Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
4952 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2014
VPRRS 2014, 0371
VK Bund, Beschluss vom 07.11.2013 - VK 1-93/13
1. Verlangt der Auftraggeber, dass ein herzustellendes Produkt bis spätestens Ende Juni 2014 an ihn zu liefern ist und weicht der Bieter von dieser Vorgabe ab, indem er eine Lieferung bis zur 29. Kalenderwoche 2014, also Mitte Juli, anbietet, ist das Angebot wegen Änderungen an den Vertragsunterlagen auszuschließen.
2. Fordert der Auftraggeber die Abgabe einer bestimmten Erklärung und droht er für der Fall der Nichtvorlage den Angebotsausschluss an, ist für die Bieter hinreichend deutlich erkennbar, dass es sich hierbei um eine Angabe handelt, die angebots- und wertungsrelevant ist. Denn es gibt keine eigene Kategorie von verlangten Erklärungen, die für die Vergabe irrelevant sind.

VPRRS 2014, 0380

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.03.2014 - 1 S 169/14
1. Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten im Sinn der §§ 54 Abs. 2, 55 Abs. 2 und 3 RStV sind nur solche, die sowohl journalistisch als auch redaktionell gestaltet sind.*)
2. Auch auf kleine Zielgruppen zugeschnittene Angebote können journalistisch sein, wenn sie eine erkennbare publizistische Zielsetzung haben, d.h. von der Intention her auf Teilhabe am Prozess der öffentlichen Meinungsbildung - jedenfalls innerhalb der Zielgruppe - angelegt sind.*)
3. Zur Bewertung von Internetportalen, die Informationen über öffentliche Ausschreibungen sammeln und diese für die Bedürfnisse der gewerblichen Wirtschaft aufbereiten.*)

VPRRS 2014, 0366

VK Bund, Beschluss vom 20.02.2014 - VK 1-4/14
1. Ein "Zulassungsverfahren", nach dem der Auftraggeber einen Rabattvertrag mit jedem pharmazeutischen Unternehmen abschließt, das ein bestimmtes Produkt anbietet und die Vertragsbedingungen des Auftraggebers akzeptiert, ist vergaberechtswidrig.
2. Eine freihändige Vergabe ist rechtswidrig und führt zur Nichtigkeit des geschlossenen Vertrags, wenn es an (irgend-)einer Bekanntmachung fehlt. Ein Vertrag, der auf Grundlage einer fehlerhaften Bekanntmachung geschlossen wurde, ist dagegen wirksam.
3. Macht der Bieter geltend, durch das vom Auftraggeber zum Vertragsabschluss gewählte Verfahren vergaberechtswidrig an der Abgabe eines chancenreichen Angebots gehindert worden zu sein, wird das Auftragsinteresse des Bieters bereits durch dessen Rüge und den gestellten Nachprüfungsantrag belegt.

VPRRS 2014, 0378

VK Sachsen, Beschluss vom 06.03.2014 - 1/SVK/047-13
1. Ein Bieter kann sich auf eine unzureichende Vorabinformation nach § 101 a GWB nur dann berufen, wenn dieser ursächlich für einen (drohenden) Schaden des Antragstellers im Vergabeverfahren sein kann.*)
2. Ein Verstoß gegen § 16 Abs. 7 VOL/A liegt nicht vor, wenn der Auftraggeber zwar von den bekannt gegebenen Wertungsmodalitäten abweichende Begrifflichkeiten verwendet, in der Sache aber kein Zweifel besteht, dass er das gewertet hat, was bekannt gegeben worden ist.*)
3. Bei der Wertung von Konzepten ist es nicht erforderlich, dass der Auftraggeber vorab einen konkreten Katalog von Maßnahmen aufstellt, an dem er den Inhalt der Konzepte der einzelnen Bieter messen will.*)

VPRRS 2014, 0374

VK Sachsen, Beschluss vom 29.01.2014 - 1/SVK/041-13
1. Ein Begleitschreiben zum Angebot ist regelmäßig als Bestandteil des Angebotes zu werten. Sofern das Begleitschreiben angebotsrelevante Inhalte wie Angebotspreis, Lieferfristen, oder auch Allgemeine Geschäftsbedingungen umfasst, muss die Vergabestelle diese Erklärungen, sei es zugunsten oder zuungunsten des Bieters, berücksichtigen.*)
2. Ist dem Begleitschreiben ein Hinweis auf die Unmöglichkeit der Erfüllung der Vorgaben des Leistungsverzeichnisses zu entnehmen, führt diese Einschränkung der angebotenen Leistung zum zwingenden Ausschluss wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen.*)

VPRRS 2014, 0368

VK Bund, Beschluss vom 16.01.2014 - VK 1-119/13
1. Auch wenn es den Mitgliedern einer Bietergemeinschaft möglich ist, ein eigenes Angebot abzugeben, bedeutet das nicht, dass eine aus derartigen Unternehmen zusammengesetzte Bietergemeinschaft zwingend vom Vergabeverfahren auszuschließen ist. Denn bei der Beantwortung der Frage, ob eine Abrede zwischen zwei potentiellen Wettbewerber wettbewerbswidrig ist, sind auch die Auswirkungen der Abrede auf den Markt und die dort herrschenden Wettbewerbsverhältnisse zu berücksichtigen.
2. Ist die Bildung einer Bietergemeinschaft im Ergebnis wettbewerbsfördernd, weil erst der Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft die beteiligten Unternehmen in die Lage versetzt, sich mit einem erfolgsversprechenden Angebot an der Ausschreibung zu beteiligen, ist ein Ausschluss vom Vergabeverfahren rechtswidrig.

VPRRS 2014, 0367

VK Bund, Beschluss vom 16.01.2014 - VK 1-117/13
1. Auch wenn es den Mitgliedern einer Bietergemeinschaft möglich ist, ein eigenes Angebot abzugeben, bedeutet das nicht, dass eine aus derartigen Unternehmen zusammengesetzte Bietergemeinschaft zwingend vom Vergabeverfahren auszuschließen ist. Denn bei der Beantwortung der Frage, ob eine Abrede zwischen zwei potentiellen Wettbewerber wettbewerbswidrig ist, sind auch die Auswirkungen der Abrede auf den Markt und die dort herrschenden Wettbewerbsverhältnisse zu berücksichtigen.
2. Ist die Bildung einer Bietergemeinschaft im Ergebnis wettbewerbsfördernd, weil erst der Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft die beteiligten Unternehmen in die Lage versetzt, sich mit einem erfolgsversprechenden Angebot an der Ausschreibung zu beteiligen, ist ein Ausschluss vom Vergabeverfahren nicht zulässig.

VPRRS 2014, 0377

VK Sachsen, Beschluss vom 22.01.2014 - 1/SVK/044-13
Kriterien, die den Bietern vorher nicht mitgeteilt worden sind, dürfen bei der Wertung nicht berücksichtigt werden. Zudem darf der Auftraggeber von seinen bereits verlautbarten Vorgaben nicht wieder abweichen, er kann sie gegebenenfalls konkretisieren. Grundlegend ändern kann der öffentliche Auftraggeber diese Angaben wegen der Beachtung der Wettbewerbsgrundsätze nicht mehr.*)

VPRRS 2014, 0376

VK Sachsen, Beschluss vom 20.12.2013 - 1/SVK/043-13
1. Bei Beschaffungsvorgängen nach der VOL/A stellt der Zuschlag die Annahmeerklärung im zivilrechtlichen Sinn dar, so dass mit Erteilung des Zuschlags der Beschaffungsvorgang, der im Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrags mündet, abgeschlossen ist. § 18 Abs. 2 VOL/A definiert explizit die Annahme eines Angebotes als Zuschlag, ohne aber - wie die Vorgängerregelung in § 28 VOL/A 2006 - zusätzlich dessen zivilrechtliche Rechtswirkungen zu beschreiben.*)
2. In § 18 Abs. 2 VOL/A sind die formellen Voraussetzungen des Zuschlages abschließend geregelt und es ist nicht ergänzend, oder gar ersetzend, auf die Vorschriften der §§ 57 VwVfG zurückzugreifen. Die Zuordnung der zu beschaffenden streitgegenständlichen Leistung im Rettungsdienstbereich zum GWB, aber auch die grundsätzliche Zuordnung der Vergabe öffentlicher Aufträge zum Privatrecht steht bereits einer Zuordnung des Vergaberechts zum öffentlichen Recht entgegen. Folglich sind die Bestimmungen des VwVfG weder unmittelbar noch analog anwendbar.*)

VPRRS 2014, 0373

OLG Schleswig, Beschluss vom 15.04.2014 - 1 Verg 4/13
1. Eine Rügeobliegenheit i. S. d. § 107 Abs. 3 GWB kann nur auf der Grundlage von Erkenntnissen ausgelöst werden, die aus den Vergabeunterlagen der Ausschreibung - nach dem Maßstab eines objektiven Empfängerhorizonts - eindeutig ablesbar sind. Auf etwaige Vorkenntnisse eines Bieters kommt es nicht an.*)
2. Die Bildung einer Bietergemeinschaft stellt keine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Abrede dar, wenn den an der Bietergemeinschaft beteiligten Unternehmen einzeln eine Teilnahme an der Ausschreibung aufgrund betrieblicher oder geschäftlicher Verhältnisse nicht möglich ist und erst der Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft die Möglichkeit eröffnet, sich gemeinsam an der Ausschreibung beteiligen zu können.*)
3. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Ausschluss eines Angebots aus der Wertung, insbesondere der Umfang der zwingend schon mit dem Angebot vorzulegenden Nachweise, müssen spätestens in der Aufforderung zur Angebotsabgabe klar bestimmt sein. Eine vertretbare Auslegung der Vergabeunterlagen anhand des objektiven Empfängerhorizonts der Bieter darf nicht zum Angebotsausschluss führen.*)
4. Die Nachforderung fehlender Nachweise nach § 19 Abs. 2 Satz 1 EG VOL/A ist eine Ermessensentscheidung, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz unterliegt. Ist ein Nachweis ohne Nachforderungsverlangen nach Ablauf der Angebotsabgabefrist zu den Vergabeunterlagen gelangt und soll dieser berücksichtigt werden, bleibt dieser Vorgang jedenfalls dann nicht ohne Auswirkungen auf das Ermessen der Vergabestelle, aus Gründen der Gleichbehandlung auch von einem anderen Bieter die Vervollständigung geforderter Nachweise zu verlangen, wenn in ihrer "Wertigkeit" vergleichbare Fragen betroffen sind.*)
5. Die Frage, ob dem Angebot sämtliche geforderten Nachweise vollständig beigefügt worden sind, muss im Beschwerdeverfahren jedenfalls dann nicht zur abschließenden "Spruchreife" gebracht werden, wenn die Vergabestelle ihr Ermessen darüber, ob sie von der in § 19 Abs. 2 Satz 1 EG VOL/A vorgesehenen Möglichkeit zur Nachforderung Gebrauch macht, noch gar nicht ausgeübt hat.*)

VPRRS 2014, 0362

VK Bund, Beschluss vom 17.02.2014 - VK 1-2/14
1. Auf einen Auftrag über die Bereitstellung von Messeständen auf Publikums- und Verbrauchermessen, an denen sich die Messebesucher allgemeine Informationen über den Auftraggeber beschaffen können, findet die VSVgV keine Anwendung. Es liegt nämlich keine Fallgruppe eines verteidigungs- oder sicherheitsrelevanten Auftrags vor.
2. Der Auftraggeber kann in der Bekanntmachung als Mindestanforderung eine Eigenerklärung und einen Nachweis verlangen, dass die Bewerber über eine mindestens fünfjährige Erfahrung im Umgang mit einem bestimmten Messebausystem verfügen.

VPRRS 2014, 0372

VK Bund, Beschluss vom 31.07.2013 - VK 2-58/13
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2014, 0369

VK Bund, Beschluss vom 18.11.2013 - VK 1-91/13
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2014, 0361

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30.04.2014 - VK 1-3/14
1. Preisabfragen sind nach dem objektiven Empfängerhorizont so auszulegen, wie ein fachkundiger und vernünftiger Bieter sie verstehen darf. Die Vorgabe, den Jahrespreis einzutragen, bezieht sich unabhängig von einer längeren Gesamtlaufzeit des Vertrages auf den Angebotspreis für ein Jahr.*)
2. Die grundsätzliche Kalkulationsfreiheit der Bieter kann durch eindeutige Kalkulationsvorgaben in zulässiger Weise beschränkt werden. Die Beschränkung ist Ausdruck der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers. Ohne verbindliche Vorgabe ist es dem Bieter unbenommen, Angebotspreise auch unter dem Tariflohn zu kalkulieren.*)
3. Bei der Eignungsentscheidung handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, die von den Nachprüfungsinstanzen nur beschränkt überprüfbar ist. Allein die kalkulatorische Unterschreitung des Mindeststundenverrechnungssatzes (unter Berücksichtigung des geschuldeten Mindestlohns) berechtigt regelmäßig nicht, einem Bieter die Geeignetheit im Sinne fehlender Gesetzestreue abzusprechen. Es müssen weitere Indizien und Anhaltspunkte, die zum Beispiel aus nicht tariftreuem Verhalten bei anderen Auftragsvergaben resultieren können, hinzutreten. Spekulationen, bloße Vermutungen oder Unterstellungen ohne jeden Tatsachenbezug sind nicht ausreichend.*)
4. Der Zuschlag auf ein Unterkostenangebot ist nicht per se unzulässig. Es ist dem Bieter aus Gründen des Wettbewerbs gestattet, mit niedrigen Gewinnmargen, ohne Gewinn oder ausnahmsweise sogar defizitär zu kalkulieren, wenn dies auf nachvollziehbare, nicht wettbewerbswidrig motivierte Unternehmensdispositionen zurück zu führen ist. Ein offenbares Missverhältnis von Preis und Leistung kann bei erheblichem Preisabstand jedoch vorliegen, wenn von einem Bieter im Falle des Unterschreitens der Mindeststundenverrechnungssätze bei der Angebotsaufklärung die Einhaltung des Mindestlohns nicht ausreichend erläutert wird.*)

VPRRS 2014, 0645

VK Südbayern, Beschluss vom 16.04.2014 - Z3-3-3194-1-05-02/14
1. Die Wahl des Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb gem. § 3 EG Abs. 3 b VOL/A 2009 als Vergabeverfahrensart ist dann zulässig, wenn die Leistung nicht vorab eindeutig und erschöpfend zu beschreiben war, insbesondere wenn ohne Verhandlungen die Bildung einer einheitlichen Preisstruktur, aus welcher sich bei der Angebotsabgabe ein Gesamtpreis errechnen lässt, unmöglich wäre. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn nach dem Willen des Auftraggebers die Bieter im laufenden Verfahren ihre Angebote noch überarbeiten und optimieren sollen.*)
2. Waren bereits mit dem Angebot die angebotenen Produkte zu benennen, darf sich die Vergabestelle nicht auf eine stichprobenartige Prüfung der Übereinstimmung der angebotenen Produkte mit den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses beschränken. Die zwingende Vorgabe des § 19 EG Abs. 3 d VOL/A 2009 macht es unentbehrlich, die angebotenen Produkte umfassend daraufhin zu überprüfen, ob sie den ausgeschriebenen Parametern entsprechen.*)
3. Die Information der Bieter in einem Verhandlungsgespräch über die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Wertungsergebnisse der Angebote der Mitbewerber bzgl. Qualität und Preis mit dem Ziel, die Bieter zu Preissenkungen zu veranlassen, stellt einen Verstoß gegen den Vertraulichkeitsgrundsatz dar. Dies gilt auch dann, wenn die genauen Angebotssummen der Mitbieter nicht mitgeteilt wurden.*)
VPRRS 2014, 0358

VK Hessen, Beschluss vom 06.02.2014 - 69d-VK-54/2013
1. Der Auftraggeber hat die Möglichkeit, Lose in einem Auftragswert von bis zu 20% des gesamten Auftragswerts aus einer europaweiten Ausschreibung auszuklammern und nach nationalem Haushaltsvergaberecht zu vergeben.
2. An die Entscheidung, welche Lose er dem 20%-Kontingent zuschlägt, ist der Auftraggeber gebunden. Die Zuordnung der Lose zu den unterschiedlichen Kontingenten und die ihr zugrundeliegenden Berechnungen sind deshalb in der Vergabeakte sorgfältig zu dokumentieren. Fehlt es an einer ausdrücklichen, für die Bieter erkennbaren Zuordnung, unterliegt die Ausschreibung sämtlicher Lose dem Kartellvergaberecht und dem Primärrechtsschutz der Oberschwellenvergaben.
3. Von jedem Bieter ist zu erwarten, dass er die Vergabeunterlagen sogfältig liest und Widersprüchlichkeiten nachgeht.
4. Kann ein Bieter ohne weiteres erkennen, dass aufgrund des von ihm unterbreiteten Angebots der maßgebliche Schwellenwert überschritten wird und die Angabe der Auftraggebers, keine nationale Vergabe vorzunehmen, unzutreffend ist, muss er dies unverzüglich rügen.

VPRRS 2014, 0354

OLG Koblenz, Beschluss vom 04.02.2014 - 1 Verg 7/13
1. Das Bestimmungsrecht des Auftraggebers umfasst auch die Wahl der Vergütungsform, für die die VOL/A keine Vorgaben macht.*)
2. Es gibt keine vergaberechtliche Norm und kein Grundprinzip des Vergaberechts, das es einem Auftraggeber, der auf Dauer angelegte Leistungen zugunsten Dritter in Auftrag geben und diese mit Zeitpauschalen vergüten will, grundsätzlich verböte, eine gesonderte Vergütung für eine nicht in eine weitere Leistungserbringung einmündende Erstberatung auszuschließen.*)
3. Nach der ersatzlosen Streichung des Verbots der Überbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses aus der VOL/A kommt die Annahme eines Vergaberechtsverstoßes nur in Betracht, wenn eine kalkulationsrelevante Vorgabe des Auftraggebers für die Bieter unzumutbar ist.*)
4. Die Festlegung einer Kostenobergrenze durch den Auftraggeber ist grundsätzlich zulässig.*)
5. Fehlt es an einem Beschaffungswillen des Ausschreibenden und ist die Ausschreibung inhaltlich so gestaltet, dass ein eine Verpflichtung zur Erbringung einer Leistung begründender Zuschlag überhaupt nicht erteilt werden kann, liegt eine Ausschreibung für vergabefremde Zwecke vor, die auch dann unzulässig ist, wenn keiner der in § 2 Abs. 3 VOL/A ausdrücklich genannten Fälle vorliegt.*)

VPRRS 2014, 0643

VK Hessen, Beschluss vom 13.12.2013 - 69d-VK-32/2013
1. Nach § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB ist jedes Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in eigenen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vorschriften des Vergaberechts geltend macht.
2. Ein weiteres Element bei der Prüfung der Antragsbefugnis ist die nach § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB gebotene Darlegung eines durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften bereits entstandenen oder drohenden Schadens, der durch den jeweils in Rede stehenden Vergaberechtverstoß verursacht worden sein muss. Nicht nur die Möglichkeit der Verletzung eines subjektiven Rechtes muss gegeben sein, sondern auch die Möglichkeit eines daraus resultierenden Schadens.
3. Der in § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB verwandte Schadensbegriff muss unter dem Gesichtspunkt des Primärrechtsschutzes betrachtet und ausgelegt werden. Der Schaden besteht darin, dass durch den einzelnen beanstandeten Vergaberechtsverstoß die Aussichten des den Antrag stellenden Bieters auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können. Entscheidend für das Vorliegen einer Antragsbefugnis und damit für die Gewähr von Primärrechtsschutz ist mithin die Eignung der gerügten Vergaberechtsverstöße, eine solche Chancenbeeinträchtigung begründen zu können.
4. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages genügt der schlüssige Vortrag beziehungsweise die konkrete Behauptung des Antragstellers, dass sein Angebot wertbar sei, und er bei zutreffendem Vorgehen der Vergabestelle den Zuschlag erhalten müsse.

VPRRS 2014, 0351

VK Bund, Beschluss vom 23.07.2012 - VK 3-78/12
1. Im Verhandlungsverfahren mit vorangehendem Teilnahmewettbewerb muss der Bieter zumindest die vom Auftraggeber aufgestellten Mindestanforderungen beachten und sein Angebot gemäß den Anforderungen abgeben. Er kann nicht von sich aus Vertragsbestandteile zur Disposition stellen. Abweichungen vom Vertragstext, sowie Streichungen und Zusätze stellen eine Änderung dar und sind unzulässig.
2. Die Pflicht des Auftraggebers, ein ungewöhnlich niedriges Angebot zu überprüfen und den Zuschlag hierauf nicht zu erteilen, schützt nur denjenigen Bieter, dessen Angebot wegen Unauskömmlichkeit des Preises von einem Ausschluss bedroht ist.
3. Bei dem Begriff der Instandsetzungsdokumentation handelt es sich nicht um einen feststehenden Fachausdruck. Daher fallen auch solche Instandsetzungsdokumentationen darunter, die von mit der Instandsetzung befassten Unternehmen verfasst wurden.

VPRRS 2014, 0346

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.03.2014 - 2 VK LSA 17/13
Allein der Verstoß gegen § 101a GWB begründet für sich genommen noch kein berechtigtes Interesse des Bieters an der Feststellung der Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrages i.S. des § 101b Abs. 1 Nr.1 GWB. Vielmehr bedarf es darüber hinaus einer Rechtsverletzung der Antragstellerin durch die Nichtbeachtung von weiteren Bestimmungen des Vergaberechtes.*)

VPRRS 2014, 0338

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2014 - Verg 41/13
1. Dem Auftraggeber ist für das Einleiten eines Prüfungsverfahrens nach § 19 EG Abs. 6 VOL/A 2009 ein Entscheidungsspielraum zuzuerkennen, dessen Ausübung von den Vergabenachprüfungsinstanzen lediglich darauf zu kontrollieren ist, ob er einen gemäß den Tatumständen nachvollziehbaren, vertretbaren und nicht willkürlichen Ermittlungsansatz gewählt hat.*)
2. Die Einhaltung eines bestimmten Reinigungswerts ist kein zulässiges alleiniges Kriterium der Preisprüfung, sondern kann insoweit lediglich als Indiz unterstützend herangezogen werden.*)
3. Jede Verwendung von Reinigungswerten bei der Angebotswertung ist unverzichtbar davon abhängig zu machen, dass der Auftraggeber den entsprechenden Wert (oder eine Bandbreite) entweder als Mindestanforderung an die Eignung in der Vergabebekanntmachung angibt (Art. 44 Abs. 2 UA 3 Richtlinie 2004/18/EG) oder sie in der Vergabebekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen benennt.*)

VPRRS 2014, 0333

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.04.2014 - 1 VK 10/14
1. Der Auftraggeber ist auch bei der Ausschreibung freiberuflicher Planungsleistungen weitgehend darin frei zu sagen, was ihm gefällt, was er haben will beziehungsweise was ihm nicht gefällt und was er nicht haben will. Er ist nur daran gehalten, die vergaberechtlichen Grundregeln, insbesondere das Gebot sachgerechter, willkür- und widerspruchsfreier Erwägungen, einzuhalten.
2. In Bezug auf die Verteilung der einzelnen Punkte innerhalb der bekannt gemachten Wertungskriterien steht dem öffentlichen Auftraggeber ein (weitgehender) Wertungsspielraum zu. Denn innerhalb des Beurteilungsspielraums gibt es nicht nur eine einzig richtige Lösung. Eine Überschreitung des Beurteilungsspielraums liegt nur dann vor, wenn vergaberechtliche Grundprinzipien verletzt werden.
3. Die Dokumentationspflicht ist erfüllt, wenn die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen so differenziert festgehalten wurden, dass ein übergangener Bieter in groben Zügen erfahren kann, warum er bei welchen Zuschlagskriterien Punktabzüge von der maximal zu erreichenden Punktzahl erhalten hat. Es reicht aus, wenn die tragenden Gründe später im Nachprüfungsverfahren konkretisiert und nachvollziehbar erläutert werden können.

VPRRS 2014, 0345

EuGH, Urteil vom 08.05.2014 - Rs. C-15/13
Art. 1 Abs. 2 a Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass ein Vertrag über die Lieferung von Waren, der zwischen einer Universität, die ein öffentlicher Auftraggeber ist und die im Bereich der Beschaffung von Waren und Dienstleistungen der Aufsicht eines deutschen Bundeslands unterliegt, und einem privatrechtlichen Unternehmen, das sich in der Hand des Bundes und der Bundesländer, darunter des genannten Bundeslands, befindet, geschlossen worden ist, einen öffentlichen Auftrag im Sinne dieser Vorschrift darstellt und somit den Vorschriften dieser Richtlinie über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen unterliegt.

VPRRS 2014, 0335

OLG Karlsruhe, Urteil vom 04.12.2013 - 15 Verg 9/13
1. Fehlt es an einer konkreten, eindeutigen und erschöpfenden Beschreibung der nachgefragten Leistung, ist die Ausschreibung aufzuheben.
2. Ein Anspruch auf Aufhebung der Aufhebung besteht nur, wenn eine Scheinaufhebung vorliegt, die Aufhebung diskriminierend ist oder ohne erkennbaren sachlichen Grund erfolgt und deshalb als willkürlich erscheint.
3. Eine Scheinaufhebung liegt nicht vor, wenn der Auftraggeber den Auftrag nach der Aufhebung nicht im Verhandlungsverfahren oder freihändig an einen sonst chancenlosen Bieter vergeben will, sondern eine erneute öffentliche Ausschreibung beabsichtigt, an der sich alle beteiligen können.

VPRRS 2014, 0339

OLG München, Beschluss vom 30.04.2014 - Verg 2/14
1. Die Aufforderung der Vergabestelle, einen "Nachweis der Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb nach § 52 KrW/AbfG bzw. § 57 KrWG i.V.m. Entsorgungsfachbetriebeverordnung ..." vorzulegen, darf ein Bieter dahin verstehen, dass er lediglich irgendeine Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb nachweisen muss.
2. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Vergabestelle nicht von Gesetzes wegen gehalten ist, auf der Vorlage des Zertifikats 200140 zu bestehen, kann dieser Aufforderung nicht entnommen werden, dass die Vergabestelle nur Nachweise nach Zertifikat 200140 gefordert hat.

VPRRS 2014, 0336

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2014 - Verg 35/13
1. Bauaufträge nach der ersten Variante des § 99 Abs. 3 GWB betreffen in Anhang I der Richtlinie 2004/18/EG oder in Anhang XII der Richtlinie 2004/17/EG abschließend aufgeführte Bauleistungen. Nur wenn die in den Anhängen aufgeführten Tätigkeiten Hauptgegenstand des Vertrags sind, kann sich der Vertrag auch auf Leistungen anderer Art, namentlich auf Lieferungen, beziehen, ohne deswegen den Charakter als Bauauftrag einzubüßen.*)
2. Als Bauvorhaben ist jedes Vorhaben anzusehen, eine bauliche Anlage (ein Bauwerk) zu errichten oder zu ändern. Bauliche Anlagen (Bauwerke) sind mit dem Erdboden verbundene oder auf ihm ruhende, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen. Dabei muss es sich nicht notwendig um Gebäude handeln.*)
3. Zu einem Fall, in dem trotz eines Anteils von lediglich gut 30 % (Errichten einer Photovoltaikanlage auf einer stillgelegten Abfalldeponie) wegen der vertraglichen Bedeutung und des prägenden Charakters Bauleistungen als Hauptgegenstand des Auftrags anzusehen sind.*)
4. Bauaufträge nach der zweiten Variante des § 99 Abs. 3 GWB beziehen sich auf vollständige Bauwerke (eine Gesamtheit), die spezifisch das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten nach Gruppe 45.2 der oben genannten Richtlinien-Anhänge sind (nicht aber von anderen Bauleistungen), und die ihrem Wesen nach eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen sollen.*)
5. Zur Abgrenzung von Sektorenbauaufträgen und dem allgemeinen Vergaberecht unterliegenden Lieferaufträgen.*)
6. Der Antrag auf Feststellung einer Rechtsverletzung ist jedenfalls unbegründet, wenn eine Klage auf Schadensersatz aussichtslos ist (im Anschluss an OLG Celle, OLG Koblenz, OLG Jena).*)

VPRRS 2014, 0328

OLG Dresden, Urteil vom 13.08.2013 - 16 W 439/13
1. Schreibt ein öffentlicher Auftraggeber seinen Beschaffungsbedarf - auch in Gestalt einer Dienstleistungskonzession - förmlich aus, begründet er damit ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis. Aus diesem Vertrauensverhältnis heraus folgt grundsätzlich ein Anspruch der Bieter auf Unterlassung rechtswidriger Handlungen.
2. Das vergaberechtliche Transparenzgebot, dem auch die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen unterliegt, erfordert, dass der Auftraggeber Wertungskriterien, deren Inhalt sich für die Bieter nicht von selbst versteht, mit den Vergabeunterlagen so konkretisiert, dass der Bieter die dahinterstehenden Wertungspräferenzen des Auftraggebers erkennen und sein Angebot danach einrichten kann.
3. Außerhalb des Anwendungsbereiches des Kartellvergaberechts ist vorbeugender Rechtsschutz für Bieter zulässig. Dass das in den §§ 935 ff ZPO geregelte Verfahren vom Nachprüfungsverfahren des GWB abweicht und durch Auslegung vergaberechtlichen Besonderheiten angepasst werden muss, steht dem nicht entgegen.
4. Ein Unterlassungsanspruch des Bieters kann, falls er Aussicht auf Erfolg hat, entsprechend § 570 Abs. 3 ZPO über eine einstweilige Anordnung bis zur Entscheidung über seine Beschwerde gesichert werden.

VPRRS 2014, 0330

VK Südbayern, Beschluss vom 27.03.2014 - Z3-3-3194-1-01-01/14
1. Das Bayerische Rote Kreuz ist öffentlicher Auftraggeber gem. § 98 Nr. 2 GWB, da Stellen, die unter § 98 Nr. 1 GWB fallen, über seine Leitung die Aufsicht ausüben (entgegen BayObLG, Beschluss vom 10.09.2002 - Verg 23/02, IBR 2002, 676)B. v. 10.09.2002, Az.: Verg 23/02).*)
2. Bei Auftraggebern, die eine Vielzahl verschiedener im Allgemeininteresse liegender Aufgaben nichtgewerblicher Art erfüllen und aufgrund dieser Aufgaben unterschiedlichen staatlichen Aufsichtsbefugnissen unterliegen, ist für die Frage der Erfüllung des Kriteriums der Aufsicht über die Leitung i.S.v. § 98 Nr. 2 GWB für alle Aufsichtsbefugnisse zu klären, ob diese es staatlichen Stellen ermöglichen, die Entscheidungen des Auftraggebers auch in Bezug auf öffentliche Aufträge zu beeinflussen.*)
3. Für die Frage, ob eine Stelle, die unter § 98 Nr. 1 oder 3 GWB fällt, entsprechende Aufsichtsbefugnisse hat, hat die Unterscheidung zwischen Fachaufsicht und Rechtsaufsicht allenfalls Indizcharakter.*)
4. Unrichtige Angaben über eine geforderte Zertifizierung eines technischen Geräts stellen keine unzutreffenden Erklärungen des Bieter zu seiner technischen Leistungsfähigkeit im Sinne von § 6 EG Abs. 6 e VOL/A dar, die fehlende Zertifizierung führt aber ggf. zum Ausschluss gem. § 19 EG Abs. 3 d VOL/A i. V. m. § 13 Abs. 4 VOL/A.*)

VPRRS 2014, 0329

BGH, Beschluss vom 17.10.2013 - 3 StR 167/13
1. Der Tatbestand des § 298 Abs. 1 StGB erfasst beschränkte Ausschreibungen öffentlicher Auftraggeber gemäß § 3 Nr. 3 VOB/A (2006) (heute § 3 Abs. 3 und 4 VOB/A) auch dann, wenn diesen kein öffentlicher Teilnahmewettbewerb vorausgegangen ist.*)
2. Auch ein Angebot, das an so schwerwiegenden vergaberechtlichen Mängeln leidet, dass es zwingend vom Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen werden müsste, kann den Tatbestand des § 298 Abs. 1 StGB erfüllen.*)

VPRRS 2014, 0331

VK Südbayern, Beschluss vom 01.04.2014 - Z3-3-3194-1-03-02/14
1. Der öffentliche Auftraggeber muss den Bietern mit der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen, in jedem Fall aber rechtzeitig vor Ablauf der Angebotsfrist die Zuschlagskriterien, samt sämtlichen Unterkriterien, die er anzuwenden beabsichtigt und deren Gewichtung bekannt geben; bei der Wertung der Angebote sind diese vollständig und ausschließlich zu berücksichtigen (Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.06.2013 - Verg 8/13).*)
2. Nach der derzeit gültigen Rechtslage ist streng zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien zu unterscheiden. Hat die Vergabestelle die erforderlichen fachlichen Kenntnisse eines Unternehmens in Bezug auf eine bestimmte Open-Source-Software (LibreOffice) bereits im Teilnahmewettbewerb bejaht, kann die Einbindung des Unternehmens in die Entwicklercommunity von LibreOffice nicht nochmals als Zuschlagskriterium herangezogen werden.*)
VPRRS 2014, 0306

VK Bund, Beschluss vom 18.11.2013 - VK 1-99/13
1. In Anbetracht des Umstands, dass es dem öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich möglich sein muss, ein unverhältnismäßig niedriges Angebot auszuschließen, das keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Auftragsdurchführung bietet, kann eine starre Aufgreifschwelle den Auftraggeber jedenfalls nicht per se daran hindern, eine Preisaufklärung durchzuführen. Erforderlich ist dafür lediglich, dass ein Angebot "ungewöhnlich niedrig erscheint". Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Angebotspreise des Bestbieters preislich jeweils erheblich über 10% unter denjenigen des jeweils zweitgünstigsten Angebots liegen.
2. Lassen außergewöhnlich hohe Leistungsmaße eine ordnungsgemäße und vertragsgerechte Auftragsdurchführung nicht erwarten, ist das Angebot unauskömmlich. Die Unauskömmlichkeit leitet sich in diesen Fällen daraus ab, dass die vom Bieter angebotene Reinigungsleistung pro Zeiteinheit (qm/Stunde) nicht ausreicht, um die vom Auftraggeber ausgeschriebene Reinigungsqualität zu erreichen.

VPRRS 2014, 0295

VK Bund, Beschluss vom 06.12.2013 - VK 1-103/13
1. Der Transparenzgrundsatz gebietet, dass ein öffentlicher Auftraggeber alle Kriterien, die er seiner Angebotswertung zugrunde legen will, diesen vor Angebotserstellung mitteilt. Aus Gründen der Gleichbehandlung der Bieter darf der öffentliche Auftraggeber seine Wertung anschließend auch nur auf die den Bietern genannten Kriterien und Wertungsmaßstäbe stützen.
2. Die Pflicht zur Bekanntmachung der Wertungskriterien gilt nicht nur für die Zuschlagskriterien im engeren Sinne, sondern für das Wertungssystem insgesamt, also auch für alle Unter- oder Unter-Unterkriterien, Bewertungsmatrizen oder Wertungsleitfäden, die in die Wertung einfließen sollen.

VPRRS 2014, 0327

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.09.2010 - 1 VK 42/10
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2014, 0322

OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.03.2014 - 11 Verg 2/14
Weicht das Angebot eines Bieters von zwingenden Vorgaben des Auftraggebers ab, kann es zur Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach § 97 Abs. 2 GWB auch im Verhandlungsverfahren nach der VOF geboten sein, dieses Angebot von der Wertung auszuschließen.*)

VPRRS 2014, 0296

VK Bund, Beschluss vom 12.12.2013 - VK 1-101/13
1. Der öffentliche Auftraggeber muss den Bietern mit der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen die Zuschlagskriterien, die er anzuwenden beabsichtigt, und deren Gewichtung bekannt geben; bei der Wertung der Angebote sind diese vollständig und ausschließlich zu berücksichtigen. Inwieweit eine Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers besteht, Zuschlagskriterien bzw. Unterkriterien weiter auszudifferenzieren, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
2. Die Grenze, ab der das Offenlassen konkreter Bewertungsmaßstäbe vergaberechtlich unzulässig ist, ist jedenfalls erreicht, wenn die aufgestellten Wertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten informiert werden.
3. Vergabeunterlagen, die keine Erläuterungen enthalten, welche Preisposten in welchem Umfang als Grundlage für die Wertung nach dem Zuschlagskriterium "Preis" herangezogen werden, verstoßen gegen das Transparenzgebot.
4. Folgekosten, die unmittelbar mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen und beim öffentlichen Auftraggeber im Rahmen der Auftragsdurchführung anfallen, dürfen grundsätzlich im Rahmen der Zuschlagsentscheidung berücksichtigt werden. Aus ihrer Eigenschaft als Zuschlagskriterium folgt jedoch, dass sie durch die Angebotsausgestaltung vom Bieter ihrer Höhe nach beeinflusst werden können (müssen). Dies setzt voraus, dass dem Bieter vor Angebotsabgabe die Umstände bekanntgegeben werden, unter denen Folgekosten in welcher Höhe anfallen und als solche in die Wertung unter dem entsprechenden Zuschlagskriterium einfließen.

VPRRS 2014, 0634

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.07.2013 - 1 VK 25/13
1. Der Auftraggeber muss bereits in der Bekanntmachung die Nachweise verlangen, die zur Eignungsprüfung herangezogen werden sollen. Das Gleiche gilt auch für die Kriterien, die der Auftraggeber zu einer Reduzierung der Zahl der Teilnehmer heranziehen will. Das Fehlen dieser Hinweise in der Bekanntmachung ist ein für den Bieter erkennbarer Vergabefehler.
2. Der Auftraggeber ist verpflichtet, die Gründe für die Nichtberücksichtigung eines Angebots so anzugeben, dass der Bieter in Ansätzen nachvollziehen kann, weshalb er nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat. Ein lediglich allgemeiner Hinweis, dass der Bieter unter Berücksichtigung der Wertungskriterien nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat, ist unzureichend.
3. Kann das Angebot eines Bieters inhaltlich nur als Nebenangebot behandelt werden kann, weil es den Anforderungen der Leistungsbeschreibung nicht entspricht, ist vom Verfahren auszuschließen, wenn Nebenangebote nicht zugelassen sind.
4. Die Rügeobliegenheit besteht bereits, wenn Vergabefehler erkennbar sind, und nicht erst, wenn der Bieter diese erkennt.

VPRRS 2014, 0323

OLG Celle, Beschluss vom 24.04.2014 - 13 Verg 2/14
1. Eignungsanforderungen, die in der Vergabebekanntmachung festgelegt wurden, dürfen in den Ausschreibungsunterlagen nicht verschärft werden, können aber auch im Sektorenbereich konkretisiert werden.*)
2. Legt ein Bewerber seinem Teilnahmeantrag die Bestätigung eines Referenzauftraggebers bei, die nicht auf einem vorgegebenen Vordruck erfolgt ist und inhaltlich nicht alle dort erfragten Angaben enthält, kommt eine Nachforderung nicht in Betracht, weil die Bestätigung nicht fehlt oder bereits formal den Anforderungen nicht entspricht.*)
3. In der Vergabebekanntmachung zu einem Verhandlungsverfahren muss nicht bereits die Gewichtung der Auswahlkriterien aufgenommen werden, wenn diese in den Ausschreibungsunterlagen mitgeteilt wird.*)

VPRRS 2014, 0321

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.11.2008 - 1 VK 53/08
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2014, 0320

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.11.2008 - 1 VK 52/08
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2014, 0313

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.09.2013 - 1 VK 27/13
1. Um einen Bieter mangels Eignung von der Wertung ausschließen zu können, benötigt der öffentliche Auftraggeber gesicherte Erkenntnisse. Die Auskunft aus einer Wirtschaftsauskunftsdatei ist dafür nicht ausreichend.
2. Eignungsnachweise, die erst in den Vergabeunterlagen und nicht in der Bekanntmachung genannt werden, muss ein Bieter nicht vorlegen. Ein solches Verhalten darf der Auftraggeber nicht negativ bewerten.

VPRRS 2014, 0310

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.08.2013 - 1 VK 20/13
1. Richtet sich der Beschaffungsbedarf eines öffentlichen Auftraggebers auf ein patentgeschütztes Produkt und kann ein Dritter aufgrund dieses Patentrechts die Leistung nur unter Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsrechts liefern, darf der Auftraggeber nur mit dem Patentinhaber verhandeln.
2. Der öffentliche Auftraggeber kann seinen Beschaffungsbedarf an einem bestimmten Arzneimittel dergestalt definieren, dass zusätzlich zur Lieferpflicht auch ein Patientenbetreuungsprogramm verlangt wird.
3. Ein Rabattvertrag kann mit einer Lieferpflicht dergestalt verbunden werden, dass Bieter, deren Marktstrukturen keine ständige Lieferfähigkeit des Beschaffungsgegenstands gewährleisten, aus dem Verfahren auszuschließen sind.

VPRRS 2014, 0300

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.02.2014 - Verg 29/13
1. Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft, ein Verfahren oder dergleichen im rechtlichen Ansatz ungebunden und weitestgehend frei.
2. Das Vergaberecht regelt nicht, was der öffentliche Auftraggeber beschafft, sondern nur die Art und Weise der Beschaffung. Einer besonderen vergaberechtlichen Ermächtigungsgrundlage bedarf die Bestimmung des Auftragsgegenstands durch den Auftraggeber nicht. Sie ergibt sich aus der Vertragsfreiheit.
3. Der Auftraggeber darf in technischen Anforderungen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren verweisen, wenn dies nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist oder bestimmte Unternehmen oder Produkte dadurch ausgeschlossen oder begünstigt werden. Die derart gesetzten vergaberechtlichen Grenzen der Bestimmungsfreiheit sind eingehalten, wenn die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sind und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.

VPRRS 2014, 0314

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.12.2013 - 2 VK LSA 16/13
(Ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2014, 0312

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.08.2013 - 1 VK 22/13
1. Richtet sich der Beschaffungsbedarf eines öffentlichen Auftraggebers auf ein patentgeschütztes Produkt und kann ein Dritter aufgrund dieses Patentrechts die Leistung nur unter Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsrechts liefern, darf der Auftraggeber nur mit dem Patentinhaber verhandeln.
2. Der öffentliche Auftraggeber kann seinen Beschaffungsbedarf an einem bestimmten Arzneimittel dergestalt definieren, dass zusätzlich zur Lieferpflicht auch ein Patientenbetreuungsprogramm verlangt wird.
3. Ein Rabattvertrag kann mit einer Lieferpflicht dergestalt verbunden werden, dass Bieter, deren Marktstrukturen keine ständige Lieferfähigkeit des Beschaffungsgegenstands gewährleisten, aus dem Verfahren auszuschließen sind.

VPRRS 2014, 0311

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.08.2013 - 1 VK 21/13
1. Richtet sich der Beschaffungsbedarf eines öffentlichen Auftraggebers auf ein patentgeschütztes Produkt und kann ein Dritter aufgrund dieses Patentrechts die Leistung nur unter Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsrechts liefern, darf der Auftraggeber nur mit dem Patentinhaber verhandeln.
2. Der öffentliche Auftraggeber kann seinen Beschaffungsbedarf an einem bestimmten Arzneimittel dergestalt definieren, dass zusätzlich zur Lieferpflicht auch ein Patientenbetreuungsprogramm verlangt wird.
3. Ein Rabattvertrag kann mit einer Lieferpflicht dergestalt verbunden werden, dass Bieter, deren Marktstrukturen keine ständige Lieferfähigkeit des Beschaffungsgegenstands gewährleisten, aus dem Verfahren auszuschließen sind.

VPRRS 2014, 0309

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.06.2013 - 1 VK 15/13
(Ohne amtliche Leitsatz)

VPRRS 2014, 0307

VK Bund, Beschluss vom 23.12.2013 - VK 1-105/13
(ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2014, 0302

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.02.2014 - Verg 42/13
1. Im Anwendungsbereich der VOL/A und der VOL/A-EG ist es nicht (mehr) verboten, den Bieter ein ungewöhnliches Wagnis aufzubürden. Über ein entsprechendes Verbot ist lediglich unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden.
2. Der öffentliche Auftraggeber muss in den Vergabeunterlagen keine Regelungen für lediglich mögliche und/oder zu vermutende Rechtsänderungen treffen.
3. Rechtsänderungen und die Auswirkungen hat der öffentliche Auftraggeber erst vom Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens an zu berücksichtigen. Lediglich sofern Rechtsänderungen vor Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe eintreten, können sie den Auftraggeber unter Umständen zu einer Wiedereröffnung der Angebotsphase verpflichten.

VPRRS 2014, 0299

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.02.2014 - Verg 32/13
Vertragsänderungen sind als eine ausschreibungspflichtige Neuvergabe anzusehen, wenn sie wesentlich andere Merkmale aufweisen als der ursprüngliche Auftrag und wenn sie infolgedessen den Willen der Parteien zur Neuverhandlung wesentlicher Bestimmungen des Vertrags erkennen lassen.

VPRRS 2014, 0293

VK Lüneburg, Beschluss vom 03.02.2014 - VgK-48/2013
1. Dem Auftraggeber ist es verwehrt, bereits gesichtete und geprüfte Angebotsbestandteile aus einem vorangegangenen inzwischen unwirksamen Angebot im Zuge der finalen Angebotswertung erneut zu berücksichtigen. Stattdessen ist er dazu gehalten, sein Ermessen darüber auszuüben, ob er die im finalen Angebot fehlenden Angebotsbestandteile nachfordert.
2. Unter dem Begriff der Erklärungen in § 19 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A gehören nicht nur Bietererklärungen zum Nachweis der Eignung, sondern auch Ablaufkonzepte, technische Nachweise und Skizzen sowie Muster. Denn auch Muster lassen durch ihre Beschaffenheit Rückschlüsse auf die angebotene Leistung zu.
3. Zu den vergaberechtlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Dokumentation.
4. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht gehindert, sich bei der Vorbereitung und Durchführung eines Vergabeverfahrens ganz oder teilweise der Hilfe Dritter zu bedienen, die über einen qualifizierten Sachverstand verfügen. Nicht zulässig ist es dagegen, die Verantwortung für die Vergabe an externe Dritte vollständig zu übertragen.
5. Der Auftraggeber hat das Handeln der eingeschalteten Stelle zu begleiten, zu überwachen und ggf. zu korrigieren. Er muss insbesondere eigenverantwortlich die wesentlichen Schritte des Vergabeverfahrens durchführen und nachvollziehen. Die Mitwirkung am Vergabeverfahren darf sich nicht auf ein bloßes "Abnicken" beschränken.
