Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
4933 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2014
VPRRS 2014, 0520VK Sachsen, Beschluss vom 20.06.2014 - 1/SVK/017-14
1. Der Auftraggeber ist grundsätzlich berechtigt, für ein Beschaffungsvorhaben eine Kostenobergrenze oder ein festes Budget vorzugeben. Eine Unzulässigkeit kann sich im Einzelfall ergeben, wenn sich durch das Budget eine relevante Marktverengung ergibt, bei der ein Großteil der potenziellen Leistungserbringer als Bieter ausscheidet.*)
2. Haben die Bieter für ihr Angebot Leistungsparameter selbst zu bestimmen (hier Anzahl an anzubietenden Fahrplankilometern) ist davon auszugehen, dass bei deren Ermittlung mit einem amtlich geeichten Messgerät die Anforderungen an die Messsicherheit und Messgenauigkeit in ausreichendem Maße erfüllt werden und die abgegebenen Angebote damit auch vergleichbar sind.*)
3. Die Vorgabe, dass die Bieter den "Status quo oder eine mindestens gleichwertige Lösung" anzubieten haben, ist bei der Erbringung von funktional beschriebenen Leistungen des Öffentlichen Personennahverkehrs nicht bestimmt genug, wenn nicht vorgegeben wird, an welchem Maßstab oder an welchen Mindestbedingungen der Auftraggeber die Gleichwertigkeit beurteilen will.*)
VolltextVPRRS 2014, 0519
VK Sachsen, Beschluss vom 02.04.2014 - 1/SVK/005-14
1. Unterkostenangebote sind nicht per se unzulässig. Der Auftraggeber darf einen Zuschlag auch auf ein ungewöhnlich niedriges Angebot erteilen, solange die Prognose gerechtfertigt ist, dass der Anbieter auch zu diesem Preis zuverlässig und vertragsgerecht wird leisten können. Dem Auftraggeber steht dabei ein Prognosespielraum zur Verfügung. Der Auftraggeber hat die der Prognose zu Grunde gelegten Erwägungen sorgfältig zu dokumentieren.*)
2. Damit ein Angebot gewertet werden kann, ist jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird. Werden Preisbestandteile auf andere Leistungspositionen verteilt und auf diese Weise "versteckt", werden die für die jeweiligen Leistungen geforderten tatsächlichen Preise weder vollständig, noch zutreffend wiedergegeben und die Vergleichbarkeit der Angebote ist nicht mehr gegeben. Ein Angebot das solche Preisverlagerungen enthält, ist wegen unzulässiger Verlagerung von Preisbestandteilen vom Verfahren auszuschließen.*)
3. Ein Auftraggeber kann sich von Dritten Informationen zur Bewertung der Angebote verschaffen, die ihn in die Lage versetzen, die Angebote zu beurteilen. Allerdings bleibt er dennoch weiter in vollem Umfang für die Rechtmäßigkeit des Verfahrens verantwortlich. Insbesondere hat der öffentliche Auftraggeber mögliche Ausschlussgründe nachzuvollziehen und über den Zuschlag in Kenntnis der gesamten Aktenlage zu entscheiden und darf nicht die Mitwirkung an dem Vergabeverfahren auf das bloße "Abnicken" eines rechtsanwaltlichen Entscheidungsvorschlages beschränken.*)
VPRRS 2014, 0524
OLG Celle, Urteil vom 19.06.2014 - 13 Verg 5/14
Die Auftragsvergabe der Aufstellung von Sammelbehältern für Sammlung, Transport und Verwertung von Alttextilien stellt eine Dienstleistungskonzession dar, die nicht den Bestimmungen des Vergaberechts nach dem GWB unterliegt.
VolltextVPRRS 2014, 0518
VK Sachsen, Beschluss vom 25.07.2014 - 1/SVK/024-14
1. Die Aufhebung des Vergabeverfahrens ist grundsätzlich auch dann wirksam, wenn kein Aufhebungsgrund nach § 17 EG Abs. 1 VOB/A vorliegt.*)
2. Änderungen des Beschaffungsbedarfes oder Unklarheiten in den Vergabeunterlagen, die dazu führen, dass nicht miteinander vergleichbare Angebote eingehen, stellen grundsätzlich keine zur Aufhebung berechtigenden Gründe i. S. d. § 17 EG Abs. 1 VOB/A dar.*)
3. Geht aus der Kalkulation eines Bieters hervor, dass dieser tatsächlich eine vom Leistungsverzeichnis abweichende technische Variante auszuführen gedenkt, kann das Angebot im Ergebnis nicht weiter gewertet werden.*)
VolltextVPRRS 2014, 0515
OLG Celle, Beschluss vom 08.09.2014 - 13 Verg 7/14
1. Die Berechtigung zum Aufstellen von Sammelbehältern für Alttextilien auf öffentlichen Flächen zur Durchführung einer gewerblichen Sammlung kann regelmäßig als Dienstleistungskonzession vergeben werden. Die Vergabe einer solchen Dienstleistungskonzession unterliegt nicht den Bestimmungen des Vergaberechts nach dem GWB.*)
2. Der Annahme einer gewerblichen Sammlung i. S. d. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG steht nicht entgegen, dass der Konzessionsnehmer sich verpflichtet, die Sammelbehälter regelmäßig zu leeren und die gesammelten Alttextilien einer ordnungsgemäßen Verwertung zuzuführen.*)
3. Der Einwerfende übereignet Alttextilien regelmäßig unmittelbar an den Aufsteller der Sammelbehälter, so dass Letzterer insoweit keinen geldwerten Vorteil von dem Konzessionsgeber erhält.*)
VolltextVPRRS 2014, 0512
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 VK 28/14
1. Der Begriff des Nachunternehmers umfasst bloße Zulieferer, die z. B. Personal, Material oder Geräte bereitstellen und dementsprechend für die Auftragsausführung zwar benötigt werden, jedoch selbst keine Teilleistungen erbringen, nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob der öffentliche Auftraggeber die Abgrenzung von Nachunternehmern und bloßen Zulieferern in der Ausschreibung ausdrücklich klargestellt hat.
2. Dokumentationsmängel können von einem Bieter nicht per se in einem Nachprüfungsverfahren gerügt werden. Die Dokumentationspflicht schützt den Bieter nur, wenn sich die Versäumnisse des Auftraggebers auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren negativ ausgewirkt haben können.
3. Die strenge Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien gehört zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise. Ein Bieter, der über erhebliche Erfahrungen mit europaweiten Vergabeverfahren und vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren verfügt, muss deshalb eine vermeintliche Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien erkennen und diese rechtzeitig rügen.
VolltextVPRRS 2014, 0514
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.06.2014 - 1 VK 24/14
1. Für die Substantiiertheit der Rüge ist es ausreichend, wenn der Bieter aufgrund seiner Marktkenntnisse zu der Annahme gelangt, dass ein Vergabefehler vorliegt, indem er etwa annimmt, dass Vorgaben des Auftraggebers nicht eingehalten wurden, weil der von den Mitbietern angebotene Preis zumindest auf den ersten Blick als zu niedrig erscheint. Der Bieter darf das behaupten, was er aus seiner Sicht für wahrscheinlich oder möglich hält.
2. Der Nachprüfungsantrag ist auch dann als zulässig anzusehen, wenn der Antragsteller erst durch im Nachprüfungsverfahren neu gewonnene Erkenntnisse von einem Sachverhalt erfährt, aufgrund dessen sich die behauptete Rechtsverletzung erstmals schlüssig darstellen lässt.
3. Es liegt kein Vergabeverstoß vor, wenn der Auftraggeber sich bei der Angebotswertung auf das Angebot eines Bieters konzentriert, wenn das Angebot das niedrigste ist und der Preis das alleinige Zuschlagskriterium bildet. Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, alle eingegangenen Angebote abschließend zu werten.
4. Die Prüfung der Auskömmlichkeit eines Angebotspreises geht nicht mit der Prüfung einher, ob die Konkurrenzangebote einen angemessenen Preis zum Gegenstand haben. Ob der Preis, den ein Mitbieter geboten hat, angemessen ist oder nicht, ist eine eigenständig zu beurteilende Frage, ganz abgesehen von der Frage, ob sich der Antragsteller überhaupt darauf berufen kann, dass der Preis eines Konkurrenten unangemessen niedrig ist.
5. Der Ausschluss eines Angebots wegen fehlender geforderter Erklärungen und Nachweise ist nur vergaberechtskonform, wenn diese klar und eindeutig gefordert wurden. Unklare und missverständliche Vergabeunterlagen, die von Bietern unterschiedlich ausgelegt wurden, können einen Ausschluss nicht rechtfertigen.
VolltextVPRRS 2014, 0511
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.07.2014 - 1 VK 25/14
Die Weitergabe der Angebotspreise aus bereits abgeschlossenen Vergabeverfahren stellt zwar einen Fehler im Vergabeverfahren dar. Dieser ist allerdings nicht so gewichtig, dass er einen schwerwiegenden Grund für eine Aufhebung darstellt.
VolltextVPRRS 2014, 0513
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.06.2014 - 1 VK 19/14
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2014, 0510
VK Bund, Beschluss vom 13.06.2014 - VK 1-34/14
1. Sieht ein Formblatt lediglich die Vornahme von getrennten Angaben für die letzten drei Geschäftsjahre vor, ohne dass eine Mindestmenge bzw. -anzahl erwähnt wird, ist auch die Eintragung einer Null möglich und für die Erfüllung der geforderten Angaben ausreichend.
2. Ruht ein Strafverfahren gegen den Geschäftsführer eines Bieters aufgrund eines zivilgerichtliches Verfahrens, hat aus strafrechtlicher Sicht die Unschuldsvermutung zu gelten. Das Strafverfahren darf bei der Bewertung der Eignung des Bieters daher nicht berücksichtigt werden.
3. Die Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bzw. die Berücksichtigung eines "Mehr an Eignung" im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbewertung ist grundsätzlich unzulässig. Ob ein Wertungskriterium Eignungs- oder Zuschlagskriterium ist, bestimmt sich danach, ob es schwerpunktmäßig mit der Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des betreffenden Auftrags oder mit der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots zusammenhängt.
4. Mit der Bewertung bereits erbrachter Leistungen, auch als Referenzen bezeichnet, handelt es sich grundsätzlich um ein typisches Eignungskriterium.
VPRRS 2014, 0509
VK Brandenburg, Beschluss vom 16.08.2013 - VK 12/13
Leitet der Antragsteller das Nachprüfungsverfahren zu einem Zeitpunkt ein, in welchem der Auftraggeber und die anderen Bieter nicht mehr mit der Geltendmachung von Rechten durch den Antragsteller rechnen mussten, ist der Nachprüfungsantrag unzulässig.
VolltextVPRRS 2014, 0503
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.05.2014 - 1 VK 14/14
1. Die Vorgabe in den Ausschreibungsunterlagen, wonach die Bieter im Rahmen der Angebotserstellung die Tourenplanung zu erstellen und bei der Fahrzeit einen Richtwert von 45 Minuten einzuhalten haben, genügt dem Gebot einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung nicht.
2. Die Rechte einer Bietergemeinschaft aus § 97 Abs. 7 GWB sind keine höchstpersönlichen Rechte und können daher grundsätzlich im Wege der Prozessstandschaft geltend gemacht werden. Denn das prozessrechtliche Institut der gewillkürten Prozessstandschaft findet im Vergabeverfahren zumindest analoge Anwendung.
VolltextVPRRS 2014, 0506
VK Bund, Beschluss vom 21.08.2014 - VK 2-59/14
1. Ein Angebotsausschluss wegen fehlender Erklärungen und Nachweise ist nur zulässig, wenn die Vorgabe des Auftraggebers, mit der er die betreffende Erklärung fordert, sowohl in Bezug auf den Inhalt als auch in Bezug auf den Zeitpunkt der Vorlage in sich klar und widerspruchsfrei ist. Etwaige Zweifel gehen zu Lasten des Auftraggebers.
2. Die Vorschrift des § 16 VSVgV, wonach die Vergabeunterlagen alle Angaben umfassen, die erforderlich sind, um eine Entscheidung zur Angebotsabgabe zu ermöglichen, dient der Transparenz des Verfahrens und damit dem Schutz des Bieters. Gegen diese Vorschrift wird verstoßen, wenn nicht alle geforderten Nachweise aufgeführt worden sind.
3. Fehlen Erklärungen und Nachweise, die nicht wirksam gefordert worden sind, kann der Auftraggeber weder das betreffende Angebot ausschließen, noch Unterlagen nachfordern. Verlangt er nach Angebotsabgabe nicht wirksam geforderte Erklärungen bzw. Nachweise nach, handelt es sich um die erstmalige Aufforderung, eine zusätzliche Unterlage vorzulegen, was als Angebotsaufklärung anzusehen ist.
VolltextVPRRS 2014, 0487
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.07.2014 - 2 VK LSA 02/14
1. Versieht der Nachunternehmer eines Bieters ein gefordertes Formblatt, das Verpflichtungen zur Einhaltung staatlicher Sicherheitsvorschriften, den Mindestentgeltregelungen des AEntG sowie weitere Zahlungsverpflichtungen enthält, mit dem Stempelaufdruck "Gilt nur für Bauhauptgewerbe", liegt darin eine Änderung der Vergabeunterlagen, die auch im Rahmen einer Sektorenvergabe zum zwingenden Ausschluss des Angebots führt.
2. Werden zwei Einzelunternehmen vom Auftraggeber zur Angebotsabgabe aufgefordert und geben sie als Bietergemeinschaft ein Angebot ab, darf der Auftraggeber dieses Angebot bei der Wertung nicht berücksichtigen.
VPRRS 2014, 0502
VK Brandenburg, Beschluss vom 19.12.2013 - VK 23/13
1. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Bieters steht dessen Ausschluss vom Wettbewerb im Ermessen des Auftraggebers. Der öffentliche Auftraggeber hat dabei in jedem Einzelfall zu überprüfen, ob das von der Insolvenz betroffene Unternehmen genügend fachkundig, leistungsfähig und zuverlässig ist, das heißt es ist zu prüfen, ob der Bieter mit seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung die Gewähr für eine fachgerechte und reibungslose Abwicklung des Auftrags bietet und ob man sich auf ihn verlassen kann.
2. Die Prüfung der Eignung eines Unternehmens ist ein wertender Vorgang, in den zahlreiche Einzelumstände einfließen. Bei der Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale hat der Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum, da eine prognostische, in die Zukunft gerichtete Entscheidung zu treffen ist.
VolltextVPRRS 2014, 0491
VK Brandenburg, Beschluss vom 20.01.2014 - VK 27/13
1. Ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 101a GWB eröffnet zwar das Nachprüfungsverfahren, ist aber nicht geeignet, einen Schaden im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB zu begründen oder die Zuschlagschancen oder sonstige Erfolgsaussichten des Bieters zu verbessern.
2. An die Anforderungen für eine ordnungsgemäße Rüge ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen. Allerdings reichen pauschale und unsubstantiiert "ins Blaue hinein" erhobene Behauptungen in der Erwartung, die Aufklärungspflicht der Vergabekammer werde zum Nachweis eines Vergabeverstoßes führen, nicht aus. Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen genügen nicht.
3. Zwar findet sich in der Sektorenverordnung - anders als in der VOB/A und VOL/A - keine Vorschrift, wonach wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen und Angebote von Bietern zwingend auszuschließen sind, die in Bezug auf die Vergabe eine unzulässige, wettbewerbsbeschränkende Abrede getroffen haben. Aus dem Gebot eines fairen und unverfälschten Wettbewerbs folgt jedoch die Verpflichtung auch des Sektorenauftraggebers, derartige Angebote von der Wertung auszuschließen.
VPRRS 2014, 0504
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.06.2014 - 1 VK 15/14
1. Bietergemeinschaften sind in der Regel zulässig und nur ausnahmsweise unzulässig.
2. Es gibt keinen "Königsweg", wie eine Dokumentation zu erfolgen hat. Ob der öffentliche Auftraggeber ein Schulnotensystem nutzt und dann eine Umrechnung in eine Punktetabelle vornimmt, ist grundsätzlich dem Auftraggeber selbst überlassen.
3. Der öffentliche Auftraggeber kann bei der Auswahl der Wertungskriterien und der Gewichtung für sich ein weites Ermessen in Anspruch nehmen. Entscheidend ist, dass das Wertungsverfahren für alle Bieter transparent ist und das Gleichbehandlungsgebot berücksichtigt wird.
4. Einen Verstoß gegen das Verbot der Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien muss ein durchschnittliches Unternehmen, das mit öffentlichen Aufträgen erfahren ist, erkennen und diesen rechtzeitig rügen.
VPRRS 2014, 0500
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.03.2014 - 2 VK LSA 04/14
1. Bei der Ermittlung des Auftragswerts ist der geschätzte Wert aller Liefer- und Dienstleistungen (und damit auch der Wert der Planungsleistungen) zu berücksichtigen, die für die Ausführung der Bauleistung erforderlich sind und vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden nach (SektVO § 2 Abs. 5).
2. Bei der Vorgabe einer bestimmten Stahlsorte handelt es sich um eine technische Spezifikation. Der Auftraggeber muss deshalb in die Beschreibung der entsprechenden Leistungsposition den Zusatz "oder gleichwertig" aufnehmen.
3. Eine Nichtabhilfenachricht setzt die 15-Tages-Frist des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB nicht in Gang, wenn es an einem ausreichenden Hinweis auf diese Frist fehlt.
VolltextVPRRS 2014, 0499
VK Südbayern, Beschluss vom 08.08.2014 - Z3-3-3194-1-31-06/14
1. Vergabeverstöße, wie eine längere Laufzeit eines Rahmenvertrags entgegen § 4 EG Abs. 7 VOL/A 2009, die sich unmittelbar aus dem Wortlaut einer der Vergabe- und Vertragsordnungen ergeben, sind zumindest für einen durchschnittlich im Vergaberecht erfahrenen Bieter auch dann erkennbar i.S.d. § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB, wenn die entsprechende Vorschrift Ausnahmeregelungen enthält. Kann der Bieter aufgrund der Bekanntmachung und des Wortlauts einer der Vergabe- und Vertragsordnungen erkennen, dass der Auftraggeber von einer Vorgabe des Vergaberechts abgewichen ist, entfällt die Erkennbarkeit nicht dadurch, dass ein Bieter die vergaberechtliche Rechtsprechung zu den Ausnahmeregelungen zur entsprechenden Norm nicht kennen muss.*)
2. Ein Aufgreifen eines präkludierten Vergaberechtsverstoßes von Amts wegen ist nur im absoluten Ausnahmefall möglich und geboten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Fehler vorliegt, der es unmöglich macht, das Vergabeverfahren fortzusetzen, z. B. weil eine vergaberechtskonforme Wertung der vorliegenden Angebote und ein entsprechender Zuschlag auf der Grundlage der vorliegenden Ausschreibung nicht möglich ist.*)
3. Erfüllen die von einem Bieter eingereichten, formell ausreichenden Referenznachweise die ausreichend bekannt gemachten inhaltlichen Mindestvoraussetzungen der Vergabestelle an Referenzen nicht, die der betreffende Bieter nicht rechtzeitig gerügt hat, so ist der Bieter zwingend auszuschließen.*)
4. Eine Nachforderung ist in diesem Fall ausgeschlossen. Der Anwendungsbereich von § 19 EG Abs. 2 VOL/A 2009 ist dann nicht mehr eröffnet, wenn die geforderten Eignungsnachweise mit dem Angebot vorgelegt worden sind, aber nicht ausreichen, um die Eignung zu belegen.*)
5. Die Vergabestelle kann gesicherte eigene Erfahrungen mit dem betreffenden Bieter jederzeit bei der Eignungsprüfung mit berücksichtigen.*)
VPRRS 2014, 0490
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.08.2014 - Verg 13/14
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 über die Koordinierung der Verfahren öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. EG L 134 S. 114 vom 30.04.2004 - zukünftig Richtlinie genannt) gemäß Art. 267 AEUV zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist der Begriff des öffentlichen Auftrags nach Art. 1 Abs. 2 a Richtlinie 2004/18/EG nicht mehr erfüllt, wenn öffentliche Auftraggeber ein Zulassungsverfahren durchführen, bei dem sie den Auftrag vergeben, ohne einen oder mehrere Wirtschaftsteilnehmer auszuwählen ("Open-House-Modell")?
2. Falls Frage 1. dahin zu beantworten ist, dass eine Auswahl eines oder mehrerer Wirtschaftsteilnehmer Merkmal eines öffentlichen Auftrags ist, wird folgendes gefragt: Ist das Merkmal der Auswahl von Wirtschaftsteilnehmern im Sinne von Art. 1 Abs. 2 a Richtlinie 2004/18/EG im Lichte von Art. 2 Richtlinie 2004/18/EG dahin auszulegen, dass öffentliche Auftraggeber von einer Auswahl eines oder mehrerer Wirtschaftsteilnehmer im Wege eines Zulassungsverfahrens nur absehen dürfen, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- die Durchführung eines Zulassungsverfahrens wird europaweit publiziert,
- es werden eindeutige Regeln über den Vertragsschluss und den Vertragsbeitritt festgelegt,
- die Vertragsbedingungen werden im Vorhinein in der Weise festgelegt, dass kein Wirtschaftsteilnehmer auf den Inhalt des Vertrags Einfluss nehmen kann,
- Wirtschaftsteilnehmern wird ein jederzeitiges Beitrittsrecht gewährt und
- Vertragsschlüsse werden europaweit bekannt gegeben?
VolltextVPRRS 2014, 0494
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.08.2014 - 15 Verg 7/14
1. Hat ein Auftraggeber den Eindruck eines ungewöhnlich niedrigen Preises, muss er prüfen, ob ein offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung besteht. Er hat in eine Aufklärung über den Preis einzutreten und dem Auftragnehmer die Gelegenheit zu geben, den Eindruck eines ungewöhnlich niedrigen Preises zu entkräften oder aber beachtliche Gründe dafür aufzuzeigen, dass sein Angebot trotzdem annehmbar ist.
2. Der Eindruck eines ungewöhnlich niedrigen Preises kann aufgrund eines Vergleichs mit den Preisen eingegangener Konkurrenzangebote, aber auch auf der Grundlage von Erfahrungswerten bei wettbewerblicher Preisbildung gewonnen werden. Anlass für den Eintritt in eine Prüfung ist ein Preisabstand zum nächsthöheren Gebot von mindestens 10 bis 20%. Ein geringerer Preisabstand indiziert noch nicht, dass der Angebotsendpreis im Verhältnis zur angebotenen Leistung ungewöhnlich niedrig ist.
3. Die vergaberechtlichen Vorschriften sehen einen bestimmten Ablauf der formalen und inhaltlichen Angebotsprüfung vor. Über die gesetzlichen Bestimmungen und (zulässigen) Vorgaben durch die Verdingungsunterlagen hinaus darf ein Auftraggeber - auch zugunsten des einzelnen Bieters - keine zusätzlichen Anforderungen an das Angebot und den Bieter stellen. Verlangt er aber zusätzlich eine - grundsätzlich mögliche - Aufklärung über den Preis im Verhältnis zur Leistung, ohne dass die Voraussetzungen der Prüfung vorliegen, stellt er unzulässig zusätzliche Anforderungen.
VolltextVPRRS 2014, 0552
VK Arnsberg, Beschluss vom 30.06.2014 - VK 10/14
1. Doppel- oder Mehrfachangebote sind unzulässig, wenn sie sich lediglich preislich unterscheiden und damit die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen bergen. Die Abgabe mehrerer Hauptangebote, die sich in Hinblick auf nichtpreisliche Kriterien unterscheiden, ist demgegenüber als zulässig anzusehen.
2. Wird ein Vergabeverfahren wegen fehlender Haushaltsmittel aufgehoben, kann dieser Aufhebungsgrund im Vergabenachprüfungsverfahren nicht herangezogen werden, wenn der Auftraggeber die haushaltsrechtliche Situation nicht als Aufhebungsgrund in der Vergabeakte dokumentiert hat. Sie kann auch nicht im Wege des Nachschiebens von Ermessensgründen in das Vergabenachprüfungsverfahren eingeführt werden.
3. Der öffentliche Auftraggeber kann von einem Beschaffungsvorhaben grundsätzlich auch dann Abstand zu nehmen, wenn dafür kein in den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt. Eine solche Aufhebung ist zwar rechtswidrig, aber dennoch wirksam.
VolltextVPRRS 2014, 0492
OLG Dresden, Beschluss vom 28.11.2013 - Verg 6/13
1. Auch unter der Geltung der VOL/A 2009 und unter Berücksichtigung der mit einer Beschaffung von Streusalz branchentypisch verbundenen Risiken ist es nicht zulässig, das Verwendungsrisiko hinsichtlich der ausgeschriebenen Salzmengen in offenkundig höherem Maße auf den Bieter zu verlagern, als dies der (schwankende) Beschaffungsbedarf des Auftraggebers rechtfertigt.
2. Eine solche Verlagerung liegt zumindest dann vor, wenn die Ausschreibungsbedingungen den Auftragnehmer verpflichten, selbst den maximalen Jahresverbrauchswert der zurückliegenden Winter (hier: 10.435 t) deutlich übersteigende Liefermengen vorzuhalten, ohne dass der Auftraggeber eine Abnahmeverpflichtung überhaupt eingeht.
VolltextVPRRS 2014, 0488
VK Arnsberg, Beschluss vom 23.06.2014 - VK 11/14
1. Die Bergbautreibenden in der Bundesrepublik Deutschland haben als Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz die Verpflichtung, die Bestimmungen der Richtlinie 2004/17/EG und des GWB einzuhalten.
2. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten ist für einen Verkehrsverbund ohne umfassend ausgestattete Rechtsabteilung mit weitergehenderen Erfahrungen im Vergaberecht erforderlich.
3. Eine von den Beteiligten übereinstimmend erklärte Erledigung des Nachprüfungsverfahrens stellt auch dann keinen Fall des Unterliegens des öffentlichen Auftraggebers dar, wenn sie auf einer Abhilfe der erhobenen Rüge im laufenden Nachprüfungsverfahren beruht.
VolltextVPRRS 2014, 0479
VK Lüneburg, Beschluss vom 18.07.2014 - VgK-19/2014
Es ist dem Antragsteller im Vergabenachprüfungsverfahren verwehrt, gewissermaßen vorbeugend Ansprüche zu stellen, die ein erst künftig einzuleitendes Vergabeverfahren, die Verfahrensart oder Form oder den Zeitpunkt des Beginns betreffen.
VolltextVPRRS 2014, 0698
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.04.2014 - 2 Kart 3/13
1. Bei der Vergabe von energiewirtschaftsrechtlichen Wegenutzungsrechten muss das Auswahlverfahren so gestaltet werden, dass die am Netzbetrieb interessierten Unternehmen erkennen können, worauf es der Gemeinde bei der Auswahlentscheidung ankommt.
2. Das im Zusammenhang mit Auswahl- und Vergabeentscheidungen bestehende Diskriminierungsverbot schließt eine Verpflichtung zur Transparenz ein. Aus dem Transparenzgebot folgt als allgemeiner Grundsatz diskriminierungsfreier Auswahlverfahren die Pflicht zur Offenlegung der Entscheidungskriterien der Gemeinde. Diese müssen ebenso wie ihre Gewichtung Wettbewerbsteilnehmern rechtzeitig vor Angebotsabgabe mitgeteilt werden.
3. Das Diskriminierungsverbot schließt das allgemeine Gebot ein, eine Auswahlentscheidung allein nach sachlichen Kriterien zu treffen.
VolltextVPRRS 2014, 0483
VK Sachsen, Beschluss vom 25.03.2014 - 1/SVK/006-14
1. Auch bei einem Rahmenvertrag, bei dem ein Gesamtpreis nicht angegeben wird, dürfen die einzelnen Kalkulationsgrößen nicht vollkommen unabhängig voneinander einer Angemessenheitsprüfung unterzogen werden.*)
2. Es begegnet keinen vergaberechtlichen Bedenken, wenn der Auftraggeber den Bietern vorab eine „Aufgreifschwelle“ mitteilt, bei deren Erreichen er die Angemessenheit der angebotenen Preise überprüfen will.*)
3. Die Bieter müssen zwar grundsätzlich in der Lage sein, auch kurzfristigen Aufklärungsverlangen des Auftraggebers fristgerecht Folge zu leisten. Dies gilt aber dann nicht, wenn der Auftraggeber am 27. Dezember mit Fristsetzung bis zum 3. Januar ein Aufklärungsverlangen an eine im Angebot nicht benannte E-Mail Adresse sendet. Eine Verpflichtung, auf allen erdenklichen Kommunikationswegen für den Auftraggeber zur Verfügung zu stehen, besteht nicht.*)
4. Teilt ein Bieter mit, bestimmte Kosten in andere Positionen einkalkuliert zu haben, kann dies ein Missverhältnis von angebotenem Preis zur ausgeschriebenen Leistung auch bei einem Rahmenvertrag nicht begründen. Denn Maßstab dieser Prüfung ist stets das gesamte Angebot. Der Bieter ist dann aber wegen unzulässiger Verlagerung von Preisbestandteilen vom Verfahren auszuschließen.*)
VolltextVPRRS 2014, 0485
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.06.2014 - Verg 39/13
1. Die Forderung der Abgabe von Verpflichtungserklärungen zu den ILO-Kernarbeitsnormen sowie zur Förderung von Beruf und Familie zum Nachweis zur persönlichen Lage der Bieter ist vergaberechtswidrig.
2. Verpflichtungserklärungen zu den ILO-Kernarbeitsnormen und zur Förderung von Beruf und Familie sind zusätzliche Bedingungen (Anforderungen) an die Auftragsausführung.
3. Zusätzliche Bedingungen zur Auftragsausführung sind Vertragsbedingungen, zu deren Einhaltung sich der Bieter nicht nur vertraglich bei der späteren Auftragsausführung, sondern verbindlich bereits im Vergabeverfahren durch Abgabe entsprechender Erklärungen verpflichtet. Verweigert er die Abgabe der geforderten Erklärung, ist sein Angebot von der Vergabe auszuschließen.
VolltextVPRRS 2014, 0473
VK Bund, Beschluss vom 17.04.2014 - VK 1-18/14
1. Bei der Wertung von Angeboten steht dem öffentlichen Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden darf, ob der Auftraggeber einen unzutreffenden Sachverhalt oder sachfremde Erwägungen zugrunde gelegt hat, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe nicht eingehalten oder Bieter ungleich oder sonst willkürlich behandelt wurden.
2. Abzustellen ist bei der Nachprüfung auf den Inhalt des letztverbindlichen Angebots, an das der Bieter gebunden ist. Etwaige spätere Erläuterungen oder Ergänzungen dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, wie sie sich im Angebotskonzept selbst wiederfinden.
3. Setzt der Bieter den Schwerpunkt seines Konzepts anders als vom Auftraggeber vorgegeben, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Auftraggeber das Konzept mit nur 5 von 15 Punkten bewertet.
VolltextVPRRS 2014, 0472
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.06.2014 - Verg 38/13
1. Gesetzlichen Krankenkassen können auch vor einem Abschluss von Rabattverträgen Mindestanforderungen an die Lieferfähigkeit der Bieter stellen. Sie sind insbesondere nicht auf die Möglichkeit zu verweisen, bei Leistungsausfällen Vertragsstrafen- oder Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
2. Die Bieter dürfen sich für den Auftrag der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen und damit die technische Leistungsfähigkeit belegen (sog. Eignungsleihe). Sie müssen dem Auftraggeber dann allerdings nachweisen, dass ihnen die für die Ausführung des Auftrags erforderlichen fremden Mittel zur Verfügung stehen und dazu z. B. die verbindliche Zusage des anderen Unternehmens vorlegen, die erforderlichen Mittel für die Ausführung des Auftrags bereitzustellen.
3. Lieferanten des Auftragnehmers sind zwar keine Nachunternehmer; sie können jedoch den Vorschriften über die sog. Eignungsleihe unterfallen, weil der Begriff der Eignungsleihe weiter ist als jener des Unterauftrags.
4. Die verbindlich verlangte Angabe von Unterauftragnehmern und von deren Lieferkapazitäten mit dem Angebot ist Arzneimittel-Importeuren regelmäßig nicht zumutbar.
VolltextVPRRS 2014, 0467
VK Südbayern, Beschluss vom 07.07.2014 - Z3-3-3194-1-24-05/14
1. Die nicht rechtzeitige Vorlage des Teilnahmeantrags bei der Vergabestelle hat auch in einem Vergabeverfahren nach der VOF die zwingende Nichtberücksichtigung zur Folge. Dies folgt aus der mit der Festlegung der Bewerbungsfrist durch den Auftraggeber ausgelösten Selbstbindung.*)
2. Verspätungen, die etwa aus einer ungewöhnlich langen Postlaufzeit resultieren, betreffen das dem Bewerber auferlegte Übersendungsrisiko. Davon ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn die Vergabestelle die Übermittlung auf dem Postweg vorgeschrieben hatte und die Verspätung durch Verschulden des Postdienstleisters verursacht wurde.*)
3. Es besteht kein Anlass, verspätet eingereichte Teilnahmeanträge anders zu behandeln als verspätet eingereichte Angebote.*)
VolltextVPRRS 2014, 0641
VK Südbayern, Beschluss vom 21.10.2013 - Z3-3-3194-1-29-08/13
1. Nach § 6 Abs. 7 EG VOL/A hat ein Auftraggeber dann, wenn Bewerber oder Bieter vor Einleitung des Vergabeverfahrens Auftraggeber beraten oder sonst unterstützt haben, sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme dieser Bewerber oder Bieter nicht verfälscht wird.*)
2. Die Vorschrift des § 6 Abs. 7 EG VOL/A umfasst jede Tätigkeit im Vorfeld eines Vergabeverfahrens, die einen Bezug zum konkreten Vergabeverfahren aufweist.*)
3. Der Ausschluss der vorfassten Bieters kann nur das letzte Mittel sein, wenn keine anderen Ausgleichsmöglichkeiten des Wissensvorsprungs durch den Auftraggeber denkbar sind.*)
VolltextVPRRS 2014, 0468
VK Südbayern, Beschluss vom 24.07.2014 - Z3-3-3194-1-22-05/14
1. Bei einem Auftrag gem. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 ist nur der Antragsgegner als Sektorenauftraggeber anzusehen, der Verkehrsleistungen selbst erbringt, nicht aber, wer die Dienstleistung lediglich organisiert. Die bloße Organisation solcher Dienstleistungen macht den Antragsgegner nicht zu einem Sektorenauftraggeber (Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.11.2012 - Verg 11/12, VPRRS 2012, 0387 und Beschluss vom 21.07.2010 - Verg 19/10, VPRRS 2010, 0259). Bei der Organisation der Dienstleistungen kommt somit die VOL/A EG zur Anwendung.*)
2. Bei der Ermittlung des Schwellenwertes gem. § 3 Abs. 1 VgV ist, wenn der Verkehrsvertrag auf längere Zeit geschlossen ist, nicht die Genehmigungsdauer der von den Verkehrsunternehmen für kürzere Zeiträume beantragten Liniengenehmigungen nach dem PBefG maßgeblich. Dies gilt jedenfalls dann, wenn zum Zeitpunkt der Schätzung des Auftragswerts keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Genehmigungen bei entsprechendem Antrag der Verkehrsunternehmen nicht erneut erteilt werden können.*)
3. Existiert im Vergabeverfahren weder ein Vergabevermerk noch eine Kostenschätzung, hat die Vergabekammer den Auftragswert eigenständig unter Berücksichtigung des Sachverhalts zu schätzen.*)
4. § 101b Abs. 2 Satz 1 GWB ist vor dem Hintergrund des Art. 2 f Abs. 1 a der Richtlinie 2007/66 richtlinienkonform so auszulegen, dass die 30-Tages-Frist nur dann zu laufen beginnt, wenn die Vergabestelle eine Bekanntgabe über den vergebenen Auftrag veröffentlicht und darin begründet, warum sie den Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung vergeben hat (Anschluss an VK Bund, Beschluss vom 02.09.2013 - VK 2-74/13, VPRRS 2013, 1387 und OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 - Verg 15/12, VPRRS 2012, 0292).*)
VolltextVPRRS 2014, 0466
VK Sachsen, Beschluss vom 21.03.2013 - 1/SVK/004-13
1. Da weder die VOB/A noch die VOL/A mit § 11 Abs. 6 VOF und § 20 Abs. 1 VOF vergleichbare Regelungen enthalten, kann die Zulässigkeit eines Verzichts auf Verhandlungsgespräche für Verhandlungsverfahren nach der VOF nicht analog zu der Rechtslage nach der VOB/A und der VOL/A entschieden werden.*)
2. Einer erfolgreichen Geltendmachung einer Rechtsverletzung durch den Verzicht auf Verhandlungen im Verhandlungsverfahren steht es entgegen, wenn der Auftraggeber bereits den Leistungsgegenstand eindeutig und abschließend definieren konnte und eine vergleichende Wertung der Angebote auch ohne Verhandlungsgespräche möglich war.*)
3. In einem solchen Fall liegt zwar die Vermutung nahe, dass die Wahl der Verdingungsordnung fehlerhaft war und das Verfahren nicht nach der VOF, sondern nach der VOL/A hätte durchgeführt werden müssen. Die fehlerhafte Wahl der Verdingungsordnung kann jedoch nicht von der Antragstellerin erfolgreich zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht werden, da bei einem ordnungsgemäßen Vergabeverfahren nach der VOL/A kein Verhandlungsverfahren sondern ein Offenes Verfahren durchzuführen gewesen wäre. Ein Bieter hätte auch bei rechtskonformem Verhalten des Auftraggebers nicht die Möglichkeit erhalten, sein Angebot durch das Führen von Verhandlungsgesprächen zu verbessern.*)
VolltextVPRRS 2014, 0465
VK Sachsen, Beschluss vom 02.04.2014 - 1/SVK/004-14
1. Der Auftraggeber hat die zum Nachweis der Fachkunde von den Bietern vorzulegenden Unterlagen und Angaben bereits in der Bekanntmachung anzugeben. Versäumt er dies, ist es ihm verwehrt, die Eignung der Bieter in einem "Aufklärungsgespräch" zu überprüfen. Nach dem Sinn und Zweck des § 18 EG VOL/A sind nur punktuelle Unklarheiten aufklärbar, die sich aus den vorgelegten Erklärungen und Nachweisen oder anderen Erkenntnisquellen ergeben können.*)
2. Lädt der Auftraggeber zu einem "Aufklärungsgespräch", ohne dem Bieter mitzuteilen, dass Inhalt des Gespräches auch spezielle Fragen zur Fachkunde sein werden, kann er auf die Erkenntnisse des Gespräches jedenfalls eine Nichtberücksichtigung mit der Begründung der mangelnden Eignung nicht stützen. Dasselbe gilt, wenn der Auftraggeber den Bieter zur Angemessenheit der angebotenen Preise befragt, ohne dies vorab mitgeteilt zu haben. Auch dann kann er die Feststellung, dass ein offenbares Missverhältnis von angebotenen Preisen zur ausgeschriebenen Leistung vorliege, auf die Erkenntnisse des Gespräches nicht stützen.*)
3. Auch bei einem Rahmenvertrag, bei dem ein Gesamtpreis nicht angegeben wird, dürfen die einzelnen Kalkulationsgrößen nicht vollkommen unabhängig voneinander einer Angemessenheitsprüfung unterzogen werden.*)
4. Es begegnet keinen vergaberechtlichen Bedenken, wenn der Auftraggeber den Bietern vorab eine "Aufgreifschwelle" mitteilt, bei deren Erreichen er die Angemessenheit der angebotenen Preise überprüfen will.*)
5. Unterkostenangebote sind nicht per se unzulässig. Der Auftraggeber darf den Zuschlag auf ein Angebot erteilen, bei dem zu erwarten ist, dass der Bieter den Auftrag ausschreibungskonform durchführen wird. Dem Auftraggeber steht dabei ein Prognosespielraum zur Verfügung. Der Auftraggeber hat diese Erwägungen sorgfältig zu dokumentieren.*)
6. Der Auftraggeber hat die wesentlichen Entscheidungen des Vergabeverfahrens in eigener Verantwortung zu treffen und kann dies nicht auf einen Bevollmächtigten übertragen.*)
VolltextVPRRS 2014, 0462
VK Brandenburg, Beschluss vom 14.03.2014 - VK 2/14
Eine Einschränkung des Nachunternehmereinsatzes dahingehend, dass der Bieter die ausgeschriebenen Leistungen ganz oder teilweise in Eigenleistung zu erbringen hat, ist unzulässig.
VolltextVPRRS 2014, 0459
VK Bund, Beschluss vom 09.05.2014 - VK 1-26/14
1. Leistungen sind grundsätzlich in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Eine Gesamtvergabe ist demgegenüber nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.
2. Für die Feststellung, ob die betreffende Leistung ein Fachlos ist, ist insbesondere von Belang, ob sich für die spezielle Leistung ein eigener Anbietermarkt mit spezialisierten Fachunternehmen herausgebildet hat. Die Beurteilung ist dabei nicht statisch anzustellen, sondern muss die aktuellen Marktverhältnisse in den Blick nehmen.
3. Kommt eine losweise Vergabe in Betracht, hat sie grundsätzlich auch zu erfolgen. Eine Gesamtvergabe ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. In diesem Zusammenhang hat sich der öffentliche Auftraggeber in besonderer Weise mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und den dagegen sprechenden Gründen auseinanderzusetzen. Im Rahmen der dem Auftraggeber obliegenden Entscheidung bedarf es einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Belange, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen.
4. Für das Maß eines Überwiegens lassen sich keine allgemeinen Regeln aufstellen. Der mit einer Fachlosvergabe allgemein verbundene Ausschreibungs-, Prüfungs- und Koordinierungsmehraufwand sowie ein höherer Aufwand bei Gewährleistungen können eine Gesamtvergabe für sich allein nicht rechtfertigen, weil es sich dabei um einen Fachlosvergaben immanenten und damit typischerweise verbundenen Mehraufwand handelt, der nach dem Zweck des Gesetzes grundsätzlich in Kauf zu nehmen ist.
VolltextVPRRS 2014, 0455
VK Bund, Beschluss vom 25.03.2014 - VK 1-16/14
1. Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem ausgeschriebenen Auftrag geltenden Vorschriften können die Zuverlässigkeit und Gesetzestreue eines Bieters, also seine Eignung in Frage stellen. Bei festgestellten schweren Verfehlungen kann ein Bieter mangels Eignung ausgeschlossen werden.
2. Bei der Prüfung der Eignung eines Bieters können nicht nur aktuelle Erkenntnisse aus dem laufenden Vergabeverfahren, sondern auch dessen Verhalten bei früheren Aufträgen berücksichtigt werden.
3. Hat ein Bieter alles getan, um festgestellte Rechtsverstöße zu beenden und geeignete Vorsorge getroffen, um künftige Verfehlungen zu vermeiden, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Auftraggeber den Bieter für geeignet hält.
VolltextVPRRS 2014, 0454
OLG Naumburg, Beschluss vom 30.04.2014 - 2 Verg 2/14
1. Eine im Vergabeverfahren verwendete Bekanntmachung ist dahin auszulegen, wie der Text von einem fachkundigen Unternehmen, welches die Gepflogenheiten des konkreten Auftraggebers nicht kennt, verstanden werden muss (hier: bezüglich der Forderung nach Vorlage von fünf Referenzen).*)
2. Die wirksame Heilung eines Fehlers im Bekanntmachungstext setzt eine Veröffentlichung der Berichtigung in dem Pflichtmedium, d.h. hier im Supplement des Amtsblatts der EU, voraus.*)
3. Für die Angemessenheit einer (verbleibenden) Bewerbungsfrist nach der gebotenen Herstellung der Transparenz der Bewerbungsbedingungen kommt es nicht allein darauf an, ob in dieser Zeit die Erstellung eines Teilnahmeantrags und dessen Übermittlung an die Vergabestelle in rein "technischer" Hinsicht noch möglich gewesen wäre, sondern darauf, ob die verbleibende Zeit auch genügt, einen Teilnahmeantrag in hoher Qualität mit echten Auswahlchancen im Teilnahmewettbewerb zu erstellen.*)
VolltextVPRRS 2014, 0453
VK Arnsberg, Beschluss vom 12.03.2014 - VK 1/14
Soweit ein fehlerhaftes Leistungsverzeichnis nicht ausschließbar zu nicht mehr vergleichbaren Angeboten führt, ist ein Zuschlag auf dieser Basis nicht möglich.*)
VolltextVPRRS 2014, 0458
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.01.2014 - 1 VK LSA 14/13
- Antragsbefugnis kann auch ohne Abgabe eines Teilnahmeantrages gegeben sein,*)
- Forderung in der Bekanntmachung zur Vorlage von fünf vergleichbaren Referenzen*)
- Frist zur Abgabe des Teilnahmeantrages von max. 6 Tagen ist unzureichend.*)
VolltextVPRRS 2014, 0450
OLG Koblenz, Beschluss vom 22.07.2014 - 1 Verg 3/14
1. Der Beschwerdeführer bestimmt mit dem Inhalt der Beschwerdeschrift den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.*)
2. Die Festlegung des Ortes, an dem die ausgeschriebene Dienstleistung zu erbringen ist oder an dem mit der Leistungserbringung begonnen werden soll, gehört zum Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers, dessen Ausübung der Einleitung des Vergabeverfahrens vorgelagert und deshalb grundsätzlich der Nachprüfung entzogen ist.*)
3. Die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts kann ausnahmsweise vergaberechtswidrig sein, wenn die Umsetzung der Entscheidung in einem Vergabeverfahren mit dem dann zu beachtenden Regelungswerk kollidiert.*)
4. Die Bestimmung des Leistungsorts darf nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot und das aus ihm ableitbare Verbot des regionalen Protektionismus verstoßen.*)
5. Ein derartiger Verstoß liegt trotz einer sich aus der Bestimmung des Leistungsorts ergebenden potentiellen Benachteiligung "auswärtiger" Unternehmen nicht vor, wenn die Ortswahl sachlich legitimiert ist, die Vergabebedingungen zur Erreichung des legitimen Zwecks geeignet sind und die Ungleichbehandlung sich auf das Notwendige beschränkt.*)
VolltextVPRRS 2014, 0447
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.05.2014 - Verg 46/13
1. Der öffentliche Auftraggeber kann als zusätzliche Anforderung an die Ausführung vorgeben, dass die Leistung ausschließlich mit Hilfe umweltfreundlicher Fahrzeuge erbracht wird.
2. Die für die Ausführung des Vertrags erforderliche technische Ausrüstung muss den Bietern nicht schon im Vergabeverfahren, sondern erst bei Beginn der Auftragsausführung zur Verfügung stehen.
VolltextVPRRS 2014, 0446
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.08.2013 - Verg 15/13
1. Auch im Geltungsbereich der Sektorenverordnung sind Angebote auszuschließen, wenn sie die Vorgaben der Vergabeunterlagen nicht erfüllen bzw. unvollständig sind.
2. Dem Sektorenauftraggeber kommt ein Ermessen dahingehend zu, ob er Erklärungen und Nachweise, die auf seine Anforderung bis zum Ablauf der Frist für den Eingang der Angebote nicht von den Unternehmen vorgelegt wurden, bis zum Ablauf einer von ihm zu bestimmenden Nachfrist anfordert.
3. Erklärungen und Nachweise, die auf Aufforderung des Auftraggebers bis zum Ablauf der Frist für den Eingang der Teilnahmeanträge oder Angebote nicht von den Unternehmen vorgelegt wurden, können bis zum Ablauf einer vom Auftraggeber zu bestimmenden Nachfrist angefordert werden. Wird diese Frist versäumt, ist ein nochmaliges Nachfordern unter Setzen einer weiteren Nachfrist unzulässig, wenn hierdurch einzelne Bieter gegenüber anderen bevorzugt werden.
VolltextVPRRS 2014, 0443
VK Bund, Beschluss vom 24.06.2014 - VK 2-39/14
1. Eignungsanforderungen sind bieterbezogen, es geht um die Person des Bieters. Deshalb dürfen bei der Eignungsprüfung ausschließlich solche Sachverhalte berücksichtigt werden, die dem Bieter in irgendeiner Form zurechenbar sind. Zurechenbar können aber nur Umstände sein, auf die er Einfluss nehmen kann.
2. Ergeben sich aus der Rechtsordnung eines Landes, der der Bieter unterworfen ist, bestimmte Verpflichtungen, denen er sich nicht entziehen kann, ist es unzulässig, diese dem Bieter als ein die Zuverlässigkeit ausschließendes oder in Frage stellendes Fehlverhalten zuzurechnen. Das gilt auch dann, wenn er infolge dessen zwangsläufig gegen die Vorgaben einer anderen Rechtsordnung verstoßen muss.
3. Der Aspekt des Verbots der Datenweitergabe aufgrund des "No-Spy"-Erlasses ist in einem Vergabeverfahren bei den "besonderen Anforderungen an die Auftragsausführung" zu verorten.
VolltextVPRRS 2014, 0441
VK Bund, Beschluss vom 17.04.2014 - VK 1-22/14
1. Nach Wegfall der Regelung zum "ungewöhnlichen Wagnis" in der VOL/A 2009 besteht das Verbot eines ungewöhnlichen Wagnisses im Anwendungsbereich der VOL/A 2009 nicht mehr.
2. Aus den Ausschreibungsbedingungen resultierende Preis- bzw. Kalkulationsrisiken sind grundsätzlich vom Bieter zu tragen - insbesondere wenn sie ihm ohnehin typischerweise obliegen - und können nur noch unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit beanstandet werden. Zu einer Minimierung solcher Kalkulationsrisiken ist der Auftraggeber nur verpflichtet, wenn die andernfalls bei Bietern verbleibenden Risiken von diesen nicht mehr zumutbar zu tragen sind.
3. Der Maßstab der Unzumutbarkeit ist strenger als der des ungewöhnlichen Wagnisses. Das gilt insbesondere dann, wenn es sich um die Vergabe von Rahmenvereinbarungen handelt, denen typischerweise in Bezug auf das Auftragsvolumen bedeutende Kalkulationsrisiken immanent sind.
4. Ein vorzeitiges Kündigungsrecht des Auftraggebers, das nicht auf bestimmte Gründe beschränkt ist und zudem zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Vertragslaufzeit die Vertragsbeendigung bewirken kann, kann ein unzumutbares Kalkulationsrisiko darstellen.
VolltextVPRRS 2014, 0474
VK Bund, Beschluss vom 17.03.2014 - VK 1-12/14
1. Eine Eignungsanforderung ist unwirksam, wenn sie sich nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit aus der Bekanntmachung ergibt. Die Nichterfüllung unklarer Vorgaben darf einem Bieter nicht vorgehalten werden.
2. Die Eignung eines Bieters darf bei der Zuschlagsentscheidung keine Rolle spielen, ein "mehr an Eignung" darf der öffentliche Auftraggeber nicht berücksichtigen. Die Heranziehung von Eignungsanforderungen auf der vierten Wertungsstufe ist nur zulässig, wenn diese sich auf den konkreten Auftrag beziehen, indem z.B. das Konzept eines Bieters bewertet wird, wie er die ordnungsgemäße Ausführung des ausgeschriebenen Auftrags gewährleisten will.
3. Das Verbot der Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien muss einem durchschnittlichen Bieter nicht ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen, so dass mangels Erkennbarkeit keine Rügeobliegenheit besteht.
VolltextVPRRS 2014, 0445
VK Bund, Beschluss vom 16.05.2012 - VK 2-26/12
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2014, 0437
VK Bund, Beschluss vom 03.06.2014 - VK 2-37/14
1. Die Nichteinreichung wirksam geforderter Erklärungen und Nachweise kann den (zwingenden) Ausschluss des Angebots zur Folge haben. Daher muss der öffentliche Auftraggeber eindeutig und transparent bestimmen, welche Erklärungen zu welchem Zeitpunkt beizubringen sind. Unterlässt der Auftraggeber dies, erwächst den Bietern keine Erklärungspflicht.
2. Zur Feststellung, welche Unterlagen vom Auftraggeber gefordert werden, sind die Vergabeunterlagen aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers auszulegen. Etwaige Unklarheiten gehen zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers.
3. Der Auftraggeber kann nur solche Erklärungen und Nachweise nachfordern, die ihm bis zum Ablauf der Angebotsfrist "nicht vorgelegt" wurden, also physisch nicht vorhanden oder unvollständig sind oder sonst nicht den formalen Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers entsprechen. Nachweise, die zwar eingereicht wurden, aber inhaltlich nicht den Vorgaben des Auftraggebers entsprechen, können nicht nachgefordert werden.
VolltextVPRRS 2014, 0432
VK Bund, Beschluss vom 02.04.2014 - VK 1-14/14
1. Die Vorschrift des § 127 Abs. 1 SGB V, wonach die Krankenkassen über die Lieferung einer bestimmten Menge von Hilfsmitteln, die Durchführung einer bestimmten Anzahl von Versorgungen oder die Versorgung für einen bestimmten Zeitraum schließen können, entfaltet keinen vergaberechtlichen Bieterschutz.
2. Die Bestimmung des niedrigsten Preises als alleiniges Zuschlagskriterium ist vergaberechtlich grundsätzlich zulässig und begegnet jedenfalls dann keinen Bedenken, wenn andere Kriterien nicht geeignet sind oder nicht erforderlich erscheinen.
3. Die Vorgabe produktspezifischer Kriterien bei der Bezeichnung des Ausschreibungsgegenstands ist nicht schlechthin verboten. Eine produktspezifische Ausschreibung ist vielmehr dann zulässig, wenn sie durch den Ausschreibungsgegenstand gerechtfertigt ist.
4. Nach Wegfall der Regelung zum "ungewöhnlichen Wagnis" in der VOL/A 2009 können die Vergabeunterlagen im Hinblick auf (Kalkulations-)Risiken nur noch unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit beanstandet werden.
5. Eine mitgliedsstaatliche Regelung, die den automatischen Ausschluss eines Unternehmens, das sowohl als Einzelbieter als auch als Mitglied eines Konsortiums bzw. als eines von mehreren konzernverbundenen Unternehmen Angebote im Rahmen eines Vergabeverfahrens abgibt, ist gemeinschaftsrechtswidrig. Aufgrund der Gefahr, dass bei einer derartigen "parallelen" Teilnahme eines Unternehmens an einer Ausschreibung der Geheimwettbewerb zwischen den Bietern Schaden nimmt, muss den betroffenen Unternehmen im Einzelfall stets gestattet werden, einen Entlastungsbeweis zu führen.
Volltext