Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
4952 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2015
VPRRS 2015, 0164
VK Bund, Beschluss vom 16.04.2015 - VK 2-27/15
1. Der Abschluss unbefristeter Verträge ist vergaberechtlich grundsätzlich nicht zulässig.
2. Ein grundlegender Mangel des Vergabeverfahrens ist von Amts wegen durch die Vergabekammer aufzugreifen und zu berücksichtigen.

VPRRS 2015, 0163

VK Bund, Beschluss vom 03.03.2015 - VK 1-4/15
Werden die angebotenen Preise unter Zuhilfenahme einer Formel in Wertungspunkte umgerechnet, muss die Formel den Bietern vor Angebotsabgabe bekanntgegeben werden.

VPRRS 2015, 0157

VK Südbayern, Beschluss vom 19.03.2015 - Z3-3-3194-1-61-12/14
1. Gemäß § 7 EG Abs. 5 Satz 1 VOL/A muss der Auftraggeber sämtliche von ihm geforderten Eignungsnachweise in der Vergabebekanntmachung benennen. Diese können in anderen Unterlagen, z.B. Begleitdokumenten, lediglich präzisiert werden.*)
2. Bei Diskrepanzen zwischen der Vergabebekanntmachung und den Vergabeunterlagen bzgl. Eignungsanforderungen ist grundsätzlich der Inhalt der Bekanntmachung maßgeblich (OLG München, Beschluss vom 12.11.2010 - Verg 21/10, IBRRS 2010, 4490 = VPRRS 2010, 0408, und Beschluss vom 21.08.2008 - Verg 13/08, IBRRS 2008, 2700 = VPRRS 2008, 0270).*)
3. Um dem Transparenzgebot und dem Diskriminierungsverbot zu genügen, muss eine Eignungsanforderung so hinreichend klar und deutlich formuliert sein, dass es einem verständigen Bieter ohne eigene Interpretation eindeutig erkennbar wird, was ein öffentlicher Auftraggeber fordert.*)
4. Widersprüche zwischen einem ersichtlich missglückten Bekanntmachungstext und klar formulierten Vergabeunterlagen dürfen nicht zu Lasten eines Bieters gehen.*)

VPRRS 2015, 0159

VK Bund, Beschluss vom 08.04.2015 - VK 2-21/15
1. Bietet ein Bieter etwas anderes an als vom öffentlichen Auftraggeber gefordert, ist das Angebot auf der ersten Wertungsebene zwingend auszuschließen, und zwar ohne dass dem Auftraggeber ein Ermessen eröffnet wäre.
2. Der Abschluss unbefristeter Verträge ist vergaberechtlich grundsätzlich nicht zulässig.
3. Ein grundlegender Mangel des Vergabeverfahrens ist von Amts wegen durch die Vergabekammer aufzugreifen und zu berücksichtigen.

VPRRS 2015, 0158

VK Südbayern, Beschluss vom 18.03.2015 - Z3-3-3194-1-62-12/14
1. Ungeachtet der Europarechtswidrigkeit des Tatbestandsmerkmals der "Unverzüglichkeit" erfordert § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB, dass tatsächlich und rechtlich positiv erkannte Vergaberechtsverstöße zu irgendeinem Zeitpunkt vor Einreichung des Nachprüfungsantrags gegenüber der Vergabestelle gerügt werden.*)
2. Auch bei der Verpflichtung eines Bieter auf die Ableistung der im Angebot zugesagten Mindeststundenzahl ungeachtet des Eintretens des Reinigungserfolgs, ist das übliche und grundsätzlich zulässige (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2014 - Verg 41/13, IBRRS 2014, 1347 = VPRRS 2014, 0338) Kriterium der Reinigungsleistung in m2/Stunde bei der Angebotswertung nicht zu beanstanden.*)
3. Die unrichtige Darstellung einer klaren zivilrechtlichen Rechtslage in den Vergabeunterlagen, kann einen Verstoß gegen § 8 EG Abs. 1 VOL/A 2009 nach sich ziehen. Das Nichteingehen auf umstrittene, nicht letztinstanzliche zivilrechtliche Rechtsprechung in den Vergabeunterlagen stellt regelmäßig keinen Verstoß gegen § 8 EG Abs. 1 VOL/A 2009 dar.*)
4. Die Kenntnis sämtlicher einschlägiger zivilrechtlicher Rechtsprechung und deren Umsetzung in den Vergabeunterlagen kann - ebenso wenig wie sie von den Bietern gefordert werden kann - von den Vergabestellen nicht verlangt werden.*)

VPRRS 2015, 0160

VK Westfalen, Beschluss vom 16.04.2015 - VK 2-9/15
1. Wertbare Referenzen müssen vergleichbare Leistungen zum Gegenstand haben. Vergleichbar ist eine Referenzleistung mit der ausgeschriebenen Leistung, wenn sie dieser soweit ähnelt, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit der Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffnet.
2. Hat ein Bieter nur begrenzte Erfahrung bei Arbeiten mit schwach gebundenem Asbest und geringen Schadstoffanteilssummen und zweifelt der öffentliche Auftraggeber deshalb daran, dass der Bieter dazu in der Lage ist, ein erheblich schadstoffkontaminiertes Gebäudes zügig und ohne gesundheitliche Gefährdungen umzubauen, kann der Auftraggeber das Angebot mangels Eignung von der Wertung ausschließen.

VPRRS 2015, 0140

VK Bund, Beschluss vom 29.01.2015 - VK 2-119/14
1. Ob die Vorgaben eines Vergabeverfahrens transparent und klar sind, ist danach zu beurteilen, was den Bietern an Angaben zur Verfügung stand. Die Tatsache als solche, dass der Auftraggeber aufgrund einiger der Nachfragen noch Änderungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen haben, machen die Vorgaben nicht unklar; es kommt auf die Vorgaben in ihrer endgültigen Form an.
2. Ein Fragen- und Antwortkatalog ist Teil der Vergabeunterlagen. Nimmt der Auftraggeber Bieterfragen zum Anlass, die Vergabeunterlagen nachzubessern, liegt in dieser Selbstkorrektur kein Vergabefehler.

VPRRS 2015, 0151

VK Westfalen, Beschluss vom 12.03.2015 - VK 1-5/15
1. Das Vorabinformationsschreiben, mit welchem dem obsiegenden Bieter in Anlehnung an § 101a GWB mitgeteilt wird, dass die Vergabestelle "nach dem derzeitigen Stand des Vergabeverfahrens beabsichtigt sein Angebot anzunehmen", stellt keinen Zuschlag dar.*)
2. Das Angebot der Beigeladenen wurde durch die hier von der Antragsgegnerin vor Einleitung der Nachprüfung vorgenommenen Auskömmlichkeitsprüfung lediglich aufgeklärt, nicht aber inhaltlich verändert. Die Aufklärung gemäß § 18 EG VOL/A darf nicht zu einer Veränderung oder Nachbesserung des ursprünglichen Angebots führen.*)

VPRRS 2015, 0149

VK Bund, Beschluss vom 16.03.2015 - VK 2-9/15
1. Die Entscheidung, welcher Gegenstand mit welcher Beschaffenheit und mit welchen Eigenschaften beschafft werden soll, obliegt dem öffentlichen Auftraggeber. Dieser ist in der Auswahl der von ihm zu beschaffenden Gegenstände grundsätzlich frei. Grenze des Bestimmungsrechts des öffentlichen Auftraggebers ist aber die Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung.
2. In technischen Anforderungen darf nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen eines bestimmten Ursprungs verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden, es sei denn, dies ist durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt.
3. Gegen Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung wird nicht nur dann verstoßen, wenn ein Leitfabrikat offen und explizit in der Leistungsbeschreibung benannt worden ist, sondern auch dann, wenn durch die Vielzahl der Vorgaben verdeckt ein Leitfabrikat ausgeschrieben wurde, weil nur ein einziges Produkt allen Vorgaben gerecht werden kann.

VPRRS 2015, 0139

VK Bund, Beschluss vom 30.01.2015 - VK 2-115/14
1. Die in einem gemeinsamen Fachlos zusammengefassten Wirkstoffe sind schon dann im vergaberechtlichen Sinne vergleichbar, wenn sie für eine große Schnittmenge von Patienten mit identischer Indikation eingesetzt werden können.
2. Eine Willenserklärung (hier: eine Nichtabhilfeerklärung), die einem anderen gegenüber in dessen Abwesenheit abzugeben ist, wird in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Zugegangen ist eine Willenserklärung dann, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen.
3. Willenserklärungen, die durch ein Telefax übermittelt werden, gehen grundsätzlich mit Abschluss des Druckvorganges am Empfangsgerät des Adressaten zu. Allerdings ist der Zugang erst dann vollendet, wenn die Kenntnisnahme durch den Empfänger möglich und nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist.
4. Es ist zweifelhaft, ob nach den Gepflogenheiten der Verkehrsanschauung in einem Pharmakonzern an einem Freitagnachmittag um 16.31 Uhr noch damit gerechnet werden kann, dass ein eingehendes Telefax von den hierfür zuständigen Personen noch zur Kenntnis genommen wird.

VPRRS 2015, 0148

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.03.2015 - 2 VK LSA 1/15
1. Es ist grundsätzlich Sache des Auftraggebers, seinen Beschaffungsbedarf festzulegen. Diese Entscheidung ist dem Vergabeverfahren zeitlich und sachlich vorgelagert. Gleichwohl hat der Auftraggeber die Festlegung des Beschaffungsbedarfs nachvollziehbar und plausibel zu begründen, soweit es hierdurch zu einer erheblichen Einschränkung des potenziellen Teilnehmerkreises kommt.*)
2. Der Auftraggeber ist bei der Bestimmung des Beschaffungsgegenstands nicht gehalten, andere in Betracht kommende Lösungen zur Erfüllung der Aufgaben zu prüfen und auszuschließen. Der Prozess der Bestimmung des Beschaffungsbedarfs würde zu sehr verrechtlicht und es würde in die Kompetenzen des Auftraggebers zu sehr eingegriffen.*)

VPRRS 2015, 0147

VK Bund, Beschluss vom 16.03.2015 - VK 2-7/15
1. Bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots sind in ausreichendem Maße die patentrechtliche Ausgangs- und damit die zukünftige Substitutionssituation bei der Vertragsdurchführung, die unmittelbar Auswirkung auf die Wirtschaftlichkeit der Angebote hat, zu berücksichtigen.
2. Im Einzelfall könnte auch eine patentrechtliche Vorfrage im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens mitentschieden werden.
3. Auch wenn bei Rahmenvereinbarungen die Grundsätze zur eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung nur eingeschränkt gelten, muss das zu erwartende Auftragsvolumen so genau wie möglich bekannt gegeben werden.

VPRRS 2015, 0141

VK Bund, Beschluss vom 29.01.2015 - VK 2-117/14
1. Dem Auftraggeber steht bei der Definition des Beschaffungsbedarfs eine nur eingeschränkt überprüfbare Bestimmungsfreiheit zu. Grundsätzlich kann er allein entscheiden, was er beschaffen möchte. Eine Zuschneidung auf bestimmte Produkte jedoch nur dann zulässig, wenn dies durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist.
2. Leistungsbeschreibungen sind so klar und eindeutig abzufassen, dass alle Bieter sie notwendig in einem gleichen Sinn verstehen müssen. Ziel des § 8 EG Abs. 1 VOL/A ist es zu gewährleisten, dass die Angebote aller Bieter vergleichbar sind, was wiederum unabdingbare Voraussetzung für eine faire und transparente Entscheidung über den Zuschlag ist.
3. Aus dem Umstand, dass der Auftraggeber im Laufe des Vergabeverfahrens anlässlich von Bieterfragen seine Anforderungen mehrfach ändern muss, lässt sich in der Regel keine Intransparenz ableiten.

VPRRS 2015, 0136

VK Südbayern, Beschluss vom 11.03.2015 - Z3-3-3194-1-65-12/14
1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachprüfungsinstanzen bestimmt sich nach den allgemeinen Prozessgrundsätzen. Das Vergabeverfahren ist dem Zivilrecht zugeordnet. Als Rechtsgrundlage für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit kann damit auf die Regelungen des EuGVVO (VO (EG) Nr. 44/2001 bzw. VO (EU) Nr. 1215/2012) zurückgegriffen werden (Anschluss an OLG München, 12.05.2011 - Verg 26/10, IBRRS 2011, 1866). Dies gilt nicht nur für die Vergabesenate, sondern auch für die Vergabekammern.*)
2. Die rechtliche Ausgestaltung der deutschen Vergabekammern, insbesondere § 114 Abs. 3 Satz 1 GWB darf nicht zu einer Vereitelung oder wesentlichen Erschwerung des effektiven Rechtsschutzes der Bieter führen.*)
3. Der richtige Antragsgegner im Nachprüfungsverfahren bestimmt sich grundsätzlich nach den zivilrechtlichen Vertragsbeziehungen (Anschluss an OLG München, 31.05.2012 - Verg 4/12, IBRRS 2013, 1047).*)
4. Ein mehrdeutiges Angebot, das gerade wegen seiner Mehrdeutigkeit auch gegen Vorgaben der Vergabeunterlagen verstößt und keine eindeutige Auslegung zulässt, kann weder durch Angebotsaufklärung noch durch Nachforderung geheilt werden, es ist zwingend auszuschließen.*)

VPRRS 2015, 0135

VK Südbayern, Beschluss vom 12.02.2015 - Z3-3-3194-1-58-12/14
1. Die Definitionsmacht des öffentlichen Auftraggebers hinsichtlich des Beschaffungsgegenstandes und der Modalitäten der Auftragsdurchführung ist nicht schrankenlos. Sie wird begrenzt durch die Verpflichtung, den vergaberechtlichen Grundsätzen des Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung Rechnung zu tragen.*)
2. Die vergaberechtlichen Grenzen der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers sind eingehalten, sofern die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sind und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.*)
3. Die Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers bzgl. des Auftragsgegenstands und der Modalitäten der Auftragsdurchführung werden durch die Grundrechte Dritter begrenzt.*)
4. Eine Verpflichtung der Bieter, in arbeitsrechtlich unzulässiger Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Mitarbeitern oder Bewerbern einzugreifen, die beim Bieter für die ausgeschriebene Dienstleistung vorgesehen sind, kann durch den öffentlichen Auftraggeber nicht begründet werden.*)
5. Verdachtsunabhängige Drogenscreenings von Bewerbern sind nur dann zulässig, wenn sich aus den Besonderheiten des zu begründenden Arbeitsverhältnisses ergibt, dass die Arbeitsausübung durch unter Drogeneinfluss stehende Arbeitnehmer aus wichtigen Gründen verhindert werden muss.*)

VPRRS 2015, 0130

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.12.2014 - 1 VK 51/14
1. Ob ein Auftraggeber bei der Festlegung der Zuschlagskriterien von sachwidrigen Erwägungen ausgegangen ist, ist anhand der Vorschriften des § 97 Abs.1, 4 und 7 GWB bzw. der § 19 Abs. 8 und 9 sowie § 24 EG VOL/A zu prüfen. Entscheidend ist, ob aus verständiger Sicht der Vergabestelle ein berechtigtes Interesse an den in der Ausschreibung aufgestellten Forderungen (hier: zwingend mindestens zehn Referenzschreiben) besteht, so dass diese als sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig erscheinen und den Bieterwettbewerb nicht unnötig einschränken.*)
2. In der Dokumentation sind die Gründe so dezidiert festzuhalten, dass auch einem Außenstehenden deutlich erkennbar und nachvollziehbar wird, aufgrund welcher Erwägungen die Zuschlagskriterien formuliert worden sind.*)
3. Als Zuschlagskriterien sind Kriterien ausgeschlossen, die nicht der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen, sondern im Wesentlichen mit der Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des betreffenden Auftrags zusammenhängen. Dabei handelt es sich bei der Erfahrung um einen klassischen Aspekt der persönlichen Eignung des jeweiligen Bieters. Persönlichkeitsbezogene Zuschlagskriterien ohne Auftragsbezug sind ebenso unzulässig wie Zuschlagskriterien, die projektbezogene oder noch nicht im Rahmen der allgemeinen Eignungsprüfung "verbrauchte" Eignungskriterien heranziehen.*)

VPRRS 2015, 0131

LG Freiburg, Urteil vom 26.09.2014 - 12 O 150/13
1. Veranlasst eine Stadt nach § 31 Abs. 2 BestattG-BW selbst die Bestattung eines Verstorbenen, so handelt sie nicht wettbewerbswidrig, wenn sie mit der Bestattung ausschließlich ihren Eigenbetrieb beauftragt, der unter anderem erwerbswirtschaftlich und in Konkurrenz zu anderen örtlichen privaten Bestattungsunternehmungen einen Bestattungsdienst betreibt.*)
2. Bei Vergaben von öffentlichen Aufträgen mit einem Auftragswert unterhalb der Schwellenwerte (hier: Beauftragung des städtischen Bestattungsdienstes im Falle einer ordnungsbehördlichen Bestattungsanordnung) ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben.

VPRRS 2015, 0133

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.03.2015 - 15 Verg 9/14
1. Erklären die Beteiligten das Nachprüfungs- und das Beschwerdeverfahren übereinstimmend für erledigt, ist der im Nachprüfungsverfahren ergangene Beschluss der Vergabekammer gegenstandslos; gemäß § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB bzw. §§ 120 Abs. 2, 78 Satz 1 GWB ist unter Ausübung billigen Ermessens über die Kosten des Nachprüfungs- und des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden.
2. Hinsichtlich der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens finden die zu § 91a ZPO entwickelten Grundsätze entsprechende Anwendung.
3. Ist nach summarischer Beurteilung auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes die sofortige Beschwerde möglicherweise teilweise begründet und hängt die Frage der Begründetheit indes von einer aufgrund des bisherigen Sach- und Streitstands nicht belastbar zu beantwortenden Tatsachen- bzw. von einer schwierigen, im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung nicht zu entscheidenden Rechtsfrage ab, entspricht es der Billigkeit, die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegeneinander aufzuheben.

VPRRS 2015, 0126

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.12.2014 - 3 VK LSA 100/14
Mengenansätze in den einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses sind Umstände, die Auswirkungen auf die Preise haben. Ein Leistungsverzeichnis verstößt deshalb gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung, wenn der Auftraggeber es unterlassen hat, die zu erwartenden Mengen der einzelnen Positionen zu schätzen und anzugeben, wenn ihm dies ohne weiteres möglich und zumutbar ist.

VPRRS 2015, 0129

VK Bund, Beschluss vom 05.03.2015 - VK 2-13/15
1. Ein Ausschluss wegen fehlender Erklärungen setzt entweder voraus, dass geforderte, aber fehlende Erklärungen nicht binnen einer angemessenen Nachfrist vom Bieter nachgeliefert wurden, oder aber, dass das Ermessen, nicht nachzufordern, in einer Art und Weise ausgeübt wurde, die sich im Rahmen des legitimen Ermessensspielraums hält.
2. Durch die Formulierung in den Vergabeunterlagen, dass "eine Nachforderung fehlender Unterlagen und Nachweise [...] nicht erfolgt" , kann das dem Auftraggeber zustehende Ermessen, solche Unterlagen und Nachweise nicht nachzufordern, nicht pauschal vorweggenommen werden.

VPRRS 2015, 0125

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.01.2015 - 3 VK LSA 106/14
1. Die Eingangsvermerk sind mit einem lesbaren Namenszug zu versehen. Ein fehlendes Namenszeichen verletzt die Bieter in ihren Rechten.
2. Zu einer ordnungsgemäßen Dokumentation gehört auch die Auflistung der die Bieter, die Vergabeunterlagen bekommen haben, die Dokumentation von Bieteranfragen und Ihre Beantwortung sowie die Durchführung von Besichtigungsterminen.

VPRRS 2015, 0124

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.01.2015 - 3 VK LSA 105/14
1. Die Eingangsvermerk sind mit einem lesbaren Namenszug zu versehen. Ein fehlendes Namenszeichen verletzt die Bieter in ihren Rechten.
2. Zu einer ordnungsgemäßen Dokumentation gehört auch die Auflistung der die Bieter, die Vergabeunterlagen bekommen haben, die Dokumentation von Bieteranfragen und Ihre Beantwortung sowie die Durchführung von Besichtigungsterminen.

VPRRS 2015, 0434

OLG Dresden, Beschluss vom 04.11.2014 - Verg 5/13
In der Übernahme eines Arzneimittelbestands vom vorhandenen Leistungserbringer liegt kein Handeltreiben i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 2 AMG.

VPRRS 2015, 0121

OLG Celle, Beschluss vom 19.03.2015 - 13 Verg 1/15
1. Die Bestimmung des Auftragsgegenstands obliegt dem öffentlichen Auftraggeber. Sie ist dem Vergabeverfahren zeitlich und sachlich vorgelagert und vom Vergaberecht nicht unmittelbar erfasst.
2. Die allgemeinen Grundsätze des Vergabeverfahrens (GWB § 97 Abs. 1, 2) sind gleichwohl berührt, wenn die Bestimmung des Beschaffungsgegenstands zu einer willkürlichen Beschränkung des Wettbewerbs bzw. offen oder verdeckt zu einer positiven oder negativen Diskriminierung von Unternehmen führt.
3. Für die Bearbeitung und Abgabe von Teilnahmeanträgen sind ausreichende Fristen vorzusehen. Es kann einen Vergaberechtsverstoß darstellen, wenn die Ausschreibungsbedingungen geeignet sind, neue Anbieter in diskriminierender Weise vom Wettbewerb fernzuhalten, etwa weil die gesetzten Verfahrensfristen unangemessen kurz sind und neue Anbieter benachteiligen.
4. Die Angebotsfrist ist der den Bietern zur Verfügung gestellte Zeitraum, um die Vergabeunterlagen zu prüfen, zu bearbeiten und sich anschließend durch Einreichung eines Angebots am Vergabeverfahren zu beteiligen. Die Frist muss daher ausreichend lang sein, um ein Angebot abgegeben zu können, weshalb die Behörde den voraussichtlichen Arbeitsaufwand für die Bearbeitung und die Beförderung des Angebots prognostizieren muss.
5. Der öffentliche Auftraggeber muss den Bietern mit der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen, in jedem Fall aber rechtzeitig vor Ablauf der Angebotsfrist die Zuschlagskriterien, die er anzuwenden beabsichtigt, und deren Gewichtung bekanntgeben. Inwieweit eine Verpflichtung besteht, Unterkriterien auszudifferenzieren, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
6. Eine Preisformel, die dazu führen kann, dass ein Angebot beim Zuschlagskriterium "Preis" mit "null" bewertet wird, wenn es doppelt so hoch ist wie das des günstigsten Bieters, ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn die Preisabweichung zwar eine schlechtere Bewertung des Preiskriteriums, nicht aber dessen vollständigen "Ausfall" nach sich zieht.

VPRRS 2015, 0120

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.08.2014 - Verg 23/13
1. Auftraggeber dürfen für dieselbe Leistung nicht mehrere Rahmenvereinbarungen abschließen. Eine Doppelvergabe, das heißt die mehrfache Vergabe desselben Auftrags, verstößt gegen den Wettbewerbsgrundsatz.
2. Die rechtliche Kontrolle über die Vergabe öffentlicher Aufträge und damit auch über Zuschlagsuntersagungen unterliegt ausschließlich den Nachprüfungsinstanzen. Will ein Bieter sich gegen eine vergaberechtswidrige Doppelvergabe bereits erteilter öffentlicher Aufträge schützen, ist ausschließlich der Rechtsweg nach §§ 102 ff GWB eröffnet.
3. Wird das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer übereinstimmend für erledigt erklärt, kann eine Erstattung notwendiger Aufwendungen von Beteiligten nicht angeordnet werden.

VPRRS 2015, 0119

OLG Koblenz, Beschluss vom 24.03.2015 - Verg 1/15
1. Wird wegen des Zuschlagsverbots nach § 115 Abs. 1 GWB ein Interimsauftrag notwendig, der weder ganz noch teilweise an die Stelle des "Hauptauftrags", sondern neben diesen treten soll, handelt es sich um einen zusätzlichen Auftrag mit einem eigenständigen Auftragswert.*)
2. Werte von früheren Interimsaufträgen über gleichgelagerte Leistungen könnten allenfalls dann hinzuzurechnen sein, wenn der Auftraggeber in der Vergangenheit gegen das Umgehungsverbot des § 3 Abs. 2 VgV und Art. 9 Abs. 3 RL 2004/18/EG verstoßen hat.*)
3. Der Antragsteller ist dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass und in welchem (den maßgebenden Schwellenwert erreichenden) Umfang der öffentliche Auftraggeber einen der Nachprüfung unterliegenden Auftrag erteilt bzw. gegen das Umgehungsverbot verstoßen hat.*)

VPRRS 2015, 0115

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2015 - 1 VK 63/14
Muss das anzubietende Verbissschutzmittel nach dem Wortlaut der Produktbeschreibung im Streich- oder Tauchverfahren aufgebracht werden können, erfüllt ein Produkt, das sich ausschließlich im Streichverfahren aufbringen lässt, die geforderte Produkteigenschaft. Das gilt auch dann, wenn es möglich ist, das in den Vergabeunterlagen genannte Leitfabrikat im Streich- und im Tauchverfahren aufzubringen.

VPRRS 2015, 0111

VK Rheinland, Beschluss vom 11.02.2015 - VK VOB 32/2014
1. Es existiert keine grundsätzliche Vermutung dahingehend, dass eine Bietergemeinschaft zwischen branchenangehörigen Unternehmen eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt. Dessen ungeachtet muss der öffentliche Auftraggeber prüfen, ob eine Bietergemeinschaft eine Abrede getroffen hat, die eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt.
2. Es liegt keine wettbewerbswidrige Absprache vor, wenn die Unternehmen erst durch den Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft in die Lage versetzt werden, sich an der Ausschreibung mit Erfolgsaussicht zu beteiligen.
3. Die von den Unternehmen getroffene Entscheidung, eine Bietergemeinschaft zu bilden, kann vom Auftraggeber (und der Vergabekammer) nicht in vollem Umfang überprüft werden. Es handelt sich um eine unternehmerische Entscheidung mit Prognosecharakter, die auf der Grundlage der aktuellen Auftrags- und Angebotslage hinsichtlich der Ausschreibung in die Zukunft blickt. Diese Prognose betrifft den Kern der unternehmerischen Tätigkeit und ist nur hinsichtlich ihrer Vertretbarkeit einer Überprüfung zugänglich.

VPRRS 2015, 0110

VK Bund, Beschluss vom 20.02.2015 - VK 2-3/15
1. Angeboten bei Rahmenvereinbarungen wohnen daher naturgemäß und im Vergleich zu anderen Aufträgen, die nicht Rahmenverträge sind, erhebliche Kalkulationsrisiken inne, die typischerweise vom Bieter zu tragen sind; diese zusätzlichen Kalkulationsbelastungen für den Bieter sind - nach Aufgabe der Rechtsfigur des ungewöhnlichen Wagnisses - unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten vertretbar.
2. Mit den erhöhten Kalkulationsunsicherheiten bei Rahmenvereinbarungen korrespondiert die Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers, den Bietern zwecks Angebotserstellung jedenfalls alle verfügbaren Angaben hinsichtlich des Auftragsvolumens zur Verfügung zu stellen, soweit sie für die Kalkulation bedeutsam sind oder zumindest sein können.

VPRRS 2015, 0117

Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 18.12.2014 - Rs. C-601/13
Der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge läuft es nicht zuwider, dass bei der Vergabe von Aufträgen über Dienstleistungen mit intellektuellem Charakter im Bereich der Fortbildung und Beratung der öffentliche Auftraggeber unter den Faktoren, aus denen sich das Zuschlagskriterium für die Angebote in einer öffentlichen Ausschreibung zusammensetzt, unter bestimmten Voraussetzungen einen Faktor vorsieht, nach dem die von den Bietern für die Ausführung des Auftrags konkret vorgeschlagenen Teams unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Zusammensetzung, ihrer nachgewiesenen Erfahrung und Prüfung ihrer Zeugnisse und anderen beruflichen Qualifikationen bewertet werden. Die Ausübung dieser Befugnis ist allerdings mit den Zielen der Richtlinie 2004/18 nur dann vereinbar, wenn die Merkmale und speziellen Eigenschaften der Mitarbeiter, aus denen sich das Team zusammensetzt, ein den wirtschaftlichen Wert des vom öffentlichen Auftraggeber zu bewertenden Angebots bestimmendes Element darstellen.

VPRRS 2015, 0116

EuGH, Urteil vom 26.03.2015 - Rs. C-601/13
Bei der Vergabe eines Auftrags über Dienstleistungen mit intellektuellem Charakter im Bereich der Fortbildung und Beratung läuft es Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge nicht zuwider, dass durch den öffentlichen Auftraggeber ein Kriterium aufgestellt wird, nach dem die Qualität der von den Bietern für die Ausführung dieses Auftrags konkret vorgeschlagenen Teams unter Berücksichtigung der Zusammensetzung des jeweiligen Teams sowie der Erfahrung und des beruflichen Werdegangs der betroffenen Personen bewertet werden.*)

VPRRS 2015, 0113

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.02.2015 - 1 VK 66/14
Ein Angebotsausschluss wegen unzulässiger Änderung an den Vergabeunterlagen kann nicht auf missverständliche Vorgaben eines Leistungsverzeichnisses gestützt werden. Zweifel gehen zur Lasten der Vergabestelle.

VPRRS 2015, 0114

OLG Koblenz, Beschluss vom 25.03.2015 - Verg 11/14
Sieht der unterschriftsreife Vertragsentwurf zwischen einem Aufgabenträger und einem Verkehrsunternehmen über ÖPNV-Leistungen auf der Straße vor, dass der Auftragnehmer eine sich aus den Einnahmen (einschließlich Netzeffekte) und einem variablen Zuschuss des Auftraggebers zusammensetzende und von den vereinbarten Fahrkilometern, nicht aber vom Fahrgastaufkommen abhängige Gesamtvergütung erhalten soll, liegt ein Dienstleistungsauftrag und keine unter den Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 fallende Dienstleistungskonzession vor.*)

VPRRS 2015, 0109

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.01.2015 - 3 VK LSA 103/14
1. Enthält das Anschreiben des Bieters auf der Rückseite eigene Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und weist der Bieter keiner Stelle im Angebot ausdrücklich darauf hin, dass diese AGB nicht Bestandteil des Angebotes sind und nicht gelten sollen, ist das Angebot wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen zwingend auszuschließen.
2. Bereits die formelle Einbeziehung der AGB genügt, um eine unzulässige Abweichung von den Vertragsunterlagen zu bejahen. Es kommt nicht darauf an, ob die Bestimmungen der AGB im konkreten Fall eines Vertragsschlusses tatsächlich Anwendung gefunden hätten.

VPRRS 2015, 0108

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.01.2015 - 3 VK LSA 102/14
1. Enthält das Anschreiben des Bieters auf der Rückseite eigene Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und weist der Bieter keiner Stelle im Angebot ausdrücklich darauf hin, dass diese AGB nicht Bestandteil des Angebotes sind und nicht gelten sollen, ist das Angebot wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen zwingend auszuschließen.
2. Bereits die formelle Einbeziehung der AGB genügt, um eine unzulässige Abweichung von den Vertragsunterlagen zu bejahen. Es kommt nicht darauf an, ob die Bestimmungen der AGB im konkreten Fall eines Vertragsschlusses tatsächlich Anwendung gefunden hätten.

VPRRS 2015, 0107

VK Bund, Beschluss vom 19.02.2015 - VK 2-1/15
1. In technischen Anforderungen darf nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen eines bestimmten Ursprungs verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden, es sei denn, dies ist durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt.
2. Gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung wird nicht nur dann verstoßen, wenn ein Leitfabrikat offen und explizit in der Leistungsbeschreibung benannt worden ist, sondern auch dann, wenn durch die Vielzahl der Vorgaben verdeckt ein Leitfabrikat ausgeschrieben wurde, weil nur ein einziges Produkt allen Vorgaben gerecht werden kann.
3. Verzichtet der Auftraggeber darauf, in das Leistungsverzeichnis den Hinweis "oder gleichwertig" oder "ca." aufzunehmen und werden Nebenangebote nicht zugelassen, kann dies aus Bietersicht nur so verstanden werden, dass Abweichungen von der Leistungsbeschreibung nicht zugelassen sind.

VPRRS 2015, 0106

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.06.2014 - Verg 47/13
1. Welchen Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit (Eignungsnachweis) teilnehmende Unternehmen vorzulegen haben, legt der öffentliche Auftraggeber eigenverantwortlich im Rahmen der ihm durch das Vergaberecht gezogenen Grenzen fest.
2. Der Auftraggeber kann zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit eine verbindliche Selbsteinschätzung des teilnehmenden Unternehmens verlangen, nach der sich das Unternehmen in der Lage sieht, das in §§ 17, 18 De-Mail-Gesetz eingeführte Akkreditierungsverfahren erfolgreich zu durchlaufen und das dafür eingeführte Gütezeichen zu erlangen, wenn diese Anforderung an die Eignung mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängt und ihm angemessen ist.

VPRRS 2015, 0104

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.11.2014 - 2 VK 16/14
1. Erscheint das Angebot eines Bieters nach Einschätzung der Vergabestelle ungewöhnlich niedrig, ist sie vor einem etwaigen Angebotsausschluss dazu verpflichtet, von dem Bieter Aufklärung zu verlangen. Diese Aufklärung kann nicht durch eine Preisprüfung unter Heranziehung eigener Unterlagen ersetzt werden.
2. Die die Aufklärungspflicht des Auftraggebers auslösende Annahme eines ungewöhnlich niedrigen Angebotspreises bezieht sich lediglich auf den Gesamtpreis, nicht aber auf die einzelnen Positionen, aus denen er sich zusammensetzt.
3. Soweit der Auftraggeber die Annahme eines ungewöhnlich niedrigen Angebotspreises auf eine eigene Kostenschätzung stützt, muss diese in sich schlüssig und nachvollziehbar sein.
4. Das Fehlen einer ordnungsgemäßen Kostenschätzung stellt in Bezug auf die darauf gestützte Annahme eines ungewöhnlich niedrigen Angebotspreises einen erheblichen Verstoß gegen die Dokumentationspflichten des Auftraggebers dar.
5. Unterkostenangebote sind nicht per se unzulässig. Der Auftraggeber darf einen Zuschlag auch auf ein ungewöhnlich niedriges Angebot erteilen, solange die Prognose gerechtfertigt ist, dass der Bieter auch zu diesem Preis zuverlässig und vertragsgerecht wird leisten können.

VPRRS 2015, 0099

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.01.2015 - 1 VK 59/14
1. Die Bestimmung, wonach auf Angebote, deren (End-)Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, insbesondere auf unangemessen niedrige Preisangebote, der Zuschlag nicht erteilt werden darf, hat nur einen eingeschränkt bieterschützenden Charakter.
2. Einen Bieterschutz im Rechtssinn entfaltet die Bestimmung nur, wenn das Gebot, wettbewerbswidrige Praktiken im Vergabeverfahren zu verhindern, den Ausschluss des als unangemessen niedrig gerügten Angebots gebietet.
3. Eine produkt- bzw. herstellerbezogene Ausschreibung ist ausnahmsweise gerechtfertigt, wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann. Dem Auftraggeber steht bei der Frage, ob eine Beschreibung durch hinreichend genaue, allgemeinverständliche Bezeichnungen nicht möglich ist, ein Beurteilungsspielraum zu.
VPRRS 2015, 0419

VK Westfalen, Beschluss vom 21.01.2015 - VK 18/14
1. Die Verpflichtungserklärung zum Tariflohn bzw. Mindestlohn, die in der Regel als Vordruck dem Angebot beigefügt wird, kann nicht als "Eignungsnachweis" gefordert und gewertet werden. Denn die Aufzählung der Mittel in Art. 48 Abs. 2 Richtlinie 2004/18/EG (VOL/A 2009 § 7 EG), mit denen Eignungsnachweise erbracht werden können, ist abschließend. Eine inhaltliche Überprüfung findet somit nicht statt.*)
2. Eine Vergabestelle ist nicht verpflichtet, die konkrete mathematische Umrechnungsformel hinsichtlich der Abstufung mehrerer Zuschlagskriterien mitzuteilen. Den Bietern ist bekannt, dass man die in § 19 Abs. 9 EG VOL/A 2009 genannten Kriterien durch Noten oder Punkte kompatibel machen muss.*)

VPRRS 2015, 0096

VGH Bayern, Urteil vom 09.02.2015 - 4 B 12.2326
Eine freihändige Vergabe stellt regelmäßig einen schweren, die Kürzung staatlicher Zuwendungen rechtfertigenden Vergaberechtsverstoß dar, wenn die für eine solche Vergabe notwendigen vergaberechtlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

VPRRS 2015, 0097

VGH Bayern, Urteil vom 09.02.2015 - 4 B 12.2325
Eine freihändige Vergabe stellt regelmäßig einen schweren, die Kürzung staatlicher Zuwendungen rechtfertigenden Vergaberechtsverstoß dar, wenn die für eine solche Vergabe notwendigen vergaberechtlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

VPRRS 2015, 0082

VK Lüneburg, Beschluss vom 29.10.2014 - VgK-38/2014
1. Der Auftraggeber darf bei der Bewertung eines Zuschlagskriteriums nur solche Kriterien berücksichtigen, die er zuvor festgelegt und den Bietern bekannt gemacht hat.
2. Ein Angebot darf nicht deshalb schlechter bewertet werden, weil der Bieter anstelle der favorisierten Modularbauweise die Ausführung einer konventionellen Massivbauweise anbietet, wenn der Auftraggeber derartige Bauweise nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat.
3. Hat es der Auftraggeber versäumt, über die Gewichtung hinaus Bewertungsmaßstäbe für die Bewertung der Bieterkonzeptionen festzulegen und bekanntzugeben, ist die konkrete Punktevergabe nicht nachvollziehbar und genügt nicht den Anforderungen an die Dokumentation eines Vergabeverfahrens.

VPRRS 2015, 0064

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 03.09.2014 - 2 VK 11/14
1. Der Auftraggeber darf keine Angebote werten, die nicht den Anforderungen der Vergabeunterlagen entsprechen.
2. Ein Angebot darf nicht bereits deshalb ausgeschlossen werden, weil der Bieter die Angebotsendsumme versehentlich in eine falsche Zeile eingetragen hat. Lässt sich durch Auslegung ermitteln, auf welche Zeile sich die Eintragung bezieht, ist der Auftraggeber vielmehr dazu gehalten, eine Angebotsaufklärung vorzunehmen.

VPRRS 2015, 0091

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22.09.2014 - 2 VK 12/14
1. Eine - dem Vergaberecht entzogene - Dienstleistungskonzession liegt (nur) dann vor, wenn die vertragliche Gegenleistung des "Auftraggebers" ausschließlich oder überwiegend in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung besteht, so dass der Vertragspartner ("Auftragnehmer") das Betriebs- bzw. Nutzungs- und Ertragsrisiko in vollem Umfang oder zumindest zu einem erheblichen Teil übernimmt.
2. Kann die Risikoverteilung zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber nicht sicher abgeschätzt werden, ist im Interesse eines fairen und transparenten Wettbewerbs von einem Dienstleistungsauftrag auszugehen.
3. Ein Vertrag über die Versorgung der Mieter von über 2.000 Wohneinheiten mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen stellt einen - dem Vergaberecht unterfallenden - Dienstleistungsauftrag dar.
4. Ein Wohnungsunternehmen in Privatrechtsform, dessen einziger Gesellschafter eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist und zu dessen Gesellschaftszweck die "sichere und sozial verantwortbare Wohnraumversorgung von breiten Schichten der Bevölkerung" gehört, ist ein öffentlicher Auftraggeber i.S. des § 98 Nr. 2 GWB.
5. Im Fall einer vermeintlich unzulässigen Direktvergabe entfällt die Rügepflicht nicht von vornherein. Jedenfalls in den Fällen, in denen der Auftraggeber kein oder ein vermeintlich unrichtiges Vergabeverfahren durchführt, der Unternehmer über diesen Umstand jedoch gleichwohl fortlaufend unterrichtet wird, ist es diesem möglich und zumutbar, dies gegenüber der Vergabestelle geltend zu machen.

VPRRS 2015, 0089

VK Lüneburg, Beschluss vom 23.01.2015 - VgK-47/2014
1. Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft oder ein Verfahren weitestgehend frei. Das Vergaberecht regelt nicht, was der öffentliche Auftraggeber beschafft, sondern nur die Art und Weise der Beschaffung.
2. Auch wenn der Auftraggeber mit der Übernahme strenger Werte aus der Energieberechnung des Planungsbüros und unter möglichem Abgleich mit den Produktdatenblättern eines bestimmten Herstellers den potentiellen Lieferantenkreis erheblich einschränkt, liegt darin keine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung. Sämtliche Bieter haben die Möglichkeit, auf einen der Hersteller zurückzugreifen.
3. Wird für den Wärmeschutz ein U Wert Gesamtbauteil von ≤ 0,9 W/m²K angegeben, ist das eine in diesem Bereich funktionale Leistungsbeschreibung, weil den Bietern nicht vorgeben wird, wie sie die Einhaltung des Werts erreichen sollen. Eine Leistungsbeschreibung wird aber durch die Kombination deskriptiver Passagen und funktionaler Elemente nicht intransparent.
4. Das Vergaberecht sieht für die Überschreitung eindeutig formulierter Vorgaben der Leistungsbeschreibung keine Toleranzbereiche vor.
5. Bis zur Anpassung an die europarechtlichen Vorgaben ist von einer Rügefrist von 10 bzw. 15 Kalendertagen ab Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes auszugehen.

VPRRS 2015, 0094

VK Nordbayern, Beschluss vom 22.01.2015 - 21.VK-3194-37/14
Zwar ist die Vergabestelle nicht verpflichtet, die geltende Honorarzone anzugeben. Kommt es jedoch nach der Vorgabe der Vergabestelle schon im Rahmen der Wertung eines Zuschlagskriteriums, hier das "Honorar", auf die HOAI-Konformität der konkret einzureichenden Angebote an, so ist die der Zuschlagsentscheidung zu Grunde gelegte Honorarzone durch die Vergabestelle zweifelsfrei vorzugeben.*)

VPRRS 2015, 0086

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.02.2015 - VK 1-39/14
1. Ein Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH führt grundsätzlich nicht zur Nichtanwendbarkeit der vom vorlegenden Gericht als unionsrechtswidrig eingestuften gesetzlichen Regelung. Es gilt die Entscheidung des EuGH abzuwarten, es sei denn, es handelt es sich um einen Fall offenkundiger Unionsrechtswidrigkeit.*)
2. Das Mindestlohngesetz des Bundes (MiLoG) regelt nur einen allgemeinen Mindestlohn, der "mindestens" zu zahlen ist. In Landesvergabegesetzen können "bessere" Mindestentgelte verbindlich festgesetzt werden. Der Bund hat in der Frage der Entgelthöhe nicht abschließend und erschöpfend von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht.*)
3. In Rheinland-Pfalz sind bei öffentlichen Aufträgen nach den Vorgaben der Landesverordnung zur Festsetzung des Mindestentgelts nach § 3 Abs. 2 Satz 3 LTTG vom 28. April 2014 bei der Auftragsausführung 8,90 Euro zu zahlen.*)

VPRRS 2015, 0095

VK Nordbayern, Beschluss vom 10.02.2015 - 21.VK-3194-38/14
1. Ist im Nachprüfungsantrag die richtige Vergabestelle genannt und gibt es keinerlei Zweifel, welcher Beschaffungsvorgang und welche Ausschreibung in Streit stehen, richtet sich der Nachprüfungsantrag gegen den verantwortlichen Rechtsträger. Eine Falschbezeichnung des Antragsgegners ist dann unschädlich.*)
2. Ein Angebotsausschluss hat entsprechend § 19 EG Abs. 3 c, § 16 EG Abs. 4 Satz 2 VOL/A 2009 bei Angeboten zu erfolgen, die nicht zweifelsfrei sind. Die VSt hat hierbei im Rahmen des § 18 EG VOL/A 2009 die Möglichkeit, Zweifel über das Angebot zu beheben, solange die Aufklärung nicht zur Änderung eines Angebots führt. Hierbei hat sie den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten.*)
3. Dem Auftraggeber muss es möglich sein, das Angebot des Bieters durch ein einfaches "ja" anzunehmen. Als "Zweifel" sind dabei Widersprüche und sonstige mehrdeutige unklare Angaben im Angebot des Bieters zu sehen. Ob das Angebot zweifelhaft ist, ist ggf. durch Auslegung des Angebots ggf. insgesamt sämtlicher Anlagen wie Erläuterungen, Datenblätter aus objektiver Sicht eines branchenkundigen und mit der ausgeschriebenen Leistung vertrauten Empfängers zu beurteilen. Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung ist grundsätzlich die Angebotsfassung bei Ablauf der Angebotsfrist.*)

VPRRS 2015, 0090

OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.02.2015 - 11 Verg 11/14
1. Fehlen der Bekanntmachung jegliche Angaben zu geforderten Eignungsnachweisen und wird insoweit nachfolgend eine Korrekturbekanntmachung veröffentlicht, ist eine erst im Nachprüfungsverfahren erhobene Rüge zur fehlenden/unzureichenden Bekanntmachung der Eignungsnachweise gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB präkludiert.*)
2. Ein für die Bewertung von Referenzen im Rahmen der Eignung gewähltes Punktesystem von 0-10, bei welchem maximale und minimale Punktzahl sprachlich konkretisiert wurden, mit dem zusätzlichen Erfordernis, die in der Punktevergabe ausgedrückte Leistungszufriedenheit textlich zu umschreiben, genügt den Anforderungen der Transparenz und ist eine geeignete Basis für die Vergleichbarkeit der geforderten Referenzen.*)
3. Eine Eignungsprüfung, die auf der Bewertung von Referenzen nach erfolgter Plausibilitätsprüfung beruht, stellt keine Verlagerung der Eignungsentscheidung auf Dritte dar.*)
