausgeschlossen wurde, weder seine Interessen berühren, noch kann der Antragsteller durch eine etwaige Nichtbeachtung vergaberechtlicher Bestimmungen in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein.
2. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird aber dann zugelassen, wenn der öffentliche Auftraggeber bei gebührender Beachtung des als verletzt gerügten Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht nur das Angebot des Antragstellers, sondern gleichermaßen auch das allein in der Wertung verbliebene Angebot des Beigeladenen oder alle anderen tatsächlich in die Wertung gelangten Angebote hätte ausschließen müssen. Das Gebot die Bieter gleich zu behandeln (§ 97 Abs. 2 GWB), verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber, solche Angebote, die vergaberechtlich an demselben (gleichartigen) Mangel leiden, vergaberechtlich gleich zu behandeln, d. h. aus dem übereinstimmend vorliegenden Mangel jener Angebote vergaberechtlich dieselben Konsequenzen zu ziehen.
3. Verstöße, von denen der Antragsteller erst im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens Kenntnis erhält, können ohne weiteres in das Nachprüfungsverfahren einbezogen werden, ohne dass sie zuvor nochmals gesondert gerügt werden müssten.
VolltextVPRRS 2006, 0267
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.09.2005 - Verg 50/05
1. Verlangt eine Bekanntmachung neben dem Nachweis von Fachkunde und Zuverlässigkeit den Nachweis von überdurchschnittlicher Erfahrung im Umgang mit einem bis zu 17 m tiefen Geländeeinschnitt und verformungsgefährdeter Bebauung und fordert eine Referenzliste mit Bauobjekten vergleichbarer Art, hat letztgenannte den Zweck, den Nachweis der überdurchschnittlichen Erfahrung des Bieters bei den die ausgeschriebenen Leistungen erschwerenden Randbedingungen zu führen und ist damit zulässiges Kriterium.
2. Dies gilt selbst dann, wenn dem Ausschreibenden bekannt und bewusst gewesen ist, dass es in Europa bzw. in Deutschland derzeit im Zweifel keine vergleichbare bauliche Situation im Bereich von innerstädtischen Wasserstraßen mit bis zu 17 m tiefem Geländeeinschnitt und verformungsrelevanter Bebauung gibt.
VolltextVPRRS 2006, 0266
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.09.2005 - Verg 48/05
1. Verlangt eine Bekanntmachung neben dem Nachweis von Fachkunde und Zuverlässigkeit den Nachweis von überdurchschnittlicher Erfahrung im Umgang mit einem bis zu 17 m tiefen Geländeeinschnitt und verformungsgefährdeter Bebauung und fordert eine Referenzliste mit Bauobjekten vergleichbarer Art, hat letztgenannte den Zweck, den Nachweis der überdurchschnittlichen Erfahrung des Bieters bei den die ausgeschriebenen Leistungen erschwerenden Randbedingungen zu führen und ist damit zulässiges Kriterium.
2. Dies gilt selbst dann, wenn dem Ausschreibenden bekannt und bewusst gewesen ist, dass es in Europa bzw. in Deutschland derzeit im Zweifel keine vergleichbare bauliche Situation im Bereich von innerstädtischen Wasserstraßen mit bis zu 17 m tiefem Geländeeinschnitt und verformungsrelevanter Bebauung gibt.
VolltextVPRRS 2006, 0263
OLG Dresden, Beschluss vom 28.03.2006 - WVerg 4/06
1. Ist ein Einzelbieter mit einem anderen Unternehmen, welches Mitglied einer Bietergemeinschaft ist, über eine gemeinsame Holdinggesellschaft verbunden, besteht eine Vermutung für eine wettbewerbsbeschränkende Abrede (§ 25 Nr. 1 Abs 1 Buchst. c VOB/A) jedenfalls dann nicht, wenn die Verbindung der "Schwesterunternehmen" bei Angebotsabgabe noch nicht rechtswirksam war.*)
2. Verneinen die Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich ein Verbot von Minuspreisen, bedeuten negative Einheitspreise nicht ohne weiteres ein Fehlen der geforderten Preisangabe (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A); sie lösen auch nicht in jedem Falle eine Pflicht der Vergabestelle aus, dem Bieter zur Ausräumung des Verdachts einer unzulässigen Mischkalkulation Erläuterungen abzuverlangen.*)
3. Ist nach den Ausschreibungsunterlagen die Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag ohnehin vorgesehen und für die wertungsmäßige Berücksichtigung eines unbedingten Nachlasses eine Angabe an bestimmter Stelle im Angebotsschreiben verlangt, so kann ein (lediglich) in einem Nebenangebot enthaltener Nachlass für den Fall der "uneingeschränkten Einhaltung der VOB/B als Vertragsgrundlage" nicht gewertet werden.*)
VolltextVPRRS 2006, 0262
VK Brandenburg, Beschluss vom 07.04.2006 - 2 VK 10/06
1. Die Auftraggeberin kann im Vergabeverfahren eine Beratung durch Sachverständige in Anspruch nehmen. Sie darf aber nicht alle Entscheidungen in dem Verfahren an den Berater delegieren und ihre Mitwirkung an dem Verfahren auf das "Abnicken" beschränken. Sie muss die Angebote prüfen und über eigenverantwortlich mögliche Ausschlussgründe und den Zuschlag entscheiden.*)
2. Der Auftraggeberin obliegen auch Sorgfaltspflichten einerseits den Bietern gegenüber, andererseits der öffentlichen Hand oder denen, die auf seine Dienstleistung angewiesen sind, keine Alternative haben und deshalb die geforderten Preise zahlen müssen. Ihr obliegt die Durchführung eines ordentlichen Vergabeverfahrens, das vor allem sichern soll, dass die geforderte Leistung zu einem möglichst günstigen Preis erbracht wird.*)
3. Die Forderung der Wiederholung der Produktbezeichnung eines vorgegebenen Leitproduktes, wenn dieses angeboten wird, hat keinen Informationswert und sollte deshalb auch den Ausschluss eines solchen Angebotes nicht rechtfertigen. Der Grundsatz der Klarheit des Angebotes kann konterkariert werden, wenn die Auftraggeberin Erklärungen fordert, die überflüssig und für die Wertung des Angebotes nicht erforderlich sind.*)
4. Müssen zehn von elf Bietern aufgrund der an der BGH-Rechtsprechung orientierten, hohen formalen Anforderungen des Auftraggebers ausgeschlossen werden, so muss dem Auftraggeber ein Ermessen offen bleiben, den Auftrag an den letzten verbleibenden, bei Angebotseröffnung an achter Stelle liegenden Bieter zu vergeben oder im Hinblick auf die Anforderungen des § 97 Abs. 5 GWB und des Haushaltsrechts die Ausschreibung aufzuheben.*)
VolltextVPRRS 2006, 0261
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15.05.2006 - VK-SH 10/06
1. Wird die Leistung nach allgemeinen technischen Kriterien beschrieben, ist es grundsätzlich Sache des Bieters, aufgrund seiner Sach- und Fachkunde die für die Leistung notwendigen Erzeugnisse auszuwählen; er haftet dafür, dass diese den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses und der Baubeschreibung entsprechen.*)
2. Das Bieterangabenverzeichnis hat den alleinigen Zweck, die verwendeten Geräte und Produkte zu bezeichnen, um eine Plausibilitätsprüfung zu ermöglichen. Von Dritten stammende technische Datenblätter, die nicht Teil seines Angebotes sind, muss ein Bieter grundsätzlich nicht gegen sich gelten lassen. Der geschuldete Leistungsumfang ergibt sich aus dem Angebot, d.h. geschuldet sind vom Auftragnehmer die Leistungen, die zur vertragsgemäßen Erfüllung der beauftragten Leistung notwendig sind.*)
3. Im Fall einer eindeutigen Angebotsabgabe ist davon auszugehen, dass sich das im Rahmen des § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A grundsätzlich bestehende Aufklärungsermessen des Auftraggebers zu einer Aufklärungspflicht verdichtet, wenn nicht der Bieter sondern der Auftraggeber selbst durch eigene Recherchen die Zweifel in Bezug auf das Angebot verursacht hat.*)
4. Steht der Vergabestelle bei der Entscheidung über den Ausschluss des Angebots ein Beurteilungsspielraum zu und hat sie in Ausübung dieses Spielraums die Eignung des Bieters bejaht, ist sie daran grundsätzlich gebunden.*)
5. Der bieterschützende Charakter des § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A beschränkt sich allenfalls darauf, dass wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen bekämpft und unterbunden werden müssen (§ 2 Nr. 1 VOB/A), so dass der Zuschlag nicht auf Angebote erteilt werden darf, die in der zielgerichteten Absicht abgegeben werden oder zumindest die Gefahr begründen, dass andere Mitbewerber ganz vom Markt verdrängt werden.*)
6. Ein Angebotsausschluss wegen "Mischkalkulation" erfordert die Feststellung insoweit unvollständiger Preisangaben des Bieters durch die Vergabestelle. Der Nachweis ist grundsätzlich Sache der Vergabestelle, so dass im Zweifel von der Vollständigkeit der Preisangaben auszugehen ist.*)
VolltextVPRRS 2006, 0260
LG Koblenz, Urteil vom 18.02.2005 - 8 O 58/04
1. Ist bei den Arbeiten ein Aushub von max. 60 cm zzgl. 10 - 20 cm Untergrundverbesserung erforderlich, so muss der Auftragnehmer in diesem Bereich nicht mit Versorgungsleitungen rechnen, weil nach den anerkannten Regeln der Technik Versorgungsleitungen jeweils unterhalb dieser Schichten zu verlegen sind.
2. Werden dennoch Versorgungsleitungen vorgefunden, so kann der Auftragnehmer für die Sicherung der Versorgungsleitungen eine Mehrvergütung verlangen.
3. Geht der Auftragnehmer davon aus, dass eine Position des Leistungsverzeichnisses primär mit Großgeräten kostengünstig bewerkstelligt werden kann, und stellt sich dies als falsch heraus, so handelt es sich lediglich um einen internen Kalkulationsirrtum des Auftragnehmers, der keinerlei Mehrvergütung nach sich zieht.
VolltextVPRRS 2006, 0259
OLG München, Beschluss vom 24.05.2006 - Verg 10/06
1. Eine unzulässige Mischkalkulation liegt nicht vor, wenn ein Bieter ohne Auf- und Abpreisung sogenannte Bereitstellungsgeräte (Baukran einschließlich Lohnkosten Kranführer) in die Position Baustelleneinrichtung einrechnet, wenn der Wortlaut des Leistungsverzeichnisses dies bei vertretbarer Auslegung zulässt, weil eine ausdrückliche Position für diese Kosten im Leistungsverzeichnis fehlt.*)
2. Die Regelung des § 21 Nr. 4 VOB/A betrifft nicht Nachlässe bei den Einheitspreisen für einzelne Leistungspositionen im Rahmen der Kalkulation, sondern nur Preisabschläge für das Gesamtangebot.*)
VolltextVPRRS 2006, 0257
OLG Schleswig, Beschluss vom 22.05.2006 - 1 Verg 5/06
1. Im Rahmen des § 107 Abs. 2 GWB genügt es, wenn ein Bieter darlegt, dass er ohne die im Rahmen des Nachprüfungsantrags gerügten Vergabeverstöße eine echte Chance zur Auftragserteilung gehabt hätte; insoweit dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden.
2. Gründe, die zum zwingende Ausschluss führen, können die Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags bewirken, allerdings nur, wenn diese Gründe evident vorliegen.
3. Ist der Umfang der für einen Nachunternehmereinsatz vorgesehenen Leistungen aus den Erklärungen des Antragstellers bestimmbar, und zwar auch dort, wo nur "schlagwortartige" Bezeichnungen verwendet worden sind, so ist eine Antragsbefugnis nicht zu verneinen.
4. Müssen die Bieter im Rahmen der Ausschreibung zum Nachweis ihrer Zuverlässigkeit einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister vorlegen, so führt die Nichtvorlage eines solchen Auszuges zwingend zum Ausschluss des Angebotes.
VPRRS 2006, 0255
VK Nordbayern, Beschluss vom 04.04.2006 - 21.VK-3194-09/06
1. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A ist ein Angebot zwingend von der Wertung auszuschließen, das Änderungen an den Verdingungsunterlagen enthält (§ 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A). Abweichungen von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen ändern nach der Entscheidung des BGH v. 08.09.1998 - X ZR 85/97 die Verdingungsunterlagen in unzulässiger Weise. Ein derartiges Angebot muss schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil es wegen der sich nicht deckenden Willenserklärungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer nicht zu dem beabsichtigten Vertragsabschluss führen kann. Der Bieter muss davon ausgehen, dass der Auftraggeber die Leistung regelmäßig mit den von ihm geforderten Mindesteigenschaften ausgeführt haben will. Nur dann ist eine erschöpfende, vergleichende Wertung der einzelnen Angebote möglich und ein transparenter, chancengleicher Bieterwettbewerb i.S.d. § 97 Abs. 1 u. 2 GWB, §§ 2 Nr. 2 und 8 Nr. 1 VOB/A gewährleistet.*)
2. Sind geforderte Erklärungen zu den Nachunternehmerleistungen unklar und widersprüchlich, so ist das Angebot auszuschließen (§ 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A).*)
3. Widersprüchliche Erklärungen zu Nachunternehmerleistungen können nicht gemäß § 24 VOB/A klargestellt werden. Nachverhandlungen in diesem Bereich sind nicht zulässig.*)
VolltextVPRRS 2006, 0253
BGH, Urteil vom 30.03.2006 - VII ZR 44/05
1. Ein Verstoß gegen § 12 Nr. 1 Satz 1 VOB/A steht der Geltendmachung der Vertragsstrafe nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nur entgegen, wenn der Auftragnehmer das Verhalten des Auftraggebers bei Abgabe des Angebots als widersprüchlich werten durfte und er in seinem schutzwürdigen Vertrauen darauf, dass der Auftraggeber sich an die Regelung des § 12 Nr. 1 Satz 1 VOB/A halten werde, enttäuscht worden ist.*)
2. Allein der Umstand, dass eine Vertragsstrafe vereinbart worden ist, ohne dass die Voraussetzungen des § 12 Nr. 1 Satz 1 VOB/A objektiv vorlagen, rechtfertigt es nicht, der vereinbarten Vertragsstrafe ihre Wirkung zu nehmen.*)
3. Es ist Sache des Auftragnehmers, die Voraussetzungen vorzutragen, die es rechtfertigen, die Durchsetzung der Vertragsstrafe im Einzelfall an Treu und Glauben scheitern zu lassen.*)
VPRRS 2006, 0252
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.04.2006 - VK-SH 05/06
1. Vergaberechtsschutz ist nicht nur dann zu gewähren, wenn die Aufhebung der Ausschreibung noch bevorsteht, sondern auch dann, wenn die Ausschreibung schon aufgehoben worden ist. Damit wird sichergestellt, dass die Aufhebung der Ausschreibung nicht als Maßnahme der Diskriminierung einzelner Bieter missbraucht werden kann.*)
2. Schutzwürdige Rechte des Bieters im Sinne von § 97 Abs. 7 GWB können nur verletzt werden, wenn der Bieter durch die Nichteinhaltung der Vorschriften über das Vergabeverfahren in seiner Chance auf Erteilung des Zuschlags für den Auftrag beeinträchtigt wird. Das ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn das Angebot des Bieters auszuschließen ist.*)
3. Die Verdingungsunterlagen sind einer Auslegung zugänglich, wobei als Maßstab der objektive Empfängerhorizont, also die Sicht der potentiellen Bieter zugrunde zu legen ist.*)
4. Beabsichtigt der Bieter, sich zur Erfüllung des Auftrags dritter Unternehmen zu bedienen, so muss ihm bewusst sein, dass er die Zusammenarbeit mit dem Drittunternehmen hinsichtlich der Einbeziehung in die Erledigung der mit dem öffentlichen Auftrag zu übernehmenden Aufgabe soweit darzustellen hat, dass der Vergabestelle eine Beurteilung der Frage, ob der Auftrag insgesamt ordnungsgemäß erfüllt werden kann, ermöglicht wird.*)
5. Ein Angebot, das der Bieter aus einem in seiner Person liegenden Grund (hier bezogen auf den Preis) nicht so erfüllen kann, wie es nach der abgegebenen Willenserklärung erforderlich wäre, ist unvollständig und muss deshalb zum Ausschluss aus der Wertung führen, weil seine Erfüllung der Disposition des Bieters entzogen ist.*)
VolltextVPRRS 2006, 0250
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.04.2006 - VK-SH 04/06
1. Die Vorschriften der Verdingungsordnungen über die Aufhebung einer Ausschreibung vermitteln den Bietern eine subjektive Rechtsposition, die grundsätzlich im Nachprüfungsverfahren geltend gemacht werden kann.*)
2. Schutzwürdige Rechte des Bieters im Sinne von § 97 Abs. 7 GWB können nur verletzt werden, wenn der Bieter durch die Nichteinhaltung der Vorschriften über das Vergabeverfahren in seiner Chance auf Erteilung des Zuschlags für den Auftrag beeinträchtigt wird. Das ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn das Angebot des Antragstellers auszuschließen ist.*)
3. Die mit dem Fehlen von Unterlagen verbundenen schwerwiegenden Folgen gebieten es, dass die ausschreibende Stelle eindeutig bestimmt, welche Unterlagen sie mit der Angebotsabgabe vom Bieter fordert.*)
4. Sieht die Leistungsbeschreibung vor, dass der Bieter mit Abgabe des Angebotes versichert, eine Entgeltgenehmigung erhalten zu haben (d.h. schon im Besitz einer solchen zu sein), und erklärt der Bieter mit seinem Angebot, die Entgeltgenehmigung erst nach Zuschlagserteilung beantragen zu wollen, stellt dies eine unzulässige Änderung der Verdingungsunterlagen gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 3 i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A dar.*)
5. Ein Angebot, das der Bieter aus einem in seiner Person liegenden Grund (hier bezogen auf den Preis) nicht so erfüllen kann, wie es nach der abgegebenen Willenserklärung erforderlich wäre, ist unvollständig und muss deshalb zum Ausschluss aus der Wertung führen, weil seine Erfüllung der Disposition des Bieters entzogen ist.*)
VolltextVPRRS 2006, 0249
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.04.2006 - VK-SH 03/06
1. Die Vorschriften der Verdingungsordnungen über die Aufhebung einer Ausschreibung vermitteln den Bietern eine subjektive Rechtsposition, die grundsätzlich im Nachprüfungsverfahren geltend gemacht werden kann.*)
2. Schutzwürdige Rechte des Bieters im Sinne von § 97 Abs. 7 GWB können nur verletzt werden, wenn der Bieter durch die Nichteinhaltung der Vorschriften über das Vergabeverfahren in seiner Chance auf Erteilung des Zuschlags für den Auftrag beeinträchtigt wird. Das ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn das Angebot des Antragstellers auszuschließen ist.*)
3. Ein Angebot, das der Bieter aus einem in seiner Person liegenden Grund (hier bezogen auf den Preis) nicht so erfüllen kann, wie es nach der abgegebenen Willenserklärung erforderlich wäre, ist unvollständig und muss deshalb zum Ausschluss aus der Wertung führen, weil seine Erfüllung der Disposition des Bieters entzogen ist.*)
VolltextVPRRS 2006, 0244
VK Sachsen, Beschluss vom 21.03.2006 - 1/SVK/012-06
1. Zur Bestimmung des Merkmals der Unverzüglichkeit i.S.d. § 107 Abs. 3 GWB ist auf § 121 Abs. 1 BGB zurückzugreifen. Danach ist das Merkmal der Unverzüglichkeit dann erfüllt, wenn ohne schuldhaftes Zögern gehandelt wird.
2. Die von der Rechtsprechung angenommene Frist von 2 Wochen stellt eine maximale Obergrenze dar, deren Ausschöpfung allenfalls zugestanden werden kann, wenn eine schwierige Sach- oder Rechtslage gegeben ist, die die Inanspruchnahme fachkundlicher Hilfe erfordert.
3. Die Kenntnis von einem völlig zweifelsfreien und in jeder Beziehung sicher nachweisbaren Vergabefehler ist nicht notwendig. Ausreichend ist vielmehr das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und der es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden.
4. Werden in der Vergabebekanntmachung Angaben zu ausgeführten Referenzobjekte verlangt, können noch in Vollzug befindliche Referenzen keine Berücksichtigung finden.
VolltextVPRRS 2006, 0243
VK Sachsen, Beschluss vom 09.01.2006 - 1/SVK/149-05
1. Vermeintliche Vergaberechtsverstöße, deren Erkennen sich erst im Laufe des bereits anhängigen Vergabenachprüfungsverfahrens - z. B. durch die Akteneinsicht - für die Antragstellerin ergeben, müssen nicht mehr gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden.
2. Da das Wesen eines Nebenangebots gerade darin liegt, dass die Leistung inhaltlich anders angeboten wird, als sie in der Leistungsbeschreibung, die zum Gegenstand des Vergabeverfahrens gemacht wird, enthalten ist, müssen Nebenangebote so eindeutig und erschöpfend beschrieben werden, d. h. die Gleichwertigkeit soweit dargelegt werden, dass der Auftraggeber sie ohne besondere Schwierigkeit prüfen kann.
3. Aus dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 2 Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG ergibt sich, dass der Auftraggeber verpflichtet ist, in den Verdingungsunterlagen die Mindestanforderungen zu erläutern, die Änderungsvorschläge erfüllen müssen.
4. Ein Auftraggeber ist verpflichtet, sämtliche verlautbarten Zuschlagskriterien entsprechend § 25a VOB/A auch bei der Wertung zu berücksichtigen.
VolltextVPRRS 2006, 0242
VK Sachsen, Beschluss vom 02.09.2005 - 1/SVK/108-05
Einem gegen die Aufhebung einer Ausschreibung gestellten, auf die Fortführung des aufgehobenen Verfahrens gerichteten Nachprüfungsantrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn vor Antragstellung die Vergabestelle den Auftrag neu ausgeschrieben hatte, der Antragsteller die Neuausschreibung aber nicht als verfahrensfehlerhaft gerügt und dementsprechend auch nicht mit einem Nachprüfungsantrag beanstandet hat. Denn nur mit einem Nachprüfungsantrag hinsichtlich des zweiten Vergabeverfahrens kann ein Bieter wirksam verhindern, dass dort ein irreparabler Zuschlag erteilt wird, den dann auch eine Vergabekammer nach § 114 Abs. 2 S. 1 GWB nicht mehr revidieren könnte.*)
VolltextVPRRS 2006, 0241
VK Sachsen, Beschluss vom 13.04.2006 - 1/SVK/028-06
1. Angebote, in denen Erklärungen gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A nicht abgegeben wurden, sind zwingend entsprechend § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A auf der ersten Wertungsstufe vom Vergabeverfahren auszuschließen.*)
2. Geforderte Belege zum Nachweis der Eignung unterfallen nicht dem Begriff der "Erklärungen" nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A.*)
Daher ist der Ausschluss solcher Angebote nicht entsprechend § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A vorzunehmen. Der Ausschluss dieser Angebote hat jedoch zwingend gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A und damit auf der zweiten Wertungsstufe zu erfolgen.
3. Auf das Gebot der Gleichbehandlung kann sich ein Bieter mit einem entsprechend § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A zwingend vom Vergabeverfahren auszuschließenden Angebot gerade nicht berufen, wenn sämtliche anderen Angebote (erst) gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A vom weiteren Verfahren ebenfalls zwingend auszuschließen sind.*)
VolltextVPRRS 2006, 0239
OLG Köln, Urteil vom 14.02.2006 - 3 U 41/05
1. Zur Frage der Auslegung eines strittigen Punktes im Leistungsverzeichnis.
2. § 640 Abs. 2 BGB führt nicht zum Verlust des Schadensersatzanspruchs gem. § 635 BGB a.F.
3. Eine Haftung des Auftraggebers aus culpa in contrahendo wegen fehlerhafter - hier: missverständlicher - Ausschreibung setzt voraus, dass der Auftragnehmer gerade auch in einem schutzwürdigen Vertrauen enttäuscht worden ist; daran fehlt es, wenn der Auftragnehmer bei ihm zumutbarer Prüfung die Unklarheit des Leistungsverzeichnisses hätte erkennen können.
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