Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
4933 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2021
VPRRS 2021, 0157EuGH, Urteil vom 17.06.2021 - Rs. C-23/20
1. Art. 49 Richtlinie 2014/24/EU sowie deren Anhang V Teil C Nr. 7, 8 und 10 a in Verbindung mit deren Art. 33 und den in Art. 18 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Transparenz sind dahin auszulegen, dass in der Bekanntmachung sowohl die Schätzmenge und/oder der Schätzwert als auch eine Höchstmenge und/oder ein Höchstwert der gemäß der Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren anzugeben sind und dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge oder dieser Wert erreicht ist.*)
2. Art. 49 Richtlinie 2014/24 sowie deren Anhang V Teil C Nr. 7 und 10 a in Verbindung mit deren Art. 33 und den in Art. 18 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Transparenz sind dahin auszulegen, dass die Schätzmenge und/oder der Schätzwert sowie eine Höchstmenge und/oder ein Höchstwert der gemäß der Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren als Gesamtmenge oder -wert in der Bekanntmachung anzugeben sind und dass in dieser Bekanntmachung zusätzliche Anforderungen festgelegt werden können, über deren Aufnahme in die Bekanntmachung der öffentliche Auftraggeber entscheidet.*)
3. Art. 2d Abs. 1 a Richtlinie 89/665/EWG ist dahin auszulegen, dass er nicht anwendbar ist, wenn eine Auftragsbekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, selbst wenn zum einen die Schätzmenge und/oder der Schätzwert der gemäß der geplanten Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren nicht aus der Bekanntmachung, sondern aus der Beschreibung hervorgehen und zum anderen weder in der Bekanntmachung noch in der Beschreibung eine Höchstmenge und/oder ein Höchstwert der gemäß der Rahmenvereinbarung zu liefernden Waren angegeben sind.*)
VolltextVPRRS 2021, 0144
VK Bund, Beschluss vom 02.06.2021 - VK 2-47/21
Die "technische" Unterstützung des öffentlichen Auftraggebers bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens durch die weitgehend selbstständige Bearbeitung und Abwicklung des Verfahrens mit Ausnahme der Wertungsentscheidung stellt keine Rechtsberatung dar. Das gilt auch dann, wenn die Unterstützungsleistung eingehende vergaberechtliche Kenntnisse voraussetzt.
VolltextVPRRS 2021, 0147
VK Rheinland, Beschluss vom 19.05.2021 - VK 6/21
1. Beteiligen sich mehrere konzernverbundene Unternehmen an einer Ausschreibung mit eigenen Angeboten, besteht im Hinblick auf § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB grundsätzlich eine widerlegbare Vermutung dafür, dass der Geheimwettbewerb zwischen den Unternehmen nicht gewahrt ist. Die Widerlegung der Vermutung obliegt den konzernverbundenen Unternehmen.*)
2. Zur Widerlegung der Vermutung reicht es dabei nicht, dass die verbundenen Unternehmen versichern, sich im Rahmen der konkreten Ausschreibung wettbewerbskonform verhalten zu haben. Vielmehr obliegt den verbundenen Unternehmen die Darstellung derjenigen strukturellen Umstände, die einen Wettbewerbsverstoß bereits im Ansatz effektiv verhindern.*)
3. Unternehmen, die über identische Gesellschafter, einen identischen Geschäftsführer verfügen, einen identischen IT-Dienstleister einsetzen und auf dem identischen Geschäftsfeld am Markt tätig sind, sind in vergaberechtlicher Hinsicht verbundene Unternehmen i.S.d. § 36 Abs. 2 GWB.*)
4. Der im Rahmen des § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB grundsätzlich bestehende Beurteilungsspielraum zu der Frage, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des Ausschlussgrundes gegeben sind, ist ausnahmsweise auf Null reduziert, wenn die verbundenen Unternehmen die bestehende Vermutung der Verletzung des Geheimwettbewerbs nicht durch konkrete Darlegung von strukturellen Maßnahmen, die den Wettbewerbsverstoß bereits im Ansatz effektiv verhindern, entkräften.*)
5. Auch wenn es sich bei § 124 Abs. 1 GWB um fakultative Ausschlussgründe handelt mit der Folge, dass dem öffentlichen Auftraggeber auch bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen hinsichtlich des "Obs" der Ausschlussentscheidung ein Ermessen unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zusteht, führt die Verwirklichung des Tatbestandes des § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB in der Regel zu einer Ermessensreduzierung auf Null.*)
VolltextVPRRS 2021, 0141
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.05.2020 - Verg 26/19
1. Der öffentliche Auftraggeber darf den Zuschlag auf ein Angebot ablehnen, wenn er die geringe Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten nicht zufriedenstellend aufklären kann.
2. Eine Aufklärung ist nicht zufriedenstellend, wenn sie trotz pflichtgemäßer Anstrengung des öffentlichen Auftraggebers keine gesicherte Tatsachengrundlage für die Feststellung bietet, das Angebot sei angemessen und der Bieter sei in der Lage, den Vertrag ordnungsgemäß durchzuführen.
3. Dem öffentlichen Auftraggeber ist bei der Entscheidung über den Angebotsausschluss ein Ermessen eingeräumt. Die Ablehnung des Zuschlags ist grundsätzlich geboten, wenn der Auftraggeber verbleibende Ungewissheiten nicht zufriedenstellend aufklären kann.
4. Der Auftragsgegenstand ist in der Leistungsbeschreibung so genau wie möglich zu beschreiben. Bieter sind darin über alle preisrelevanten Faktoren vor der Kalkulation der Preise aufzuklären.
5. Der öffentliche Auftraggeber kann und muss nicht jede erdenkliche Variable bei einer ausgeschriebenen Vertragslaufzeit über mehrere Jahre antizipieren. Abzuverlangen ist ihm aber, dass er durch Überlassung aller ihm zur Verfügung stehenden Informationen und Zahlen eine Prognose über das Auftragsvolumen ermöglicht.
VolltextVPRRS 2021, 0138
VK Bund, Beschluss vom 06.05.2021 - VK 2-33/21
1. Die Vorschrift des § 132 GWB über Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit findet auch gegenüber Sektorenauftraggebern Anwendung.
2. Eine 90%-ige Reduzierung einzelner Positionen eines Leistungsverzeichnisses ist nicht wesentlich, wenn die Reduktion des Angebotspreises aufgrund des verminderten Leistungsumfangs bei deutlich unter 10% liegt.
VolltextVPRRS 2021, 0113
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.02.2021 - Verg 22/20
1. Ein öffentlicher Auftraggeber ist aufgrund eines einmal eingeleiteten Vergabeverfahrens nicht zur Zuschlagserteilung verpflichtet. Er kann jederzeit auf die Vergabe eines Auftrags verzichten, unabhängig davon, ob die gesetzlich normierten Aufhebungsgründe erfüllt sind.
2. Liegen Aufhebungsgründe nicht vor, bleibt der Bieter grundsätzlich auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen beschränkt.
3. Nur in Ausnahmefällen kann ein Anspruch auf Fortsetzung des Vergabeverfahrens angenommen werden, insbesondere wenn der Auftraggeber für die Aufhebung der Ausschreibung keinen sachlich gerechtfertigten Grund angegeben hat und sie deshalb willkürlich ist oder die Aufhebung bei fortbestehender Beschaffungsabsicht nur zu dem Zweck erfolgt, Bieter zu diskriminieren.
4. Der Auftraggeber ist zur Aufhebung berechtigt, wenn sich die Grundlage des Vergabeverfahrens durch die pandemische Verbreitung des neuartigen Corona-Virus wesentlich geändert hat.
VolltextVPRRS 2021, 0112
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.07.2020 - Verg 6/20
Wird das Angebot entgegen den Vergabeunterlagen nicht vom eigenen Benutzerkonto des Bieters oder des von ihm dazu Bevollmächtigten hochgeladen, verstößt das gegen vom Auftraggeber aufgestellte Sicherheitsvorgaben. Ein solcher Verstoß stellt aber keinen zwingenden Ausschlussgrund dar.
VolltextVPRRS 2021, 0034
VK Lüneburg, Beschluss vom 17.12.2020 - VgK-42/2020
1. Vergabestellen können Zuschlagskriterien ohne Bewertungsmaßstäbe in einem relativen Vergleich der vorliegenden Angebote bewerten.
2. Auch bei der maximal offenen relativen Bewertungsmethode kann Bietern unter Hinweis auf Geschäftsinteressen ihrer Mitbewerber Einsicht in die Angebotsunterlagen und Wertungsdokumente verwehrt werden.
VolltextVPRRS 2021, 0104
BGH, Urteil vom 08.12.2020 - KZR 124/18
1. Ein privater Vermieter, der aufgrund seiner marktbeherrschenden Stellung vor einer Vermietung den aktuellen Bedarf im Wege der Ausschreibung ermitteln muss, ist nicht verpflichtet, ein förmliches, die Vorschriften des Vergaberechts beachtendes Ausschreibungsverfahren durchzuführen und dessen Grundsätze einzuhalten.
2. Bei Verträgen, die aufgrund der Länge ihrer Laufzeit gegen das Behinderungs- oder Diskriminierungsverbot des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB verstoßen, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sie im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion auf das zeitlich zulässige Maß zurückzuführen.
3. Die berechtigte Verkehrserwartung der Besucher einer Kfz-Zulassungsstelle, dass sich in dem Gebäude oder in unmittelbarer räumlicher Nähe Ladenlokale von Schilderprägern befinden, bei denen sie im Anschluss an die behördlich erteilte Zulassung zügig die erforderlichen Kfz-Kennzeichen erwerben können, kann zur Folge haben, dass einem in dem Gebäude tätigen Schilderpräger kein vertragsimmanenter Konkurrenzschutz zukommen kann.
VolltextVPRRS 2021, 0101
OLG München, Beschluss vom 24.03.2021 - Verg 12/20
1. Schreibt der Aufraggeber "Einkaufsdienstleistungen" aus, ist ein "Warenkorb" kein zulässiges Zuschlagskriterium, wenn die abgefragten Preise des Warenkorbs keine effektive Ermittlung des wirtschaftlichen Angebots ermöglichen.
2. An die Rüge ist ein eher großzügiger Maßstab anzulegen. Der Bieter hat - soweit es ihm möglich ist - tatsächliche Anhaltspunkte oder Indizien vorzutragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen.
3. Es ist nicht erforderlich, dass das Schreiben ausdrücklich als Rüge bezeichnet wird, es genügt vielmehr, dass inhaltlich hervorgeht, dass Verstöße gegen vergaberechtliche Bestimmungen geltend gemacht und dass Abhilfe begehrt wird.
4. Es ist ausreichend, dass ein Bieter mit der Rüge die auf den Vergaberechtsverstoß hindeutenden Tatsachen substantiell und konkret benennt und deutlich macht, worin er den Verstoß sieht. Er muss nicht die damit verbundenen Rechtsfragen vollständig und in Gänze durchdringen.
VolltextVPRRS 2021, 0082
VK Bund, Beschluss vom 12.01.2021 - VK 1-112/20
1. Der Auftragsgegenstand ist so eindeutig und erschöpfend wie möglich zu beschreiben, so dass die Beschreibung für alle Unternehmen im gleichen Sinne verständlich ist und die Angebote miteinander verglichen werden können.
2. Die Leistungsbeschreibung muss es den Bietern ermöglichen, ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten zu kalkulieren.
3. Dass Bieter oder Bewerber Vergabeunterlagen auslegen müssen, um das vom öffentlichen Auftraggeber Verlangte zu erkennen, ist als solches vergaberechtskonform. Komplexe Anforderungen lassen sich mitunter nicht so formulieren, dass sie sofort auf den ersten Blick und ohne Nachdenken verständlich sind.
4. Beim Abschluss einer Rahmenvereinbarung sind die Anforderungen an die Bestimmtheit der Leistungsbeschreibung infolge der flexibleren Gestaltung, was Menge und Zeitpunkt des Abrufs der ausgeschriebenen Unterstützungsleistungen angeht, geringer anzusetzen als bei einer gewöhnlichen Ausschreibung.
5. Die Anforderung einer eindeutigen und erschöpfenden Beschreibung der Leistung hat mit der Frage, ob bestimmte Risiken auf den Auftragnehmer verlagert werden können, unmittelbar nichts zu tun. Die vom Auftragnehmer zu erbringende Leistung kann klar und erschöpfend beschrieben werden und gleichzeitig können ihm ungewöhnliche Risiken auferlegt werden, solange diese Risiken nur eindeutig benannt sind.
VolltextVPRRS 2021, 0077
VK Bund, Beschluss vom 23.12.2020 - VK 1-104/20
1. Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Dieses bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis.
2. Der Auftraggeber legt fest, wie er das Preis-Leistungs-Verhältnis bewertet, wenn sich bei den Angebotspreisen einerseits und der Qualität des Angebots andererseits unterschiedliche Rangfolgen ergeben.
3. Eine vom Auftraggeber der Wertung zugrunde gelegte Methodik bestehend aus einer qualitativen Punktwertung und der Bewertung eines durchschnittlichen Preises basierend auf drei Auslastungsszenarien ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden.
4. Ein durchschnittlicher fachkundiger Bieter kann die (mögliche) Intransparenz der Wertungssystematik im Allgemeinen und der Auswirkung von verschiedenen Punktszenarien qualitativer Art einschließlich einer Niedrigpreis-Strategie erkennen und muss diese daher rechtzeitig rügen.
VolltextVPRRS 2021, 0066
BVerwG, Beschluss vom 15.12.2020 - 10 C 24.19
Das Informationsfreiheitsgesetz wird nach Abschluss des Vergabeverfahrens nicht durch Vorschriften der Vergabeverordnung verdrängt. § 5 Abs. 2 Satz 2 VgV ist eine Vertraulichkeitsregelung im Sinne von § 3 Nr. 4 IFG.*)
VolltextVPRRS 2021, 0061
LG Neubrandenburg, Urteil vom 12.02.2021 - 1 S 19/19
1. Übernimmt ein Straßenreinigungsunternehmen nach der Beseitigung der Verunreinigung die Einziehung des von dem jeweiligen Geschädigten an ihn abgetretenen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Reinigungskosten, so liegt in der Einziehung kein eigenständiges Geschäft i.S.v. § 2 Abs. 2 RDG vor.*)
2. Die Einziehung ist jedenfalls erlaubt, wenn nur die Höhe in Streit steht (§ 5 Abs. 1 RDG).*)
VolltextVPRRS 2021, 0056
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.02.2021 - 4 A 2038/16
1. Die fehlerhafte Wahl der Verfahrensart stellt zwar in der Regel einen schwerwiegenden Vergaberechtsverstoß dar. Diese Regelannahme entbindet den Zuwendungsgeber aber nicht davon, die Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu würdigen.
2. Es ist zweifelhaft, ob die in Abschnitt 3 VOL/A 2009 geregelten b-Paragraphen einen Vorrang des Offenen Verfahrens gegenüber dem Nichtoffenen Verfahren vorsahen.
3. Die Wahl des Vergabeverfahrens in einem Vergabevermerk hinreichend zu dokumentieren.
VolltextVPRRS 2021, 0053
EuGH, Beschluss vom 30.06.2020 - Rs. C-618/19
Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Bestimmung entgegensteht, die die freihändige Vergabe des Auftrags über Dienstleistungen der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer an eine nichtwirtschaftliche öffentliche Einrichtung, die mit der Führung des öffentlichen Kraftfahrzeugregisters betraut ist, ohne Ausschreibung gestattet.*)
VolltextVPRRS 2021, 0042
EuGH, Urteil vom 03.02.2021 - Rs. C-156/19
1. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass bei einer Einrichtung, die mit im nationalen Recht abschließend festgelegten öffentlichen Aufgaben betraut ist, auch dann angenommen werden kann, dass sie im Sinne dieser Bestimmung zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, wenn sie nicht in der Form einer öffentlichen Verwaltungsstelle, sondern in der Form eines privatrechtlichen Vereins gegründet wurde und bestimmte ihrer Tätigkeiten, hinsichtlich deren sie über Eigenfinanzierungskapazität verfügt, keinen öffentlichen Charakter haben.*)
2. Die zweite der in Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c der Richtlinie 2014/24 aufgeführten Tatbestandsvarianten ist dahin auszulegen, dass in dem Fall, dass ein nationaler Sportverband nach dem nationalen Recht über Leitungsautonomie verfügt, nur dann anzunehmen ist, dass die Leitung dieses Verbands der Aufsicht einer öffentlichen Einrichtung untersteht, wenn sich aus einer Gesamtwürdigung der Befugnisse dieser Einrichtung gegenüber dem Verband ergibt, dass eine aktive Aufsicht über die Leitung vorliegt, die diese Autonomie faktisch so sehr in Frage stellt, dass sie es der Einrichtung ermöglicht, die Entscheidungen des Verbands im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beeinflussen. Der Umstand, dass die verschiedenen nationalen Sportverbände die Tätigkeit der betreffenden öffentlichen Einrichtung dadurch beeinflussen, dass sie mehrheitlich an deren wichtigsten beratenden Kollegialorganen beteiligt sind, ist nur dann maßgeblich, wenn sich feststellen lässt, dass jeder dieser Verbände für sich genommen in der Lage ist, einen so erheblichen Einfluss auf die von dieser Einrichtung ihm gegenüber geführte öffentliche Aufsicht auszuüben, dass diese Aufsicht neutralisiert und er damit die Entscheidungshoheit über seine Leitung wiedererlangen würde, und zwar ungeachtet des Einflusses der anderen nationalen Sportverbände, die sich in einer ähnlichen Lage befinden.*)
VolltextVPRRS 2021, 0041
EuGH, Urteil vom 03.02.2021 - Rs. C-155/19
1. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 a Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass bei einer Einrichtung, die mit im nationalen Recht abschließend festgelegten öffentlichen Aufgaben betraut ist, auch dann angenommen werden kann, dass sie im Sinne dieser Bestimmung zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, wenn sie nicht in der Form einer öffentlichen Verwaltungsstelle, sondern in der Form eines privatrechtlichen Vereins gegründet wurde und bestimmte ihrer Tätigkeiten, hinsichtlich deren sie über Eigenfinanzierungskapazität verfügt, keinen öffentlichen Charakter haben.*)
2. Die zweite der in Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 c Richtlinie 2014/24/EU aufgeführten Tatbestandsvarianten ist dahin auszulegen, dass in dem Fall, dass ein nationaler Sportverband nach dem nationalen Recht über Leitungsautonomie verfügt, nur dann anzunehmen ist, dass die Leitung dieses Verbands der Aufsicht einer öffentlichen Einrichtung untersteht, wenn sich aus einer Gesamtwürdigung der Befugnisse dieser Einrichtung gegenüber dem Verband ergibt, dass eine aktive Aufsicht über die Leitung vorliegt, die diese Autonomie faktisch so sehr infrage stellt, dass sie es der Einrichtung ermöglicht, die Entscheidungen des Verbands im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beeinflussen. Der Umstand, dass die verschiedenen nationalen Sportverbände die Tätigkeit der betreffenden öffentlichen Einrichtung dadurch beeinflussen, dass sie mehrheitlich an deren wichtigsten beratenden Kollegialorganen beteiligt sind, ist nur dann maßgeblich, wenn sich feststellen lässt, dass jeder dieser Verbände für sich genommen in der Lage ist, einen so erheblichen Einfluss auf die von dieser Einrichtung ihm gegenüber geführte öffentliche Aufsicht auszuüben, dass diese Aufsicht neutralisiert und er damit die Entscheidungshoheit über seine Leitung wiedererlangen würde, und zwar ungeachtet des Einflusses der anderen nationalen Sportverbände, die sich in einer ähnlichen Lage befinden.*)
VPRRS 2021, 0022
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.12.2020 - 15 Verg 8/20
1. Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten, die für die Regelverfahren oder für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vorgeschrieben sind.
2. Die Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit dürfen dem öffentlichen Auftraggeber nicht zuzurechnen sein.
3. Dauerschuldverhältnisse, die wegen Dringlichkeit aufgrund eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb eingegangen werden, müssen auf einen Zeitraum beschränkt werden, in dem eine Auftragsvergabe aufgrund eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens möglich ist.
4. Grundsätzlich ist die Dauer eines Vertrags auf den Zeitraum zu beschränken, der für die Erhaltung der Kontinuität der Leistungserbringung während der Vorbereitung und Durchführung eines sich anschließenden ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens erforderlich ist.
VolltextVPRRS 2021, 0031
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.03.2020 - 2 VK LSA 40/19
1. Die nachträgliche Hinzunahme eines Nachunternehmers stellt eine vergaberechtlich unzulässige Modifikation des Angebots dar. Das Verbot des § 15 Abs. 5 S. 2 VgV gilt auch i.V.m. § 60 VgV. Bei anderer Betrachtungsweise stünde zu befürchten, dass der Wettbewerb durch nachträgliche Modifikationen des Angebotes beeinträchtigt oder gar aufgehoben wird. Es ist in jeder Hinsicht zu gewährleisten, dass die Angebote ab der Angebotsabgabe
nicht mehr nachträglich verändert werden dürfen und insoweit alle Bieter eine Gleichbehandlung erfahren. Dieser fundamentale Vergabegrundsatz gilt auch im Zusammenhang mit der Aufklärung eines Angebots mit ungewöhnlich niedrig erscheinendem Preis.
2. Der Antragsteller hat keinen Schaden, wenn er bei objektiver Betrachtung keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlags hat, weil sein Angebot unabhängig vom Vorbringen im Nachprüfungsverfahren ohnehin zwingend hätte ausgeschlossen werden müssen. Bei dieser Sachlage sind die Nachprüfungsinstanzen nicht berechtigt, in das Vergabeverfahren einzugreifen.
VolltextOnline seit 2020
VPRRS 2020, 0348VK Nordbayern, Beschluss vom 22.10.2020 - RMF-SG 21-3194-5-33
1. Im Hinblick auf das Transparenzgebot muss der Auftraggeber die Kriterien, auf deren Basis er unter den generell geeigneten Bewerbern diejenigen auswählt, die zu Vertragsverhandlungen aufgefordert werden, in der Bekanntmachung angeben. Öffentliche Auftraggeber verfügen bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens über einen gewissen Beurteilungsspielraum. Insbesondere im Hinblick auf die hinreichende Eignung eines Bieters anhand der eingereichten Referenzen kommt der Beurteilungsspielraum zum Tragen. Nachprüfungsinstanzen können solche Entscheidungen von öffentlichen Auftraggebern nur eingeschränkt überprüfen. Im Vergabenachprüfungsverfahren ist daher nur kontrollfähig, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, die Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers nicht auf sachwidrigen Erwägungen beruhen und nicht gegen allgemein gültige Vergabegrundsätze verstoßen worden ist.*)
2. Die Vergabestelle hat ihren Beurteilungsspielraum überschritten, wenn sie ohne Kenntnis der Umsatzzahlen die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit beurteilt hat.*)
3. Die Möglichkeit zur Nachforderung von bieterbezogenen Unterlagen, die Aspekte der Eignung betreffen, besteht nur bis zum Abschluss des Teilnahmewettbewerbs, da gem. § 42 Abs. 2 VgV nur solche Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden dürfen, die ihre Eignung im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs nachgewiesen haben. Nur wenn neue Erkenntnisse vorliegen, darf der Auftraggeber nochmals in die Eignungsprüfung eintreten.*)
VolltextVPRRS 2020, 0346
VK Thüringen, Beschluss vom 28.10.2020 - 250-4003-4720/2020-E-009-SLF
1. Ein interessierter Marktteilnehmer kann nicht nur gegen eine bereits erfolgte, sondern auch gegen eine unmittelbar bevorstehende De-facto-Vergabe mit einem Antrag auf Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens vorgehen.
2. Die Vergabekammer hat bei besonders schwer wiegenden Vergabeverstößen die Möglichkeit eines Einwirkens auf das (Vergabe-)Verfahren, selbst wenn bereits eine Rügepräklusion eingetreten sein sollte. Dies ist (auch) der Fall, wenn ein förmliches Vergabeverfahren und eine europaweite Auftragsbekanntmachung gänzlich unterblieben sind.
3. Der Begriff der Entgeltlichkeit ist weit zu verstehen und nicht auf die Zahlung eines Geldbetrags durch den Auftraggeber beschränkt. Ausreichend ist jeder vom Auftragnehmer für seine Leistung erlangte geldwerte Vorteil.
4. Die Entgeltlichkeit eines Vertrags ist auch dann anzunehmen, wenn der Auftraggeber dem Auftragnehmer anstelle der Zahlung eines Geldbetrags Sachwerte unentgeltlich überlässt und für die Überlassung üblicherweise ein Entgelt zu zahlen gewesen wäre.
5. Auch das Sozialrecht entfaltet keine Sperrwirkung gegenüber dem Vergaberecht. Das Vergaberecht stellt allgemeine Verfahrensregeln für die Beschaffung von Waren und Bau- und Dienstleistungen durch die öffentliche Hand auf und erfasst damit grundsätzlich auch den Fall, dass sich die öffentliche Hand bei der Erbringung von sozialen Leistungen externer Leistungserbringer bedient.
6. Ein öffentlicher Auftraggeber ist verpflichtet, einen öffentlichen Auftrag bei Überschreitung der sog. EU-Schwellenwerte europaweit auszuschreiben (Auftragsbekanntmachung).
7. Die Auftragsbekanntmachung muss spätestens zu dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem eine konkrete Beschaffungsabsicht besteht bzw. objektiv nach außen bekannt gemacht worden ist.
VPRRS 2020, 0331
OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.09.2020 - 11 Verg 7/20
1. Die Erledigung eines Vergabenachprüfungsverfahrens kann gem. § 166 Abs. 2 Satz 2, § 178 GWB "in sonstiger Weise" auch dann eintreten, wenn das Verfahren durch andere als die im Gesetz aufgeführten Ereignisse, die weder dem Antragsteller noch dem Beigeladenen zuzurechnen sind, gegenstandslos wird.*)
2. Hat die Vergabestelle unter Verletzung der Warte- und Informationspflicht einem der Bieter den Zuschlag erteilt, so kann sich ein auf das negative Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch des unterlegenen Bieters ergeben, wenn die Vergabestelle die bei der Wertung berücksichtigten Unterkriterien den Bietern nicht hinreichend transparent mitgeteilt hat.*)
VPRRS 2020, 0320
VK Berlin, Beschluss vom 24.09.2020 - VK B 1-10/19
1. Das Zuschlagsverbot entsteht erst mit Information der Vergabestelle in Textform durch die Vergabekammer, eine Information durch den Antragsteller reicht nicht.
2. Ein Zuschlagsverbot ergibt sich auch nicht durch die Kenntnis des Antragsgegners von dem Eingang eines Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer.
3. Eine Leistungsbeschreibung ist eindeutig, wenn Unternehmen sie ohne große Auslegungsbemühungen verstehen können. Die Vergabeunterlagen müssen so gefasst sein, dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter diese bei Anwendung der üblichen Sorgfalt in gleicher Weise auslegen können.
4. Ist eine Leistungsbeschreibung nicht eindeutig, muss der dem Bieter günstigeren Auslegung der Leistungsbeschreibung der Vorrang eingeräumt werden. Unklarheiten dürfen nicht zulasten von Bietern gehen und insbesondere nicht zum Angebotsausschluss führen, wenn nach der für den Bieter günstigen Auslegungsmöglichkeit ein Ausschluss wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen nicht gegeben wäre.
5. Für die Einhaltung rechtlicher Vorgaben bei der Nutzung oder Inanspruchnahme von Leistungen oder Gegenständen ist der öffentlicher Auftraggeber selbst verantwortlich. Der Auftraggeber trägt insbesondere auch das Risiko, dass die Leistungserbringung wie vertraglich vereinbart von der zuständigen Behörde moniert oder gar untersagt wird.
VolltextVPRRS 2020, 0321
VK Sachsen, Beschluss vom 24.07.2020 - 1/SVK/017-20
1. Die Formulierung im Formblatt 211 EU, wonach Werkstätten für Behinderung bei der Berechnung der Wertungssumme ein Bonus i.H.v. 15% zu gewähren ist, führt nicht dazu, dass (auch) Inklusionsunternehmen ein entsprechender Bonus bei der Wertung zuzusprechen ist.*)
2. Aus der Vorschrift des § 224 Abs. 2 SGB IX, wonach auch Inklusionsbetriebe bei der Auftragsvergabe durch die öffentliche Hand bevorzugt zu berücksichtigen sind, lässt sich nicht herleiten, dass Inklusionsunternehmen im Rahmen der Wertung wie eine Werkstatt für Behinderte zu behandeln sind und ihnen ein entsprechender Bonus zu gewähren ist, wenn dies in den Vergabeunterlagen so nicht ausdrücklich vorgesehen ist.*)
3. Weder aus der Bevorzugten-Richtlinie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 10.05.2001 noch aus dem Referentenentwurf zur Bevorzugten-Verwaltungsvorschrift lässt sich für den sog. Oberschwellenbereich ableiten, dass Inklusionsunternehmen in der Wertung wie Werkstätten für Behinderte zu behandeln sind, falls dies in den Vergabeunterlagen so nicht vorgesehen ist.*)
VolltextVPRRS 2020, 0300
VK Berlin, Beschluss vom 09.03.2020 - VK B 1-43/19
Ein Kooperationsvertrag zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einer staatlichen Hochschule ist ein (ausschreibungspflichtiger) öffentlicher Auftrag, wenn es sich bei den zu erbringenden Leistungen um reine Hilfsdienstleistungen handelt und die zu erfüllende öffentliche Aufgabe lediglich einem der Beteiligten obliegt.
VolltextVPRRS 2020, 0283
VK Bund, Beschluss vom 04.08.2020 - VK 1-46/20
1. Der Bieter hat keinen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber auf die von ihm gesetzten Unterauftragnehmer einwirkt, um diese dazu zu bewegen, auch in ihren potentiellen Verträgen mit dem Bieter als Hauptauftragnehmer die Geltung der Vertragsbedingungen des Auftraggebers zu akzeptieren.
2. Eine Unzumutbarkeit der Kalkulation ergibt sich nicht daraus, dass einzelne der gesetzten Nachunternehmer dem Bieter kein Angebot für die Erbringung der gewünschten Leistung abgegeben haben.
3. Der Auftraggeber darf durchaus riskante Leistungen ausschreiben, die er lediglich ergebnisorientiert definiert und in der Menge bestenfalls hochgerechnet (geschätzt), aber nicht in allen Einzelheiten zuvor ermittelt hat.
4. Der Auftraggeber kann zur eigenen Absicherung verlangen, dass für den Auftrag ein bestimmter Versicherungsschutz abgeschlossen wird.
VolltextVPRRS 2020, 0282
VK Berlin, Beschluss vom 22.01.2020 - VK B 1-38/19
1. Der Betreiber eines Übertragungsnetzes in der Rechtsform einer GmbH nach deutschem Recht ist ein Energieversorgungsunternehmen und damit Sektorenauftraggeber, wenn sich mehr als die Hälfte des Unternehmenskapitals im Besitz öffentlicher Auftraggeber befindet. Das gilt auch dann, wenn es sich teilweise um ausländische (hier: belgische) Kommunen handelt.
2. Wird in der Bekanntmachung eine mindestens dreijährige Geschäftstätigkeit nicht wirksam gefordert, stellt sie keine Mindestanforderung an die Eignung dar.
3. Eignungsanforderungen können in den Vergabeunterlagen konkretisiert werden. Konkretisierungen dürfen die in der Bekanntmachung aufgestellten Kriterien und Nachweise jedoch weder verschärfen noch aufweichen.
VolltextVPRRS 2020, 0280
EuGH, Urteil vom 10.09.2020 - Rs. C-367/19
Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2365 der Kommission vom 18.12.2017 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags keine Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Angebots eines Bieters allein aus dem Grund darstellt, dass der in dem Angebot vorgeschlagene Preis null Euro beträgt.*)
VolltextVPRRS 2020, 0274
VK Lüneburg, Beschluss vom 14.07.2020 - VgK-13/2020
1. In der Leistungsbeschreibung ist der Auftragsgegenstand so eindeutig und erschöpfend wie möglich zu beschreiben, so dass die Beschreibung für alle Unternehmen im gleichen Sinn verständlich ist und die Angebote miteinander verglichen werden können. Daran fehlt es, wenn die Vergabeunterlagen von den Bietern mit den wirtschaftlichsten Angeboten grundlegend unterschiedlich interpretiert werden und sich verschiedene Interpretationen aus dem Vertragstext entnehmen lassen.
2. Der Auftraggeber hat die Vergabeunterlagen einfach zu halten. Er soll die Bieter nicht durch falsche Begriffe verwirren.
3. Antworten auf Bieterfragen sind allen Bietern zur Verfügung zu stellen.
4. Das Angebot darf nicht vom Inhalt der Vergabeunterlagen abzuweichen. Das Begleitschreiben ist Teil des Angebots.
VolltextVPRRS 2020, 0262
OVG Thüringen, Beschluss vom 26.02.2020 - 3 VO 517/17
1. Die Vergabe der Dienstleistungskonzession in Form eines Vertrags ist nicht per se dem Privatrecht zuzuordnen. Vielmehr ist zu unterscheiden, ob es sich hierbei um ein privatrechtliches oder ein öffentlich-rechtliches Vertragsverhältnis handelt.
2. Für die Abgrenzung zwischen einem Vertragsverhältnis nach öffentlichem oder privatem Recht ist entscheidend auf den Gegenstand des Vertrags abzustellen. Es kommt darauf an, ob sich der wesentliche und prägende Regelungsgegenstand des Vertrags auf Sachverhalte bezieht, die von der gesetzlichen Ordnung im öffentlichen Recht oder im Privatrecht geregelt sind.
3. Ein Vertrag über die Gestaltung eines kommunalen (hier: Weihnachts-)Markts ist als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren, wenn er durch Normen des öffentlichen Rechts geprägt ist. Liegt der Auftragswert unter den vergaberechtlichen Schwellenwerten, ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet.
VolltextVPRRS 2020, 0258
EuGH, Beschluss vom 25.05.2020 - Rs. C-643/19
1. In einem Vorabentscheidungsersuchen sind die tatsächlichen und rechtlichen Umstände anzugeben, auf denen die Vorlagefrage beruht, sodass der Zusammenhang zwischen diesen Umständen und der Frage erkennbar ist.
2. Betrifft die Vorlagefrage dem vorlegenden Gericht zufolge "einen öffentlichen Auftrag, dessen Gegenstand die Konzession für die Nutzung von Bodenparzellen ist", geht daraus nicht eindeutig hervor, ob der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vertrag als "Dienstleistungskonzession" oder als "öffentlicher Auftrag" zu qualifizieren ist.
VolltextVPRRS 2020, 0247
BGH, Urteil vom 03.06.2020 - XIII ZR 22/19
1. Ein eingetragener Verein, der sich am Wirtschaftsverkehr beteiligt, genießt bei dieser Tätigkeit den Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.*)
2. Schließt ein öffentlicher Auftraggeber ein Unternehmen ohne hinreichenden sachlichen Grund generell von der Vergabe von Aufträgen oder der Teilnahme an Vergabeverfahren aus, steht dem ausgeschlossenen Unternehmen gegen die Umsetzung einer solchen rechtswidrigen Vergabesperre ein Unterlassungsanspruch zu.*)
3. Ein Interessenkonflikt bei einem Organmitglied des öffentlichen Auftraggebers kann eine Vergabesperre nur insoweit rechtfertigen, als der Gefahr eines Einflusses auf ein Vergabeverfahren nicht durch eine sachgerechte Organisation der Vorbereitung und Durchführung betroffener Vergabeverfahren sowie der hierauf bezogenen Entscheidungsprozesse begegnet werden kann.*)
VolltextVPRRS 2020, 0226
VK Nordbayern, Beschluss vom 18.06.2020 - RMF-SG21-3194-5-7
1. Der Vergabestelle steht bei der Bewertung einzelner Angebote allgemein ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Die Vergabekammer prüft die Bewertung der Vergabestelle nur daraufhin, ob diese ihren Beurteilungsspielraum verletzt hat, sie ersetzt insbesondere nicht die Wertung der Vergabestelle durch eine eigene Wertung.*)
2. Die Wertungsentscheidung muss den an sie zu stellenden vergaberechtlichen Anforderungen genügen. Dazu gehört, dass das vorgeschriebene Verfahren für die Bewertung eingehalten und der Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt wird sowie die von der Vergabestelle selbst aufgestellten Vorgaben beachtet und keine sachwidrigen und gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßenden Erwägungen angestellt werden.*)
3. Einer eigenständigen Begründung und Dokumentation zum Umstand, dass die Vergabestelle nicht bereits den Zuschlag auf das wirtschaftlichste indikative Angebot erteilt hat, bedarf es nicht. Die Tatsache, dass die Vergabestelle in das Verhandlungsverfahren eintreten wollte, ist bereits dadurch ausreichend dokumentiert, dass die Bieter zum Verhandlungsgespräch eingeladen wurden.
4. Die Vergabestelle muss die Vergabeentscheidung eigenständig treffen und darf sie nicht einem Dritten überlassen. Dieser Pflicht und Verantwortung im Hinblick auf eine eigene Vergabeentscheidung genügt ein Auftraggeber, wenn er die Wertung durch einen externen Dritten und dessen Zuschlagsvorschlag durch einen Prüfungsvermerk mit verantwortlicher Unterschrift billigt.*)
VolltextVPRRS 2020, 0227
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.2020 - 1 VK 74/19
1. Die Feststellung der Unwirksamkeit eines Vertrags kann auf unzureichender Dokumentation des Verfahrens durch die Vergabestelle beruhen.
2. Die Rechtsverletzung eines Wettbewerbers kann sich daraus ergeben, dass die Vergabekammer wegen unzureichender Dokumentation die Voraussetzungen der Wahl der Verfahrensart nicht feststellen kann.
VolltextVPRRS 2020, 0228
VK Bund, Beschluss vom 28.05.2020 - VK 2-29/20
1. Der öffentliche Auftraggeber verlangen, dass als Nachweis über die Einhaltung von Qualitäts- bzw. Umweltmanagementmaßnahmen statt einer Eigenerklärung mit dem Angebot bestimmte DIN-Zertifikate einzureichen sind.
2. Zertifikate sind unternehmensgebunden und nicht rechtsgeschäftlich übertragbar. Eine von dem in dem geforderten Zertifikat genannten Unternehmen abgespaltene Gesellschaft "erbt" das Zertifikat dementsprechend nicht.
3. Eine Nachforderung mit dem Ziel, eine vollständig eingereichte unternehmensbezogene Unterlage inhaltlich zu ändern/korrigieren, ist nicht zulässig.
VolltextVPRRS 2020, 0215
EuGH, Urteil vom 11.06.2020 - Rs. C-472/19
1. Art. 38 Abs. 9 der Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die Konzessionsvergabe ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die einem Wirtschaftsteilnehmer, der wegen einer Straftat im Sinne von Art. 38 Abs. 4 dieser Richtlinie rechtskräftig verurteilt und deshalb kraft Gesetzes mit einem Verbot der Teilnahme an Verfahren zur Vergabe von Konzessionsverträgen belegt ist, die Möglichkeit verwehrt, den Nachweis zu erbringen, dass er Abhilfemaßnahmen ergriffen hat, die geeignet sind, die Wiederherstellung seiner Zuverlässigkeit zu belegen.*)
2. Art. 38 Abs. 9 und 10 der Richtlinie 2014/23 ist dahin auszulegen, dass er es nicht verbietet, Gerichte mit der Prüfung der Geeignetheit der von einem Wirtschaftsteilnehmer getroffenen Abhilfemaßnahmen zu befassen, sofern die zu diesem Zweck eingeführte nationale Regelung alle in Art. 38 Abs. 9 dieser Richtlinie aufgestellten Anforderungen erfüllt und das anzuwendende Verfahren mit den Fristen des Verfahrens zur Vergabe von Konzessionsverträgen vereinbar ist. Im Übrigen ist Art. 38 Abs. 9 der Richtlinie 2014/23 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, die es den Gerichten erlaubt, eine Person von einem kraft Gesetzes eintretenden Verbot der Teilnahme an Verfahren zur Vergabe von Konzessionsverträgen im Anschluss an eine strafrechtliche Verurteilung zu befreien, ein solches Verbot aufzuheben oder eine Erwähnung der Verurteilung im Strafregister auszuschließen, nicht entgegensteht, sofern diese gerichtlichen Verfahren den in dieser Regelung aufgestellten Bedingungen und dem mit ihr verfolgten Ziel entsprechen und es insbesondere erlauben, wenn ein Wirtschaftsteilnehmer an einem Verfahren zur Vergabe von Konzessionsverträgen teilnehmen möchte, das ihn betreffende Verbot allein im Hinblick auf die Geeignetheit der von diesem Wirtschaftsteilnehmer geltend gemachten und vom zuständigen Gericht im Einklang mit den in dieser Vorschrift vorgesehenen Anforderungen bewerteten Abhilfemaßnahmen rechtzeitig aufzuheben, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.*)
VolltextVPRRS 2020, 0205
VK Bund, Beschluss vom 06.05.2020 - VK 1-32/20
1. Die pandemische Verbreitung des neuartigen Coronavirus ab Januar 2020 ist ein weder dem Auftraggeber zurechenbares noch vorhersehbares Ereignis.
2. Durch die akute pandemische Ausbreitung des Corona-Virus und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Folgen aufgrund von Betriebsschließungen können sich die Grundlagen eines Vergabeverfahrens grundlegend ändern, so dass der Auftraggeber berechtigt ist, das Vergabeverfahren ganz oder teilweise aufzuheben.
3. Der öffentliche Auftraggeber ist im Nachprüfungsverfahren nicht kategorisch mit allen Aspekten und Argumenten präkludiert, die nicht im Vergabevermerk zeitnah niedergelegt worden sind. Die Anordnung der Wiederholung der betroffenen Abschnitte des Vergabeverfahrens bleibt solchen Fällen vorbehalten, in denen die Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentation nicht ausreichen könnte, um eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung zu gewährleisten.
VolltextVPRRS 2020, 0193
VK Berlin, Beschluss vom 31.03.2020 - VK B 1-08/20
1. Widersprüchliche Vergabeunterlagen verstoßen gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung.
2. Enthält ein (Betreiber-)Vertrag Klauseln, die (möglicherweise) gegen das AGB-Recht verstoßen und deshalb unwirksam sind, muss sich der Bieter entscheiden, ob er sich solchen vertraglichen Regelungen unterwerfen möchte oder nicht. Der (vermeintliche) Verstoß gegen das AGB-Recht ist erst nach Vertragsschluss zivilrechtlich zu prüfen und zu bewerten.
3. Eine Verkürzung der Angebotsfrist ist ausreichend zu begründen und die Begründung nachvollziehbar zu dokumentieren.
4. Bieterfragen sind unter einer gegebenenfalls angemessenen Verlängerung der Angebotsfrist durch die Vergabestelle zu beantworten.
VolltextVPRRS 2020, 0194
EuGH, Urteil vom 18.06.2020 - Rs. C-328/19
1. Art. 1 Abs. 2 a Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ist dahin auszulegen, dass ein Vertrag, nach dem die Gemeinden, die Parteien dieses Vertrags sind, einer von ihnen die Zuständigkeit übertragen, für diese Gemeinden Dienstleistungen zu organisieren, nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie 2004/18/EG fällt, weil er eine Übertragung von Befugnissen i.S.v. Art. 4 Abs. 2 EUV in der Auslegung durch das Urteil vom 21.12.2016, Remondis (Rs. C-51/15, IBRRS 2016, 3448), darstellt.*)
2. Art. 1 Abs. 2 a Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass bei einem Kooperationsvertrag, nach dem die Gemeinden, die Parteien dieses Vertrags sind, einer von ihnen die Zuständigkeit übertragen, für diese Gemeinden Dienstleistungen zu organisieren, die fragliche Gemeinde bei Vergaben, die auf diese Übertragung folgen, als ein öffentlicher Auftraggeber angesehen werden kann, und befugt ist, eine In-House-Einrichtung ohne vorherige Durchführung eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens mit Dienstleistungen zu beauftragen, die nicht nur ihren eigenen Bedarf, sondern auch den der anderen Gemeinden, die Parteien des genannten Vertrags sind, decken, während diese Gemeinden ohne diese Kompetenzübertragung für ihren eigenen Bedarf selbst hätten sorgen müssen.*)
VolltextVPRRS 2020, 0180
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 28.05.2020 - Rs. C-367/19
1. Der Begriff "entgeltlicher Vertrag" i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 Richtlinie 2014/24/EU ist dahin auszulegen, dass er es nicht erlaubt, einen Vorgang, in dessen Rahmen der Bieter dem öffentlichen Auftraggeber die Erbringung einer Dienstleistung für null Euro anbietet, als "öffentlichen Dienstleistungsauftrag" einzustufen, da die Vertragsparteien keine vom öffentlichen Auftraggeber zu erbringende Gegenleistung von wirtschaftlichem Wert vereinbaren.*)
2. Ein Angebot zu einem Preis von null Euro muss anhand der Vorschriften über ungewöhnlich niedrige Angebote in Art. 69 2014/24/EU geprüft werden, gegebenenfalls nach Einholung zusätzlicher Informationen vom Bieter über die genaue Art der vom öffentlichen Auftraggeber zu erbringenden Gegenleistung von wirtschaftlichem Wert. Ein solches Angebot ist abzulehnen, wenn es im speziellen Rahmen einer Ausschreibung nicht zum Abschluss eines "entgeltlichen Vertrags" i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 Richtlinie 2014/24/EU führen könnte.*)
VolltextVPRRS 2020, 0171
OLG Rostock, Beschluss vom 07.11.2018 - 17 Verg 2/18
1. Jedenfalls einzelne Wochenend- und Feiertage hindern den Lauf der Wartefrist nach den §§ 134 Abs. 2 Satz 2, 135 Abs. 1 Nr. 1 GWB nicht (Abgrenzung zu: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.10.2016 - Verg 24/16 = IBRRS 2016, 2764).*)
2. Leistungsverzeichnis und Angebot sind der Auslegung zugänglich. Ergibt sich danach eine Unvollständigkeit des Angebots, ist es zwingend von der Wertung auszuschließen. Hier: Sog. "0 Euro-Position".*)
3. Eine vergaberechtliche Pflicht zur Preisprüfung sieht § 60 VgV - wie Art. 69 RL 2014/24/EU - nur für ungewöhnlich niedrige Preise vor. Ungewöhnlich hohe Preise sind allenfalls haushaltsrechtlich einer Prüfung zu unterziehen. Haushaltsrechtliche Regelungen sind aber nicht bieterschützend.*)
VolltextVPRRS 2020, 0176
VK Hamburg, Beschluss vom 04.12.2019 - BR 60.29-319/2019.004
1. Die Prüfung, ob ein Preis unangemessen niedrig ist, muss auf einer vollständigen und zutreffenden Sachverhaltsermittlung beruhen.
2. Kommt der Aufraggeber zu dem Schluss, dass der Einkaufspreis als solcher plausibel erscheint, jedoch der Materialkostenansatz unter Berücksichtigung der Anzahl der Bohrlöcher und der Bohrtiefe für die konkrete Sondierfläche unterkalkuliert ist, darf er nicht von einer ordnungs- und vertragsgemäßen Auftragserledigung ausgehen.
VolltextVPRRS 2020, 0174
Generalanwalt beim EuGH, Beschluss vom 23.04.2020 - Rs. C-521/18
1. Entschließt sich der Auftraggeber, anstelle eines gemischten Auftrags, der sich auf alle Tätigkeiten einschließlich der Postdienste erstreckt, getrennte Aufträge für jede einzelne Tätigkeit zu vergeben, kann dadurch die Anwendung der Sektorenrichtlinie umgangen werden.
2. Die Anwendung der Sektorenrichtlinie kann jedoch nicht dadurch umgangen werden, dass zunächst ein gemischter Auftrag ausgeschrieben und anschließend geltend gemacht wird, dass einige Teile des Auftrags dem Anwendungsbereichs der Richtlinie nicht unterfallen und deshalb die Sektorenrichtlinie für den gesamten Auftrag nicht anzuwenden sei.
VolltextVPRRS 2020, 0172
VG Darmstadt, Beschluss vom 01.04.2020 - 3 L 446/20
1. Ein am deutschen Markt ernsthaft interessierter Sportwettenanbieter, der das aktuell praktizierte Vergabeverfahren für rechtswidrig hält, ist nicht gezwungen, sich an diesem Verfahren zu beteiligen, um dessen Fehlerhaftigkeit im Rahmen eines gerichtlichen Eilverfahrens rügen zu können.*)
2. Es sind keine für eine positive Entscheidung im Eilverfahren hinreichenden Gründe ersichtlich, dass Sportwetten nur in einem förmlichen Vergabeverfahren gemäß der Richtlinie 2014/23/EU und dem Vierten Teil des GWB erteilt werden dürfen.*)
3. Ein Notifizierungsmangel, der die Anwendung des Glücksspielstaatsvertrages in seiner ab 01.01.2020 geltenden Fassung ausschließen würde, liegt nicht vor.*)
4. Das aktuelle Vergabeverfahren entspricht in seiner praktizierten Form nicht der Vorgabe des § 4b Abs. 1 GlStV, Konzessionen nach Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Verfahrens zu erteilen.*)
5. Der in § 4b Abs. 1 Satz 1 GlStV vorgesehene Aufruf zur Bewerbung und die nach § 4b Abs. 1 Satz 2 GlStV erforderliche Bekanntmachung müssen eindeutig sein und alle relevanten Bewerbungsanforderungen erkennen lassen.*)
6. Ein diskriminierungsfreies Vergabeverfahren i.S.v. § 4b Abs. 1 GlStV setzt grundsätzlich einen einheitlichen und klaren Bewerbungsstart für alle, eine sachgerechte Frist zur Vorlage der vollständigen Bewerbung und eine gleichzeitige Konzessionserteilung jedenfalls an die Bewerber voraus, die sich fristgerecht nach Aufruf und Bekanntmachung gemeldet haben.*)
7. Da § 4c Abs. 3 GlStV für die Höhe der Sicherheitsleistung kein Abweichen nach unten vorsieht, ist es nicht diskriminierungsfrei, einzelne Anbieter auf die Stellung eines Ermäßigungsantrages zu verweisen, über den dann entschieden werde.*)
8. Die Mitwirkung des - ohnehin verfassungswidrigen - Glücksspielkollegiums an der Konzessionserteilung nach § 9a Abs. 5 bis 8 GlStV und die Bindungswirkung von dessen Beschlüssen, deren Zustandekommen nicht nachvollziehbar ist, machen das Vergabeverfahren intransparent.*)
VolltextVPRRS 2020, 0161
VK Brandenburg, Beschluss vom 11.05.2020 - VK 4/20
1. Bei der Preisprüfung gem. § 16d EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A 2019 hat die Vergabestelle einen Beurteilungsspielraum in Bezug auf Tiefe und Umfang, der nur eingeschränkt überprüfbar ist.
2. Eines förmlichen Aufklärungsverlangens bedarf es erst und nur, wenn die Prüfung eines unangemessen niedrig erscheinenden Preises nicht anhand der vorliegenden Unterlagen zur Preisermittlung überprüft werden kann.
3. Eine unzureichende Dokumentation der Prüfung kann im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens geheilt werden.
4. Das Recht auf Akteneinsicht erstreckt sich mangels Entscheidungserheblichkeit nicht auf konkrete Angebotsinhalte der Mitbewerber.
VolltextVPRRS 2020, 0170
VK Lüneburg, Beschluss vom 27.04.2020 - VgK-04/2020
1. Der Preis kann grundsätzlich alleiniges Zuschlagskriterium sein. Das gilt sogar dann, wenn der Auftraggeber Nebenangebote zugelassen hat.
2. Ob er einen reinen Preiswettbewerb vornimmt oder auch qualitative Zuschlagskriterien in die Ausschreibung hereinnimmt, hat der öffentliche Auftraggeber sorgfältig abzuwägen.
VolltextVPRRS 2020, 0157
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30.09.2019 - 1 VK LSA 13/19
1. Liegt kein nach der Wertung kein zuschlagsfähiges Angebot vor, weil sämtliche Angebote die Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers nicht erfüllen, kann die Ausschreibung sanktionsfrei aufgehoben werden.
2. Ein Bieter muss die Ausschreibungsunterlagen im Zusammenhang mit seiner Angebotserstellung in Gänze zur Kenntnis nehmen. Kritik am Inhalt der Vergabeunterlagen hat deshalb bis zur Angebotsabgabe gegenüber der Auftraggeberseite zu erfolgen.
3. Der Angebotsinhalt darf durch eine nachträgliche "Korrektur" nicht verändert werden (vgl. OLG Karlsruhe, IBR 2019, 693 = VPR 2019, 217).
VolltextVPRRS 2020, 0149
OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.02.2020 - 11 Verg 7/19
Wird ein Angebot über die in den Ausschreibungsbedingungen angegebene Vergabeplattform verschlüsselt und fristgerecht eingereicht, ist es nicht allein deshalb vom Verfahren auszuschließen, weil es zuvor formwidrig per E-Mail an die Vergabestelle übermittelt worden war.*)
VolltextVPRRS 2020, 0135
VK Thüringen, Beschluss vom 28.02.2020 - 250-4004-630/2020-E-002-EF
1. Die Vereinbarung eines (wirksamen) Wettbewerbsverbots zwischen einem Ingenieurbüro und einem Subplaner führt dazu, dass der Subplaner nicht als Bieter an einer von dem Verbot umfassten öffentlichen Ausschreibung teilnehmen kann.
2. Setzt sich der Subplaner über das Verbot hinweg und gibt er ein Angebot ab, stellt das eine schwere berufliche Verfehlung dar, die seine Integrität infrage stellt.
3. Es steht im Ermessen des Auftraggebers zu entscheiden, ob aufgrund des Fehlverhaltens des Bieters, das einen fakultativen Ausschlussgrund begründet, die Zuverlässigkeit des Bieters zu verneinen ist.
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