Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
4933 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2010
VPRRS 2010, 0325VK Arnsberg, Beschluss vom 11.03.2010 - VK 1/10
1. Eine Auftraggeberin nach § 11 VgV alt/§ 129b GWB unterliegt den Grundsätzen des § 97 Abs. 1 und 2 GWB.*)
2. Einer Auftraggeberin nach § 11 VgV alt/§ 129b GWB ist zuzugestehen, dass sie nicht unmittelbar an den Wortlaut der Verdingungsordnungen - hier der VOL/A oder Einzelheiten, die das GWB für bestimmte Verfahren vorsieht - gebunden ist. Wenn sie jedoch von den gesetzgeberischen Vorschlägen zur Durchführung eines sachgerechten Verfahrens selbst in der minimalen Form, wie sie sich aus dem 4. Teil der VOL/A ergeben, abweicht, ist sie verpflichtet, eine die Ziele des Verfahrens einhaltende, adäquate Lösung zu verwenden und deren Eignung nachzuweisen.*)
3. Dazu gehört eine einheitliche Leistungsbeschreibung, die Bekanntgabe der Zuschlagskriterien, eine zur Nachprüfung hinreichende Dokumentation der Vergabeentscheidung und eine die Gleichbehandlung der Bieter gewährleistende Verfahrensweise.*)
VolltextVPRRS 2010, 0324
VG Mainz, Beschluss vom 30.08.2010 - 6 L 849/10
1. Öffentliche Stellen, die einen Vertrag über Dienstleistungskonzessionen abschließen, haben die Grundregeln des EG-Vertrages im Allgemeinen und das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Besonderen zu beachten.
2. Der Gleichbehandlungsgrundsatz und das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit schließen insbesondere eine Verpflichtung zur Transparenz ein. Diese Transparenzpflicht besteht darin, dass zu Gunsten der potentiellen Bieter ein angemessener Grad von Öffentlichkeit sicherzustellen ist.
VolltextVPRRS 2010, 0323
OLG Celle, Beschluss vom 30.09.2010 - 13 Verg 10/10
1. Bevor ein Angebot nach § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A Ausgabe 2006 ausgeschlossen werden kann, muss dem betroffenen Bieter unter Setzung einer angemessenen Frist zwingend Gelegenheit gegeben werden, den Eindruck eines ungewöhnlich niedrigen Angebots zu entkräften oder aber beachtliche Gründe dafür aufzuzeigen, dass sein Angebot trotzdem anzunehmen ist.*)
2. Von einer genaueren Überprüfung unter Einbeziehung des betroffenen Bieters ist nur dann abzusehen, wenn ein offenbares Missverhältnis von Preis und Leistung im Sinne des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A Ausgabe 2006 besteht, bei dem der angebotene (Gesamt)Preis derart eklatant von dem an sich angemessenen Preis abweicht, dass es sofort ins Auge fällt.*)
VolltextVPRRS 2010, 0322
VK Sachsen, Beschluss vom 22.07.2010 - 1/SVK/022-10
1. Die marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens darf nicht dazu führen, dass ein Wettbewerb praktisch nicht möglich wird. Bei Postzustelldienstleistungen verfügt derzeit kaum ein privater Postdienstleister - auch nicht im Wege der Kooperation mit anderen Dienstleistern - über ein flächendeckendes Netz. Bei Nichtbildung von Regionallosen hat der Auftraggeber es dem Bieter zu ermöglichen, die Flächendeckung im Zustelldienst, durch Inanspruchnahme des marktbeherrschenden Unternehmens, das rechtlich verpflichtet ist, Einlieferungen des Bieters zu befördern, herzustellen.*)
2. Fehlt in der Vergabebekanntmachung die Angabe, dass konkrete Nachweise zur Darlegung der Eignung für Nachunternehmer vorzulegen sind, kann ein Angebot nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil für Nachunternehmer keine Eignungsnachweise vorgelegt worden sind. Eine ungeschriebene Pflicht, für jeden Nachunternehmer jeden vom Vertragspartner geforderten Eignungsnachweis gleichfalls zu erbringen, kann nicht angenommen werden.*)
3. Dem Absehen von der Losvergabe hat eine umfassende Interessenabwägung voranzugehen. Die hierfür sprechenden Gründe dürfen nicht lediglich in einer Vermeidung des mit einer Fachlosvergabe typischerweise verbundenen Mehraufwands liegen.*)
VolltextVPRRS 2010, 0459
VK Bund, Beschluss vom 16.07.2010 - VK 1-58/10
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2010, 0445
VK Lüneburg, Beschluss vom 15.01.2010 - VgK-74/2009
1. Die Frage, ob ein vertraglich aufgebürdetes Wagnis ungewöhnlich und damit unzulässig ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung von Art und Umfang der nachgefragten Leistung sowie unter Beachtung des Gesichtspunkt der Branchenüblichkeit zu klären. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass § 8 Abs. 1 Nr. 3 VOL/A nicht ausschließt, dass die Beteiligten den Rahmen des Zulässigen ausschöpfen.
2. Jedem Vertrag wohnen gewisse Risiken inne, die der Auftragnehmer bei der Ausführung der Leistung zu tragen hat. Hier finden die allgemeinen zivilrechtlichen Gefahrtragungsregeln Anwendung. Risiken, die der Unternehmer nach der im jeweiligen Vertragstyp üblichen Wagnisverteilung grundsätzlich zu tragen hat - die z.B. mit der Beschaffung oder Finanzierung von Materialien oder technischen Schwierigkeiten bei der Ausführung der Leistung zusammenhängen - sind gerade keine ungewöhnlichen Wagnisse.
3. Die Frage, ob eine Rüge noch unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung erfolgt, hängt vom Einzelfall ab. Die Rüge muss angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich innerhalb von einem bis drei Tagen erfolgen. Auch bei einer ggf. notwendigen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erfüllt ein Rügezeitraum von mehr als einer Woche das Zeitkriterium des § 107 Abs. 3 GWB regelmäßig nicht.
4. Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt wird, kann einem Bieterunternehmen allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe erfordert.
VolltextVPRRS 2010, 0316
VK Bund, Beschluss vom 21.06.2010 - VK 2-53/10
1. Anspruch auf eine Preisgleitklausel haben Auftragnehmer nur, wenn das Ermessen des Auftraggebers in § 15 Nr. 2 VOL/A 2006 ausnahmsweise auf Null reduziert ist, beispielsweise weil dem Auftragnehmer ohne Preisgleitklausel ein ungewöhnliches Wagnis im Sinne von § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A 2006 aufgebürdet wird.
2. Bei einer Rahmenvereinbarung über das Leasing von Fahrzeugen stellt es kein ungewöhnliches Wagnis dar, dass der Auftragnehmer das Zins- und Restwertrisiko zu tragen hat.
VolltextVPRRS 2010, 0314
VK Nordbayern, Beschluss vom 08.07.2010 - 21.VK-3194-22/10
Ausschluss wegen fehlender, aber geforderter Erklärungen.
VolltextVPRRS 2010, 0313
OLG München, Beschluss vom 09.09.2010 - Verg 10/10
1. Werden Klappsitze mit einem aus poliertem Aluminium-Druckguss bestehenden Sitzträger ausgeschrieben, so ist ein Angebot, welches Sitzträger aus Stahl anbietet, auszuschließen.
2. Dem Bieter hilft auch nicht das Argument der Gleichwertigkeit weiter, wenn der Ausschreibung zu entnehmen ist, dass der Sitzträger aus Aluminium-Druckguss ein gestalterisches und funktionales Element darstellt, welches unbedingt zwingend im Angebot enthalten sein muss.
3. Es kann von einem Bieter nicht mehr verlangt werden, als dass er das vom Auftraggeber vorgestellte Produkt auch anbietet. Sollte das vom Auftraggeber gewünschte Produkt Mängel haben, erweist sich dies als Defizit der Ausschreibung und nicht des Angebots.
VolltextVPRRS 2010, 0312
OLG München, Beschluss vom 13.08.2010 - Verg 10/10
Es bleibt offen, ob § 101b Abs. 2 GWB eine den § 107 Abs. 3 GWB verdrängende Sonderregelung darstellt.*)
VolltextVPRRS 2010, 0443
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.06.2010 - 1 VK 23/10
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2010, 0306
OLG München, Beschluss vom 31.08.2010 - Verg 12/10
Ein Ausschluss von Angeboten wegen bei Angebotsabgabe nicht vorgelegter Eignungsnachweise kann nur dann erfolgen, wenn die Vorlage unmissverständlich entweder in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen gefordert worden ist. Verlangt der öffentliche Auftraggeber wegen der Unklarheit der Vergabeunterlagen nach Angebotsabgabe innerhalb einer bestimmten Frist die Vorlage von Eigenerklärungen zur technischen Leistungsfähigkeit, sind nach dieser Frist vorgelegte Eigenerklärungen grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen.*)
VolltextVPRRS 2010, 0305
VK Bund, Beschluss vom 24.11.2009 - VK 2-204/09
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2010, 0304
VK Brandenburg, Beschluss vom 17.02.2010 - VK 5/10
1. Die Zurückweisung eines Nachprüfungsantrages gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB ohne mündliche Verhandlung als "offensichtlich unbegründet" sollte die Ausnahme bleiben, die nur dann aus prozessökonomischen Gründen statthaft ist, wenn eine Verhandlung von vorneherein unnötig und für das Ergebnis irrelevant erscheint, etwa wenn nach Durchsicht der Vergabeakten kein Zweifel mehr daran bestehen kann, dass es die von der Antragstellerin behaupteten Vergaberechtsverstöße tatsächlich nicht gibt.
2. Ein Angebot ist dann nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 d VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A zwingend von der Wertung auszuschließen, wenn der Bieter Änderungen oder Ergänzungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen hat.
3. Da der Auftraggeber den Vertragsinhalt in den Angebotsunterlagen vorgegeben hat, ist es sein anerkennenswertes Interesse zu verhindern, dass über die Geltung von Vertragsbedingungen nachträglich Streit entsteht, und den Prüfungsumfang im Vergabeverfahren im Interesse einer schnellen und reibungslosen Umsetzung der Auftragsvergabe nicht ausufern zu lassen. Eine derartige materielle Prüfung der Leistungen kann dem Auftraggeber und den weiteren Bietern nicht zugemutet werden. Eine Abweichung von den Verdingungsunterlagen liegt daher bereits dann vor, wenn ein Leistungsverzeichnis des Bieters formell in das Angebot einbezogen wird und daher inhaltlich bei der Feststellung des Vertragsinhaltes Berücksichtigung finden muss.
VolltextVPRRS 2010, 0303
VK Brandenburg, Beschluss vom 26.01.2010 - VK 55/09
1. Auch das Zustandekommen des zur Nachprüfung durch die Vergabekammer des Landes Brandenburg gestellten Vertragsschlusses unterliegt dem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren nach § 102 GWB.
2. Bereits die Entscheidung, kein geregeltes Vergabeverfahren durchzuführen, muss der Nachprüfung zugänglich sein.
3. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn der Auftraggeber mit einem anderen Anbieter einen wirksamen Vertrag über die streitige Leistung geschlossen hat.
4. Eine wirksame Zuschlagserteilung ist für den Fall zu verneinen, dass die Vergabestelle ihrer Pflicht zur Information der erfolglosen Bieter aus § 13 Satz 1 VgV nicht nachgekommen ist.
5. Der Vortrag, es liege in der Natur der Sache, dass der bisherige Vertragspartner weiterhin ein Interesse habe, im Falle der Neuvergabe den Zuschlag zu erhalten, genügt ebenso wenig, wie gelegentlich und beiläufig geäußerte Interessenbekundungen, ohne dass diesen ein konkretes Beschaffungsvorhaben zugeordnet werden könnte.
6. Bei einem sittenwidrigen Verhalten gegenüber der Allgemeinheit oder gegenüber einem Dritten ist § 138 BGB nur anwendbar, wenn alle Beteiligten des streitigen Rechtsgeschäftes subjektiv sittenwidrig zum Nachteil des Betroffenen handeln. Das Bewusstsein von Sittenwidrigkeit ist bei den Handelnden nicht erforderlich; es genügt, dass der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt.
7. Das Akteneinsichtsrecht ist nur in dem Umfang gegeben, in dem es zur Durchsetzung der Rechte des Antragstellers aus § 97 Abs. 7 GWB erforderlich ist.
VolltextVPRRS 2010, 0302
VK Brandenburg, Beschluss vom 26.01.2010 - VK 51/09
1. Grundsätzlich schadet eine fehlerhafte Bezeichnung des Auftraggebers als Adressat eines Nachprüfungsantrages nicht und führt - wenn klar erkennbar ist, wer als Adressat des Antrages gemeint ist - auch nicht dazu, dass sich ein Nachprüfungsantrag gegen den falschen, nicht passiv prozessführungsbefugten Antragsgegner richtet. Der Antrag könnte dann entsprechend ausgelegt und im Passivrubrum berichtigt werden.
2. Der Vergabekammer ist es verwehrt, von einer verfahrensrechtlich unschädlichen Falschbezeichnung der Auftraggeberin auszugehen, wenn der Antragsteller ausdrücklich sämtliche Nachprüfungsanträge in der in Rede stehenden Vertragsangelegenheit aufrechterhält und Parallelverfahren betreibt.
VolltextVPRRS 2010, 0301
VK Brandenburg, Beschluss vom 26.01.2010 - VK 50/09
1. Grundsätzlich schadet eine fehlerhafte Bezeichnung des Auftraggebers als Adressat eines Nachprüfungsantrags nicht und führt - wenn klar erkennbar ist, wer als Adressat des Antrages gemeint ist - auch nicht dazu, dass sich ein Nachprüfungsantrag gegen den falschen, nicht passiv prozessführungsbefugten Antragsgegner richtet.
2. Der Vergabekammer ist es verwehrt, von einer verfahrensrechtlich unschädlichen Falschbezeichnung des Auftraggebers auszugehen, wenn der Antragsteller sämtliche Nachprüfungsanträge ausdrücklich aufrechterhält und in der in Rede stehenden Vertragsangelegenheit gegen den wirklichen Auftraggeber ein Parallelverfahren betreibt.
VolltextVPRRS 2010, 0300
VK Brandenburg, Beschluss vom 18.11.2009 - VK 41/09
1. Alles, was der Herstellung und späteren bestimmungsgemäßen Nutzung (Funktion) einer baulichen Anlage dient, ist als Bauleistung anzusehen und dementsprechend auszuschreiben.
2. Entscheidend für die Beurteilung der Frage, ob ein öffentlicher Bauauftrag vorliegt, ist die Erreichung des im Vertrag geregelten Vertragsziels. Zu den Bauleistungen zählen insbesondere auch die Lieferung und Montage der für eine bauliche Anlage erforderlichen maschinellen und elektrotechnischen Anlagen und Anlagenteile sowie von Kommunikations- und fernmeldetechnischen Vermittlungs- und Übertragungseinrichtungen. Entscheidend ist, dass das Bauwerk ohne diese Anlagen noch nicht als vollständig fertig gestellt anzusehen ist. Unerheblich ist dagegen, ob sie wesentliche Bestandteile des Bauwerkes werden.
3. Die Montage elektrotechnischer und elektronischer Anlagen stellt nur dann keine Bauleistung dar, wenn die technische Anlage lediglich in dem Bauwerk untergebracht ist, das Bauwerk aber auch ohne sie nach seiner Zweckbestimmung funktionsfähig ist.
VolltextVPRRS 2010, 0299
LG Duisburg, Urteil vom 06.07.2010 - 24 O 125/09
Eine für den Abschluss eines Kaufvertrages wesentliche Vermittlungs- oder Nachweistätigkeit eines Maklers liegt nicht vor, wenn der Erwerb des Grundstückes erst Jahre später und nach Teilnahme und Erfolg einer Offenen Ausschreibung der öffentlichen Hand erfolgt.
VolltextVPRRS 2010, 0298
VK Brandenburg, Beschluss vom 19.05.2010 - VK 15/10
1. Das Erreichen bzw. Überschreiten des Schwellenwerts ist als Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahrens jederzeit von Amts wegen zu prüfen.
2. Nach § 3 Abs. 1 VgV ist bei der Schätzung des Auftragswerts von der geschätzten Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung auszugehen. Maßgebend ist dabei die Perspektive eines potentiellen Bieters. Bei der Gesamtvergütung handelt es sich um den Verkehrs- oder Marktwert, zu dem eine bestimmte Leistung zum maßgebenden Zeitpunkt eingekauft werden kann. Der geschätzte Auftragswert muss auf einer pflichtgemäßen und sorgfältigen Prüfung der Marktlage beruhen. Er soll den Marktwert widerspiegeln.
3. An die Schätzung selbst dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden.
4. Ist die Kostenschätzung des Auftraggebers mangelhaft und unzureichend dokumentiert, kann die Vergabekammer sie durch eigene Ermittlungen ersetzen. Liegt ein Wettbewerbsergebnis vor, kann dieses entsprechend zur Schwellenwertbestimmung herangezogen werden.
5. Die Anwendbarkeit des 4. Teils des GWB kann nicht dadurch hergestellt werden, dass der Auftraggeber parallel zur nationalen Öffentlichen Ausschreibung auch europaweit im Offenen Verfahren ausgeschrieben hat.
7. Einem Antragsteller ist nicht deshalb Primärrechtsschutz nach den §§ 97 ff GWB zu gewähren, weil der Auftraggeber - indem er den Weg des Offenen Verfahrens mit europaweiter Bekanntmachung gewählt hat - auch in Bezug auf die Rechtsschutzmöglichkeit einer Selbstbindung unterliegt.
8. Aus dem unzutreffenden Hinweis auf den Rechtsweg zu den Vergabekammern gemäß §§ 102 ff GWB folgt nicht die Zulässigkeit dieses vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Rechtsweges; weder die irrtümliche noch die freiwillige Unterwerfung der Vergabestelle unter die Bestimmungen des GWB hat Einfluss auf den gesetzlich festgelegten Rechtsweg.
VolltextVPRRS 2010, 0297
VK Lüneburg, Beschluss vom 30.06.2010 - VgK-26/2010
1. Maßstab für die Erkennbarkeit i. S. des § 107 Abs. 3 Nr. 2 u. 3 GWB ist die Erkenntnismöglichkeit für das Unternehmen bei Anwendung üblicher Sorgfalt. Die Erkennbarkeit muss sich dabei nicht nur auf die den Verstoß begründenden Tatsachen, sondern auch auf deren rechtliche Beurteilung beziehen.
2. Erscheinen dem Auftraggeber Angebote im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, so hat der Auftraggeber gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A vor der Vergabe des Auftrages Einzelposten dieser Angebote zu überprüfen.
3. Zu diesem Zweck muss er in Textform vom Bieter die erforderlichen Belege verlangen und bei der Vergabe das Ergebnis dieser Überprüfung berücksichtigen.
4. Die Frage, ab welchem Preisabstand der Auftraggeber Anlass zu Zweifeln der Angemessenheit des Preises haben muss, hängt vom Einzelfall, insbesondere vom Auftragsgegenstand und von der Marktsituation ab. Für Liefer- und Dienstleistungen im Sinne der VOL/A gibt es eine keine verbindliche Aufgreifschwelle. Rechtsprechung und Schrifttum orientieren sich zumindest für den Liefer- und Dienstleistungsbereich mehrheitlich an einer 20 %-Schwelle.
5. Ein öffentlicher Auftraggeber ist nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote anzunehmen.
VolltextVPRRS 2010, 0296
VK Lüneburg, Beschluss vom 17.06.2010 - VgK-28/2010
1. Die in Deutschland geltende Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH (IBR 2010, 159) nach wie vor grundsätzlich anwendbar.
2. Im Gegensatz zum irischen Recht und zum britischen Recht regelt § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB nicht die Ausschlussfrist für das Nachprüfungsverfahren selbst, sondern nur die Anforderungen an die Rügeobliegenheit als Zulässigkeitsvoraussetzung und damit, ob die Zulässigkeitsvoraussetzung vorliegt oder nicht. Entscheidend aber ist, dass der Begriff der Unverzüglichkeit im deutschen Recht eindeutig definiert ist, nämlich als "ohne schuldhaftes Zögern" im Sinne des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, was zu dem aufgrund einer ausgeprägten Rechtsprechung zu § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB bzw. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB a. F. auch für das Vergaberecht weitergehend konkretisiert worden ist.
VolltextVPRRS 2010, 0295
VK Lüneburg, Urteil vom 25.02.2010 - VgK-82/2009
1. Die Frage, ob Merkmale des § 98 Abs. 2 GWB konkret erfüllt sind, ist anhand einer Einzelfallbetrachtung zu entscheiden. Eine Aufgabe im Allgemeininteresse liegt u. a. dann vor, wenn die Aufgabe nicht nur die Förderung des privaten Interesses eines Einzelnen oder einer Gruppe von Personen, sondern das Interesse der Gesamtheit der Bevölkerung zum Gegenstand hat. Entscheidend ist dabei letztlich, ob Gemeinwohlbelange gefördert werden sollen. Bei kommunalen Wohnungsbaugesellschaften oder Sanierungsgesellschaften ergibt sich das Merkmal des Allgemeininteresses in der Regel aus den rechtlichen Rahmenbedingungen der Einrichtung, die regelmäßig auf die Deckung des Wohnungsbedarfs schwächerer Bevölkerungsschichten ausgerichtet sind.
2. Es gibt keine abschließenden Merkmale, anhand derer die Nicht-Gewerblichkeit verbindlich festzustellen ist, sondern lediglich von der Rechtssprechung festgestellte und hervorgehobene Indizien.
VolltextVPRRS 2010, 0294
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.06.2010 - Verg 7/10
1. Bei der Eignungsprüfung anhand von Referenzen ist in zwei Stufen vorzugehen:
- Formale Prüfung: Genügen die vorgelegten Referenzen formell den Anforderungen?
- Materielle Prüfung: Lassen die vorgelegten Referenzen eine einwandfreie Ausführung des Auftrages erwarten?
2. Die Frage, ob die in den Referenzen aufgeführten Arbeiten "gleichwertig" sind (sofern in den Anforderungen an die Referenzen auch "gleichwertige" Arbeiten zugelassen sind), gehört zur materiellen Prüfung.
VolltextVPRRS 2010, 0292
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.06.2010 - Verg 18/10
1. Drittunternehmen im Sinne der Art. 25, 45 ff Richtlinie 2004/18/EG, § 7a Nr. 3 Abs. 6, § 10 VOL/A sind auch konzernangehörige Unternehmen.
2. Die Vergabebekanntmachung muss die vorzulegenden Unterlagen selbst bezeichnen und darf sich nicht damit begnügen, auf die Verdingungsunterlagen zu verweisen; letztere können die Angaben in der Vergabebekanntmachung lediglich in bestimmtem Umfange konkretisieren.
VolltextVPRRS 2010, 0291
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.06.2010 - Verg 14/10
1. Als unbestimmte Rechtsbegriffe unterliegen die Eignungskriterien des § 97 Abs. 4 GWB einer lediglich eingeschränkten Nachprüfung der Nachprüfungsinstanzen auf Einhaltung der Grenzen des Beurteilungsspielraums, insbesondere darauf, ob von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen worden ist und allgemeine Wertungsgrundsätze beachtet worden sowie keine sachwidrigen Erwägungen in die Wertung eingeflossen sind.
2. Im Rahmen der Eignungsbewertung hat der öffentliche Auftraggeber auch bei Vorliegen der in § 7 Nr. 5 VOL/A nur typisierend genannten Tatbestandsmerkmale im Einzelfall zu überprüfen, ob das betroffene Unternehmen dennoch genügend fachkundig, leistungsfähig und zuverlässig ist, um die in der Vergabebekanntmachung angegebenen Eignungsanforderungen zu erfüllen und ob es davon ausgehend die notwendigen Sicherheiten bietet, die vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen.
3. Hat ein öffentlicher Auftraggeber in Ausübung seines Beurteilungsspielraums die Eignung bejaht, ist er daran grundsätzlich gebunden und bei unveränderter Sachlage im Allgemeinen gehindert, von seiner ursprünglichen Beurteilung abzurücken und die Eignung eines Bieters nunmehr zu verneinen. Neu auftretende oder bekannt werdende Umstände, die seine Entscheidung in Frage stellen könnten, hat er allerdings auch nach bereits positiv abgeschlossener Wertung der Eignung eines Bieters in jeder Phase des Vergabeverfahrens zu berücksichtigen.
4. Ist der Antragsteller über einen langen Zeitraum seiner Verpflichtung zur Zahlung von Tariflöhnen sowie zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen in erheblichem Umfang nicht nachgekommen und legt er diese Vorgänge - obwohl verlangt - nicht offen, sondern versichert er, gegenwärtig und auch in der Vergangenheit seine diesbezüglichen Verpflichtungen nachgekommen zu sein, so liegen nicht ausräumbare Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers vor.
VolltextVPRRS 2010, 0290
VK Lüneburg, Beschluss vom 25.03.2010 - VgK-07/2010
1. Die Grundsätze über die Losvergabe dienen nicht ausschließlich der Förderung mittelständischer Interessen. Vielmehr sind diese Grundsätze auch Ausprägung des Wettbewerbs- und Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 97 Abs. 1 und Abs. 5 GWB.
2. Grundsätzlich steht es jeder Vergabestelle frei, die auszuschreibende Leistung nach ihren individuellen Vorstellungen zu bestimmen und nur in dieser, den autonom bestimmten Zwecken entsprechenden Gestalt dem Wettbewerb zu öffnen.
3. Zwar ist angesichts des eindeutigen Regel-Ausnahme-Prinzips des § 97 Abs. 3 GWB zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber grundsätzlich einen erhöhten Koordinierungsaufwand aufgrund der mittelstandsfördernden Entscheidung des Gesetzgebers zu Gunsten des Vorrangs der Losvergabe hinzunehmen hat, führt die Koordinierung jedoch zu einem erheblichen Mehraufwand, kann nach wie vor ein (wirtschaftlicher) Grund für eine zusammengefasste Vergabe gegeben sein. Dem öffentlichen Auftraggeber steht insoweit nach wie vor eine Einschätzungsprärogative zu.
VolltextVPRRS 2010, 0289
VK Lüneburg, Beschluss vom 16.04.2010 - VgK-10/2010
1. Aus den Entscheidungen des EuGH, der sich mit der Rechtswirksamkeit von Präklusionsregeln in irischen und englischen Vorschriften befasst hat, kann nicht der Rückschluss auf eine Europarechtswidrigkeit des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB gezogen werden.
2. Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A können Angebote, die nicht die geforderten Angaben und Erklärungen gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A enthalten, ausgeschlossen werden. Grundsätzlich steht dem Auftraggeber bei der Bewertung ein weiter Ermessensspielraum zu. Dieser Spielraum engt sich jedoch dann ein, wenn der Auftraggeber selbst dieses weite Ermessen durch Angabe von zulässigen Mindestvoraussetzungen erklärt. Er ist dann an diese Voraussetzungen gebunden und darf nicht nachträglich von ihnen abweichen.
3. Werden Erklärungen oder Nachweise nicht eindeutig gefordert, so kann ihr Fehlen bei Angebotsabgabe nicht zur Begründung eines Angebotsausschlusses nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A herangezogen werden.
VolltextVPRRS 2010, 0286
VK Lüneburg, Beschluss vom 10.06.2010 - VgK-17/2010
1. Bei den Begriffen der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe. Da die Prüfung der Eignung eines Unternehmens ein wertender Vorgang ist, in den zahlreiche Einzelumstände einfließen, ist den Auftraggebern ein Beurteilungsspielraum einräumen, der nur einer eingeschränkten Kontrolle durch die Nachprüfungsinstanzen zugänglich ist. Die Vergabekammer kann im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens die Entscheidung der Vergabestelle über die Eignung eines Unternehmens folglich nur daraufhin überprüfen, ob die rechtlichen Grenzen dieses Beurteilungsspielraumes überschritten sind. Eine Überschreitung dieses Beurteilungsspielraumes ist regelmäßig (nur) anzunehmen, wenn
- das vorgeschriebene Vergabeverfahren nicht eingehalten wird,
- nicht von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wird,
- sachwidrige Erwägungen einbezogen werden oder wenn der sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung haltende Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend angewendet wird
2. Die Anforderung von Referenzen stellt eine geeignete und vergaberechtskonforme Maßnahme dar, die es dem Auftraggeber erleichtert, die Eignungsprüfung im Rahmen der Angebotswertung oder - wie im vorliegenden Fall - im Zuge der Bewerberauswahl im Verhandlungsverfahren durchzuführen.
VolltextVPRRS 2010, 0285
OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2010 - Verg 59/09
1. Ein Flughafenbetreiber ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 4 GWB a.F.
2. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass nicht der Flughafenbetreiber selbst, sondern ein Tochterunternehmer die Auftragsvergabe durchführt.
3. Bei der Vergabe eines Abschleppauftrags darf kein Nachweis der Inkassoberechtigung verlangt werden, weil dies nicht durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist.
4. Vergaberechtswidrig ist die Wahl des Zuschlagskriteriums "konkret für die Auftragserfüllung vorgesehene technische Ausstattung", weil damit eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien vorgenommen wird.
VolltextVPRRS 2010, 0284
OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2010 - Verg 58/09
1. Ein Flughafenbetreiber ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 4 GWB a.F.
2. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass nicht der Flughafenbetreiber selbst, sondern ein Tochterunternehmer die Auftragsvergabe durchführt.
3. Bei der Vergabe eines Abschleppauftrags darf kein Nachweis der Inkassoberechtigung verlangt werden, weil dies nicht durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist.
4. Vergaberechtswidrig ist die Wahl des Zuschlagskriteriums "konkret für die Auftragserfüllung vorgesehene technische Ausstattung", weil damit eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien vorgenommen wird.
VolltextVPRRS 2010, 0281
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.07.2010 - VK-SH 11/10
1. § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB beinhaltet im Gegensatz zu Nr. 1 der Vorschrift nicht das Merkmal der Unverzüglichkeit, so dass für Vergaberechtsverstöße, die bereits in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, eine Rüge bis zum Ablauf der Angebotsfrist ausreichend ist.*)
2. Eines Nachweises anhand von Produktblättern o.ä. dafür, dass die von einem Bieter angebotene Leistung den im Leistungsverzeichnis aufgeführten Positionen den Anforderungen genügt, bedarf es nur dann, wenn der Auftraggeber diesen Nachweis eindeutig gefordert hat.*)
VolltextVPRRS 2010, 0280
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.04.2010 - VK-SH 3/10
1. Gibt ein Bieter bei der Position "Vertriebskosten" eines zwingend mit dem Angebot vorzulegenden und vollständig auszufüllenden Kalkulationsschemas den Wert Null an und teilt dieser auf Nachfrage des Auftraggebers mit, er habe zwar Vertriebskosten kalkuliert, diese aber in die Position "Verwaltungskosten" einfließen lassen, ist diese falsche Erklärung -ausgehend von der entsprechenden Rechtsprechung zu den Preisangaben- mit einer fehlenden Erklärung gleichzusetzen, was zum Ausschluss der Angebots führen muss.
2. Die Entscheidung über die Beiladung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Vergabekammer. Befindet sich das Vergabeverfahren zum Zeitpunkt der Entscheidung der Vergabekammer noch in einem Stadium, in dem die Interessen des betreffenden Bieters durch die Entscheidung der Vergabekammer nicht im Sinne von § 109 GWB schwerwiegend berührt werden können, ist angesichts der mit einer Beiladung verbundenen Zeitverzögerungen und Kosten von einer Beiladung abzusehen.
VolltextVPRRS 2010, 0278
OLG Naumburg, Beschluss vom 21.06.2010 - 1 Verg 12/09
1. Ein Beigeladener ist im Vergabenachprüfungsverfahren dann materiell beschwert, wenn er geltend machen kann, dadurch unmittelbar in subjektiven Rechten, also nicht lediglich in wirtschaftlichen Interessen verletzt zu sein.*)
2. Hat er sich angesichts dessen, dass die Vergabestelle eine europaweite Neuausschreibung beabsichtigt, auf eine Interimsbeauftragung eingelassen, so kann er nicht geltend machen, durch die Verpflichtung zur Neuausschreibung in einer subjektiven Rechtsposition verletzt zu werden.*)
3. Setzt der öffentliche Auftraggeber die Entscheidung der Vergabekammer vor Beendigung des Nachprüfungsverfahrens um, indem er den gerügten Vergabeverstoß behebt, liegt eine Erledigung des Nachprüfungsverfahrens "in sonstiger Weise" vor.*)
4. Die Erledigung tritt zwischen den Hauptbeteiligten des Nachprüfungsverfahrens (Antragsteller und Antragsgegner) ein und ist vom Beigeladenen prozessual hinzunehmen.*)
VolltextVPRRS 2010, 0277
OLG Naumburg, Beschluss vom 24.06.2010 - 1 Verg 4/10
Mit dem Diskriminierungsverbot des § 97 GWB ist es nicht zu vereinbaren, wenn eine Ausschreibung von Anfang an so angelegt ist, dass letztlich nur ein Bieter die Kriterien erfüllen kann (hier bei Postdienstleistungen).*)
VolltextVPRRS 2010, 0276
OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.07.2010 - Verg W 4/09
1. War der ursprünglich Nachprüfungsantrag unzulässig, so ist auch ein Feststellungsantrag gemäß § 123 Satz 3, § 114 Abs. 2 GWB unzulässig.
2. § 13 Satz 6 VgV a.F. findet bei einer de-facto-Vergabe nur dann entsprechende Anwendung, wenn die Beschaffung einer Dienstleistung zu Angeboten verschiedener Bieter geführt und eine Auswahl unter diesen stattgefunden hat, so dass ein dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 13 Satz 6 VgV a.F., dem Verfahren zur Auftragsvergabe, vergleichbarer Fall gegeben ist.
3. Ist ein Auswahlverfahren unter mehreren Bietern gegeben, ist nur derjenige Interessent durch § 13 Satz 6 VgV a.F. geschützt, der "Bieter" in diesem Auswahlverfahren war und daher entsprechend § 13 Satz 6 VgV a.F. über die Auftragsvergabe hätte informiert werden müssen.
VolltextVPRRS 2010, 0274
KG, Beschluss vom 18.03.2010 - 2 Verg 7/09
1. Nach übereinstimmender Erledigterklärung des Vergabenachprüfungsverfahrens in der Beschwerdeinstanz ist über die Kosten und Aufwendungen, die im Verfahren vor der Vergabekammer entstanden sind, gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG zu entscheiden; § 91a ZPO ist insofern nicht heranzuziehen. Über die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten, die im Beschwerdeverfahren entstanden sind, ist hingegen analog § 91a ZPO zu entscheiden.*)
2. Hat der Zuschlag nach den Vergabebedingungen anhand der von einer Bewertungskommission zu beurteilenden "Qualität" sowie des "Preises" der angebotenen Leistung zu erfolgen, so liegt ein Vergaberechtsverstoß vor, wenn die Kommissionsmitglieder sich bei ihrer Bewertung zumindest auch von dem Bestreben leiten lassen, einem bestimmten Bieter den Zuschlag unabhängig vom Zuschlagskriterium "Preis" zu sichern, und ihm deshalb die Bestnote 1,0 und den übrigen Bietern die Schlechtestnote 6,0 geben.*)
3. Zur Feststellung der Motivation der Kommissionsmitglieder im Einzelfall.*)
4. Zu Bewertungsfragen bei der Bildung einer Kostenquote im Vergabenachprüfungsverfahren.*)
VolltextVPRRS 2010, 0268
OLG München, Beschluss vom 05.11.2009 - Verg 13/09
Eine Trennung von formeller und materieller Eignungsprüfung ist jedenfalls dann geboten, wenn in der Vergabebekanntmachung keine inhaltlichen Mindestanforderungen an die Eignungsnachweise gestellt worden sind, so dass die Bieterangaben ausreichen, um die formellen Anforderungen der Vorlage von Belegen nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A zu erfüllen.*)
VolltextVPRRS 2010, 0266
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.11.2009 - Verg 41/09
1. Obwohl ein Ausschreibungsverfahren möglicherweise vergaberechtswidrig war, kann ein drohender Schaden eines Bieters zweifelhaft sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Wiederholung des Verfahrens allein den Zweck hätte, Mängel des bisherigen Angebots zu heilen und ein beteiligter Bieter durch den vermeintlichen Rechtsverstoß insoweit auch abstrakt keinen Nachteil erleiden kann.
2. Es ist allein Sache des Auftraggebers zu bestimmen, ob, wann und mit welchem Inhalt er einen Auftrag vergibt. Der Auftraggeber ist nicht darauf beschränkt, Abänderungen der Ausschreibung nur in unbedingt notwendigem Umfange vorzunehmen (im Anschluss an Christiani/Siegert, ibr-online-Werkstatt).
3. Für den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung einer sofortigen Beschwerde sind die Erfolgsaussichten der Beschwerde zu prüfen und die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen.
4. Eine vergaberechtswidrige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien kann zum Erfolg einer sofortigen Beschwerde führen.
5. Die Verzögerung eines Verkehrsprojekts, welches der Verbesserung des öffentlichen Personenverkehrs (ÖPNV) dienen soll, kann mit erheblichen Nachteilen für die Allgemeinheit verbunden sein, die einer weiteren Verzögerung der Vergabe entgegenstehen.
VolltextVPRRS 2010, 0264
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.05.2010 - 1 VK 18/10
1. Die Festlegung hoher technischer Anforderungen durch die Vergabestelle ist zulässig, so lange diese sachlich gerechtfertigt sind.
2. Beim Vorliegen sog. Alleinstellungsmerkmale ist die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zulässig.
VolltextVPRRS 2010, 0263
VK Lüneburg, Beschluss vom 18.06.2010 - VgK-22/2010
1. Auch wenn Wettbewerbe nicht unmittelbar zur Vergabe eines Auftrags führen, unterliegen sie der vergaberechtlichen Nachprüfung, das gilt auch hinsichtlich der GRW 95 (Grundsätze und Richtlinien für Wettbewerbe auf den Gebieten der Raumplanung, des Städtebaus und des Bauwesens) und für die RPW 2008 (Richtlinien für Planungswettbewerbe), soweit sie im Rahmen der §§ 20, 25 VOF dem Wettbewerb zu Grunde gelegt wurden.
2. Voraussetzung für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen müssen, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt.
3. Der Anwendung der Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB steht die aktuelle Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile vom 28.01.2010 in den Rechtssachen C-406/08 und C-456/08) entgegen.
4. Nur dann, wenn nach den Wettbewerbsbedingungen alle Preisträger gleichermaßen noch Aussicht auf den Planungsauftrag haben, ist der Auftraggeber verpflichtet, alle Preisträger des Wettbewerbs zur Teilnahme an den Verhandlungen aufzufordern.
5. Hat der Auftraggeber einen Realisierungswettbewerb durchgeführt, so ist er gemäß § 25 Abs. 9 VOF i.V.m. § 5 Abs. 2 c VOF grundsätzlich verpflichtet, einem oder mehreren der Preisträger weitere Planungsleistungen zu übertragen soweit und sobald die Wettbewerbsaufgabe realisiert werden soll.
6. Weicht die Wettbewerbsaufgabe eine Realisierungswettbewerbs aber erheblich von der Aufgabe eines zuvor durchgeführten Wettbewerbs zur selben Aufgabe ab, ist der Auftraggeber berechtigt, die modifizierte Wettbewerbsaufgabe ohne Bindung an die Preisträger des vorherigen Wettbewerbs durchzuführen.
VolltextVPRRS 2010, 0261
VK Hessen, Beschluss vom 28.01.2010 - 69d-VK-57/2009
Verlangt ein Auftraggeber vom Bieter eine Erklärung darüber, dass dieser im Auftragsfall über die zum Zwecke der Sicherstellung des öffentlichen Personennahverkehrs erforderlichen Fahrzeuge allein verfüge und den Einsatz der Fahrzeuge allein regeln könne, so reicht dafür der Hinweis darauf, dass eine solche Verfügungsbefugnis sich bereits aus dem der Anmietung der Fahrzeuge zu Grunde liegenden Mietvertrag ergebe, nicht aus. Der Bieter muss vielmehr eine eindeutige rechtsverbindliche Erklärung im geforderten Sinne abgeben, da nur eine solche Erklärung dem Auftraggeber die Möglichkeit eröffnet, die in der Erklärung der enthaltenen Forderung durchzusetzen und zu sanktionieren.*)
VolltextVPRRS 2010, 0260
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.07.2010 - Verg 27/10
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2010, 0259
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.07.2010 - Verg 19/10
1. Divergenz: Ob die §§ 15 Abs. 2 AEG, 4 Abs. 3 Nr. 2 VgV die Direktvergabe eines gemeinwirtschaftlichen SPNV erlauben, hängt davon ab, ob
- das Eisenbahnrecht dem Vergaberecht als das besondere Recht oder
- das Vergaberecht dem Eisenbahnrecht als das jüngere Recht vorgeht.
2. Unter § 1 Abs. 1 SektVO, § 98 Nr. 4 GWB fallen lediglich Unternehmen, die die Verkehrsleistung als solche erbringen; das ist bei einer Vergabestelle nicht der Fall, die kein Schienennetz betreibt, sondern lediglich Dritte mit der Erbringung von SPNV-Leistungen beauftragt.
VolltextVPRRS 2010, 0454
EuGH, Urteil vom 03.06.2010 - Rs. C-203/08
1. Art. 49 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der des Ausgangsverfahrens nicht entgegensteht, die die Veranstaltung und die Förderung von Glücksspielen einer Ausschließlichkeitsregelung zugunsten eines einzigen Veranstalters unterwirft und es allen anderen - auch den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen - Veranstaltern untersagt, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats von dieser Regelung erfasste Dienstleistungen über das Internet anzubieten.*)
2. Art. 49 EG ist dahin auszulegen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung und das daraus folgende Transparenzgebot in Verfahren zur Erteilung und zur Verlängerung der Zulassung zugunsten eines einzigen Veranstalters im Glücksspielbereich gelten, sofern es sich nicht um einen öffentlichen Veranstalter handelt, der hinsichtlich seiner Leitung unmittelbarer staatlicher Aufsicht unterliegt, oder um einen privaten Veranstalter, dessen Tätigkeiten die Behörden genau überwachen können.*)
VolltextVPRRS 2010, 0258
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.10.2009 - Verg 24/09
Ein erteilter Zuschlag kann im Nachprüfungsverfahren nicht aufgehoben werden.
VolltextVPRRS 2010, 0257
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.03.2010 - Verg 46/09
1. Auch im Verhandlungsverfahren trifft den Bieter die Obliegenheit, bei der Abgabe seines Angebots die aufgestellten Mindestanforderungen zu beachten und sein Angebot gemäß den Anforderungen abzugeben. Aus dem Umstand, dass der Inhalt der Angebote im Verhandlungsverfahren verhandelbar ist, folgt nicht, dass der Angebotsinhalt erst im Rahmen der Verhandlungen vom Bieter festgelegt werden kann.
2. Führt eine an sach- und auftragsbezogenen Kriterien orientierte Beschaffungsentscheidung zur Festlegung auf ein bestimmtes Erzeugnis oder zur Wahl einer bestimmten Technologie, ist die damit verbundene Beschränkung oder Einengung des Wettbewerbs als Folge des Bestimmungsrechts des öffentlichen Auftraggebers grundsätzlich hinzunehmen.
3. Eine solche Entscheidung ist nur darauf zu kontrollieren, ob sie auf sach- und auftragsbezogenen Gründen beruht.
VolltextVPRRS 2010, 0254
OLG Schleswig, Beschluss vom 01.04.2010 - 1 Verg 5/09
1. Die Frist für einen Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Vertrages ist eine Ausschlussfrist, deren Ablauf - ohne Wiedereinsetzungsmöglichkeit - zum Rechtsverlust betroffener Bieter führt.*)
2. Der "Beginn" eines Vergabeverfahrens ist nicht formell - orientiert an bestimmten vergabetypischen Verfahrensschritten -, sondern materiell danach zu bestimmen, wann ein öffentlicher Auftraggeber zur Deckung eines fortbestehenden Bedarfs entschlossen ist und die Beschaffungsform und die Kriterien für eine Auftragserteilung hinreichend konkretisiert hat. Die Sondierung oder eine bloße Ausforschung des Marktes durch den öffentlichen Auftraggeber genügen dafür nicht.*)
3. Für den Beginn oder den Ablauf der Frist für einen Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Vertrages bedarf es keiner Belehrung über die Frist. Auch Hinweise bzgl. der Nachprüfungsstelle sind nicht geboten.*)
4. Ein Mietvertrag über eine Bestandsimmobilie unterfällt dem Ausnahmebereich des § 100 Abs. 2 lit. h GWB. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das angemietete Objekt erst noch zu errichten ist und der öffentliche Auftraggeber mit dem (künftigen) Vermieter die Errichtung des Objekts nach seinen Spezifikationen vereinbart, oder wenn vereinbarte Bauleistungen sind nach ihrem Umfang nicht mehr als "Nebenarbeiten" im Verhältnis zur Miete einzuordnen sind. (hier verneint)*)
5. Ein öffentlicher Auftraggeber ist noch vor dem "ersten Schritt" zu einem Vergabeverfahren berechtigt zu prüfen, ob der ins Auge gefasste Bedarf auch in anderer Weise als durch eine ausschreibungspflichtige Beschaffung gedeckt werden kann, sei es durch Selbstdurchführung (z. B. als Alternative zur Vergabe von Dienstleistungsaufträgen), durch Rekommunalisierung, durch Kooperationen oder durch Gestaltungen im Anwendungsbereich des § 100 Abs. 2 lit. h GWB.*)
6. Die Gebühr zur Deckung des Verwaltungsaufwandes der Vergabekammer ist nach dem Aufwand und nach der wirtschaftlichen Bedeutung zu bemessen. Eine Ermäßigung kommt allenfalls bei einem auffallend unterdurchschnittlichen Aufwand oder einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren in Betracht.*)
VolltextVPRRS 2010, 0253
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.04.2010 - 1 VK 16/10
1. Es ist allgemein üblich und zulässig, dass Beratungsunternehmen den dem Vergabeverfahren zu Grunde liegenden Sachverhalt aufbereiten, das Verfahren begleiten und einen Vergabevorschlag ausarbeiten. Aus dem Umstand, dass beim Aufklärungsgespräch ein Berater teilnimmt, lässt sich deshalb nicht im Entferntesten schließen, dass das Vergabeverfahren entgegen § 2 Nr. 3 VOL/A nicht unter Verantwortung der Vergabestelle durchgeführt wurde.
2. Die Gewährung von Akteneinsicht, um einem Antragsteller erst die Aufdeckung hypothetischer Vergaberechtsmängel zu ermöglichen, um sie anschließend zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, ist nicht zulässig.
3. Zu der Frage, ob die VOL/A als spezielleres Gesetz den allgemeinen Vorschrift der Landkreisordnung vorgeht, so dass auch auf Kreistagssitzungen der Geheimwettbewerb zu beachten ist und nicht der Öffentlichkeitsgrundsatz bei Kreistagssitzungen.
4. Aber selbst der Verstoß gegen den Geheimwettbewerb muss zudem noch zu einem Schaden bei dem Antragsteller führen, damit eine Rechtsverletzung bejaht werden kann.
5. Bestimmungen, wonach auf ein Angebot, das in offenbarem Missverhältnis zur Leistung steht, ein Zuschlag nicht erteilt werden darf, dienen grundsätzlich nur dem Schutz der Vergabestelle.
VolltextVPRRS 2010, 0470
VK Bund, Beschluss vom 05.07.2010 - VK 3-60/10
1. Die vom Auftraggeber vorgesehene Bindefrist ist Bestandteil der Verdingungsunterlagen.
2. Die Verkürzung der Bindefrist stellt eine abweichende Bestimmung gegenüber den verbindlichen Festlegungen in den Verdingungsunterlagen dar.
Volltext