Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
5420 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2003
VPRRS 2003, 0655
VK Bremen, Beschluss vom 28.10.2003 - VK 16/03
Eine Bietergemeinschaft ist im Nachprüfungsverfahren nur dann antragsbefugt, wenn aus dem Angebot eindeutig hervorgeht, dass dieses von einer Bietergemeinschaft abgegeben wurde, die Einzelunternehmen eindeutig benannt sind und das Angebot von allen Einzelunternehmen oder deren Bevollmächtigten unterschrieben ist.

VPRRS 2003, 0709

VK Bund, Beschluss vom 16.09.2003 - VK 2-70/03
Ist das Angebot des Bieters zwingend von der Teilnahme an der Ausschreibung auszuschließen, kann er nicht darlegen, dass ihm durch die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Er ist deshalb nicht antragsbefugt und sein Vergabenachprüfungsantrag daher bereits unzulässig.

VPRRS 2003, 0654

VK Südbayern, Beschluss vom 22.09.2003 - 41-08/03
Der Anwendungsbereich des vierten Teils des GWB und der BayNpV und somit die Zuständigkeit der Kammer ist nur eröffnet, wenn der geschätzte Auftragswert den Schwellenwert erreicht oder übersteigt (§ 100 Abs. 1 GWB i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 BayNpV). § 100 Abs. 1 GWB verweist bezüglich der Schwellenwerte auf eine Rechtsverordnung nach § 127 GWB. Hier: Lieferauftrag i. S. d. § 99 Abs. 2 GWB.*)

VPRRS 2003, 0652

VK Südbayern, Beschluss vom 09.09.2003 - 38-08/03
Nebenangebote müssen einem Hauptangebot qualitativ und quantitativ gleichwertig sein. Dies setzt aber voraus, dass das Nebenangebot den Zweck, den der Auftraggeber mittels der nachgefragten Leistung erreichen will, erfüllt. "Abmagerungsangebote", die gegenüber dem Hauptangebot lediglich einen geänderten Leistungsumfang aufweisen, sind unzulässig, weil nicht gleichwertig. Nebenangebote, die quantitativ nicht gleichwertig sind, dürfen darüber hinaus vom Auftraggeber nicht gewertet werden, da diese den Wettbewerb verzerren. Dies deshalb, da nicht auszuschließen ist, dass andere Bieter bei Kenntnis des entsprechend veränderten Leistungsumfangs günstigere Angebote abgegeben hätten. Nur für den Fall, dass eine Wettbewerbsverzerrung mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, darf ein solcher Bietervorschlag gewertet werden (§ 25 VOBA).*)

VPRRS 2003, 0651

VK Südbayern, Beschluss vom 05.09.2003 - 37-08/03
Das Unterlassen von Preisangaben in einer Vielzahl von Positionen des Leistungsverzeichnisses führt dazu, dass das Angebot preislich unvollständig abgegeben worden ist. Ein derartiges Angebot muss daher nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A ausgeschlossen werden.*)

VPRRS 2003, 0650

VK Südbayern, Beschluss vom 03.09.2003 - 36-08/03
Bei Nebenangeboten hat der Auftraggeber eine besonders eingehende und alle Vergabekriterien gewichtende und zueinander ins Verhältnis setzende, vergleichend abwägende Wertung durchzuführen, insbesondere wenn erhebliche Abweichungen von der ausgeschriebenen Bauleistung vorliegen. Die Verantwortung für die Vollständigkeit der Unterlagen liegt in der Zuständigkeit des Bieters. Stets ist der Zusammenhang zu den Hauptangeboten herzustellen, so dass die Vergabestelle eine eindeutige und nachprüfbare Zuschlagsentscheidung treffen kann (Brinkler/Ohler in Beck'scher VOB-Kommentar 2001, Rz. 139 zu § 25). Dazu ist eine klare und in sich geschlossene übersichtliche und erschöpfende Beschreibung des Nebenangebots zwingend erforderlich. Im besonderen müssen die Leistungsangaben des Bieters den Anforderungen entsprechen, wie sie für das umgekehrte Verhältnis in Teil A § 9 VOB/A festgelegt sind (Ingenstau/Korbion, VOB Kommentar, 13. Aufl., Rz. 87 zu A § 25 Nr. 5). Nach § 9 Nr. 1 VOB/A ist daher die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen.*)

VPRRS 2003, 0649

VK Südbayern, Beschluss vom 27.08.2003 - 35-08/03
1. Nach § 10 Nr. 5 Abs. 3 VOB/A kann der Auftraggeber die Bieter auffordern, in ihrem Angebot die Leistungen anzugeben, die sie an Nachunternehmer zu vergeben beabsichtigen.*)
2. Da es sich um eine kalkulationserhebliche Erklärung handelt, die sich wegen ihrer wesentlichen Bedeutung auch für die Beurteilung der Sachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit eines Bieters auf die Wettbewerbsstellung auswirkt, kann die nach § 4 Nr. 8 VOB/B erforderliche Zustimmung auf einen unbestimmten Nachunternehmereinsatz (optional bis zu 30 % an Nachunternehmer) nicht erfolgen.*)

VPRRS 2003, 0648

VK Südbayern, Beschluss vom 27.08.2003 - 34-07/03
1. Nach § 10 Nr. 5 Abs. 3 VOB/A kann der Auftraggeber die Bieter auffordern, in ihrem Angebot die Leistungen anzugeben, die sie an Nachunternehmer zu vergeben beabsichtigen.*)
2. Da es sich um eine kalkulationserhebliche Erklärung handelt, die sich wegen ihrer wesentlichen Bedeutung auch für die Beurteilung der Sachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit eines Bieters auf die Wettbewerbsstellung auswirkt, kann die nach § 4 Nr. 8 VOB/B erforderliche Zustimmung auf einen unbestimmten Nachunternehmereinsatz (optional bis zu 30 % an Nachunternehmer) nicht erfolgen.*)

VPRRS 2003, 0647

VK Hamburg, Beschluss vom 06.10.2003 - VKBB-3/03
1. Einem Bieter fehlt im Nachprüfungsverfahren die Antragsbefugnis, wenn sein eigenes Angebot in einer Weise mangelhaft ist, dass es dem Ausschluss unterliegt (st. Rspr.).
2. Angebote, die entgegen § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A nicht alle geforderten Preise und Erklärungen enthalten, sind zwingend auszuschließen.
3. In einem unzulässigen Nachprüfungsverfahren steht dem Antragsteller kein Akteneinsichtsrecht zu.

VPRRS 2003, 0646

OLG Jena, Urteil vom 16.01.2003 - 1 U 214/02
Zur Rückabwicklung einer Überzahlung durch vereinbarte Abschlagszahlungen.

VPRRS 2003, 0644

VK Südbayern, Beschluss vom 22.05.2003 - 17-04/03
1. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn es sich bei einem streitgegenständlichen Vertrag nicht um einen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB handelt und die sachliche Zuständigkeit der Vergabekammer somit nicht gegeben ist.*)
2. Bei sog. Immobilienbedarfsgeschäften der öffentlichen Hand greift der Freistellungstatbestand des § 100 Abs. 2 Buchstabe h) GWB.*)
3. Die Vergabestelle hat trotz des ihr bekannten Vorliegens eines Freistellungstatbestandes die freiwillige EU-weite Ausschreibung nach VOL/A gewählt. Daraus folgt, dass die Bieter Anspruch auf Gleichbehandlung, Transparenz und die Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren haben (§ 97 Abs. 2 und 7 GWB). Die freiwillige Selbstbindung des öffentlichen Auftraggebers führt jedoch nicht automatisch dazu, dass den Bietern der Primärrechtsschutz eröffnet ist. Eine etwaige Selbstbindung beschränkt sich auf das eigene Verhalten des Auftraggebers. Auch nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung (gegen eine der Form nach inkorrekte Entscheidung sind alle in Betracht kommenden Rechtsmittel zulässig) folgt kein anderes Ergebnis, da dies voraussetzt, dass überhaupt ein Rechtsmittel zulässig ist.*)
4. Entsprechend einem allgemeinen Grundsatz (vgl. § 269 Abs. 3 ZPO, § 155 Abs. 2 VwGO bzw. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG) hat bei Zurückweisung des Antrags derjenige, der den Antrag gestellt hat, die Kosten des Verfahrens zu tragen.*)

VPRRS 2003, 0643

OLG Jena, Beschluss vom 24.10.2003 - 6 Verg 9/03
Werden Angebote als nicht wertungsfähig vom Vergabeverfahren ausgeschlossen, ist bei der Frage nach vorläufigem Rechtsschutz die Interessenabwägung nach § 115 Abs. 2 GWB entscheidungserheblich.

IBRRS 2003, 2950; IMRRS 2003, 1289

OLG Brandenburg, Urteil vom 15.01.2002 - 11 U 57/01
1. Ein Unternehmer hat bei Lötarbeiten in einem Gebäude die Unfallverhütungsvorschriften (VBG 15) einzuhalten.*)
2. Bei Zuwiderhandlung gegen Unfallverhütungsvorschriften begründet eine Vermutung für die Ursächlichkeit des Verstoßes für den eingetretenen Schaden, wenn dieser in der Gefahrenzone eingetreten ist, die durch Unfallverhütungsvorschriften beherrscht werden soll.*)
3. Zur Geltung und Reichweite des Anscheinsbeweises Gebäudebränden.*)
4. Verstößt ein Unternehmer gegen die Unfallverhütungsvorschriften und führt dies zu einem Schaden, so wird sein Verschulden vermutet.*)
5. Für den Erlass eines Grundurteils ist ausreichend, dass der geltend gemachte Anspruch auch unter Berücksichtigung der Einwendungen gegen ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest in irgend einer Höhe besteht.*)

VPRRS 2003, 0642

OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.09.2003 - 2 Verg 8/03
1. Das Verhandlungsverfahren unterliegt den wesentlichen Prinzipien des Vergaberechts, insbesondere dem Grundsatz des Wettbewerbs, der Gleichbehandlung aller Bieter und dem Transparenzgebot.
2. Der in § 97 Abs. 2 GWB verankerte Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter gebietet, nur solche Angebote zu werten, die den Bedingungen der Ausschreibung entsprechen und keine wesentlichen Abweichungen enthalten.
3. Erklärt ein Bieter die vorgeschriebenen Richtfabrikate ausdrücklich für nicht verbindlich, ohne irgendwelche Angaben über die seinem Angebot zu Grunde liegenden Fabrikate zu machen, so ist sein Angebot weder eindeutig noch bestimmt und somit auszuschließen.
4. Nachverhandlungen bezüglich eines Angebots sind nur zulässig, wenn sich Zweifelsfragen über den Inhalt des Angebots ergeben. Sie dürfen jedoch nicht dazu führen, dass einem infolge unvollständiger Erklärungen nicht annahmefähigem Angebot durch Ergänzungen zur Annahmefähigkeit verholfen wird.

VPRRS 2003, 0641

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.10.2003 - Verg 43/03
1. Eine vorherige Bekanntgabe der Reihenfolge und Gewichtung der Eignungskriterien wird in einem VOF-Verfahren nicht gefordert.
2. Lediglich bei den Auftrags- und Zuschlagskriterien soll der Auftraggeber gemäß § 16 Abs. 3 VOF die Reihenfolge und Gewichtung angeben. Allerdings ist auch diese Vorgabe nicht verbindlich; Verstöße hiergegen bleiben folgenlos.
3. § 16 Abs. 3 ist nicht auf die Eignungskriterien zu übertragen.
4. Die Rechtslage ist - vom Vorstehenden abweichend - nur anders zu beurteilen, wenn der öffentliche Auftraggeber bereits vor der Vergabebekanntmachung Regeln für die Gewichtung der an die Eignungsprüfung anzulegenden Auswahlkriterien aufgestellt hat. In einem solchen Fall müssen - und zwar aus Gründen der Gleichbehandlung der Bewerber und der Transparenz des Vergabeverfahrens - in der Vergabebekanntmachung nicht nur die Kriterien als solche, sondern es muss auch die bei der Auswahl vorgesehene Gewichtung der Kriterien mitgeteilt werden.
5. Der Grundsatz, wonach der Auftraggeber ein "Mehr an Eignung" eines Bieters nicht berücksichtigen darf, gilt nur für die Phase der abschließenden Angebots- oder Zuschlagswertung. Dagegen ist in der Phase der Bewertung der Eignung der Bieter eine Abstufung zulässig.

VPRRS 2003, 0640

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.10.2003 - Verg 57/03
1. Derjenige, der den öffentlichen Auftraggeber bei der Vorbereitung oder Durchführung des Vergabeverfahrens sachverständig unterstützt (oder unterstützen soll), ist als Bieter oder Bewerber um den betreffenden Auftrag ausgeschlossen. Der Angebotsausschluss ist zwingend und folgt - sofern nicht die Verdingungsordnungen eine § 7 Nr. 1 2. Halbsatz VOB/A 2. Abschnitt entsprechende Regelung enthalten - aus dem das gesamte Vergaberecht prägenden Wettbewerbsgrundsatz (§ 97 Abs. 1 GWB).*)
2. Es kann offen bleiben, ob ein Angebotsausschluss ausnahmsweise dann nicht in Betracht kommt, wenn festgestellt werden kann, dass die Mitwirkung des sachverständig für den Auftraggeber tätigen Bewerbers oder Bieters den Bieterwettbewerb nicht beeinträchtigen kann.*)

VPRRS 2003, 0639

VK Nordbayern, Beschluss vom 26.08.2003 - 320.VK-3194-28/03
1. Es ist mit dem Wettbewerbs- und Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar, wenn man einem Bieter eine zweite Chance einräumt, die es ihm ermöglicht, mit einer neuen Preisofferte die Bieterreihung im nachhinein zu verändern.*)
2. Es ist mit einem ordnungsgemäßen Wettbewerb vereinbar, wenn mit dem Bieter, dessen Angebot als das wirtschaftlichste gewertet wurde und der deshalb den Auftrag erhalten muss, eine Vereinbarung über eine unerhebliche Änderung des Angebots getroffen wird (§ 24 VOB).*)

VPRRS 2003, 0637

OLG Jena, Urteil vom 19.12.2001 - 2 U 1341/00
1. Verpflichtungserklärungen eines kommunalen Zweckverbandes, die von dem Verbandsvorsitzenden ohne Beifügung der Amtsbezeichnung und des Dienstsiegels unterzeichnet sind, sind nichtig. Dies gilt allerdings nur, wenn das entsprechende Landesgesetz über Zweckverbände dies explizit vorsieht, was in Thüringen jedoch bzgl. des Dienstsiegels nicht der Fall ist.
2. Befreit zudem die Satzung des Zweckverbandes von dem Erfordernis, die Dienstbezeichnung bei der Unterschrift anzugeben, so kann sich der Verband nicht auf einen solchen Formmangel berufen.
3. Zu der Frage der Zulässigkeit einer Feststellungswiderklage in der 2. Instanz.

VPRRS 2003, 0636

OLG Bremen, Beschluss vom 04.09.2003 - Verg 5/2003
Bedenken oder die Kritik eines Bieters gegen die ausgeschriebene Art und Weise der Ausführung der Leistungen stellen keine zwingenden Ausschlussgründe dar.

VPRRS 2003, 0635

OLG Jena, Beschluss vom 14.10.2003 - 6 Verg 5/03
1. Ist eine nach VOL/A zu vergebende Leistung für einen befristeten Zeitraum ausgeschrieben, so begründet eine nach Zuschlagserteilung vereinbarte Verlängerung des Leistungszeitraums einen neuen, dem Vergaberechtsregime unterliegenden Beschaffungsvorgang.*)
2. § 13 VgV ist auf eine ohne Einleitung eines förmlichen Vergabeverfahrens (sog. De-facto-Vergabe) erfolgte Auftragserteilung grundsätzlich anwendbar.*)

VPRRS 2003, 0629

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 29.10.2003 - 1 Verg 2/03
1. Wird zulässigerweise gemäß § 9 Nr. 5 VOB/A vom Gebot der Produktneutralität abgewichen, so ist der Hersteller oder der Lieferant der vorgeschriebenen Produkte auch nicht aus Gründen der wettbewerblichen Chancengleichheit vom Vergabeverfahren auszuschließen.
2. Der Amtsermittlungsgrundsatz aus § 110 Abs. 1 Satz 1 GWB führt nicht dazu, dass die Vergabekammer nicht beanstandete Rechtsverletzungen beseitigen kann, soweit in Ermangelung einer Rüge Präklusion gemäß § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB eingetreten ist.

VPRRS 2003, 0628

VK Bund, Beschluss vom 06.10.2003 - VK 2-80/03
Unklare Angaben zum Nachunternehmer-Einsatz führen zwingend zum Ausschluss.

VPRRS 2003, 0624

BayObLG, Beschluss vom 25.09.2003 - Verg 15/03
1. Es bleibt offen, ob das Angebot eines optionalen Nachunternehmereinsatzes grundsätzlich gewertet werden kann.*)
2. Wird im Angebot für die gesamte ausgeschriebene Bauleistung ein Nachunternehmereinsatz bis zu 30 % erklärt, stellt diese Angabe wegen der fehlenden Zuordnung keine vollständige Erklärung zu Art und Umfang des geplanten Nachunternehmereinsatzes dar.*)

VPRRS 2003, 0623

BayObLG, Beschluss vom 18.09.2003 - Verg 12/03
Das Unterangebot eines Bieters, welches in mehreren Einzelpositionen Einheitspreise von 0,01 EUR bzw. 0,05 EUR enthält, kann dann von der Wertung ausgeschlossen werden, wenn der Bieter die niedrigen Preise deshalb aufgenommen hat, weil nach seiner Auffassung die betreffenden Leistungspositionen nicht erforderlich und nicht auszuführen sind, er die Vergabestelle nicht über seine Zweifel an diesen ausgeschriebenen Leistungspositionen in Kenntnis setzt und deshalb das Risiko einer nicht vertragsgerechten und nicht ordnungsgemäßen Leistungserbringung besteht.*)

VPRRS 2003, 0620

OLG Naumburg, Beschluss vom 21.08.2003 - 1 Verg 9/03
1. Hat der Vergabesenat im Beschwerdeverfahren auf Antrag des die Beschwerde führenden Bieters sowie nach Anhörung der Vergabestelle eine Verlängerung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels bis zur endgültigen Entscheidung über die sofortige Beschwerde angeordnet, so hat er die nach § 121 Abs. 1 S. 1 und S. 2 GWB maßgeblichen Sach und Rechtsfragen, die den Voraussetzungen nach § 118 Abs. 2 GWB nahezu entsprechen, bereits geprüft und hierüber entschieden. Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine erneute Entscheidung dieser Fragen im Rahmen eines Antragsverfahrens nach § 121 Abs. 1 GWB besteht allenfalls, wenn nach der Entscheidung nach § 118 Abs. 2 GWB neue Tatsachen auftreten bzw. der Vergabestelle bekannt werden, die Einfluss auf die Sach- und Rechtslage haben könnten (hier: verneint).*)
2. Es bleibt offen, ob eine Gestattung des vorzeitigen Zuschlages nach § 121 Abs. 1 S. 2 GWB überhaupt in Betracht kommt, wenn das Beschwerdegericht davon ausgeht, dass das Beschwerdeverfahren mit einer Anordnung der Aufhebung des Vergabeverfahrens enden wird.*)
3. Zur Interessenabwägung nach § 121 Abs. 1 S. 2 GWB bei anstehender Bepflasterung eines Notweges bzw. einer Feuerwehrzufahrt zu einem Universitätsgebäude mit Lehr und Forschungseinrichtungen.*)

VPRRS 2003, 0619

OLG Brandenburg, Beschluss vom 19.09.2003 - Verg W 4/03
Bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung ist der Bieter nicht verpflichtet, ohne besondere Aufforderung in den Vergabeunterlagen dem Angebot eine eigene Entwurfsplanung beizufügen.

VPRRS 2003, 0618

BayObLG, Beschluss vom 25.09.2003 - Verg 14/03
1. Es bleibt offen, ob das Angebot eines optionalen Nachunternehmereinsatzes grundsätzlich gewertet werden kann.*)
2. Wird im Angebot für einzelne Leistungsbereiche ein Nachunternehmereinsatz bis zu 30 % des Gesamtauftragswertes erklärt, stellt diese Angabe wegen der fehlenden konkreten Zuordnung keine vollständige Erklärung zu Art und Umfang des geplanten Nachunternehmereinsatzes dar.*)
VPRRS 2003, 0616

EuGH, Urteil vom 16.10.2003 - Rs. C-421/01
1. Artikel 19 der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, wonach ein Auftraggeber die Mindestanforderungen zu erläutern hat, die Änderungsvorschläge erfüllen müssen, ist nicht entsprochen, wenn die Verdingungsunterlagen lediglich auf eine nationale Rechtsvorschrift verweisen, die das Kriterium aufstellt, dass mit dem Alternativvorschlag die Erbringung einer qualitativ gleichwertigen Leistung wie derjenigen sichergestellt ist, die Gegenstand der Ausschreibung ist.*)
2. Artikel 30 der Richtlinie 93/37/EWG findet nur auf solche Änderungsvorschläge Anwendung, die vom Auftraggeber im Einklang mit Artikel 19 dieser Richtlinie berücksichtigt worden sind.*)
3. Der öffentliche Auftraggeber muss in den Verdingungsunterlagen die Mindestanforderungen erläutern, die Änderungsvorschläge erfüllen müssen, um sie bei der Wertung berücksichtigen zu können.
VPRRS 2003, 0615

VK Brandenburg, Beschluss vom 15.09.2003 - VK 58/03
Bietet der Bieter Frostschutzschicht an, obwohl Schottertragschicht gefordert ist, nimmt er unzulässige Änderungen an den Verdingungsunterlagen vor, was zum Ausschluss seines Angebotes führt und seinen Nachprüfungsantrag mangels Schaden unzulässig macht.*)

VPRRS 2003, 0612

VK Brandenburg, Beschluss vom 14.07.2003 - VK 40/03
Ein Bieter, der einen als möglich erkannten Verstoß gegen § 9 Nr. 1/Nr. 2 VOB/A in einem Begleitschreiben zu seinem Angebot rügt, ohne den Auftraggeber vor Angebotsöffnung auf den als möglich erkannten Fehler aufmerksam zu machen, hat keine unverzügliche Rüge abgegeben.*)

VPRRS 2003, 0611

VK Brandenburg, Beschluss vom 07.07.2003 - VK 35/03
1. Fehlen in einem Angebot vom Auftraggeber geforderte Fabrikatsangaben, ist das Angebot nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A wegen Verstoßes gegen § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A zwingend von der Wertung auszuschließen (im Anschluss an die Ausführungen in BGH, Beschluss v. 18.02.2003, Az.: X ZB 43/02).*)
2. § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A setzt hinsichtlich geforderter Erklärungen voraus, dass der Auftraggeber ein berechtigtes Interesse daran hat, diese Erklärungen zu verlangen, und die Leistungsbeschreibung insofern eindeutig und unmissverständlich im Sinne des § 9 Nr. 1 VOB/A formuliert ist (im Anschluss an: BayObLG, Beschluss v. 28.05.2003, Az.: Verg 6/03).*)
3. Ob der Auftraggeber ein berechtigtes Interesse an einer geforderten Erklärung hat, hängt von seiner Einschätzungsprärogative ab, die nach den Grundsätzen über die Kontrolle von Beurteilungsspielräumen insbesondere dahingehend überprüfbar ist, ob der Auftraggeber bei der Anforderung der Erklärung sich von unsachgemäßen Erwägungen hat leiten lassen.*)

VPRRS 2003, 0610

VK Brandenburg, Beschluss vom 18.06.2003 - VK 31/03
1. Die Rüge muss gegenüber dem Auftraggeber so zeitig erfolgen, wie es dem Bieter unter Berücksichtigung der für die Prüfung und Begründung der Rüge notwendigen Zeit möglich und zumutbar ist.*)
2. Ist ein Angebot wegen fehlender Preisangaben und Änderungen an den Verdingungsunterlagen zwingend auszuschließen, fehlt dem Antragsteller die Antragsbefugnis und der Antrag ist unzulässig.*)

VPRRS 2003, 0608

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.08.2003 - Verg 31/03
Der Grundsatz der Transparenz des Vergabeverfahrens schließt aus, eindeutige Anforderungen in den Vergabeunterlagen unter Rückgriff auf die Beweggründe, die die Vergabestelle zu den Anforderungen veranlasst haben, zu relativieren.

VPRRS 2003, 0607

VK Südbayern, Beschluss vom 05.08.2003 - 29-07/03
1. Nebenangebote müssen einem Hauptangebot qualitativ und quantitativ gleichwertig sein. Dies setzt aber voraus, dass das Nebenangebot den Zweck, den der Auftraggeber mittels der nachgefragten Leistung erreichen will, erfüllt. "Abmagerungsangebote", die gegenüber dem Hauptangebot lediglich einen reduzierten Leistungsumfang aufweisen, sind unzulässig, weil nicht gleichwertig (§ 25 VOB/A).*)
2. Die Vergabekammer ist im Rahmen des § 114 GWB in aller Regel gehindert, die Vergabestelle anzuweisen, dem Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens den Zuschlag zu erteilen. Die Vergabestelle steht bei der Entscheidung über den Zuschlag ein Wertungsspielraum zu und die Nachprüfungsorgane dürfen sich nicht an die Stelle des Auftraggebers setzen. Deshalb kann nur in Ausnahmefällen, in denen unter Beachtung aller Beurteilungsspielräume die Erteilung des Zuschlags an den Antragsteller die einzige rechtmäßige Entscheidung ist, die Anweisung an die Vergabestelle in Betracht kommen, dem Antragsteller den Zuschlag zu erteilen.*)

VPRRS 2003, 0604

VOB-Stelle Regierungspräsidium Kassel, Entscheidung vom 15.08.2003 - 31.3-VOB-Stelle
Lehnt die Vergabestelle ein Nebenangebot als nicht gleichwertig ab und regt ein Bieter die rechtsaufsichtliche Prüfung dieser Wertung an, kann die Vergabestelle im Zuge dieser Überprüfung neue Erwägungen in die Wertung einführen, die zuvor unberücksichtigt geblieben sind.

VPRRS 2003, 0722

OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.06.2003 - 11 Verg 3/03
1. Ein Angebot, das nicht sämtliche von der Vergabestelle geforderten wettbewerbserheblichen Erklärungen enthält, ist auszuschließen.
2. Bei Art und Umfang eines beabsichtigten Nachunternehmereinsatzes handelt es sich um kalkulationserhebliche Erklärungen, die sich auf die Wettbewerbsstellung auswirken. Lückenhafte, unklare und widersprüchliche Angaben zum Nachunternehmereinsatz führen daher - jedenfalls soweit ein nicht nur unerheblicher Teil des Gesamtauftrags betroffen ist - grundsätzlich zum Ausschluss eines Angebots.
3. Das gilt auch, wenn die im Angebot enthaltenen Angaben zum beabsichtigten Nachunternehmereinsatz Lücken und Unklarheiten aufweisen mit der Folge, dass der Umfang der angebotenen Nachunternehmerleistungen für die Vergabestelle nicht erkennbar ist.

VPRRS 2003, 0603

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.09.2003 - Verg 52/03
1. Gibt ein Bieter für die ausgeschriebene Leistung nicht nur ein eigenes Angebot ab, sondern bewirbt er sich daneben auch als Mitglied einer Bietergemeinschaft für dieselbe Leistung, liegt darin in der Regel ein Wettbewerbsverstoß.
2. Auch ein mit seinem Angebot auszuschließender Bieter behält die Antragsbefugnis im Nachprüfungsverfahren, wenn alle übrigen Angebote denselben Ausschlussgründen unterliegen, weil er dann bei Neudurchführung des Vergabeverfahrens wiederum eine Chance auf den Zuschlag hätte.

VPRRS 2003, 0601

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.08.2003 - 1 VK 44/03
1. Nur dann, wenn die durch die ordnungsgemäße Durchführung des Nachprüfungsverfahrens entstehende zeitliche Verzögerung insgesamt von größerem Nachteil ist als der rasche Abschluss des Vergabeverfahrens, kommt eine vorzeitige Gestattung des Zuschlags in Betracht.
2. Die Erfolgschancen des Nachprüfungsantrags sind in die Interessenabwägung des § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB einzubeziehen .
3. Ist ein Zusatzmittel für den Schnell-Estrich laut Unterlagen erst nach 14-16 Tagen verlegereif und im Leistungsverzeichnis aber 3-5 Tage entsprechend dem Leitfabrikat gefordert, so ist ein Nebenangebot mit diesem Zusatzmittel auszuschließen, weil es nicht gleichwertig ist.
4. Wird anstelle eines geforderten Schnellzements ein Estrichzusatzmittel angeboten, so wird ein abweichendes Produkt angeboten, welches nicht als gleichwertig anzusehen ist.
5. Kann der Nachweis der Gleichwertigkeit des abweichend angebotenen Produkts nicht klar geführt werden, geht dies zu Lasten des Bieters.

VPRRS 2003, 0600

OLG Rostock, Beschluss vom 20.08.2003 - 17 Verg 9/03
1. Fehlt der Vergabevermerk nach § 30 VOB/A, so kann in der unzureichenden Dokumentation auch eine Verletzung subjektiver Rechte von Unternehmen gemäß § 97 Abs. 7 GWB liegen.
2. Der Bieter muss bei einer Abweichung von der vorgesehenen technischen Spezifikation die Gleichwertigkeit der Materialien zum Beispiel durch Prüfzeugnisse, Gutachten, Qualitätszertifikate etc. nachweisen.
3. Zu den Anforderungen an die Gleichwertigkeit eines Nebenangebotes.

VPRRS 2003, 0599

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.10.2003 - VK 19/03
1. Einem gegen die Aufhebung einer Ausschreibung gestellten, auf die Fortführung des aufgehobenen Verfahrens gerichteten Nachprüfungsantrag kann das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn vor Antragstellung die Vergabestelle den Auftrag neu ausgeschrieben hatte, der Antragsteller die Neuausschreibung aber nicht als verfahrensfehlerhaft gerügt und dementsprechend auch nicht mit einem Nachprüfungsantrag beanstandet hat. (Doppelte Rügeverpflichtung)
2. Bei der Frage der doppelten Rügeverpflichtung handelt es sich um eine schwierige Sach- und Rechtslage, für die eine Rügefrist von 8 Tagen als angemessen erscheint.
3. Entscheidend für die Fristberechnung ist der Zeitpunkt, in dem der Antragsteller Kenntnis von dem Vergaberechtsverstoß erhält. Ein solcher Verstoß setzt eine Maßnahme oder Entscheidung der Vergabestelle voraus. Absichtserklärungen oder Ankündigungen, ein bestimmtes Vergabeverhalten (hier: Einleitung des Verhandlungsverfahren) zu praktizieren, reichen nicht aus.
4. Ein Angebot mit einem unangemessen hohen Preis liegt vor, wenn zwischen angebotener Leistung und Preis ein auffallendes Missverhältnis besteht und das grobe Abweichen vom angemessenen Preis sofort ins Auge fällt. Maßgeblich für die Bewertung der Angemessenheit sind nicht die Preise der einzelnen Leistungspositionen, sondern der Gesamtpreis. Es muss eine eklatante Abweichung vom üblichen Preis vorliegen.
5. Als marktüblicher Preis kann grundsätzlich nicht automatisch der Preis angesehen werden, der ausweislich der Bieterreihenfolge der günstigste Preis ist. Dies wäre eine spekulative Annahme. Die Ermittlung der Marktpreise muss vielmehr anhand von eigenen Sollkostenermittlungen oder durch die Hinzuziehung aktueller Preise bei vergleichbaren Projekten erfolgen.
6. Genauso wie bei Unterkostenangebote besteht bei überteuerten Angeboten eine Aufklärungspflicht der Vergabestelle grundsätzlich erst bei einer in Höhe von 10% festzustellenden Abweichung zum günstigsten Angebot oder zur eigenen Kostenermittlung.
7. Da die Preisgestaltung Angelegenheit des Bieters ist, ist es vom Grundsatz her nicht zu beanstanden, dass ein Bieter - ggf. unter Ausnutzung einer mangelhaften Leistungsbeschreibung oder besonderer Kenntnisse über die örtlichen Verhältnisse - einzelne Einzelpreise abweichend von einem ordnungsgemäß ermittelten Preis anbietet. Sie sind regelmäßig wertbar und können allenfalls dann zu einer Nichtwertbarkeit führen, wenn zahlreiche Positionen mit Spekulationspreisen versehen sind.

VPRRS 2003, 0710

VK Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.2003 - VK-25/2003
1. Das Abwarten, bis ein Mitarbeiter nach zwei Tagen dienstlicher Abwesenheit die in seinem Zuständigkeitsbereich angefallenen Schriftstücke zur Kenntnis nimmt, kann noch nicht als organisatorisch vorgegebenes „mutwilliges Verschließen“ angesehen werden; insbesondere wenn jegliche Anzeichen dafür fehlen, dass eine planmäßige verzögerte Bearbeitung von Schriftverkehr bei der Antragstellerin betrieben würde.*)
2. Ein Antragsteller hat kein Rechtsschutzbedürfnis für die Vergabenachprüfung, wenn sein eigenes Angebot zwingend von der Auswertung im Wettbewerb auszuschließen ist und er damit kein Interesse am Auftrag geltend machen kann.*)

VPRRS 2003, 0593

VK Nordbayern, Beschluss vom 28.07.2003 - 320.VK-3194-26/03
1. Ein Ausschluss gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. f VOL/A wegen einer unzulässigen, wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweise (§ 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A) eines Bieters kann nicht mit seiner Beteiligung als Bietergemeinschaft an sich begründet werden. Arbeitsgemeinschaften und andere gemeinschaftliche Bewerber sind Einzelbewerbern gleichzusetzen (§ 7 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A). Voraussetzung für einen Ausschluss ist vielmehr, dass der konkrete Nachweis erbracht werden kann, dass eine wettbewerbsbeschränkende Absprache im Sinne und mit dem Zweck einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung getroffen worden ist.*)
2. Anders als bei der VOB/A, in der gem. § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ein Ausschluss von Angeboten bei fehlenden Erklärungen zwingend ("ausgeschlossen werden") ist, obliegt in der VOL/A ein Ausschluss wegen fehlender Erklärungen (§ 25 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A) dem Beurteilungsspielraum ("ausgeschlossen werden können")des Auftraggebers, der von der Vergabekammer nur auf seine Grenzen überprüfbar ist.*)
3. Die Aufteilung des Entsorgungsgebietes betrifft nur das Innenverhältnis der an der Bietergemeinschaft beteiligten Firmen und kann ohne eine Änderung des Angebots unter Einhaltung der nach § 24 VOL/A vorgegebenen Grenzen geklärt werden.*)
4. Nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A sind bei der Auswahl der Angebote, die für den Zuschlag in Betracht kommen, nur Bieter zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen die erforderliche Eignung besitzen (§ 2 Nr. 3 VOL/A, § 97 Abs. 4 GWB). Bei der Beurteilung der Eignung handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, bei der dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zuzugestehen ist, der nur beschränkt einer gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Ausreichend für den Nachweis der Eignung sind Referenzen, die den hinreichend sicheren Schluss zulassen, dass der Bieter über die für eine ordnungsgemäße Durchführung des ausgeschriebenen Auftrags erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit verfügt. Es ist nicht erforderlich, dass der Bieter schon Aufträge in einem ähnlichen Auftragsvolumen ausgeführt hat.*)
5. Die Finanzierungszusage eines Kreditgebers kann im Rahmen von § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A nachgereicht werden.*)
6. Nach dem vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen reicht ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Preis und Leistung nicht aus, den Zuschlag zu versagen. Es muss darüber hinaus zu erwarten sein, dass der Bieter wegen dieses Missverhältnisses in so große wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, dass er den Auftrag nicht oder nicht ordnungsgemäß durchführen könnte. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A dient in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers und entfaltet nur in Verbindung mit der bieterschützenden Vorschrift des § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A, wonach der Auftraggeber wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen zu bekämpfen hat, seine Drittschutzwirkung. Ein Angebot mit einem offenbaren Missverhältnis zwischen Preis und Leistung kann demnach nur ausgeschlossen werden, wenn es mit der zielgerichteten Absicht eines Verdrängungswettbewerbs abgegeben wurde.*)

VPRRS 2003, 0592

VK Nordbayern, Beschluss vom 18.09.2003 - 320.VK-3194-31/03
1. Bei der Entscheidung über den Ausschluss des Angebots eines Unternehmens, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares gesetzlich geregeltes Verfahren eröffnet oder die Eröffnung beantragt worden ist oder der Antrag mangels Masse abgelehnt wurde (§ 25 Nr. 1 Abs. 2 i.V.m. § 8 Nr. 5 Abs. 1 Buchst. a VOB/A), verfügt die VSt über einen Beurteilungsspielraum bei der Einschätzung, ob der Bieter trotz des Vorliegens eines Ausschlussgrundes noch die erforderliche Eignung aufweist oder ob er vom Vergabewettbewerb auszuschließen ist. Im Einzelfall kann sich dieses Ermessen auf Null reduzieren mit der Folge, dass eine Pflicht zum Ausschluss besteht. Maßgeblich muss unter dem Gesichtspunkt des Eignungsprinzips sein, ob und in welchem Umfang der zu beurteilende Sachverhalt geeignet ist, die Leistungsfähigkeit des Bieters in Frage zu stellen.*)
2. Der Ausschluss der gesamten Bietergemeinschaft ist auch gerechtfertigt, wenn sich nur ein Partner der Bietergemeinschaft in Insolvenz befindet. Aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung der Mitglieder einer Bietergemeinschaft muss jedes Mitglied die finanzielle Leistungsfähigkeit aufweisen. Auf die Mehrheitsverhältnisse innerhalb der Bietergemeinschaft kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Etwaige Absprachen zwischen den Bietern wirken nicht im Außenverhältnis zum Auftraggeber.*)
3. Die Bietergemeinschaft als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts löst sich gem. § 728 Abs. 2 Satz 1 BGB durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters auf. Die rechtliche Ungewissheit über das Fortbestehen der Geschäftsführungsbefugnis und die Befugnis zur Eingehung neuer Geschäfte (§§ 730 ff BGB) muss die VSt nicht in Kauf nehmen.*)
4. Eine im Nichtoffenen Vergabeverfahren nach Angebotsabgabe in ihrer Zusammensetzung geänderte Bietergemeinschaft kann kein wirksames Angebot abgeben. Dies ergibt sich daraus, dass die Bietergemeinschaft in ihrer nachträglichen Zusammensetzung ursprünglich nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert worden ist.*)

VPRRS 2003, 0589

OLG Naumburg, Beschluss vom 25.09.2003 - 1 Verg 11/03
1. Die Entscheidung über die Gebührenhöhe ist nach § 128 Abs. 2 GWB eine im pflichtgemäßen Ermessen der Vergabekammer liegende Entscheidung; dem Vergabesenat ist insoweit lediglich eine Kontrolle dahin eröffnet, ob die erfolgte Gebührenfestsetzung frei von Ermessensfehlern ist.*)
2. Zur Angemessenheit der Festsetzung des 2,5-fachen Betrages vom Richtwert nach der Gebührentabelle der Vergabekammern des Landes Sachsen-Anhalt.*)

VPRRS 2003, 0588

OLG Naumburg, Beschluss vom 22.09.2003 - 1 Verg 10/03
1. Die Anwendung einer Gebührentabelle, welche - gestaffelt nach dem Auftragswert einer Vergabe - Richtwerte für die zu erhebenden Gebühren im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer vorgibt, hält sich im Rahmen des der Vergabekammer nach § 128 Abs. 2 GWB eingeräumten Ermessens (Bestätigung der bisherigen Senatsrechtsprechung).*)
2. Dies gilt auch dann, wenn der Auftragswert einer konkreten Vergabe den bisher höchsten Auftragswert eines im Lande vergebenen öffentlichen Auftrages, für den nach der Gebührentabelle auf den Ansatz der Höchstgebühr orientiert wird, um mehr als das Doppelte überschreitet (sog. "Ausreißer").*)
3. In einem solchen Ausnahmefall kommt dem Kriterium der wirtschaftlichen Bedeutung ein so erhebliches Gewicht zu, dass schon diese die Festsetzung der Höchstgebühr rechtfertigen kann, ohne dass es auf den Umfang des personellen und sachlichen Aufwandes ankommt.*)

VPRRS 2003, 0587

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.05.2003 - 1 VK 20/03
1. Weicht das Nebenangebot in technischer Hinsicht vom Hauptangebot ab, ist es Aufgabe des Bieters, die Gleichwertigkeit durch entsprechende Unterlagen wie Prüfzeugnisse, Gutachten, Qualitätszertifikate, etc. nachzuweisen.
2. Den öffentlichen Auftraggeber trifft zur Ermittlung des Inhalts eines Nebenangebots eine Nachforschungspflicht, die er allerdings nur im Rahmen verfügbarer Erkenntnismöglichkeiten und innerhalb zeitlicher Grenzen der Zuschlags und Bindefrist ausüben muss.
3. Hat ein Nebenangebot nach den Erläuterungen des Bieters im Aufklärungsgespräch einen Inhalt, der von dem abweicht, was sich aus einer Auslegung des schriftlich abgegebenen Nebenangebots nach dem objektiven Verständnis aus der Sicht des Erklärungsempfängers ergibt, so liegt eine grundsätzlich unzulässige nachträgliche Änderung des Nebenangebots vor, die dazu zwingt, es von der Wertung auszuschließen.
4. Ein Verzicht auf zuvor im Leistungsverzeichnis festgelegte Mindeststandards ist unzulässig.

VPRRS 2003, 0586

VK Nordbayern, Beschluss vom 01.09.2003 - 320.VK-3194-29/03
1. Die Ausschreibung eines Leitfabrikats muss unverzüglich gerügt werden (§ 107 Abs. 3 GWB).*)
2. Ist der ASt in der Lage, auch das ausgeschriebene Leitfabrikat anzubieten, so fehlt es im diesbezüglich an der Antragsbefugnis (§ 107 Abs. 2 GWB) mangels Kausalität zwischen behaupteter Rechtsverletzung und Schaden.*)
3. Ein Angebot, das von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses abweicht, ist gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A auszuschließen.*)
4. Wird die Gleichwertigkeit einer angebotenen Leistung nicht mit dem Angebot nachgewiesen, kann dieses Angebot nicht gewertet werden.*)

VPRRS 2003, 0584

OLG Koblenz, Beschluss vom 29.08.2003 - 1 Verg 7/03
1. Hat ein Beigeladener sofortige Beschwerde gegen die im Nachprüfungsverfahren ergangene Entscheidung der Vergabekammer eingelegt, kann sein Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung entsprechend § 118 Abs. 1 S. 3 GWB auch dann statthaft sein, wenn die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag nicht abgelehnt hat.*)
2. Entsprechend § 9 Nr. 1 VOB/A Abschn. 2 müssen Nebenangebote so eindeutig und erschöpfend beschrieben sein, dass der Auftraggeber sich ein klares Bild über die angebotene Ausführung der Leistung machen kann.*)
3. Ein unvollständiges Nebenangebot ist gemäß §§ 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3, 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A zwingend von der Wertung auszuschließen; ein Beurteilungsspielraum des öffentlichen Auftraggebers besteht insoweit nicht.*)

VPRRS 2003, 0583

OLG Koblenz, Beschluss vom 15.05.2003 - 1 Verg 3/03
1. Falls der Vergabestelle gestattet sein sollte, schon vor Erreichen des 80 %-Kontingents einzelne Lose dem 20 %-Kontingent zuzuschlagen, muss sie konsequenterweise an ihrer nach außen dokumentierten Zuordnung festgehalten werden, um nachträgliche Manipulationen auszuschließen.*)
2. § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB ist nicht berührt, wenn es sich um erst aus dem Leistungsverzeichnis ersichtliche Vergaberechtsfehler handelt.*)
3. Die fehlende oder verspätete Rüge eines Verstoßes gegen bieterschützende Vorschriften führt dazu, dass die präkludierte Beanstandung auch von Amts wegen nicht wieder aufgegriffen werden darf. Die Beanstandung kann auch mittelbar keine Berücksichtigung mehr finden.*)
4. Bei Vorliegen einer Abweichung der "technischen Spezifikation" fordert § 21 Nr. 2 Satz 2 VOB/A die eindeutige Bezeichnung der Abweichung im Angebot. Der Bieter muss nicht nur darlegen, dass er etwas anders macht, sondern auch, was genau er anders macht. In den betreffenden Angebotspositionen, den davon erfassten Positionsgruppen, dem jeweiligen Abschnitt oder unter Umständen im ganzen Angebot ist eindeutig und klar verständlich zu sagen, dass eine Abweichung von den technischen Spezifikationen vorliegt und worin sie liegt.*)
5. Auch im Angebot einer zum Teil technisch abweichenden Leistung müssen die Preise dem Leistungsverzeichnis entsprechend im Einzelnen nach Einheits- und Gesamtpreisen ausgewiesen werden.*)
6. Nebenangebote müssen sich inhaltlich in jeder Hinsicht am Hauptangebot messen lassen. Entsprechend der Leistungsbeschreibung (§ 9 Nr. 1 VOB/A) müssen sie so erschöpfend und mit allen Daten beschrieben sein, dass der Auftraggeber sich ein klares Bild über die angebotene Ausführung der Leistung machen kann.*)
7. Aufklärungsgespräche dürfen sich nur auf die Erläuterung des wirklichen Angebots beziehen. § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A lässt Aufklärungsverhandlungen nur über ein feststehendes, vom Bieter zweifelsfrei formuliertes Angebot zu.*)
8. Die Darlegung der Gleichwertigkeit ist nicht auf den Beleg einer abstrakt-generellen Eignung der angebotenen technischen Lösung zur Durchführung des Bauvorhabens zu beschränken. Maßgeblich ist die Gesamtschau aller wertbildenden Kriterien, zu denen neben dem technischen Wert und dem Preis hier auch die Auseinandersetzung mit den Vorteilen der nach dem Leistungsverzeichnis geforderten Leistung, mithin der Gebrauchstauglichkeit und Bedienungsfreundlichkeit der Anlage, gehört hätte.*)

VPRRS 2003, 0579

OLG Naumburg, Beschluss vom 09.09.2003 - 1 Verg 5/03
1. In einer EU-weiten Ausschreibung sind die geforderten Eignungsnachweise bereits in der Vergabebekanntmachung eindeutig zu benennen. Der öffentliche Auftraggeber darf in den Verdingungsunterlagen weder zusätzliche noch andere Belege für den Eignungsnachweis fordern oder gestatten. Der bloße Verweis auf Nachweise "gemäß §§ 7, 7a VOL/A" in der Vergabebekanntmachung beinhaltet nicht das Verlangen der Vorlage von Referenzen.*)
2. Im Rahmen des Eignungsnachweises ist der Nachweis der tatsächlichen Verfügungsgewalt über Kapazitäten konzernverbundener Unternehmen innerhalb der Angebotsfrist zu führen.*)
3. Zu den Voraussetzungen für ein kommunalrechtliches Betätigungsverbot im Bereich der Abfallentsorgung (hier: verneint).*)
