Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
185 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2012
VPRRS 2012, 0119VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.03.2012 - 1 VK 5/12
1. Zur Bestimmung des Erreichens oder Übersteigens des EU-Schwellenwerts muss der Auftraggeber den Auftragswert sorgfältig und nach objektiven Kriterien schätzen, wofür er auf die Vergütung der Leistung abzustellen hat, die am Markt zu erhalten ist.
2. Dem öffentlichen Auftraggeber kommt für die Schätzung des Auftragswerts ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüft werden kann. Die Nachprüfungsinstanzen haben die Kostenschätzung eines Auftraggebers schon dann hinzunehmen, wenn sie auf Grund vorliegender und erkennbarer Daten als vertretbar erscheint.
3. Die fehlerhafte Dokumentation der Bestimmung des Auftragswerts allein kann in den Fällen, in denen keine EU-weite Ausschreibung erfolgt ist und die Überschreitung des Schwellenwertes zur Diskussion steht, einem Nachprüfungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen. Vielmehr führt eine mangelhafte Dokumentation dazu, dass die Nachprüfungsinstanz anderweitig nachhaken und sich die Fakten verschaffen muss, um eine eigenständige Wertermittlung vornehmen und erkennen zu können, ob eine Überschreitung des Schwellenwertes vorliegt.
4. Bei der Beschaffung von Postdienstleistungen erscheint der Vergabekammer eine Vertragslaufzeit von 24 Monaten für die Auftragswertprognose jedenfalls nicht als marktunüblich.
5. Bei der Beschaffung von Postdienstleistungen ist der öffentliche Auftraggeber nicht dazu gezwungen, seiner Kostenprognose die Preise der Deutschen Post AG zu Grunde zu legen, weil diese nach wie vor den Postdienstleistungsmarkt beherrscht. Er hat insoweit einen Beurteilungsspielraum und darf sich an bestehenden Erfahrungswerten orientieren.
6. Der öffentliche Auftraggeber ist weder gehalten, seiner Schätzung des Auftragswerts aus Sicherheitsgründen das zu erwartende teuerste Angebot zu Grunde zu legen, noch muss er sich an einem "mittleren" Angebot oder an einem Durchschnitt der zu erwartenden Angebotspreise orientieren.
VolltextVPRRS 2012, 0106
VK Nordbayern, Beschluss vom 09.02.2012 - 21.VK-3194-43/11
1. Das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB i.V.m. §§ 8 EG Abs. 1, 19 EG Abs. 8 VOL/A verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber, die Kriterien so klar zu definieren, dass alle Bieter gleichermaßen erkennen, worauf es bei der Wertung der Angebote entscheidend ankommen wird. Die vorzulegenden Nachweise müssen nach Inhalt, Art und Zeitpunkt der Vorlage eindeutig gefordert worden sein. Die Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers sind ggf. aus der objektiven Sicht eines verständigen, fachkundigen und mit der Ausschreibung vertrauten Bieters auszulegen.*)
2. Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, fehlende Erklärungen oder Nachweise nachzufordern. Dem steht der klare Wortlaut des § 19 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A entgegen. Es liegt vielmehr im Ermessen des Auftraggebers, ob er fehlende Erklärungen oder Nachweise nachfordert. Es ist anerkannt, dass der Begriff "kann" im Vergaberecht dem Auftraggeber ein Ermessen einräumt. Eine Nachforderungspflicht ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die entsprechende Regelung im Bereich der Bauaufträge ( § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A ) zwingend ist.*)
3. Bei der inhaltlichen Eignungsprüfung, zu der auch die Prüfung der Zuverlässigkeit des Bieters gehört, hat der Auftraggeber eine Prognoseentscheidung darüber zu treffen, ob von dem betreffenden Bieter unter allen heranzuziehenden Gesichtspunkten eine einwandfreie und vertragsgemäße Auftragsdurchführung zu erwarten ist. Hierbei hat die VSt einen Beurteilungsspielraum, der im Vergabenachprüfungsverfahren nur beschränkt nachprüfbar ist. Unter anderem ist zu prüfen, ob der der Eignungsprüfung zugrunde gelegte Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt und bei der Eignungsbewertung berücksichtigt worden ist, ob allgemeine Bewertungsmaßstäbe eingehalten worden sind und ob sachwidrige Erwägungen dabei eine Rolle gespielt haben. *)
VolltextVPRRS 2012, 0039
VK Lüneburg, Beschluss vom 12.12.2011 - VgK-52/2011
1. Die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB kann erst dann entfallen, wenn die Zuschlagerteilung auf das Angebot der jeweiligen Antragstellerin von vornherein und offensichtlich ausgeschlossen ist, weil z.B. etwaige Gründe zum Ausschluss der Antragstellerin evident vorliegen.
2. Die Begründung eines Nachprüfungsantrags muss zwingend eine Beschreibung der behaupteten Rechtsverletzung mit zugehöriger Sachverhaltsdarstellung enthalten. Bei einem Vortrag "ins Blaue hinein" - nämlich ohne konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für einen möglichen Vergaberechtsverstoß - ist dagegen die Vergabekammer von der Notwendigkeit einer Sachaufklärung von Amts wegen gem. § 110 Abs. 1 GWB entbunden.
3. Gem. § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Als unverzüglich gilt ein Zeitraum innerhalb von ein bis drei Tagen.
4. Eine spätere, deutlich nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebrachte Veränderung eines konkretisierten Angebotsinhaltes ist eine nachträgliche Änderung des Angebots und als solche gemäß § 18 Satz 2 VOL/A-EG nicht zulässig.
5. Die in § 18 VOL/A-EG enthaltene allgemeine Aufklärungsbefugnis ist mit einem Nachverhandlungsverbot verbunden. Sie soll die anderen Bieter davor schützen, dass einem Bieter die Gelegenheit eingeräumt wird, durch nachträgliche Änderung seines Angebots einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu erzielen.
6. Der öffentliche Auftraggeber ist bei einer geringen Abweichung (unter 20 %) nicht zur weiteren Aufklärung des Preises nach § 19 Abs. 6 VOL/A-EG als ungewöhnlich niedrig verpflichtet.
VolltextVPRRS 2012, 0032
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.03.2011 - 15 Verg 2/11
1. Die Begriffe "Erklärungen und Nachweise" in § 19 VOL/A-EG sind weit zu verstehen. Deshalb können sämtliche (fehlenden) Angaben - mit Ausnahme der gesondert von § 19 Abs. 2 Satz 2 VOL/A-EG angesprochenen (wesentlichen) Preisangaben - nachgefordert werden.
2. Die Vergabestelle ist jedoch in Ausübung des ihr zukommenden Ermessens nicht gehindert, von einer Nachforderung abzusehen. Einen Anspruch auf die Nachforderung fehlender Erklärungen und Nachweise gewährt § 19 Abs. 2 VOL/A-EG nicht.
3. Auch wenn die Vergabestelle das ihr im Rahmen des § 19 Abs. 2 VOL/A-EG eingeräumte Ermessen bei der Entscheidung über den Ausschluss nicht ausgeübt, ist der Ausschluss eines Angebots nicht vergaberechtswidrig, wenn der fehlenden Erklärung für die Wertung der Angebote ein besonderer Stellenwert zukommt.
VolltextOnline seit 2011
VPRRS 2011, 0421VK Bund, Beschluss vom 14.12.2011 - VK 1-153/11
Zu der Frage, ob von dem Nachforderungsrecht des § 19 Abs. 2 Satz 1 VOL/A-EG auch die Aufforderung zur materiellen Vervollständigung von Eignungsnachweisen gehört.
VolltextVPRRS 2011, 0420
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.04.2011 - 1 VK 13/11
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2011, 0390
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.11.2011 - Verg 22/11
1. Einen Bieterschutz im Rechtssinne entfaltet § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A 2006 nur, wenn das an den Auftraggeber gerichtete Gebot, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen, den Ausschluss des als unangemessen niedrig gerügten Preisangebots fordert. Dazu zählen beispielhaft unangemessen niedrige Angebote, die in der zielgerichteten Absicht der Marktverdrängung abgegeben worden sind oder die zumindest die Gefahr begründen, dass bestimmte Wettbewerber vom Markt verdrängt werden.
2. Ein Nebenangebot oder eine Variante liegt nur vor, wenn Gegenstand des Angebots ein von der in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehenen Leistung in technischer, wirtschaftlicher oder rechtlicher Hinsicht abweichender Bietervorschlag ist, d.h. der Inhalt des Angebots durch den Bieter gestaltet und nicht vom Auftraggeber vorgegeben ist.
3. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass Nebenangebote unzulässig sind, wenn der Preis das einzige Zuschlagskriterium ist.
4. Aufgrund der gegenteiligen Ansicht des OLG Schleswig (IBR 2011, 351) legt das OLG Düsseldorf diese Frage dem BGH vor.
VolltextVPRRS 2011, 0369
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.07.2011 - Verg 38/11
1. Die Anforderung lediglich einer Zertifizierung nach DIN ISO 12647-2 ist vergaberechtswidrig. Sie entspricht nicht dem - auf Art. 49 der Richtlinie 2004/18/EG - beruhenden § 7 EG Abs. 10 VOL/A, wenn der Auftraggeber mit seiner Anforderung eine Zertifizierung durch eine Qualitätsstelle verlangt, die nicht - nur - europäische Zertifizierungsnormen anwendet.
2. § 7 EG Abs. 10 VOL/A ist abschließend.
VolltextVPRRS 2011, 0443
OLG Dresden, Beschluss vom 28.07.2011 - Verg 5/11
1. Auch die Ausweisung eines eher symbolischen Preises - von 0,00 EUR oder gar eines sog. Minuspreises – kann als Preisangabe zu verstehen sein kann. Dies gilt aber nur dann, wenn der Bieter den Preis ersichtlich ernst gemeint hat, ohne Preisbestandteile auf andere Leistungspositionen zu verteilen und auf diese Weise zu "verstecken".
2. Geschieht dies aber durch Abpreisen des Einheitspreises einer bestimmten ausgeschriebenen Leistungsposition und Aufpreisen des Einheitspreises einer anderen angebotenen Position, werden die für die jeweiligen Leistungen geforderten tatsächlichen Preise weder vollständig noch zutreffend wiedergeben.
VolltextVPRRS 2011, 0337
OLG Schleswig, Beschluss vom 07.10.2011 - 1 Verg 1/11
1. Der Nachprüfung unterliegt nicht nur die Art und Weise der Einleitung oder Durchführung eines Vergabeverfahrens, sondern auch, ob ein nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB geregeltes Vergabeverfahren bislang - zu Unrecht - unterblieben ist.
2. Die Statthaftigkeit eines Nachprüfungsantrag ist nicht von der Einleitung oder Durchführung eines bestimmten Vergabeverfahrens abhängig.
3. Maßgebend für die Berechnung der Schwellenwerte i.S.v. § 100 Abs. 1 GWB bei der Vergabe von Postdienstleistungen ist nicht die einzelne Tages-Postmenge, sondern der jährliche oder mehrjährige Gesamtbedarf der Vergabestelle.
4. Zusatzvereinbarungen zum Postverkehr betreffen nicht das "Ob" einer Beauftragung, sondern nur das "Wie" der Abwicklung von einzelnen Postdienstleistungen. Damit steht die Wirksamkeit solcher Altverträge nach § 101b Abs. 2 Satz 1 GWB einem erfolgreichen Nachprüfungsantrag nicht entgegen.
VolltextVPRRS 2011, 0322
VK Sachsen, Beschluss vom 01.06.2011 - 1/SVK/019-11
1. Eine angebotsausschließende Mischkalkulation liegt bei der Beförderung von Postdienstleitungen vor, wenn ein Bieter die in gesonderten Positionen auszuweisenden Kosten für Frankierung und Abholung in den Portopreis mit einkalkuliert.*)
2. Der Nachweis einer Mischkalkulation ist geführt, wenn ein Bieter selbst eingesteht, dass einzeln auszuweisende Kosten in einer anderen Position enthalten sind.*)
VolltextVPRRS 2011, 0319
OLG Dresden, Beschluss vom 28.07.2011 - WVerg 5/11
1. Bei Postdienstleistungen kann eine zum Angebotsausschluss führende Preisverlagerung dann vorliegen, wenn der Preis für die Abholung der Sendungen und ihre Frankierung in den Portopreis eingerechnet ist.*)
2. Der Ablauf der Bindefrist führt nicht dazu, dass in dem Vergabeverfahren ein Zuschlag nicht mehr erteilt werden könnte.*)
VolltextVPRRS 2011, 0298
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.08.2011 - Verg 30/11
1. § 9 EG Abs. 4 VOL/A 2009 zwingt den öffentlichen Auftraggeber vor allem im Interesse der Bieter zu klaren und unmissverständlichen Vorgaben, welche Nachweise von den Bietern verlangt werden. Dadurch soll die Vorbereitung eines vollständigen Angebots erleichtert und sollen Fehlinterpretationen der Bieter sowie unnötige Angebotsausschlüsse vermieden werden.
2. Das aus § 9 EG Abs. 4 VOL/A 2009 folgende Gebot ist bieterschützend. Es reicht nach dem Normzweck gerade nicht aus, dass sich die verlangten Nachweise auch oder bereits aus dem Zusammenhang der Vergabeunterlagen ergeben.
3. Rechtsfolge und gebotene vergaberechtliche Sanktion einer unterlassenen Aufstellung und Bekanntgabe einer abschließenden Liste nach § 9 EG Abs. 4 VOL/A 2009 ist, dass Nachweise dann als nicht wirksam vom öffentlichen Auftraggeber gefordert anzusehen sind.
4. Angebote von Bietern, die aus der Bekanntmachung und/oder den Vergabeunterlagen hervorgehende Nachweise nicht vorzulegen haben, dürfen in einem solchen Fall nicht von der Wertung ausgenommen werden.
VolltextVPRRS 2011, 0288
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.06.2011 - 1 VK 31/11
1. Spricht die Vergabestelle die Leistungsbeschreibung mit einem Bieter ab und ist in der fortlaufenden Dokumentation nicht festgehalten, welche Punkte auf die Einflussnahme des Bieters zurückzuführen sind, ist die Leistungsbeschreibung neu zu erstellen und entsprechend zu dokumentieren.
2. Allein die Tatsache, dass im Rahmen der Bewertung der Qualität Fragen gestellt werden, stellt keinen Verstoß gegen § 8 EG Abs. 1 VOL/A 2009 dar, wonach die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben ist, sodass die Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen können und miteinander vergleichbare Angebote zu erwarten sind.
VolltextVPRRS 2011, 0286
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.07.2011 - 15 Verg 6/11
1. Selbst wenn man für die Erkennbarkeit eines Vergabefehlers nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB auch die Kenntnis ständiger Rechtsprechung zugrunde legen will, so sind doch die Entscheidungen zu dem Verbot der Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien noch so neu, dass eine Verbreitung als allgemeines Wissen noch nicht vorausgesetzt werden kann.
2. Als Zuschlagskriterien sind alle diejenigen Kriterien ausgeschlossen, die nicht der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen, sondern im Wesentlichen mit der Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des betreffenden Auftrags zusammenhängen.
3. Bei der Einreichung von Referenzen handelt es sich um Eignungsnachweise.
4. Ein Wertungspunkt "Beschreibung des angewendeten Personalkonzepts" darf nicht als Zuschlagskriterium herangezogen werden.
VolltextVPRRS 2011, 0236
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.02.2011 - Verg 5/11
Ein öffentlicher Auftraggeber darf seine Vorstellungen an die Qualität des Zustelldienstes (wozu auch die Zustellzeit gehört) jedenfalls in bestimmtem Umfange bei den Zuschlagskriterien berücksichtigen, auch wenn dies für die Konkurrenten des früheren Monopolisten mit Erschwernissen verbunden ist.
VolltextVPRRS 2011, 0235
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.02.2011 - Verg 17/11
Eine Kündigung eines möglicherweise vergaberechtswidrigerweise geschlossenen Vertrages kann im Nachprüfungsverfahren nicht verlangt werden.
VolltextVPRRS 2011, 0200
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.05.2010 - 1 VK LVwA 68/09
1. Die Kenntnis der rechtlich strittigen Erwägungen kann ausnahmsweise mit der Kenntnis ihrer vermeintlichen Rechtswidrigkeit gleichgesetzt werden. Persönliche Arbeitsbelastung entbindet nicht von der Verpflichtung zum unverzüglichen Handeln.*)
2. Bei der Rügefrist ist das Wochenende regelmäßig mit einzubeziehen.*)
3. Erkennt der Rügende den vermeintlichen Vergabeverstoß bzw. hat er sich dieser Erkenntnis schuldhaft verschlossen, so gilt auch bei Verstößen, die aus den Verdingungsunterlagen erkennbar sind, die allgemeine Verpflichtung des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB zum unverzüglichen Handeln gegenüber der Auftraggeberseite, da der § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB nur eine Höchstfrist beschreibt.*)
VolltextVPRRS 2011, 0197
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.02.2010 - 1 VK LVwA 63/09
1. Aufgrund von bestimmten Informationen kann sich Rückschluss auf ein vergaberechtswidriges Verhalten aufdrängen.*)
2. Die Einbeziehung eines Rechtsbeistandes kann die gesetzliche Pflicht zur Rüge nicht hinauszögern.*)
3. Eine Verpflichtung zur Losaufteilung besteht dann ausnahmsweise nicht, wenn berechtigte Auftraggeberinteressen einer Aufteilung entgegenstehen.*)
VolltextVPRRS 2011, 0060
VK Münster, Beschluss vom 20.01.2011 - VK 7/10
Verträge mit der Deutschen Post AG über die Freistempelung von Briefsendungen beinhalten auch das Recht zur Beförderung dieser Briefsendungen; diesbezüglich werden bei Einlieferung der Briefsendungen keine neuen Verträge abgeschlossen.*)
VolltextVPRRS 2011, 0055
VK Nordbayern, Beschluss vom 12.01.2011 - 21.VK-3194-47/10
1. Nach § 21 EG VOL/A-EG ist der Zuschlag auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Bei der Wertung der Angebote berücksichtigen die Auftraggeber ausschließlich die Kriterien, die in den Vergabeun-terlagen genannt sind ( § 19 Abs. 8 EG VOL/A-EG ).*)
2. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren, ist nur zu erreichen, wenn in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebender Hinsicht vergleichbare Angebote abgegeben werden. Demzufolge ist jede in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Angabe so wie gefordert anzugeben. Ein dem nicht gerecht werdendes Angebot muss deshalb wegen Missachtung von § 16 Abs. 3 EG VOL/A-EG gemäß § 19 Abs. 3 Buchst. a EG VOL/A-EG zwingend ausgeschlossen werden.*)
VolltextVPRRS 2011, 0049
VK Brandenburg, Beschluss vom 06.07.2010 - VK 35/10
1. Voraussetzung für einen Angebotsausschluss als Folge einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung ist der gesicherte Nachweis, dass eine derartige Abrede in Bezug auf die konkrete Vergabe im Sinne und mit dem Zweck einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung getroffen worden ist. Reine Vermutungen auf getroffene Abreden erfüllen diesen Tatbestand nicht.
2. Referenzen dienen dazu, nachzuweisen, dass der Bieter über die notwendigen praktischen Erfahrungen verfügt, um den ausgeschriebenen Auftrag zur Zufriedenheit des Auftraggebers auszuführen. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist die Vorlage solcher Referenzen, die den hinreichend sicheren Schluss zulassen, dass der betreffende Bieter über die für eine ordnungsgemäße Durchführung des ausgeschriebenen Auftrages erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit verfügt. Alle Referenzen, die diese Anforderung erfüllen, sind Referenzen zu vergleichbaren Aufträgen im Sinne der Referenzanforderung.
3. Telefonische Nachfragen sind ein zulässiges Mittel, um sich Gewissheit von der Leistungsfähigkeit eines Bieters zu verschaffen. Die Transparenz des Vergabeverfahrens erfordert, dass die telefonische Überprüfung der Referenzen zumindest stichwortartig mit Angaben zum Gesprächszeitpunkt, Gesprächspartner und Gesprächsgegenstand schriftlich niedergelegt werden.
VolltextOnline seit 2010
VPRRS 2010, 0473VK Bund, Beschluss vom 16.11.2010 - VK 3-111/10
1. Es steht jeder Vergabestelle frei, die auszuschreibende Leistung nach ihren individuellen Vorstellungen zu bestimmen und nur in dieser - den autonom bestimmten Zwecken entsprechenden - Gestalt den Wettbewerb zu eröffnen.
2. Im Rahmen der dem Auftraggeber obliegenden Ermessensentscheidung bedarf es einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Belange. Die Ermessensentscheidung ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur darauf zu überprüfen, ob sie auf vollständiger und zutreffender Sachverhaltsermittlung beruht.
VolltextVPRRS 2010, 0420
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.10.2010 - Verg 43/10
1. Sieht die Leistungsbeschreibung vor, dass eine Briefzustellung werktags erfolgen muss, das Qualitätskonzept eines Bieters jedoch nur eine Zustellung von dienstags bis samstag, so ist das Angebot zumindest widersprüchlich.
2. Die Preisangabe "ab 5.000 Stück pro Kalenderjahr 2,25 Euro" bedeutet, dass dieser Preis ab der genannten Größenordnung für alle Zustellungen gelten soll, also auch für die ersten 5.000 Zustellungen.
VolltextVPRRS 2010, 0329
VK Arnsberg, Beschluss vom 02.09.2010 - VK 16/10
1. Die Einschränkung auf Auslieferung auf die Werktage Dienstag bis Samstag statt der geforderten werktäglichen Auslieferung erfüllt den Tatbestand des § 25 Nr. 1 Abs. 1 d VOL/A 2006.*)
2. Eine unklare Preisangabe erfüllt den Tatbestand des § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/ A 2006.*)
3. Ein Ausschlussgrund ergibt sich auch bei unklaren Nachunternehmerangaben.*)
VolltextVPRRS 2010, 0322
VK Sachsen, Beschluss vom 22.07.2010 - 1/SVK/022-10
1. Die marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens darf nicht dazu führen, dass ein Wettbewerb praktisch nicht möglich wird. Bei Postzustelldienstleistungen verfügt derzeit kaum ein privater Postdienstleister - auch nicht im Wege der Kooperation mit anderen Dienstleistern - über ein flächendeckendes Netz. Bei Nichtbildung von Regionallosen hat der Auftraggeber es dem Bieter zu ermöglichen, die Flächendeckung im Zustelldienst, durch Inanspruchnahme des marktbeherrschenden Unternehmens, das rechtlich verpflichtet ist, Einlieferungen des Bieters zu befördern, herzustellen.*)
2. Fehlt in der Vergabebekanntmachung die Angabe, dass konkrete Nachweise zur Darlegung der Eignung für Nachunternehmer vorzulegen sind, kann ein Angebot nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil für Nachunternehmer keine Eignungsnachweise vorgelegt worden sind. Eine ungeschriebene Pflicht, für jeden Nachunternehmer jeden vom Vertragspartner geforderten Eignungsnachweis gleichfalls zu erbringen, kann nicht angenommen werden.*)
3. Dem Absehen von der Losvergabe hat eine umfassende Interessenabwägung voranzugehen. Die hierfür sprechenden Gründe dürfen nicht lediglich in einer Vermeidung des mit einer Fachlosvergabe typischerweise verbundenen Mehraufwands liegen.*)
VolltextVPRRS 2010, 0297
VK Lüneburg, Beschluss vom 30.06.2010 - VgK-26/2010
1. Maßstab für die Erkennbarkeit i. S. des § 107 Abs. 3 Nr. 2 u. 3 GWB ist die Erkenntnismöglichkeit für das Unternehmen bei Anwendung üblicher Sorgfalt. Die Erkennbarkeit muss sich dabei nicht nur auf die den Verstoß begründenden Tatsachen, sondern auch auf deren rechtliche Beurteilung beziehen.
2. Erscheinen dem Auftraggeber Angebote im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, so hat der Auftraggeber gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A vor der Vergabe des Auftrages Einzelposten dieser Angebote zu überprüfen.
3. Zu diesem Zweck muss er in Textform vom Bieter die erforderlichen Belege verlangen und bei der Vergabe das Ergebnis dieser Überprüfung berücksichtigen.
4. Die Frage, ab welchem Preisabstand der Auftraggeber Anlass zu Zweifeln der Angemessenheit des Preises haben muss, hängt vom Einzelfall, insbesondere vom Auftragsgegenstand und von der Marktsituation ab. Für Liefer- und Dienstleistungen im Sinne der VOL/A gibt es eine keine verbindliche Aufgreifschwelle. Rechtsprechung und Schrifttum orientieren sich zumindest für den Liefer- und Dienstleistungsbereich mehrheitlich an einer 20 %-Schwelle.
5. Ein öffentlicher Auftraggeber ist nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote anzunehmen.
VolltextVPRRS 2010, 0293
OLG Dresden, Beschluss vom 10.08.2010 - WVerg 8/10
Im Falle einer übereinstimmenden Erledigungserklärung im Verfahren vor der Vergabekammer eröffnet § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB die Möglichkeit einer Ermessensentscheidung sowohl für die Kosten der Vergabekammer als auch die Kosten der Beteiligten.*)
VolltextVPRRS 2010, 0292
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.06.2010 - Verg 18/10
1. Drittunternehmen im Sinne der Art. 25, 45 ff Richtlinie 2004/18/EG, § 7a Nr. 3 Abs. 6, § 10 VOL/A sind auch konzernangehörige Unternehmen.
2. Die Vergabebekanntmachung muss die vorzulegenden Unterlagen selbst bezeichnen und darf sich nicht damit begnügen, auf die Verdingungsunterlagen zu verweisen; letztere können die Angaben in der Vergabebekanntmachung lediglich in bestimmtem Umfange konkretisieren.
VolltextVPRRS 2010, 0278
OLG Naumburg, Beschluss vom 21.06.2010 - 1 Verg 12/09
1. Ein Beigeladener ist im Vergabenachprüfungsverfahren dann materiell beschwert, wenn er geltend machen kann, dadurch unmittelbar in subjektiven Rechten, also nicht lediglich in wirtschaftlichen Interessen verletzt zu sein.*)
2. Hat er sich angesichts dessen, dass die Vergabestelle eine europaweite Neuausschreibung beabsichtigt, auf eine Interimsbeauftragung eingelassen, so kann er nicht geltend machen, durch die Verpflichtung zur Neuausschreibung in einer subjektiven Rechtsposition verletzt zu werden.*)
3. Setzt der öffentliche Auftraggeber die Entscheidung der Vergabekammer vor Beendigung des Nachprüfungsverfahrens um, indem er den gerügten Vergabeverstoß behebt, liegt eine Erledigung des Nachprüfungsverfahrens "in sonstiger Weise" vor.*)
4. Die Erledigung tritt zwischen den Hauptbeteiligten des Nachprüfungsverfahrens (Antragsteller und Antragsgegner) ein und ist vom Beigeladenen prozessual hinzunehmen.*)
VolltextVPRRS 2010, 0277
OLG Naumburg, Beschluss vom 24.06.2010 - 1 Verg 4/10
Mit dem Diskriminierungsverbot des § 97 GWB ist es nicht zu vereinbaren, wenn eine Ausschreibung von Anfang an so angelegt ist, dass letztlich nur ein Bieter die Kriterien erfüllen kann (hier bei Postdienstleistungen).*)
VolltextVPRRS 2010, 0148
VK Nordbayern, Beschluss vom 25.11.2009 - 21.VK - 3194 - 52/09
1. Gem. § 107 Abs. 2 GWB ist nur ein Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat und einen Schaden durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend machen kann. Dies setzt regelmäßig ein eigenes wertbares Angebot voraus. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann denkbar, wenn alle Bieter zwingend ausgeschlossen werden müssten und deshalb das Vergabeverfahren aufgehoben werden muss. In einem solchen Fall liegt der mögliche Schaden des Bieters darin, dass ihm die Möglichkeit genommen wird, sich im Falle der Neuausschreibung wiederum am Wettbewerb beteiligen zu können. Auch wenn ein Bieter mit seinem Angebot selbst auszuschließen ist, kann er einen Nachprüfungsantrag auf die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes stützen, wenn auch hinsichtlich des weiteren allein noch in der Wertung verbliebenen Angebots ein zwingender Ausschlussgrund besteht.*)
2. Es obliegt nicht dem Spielraum der VSt von klaren Festlegungen der Bekanntmachung bzw. der Verdingungsunterlagen im Nachhinein bei der Wertung abzuweichen. Vielmehr ist die VSt an ihre Festlegungen hinsichtlich der verlangten Eignungsnachweise gebunden.*)
VolltextVPRRS 2010, 0144
OLG München, Beschluss vom 30.04.2010 - Verg 5/10
Sofern durch Beschluss der Vergabekammer die Vergabestelle angewiesen wird, den Bietern nach Überarbeitung der Unterkriterien die Verdingungsunterlagen erneut zu übersenden und die Bieter erneut zur Abgabe eines Angebotes aufzufordern, besitzt ein Dritter, der kein Angebot abgegeben hatte, keinen Anspruch auf Übersendung der überarbeiteten Verdingungsunterlagen und Beteiligungen an dem fortgesetzten Vergabeverfahren.*)
VolltextVPRRS 2010, 0056
VK Arnsberg, Beschluss vom 21.12.2009 - VK 41/09
Unverzüglichkeit der Rüge nach § 107 Nr. 3 Abs. 1 und 3 GWB.*)
VolltextVPRRS 2010, 0053
VK Arnsberg, Beschluss vom 27.04.2009 - VK 07/09
1. Der Verordnungsgeber hat eine vergaberechtlich einer Preisbindung gleichkommende Entscheidung getroffen, die den Auftraggeber verpflichtet, keine Angebote anzunehmen, die diese Verpflichtung definitv nicht erfüllen.
2. Es steht ihm nicht mehr frei, ein Angebot zu akzeptieren, das diesen Mindestlohn erklärtermaßen nicht sichert und sich mit rechtlichen Hinweisen zu begnügen.
VolltextOnline seit 2009
VPRRS 2009, 0412VK Nordbayern, Beschluss vom 30.10.2009 - 21.VK-3194-32/09
1. Die Vergabekammer prüft im Rahmen des § 104 Abs. 2 GWB die Verletzung von Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB sowie sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die auf die Vornahme oder Unterlassung einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind. Dagegen sind nach § 104 Abs. 3 GWB die Kartellbehörden für die Verfolgung von Verstößen insbesondere nach §§ 19 und 20 GWB zuständig.*)
2. Das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB i.V.m. § 25a VOL/A verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber, die Kriterien so klar zu definieren, dass alle Bieter gleichermaßen erkennen, worauf es bei der wirtschaftlichen Wertung der Angebote entscheidend ankommen wird. Die Leistungsanforderung ist eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bieter diese im gleichen Sinne verstehen müssen und die Angebote miteinander verglichen werden können.*)
3. Bei der Wertung verfügt der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich über einen weiten Beurteilungsspielraum. Eine rechtswidrige Überschreitung dieses Beurteilungsspielraums liegt nur dann vor, wenn der Auftraggeber von unzutreffenden bzw. unvollständigen Tatsachen ausgegangen ist, er sachwidrige Erwägungen angestellt hat oder sich an den von ihm aufgestellten Beurteilungsmaßstab nicht hält.*)
VolltextVPRRS 2009, 0406
VK Lüneburg, Beschluss vom 08.07.2009 - VgK-29/2009
1. Krankenkassen und deren gemeinsame Einrichtungen sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB.
2. Für einen Auftraggeber, der gemäß § 90 Abs. 2 und Abs. 3 SGB V der Aufsicht durch Landesbehörden untersteht, ist die Vergabekammer des jeweiligen Landes, in dem der Auftraggeber seinen Sitz hat, zumindest parallel zuständig.
VolltextVPRRS 2009, 0371
VK Hessen, Beschluss vom 01.10.2008 - 69d-VK-45/2008
1. Mutmaßende Behauptungen eines Antragstellers erfüllen in Abgrenzung zu einer unzulässigen Verdachtsrüge die Voraussetzungen für eine inhaltlich ordnungsgemäße Rüge gemäß § 107 Abs. 3 GWB, wenn die Mutmaßungen durch allgemein behauptete und zugängliche Informationen - wie beispielsweise Produktinformationen - bedingt sind.*)
2. Verlangt ein Auftraggeber eine kostenlose Bereitstellung von Hilfsmaterialien (hier: Transportumschläge für Postdienstleistungen), kann damit nach objektivem Verständnis nur die Absicht des Auftraggeber nach Freistellung von einer diesbezüglichen Vergütung, nicht aber die kostenlose Erbringung einer Leistung in dem Sinne verstanden werden, dass der Auftragnehmer diese Leistung als kostenlose "Wohltat" erbringt.*)
3. Wertungsrelevante Annahmen, die zum Zeitpunkt der Wertung nicht mit der erforderlichen Sicherheit prognostizierbar sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.*)
4. Für eine positive Kenntnis eines Rechtsverstoßes im Rahmen einer Rüge des gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist es ausreichend, dass dem Antragsteller Tatsachen bekannt sind, die bei vernünftiger Würdigung einen Mangel des Vergabeverfahrens darstellen können. Hängt dies von einer rechtlichen Wertung ab, muss diese jedenfalls nach der gängigen praktischen Handhabung oder einer Parallelwertung in der Laiensphäre zu einem Mangel des Vergabeverfahrens führen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0338
OLG Naumburg, Beschluss vom 01.10.2009 - 1 Verg 6/09
1. Der Gegenstandswert eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer bemisst sich regelmäßig nach der Bruttoangebotssumme des Angebotes der Antragstellerin (§ 23 Abs. 1 Satz 3 RVG i.V.m. § 50 Abs. 2 GKG).
Ist einem Verfahrensbeteiligten, der Anspruch auf Kostenerstattung gegen die Antragstellerin hat, dieser Wert nicht bekannt (hier: der Beigeladenen), so darf er diesen Wert im Rahmen seines Kostenfestsetzungsantrages schätzen. Es obliegt der Antragstellerin, einen etwaigen niedrigeren Wert darzulegen.*)
2. Zur Billigkeit eines Gebührenansatzes von 2,0-fachen Gebühren nach Nr. 2300 VV RVG in einem Nachprüfungsverfahren, welches die Ausschreibung von Postdienstleistungen zum Gegenstand hatte.*)
VolltextVPRRS 2009, 0304
VK Hessen, Beschluss vom 19.02.2009 - 69d-VK-01/2009
1. Stehen wirtschaftliche oder technische Belange einer Losaufteilung entgegen, muss der Auftraggeber sein Interesse an einer einheitlichen Ausschreibung nicht zu Gunsten der Mittelstandförderung opfern.
2. Die Sicherstellung der Einhaltung der verfassungsmäßig eingeräumten Wahlrechtsgrundsätze begrenzt die Verpflichtung zur losweisen Vergabe von Leistungen beim Versand von Wahlsendungen.
VolltextVPRRS 2009, 0261
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.07.2009 - Verg 18/09
1. Basiert ein Tarifvertrag nicht auf einem formellen Bundes- oder Landesgesetz gemäß § 97 Abs. 4, Satz 3 GWB, so ist er nicht als ein Kriterium für eine Eignungsprüfung heranzuziehen.
2. Tariftreue ist nicht ohne weiteres ein Umstand, welcher der Zuverlässigkeit und somit der Eignung eines Bieters zugerechnet werden kann; ferner muss eine vorsätzlich falsche Erklärung Tatsachen zum Gegenstand haben, die sich auf Eignungsmerkmale beziehen, § 25 Nr. 1 Abs. 2 b, § 7 Nr. 5 e VOL/A.
VolltextVPRRS 2009, 0244
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.2009 - Verg 76/08
1. Ein privates Briefzustellunternehmen darf nicht als unzuverlässig ausgeschlossen werden, weil es sich weigert, Postmindestlöhne zu bezahlen. Dies gilt zumindest dann, wenn die zu Grunde liegende Postmindestlohnverordnung als nichtig anzusehen ist.
2. Die Einhaltung von Postmindestlöhnen darf nicht als zusätzliches vergabefremdes Ausschlusskriterium nach § 97 Abs. 4 GWB definieren werden.
VolltextVPRRS 2009, 0188
VK Arnsberg, Beschluss vom 15.01.2009 - VK 31/08
1.Die Anforderungen an eine Entgeltgenehmigung im Leistungsverzeichnis sind nicht eindeutig, wenn der Auftraggeber entgegen den Anforderungen des § 23 Post G eine Genehmigung zulässt, die eine Preisspanne enthalten könnte.*)
2.Die Leistungsbeschreibung verstößt gegen § 8 Abs.1 VOL/A, wenn die dem Auftraggeber zur Verfügung stehenden Fallzahlen bezogen auf die Abholstellen den Bietern nicht zur Verfügung gestellt werden.*)
3. Auf der Basis einer Ausschreibung, in der kein zuschlagsfähiges Angebot eingereicht wurde, kann kein Zuschlag erteilt werden.*)
VolltextVPRRS 2009, 0186
VK Arnsberg, Beschluss vom 15.01.2009 - VK 30/08
1. Die Anforderungen an eine Entgeltgenehmigung im Leistungsverzeichnis sind nicht eindeutig, wenn der Auftraggeber entgegen den Anforderungen des § 23 PostG eine Genehmigung zulässt, die eine Preisspanne enthalten könnte.*)
2. Die Leistungsbeschreibung verstößt gegen § 8 Abs. 1 VOL/A, wenn die dem Auftraggeber zur Verfügung stehenden Fallzahlen bezogen auf die Abholstellen den Bietern nicht zur Verfügung gestellt werden.*)
3. Auf der Basis einer Ausschreibung, in der kein zuschlagsfähiges Angebot eingereicht wurde, kann kein Zuschlag erteilt werden.*)
VolltextVPRRS 2009, 0161
OLG Naumburg, Beschluss vom 02.07.2009 - 1 Verg 2/09
1. Die Obliegenheit zur Rüge eines vermeintlich vergaberechtswidrigen Ausschlusses des eigenen Angebotes wegen fehlender Eignungsnachweise wird durch ein bloßes Aufklärungsersuchen der Vergabestelle, welches auf einen beabsichtigten künftigen Ausschluss schließen lässt, noch nicht begründet.*)
2. Der Ausschluss eines Angebotes wegen Unvollständigkeit der Eignungsnachweise setzt voraus, dass diejenigen Unterlagen, deren Vorlage vom Auftraggeber für die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers oder Bieters verlangt wird, bereits in der Vergabebekanntmachung benannt worden sind.*)
3. Eine nach §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) i.V.m. 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A zwingend zum Ausschluss des Angebotes als Hauptangebot führende Änderung an den Verdingungsunterlagen liegt vor, wenn ein Angebot inhaltlich von verbindlichen Vorgaben der Vergabestelle in den Verdingungsunterlagen abweicht.
Geben die Verdingungsunterlagen konkrete Vertragsbedingungen für die Leistungserbringung zwingend und ausnahmslos vor, so stellt die beabsichtigte teilweise Inanspruchnahme von Leistungen der Deutschen Post AG nach deren allgemeinen Postbeförderungsbedingungen eine inhaltliche Abweichung hierzu dar.*)
VolltextVPRRS 2009, 0141
VK Nordbayern, Beschluss vom 19.05.2009 - 21.VK-3194-14/09
1. Eine Losbildung verfehlt ihr Ziel, wenn im Ergebnis mittlere Unternehmen keine praktische Möglichkeit zur Beteiligung am Wettbewerb haben. Bei einer Losvergabe sind die Lose so zuzuschneiden, dass der Forderung nach Berücksichtigung mittelständischer Interessen hinreichend genügt wird.
2. Eine für den Mittelstand angemessene Losteilung kann durch ein Zulassen von Bietergemeinschaften und der Möglichkeit eines Einsatzes von Nachunternehmen nicht ersetzt werden. Mittlere Unternehmen müssen nach dem Normzweck des § 97 Nr. 3 GWB (Grundsatz der Losaufteilung) in geeigneten Fällen in die Lage versetzt werden, sich eigenständig zu bewerben.
3. Der Auftraggeber ist grundsätzlich verpflichtet, eine Leistung in zweckmäßige Lose aufzuteilen. Diese Verpflichtung findet dort ihre Grenze, wo Art und Umfang des Loses unwirtschaftliche Angebote erwarten lassen.
4. Der Auftraggeber kann von einer weiteren Losteilung absehen, wenn eine weitere Aufteilung der Lose unverhältnismäßige Kostennachteile verursachen oder zu einer starken Verzögerung des Vorhabens führen würde oder wegen Problemen bei der Abwicklung nicht vertretbar ist.
5. Kostennachteile verursacht durch eine Losteilung können nicht mit einer allgemeinen Erfahrung begründet werden, sondern sind konkret zu prüfen und vom Auftraggeber durchzurechnen.
VolltextVPRRS 2009, 0140
VK Nordbayern, Beschluss vom 19.05.2009 - 21.VK-3194-13/09
1. Eine Losbildung verfehlt ihr Ziel, wenn im Ergebnis mittlere Unternehmen keine praktische Möglichkeit zur Beteiligung am Wettbewerb haben. Bei einer Losvergabe sind die Lose so zuzuschneiden, dass der Forderung nach Berücksichtigung mittelständischer Interessen hinreichend genügt wird.
2. Eine für den Mittelstand angemessene Losteilung kann durch ein Zulassen von Bietergemeinschaften und der Möglichkeit eines Einsatzes von Nachunternehmen nicht ersetzt werden. Mittlere Unternehmen müssen nach dem Normzweck des § 97 Nr. 3 GWB (Grundsatz der Losaufteilung) in geeigneten Fällen in die Lage versetzt werden, sich eigenständig zu bewerben.
3. Der Auftraggeber ist grundsätzlich verpflichtet, eine Leistung in zweckmäßige Lose aufzuteilen. Diese Verpflichtung findet dort ihre Grenze, wo Art und Umfang des Loses unwirtschaftliche Angebote erwarten lassen.
4. Der Auftraggeber kann von einer weiteren Losteilung absehen, wenn eine weitere Aufteilung der Lose unverhältnismäßige Kostennachteile verursachen oder zu einer starken Verzögerung des Vorhabens führen würde oder wegen Problemen bei der Abwicklung nicht vertretbar ist.
5. Kostennachteile verursacht durch eine Losteilung können nicht mit einer allgemeinen Erfahrung begründet werden, sondern sind konkret zu prüfen und vom Auftraggeber durchzurechnen.
VolltextVPRRS 2009, 0128
VK Südbayern, Beschluss vom 26.03.2009 - Z3-3-3194-1-03-01/09
1. Gemäß § 9 a VOL/A 2006 hat der Auftraggeber alle Zuschlagskriterien in der Vergabebekanntmachung oder spätestens in den Verdingungsunterlagen bekannt zu geben. Eignungsmerkmale bzw. Eignungsnachweise wie die "Technische Ausstattung", "Qualifikation des Personals" sowie ein "Konzept zur Qualitätssicherung" dürfen als Zuschlagskriterien nicht benannt werden, da sie sich in erster Linie auf die Erfahrung, die Qualifikation und die Mittel, die geeignet sind, eine ordnungsgemäße Ausführung des betreffenden Auftrags zu gewährleisten, beziehen. Ein Bezug zum Auftrag, der die Aufstellung von unternehmensindividuellen Umständen als Zuschlagskriterien als vergaberechtlich beanstandungsfrei erscheinen ließe, wurde von der Antragsgegnerin nicht hergestellt.*)
2. Die fehlerhafte Auswahl der Zuschlagskriterien verletzt die Bieter in ihren Rechten. Das fehlerhafte Aufstellen von Zuschlagskriterien hat Einfluss auf die Vorbereitung und den Inhalt der Angebote. Das Aufstellen unzulässiger Zuschlagskriterien ist seiner Art nach geeignet, die Leistungsund Angebotsmöglichkeiten der Bieter nachteilig zu beeinflussen.*)
3. Darüber hinaus werden Bieter - möglicherweise - auch insoweit in ihren Rechten verletzt, als ungeeignete Mitbieter infolge der nicht eingehaltenen Trennung der Wertungsstufen nicht schon auf der zweiten Wertungsstufe ausgeschlossen werden.*)
4. Ist die Auswahl der Zuschlagskriterien durch den Auftraggeber fehlerhaft erfolgt, ist die Erteilung des Zuschlags zu untersagen. Die Vergabekammer kann insoweit über den auf eine Aufhebung des Ausschlusses des Angebots der Antragstellerin und Einbeziehung des Angebots in die Wertung gerichteten Antrags hinausgehen. Sie ist entsprechend § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB nicht an die Fassung der Anträge gebunden. Das Vergabeverfahren ist ab Übersendung der Verdingungsunterlagen einschließlich einer Bekanntgabe zulässiger Zuschlagskriterien in der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots zu wiederholen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0110
OLG München, Beschluss vom 08.05.2009 - Verg 6/09
1. Der Antragsteller kann, obwohl er mit seinem Angebot unstreitig ausgeschlossen ist, ein Vergabenachprüfungsverfahren, um sich im Falle der Neuausschreibung wiederum um den Auftrag bewerben zu können, mit der Behauptung betreiben, dass auch alle anderen Bieter werden müssen.
2. Die Vergabestelle darf davon ausgehen, dass das von der Beigeladenen verlangte Entgelt während der Vertragslaufzeit durch die Bundesnetzagentur genehmigt ist.
3. Ist nach den Verdingungsunterlagen das Angebot in Papierform mit rechtsverbindlicher Unterschrift abzugeben, so genügt die mit einem die Erteilung einer Prokura kennzeichnenden Zusatz versehene Unterschrift des Geschäftsbereichsleiters. Demgegenüber ist bei einem Großunternehmen die Unterzeichnung des Angebots durch Vorstandsmitglieder nicht zu erwarten.
VolltextVPRRS 2009, 0074
OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.02.2009 - 11 Verg 19/08
Vorangegangene schlechte Erfahrungen mit einem sich erneut beteiligenden Bieter berechtigen keinesfalls zu einer stereotypen, nicht substantiell begründeten Ablehnung. Vielmehr ist immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, weil der Unternehmer Anspruch auf eine ordnungsgemäße Prüfung seiner Eignung hat.*)
Volltext