Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
4952 Entscheidungen insgesamt
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VPRRS 2012, 0334
VK Bund, Beschluss vom 08.02.2011 - VK 2-134/10
1. Der öffentliche Auftraggeber unterliegt grundsätzlich keinem (allgemeinen) Kontrahierungszwang. Die Bieter haben deshalb keinen generellen Anspruch auf Abschluss des Vergabeverfahrens durch Zuschlagserteilung.
2. Dieser Grundsatz gilt nicht ausnahmslos. So darf eine zuschlagslose Verfahrensbeendigung nicht willkürlich bzw. missbräuchlich - etwa gezielt zu Lasten bestimmter Bieter - erfolgen.

VPRRS 2012, 0453

VK Berlin, Beschluss vom 14.06.2012 - VK B 1-11/12
1. Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, sind spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe zu rügen. Anderenfalls ist der Nachprüfungsantrag unzulässig.
2. Es ist davon auszugehen, dass sich ein Bieter bei der Vorbereitung und Erstellung des Angebots die Vergabeunterlagen gerade im Hinblick auf die Zuschlagskriterien sorgfältig ansieht und er deshalb einen Widerspruch zwischen der Bekanntmachung, wo als Zuschlagskriterium der niedrigste Preis genannt ist und den Vergabeunterlagen, in denen auf die Einhaltung der formalen Bedingungen und die Wirtschaftlichkeit verwiesen wird, erkennt.
3. Ein Nachprüfungsantrag ist nicht erst dann offensichtlich erfolglos, wenn nicht der geringste (theoretische) Zweifel an seiner Zulässigkeit oder Begründetheit bestehen kann. Für die Offensichtlichkeit kommt es vielmehr darauf an, dass die Unzulässigkeit oder Unbegründetheit ohne weitere gründliche Prüfung des Antrags auffällt. Erforderlich ist, dass sich ohne weiteres oder jedenfalls unschwer aus den gesamten Umständen seine Unbegründetheit ergeben muss. Die Sache muss eindeutig sein.

VPRRS 2012, 0331

OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.09.2012 - 6 A 10478/12
1. Wird Nr. 3.1 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung - ANBest-P - in einen Zuwendungsbescheid einbezogen, so stellt diese Regelung eine Auflage im Sinne von § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG dar.*)
2. Das Nichtoffene Verfahren bzw. die Beschränkte Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb sind gegenüber dem Offenen Verfahren bzw. der Öffentlichen Ausschreibung grundsätzlich in geringerem Maße geeignet, einen möglichst breiten Wettbewerb zu sichern und damit auch dem Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung zu dienen.*)
3. Auch wenn ein Auftrag unzulässigerweise im Nichtoffenen Verfahren bzw. aufgrund einer Beschränkten Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb statt im Offenen Verfahren bzw. aufgrund einer Öffentlichen Ausschreibung vergeben wird, muss ein solcher Vergabeverstoß nicht ausnahmslos als schwerwiegend erachtet werden.*)

VPRRS 2012, 0329

VK Hessen, Beschluss vom 12.10.2012 - 69d-VK-25/2012
1. Eine Verletzung von Vorschriften des Vergaberechts liegt sowohl dann vor, wenn die Vorlage vom Auftraggeber geforderter Nachweise und Erklärungen objektiv unmöglich ist, als auch dann, wenn die ausgeschriebene Leistung selbst (ganz oder teilweise) unmöglich ist.
2. Umstände, die nur auf einzelne Bieter zutreffen, sind für die Auslegung grundsätzlich unbeachtlich.
3. Ein Architekten- und Ingenieurvertrag ist so klar und eindeutig zu fassen, dass alle Bieter den Vertrag im gleichen Sinn verstehen können. Deshalb ist der Wortlaut eines Vertragsentwurfs, aus dem aus Sicht eines durchschnittlichen Bieters nicht hervorgeht, ob nun die Einhaltung oder lediglich die Mitwirkung bei der Einhaltung der Kostenobergrenze und der Zertifizierung nach dem Passivhausstandard geschuldet sind, zu ändern und den Bietern erneut die Möglichkeit zu geben, auf die geänderten Vertragsunterlagen ein Angebot abzugeben.

VPRRS 2012, 0324

OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.03.2012 - Verg W 2/12
1. Bauleistungen im vergaberechtlichen Sinne sind Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird. Wird ein Gebäude zu einem bestimmten Zweck errichtet, gehören alle Leistungen zu dem Bauwerk, die es erst funktionsfähig machen.*)
2. Der Neueinbau von technischen Anlagen in ein bestehendes Gebäude fällt unter den Begriff der Bauleistung, wenn die Anlagen für ein funktionsfähiges Bauwerk erforderlich und von wesentlicher Bedeutung sind. Danach ist die Beschaffung eines Planetariumsprojektors und einer digitalen Ganzkuppelvideoprojektionsanlage für ein bestehendes Kuppelplanetarium als Bauauftrag anzusehen. Dem steht nicht entgegen, dass der Lieferanteil den Montageanteil überwiegt.*)

VPRRS 2012, 0318

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.07.2009 - Verg 13/09
Hat die Vergabestelle den Aufhebungsgrund selbst verursacht, etwa weil sie in der Vergabebekanntmachung weder Mindestanforderungen an die Eignung der Bieter festgelegt noch eine Vorlage von Eignungsnachweisen verlangt hat, liegt kein beachtlicher Grund vor, das Vergabeverfahren aufzuheben.

VPRRS 2012, 0316

VK Bund, Beschluss vom 27.08.2012 - VK 2-65/12
1. Das vergaberechtliche Gebot der Produktneutralität von Ausschreibungen soll gewährleisten, dass in den technischen Anforderungen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verwiesen werden darf, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden, soweit dies nicht ausnahmsweise durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist.
2. Vom Gebot der produktneutralen Ausschreibung werden auch solche Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers erfasst, die zwar nicht auf ein bestimmtes Produkt oder Verfahren oder einen bestimmten Hersteller verweisen, denen aber - wie etwa eine zwar abstrakt formulierte, aber in der Sache auf ein ganz bestimmtes Produkt eines Herstellers zugeschnittene Leistungsbeschreibung - gleichsam wettbewerbsbeschränkende bzw. diskriminierende Wirkung zukommt.
3. Im Rahmen seines Leistungsbestimmungsrechts steht dem öffentlichen Auftraggeber ein Gestaltungsspielraum zu, ob er im Einpartner- oder im Mehrpartnermodell ausschreiben möchte. Dieser Gestaltungsspielraum kann von der Vergabekammer nur auf Ermessensfehler hin überprüft werden.

VPRRS 2012, 0314

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08.03.2012 - VK 2-49/11
1. Auch wenn es in Fällen, in denen der Bieter ein unverschuldetes Informationsdefizit hat, hinsichtlich der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages grundsätzlich genügen muss, dass er konkrete Tatsachen vorträgt, die den hinreichenden Verdacht eines Vergaberechtsverstoßes begründen, kann jedoch die bloße Negierung der Vollständigkeit der Angebote ohne weiteren Tatsachenvortrag nicht ausreichen.*)
2. Ein öffentlicher Auftraggeber, der im Hinblick auf die Eignungsprüfung die Vorlage bestimmter Unterlagen als Mindestanforderung verlangt, ist hieran gebunden und darf nicht zugunsten eines Bieters auf die Erfüllung der Mindestanforderung verzichten. Ein solcher Verzicht wäre gegenüber anderen Bietern, welche die Mindestanforderung erfüllen, oder gegenüber solchen Bietern, die von der Teilnahme an der Ausschreibung abgesehen haben, weil sie die Mindestanforderungen nicht erfüllen können, ein Vergaberechtsverstoß. Der den Auftraggebern bei der Eignungsprüfung grundsätzlich zustehende Beurteilungs- und Ermessensspielraum wird durch die Festlegung von Mindestanforderungen eingeengt.*)
3. Ein nachträglicher Verzicht auf eine einmal aufgestellte Mindestanforderung würde einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und den Transparenzgrundsatz darstellen, der nicht hinnehmbar ist.*)

VPRRS 2012, 0313

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.01.2012 - 2 VK LSA 27/11
Interimsvergaben, bei denen nur mit einem Unternehmen verhandelt wird, sind in Ausnahmefällen zulässig, wenn sie sich auf einen absolut notwendigen Zeitraum beschränken, um einen vertragslosen Zustand zu vermeiden. Hierbei kann je nach Lage des Einzelfalls eine solche Vereinbarung maximal über den Zeitraum eines Jahres geschlossen werden.

VPRRS 2012, 0312

VK Nordbayern, Beschluss vom 20.06.2012 - 21.VK-3194-08/12
1. Gemäß § 2 Nr. 1 VOL/B kann der Auftraggeber nachträgliche Änderungen in der Beschaffenheit der Leistung verlangen. Gemäß § 2 Nr. 3 VOL/B ist in diesen Fällen ein neuer Preis zu vereinbaren unter Berücksichtigung der Mehr- und Minderkosten. Die Vorschrift bezieht sich auf Änderungen in der Beschaffenheit der Leistung, die vom Auftraggeber nachträglich, d. h. nach Zuschlagserteilung und Vertragsschluss, verlangt werden. Unter einer Änderung der Beschaffenheit sind nur qualitative Änderungen des Leistungsgegenstandes zu verstehen. Quantitative Änderungen des Leistungsgegenstandes sind hingegen nicht von der Regelung des § 2 Nr. 3 VOL/B umfasst.*)
2. Das ursprünglich in § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A 2006 enthaltene Gebot, dass dem Auftragnehmer kein "ungewöhnliches Wagnis" aufgebürdet werden durfte, ist im Zuge der Novellierung der VOL/A 2009 ersatzlos entfallen. Der Wegfall ist nicht als Redaktionsversehen anzusehen. Das Verbot der Auferlegung eines ungewöhnlichen Wagnisses ist damit formal kein Rechtsgrundsatz mehr.*)
3. § 8 EG Abs. 1 VOL/A verlangt, dass die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben ist. Die eindeutige und erschöpfende Beschreibung der Leistung durch den Auftraggeber soll dazu führen, dass der vom Auftragnehmer geschuldete Erfolg oder die von ihm zu erbringende Dienstleistung klar beschrieben ist, alle Bieter wissen, was sie anbieten sollten, und der Auftraggeber die Angebote miteinander vergleichen kann, weil sie inhaltlich nicht wesentlich voneinander abweichen. Diese Anforderung hat mit der Frage, ob bestimmte Risiken auf den Auftragnehmer verlagert werden können, unmittelbar nichts zu tun. Die vom Auftragnehmer zu erbringende Leistung kann klar und erschöpfend beschrieben werden und gleichzeitig können ihm ungewöhnliche Risiken auferlegt werden, solange diese Risiken nur eindeutig benannt sind.*)

VPRRS 2012, 0311

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.03.2012 - 2 VK LSA 35/11
Allein der Umstand, dass ein Unternehmer ein eigenes Angebot zum Vergabeverfahren abgegeben hat und gleichzeitig als Nachunternehmer eines anderen Bieters fungiert, lässt nicht zwingend auf einen Verstoß gegen den Geheimwettbewerb schließen. Ein Ausschluss ist insbesondere nicht zulässig, wenn den Bietern Gestaltungsspielräume bei der Kalkulation des eigenen Angebots verbleiben.

VPRRS 2012, 0309

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.05.2012 - 2 VK LSA 07/12
Sind Unterlagen nach den Vergabebedingungen in formal unveränderter Form vorzulegen, führen davon abweichende Eigenerklärungen des Bieters zwingend zum Angebotsausschluss.

VPRRS 2012, 0306

OLG München, Beschluss vom 09.08.2012 - Verg 10/12
1. Zur Auslegung der Klausel, dass im Falle des Einsatzes von Subunternehmern auch für diese die entsprechenden Nachweise zu erbringen sind.*)
2. Zur Eignungsleihe (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15.3.2012 - Verg 2/12).*)

VPRRS 2012, 0305

OLG Koblenz, Beschluss vom 25.09.2012 - 1 Verg 5/12
1. Fehlt in der Vorabinformation nach § 101a Abs. 1 Satz 1 GWB sowohl der Name des erfolgreichen Bieters als auch der früheste Zeitpunkt des Zuschlags, hat dies gemäß § 101b Abs. 1 Nr. 1 GWB die Unwirksamkeit des Zuschlags zur Folge.*)
2. Fordert der Auftraggeber von den Bietern die Vorlage einer "Erklärung des Unternehmers über den Gesamtumsatz des Unternehmens sowie den Umsatz bezüglich der Leistung, die Gegenstand der Vergabe vergleichbar ist, bezogen auf die letzten drei Geschäftsjahre", beinhaltet dies nicht ohne weiteres die Mindestanforderung, ein Unternehmen müsse, um überhaupt als geeignet beurteilt zu werden, in jedem der letzten drei Geschäftsjahre Umsatz gemacht haben.*)

VPRRS 2012, 0303

OLG Koblenz, Beschluss vom 04.04.2012 - 1 Verg 2/11
1. Bei Gebäudereinigungsleistungen ist die Glasreinigung ein eigenständiges Fachlos, das grundsätzlich gesondert vergeben werden muss.*)
2. Eine Teillosvergabe macht eine mögliche Fachlosvergabe nicht entbehrlich.*)
3. Zweckmäßigkeitserwägungen können ein Absehen von einer Losvergabe nicht rechtfertigen.*)
4. Nachteile, die üblicherweise mit einer Losvergabe verbunden sind, muss der Auftraggeber nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich hinnehmen.*)
5. Ist es wegen zahlreicher Unwägbarkeiten (nahezu) unmöglich, eine tatsachengestützte, halbwegs plausible Prognose über mögliche Zusatzkosten einer Losvergabe zu erstellen, gilt der gesetzliche Regelfall.*)

VPRRS 2012, 0302

OLG München, Beschluss vom 06.08.2012 - Verg 14/12
Zur Frage des ungewöhnlichen Wagnisses im Bereich der VOL/A.*)

VPRRS 2012, 0301

VK Lüneburg, Beschluss vom 23.07.2012 - VgK-23/2012
1. Die Bieter müssen grundsätzlich davon ausgehen, dass der Auftraggeber die Leistung so angeboten haben will, wie er sie in den Vergabeunterlagen festgelegt hat. Wollen oder können die Bewerber die Leistung nicht nach Maßgabe der Vergabeunterlagen anbieten, steht es ihnen frei, Änderungsvorschläge oder Nebenangebote zu unterbreiten, sofern sie nicht vom Auftraggeber ausdrücklich ausgeschlossen wurden.
2. Weicht der Bieter im Rahmen seines Angebots von den Vorgaben der Vergabeunterlagen ab, so führt dies zum zwingenden Ausschluss des Angebots.

VPRRS 2012, 0300

VK Münster, Beschluss vom 26.07.2012 - VK 17/12
1. Zu den Anforderungen an die Prüfung der Gleichwertigkeit von Angeboten, die statt des Richtprodukts ein anderes Produkt benennen.*)
2. Die Vergabestelle kann ihre Beurteilungsentscheidung wieder aufnehmen, wenn im laufenden Nachprüfungsverfahren neue Gesichtspunkte und Erklärungen vom Antragsteller vorgetragen werden.*)

VPRRS 2012, 0298

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.09.2012 - Verg 108/11
1. Eine Leistungsbeschreibung, die die Referenzenanzahl auf drei beschränkt, ist vergaberechtswidrig. Die Vergabestelle versetzt bei Erhalt einer unzureichenden Referenz richtigerweise das Vergabeverfahren zurück, ändert die Leistungsbeschreibung, macht dies bekannt und fordert neue Referenzen an.
2. Ein Nachweis "fehlt" im Sinne des § 19 EG Abs. 2 VOL/A 2009 nur dann, wenn er entweder nicht vorgelegt worden ist oder formale Mängel aufweist.
3. Ein Bieter kann seine Leistungsfähigkeit mit Referenzanteilen nachweisen, die er aus einer Bietergemeinschaft heraus erbracht hat.

VPRRS 2012, 0295

OLG München, Beschluss vom 10.09.2012 - Verg 17/12
1. Im Falle der Erledigung des Nachprüfungsantrages hat es nicht mit der Halbierung der Gebühr gemäß § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB sein Bewenden. Die Vergabekammer muss in diesem Fall zusätzlich gemäß § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB darüber entscheiden, welcher Beteiligte die halbierte Gebühr zu tragen hat.*)
2. Die Regelung des § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB ist im Rahmen von § 128 Abs. 4 GWB nicht entsprechend anwendbar.*)

VPRRS 2012, 0294

VK Lüneburg, Beschluss vom 02.08.2012 - VgK-24/2012
1. Die Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH (IBR 2010, 159) nach wie vor grundsätzlich anwendbar.
2. Die Beantwortung der Frage, ob eine Rüge noch unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung erfolgt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich muss die Rüge innerhalb von 1-3 Tagen erfolgen.
3. Nebenangebote sind Angebote, mit denen die Leistung anders als in der Leistungsbeschreibung nachgefragt, offeriert wird. Die Änderung kann technischer Art sein, die Bauzeit oder Zahlungsmodalitäten betreffen.
4. Neben der Möglichkeit, Nebenangebote ausnahmsweise nur in Verbindung mit einem Hauptangebot zuzulassen, kann der Auftraggeber auch zwischen Nebenangeboten differenzieren und z. B. nur technische oder nur kaufmännische Nebenangebote zulassen bzw. diese auf bestimmte Teile der Leistung oder der Vertragsbedingungen beschränken. Notwendig ist dabei allerdings immer eine ausreichende begriffliche Klarstellung.
5. Aus der Festlegung des Auftraggebers, dass Nebenangebote für die Gesamtleistung zugelassen werden, folgt nicht, dass nur solche Nebenangebote berücksichtigt werden dürfen, die sämtliche Positionen des Leistungsverzeichnisses abändern oder zumindest im Einzelnen vollständig aufführen. Der Bieter darf sich deshalb auf die Beschreibung der Positionen des Amtsentwurfs beschränken, die durch das Nebenangebot abgeändert werden. Sofern ein Nebenangebot das Hauptangebot nur zum Teil ersetzt oder verändert, muss der Bieter allerdings darüber hinaus darlegen, welche Teile des Hauptangebots unverändert weiter gelten sollen.

VPRRS 2012, 0292

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 - Verg 15/12
1. Nicht nur Liefer- und Dienstleistungsverträge als solche, sondern auch Rahmenvereinbarungen darüber unterliegen dem Vergaberecht.
2. Schließt eine gesetzliche Krankenkasse mit einem Dritten (hier: einer Managementgesellschaft) einen Vertrag über die "zentrale Koordinierung von integrierten Behandlungs- und Versorgungsabläufen", entledigt sich die Krankenkasse der sie bei den Folgeverträgen grundsätzlich treffenden Ausschreibungspflicht, wenn der Dritte Rahmenvereinbarungen ohne eine vergaberechtliche Bindung vergeben kann. In der Ausnutzung der dazu gegebenen Möglichkeit liegt eine Umgehung des Vergaberechts.

VPRRS 2012, 0290

VK Bund, Beschluss vom 02.07.2012 - VK 3-66/12
1. Die Bieter haben einen Anspruch auf Durchführung eines rechtmäßigen Vergabeverfahrens. Dieser Anspruch wird durch § 107 Abs. 2 GWB begrenzt. Denn das zentrale Anliegen des Primärrechtsschutzes ist nur die Verhinderung eines dem Antragsteller drohenden Schadens, nämlich der Verlust des Auftrags. Der Nachprüfungsantrag des Zuschlagskandidaten ist deshalb auch dann unzulässig, wenn ein Vergaberechtsverstoß vorliegt.
2. Wird ein Angebot abgegeben, so muss der Bieter damit rechnen, hieran festgehalten zu werden. Ein wirtschaftlicher Nachteil ist kein "Schaden" im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB.
3. Ein Fortsetzungsfeststellungsverfahren ist zulässig, wenn eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr besteht. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Vergabestelle erklärt, dass sie künftig keine vergleichbaren Leistungen in einem vergleichbaren Verfahren vergeben wird.

VPRRS 2012, 0289

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 - Verg 105/11
Es gibt keinen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass außervergaberechtliche Normen im Vergabenachprüfungsverfahren nicht zu prüfen sind.

VPRRS 2012, 0287

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 - Verg 10/12
1. Eine Bereichsausnahme nach § 100 Abs. 2 Buchst. d GWB (a. F.) ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen unabhängig davon zu prüfen, ob sich der öffentliche Auftraggeber darauf beruft.*)
2. Die Ausnahmetatbestände nach § 100 Abs. 2 Buchst. d Unterbuchst. bb bis cc GWB (a. F.) erfordern eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den Auftraggeber.*)
3. Nach EuGH, Urteil vom 11.1.2005 - C-26/03, Stadt Halle, herrscht ein materielles Verständnis vom Beginn des Vergabeverfahrens. Auf Formalitäten (hier eine Angebotsaufforderung) ist nicht abzustellen.*)
4. Bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft, ein Verfahren oder dergleichen ist der öffentliche Auftraggeber im rechtlichen Ansatz ungebunden. Die Auswahl des Beschaffungsgegenstands unterliegt der Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers.*)
5. Die Bestimmung des Auftraggebers hat jedoch die durch § 8 Abs. 7 VOL/A-EG, Art. 23 Abs. 8 Richtlinie 2004/18/EG gezogenen Grenzen zu beachten.*)
6. Die Bestimmung ist danach hinzunehmen, sofern
- sie durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist,
- vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist,
- solche Gründe tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sind,
- und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.*)
7. Zum Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen technischer Besonderheiten.*)
8. Bei Gesamtvergabe hat der Auftraggeber eine Einschätzungsprärogative, die lediglich bei einer groben, nicht mehr vertretbaren Fehleinschätzung zu beanstanden ist.*)

VPRRS 2012, 0286

VK Bund, Beschluss vom 23.07.2012 - VK 3-81/12
1. Auch im Verhandlungsverfahren mit vorangehendem Teilnahmewettbewerb trifft den Bieter die Obliegenheit, bei der Abgabe seines Angebotes zumindest die vom Auftraggeber aufgestellten Mindestanforderungen zu beachten und sein Angebot gemäß den Anforderungen abzugeben.
2. Weicht der Bieter mit seinem Angebot von den gestellten Mindestanforderungen ab, ist das Angebot vom Vergabeverfahren auszuschließen.

VPRRS 2012, 0285

OLG Brandenburg, Beschluss vom 28.08.2012 - Verg W 19/11
1. Der Antrag auf Nachprüfung einer Dienstleistungskonzession ist dann zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, die Leistung sei ohne Gesetzesverstoß nur als Dienstleistungsauftrag zu vergeben.
2. In diesem Fall ist die fachrechtliche Rechtmäßigkeit der Dienstleistungskonzession von den Nachprüfungsinstanzen inzident zu prüfen.
3. Der Anspruch aus § 97 Abs. 7 GWB schließt das Recht auf ordnungsgemäße Durchführung eines Vergabeverfahrens ein.
4. Die Befugnis eines privaten Dritten zum Handeln im eigenen Namen ohne gleichzeitige Aufgabenübertragung kennt das (Brandenburgische) Wassergesetz nicht.

VPRRS 2012, 0284

OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.07.2012 - 11 Verg 6/12
1. Zum Verständnis des Begriffs Skonto in Vergabeunterlagen aus der Sicht eines durchschnittlich erfahrenen Bieters.*)
2. Stehen mehrere Angebote auf der Grundlage eines unterschiedlichen, aber jeweils noch vertretbaren Verständnisses der Vergabeunterlagen im Wettbewerb und scheidet auch eine Verletzung einer Nachfrageobliegenheit der Bieter aus, so kann eine vergaberechtliche Angebotswertung auf dieser Grundlage nicht erfolgen.*)
3. Der Vergabesenat hat die Intransparenz der Vergabeunterlagen von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn andernfalls eine den Grundsätzen der Transparenz, der Gleichbehandlung und des Wettbewerbs genügende Vergabeentscheidung nicht ergehen könnte.*)

VPRRS 2012, 0282

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.01.2012 - VK-SH 24/11
1. Ein Feststellungsinteresse kann im Rahmen eines Feststellungsantrags nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB dann gegeben sein, wenn die Feststellung der Vorbereitung eines Schadensersatzprozesses dienen soll. Ein solches Feststellungsinteresse wird aber nur dann anerkannt, wenn ein entsprechender Prozess mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist und nicht offenbar aussichtslos erscheint.*)
2. Begründet der Antragsteller sein Feststellungsinteresse mit einer Wiederholungsgefahr, muss diese Wiederholungsgefahr hinreichend konkret bestehen, die bloße Behauptung genügt daher nicht. Es gibt auch keine - von der Vergabestelle zu widerlegende - Vermutung dahingehend, dass ein öffentlicher Auftraggeber immer wieder dieselben Fehler macht.*)

VPRRS 2012, 0279

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.12.2011 - VK-SH 22/11
Die Eignungsprüfung nach § 19 (5) EG VOL/A erfolgt auch im Interesse der sonst am Auftrag interessierten Bieter und ist insoweit bieterschützend. Bei der Prüfung, ob ein Bieter "die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen erforderliche Eignung" besitzt, steht dem öffentlichen Auftraggeber ein weiter Beurteilungsspielraum zu, der durch die Vergabekammern nur begrenzt nachprüfbar ist. Die Überprüfung durch die Vergabekammern ist dabei auf mögliche Beurteilungsfehler beschränkt.*)

VPRRS 2012, 0278

VK Bund, Beschluss vom 17.12.2010 - VK 1-121/10
Bei dem die Vergabe eines öffentlichen Auftrags abschließenden Zuschlag handelt es sich um den Vertragsschluss zwischen öffentlichem Auftraggeber und Auftragnehmer, wobei der Auftraggeber das bereits vorliegende Angebot des Auftragnehmers annimmt. Voraussetzung sind dementsprechende Willenserklärungen beider Vertragsparteien. Die automatische Laufzeitverlängerung für den Fall der Nichtkündigung ist kein Vertragsschluss, weil Willenserklärungen der Vertragsparteien gerade nicht erforderlich sind.

VPRRS 2012, 0277

VK Bund, Beschluss vom 04.07.2012 - VK 1-64/12
1. Die Aufhebung einer öffentlichen Ausschreibung wegen Unwirtschaftlichkeit ist erst zulässig, wenn der Auftraggeber die Wertung der Angebote ordnungsgemäß beendet hat.
2. Da es einem öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich frei steht, ein einmal eingeleitetes Vergabeverfahren auch anders als durch einen Zuschlag zu beenden, kann die Aufhebung einer Ausschreibung mangels Aufhebungsgründen im Sinne des § 17 VOL/A zwar rechtswidrig, aber dennoch wirksam sein. Voraussetzung ist, dass der öffentliche Auftraggeber hierfür zumindest einen die Aufhebung der Sache nach rechtfertigenden Grund hat. Ein solcher sachlicher Grund kann vorliegen, wenn das Vergabeverfahren fehlerbehaftet und deshalb ohnehin zurückzuversetzen wäre.

VPRRS 2012, 0275

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.03.2012 - VK-SH 2/12
1. Eine mit 8 Monaten bemessene Binde-/Zuschlagsfrist verstößt gegen § 12 Abs. 1 Satz 2 EG VOL/A. *)
2. Ein Auftraggeber muss für die Angebotswertung kein bis in die letzten Unterkriterien und deren Gewichtung gestaffeltes Wertungssystem aufstellen, vielmehr besitzt er sowohl bei der Aufstellung als auch bei der konkreten Anwendung seines Wertungssystems einen Spielraum. Die Grenze dieses Spielraums ist jedoch erreicht, wenn die aufgestellten Bewertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass der Bieter nicht mehr angemessen über die für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots maßgeblichen Kriterien und Modalitäten informiert wird. Grundsätzlich muss der Bieter erkennen, worauf es dem Auftraggeber in welchem Maße ankommt.*)

VPRRS 2012, 0274

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.03.2012 - VK-SH 3/12
1. Eine mit 8 Monaten bemessene Binde-/Zuschlagsfrist verstößt gegen § 12 EG Abs. 1 Satz 2 VOL/A 2009.*)
2. Ein Auftraggeber muss für die Angebotswertung kein bis in die letzten Unterkriterien und deren Gewichtung gestaffeltes Wertungssystem aufstellen, vielmehr besitzt er sowohl bei der Aufstellung als auch bei der konkreten Anwendung seines Wertungssystems einen Spielraum. Die Grenze dieses Spielraums ist jedoch erreicht, wenn die aufgestellten Bewertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass der Bieter nicht mehr angemessen über die für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots maßgeblichen Kriterien und Modalitäten informiert wird. Grundsätzlich muss der Bieter erkennen, worauf es dem Auftraggeber in welchem Maße ankommt.*)

VPRRS 2012, 0273

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.02.2009 - Verg 65/08
1. Die Nichtbeachtung einer im Vertrag verabredeten Trennung der bei Abbrucharbeiten anfallenden Stoffe begründen Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bieters, die es rechtfertigen, ihn von der Vergabe der Restarbeiten auszunehmen.
2. Fehlerhafte Preisangaben dürfen vom Auftraggeber als Zeichen der Unzuverlässigkeit des betreffenden Bieters gewertet werden.

VPRRS 2012, 0272

VK Bund, Beschluss vom 04.05.2012 - VK 3-30/12
1. Für die Antragsbefugnis genügt es nicht, dass der Verstoß gegen Vergabevorschriften und die mögliche Rechtsverletzung isoliert nebeneinander stehen. Erforderlich ist vielmehr, dass dem Antragsteller infolge des Verstoßes gegen vergaberechtliche Vorgaben auch wirklich ein Nachteil im Sinne einer Verschlechterung der Zuschlagschance entsteht oder zu entstehen droht.
2. Erklärt der Auftraggeber, das Angebot des Antragstellers nicht von der Wertung auszuschließen, obwohl es nicht die in der Ausschreibung genannten (vergaberechtswidrigen) Voraussetzungen erfüllt, droht dem Antragsteller kein Schaden.

VPRRS 2012, 0456

VK Bund, Beschluss vom 27.12.2011 - VK 1-159/11
1. Der Auftraggeber ist nicht berechtigt, eigenständigen Ausschlussgrund in das Vergabeverfahren ein, der durch die einschlägige Vergabeverordnung nicht geregelt ist.
2. Jeder Bieter ist in seiner Kalkulation grundsätzlich frei. Gerade der Preis stellt ein wesentliches Wettbewerbselement bei der Vergabe öffentlicher Aufträge dar.
3. Prüfungsmaßstab für möglichen ist, ob ein Bieter plausibel darlegen kann, dass er trotz Überschreiten der Aufgreifschwelle seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns nachkommen wird und nicht eine Preisvorgabe, bei der automatisch eine zum Angebotsausschluss führende Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns angenommen wird.

VPRRS 2012, 0271

BGH, Urteil vom 05.06.2012 - X ZR 161/11
Einem (potenziellen) Bieter steht gegen den öffentlichen Auftraggeber kein aus bürgerlich-rechtlichen Vorschriften herzuleitender Anspruch darauf zu, die Verwendung bestimmter als vergaberechtswidrig erachteter Vergabebedingungen in etwaigen zukünftigen Vergabeverfahren zu unterlassen (Fortführung von BGH, Urteil vom 11. September 2008 - I ZR 74/06, BGHZ 178, 63 bundesligakarten.de).*)

VPRRS 2012, 0270

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.03.2012 - Verg 92/11
1. Eine Fachlosvergabe hat im Sinn eines an den öffentlichen Auftraggeber gerichteten bieterschützenden und justiziablen vergaberechtlichen Gebots die Regel zu sein. Eine Gesamt- oder zusammenfassende Vergabe darf nach dem Willen des Gesetzgebers nur in Ausnahmefällen stattfinden.
2. Hat für unterschiedliche Gebietslose lediglich eine Arbeitsgemeinschaft ein Angebot eingereicht und ist davon auszugehen, dass zur Bedienung der Gebietslose Einzelunternehmen nicht in der Lage sind, sondern dass dazu ein Zusammenschluss mehrerer Unternehmen notwendig ist, so bedeutet dies, dass der gewählte Loszuschnitt zu groß ist, als dass Wettbewerb herrschen könnte.
3. Die Gefahr von Splitterlosen besteht auch bei einer kleinräumigeren Bildung von Gebietslosen nicht.

VPRRS 2012, 0268

VK Bund, Beschluss vom 24.04.2012 - VK 1-25/12
Ausreichend für die Auslösung der Rügeobliegenheit ist bereits die Erkennbarkeit eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften aus den Vergabeunterlagen. "Erkennbar" in diesem Sinne ist das, was sich bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt bereits aus dem Inhalt der Ausschreibung als vergaberechtswidrig erschließt.

VPRRS 2012, 0266

VK Bund, Beschluss vom 15.03.2012 - VK 1-10/12
1. Eignungsanforderungen sind bereits in der Vergabebekanntmachung aufzuführen; in den Vergabeunterlagen sind allenfalls noch Konkretisierungen zulässig.
2. Der Auftraggeber hat nach § 19 EG Abs. 2, 3 VOL/A 2009 die Möglichkeit, fehlende Erklärungen und Nachweise nachzufordern. Hinsichtlich der Frage der Nachforderung steht ihm ein Ermessen zu. Ohne eine entsprechende Ermessensausübung ist ein Ausschluss wegen fehlender Erklärungen oder Nachweise unzulässig.

IBRRS 2012, 2946; IMRRS 2012, 2139

VG Stuttgart, Urteil vom 12.07.2012 - 4 K 3842/11
1. Die zur öffentlichen Bekanntmachung bestimmten Ausschreibungstexte einer Kommune sind Informationen i.S.d. § 2 Nr. 2 IWG.*)
2. Die Herausgabe solcher Informationen zur - bewussten oder geduldeten - Weiterverwendung durch einen Dritten begründet nach § 3 Abs. 1 IWG den Gleichbehandlungsanspruch aller Interessenten.*)

VPRRS 2012, 0265

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 16.12.2011 - 2 VK 6/11
Zur Ermittlung der Gebühren der Vergabekammer nach Antragsrücknahme.

VPRRS 2012, 0264

OLG München, Beschluss vom 19.07.2012 - Verg 8/12
Die Schwelle von der bloßen Markterkundung zum Beginn eines Vergabeverfahrens im materiellen Sinn wird dann überschritten, wenn der öffentliche Auftraggeber seinen internen Beschaffungsbeschluss objektiv erkennbar nach außen durch Maßnahmen umsetzt, welche konkret zu einem Vertragsschluss mit einem auszuwählenden Unternehmen führen sollen. Maßnahmen, welche ein Vertreter des öffentlichen Auftraggebers durchführt, können dem öffentlichen Auftraggeber nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht zugerechnet werden.*)

VPRRS 2012, 0261

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 28.02.2012 - 2 VK 8/11
1. Eine Präklusion nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB scheidet aus, wenn der Auftraggeber es versäumt hatte, auf die aus dieser Vorschrift folgende Rechtsmittelfrist von 15 Tagen nach Erhalt der Nichtabhilfemitteilung in der Vergabebekanntmachung hinzuweisen oder hilfsweise die Stelle anzugeben, bei dem diese Auskünfte eingeholt werden können. Das Fehlen dieser gemäß § 9 Abs. 1 VOF i.V.m. Anhang II der VO (EG) Nr. 1564/2005 (dort unter VI. 4.2 bzw. 4.3) zwingend vorgeschriebenen Angaben führt dazu, dass die Rechtsbehelfsfrist nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB nicht zu laufen beginnt.
2. Der Anwendbarkeit des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB steht EU-Recht nicht entgegen.
3. Auch wenn es grundsätzlich nicht erforderlich ist, in einem Vergabeverfahren ein- und denselben Verfahrensverstoß mehrfach zu rügen, gilt dies ausnahmsweise dann nicht, wenn die Vergabestelle im bisherigen Vergabeverfahren einzelne Verfahrensschritte wiederholt und hierbei den bereits gerügten Vergaberechtsverstoß wiederholt.
4. Ein Akteneinsichtsrecht nach § 111 GWB setzt voraus, dass überhaupt ein Nachprüfungsverfahren eröffnet ist.

VPRRS 2012, 0259

OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.04.2012 - 11 Verg 6/11
1. Die sofortige Beschwerde nach § 116 GWB ist auch isoliert gegen die Kostenentscheidung oder Teile davon, insbesondere die Gebührenfestsetzung im Nachprüfungsverfahren, statthaft.
2. Das Land genießt nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungskostengesetz Kostenfreiheit im Nachprüfungsverfahren, und zwar selbst dann, wenn es lediglich im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung tätig geworden ist.

VPRRS 2012, 0258

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 13.04.2012 - 3 VK 5/12
1. Im Falle einer Aufhebung der Ausschreibung erledigt sich das Nachprüfungsverfahren auch ohne eine entsprechende Erklärung des Auftraggebers.
2. Im Falle einer Erledigung des Verfahrens erfolgt die Entscheidung, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, gemäß § 128 Absatz 3 Satz 5 GWB nach billigem Ermessen. Im Rahmen dieses Ermessens ist vorrangig darauf abzustellen, wie das Verfahren aufgrund des bisherigen Sach- und Streitstandes ausgegangen wäre.
3. Ein Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Antragstellers kommt mangels einer Sachentscheidung nicht in Betracht.

VPRRS 2012, 0257

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.02.2012 - 1 VK 7/11
1. Der öffentliche Auftraggeber ist grundsätzlich frei in der Definition dessen, was er beschaffen möchte. Der Bieter hat im Vergabeverfahren die ausgeschriebene Leistung grundsätzlich nicht infrage zu stellen. Ihn trifft insoweit keine Prüfungspflicht, insbesondere muss er keine Motivforschung betreiben.
2. Erkennt der Bieter, dass die Leistungsbeschreibung widersprüchlich, unverständlich oder in sich nicht schlüssig ist, so ist er gehalten, die Zweifelsfragen vor Abgabe des Angebotes zu klären.
3. Umfangreiche Vorarbeiten und Recherchen, die eine Angebotskalkulation erst ermöglichen, darf die Ausschreibung dem Bieter nicht abverlangen.

VPRRS 2012, 0256

VK Bund, Beschluss vom 21.06.2012 - VK 3-57/12
1. Die Festlegung des Beschaffungsgegenstandes obliegt grundsätzlich der ausschließlichen Bestimmung durch den öffentlichen Auftraggeber.
2. Um dem Wettbewerbsprinzip zu entsprechen, ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, das Vergabeverfahren möglichst wettbewerbsoffen zu gestalten. Die Vergabestelle jedoch nicht gehalten, ihren Bedarf so auszurichten, dass möglichst alle auf dem Markt agierenden Teilnehmer leistungs- bzw. angebotsfähig sind.
3. In der Überbürdung unzumutbarer Kalkulationsrisiken liegt kein Vergabefehler. Das grundsätzliche Verbot, Bietern oder Auftragnehmern in der Leistungsbeschreibung oder in sonstigen Vergabeunterlagen ungewöhnliche Wagnisse für Umstände oder Ereignisse aufzubürden, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einfluss auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann, ist aus der VOL/A 2006 nicht in die Neuregelung der VOL/A übernommen worden. Derartige Fälle können in Einzelfällen allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit einer für den Bieter kaufmännisch vernünftigen Kalkulation beanstandet werden.
4. Kartellrechtliche Belange gehören nicht zum Prüfungsgegenstand des Nachprüfungsverfahrens.

VPRRS 2012, 0253

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 - Verg 9/12
Im Rahmen einer Sektorenvergabe können Erklärungen und Nachweise für Bewerbungen und (bindende) Angebote nachgefordert werden. Dies gilt erst recht für indikative Angebote und auch für Preisangaben.
