Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
4952 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2015
VPRRS 2015, 0250
VK Südbayern, Beschluss vom 20.07.2015 - Z3-3-3194-1-17-03/15
1. Öffentliche Auftraggeber können nicht deshalb auf einen Aufhebungsgrund nach 17 EG Abs. 1 Nr. 2 VOB/A 2012 berufen, weil sie geltend machen, dass sie den Beschaffungsbedarf nunmehr anders definieren und ausschreiben würden. Die Gründe, die eine Aufhebung nach 17 EG Abs. 1 Nr. 2 VOB/A 2012 rechtfertigen sollen, dürfen nicht der Vergabestelle zurechenbar sein.*)
2. Bieter müssen die Aufhebung des Vergabeverfahrens, von engen Ausnahmen abgesehen, nicht nur dann hinnehmen, wenn sie von einem der in den einschlägigen Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen (§ 17 Abs. 1, § 17 EG Abs. 1 VOB/A 2012; § 17 Abs. 1, § 20 EG Abs. 1 VOL/A 2009) aufgeführten Gründe gedeckt und deshalb rechtmäßig ist. Vielmehr bleibt es der Vergabestelle aus sachlichen Gründen, insbesondere bei einem geänderten Beschaffungsbedarf, grundsätzlich unbenommen, von einem Beschaffungsvorhaben auch dann Abstand zu nehmen, wenn dafür kein in den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt (Anschluss an BGH, Beschluss vom 20.03.2014 - X ZB 18/13, IBR 2014, 292 = VPR 2014, 111).*)
3. Bei einer - über geringfügige Fehlerkorrekturen am Leistungsverzeichnis hinausgehenden - Änderung des Beschaffungsgegenstands kann der Auftraggeber nicht gezwungen sein, den Zuschlag auf ein Leistungssoll zu erteilen, das er so nicht mehr realisieren will und bei dem bereits feststeht, dass er erhebliche Änderungen am Bauentwurf gemäß § 1 Abs. 3 VOB/B anordnen wird. In diesem Fall muss der Auftraggeber die Ausschreibung aufheben können, er ist insoweit nicht auf das Verfahren zur Vereinbarung eines neuen Preises gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B verwiesen.*)

VPRRS 2015, 0251

VK Thüringen, Beschluss vom 25.03.2015 - 250-4003-1623/2015-E-004-GTH
(ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2015, 0249

VG Köln, Urteil vom 01.07.2015 - 16 K 6872/14
Fordert der öffentliche Auftraggeber bei einer Freihändigen Vergabe drei Unternehmen zur Angebotsabgabe auf und gibt nur ein Unternehmer ein Angebot ab, muss der Auftraggeber keine weiteren "Ersatzangebote" einholen.

VPRRS 2015, 0247

VG Wiesbaden, Beschluss vom 05.05.2015 - 5 L 1453/14
Ein Konzessionsverfahren nach dem Glücksspielstaatsvertrag zur Erlangung einer Sportwettenkonzession muss diskriminierungsfrei und transparent durchgeführt werden. Dazu gehört es, dass die Bewerber eindeutig erkennen können, was für eine erfolgreiche Bewerbung von ihnen gefordert wird.

VPRRS 2015, 0244

VK Westfalen, Beschluss vom 01.06.2015 - VK 2-7/15
1. Leistungen der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung sind als Versicherungsdienstleistungen ausschreibungspflichtig.*)
2. Ein Vertragsschluss ohne EU-weite Ausschreibung durch schlichte Beitrittserklärung ist als de-facto-Vergabe nichtig, auch wenn die Auftraggeberseite sich durch zivilrechtliche Verträge gebunden sieht und die Antragstellerinnen als per se für ungeeignet ansieht.*)
3. Die Frage der Auftraggebereigenschaft ist nicht allein anhand eines entwickelter Wettbewerb, in dem die Antragsgegnerin den wesentlichen Teil ihrer Einnahmen erwirtschaftet, zu entscheiden. Dieser ist nämlich nur als Indiz für Nichtgewerblichkeit anzusehen. Wesentlicher sind die sich aus der Satzung ergebenden Gründungszwecke der Wissenschaft und Forschung, die - ebenfalls unstreitig - im Allgemeininteresse liegende Aufgaben sind.*)

VPRRS 2015, 0236

VK Lüneburg, Beschluss vom 12.06.2015 - VgK-17/2015
1. Was Gegenstand des (öffentlichen) Auftrags ist, obliegt der Bestimmung durch den Auftraggeber und ist dem Vergabeverfahren nicht nur zeitlich, sondern auch sachlich vorgelagert und somit vom Vergaberecht nicht unmittelbar erfasst. Die allgemeinen Grundsätze des Vergaberechts sind erst berührt, wenn die Bestimmung des Beschaffungsgegenstands zu einer willkürlichen Beschränkung des Wettbewerbs bzw. zu einer Diskriminierung von Unternehmen führt.
2. Der Preis als alleiniges Zuschlagskriterium ist jedenfalls dann vom Bieter hinzunehmen, wenn die auszuführenden Leistungen in allen für die Zuschlagsentscheidung in Betracht kommenden Punkten in der Leistungsbeschreibung und/oder in den übrigen Ausschreibungsunterlagen vom Auftraggeber hinreichend genau definiert wurden.
3. Bei der Substantiierungspflicht der Rüge handelt es sich nicht um eine reine Formalie. Vielmehr soll die Rüge den Auftraggeber in die Lage versetzen, etwaige Rechtsverstöße zu erkennen und diesen abzuhelfen. Dazu ist es erforderlich, dass der Bieter in verfahrensfördernder Weise die Mängel konkret vorträgt, um eine sachgerechte Abhilfe zu ermöglichen.
4. Was dem Bieter an Substantiierung abverlangt wird, lässt sich nicht generell sagen, sondern hängt davon ab, inwieweit die Vergabeunterlagen oder die Vorabinformation ihn zum Vortrag in Stande gesetzt haben. Das bedeutet, dass der Bieter diejenigen Umstände konkret aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines Schadens ergibt. Pauschale und unsubstantiiert "ins Blaue hinein" erhobene Behauptungen in der Erwartung, die Aufklärungspflicht der Vergabekammer werde zum Nachweis eines Vergabeverstoßes führen, reichen nicht aus.
VPRRS 2015, 0245

VG Wiesbaden, Beschluss vom 16.04.2015 - 5 L 1448/14
Das Konzessionsverfahren nach dem Glücksspielstaatsvertrag vom 15.12.2011 zur Erlangung einer Sportwettenkonzession ist intransparent und verletzt einen in der 2. Stufe abgelehnten Bewerber in seiner Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV.*)

VPRRS 2015, 0243

OLG Jena, Beschluss vom 22.07.2015 - 2 Verg 2/15
1. Ein Beschaffungsverfahren unterliegt nicht der Nachprüfung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen, wenn es sich bei dem Auftrag um die Vergabe einer Dienstleistungskonzession handelt.
2. Eine Dienstleistungskonzession ist dadurch geprägt, dass der Staat eine im öffentlichen Interesse liegende Dienstleistung per Gestattung von Dritten ausführen lässt, die Gegenleistung in dem Recht besteht, die zu erbringende eigene Leistung zu nutzen oder entsprechend zu verwerten und der Konzessionär ganz oder zum überwiegenden Teil das wirtschaftliche Nutzungsrisiko trägt.

VPRRS 2015, 0241

VK Westfalen, Beschluss vom 06.05.2015 - VK 1-11/15
1. Ein öffentlicher Auftraggeber kann ein von ihm eingeleitetes Vergabeverfahren abbrechen, wenn er nach Prüfung und Vergleich der Angebote feststellt, dass die Ausschreibungsbedingungen es auf Grund von Fehlern, die ihm bei seiner vorher durchgeführten Bewertung selbst unterlaufen sind, nicht zulassen, den Auftrag in einer wirtschaftlich günstigen Weise zu vergeben.
2. Zulässig ist auch eine Teilaufhebung, wenn der Aufhebungsgrund nur ein bestimmtes Los umfasst.
3. Die Aufhebung ist für den Auftraggeber jedoch nur dann ohne Konsequenzen möglich und vom Bieter entschädigungslos hinzunehmen, wenn ein sachlicher Grund nach § 17 EG VOB/A 2012 vorliegt.

VPRRS 2015, 0248

VG Berlin, Urteil vom 23.05.2014 - 23 K 512.12
1. Die zweistufige Ausgestaltung des Auswahlverfahrens zur Vergabe der Sportwettenkonzessionen nach dem GlüStV bedurfte keiner gesonderten gesetzlichen Grundlage und genügt auch im Übrigen den gesetzlichen Anforderungen. Insbesondere unterlag die Ausschreibung keiner unionsrechtlichen Notifizierungspflicht.*)
2. Es liegt grundsätzlich im Ermessen der Behörde, ob sie in einem mehrstufigen Auswahlverfahren nach dem Ablauf einer Ausschlussfrist den Bewerbern auf der jeweiligen Verfahrensstufe die Möglichkeit einräumt, ihre Bewerbungen zu ergänzen. Die Nichtberücksichtigung eines Bewerbers bedarf dann allerdings einer sachlichen Rechtfertigung.*)
3. Der Begriff der Zuverlässigkeit in § 4a Abs. 4 Satz 1 b GlüStV ist in Anlehnung an die gewerberechtliche Definition der Zuverlässigkeit in § 33c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 GewO auszulegen.*)

VPRRS 2015, 0246

VG Wiesbaden, Beschluss vom 17.09.2014 - 5 L 1428/14
Zur Sicherung eines Bewerbungsverfahrensanspruchs im Rahmen eines Konzessionsverfahrens nach dem Glücksspielstaatsvertrag kann der im Auswahlverfahren unterlegene Bieter den Ablehnungsbescheid anzufechten und eine einstweilige Anordnung (VwGO § 123) beantragen. Er muss sich nicht darauf verwiesen lassen, erst die Konzessionierungen abzuwarten, um dann gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Konzession im Wege des § 80a VwGO vorzugehen.

VPRRS 2015, 0235

VK Lüneburg, Beschluss vom 06.03.2015 - VgK-02/2015
1. Der bloße "Anschein" einer Doppelmandatschaft allein führt nicht zu einer Verletzung des Diskriminierungsverbots. Vielmehr bedarf es konkreter Umstände, die eine Parteilichkeit besorgen lassen.
2. Beratungs- und Vortragstätigkeiten, die nicht im Zusammenhang mit einem konkreten Vergabeverfahren stehen, begründen keine Doppelmandatierung.

VPRRS 2015, 0239

VK Südbayern, Beschluss vom 29.06.2015 - Z3-3-3194-1-22-03/15
1. Die Wirtschaftlichkeit gemäß § 20 EG Abs. 1 c VOL/A 2009 eines Angebots bemisst sich danach, ob ein Angebot im Preis unangemessen von der Leistung abweicht. Ähnlich wie bei § 19 EG Abs. 6 Satz 2 VOL/A 2009 ist die Angemessenheit des Angebotspreises anhand einer gesicherten Tatsachengrundlage durch eine Betrachtung des Preis-Leistungs-Verhältnisses zu ermitteln. Der Gesamtpreis des Angebots ist in Relation zum Wert der angebotenen Leistung zu setzen.*)
2. Die Frage, wann ein vertretbar geschätzter Auftragswert so deutlich überschritten ist, dass eine sanktionslose Aufhebung der Ausschreibung gerechtfertigt ist, kann nicht durch allgemeinverbindliche Werte nach Höhe oder Prozentsätzen beantwortet werden; vielmehr ist eine alle Umstände des Einzelfalls einbeziehende Interessenabwägung vorzunehmen (Anschluss BGH, Urteil vom 20.11.2012 - X ZR 108/10, IBR 2013, 93).*)
3. Verursacht eine Vergabestelle durch Verstöße gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung in § 8 EG Abs. 7 Satz 1 VOL/A 2009 Alleinstellungsmerkmale eines Bieters, muss sie letztlich auch eine durch diese Wettbewerbseinschränkung verursachte höhere Preisgestaltung dieses Bieters hinnehmen.*)
4. Eine sanktionslose Aufhebung der Ausschreibung gem. § 20 EG Abs. 1 d VOL/A 2009 aus anderen schwerwiegenden Gründen scheidet aus, wenn die Vergabestelle das Verfahren aufhebt, um von ihr zu vertretende Mängel der Vergabeunterlagen wie Verstöße gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung in § 8 EG Abs. 7 Satz 1 VOL/A 2009 oder Unklarheiten, die die Abgabe vergleichbarer Angebote verhindern, zu beheben.*)

VPRRS 2015, 0238

VK Westfalen, Beschluss vom 13.02.2015 - VK 2-2/15
Das Ersetzen eines vorhandenen, aber inhaltlich unzureichenden Nachweises durch die spätere Bezugnahme auf einen Nachweis zu einer anderen Ordnungsziffer ist eine unzulässigere Nachbesserung. Die nachgereichten Informationen (Nachweise) sollen vielmehr nur zur "Aufklärung" beitragen.*)

VPRRS 2015, 0231

VK Westfalen, Beschluss vom 22.04.2015 - VK 1-12/15
Es reicht nicht aus, wenn konzernverbundene Unternehmen bei Einreichung ihrer Angebote offen legen, dass sie sich mehrfach am Wettbewerb beteiligen. Damit wird bereits gegen den Vertraulichkeitsgrundsatz verstoßen. Denn Ziel des Wettbewerbs ist nicht diesen möglichen Verstoß gegen den Vertraulichkeitsgrundsatz durch Offenlegung zu widerlegen. Ziel des Wettbewerbs ist vielmehr bereits bei Fertigstellung der Angebote den Vertraulichkeitsgrundsatz zu wahren, damit erst gar nicht der "Anschein eines Wettbewerbs", der gar kein Wettbewerb ist, gesetzt wird.*)

VPRRS 2015, 0234

VK Lüneburg, Beschluss vom 12.06.2015 - VgK-16/2015
1. Ein Bieter ist nur dann verpflichtet, geforderte Erklärungen und Nachweise vorzulegen, wenn der öffentliche Auftraggeber deren Vorlage wirksam verlangt hat. Der öffentliche Auftraggeber muss klar und eindeutig von den Bietern fordern, welche Unterlagen sie zu welchem Zeitpunkt vorlegen müssen.
2. Erklärungen oder Hinweise, die der öffentliche Auftraggeber nicht wirksam gefordert hat, sind für die Vollständigkeit des Angebots unerheblich. Das Fehlen solcher Angaben und Erklärungen bleibt für den betreffenden Bieter dementsprechend folgenlos.

VPRRS 2015, 0232

VK Westfalen, Beschluss vom 22.04.2015 - VK 1-10/15
1. Die Auskömmlichkeitsprüfung i.S.v § 19 Abs. 6 EG VOL/A kann auch darin bestehen, dass die Vergabestelle Erfahrungswerte aus vergleichbaren Ausschreibungen heranzieht und eine eigene, sachlich nachvollziehbare Kostenschätzung vornimmt und aufgrund dieser Erkenntnisse die Auskömmlichkeit der Angebote bewertet. Eine Vergabestelle ist nicht verpflichtet, sich die Inhalte einzelner Angebote kalkulatorisch darlegen zu lassen.*)
2. Auch die Angebotspreise aus bereits ausgeschlossenen Angeboten können bei der Auskömmlichkeitsprüfung berücksichtigt werden, wenn der Ausschluss dieser Angebote nicht auf kalkulationsrelevanten Tatsachen beruhte.*)

VPRRS 2015, 0230

OLG Celle, Beschluss vom 19.02.2015 - 13 Verg 11/14
1. Eine Überschreitung der Kostenschätzung um mehr als das 2,5-fache spricht dafür, dass das Angebot des Bieters deutlich überteuert ist.
2. Die Aufgreifschwelle, die eine Aufklärung eines Angebots gebietet, liegt bei 20%. Maßgeblich ist dabei der Gesamtpreis.
3. Der Antragsgegner kann sich zunächst auf die Richtigkeit der von den Bietern abgegebenen Erklärungen verlassen. Gibt ein Bieter eine unrichtige Erklärung ab oder hält er die abgegebene Erklärung später nicht ein, kann dies in zukünftigen Vergabeverfahren einen Ausschluss wegen mangelnder Eignung nach sich ziehen.

VPRRS 2015, 0206

VK Lüneburg, Beschluss vom 26.03.2014 - VgK-06/2014
1. Der Begriff der "bestmöglichen Leistungserbringung" in § 11 Abs. 6 Satz 2 VOF ist gleichbedeutend mit dem wirtschaftlichsten Angebot nach § 21 EG Abs. 1 VOL/A 2009, § 16 Abs. 6 Nr. 3 VOB/A 2012 und § 97 Abs. 5 GWB. Mit ihm kommt zum Ausdruck, dass der Wertungsvorgang nach der VOF nur begrenzt objektivierbar und von subjektiven Elementen geprägt ist.
2. Die für die Entscheidung über die Auftragserteilung maßgeblichen Zuschlagskriterien und ihre Unterkriterien sowie ihre Gewichtung sind den Bietern mit der Aufgabenbeschreibung, der Vergabebekanntmachung oder der Aufforderung zur Angebotsabgabe bekannt zu geben.
3. Enthält die Aufforderung zur Angebotsabgabe detaillierte Vorgaben für die Angebote und deren Präsentationen und werden mit den Kriterien und Unterkriterien auch die Schwerpunkte für Angebot und Präsentation gesetzt, besteht für die Bewertungskommission kein Anlass, in die Angebotspräsentation des Bieters korrigierend einzugreifen und ihm durch Nachfragen Gelegenheit zu geben, seinen schriftlichen und mündlichen Vortrag zu ergänzen und zu vertiefen.

VPRRS 2015, 0429

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.06.2015 - Verg 15/15
1. Ist ein beteiligtes Unternehmen ein abhängiges oder herrschendes Unternehmen im Sinne des § 17 AktG oder ein Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG, sind die so verbundenen Unternehmen als einheitliches Unternehmen anzusehen.
2. § 36 Abs. 2 GWB und §§ 17 und 18 AktG sind auch in vergaberechtlichen Streitfällen und ohne Rücksicht darauf anzuwenden, ob es sich bei den beteiligten Unternehmen um Aktiengesellschaften handelt oder nicht.

VPRRS 2015, 0225

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 09.09.2014 - 2 VK 14/14
1. Eine Rüge im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB muss nicht ausdrücklich als "Rüge" bezeichnet werden. Für eine wirksame Rüge ist es ausreichend, wenn hinreichend deutlich wird, welches konkrete Verhalten der Vergabestelle vom Bieter als vergaberechtswidrig angesehen wird.
2. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Dabei wird der Beginn der Ausschlussfrist nicht dadurch hinausgeschoben oder neu ausgelöst, dass der Bieter seine Rügen gegenüber dem Auftraggeber wiederholt.
3. Das Verbot der Zuschlagserteilung auf Unterkostenangebote dient grundsätzlich allein dem Schutz des Auftraggebers. Dieses Verbot ist nur ganz ausnahmsweise bieterschützend, nämlich dann, wenn davon auszugehen ist, dass ein Bieter ein Unterpreisangebot in der gezielten Absicht eingereicht hat, einen oder mehrere andere Bieter nicht nur aus dem betreffenden Vergabeverfahren, sondern ganz vom Markt zu verdrängen.

VPRRS 2015, 0224

LG Saarbrücken, Urteil vom 29.06.2015 - 4 O 141/15
1. Werden einem Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte - wie dies allgemein üblich ist - die Vorschriften der Vergabe- und Vertragsordnungen für Bauleistungen (VOB) zugrunde gelegt, ist der Ablauf des Verfahrens ebenso wie bei Erreichen der Schwellenwerte eingehend geregelt, woraus subjektive Rechte der Bieter folgen.
2. Droht bei einer Vergabe unterhalb der Schwellenwerte ein Vergaberechtsverstoß, kann der dadurch in seinen Rechten verletzte Bieter im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor den Zivilgerichten die Unterlassung der Zuschlagserteilung geltend machen.
3. Werden Preisermittlungsformblätter nicht ausgefüllt, ist das als fehlende Preisangabe anzusehen. Dies führt zum zwingenden Angebotsausschluss.

VPRRS 2015, 0441

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.06.2015 - 1 VK 17/15
Ein inhaltlich unzureichender Auszug aus dem Handelsregister kann nicht nachgefordert werden.

VPRRS 2015, 0222

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19.03.2014 - 2 VK 5/14
1. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Dabei wird der Beginn der Ausschlussfrist nicht dadurch hinausgeschoben oder neu ausgelöst, dass der Bieter seine Rügen gegenüber dem Auftraggeber wiederholt.
2. Der Anwendbarkeit des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB steht EU-Recht nicht entgegen (im Anschluss an OLG Rostock, IBR 2011, 238).
3. Antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB ist nur, wer eine Verletzung seiner Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergaberechtsvorschriften geltend macht. Dies setzt einen schlüssigen Vortrag im Sinne tatsächlicher Anknüpfungspunkte voraus, aus denen ein Vergaberechtsverstoß plausibel erscheint. Nicht ausreichend ist es, wenn ein Bieter nur die abstrakte Möglichkeit einer Rechtsverletzung in den Raum stellt.

VPRRS 2015, 0228

VK Bund, Beschluss vom 10.06.2015 - VK 2-41/15
Bei der Beantwortung der Frage, welches Angebot das wirtschaftlichste ist, handelt es sich um eine Gesamtschau zahlreicher, die Entscheidung beeinflussender Einzelumstände und somit um eine Wertung, die im Gegensatz zur Anwendung bloßer Verfahrensregeln der VOL/A einen angemessenen Beurteilungsspielraum voraussetzt. Seine Ausübung ist im Vergabenachprüfungsverfahren nur beschränkt kontrollierbar.

VPRRS 2015, 0223

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 04.11.2014 - 2 VK 15/14
1. An den Inhalt einer Rüge sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Allerdings genügen bloße Behauptungen oder Vermutungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" für eine hinreichend substantiierte Rüge nicht.
2. Auch in Fällen, in denen der Bieter ein unverschuldetes Informationsdefizit hat, setzt eine hinreichend substantiierte Rüge zumindest voraus, dass in dieser tatsächliche Anhaltspunkte oder Indizien dargelegt werden, die den Verdacht begründen, dass es zu Vergabeverstößen gekommen ist.

VPRRS 2015, 0218

VGH Hessen, Urteil vom 15.10.2014 - 9 C 1276/13
Es verstößt gegen das Transparenzgebot, wenn der Auftraggeber erst nach der Öffnung der Bewerbungen und in deren Kenntnis mit der Festlegung der Unterkriterien und deren Gewichtung über die Methodik zur Überprüfung und Bewertung der Mustermengenkalkulationen entschieden hat und damit darüber, nach welchen Maßstäben die hierfür zu erzielenden Punkte vergeben werden.

VPRRS 2015, 0217

VK Bund, Beschluss vom 26.05.2015 - VK 2-39/15
1. Die Entscheidung darüber, welcher Gegenstand mit welcher Beschaffenheit und mit welchen Eigenschaften beschafft werden soll, obliegt grundsätzlich dem öffentlichen Auftraggeber. Dieser ist in der Auswahl der von ihm zu beschaffenden Gegenstände frei. Grenze des Bestimmungsrechts ist die Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung.
2. Werden in einem Schnittstellen- und Leistungskatalog die technischen Eigenschaften des nachgefragten Bauteils festgelegt (hier: Gesamtlänge mit Anschluss 60 mm) und entspricht das angebotene Bauteil nicht diesen Festlegungen, liegt eine unzulässige Abweichung von den Vergabeunterlagen vor, die zum zwingenden Ausschluss des Angebots führt.

VPRRS 2015, 0215

VK Lüneburg, Beschluss vom 22.04.2015 - VgK-06/2015
Auch wenn ein Planer aus einem rechtswidrig nicht europaweit bekannt gemachten Planungswettbewerb als 1. Preisträger einen Anspruch darauf hat, dass die Vergabe des Auftrags ausschließlich mit ihm und den weiteren Preisträgern durchgeführt wird, kann dieser Anspruch nicht mehr vor der Vergabekammer geltend gemacht werden, wenn aus dem ursprünglich oberhalb des Schwellenwerts gelegenen Projekt bis zur Bekanntmachung des konkreten Auftrags ein Vertragsgegenstand wird, der bei ordnungsgemäßer Kostenschätzung den Schwellenwert von 207.000 Euro unterschreitet.

VPRRS 2015, 0209

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.12.2014 - 2 VK 17/14
1. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift steht EU-Recht nicht entgegen (im Anschluss an OLG Rostock, Beschluss vom 20.10.2010, 17 Verg 5/10, IBR 2011, 238).
2. Ein Zugang zum Nachprüfungsverfahren ist mit Blick auf die Rügeobliegenheit zudem nur im Falle der Identität des Gegenstands der Rüge und desjenigen des Nachprüfungsverfahrens eröffnet.

VPRRS 2015, 0205

VK Lüneburg, Beschluss vom 02.03.2015 - VgK-03/2015
Als Indiz für ein ungewöhnlich niedriges Angebot, das den öffentlichen Auftraggeber zur Aufklärung des Angebots berechtigt, ist ein erheblicher Preisabstand zum nächst niedrigsten Angebote anzusehen. Im Bereich der VOL/A (hier: Individual- und Behindertenbeförderung) ist der Auftraggeber bei einem Preisabstand von etwa 20% sogar dazu verpflichtet, eine Prüfung der Auskömmlichkeit vorzunehmen.

VPRRS 2015, 0220

OLG Celle, Beschluss vom 11.06.2015 - 13 Verg 4/15
1. Ein Bieter ist leistungsfähig, wenn in technischer, kaufmännischer, personeller und finanzieller Hinsicht über die erforderlichen Mittel und Kapazitäten verfügt, die er zur ordnungsgemäßen und vertragsgemäßen Ausführung des ausgeschriebenen Auftrags benötigt.
2. Ein Unternehmen ist in finanzieller Hinsicht leistungsfähig, wenn es über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, die es ihm ermöglichen, seinen laufenden Verpflichtungen gegenüber seinem Personal, dem Staat und sonstigen Gläubigern nachzukommen).
3. Aus dem Umstand, dass sich aus dem Jahresabschluss eines Bieters ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag (hier: in Höhe von über 220.000 Euro) ergibt, folgt nicht, dass der Bieter finanziell nicht leistungsfähig ist oder war.
4. Die Entscheidung über die Auswahl der Kriterien, die bei der Entscheidung über den Zuschlag berücksichtigt werden, obliegt dem Auftraggeber. Der Auftraggeber hat allerdings für Gleichbehandlung und Transparenz Sorge zu tragen. Er muss Zuschlagskriterien festlegen, sie ordnungsgemäß bekanntgeben und die Bewertung nur anhand der vorgegebenen Kriterien vornehmen.
5. Die Festlegung und Gewichtung der Zuschlagskriterien nicht dazu führen, dass Kriterien faktisch keine Rolle mehr spielen (keine Nivellierung der Aushöhlung der Angebotsbewertung). Die Kriterien dürfen dem Zweck der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots nicht zuwiderlaufen und nicht willkürlich gesetzt oder sachfremd sein.

VPRRS 2015, 0204

VK Sachsen, Beschluss vom 18.03.2015 - 1/SVK/001-15
1. Enthält ein Vertrag zugleich Elemente eines Bauauftrags und solche eines Auftrags anderer Art, bestimmt sich die Rechtsnatur des Vertrages nach § 99 Abs. 10 Satz 2 GWB und der herrschenden Rechtsprechung nach der Hauptleistung, die der Auftragnehmer vertraglich schuldet.*)
2. Eine Verschlechterung der Zuschlagsaussichten infolge der Nichtbeachtung von Vergabevorschriften, bspw. durch die Wahl der falschen Vergabeart, genügt, um eine subjektive Rechtsverletzung anzunehmen und eine Rügepflicht auszulösen.*)

VPRRS 2015, 0208

VK Lüneburg, Beschluss vom 15.05.2015 - VgK-09/2015
1. Die nach § 4 Abs. 3 Satz 2 des Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG) auch für öffentliche Aufträge im freigestellten Schülerverkehr geforderte Verpflichtung der Bieterunternehmen, ihren Arbeitnehmern mindestens das in einem vereinbarten Tarifverträge vorgesehene Entgelt zu zahlen, entspricht nicht den Vorgaben des Europarechts.
2. Eine Rüge, die erst 18 Tage nach Kenntniserlangung von dem beanstandeten Vergaberechtsverstoß erfolgt, kann nach den Umständen des Einzelfalls noch als "unverzüglich" angesehen werden.
VPRRS 2015, 0197

VK Südbayern, Beschluss vom 27.05.2015 - Z3-3-3194-1-15-03/15
1. Ein Vertrag einer Gemeinde über die Errichtung und den Betrieb eines Breitbandnetzes in einem strukturschwachen Gebiet, bei dem der Auftragnehmer nach Errichtung des Kabelnetzes das ausschließliche Nutzungsrecht behält und die Begründung von Vertragsverhältnissen über breitbandige Kundenanschlüsse allein durch den Auftragnehmer erfolgt, stellt eine Dienstleistungskonzession dar. (Anschluss an OLG München, IBR 2011, 285).*)
2. Vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie über die Konzessionsvergabe 2014/23/EU im April 2016 ist für die Überprüfung der Vergabe von Dienstleistungs-konzessionen der Rechtsweg zu den Nachprüfungsinstanzen nicht gegeben.*)

VPRRS 2015, 0199

OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.03.2015 - 11 Verg 10/14
1. Hat sich das Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren durch die Aufhebung des Vergabeverfahrens erledigt, ist über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach billigem Ermessen zu entscheiden.
2. Maßstab für die Kostenverteilung ist dabei die Erfolgsaussicht der Beschwerde unter Berücksichtigung des aktuellen Sach- und Streitstands, wobei nur eine summarische Prüfung vorzunehmen ist. Erscheint danach der Verfahrensausgang offen, sind die Kosten im Zweifel gegeneinander aufzuheben.

VPRRS 2015, 0196

VK Südbayern, Beschluss vom 05.06.2015 - Z3-3-3194-1-20-03/15
Dem EuGH werden zur Auslegung der VO (EG) Nr. 1370/2007 folgende Fragen zur Vorabentscheidung nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorgelegt:
a. Kommen bei einem Vergabeverfahren nach Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 in Verbindung mit der Richtlinie 2004/18/EG bzw. der Richtlinie 2014/24/EU grundsätzlich nur die Vorschriften dieser Richtlinien zur Anwendung, so dass von den genannten Richtlinien abweichende Vorschriften in der VO (EG) Nr. 1370/2007 unangewendet bleiben müssen?
b. Richtet sich demnach die Zulässigkeit der Vergabe von Unteraufträgen bei einem Vergabeverfahren nach Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 in Verbindung mit der Richtlinie 2004/18/EG bzw. 2014/24/EU ausschließlich nach den vom Gerichtshof zur Richtlinie 2004/18/EG entwickelten Regeln und nach der Regelung des Art. 63 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU oder kann ein öffentlicher Auftraggeber abweichend davon auch bei einem derartigen Vergabeverfahren gemäß Art. 4 Abs. 7 VO (EG) Nr. 1370/2007 eine prozentuale Eigenerbringungsquote (gemessen an den Fahrplankilometern) für die Bieter festschreiben?
c. Ist für den Fall, dass Art. 4 Abs. 7 VO (EG) Nr. 1370/2007 auf Vergabeverfahren nach Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 in Verbindung mit der Richtlinie 2004/18/EG bzw. 2014/24/EU anwendbar ist, der öffentliche Auftraggeber im Hinblick auf den Erwägungsgrund 19 der VO (EG) Nr. 1370/2007 bei der Festlegung der Selbsterbringungsquote frei, so dass die Forderung einer Selbsterbringungsquote von 70% gemessen an den Fahrplankilometern durch den Auftraggeber gerechtfertigt sein kann?

VPRRS 2015, 0191

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 18.12.2014 - 2 VK 18/14
1. Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift steht nicht EU-Recht entgegen.
2. Für den Beginn der Rügefrist kommt es grundsätzlich auf die positive Kenntnis vom Vorliegen eines Vergaberechtsverstoßes an. Diese Kenntnis kann angenommen werden, wenn der Kenntnisstand des Antragstellers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einen solchen Grad erreicht, dass die Berufung auf eine angebliche Unkenntnis sich als ein mutwilliges Sichverschließen darstellt.
3. Die Rügefrist beträgt in der Regel eine Woche. Lediglich bei überdurchschnittlichen komplexen Sachverhalten ist eine Ausweitung der Rügefrist auf bis zu zwei Wochen möglich (hier verneint).

VPRRS 2015, 0195

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.05.2015 - 1 S 383/14
1. Die Regelung in einer kommunalen Friedhofssatzung, dass nur Grabsteine verwendet werden dürfen, die nachweislich ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt sind, und dass der Nachweis mittels Zertifikat einer anerkannten Organisation erbracht wird, ist mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht vereinbar, wenn weder eine hinreichend gesicherte Verkehrsauffassung besteht, welche Zertifikate als vertrauenswürdig gelten können, noch eine zuständige staatliche Stelle Zertifikate als vertrauenswürdig anerkannt hat noch ausdrücklich unter Benennung der Zertifikate geregelt ist, welche Zertifikate als Nachweis ausreichen (Bestätigung der Senatsrechtsprechung, vgl. Urteil des Senats vom 29.04.2014 - 1 S 1458/12, IBRRS 2014, 4426 = VPRRS 2014, 0694).*)
2. Eine hinreichend gesicherte Verkehrsauffassung, welche Zertifikate über Grabsteine, die ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt sind, als vertrauenswürdig gelten können, ist derzeit nicht festzustellen.*)

VPRRS 2015, 0193

VK Südbayern, Beschluss vom 15.05.2015 - Z3-3-3194-1-05-01/15
1. Zumindest für einen Bieter mit erheblichem technischem Sachverstand und guter Marktkenntnis ist eine verdeckte Produktvorgabe in den Vergabeunterlagen erkennbar und daher gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB zu rügen.*)
2. Eine Nachforderung fehlender Angaben des Fabrikats und Typs ist zumindest dann nicht ausgeschlossen, wenn der Preis einziges Zuschlagskriterium ist (Aufgabe der Rechtsprechung von Vergabekammer Südbayern B. v. 07.03.2014 - Az.: Z3-3-3194-1-02-01/14).*)
3. Die Pflicht zur Nachforderung gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A betrifft nur fehlende Unterlagen, also Erklärungen und Nachweise, die vom Auftraggeber ordnungsgemäß zur Vorlage bis zur Angebotsabgabe gefordert worden sind.*)
4. Die Vergabestelle ist nicht befugt, von der gesetzlich festgelegten Frist des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A abzuweichen. Tut sie es allerdings dennoch und verlässt sich ein Bieter auf die von der Vergabestelle gesetzte längere Vorlagefrist, ist das Angebot dieses Bieters nicht zwingend auszuschließen, wenn er die nachgeforderten Unterlagen innerhalb der von der Vergabestelle gesetzten Frist, aber nach Ablauf der 6 Kalendertage des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A vorlegt.*)
5. Durch die Benennung der konkreten Fabrikate in der Produktabfrage konkretisiert der Bieter sein Angebot auf diese. Das Angebot ist gem. § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 b i. V. m. § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A auszuschließen, wenn sich ein Bieter im Zuge der Angebotsprüfung bereits verbindlich auf bestimmte Hersteller und Typen festgelegt hat und diese von den aus dem Leistungsverzeichnis ersichtlichen Anforderungen abweichen.*)

VPRRS 2015, 0183

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.02.2015 - 1 VK LSA 32/14
1. Die Leistung ist eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bieter die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen und durch vergleichbare Angebote miteinander in Wettbewerb treten können. Sind Vergabeunterlagen einer Auslegung zugänglich bzw. stellt einer der Bieter eine kalkulationsrelevante Nachfrage zum Leistungsprofil, obliegt es dem Auftraggeber, größtmögliche Transparenz unter Vermeidung jedweder Form von Diskriminierung zu gewährleisten.
2. Beantwortet der Antragsgegner eine kalkulationserhebliche Bieteranfrage ausschließlich gegenüber dem anfragenden Bieter, liegt ein auftraggeberseitig zu verantwortender Mangel an Transparenz vor.
3. Fügt der Bieter seinem Angebot anstelle des geforderten Angebotsschreibens ein eigenes Begleitschreiben bei, das im Erklärungsinhalt von den auftraggeberseitigen Vorgaben abweicht, nimmt er Änderungen an den Vergabeunterlagen vor, die zwingend zum Ausschluss des Angebots führen.
4. Die Möglichkeit einer Nachforderung ist auf das Fehlen geforderter Erklärungen und Nachweise beschränkt. Im Fall einer Änderung der Vertragsunterlagen ist daher keine Nachforderung möglich.

VPRRS 2015, 0189

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.06.2015 - Verg 39/14
1. Sofern klar auszumachen ist, dass, sofern vor Beginn des Vergabeverfahrens eine Erfüllung externer und nicht beeinflussbarer Voraussetzungen für das Entstehen eines Beschaffungsbedarfs abgewartet wird, mit einem danach erst beginnenden Vergabeverfahren eine Bedarfsdeckung keinesfalls mehr sichergestellt werden kann, darf der öffentliche Auftraggeber im Sinn einer Vergabereife jedenfalls nach Bereitstellung der erforderlichen Haushaltsmittel das Vergabeverfahren beginnen, wenn er in der Vergabebekanntmachung auf die bestehenden Vorbehalte klar und unmissverständlich hinweist.*)
2. Wenn die Vergabestelle davon abgesehen hat, einen zusätzlichen Zeitbedarf für Nachprüfungsverfahren im Rahmen ihrer zeitlichen Prognose zu kalkulieren, hat das Beschwerdegericht einen solchen zusätzlichen Zeitbedarf nicht von sich aus zu berücksichtigen.*)
3. Die Vergabestelle darf durch Festlegen des Vertragsbeginns einen Zeitplan nicht derart zuspitzen, dass eine aufgrund nachprüfbarer Tatsachen nicht zu rechtfertigende Dringlichkeit entsteht.*)
4. Sofern die realistische Möglichkeit besteht, anstelle eines mit besonderer Dringlichkeit begründeten Verhandlungsverfahrens auch in einem offenen Verfahren mit Regelfristen zu einem zeitgerechten Vertragsabschluss zu gelangen, sind das Verhandlungsverfahren und ein Abkürzen der Angebotsfrist unstatthaft.*)

VPRRS 2015, 0175

VK Sachsen, Beschluss vom 28.08.2014 - 1/SVK/021-14
Zur Übernahme von vorhandenen Arzneimittelbeständen bei einem Wechsel des Leistungserbringers von Rettungsdienstleistungen.*)

VPRRS 2015, 0173

VK Sachsen, Beschluss vom 09.12.2014 - 1/SVK/038-14
1. Hat ein Auftraggeber bereits mit Angebotsabgabe die Benennung von Produkten und Fabrikaten abgefragt, so hat er dann auch vollständig zu prüfen, ob die angebotenen Produkte dem Leistungsverzeichnis entsprechen.*)
2. Die Vergabekammer wirkt unabhängig von den Anträgen, allerdings nicht unabhängig von einer Rechtsverletzung der Antragstellerin auf die Rechtmäßigkeit des Verfahrens hin.*)

VPRRS 2015, 0172

EuG, Urteil vom 16.07.2014 - Rs. T-309/12
1. Bei den von den Mitgliedern eines Zweckverbands an den Verband geleisteten Umlagezahlungen handelt es sich um eine staatliche Beihilfe i.S.v. Art. 107 Art. 1 AEUV, wenn die in Rede stehende Umlage aus staatlichen Mitteln finanziert wird.
2. Ein Zweckverband ist als Unternehmen anzusehen, wenn er Dienstleistungen für die Beseitigung tierischer Nebenprodukte gegen Entgelt anbietet.
3. Die aus staatlichen Mitteln finanzierten Umlagezahlungen verzerrten den Wettbewerb oder drohten ihn zu verzerren und beeinträchtigten den Handel zwischen den Mitgliedstaaten, soweit die Mehrzahl der zuständigen Gebietskörperschaften für die Tierkörperbeseitigung regionale Monopole in der Form von Ausschreibungen vergeben.
4. Die Umlagezahlungen verschaffen einem Zweckverband einen wirtschaftlichen Vorteil, soweit sie die laufenden Ausgaben verringerten und ihnen keine angemessene Gegenleistung gegenüberstehen, und stellten keinen Ausgleich für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen im Sinne des Urteils des EuGH vom 24.07.2003 (Slg. 2003, I-7747 = NZBau 2003, 503 = IBRRS 2003, 2855 - Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg) dar.

VPRRS 2015, 0178

EuGH, Beschluss vom 12.03.2015 - Rs. C-447/14
Nimmt eine Partei die Klage oder einen Antrag vor dem EuGH zurück, wird sie zur Tragung der Kosten verurteilt, wenn die Gegenpartei dies in ihrer Stellungnahme zu der Rücknahme beantragt.

VPRRS 2015, 0170

KG, Beschluss vom 27.01.2015 - Verg 9/14
1. Zu Fragen des Schwellenwerts, der Rügepflicht (§ 107 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GWB), der Auslegung von § 6 EG Abs. 7 VOB/A 2012 bzw. § 6 Abs. 6 VOL/A 2009 und der diesbezüglichen Darlegungs- und Beweislast.*)
2. Bei der Ermittlung des Auftragswerts sind all diejenigen Bauabschnitte einer Gesamtbaumaßnahme als Einheit zu betrachten, die ohne die jeweils anderen Bauabschnitte keine sinnvolle Funktionen erfüllen können, und zwar unabhängig davon, ob die einzelnen Bauabschnitte als eigenständiger Auftrag oder als Los eines Gesamtauftrags ausgeschrieben wurden.
3. Ein Bieter oder Bewerber, der zur Vorbereitung der Ausschreibung Prototypen der Ausschreibungsgegenstände hergestellt hat, „unterstützt“ den Auftraggeber.
4. Die Vergabestelle trägt die Darlegungs- und Beweislast für Ausgleichsmaßnahmen, die sie ergriffen hat, um den unverfälschten Wettbewerbs trotz des Erfahrungsvorsprungs des Unterstützers sicherzustellen.

VPRRS 2015, 0168

VG Berlin, Beschluss vom 13.01.2015 - 4 L 388.14
Ein Bewerber um einen Standplatz auf einer Messe hat keinen Anspruch darauf, dass der (Mehrheits-)Gesellschafter (hier: eine Körperschaft des öffentlichen Rechts) eines privatrechtlich organisierten Veranstalters im Sinne von § 70 GewO diesen anweist, den Bewerber teilnehmen zu lassen, wenn im Gesellschaftsvertrag keine Weisungsrechte hinsichtlich der Auswahlentscheidung vorbehalten sind.

VPRRS 2015, 0169

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.2015 - Verg 35/14
1. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) ist öffentlicher Auftraggeber im Sinn des § 98 Nr. 2 GWB.*)
2. Die Antragsbefugnis erfüllt nurmehr die Funktion eine groben Filters, dem lediglich die Aufgabe zukommt, eindeutige Fälle, in denen eine Auftragsvergabe an den Antragsteller von vorneherein aussichtslos ist, auszusondern.*)
3. Davon, dass ein Wertungssystem "zehn oder drei Punkte" vergaberechtswidrig sein kann, muss der Antragsteller im Sinn des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB keine Kenntnis haben.*)
4. Die bisherige strikte Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien ist in Bezug auf das Team, welches den Auftrag ausführen soll, bereits unter der Geltung der Richtlinie 2004/18/EG aufzugeben (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 26.03.2015 - Rs. C-601/13, IBR 2015, 268).*)
5. Ein Preiswertungssystem "zehn oder drei Punkte" ist wettbewerbsverzerrend und unzulässig.*)
6. Bewertete Zuschlagskriterien müssen mit den bekannt gegebenen Kriterien übereinstimmen.*)
7. Die bekannt gegebenen Zuschlagskriterien müssen die anzuwendenden Bewertungsmaßstäbe offenlegen, mithin auch, mit welchem Punktwert auf der Skala von null bis zehn Punkten die in der Leistungsbeschreibung gestellten Einzelanforderungen bewertet werden sollen (zum Beispiel in einer Matrix).*)
8. Darauf, ob das Angebot des Antragstellers wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen von der Wertung auszuschließen ist, kommt es nicht an, wenn das Vergabeverfahren wegen Rechtsverstößen des Auftraggebers zurückzuversetzen ist, und der Antragsteller ein neues Angebot abgeben kann, mit dem er Änderungen der Vergabeunterlagen vermeiden kann.*)
VPRRS 2015, 0167

VK Bund, Beschluss vom 09.04.2015 - VK 2-19/15
1. Ein auf die Erbringung von Briefdienstleistungen gerichteter Vertrag, bei dem das Sendungsvolumen im Vertragszeitraum nicht feststeht und in dem für jedes einzelne Poststück die Einzelpreise für die verschiedenen Briefformate, -gewichte und Versandinhalte festgelegt sind, ist als Rahmenvertrag anzusehen.
2. Kann ein Rahmenvertrag durch eine Optionsklausel nach Ende der regulären Laufzeit - in Ermangelung der Angabe eines konkreten Zeitraums - auf unbestimmte Zeit verlängert werden, liegt ein grundlegender Mangel des Vergabeverfahrens vor, der von Amts wegen durch die Vergabekammer aufzugreifen und zu berücksichtigen ist.
