Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
4933 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2008
VPRRS 2008, 0372VG Köln, Urteil vom 16.10.2008 - 1 K 4507/08
1. Die Vergabe eines Auftrags über die Organisation eines Weihhnachtsmarkts ist eine Dienstleistungskonzession und unterliegt dem Vergaberecht.
2. Werden trotz entsprechender Anforderung weder ein Auf- und Abbauplan noch ein Finanzierungskonzept vorgelegt, so ist der Bewerber auszuschließen.
VolltextVPRRS 2008, 0362
VK Münster, Beschluss vom 11.11.2008 - VK 18/08
1. Nur die Nichtvorlage von eindeutig geforderten Erklärungen kann zum Ausschluss eines Angebotes führen.*)
2. Ob eine "Erklärung" als Mindestanforderung gefordert wurde, ist durch Auslegung der Verdingungsunterlagen zu ermitteln.*)
VolltextVPRRS 2008, 0360
VK Sachsen, Beschluss vom 10.10.2008 - 1/SVK/051-08
1. Der Auftraggeber darf nicht, wenn er die Vorlage bestimmter Unterlagen als Mindestanforderung verlangt, zugunsten eines Bieters auf die Erfüllung der Mindestanforderung verzichten. Ein solcher Verzicht wäre gegenüber anderen Bietern, die die Mindestanforderung erfüllen, oder gegenüber solchen Bietern, die von der Teilnahme an der Ausschreibung abgesehen haben, weil sie die Mindestanforderung nicht erfüllen können, ein Vergaberechtsverstoß.*)
2. Es ist ausreichend, wenn ein Bieter, der nach seinem Verständnis in einem Teilnahmewettbewerb beabsichtigt, zur späteren Auftragserfüllung einen Lieferanten zu beauftragen, folglich also keinen Subunternehmer benennt, die "Unzumutbarkeit einer Forderung der Benennung des für die auszuführenden Leistungen vorgesehenen Subunternehmers im Teilnahmewettbewerb" erst dann rügt, wenn er vom Auftraggeber mit einem Ausschluss konfrontiert wird, der auf die unterlassene Benennung des für die auszuführenden Leistungen vorgesehenen Subunternehmers gestützt ist.*)
3. Die Nachforderung fehlender Eignungsnachweise ist vergaberechtswidrig, wenn der Auftraggeber sich diese nicht vorbehalten hatte. Eine Nachforderung kann ansonsten im Regelfall nicht diskriminierungsfrei ausgestaltet werden, denn andernfalls hätte es der Auftraggeber in der Hand, je nach Ergebnis der Submission zu entscheiden, ob eine Nachforderung, ein Ausschluss oder ggf. eine Aufhebung in Betracht kommt und könnte damit einen Bieter bevorzugen oder benachteiligen.*)
4. Eine Wertungsmatrix zur Auswahl der im Teilnahmewettbewerb zur Angebotsabgabe aufzufordernden Teilnehmer darf nicht nach Öffnung der Teilnahmeanträge erstellt werden, wenn - wie in aller Regel - die abstrakte Gefahr nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Auftraggeber sie in Kenntnis der Inhalte des Teilnahmeantrags zum Vorteil oder Nachteil eines einzelnen Teilnehmers ausgestaltet.*)
VolltextVPRRS 2008, 0359
VK Sachsen, Beschluss vom 29.08.2008 - 1/SVK/042-08
1. Vergibt ein öffentlich-rechtlicher Aufgabenträger in Sachsen die Erbringung rettungsdienstlicher Leistungen (Notfallrettung und Krankentransport) an einen privaten Unternehmer, so unterliegt dies dem Vergaberecht, weil der private Unternehmer bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe nicht hoheitlich tätig wird und deshalb eine aus Art. 45, 55 EG-Vertrag abzuleitende vergaberechtliche Bereichsausnahme nicht vorliegt.*)
2. Die Vorschriften des GWB regeln abschließend den Rechtsschutz für Vergabestreitigkeiten über öffentliche Aufträge oberhalb der Schwellenwerte. Der Gesetzgeber hat die Zuständigkeit für die Nachprüfung der Vergabestreitigkeiten, die in den Geltungsbereich der umzusetzenden vergaberechtlichen Richtlinien des Gemeinschaftsrechts fallen, im VgRÄG abschließend geregelt. Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB sowie sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind, können außer vor der Vergabeprüfstelle nur vor den Vergabekammern und dem Beschwerdegericht geltend gemacht werden (§ 104 Abs. 2 GWB).*)
3. Nach Auffassung der Vergabekammer ist der Entscheidung des BGH (BGH, Beschluss vom 26.09.2006 - X ZB 14/06) nicht zu entnehmen, dass fehlende Nachweise bei entsprechender Selbstbindung des Auftraggebers von allen Bietern nachgefordert werden dürfen. Andernfalls hätte es der Auftraggeber in der Hand, je nach Ergebnis der Submission zu entscheiden, ob eine Nachforderung oder eine Aufhebung gewählt wird und könnte damit einen Bieter bevorzugen oder benachteiligen.*)
VolltextVPRRS 2008, 0404
VK Bund, Beschluss vom 05.02.2008 - VK 3-17/08
1. Auch Rahmenvereinbarungen sind als öffentliche Aufträge zu qualifizieren, obwohl sie selbst noch nicht den eigentlichen Austauschvertrag beinhalten, sondern lediglich Bedingungen für Einzelverträge regeln, die zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen werden.
2. Der Zuständigkeit der Vergabekammern steht § 51 SGG nicht entgegen.
3. Legt der Bieter seinem Angebot eine veraltete Version der Verdingungsunterlagen zugrunde, hat er ein Angebot mit geänderten Verdingungsunterlagen abgegeben. Mit diesem Angebot ist er zwingend von der Wertung auszuschließen.
VolltextVPRRS 2008, 0358
VK Münster, Beschluss vom 28.11.2008 - VK 19/08
1. Werden Unterkriterien anhand einer Bewertungsskala bewertet, dann ist diese Bewertungsskala den Bietern vor Abgabe der Angebote gemäß § 16 Abs. 2 VOF bekannt zugeben.*)
2. Kommt es bei der Verteilung von Punkten aufgrund einer Bewertungsskala zu gravierenden Unterschieden bei der Bewertung der Angebote, so sind diese Unterschiede zu begründen. Diese entscheidungsrelevanten Gründe müssen gemäß § 18 VOF im Vergabevermerk nachvollziehbar dargelegt werden.*)
VolltextVPRRS 2008, 0403
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 25.01.2008 - 2 VK 5/07
Eine gesetzliche Krankenkasse ist ein öffentlicher Auftraggeber.
VolltextVPRRS 2008, 0393
VK Bund, Beschluss vom 07.02.2008 - VK 3-169/07
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2008, 0354
OLG Brandenburg, Beschluss vom 30.05.2008 - Verg W 5/08
1. Die Vergabe einer Dienstleistungskonzession unterliegt nicht der Nachprüfung im Verfahren nach §§ 102 ff GWB. Bei einer Dienstleistungskonzession überträgt der öffentliche Auftraggeber dem Auftragnehmer eine im öffentlichen Interesse stehende Dienstleistung und gestattet ihm anstelle einer Vergütung ein Verhalten oder eine Nutzung, aus der sich der Konzessionär für die auf eigenes wirtschaftliches Risiko zu erbringende Dienstleistung bezahlt macht.*)
2. Gibt die geschuldete Dienstleistung dem Vertrag sein Gepräge, kann der Auftrag nicht als Baukonzession qualifiziert werden. Dies gilt auch dann, wenn der öffentliche Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Instandhaltungspflicht als Nebenpflicht überträgt, für deren Erfüllung der Auftragnehmer u. U. Baumaßnahmen durchführen und erhebliche Mittel aufwenden muss.*)
3. Der Annahme einer Dienstleistungskonzession steht nicht entgegen, dass der Auftraggeber dem Bieter die Verwertung seiner Leistung überlässt und ihm außerdem einen Preis zahlt oder ihm einen Vermögensgegenstand überlässt, solange trotz des zusätzlich gezahlten Preises das Betriebsrisiko zumindest nicht unwesentlich beim Bieter verbleibt.*)
VolltextVPRRS 2008, 0351
VK Südbayern, Beschluss vom 26.06.2008 - Z3-3-3194-1-16-04/08
1. Grundsätzlich sind keine allzu großen Anforderungen an die Vorinformation nach § 13 VgV zu stellen. So reicht es im Regelfall aus, dass der Grund für die Nichtberücksichtigung verständlich und präzis benannt wird. Eine ordnungsgemäße Vorabinformation muss den Bieter in die Lage versetzen, seinen Stand im Vergabeverfahren sowie die Sinnhaftigkeit eines Nachprüfungsverfahrens hinreichend zu ermessen.*)
2. Die bloße zusammenfassende Mitteilung des Ergebnisses des Wertungsvorgangs, das Angebot sei nicht das wirtschaftlichste gewesen, reicht dafür nicht aus.*)
3. Der Auftraggeber kann Mängel eines Vorinformationsschreibens nach § 13 VgV noch vor Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens oder auch erst im Laufe des Nachprüfungsverfahrens heilen.*)
4. Maßgeblich für die Auslegung der Leistungsbeschreibung ist der objektive Empfängerhorizont, also die Sicht der potentiellen Bieter. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der jeweils für die Abgabe eines Angebots in Frage kommende Bieterkreis über ein erhebliches Fachwissen verfügen muss.*)
5. Gem. § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB ist die Kammer an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken.*)
6. Es ist ein Gebot der Transparenz des Vergabeverfahrens, dass der öffentliche Auftraggeber die wesentlichen Entscheidungen des Vergabeverfahrens in den Vergabeakten ausreichend dokumentiert. Ein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht stellt regelmäßig eine besonders schwerwiegende Verletzung des Transparenzgrundsatzes dar, auf die mit Erfolg ein Nachprüfungsantrag gestützt werden kann. Dokumentationsmängel führen im Ergebnis dazu, dass das Vergabeverfahren ab dem Zeitpunkt, in dem die Dokumentation unzureichend ist, fehlerbehaftet und es in diesem Umfang zu wiederholen ist.*)
VolltextVPRRS 2008, 0348
VK Südbayern, Beschluss vom 03.04.2008 - Z3-3-3194-1-09-02/08
1. Nach § 3 Abs. 1 VgV ist bei der Schätzung des Auftragswertes von der geschätzten Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung auszugehen.*)
2. § 3 Abs. 2 VgV untersagt dem Auftraggeber, den Wert eines beabsichtigten Auftrages absichtlich niedrig zu schätzen oder aufzuteilen zu dem Zwecke, den Auftrag dem Geltungsbereich des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens zu entziehen.*)
VolltextVPRRS 2008, 0343
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.11.2008 - VK-SH 13/08
Ausnahmen vom Gebot der unverzüglichen Rüge des behaupteten Vergabeverstoßes gegenüber der Vergabestelle sind angesichts der Regelung in § 107 Abs. 3 GWB nur unter engen Voraussetzungen zuzugestehen, unter anderem dann, wenn die Vergabestelle zu erkennen gibt, dass sie von vornherein und unumstößlich an ihrer Entscheidung festhalten wird. Die von der Vergabestelle gegebene Begründung für den Ausschluss des Angebots im Benachrichtigungsschreiben nach § 13 VgV reicht für die Annahme eines solchen Falles allein nicht aus.
VolltextVPRRS 2008, 0342
VK Südbayern, Beschluss vom 29.07.2008 - Z3-3-3194-1-18-05/08
1. Die Antragsbefugnis kann nicht mit der Begründung versagt werden, dass der Bieter aufgrund der Unterschreitung der Mindestsätze nach der HOAI vom weiteren Verfahren hätte ausgeschlossen werden müssen, da dieser Vorwurf im Rahmen der Begründetheit zu prüfen ist.*)
2. Eine Abweichung vom Mindestsatz "Umbauzuschlag" ist grundsätzlich möglich. Bei Unterschreitung der Mindestsätze muss durch den Auftraggeber zunächst im Rahmen der Nachverhandlungen die Möglichkeit der Anpassung an die HOAI gegeben werden, erst nach einem Scheitern der Verhandlungen darf der Bieter vom weiteren Verfahren ausgeschlossen werden.*)
3. Gemäß § 4 Abs. 8 VOF haben Auftraggeber die Integrität der Daten und die Vertraulichkeit der übermittelten Anträge am Vergabeverfahren und der Angebote auf geeignete Weise zu gewährleisten. Per Post oder direkt übermittelte Anträge auf Teilnahme am Vergabeverfahren und zugehörige Angebote sind in einem verschlossenen Umschlag einzureichen, als solche zu bezeichnen und bis zum Ablauf der Frist der für ihre Einreichung vorgesehenen Frist unter Verschluss zu halten. Werden Teilnahmeanträge oder Honorarangebote vor Schlusstermin geöffnet oder erst gar nicht in einem verschlossenen Umschlag angefordert und sind insofern öffentlich zugänglich, liegt ein Verstoß gegen die Vertraulichkeit gemäß § 4 Abs. 8 VOF vor.*)
4. Gemäß § 97 Abs. 1 GWB liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor, wenn kein Vergabevermerk nach den Anforderungen des § 18 VOF erstellt wurde. Über die Vergabe ist ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält. Die Bieter haben ein subjektives Recht auf ausreichende Dokumentation des Vergabeverfahrens und der wesentlichen Entscheidungen im Vergabeverfahren. Die Dokumentation des Vergabeverfahrens und aller wesentlichen Entscheidungen sind zeitnah, lückenlos, laufend, und nachvollziehbar zu dokumentieren, was vorliegend nicht der Fall ist.*)
5. Aufgrund der schwerwiegenden Vergaberechtsfehler und des Verstoßes gegen die Vertraulichkeit, die bereits bei den Teilnahmeanträgen begonnen hat, kann als einzig verbleibende Maßnahme zur Beseitigung der Rechtsverletzung und zur Herstellung der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens entsprechend § 114 Abs. 1 GWB nur die Aufhebung des Verfahrens in Betracht kommen.*)
VolltextVPRRS 2008, 0395
VK Bund, Beschluss vom 11.06.2008 - VK 1-63/08
1. Ein öffentlicher Auftraggeber kann eine Ausschreibung auch dann aufheben, wenn ihm zwar ein Grund zur Aufhebung im Sinne von § 26 Nr. 1 VOL/A fehlt, er aber einen sachlich gerechtfertigten Grund hat.
2. Ein sachlich gerechtfertigter Grund liegt insbesondere dann vor, wenn dem öffentlichen Auftraggeber die für die Beschaffung notwendigen Haushaltsmittel nicht zur Verfügung stehen.
3. Eine Aufhebung ist rechtswidrig, wenn die der Aufhebungsentscheidung zugrunde liegende Kostenschätzung zu beanstanden ist.
VolltextVPRRS 2008, 0402
OLG Hamburg, Beschluss vom 07.12.2007 - 1 Verg 4/07
1. Der Unterschied zwischen Dienstleistungskonzession und entgeltlichem Vertrag nach § 99 GWB besteht darin, dass die Gegenleistung für die Erbringung des Auftrags nicht in einem zuvor festgelegten Preis besteht, sondern in dem Recht, die zu erbringende eigene Leistung (kommerziell) zu nutzen oder gegen Entgelt zu verwerten oder in diesem Recht und einer zusätzlichen Bezahlung.
2. Des Weiteren ist für die Abgrenzung zwischen Dienstleistung und Dienstleistungskonzession darauf abzustellen, ob der Dienstleistungserbringer das Betriebsrisiko der fraglichen Dienstleistungen übernimmt, das heißt, der Konzessionär muss das wirtschaftliche Risiko der Nutzung tragen.
VolltextVPRRS 2008, 0394
VK Bund, Beschluss vom 27.08.2008 - VK 1-102/08
1. Mindestanforderungen sind vom öffentlichen Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung inhaltlich abschließend und als Mindestanforderungen erkennbar festzulegen.
2. Der Auftraggeber darf von den in der Vergabebekanntmachung genannten Eignungskriterien sowie den dazu benannten Nachweisen inhaltlich nicht abweichen und diese nicht ändern oder erweitern.
VolltextVPRRS 2008, 0341
VK Saarland, Beschluss vom 24.10.2008 - 3 VK 2/2008
1. Die Verlagerung oder Rückverlagerung von öffentlichrechtlichen Kompetenzen von einer kommunalen oder staatlichen Stelle zu einer anderen, z.B. im Rahmen einer öffentlich- rechtlichen Vereinbarung, unterfällt mangels Beschaffungscharakter und damit in Ermangelung einer funktional und gewerbsmäßigen Teilnahme am Markt nicht dem Begriff des öffentlichen Auftrags im Sinne von § 99 Abs. 1 und 4 GWB, wenn die (Rück-)Verlagerung auf einer gesetzlichen Ermächtigung, wie z.B. dem EVSG, beruht. Es handelt sich dann um einen dem Vergaberecht entzogenen Akt der Verwaltungsorganisation.
Die Rückgängigmachung, d.h. die Rückverlagerung von übertragenen Aufgaben auf die kraft Selbstverwaltungshoheit originär zuständige Kommune muss rechtlich entsprechend der zugrunde liegenden (Hin-)Verlagerung eingeordnet und behandelt werden. Auch hierbei geht es nicht um eine Beschaffungsmaßnahme, sondern um die Wiederherstellung der ursprünglichen verwaltungsorganisatorischen Zuständigkeit/ Kompetenzverteilung.
Aus den Entscheidungsgrundsätzen im Urteil vom 13.01.2005 des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zu Art. 1 a der Richtlinien 93/36/EWG und 93/37/EWG ist der Schluss zu ziehen, dass es zwischen staatlichen und kommunalen Stellen durchaus Formen einer Zusammenarbeit geben kann, die dem Vergaberechtsregime nicht unterliegen. Das bedeutet für die Praxis, dass in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob eine interkommunale Kooperationsvereinbarung einen entgeltlichen Beschaffungsauftrag zum Inhalt hat und damit dem Vergaberecht unterliegt oder ob dies nicht der Fall ist.
Organisationshoheit umfasst Kooperationsautonomie. Die vom Gesetzgeber im EVSG zugelassene Bildung von Zweckverbänden stellt eine Ausformung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts und der Organisationshoheit der Gemeinden dar. Von dem gleichen Selbstverwaltungsrecht und der gleichen Organisationshoheit ist es auch gedeckt, wenn die Gemeinden wieder aus diesem Zweckverband ausscheiden oder einzelne Aufgaben (zurück-)übertragen erhalten, dieser Rückübertragungsakt auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruht und private Dritte an dieser Übertragung nicht beteiligt sind.
Vergaberecht kann immer erst zur Anwendung kommen, wenn der öffentliche Auftraggeber sich entschlossen hat, Leistungen von einem am Markt tätigen privaten Unternehmen zu beschaffen: Vergaberecht ist Privatisierungsfolgerecht.*)
2. Vorwiegend finanzielle Erwägungen stellen keine dringlichen zwingenden Gründe im Sinne von § 3 a Nr. 2 d) VOL/A dar; vor allem dann nicht, wenn sie vom Auftraggeber hätten vorausgesehen werden können und deshalb dem Verhalten des Auftraggebers im Sinne von Satz 2 des § 3 a Nr. 2 d) VOL/A zuzuschreiben sind. Als zwingende und dringende Gründe kommen nur akute Gefahrensituationen und höhere Gewalt in Betracht; finanzielle Gründe bzw. wirtschaftliche Erwägungen werden diesen Anforderungen nicht gerecht. Ebenso sind an die Unvorhersehbarkeit hohe Anforderungen zu stellen. Wenn vom Auftraggeber infolge persönlicher Fehleinschätzung nicht rechtzeitig die erforderlichen vergaberechtlichen Maßnahmen in die Wege geleitet werden, so geht das zu seinen Lasten, nicht jedoch zu Lasten eines fairen und transparenten Wettbewerbs.*)
3. Ein Nachprüfungsantrag, der sich gegen eine „de-facto- Vergabe“ richtet, kann nur dann in der Sache erfolgreich sein, wenn § 13 VGV und die in Satz 6 enthaltene Nichtigkeitsfolge auch auf die „de-facto-Vergabe“ entsprechende Anwendung finden. Nur so kann dem in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommenden Grundgedanken des effektiven Rechtsschutzes auch in materieller Hinsicht Erfolg beschieden sein.*)
VolltextVPRRS 2008, 0340
VK Saarland, Beschluss vom 24.10.2008 - 3 VK 1/2008
1. Die Verlagerung oder Rückverlagerung von öffentlich-rechtlichen Kompetenzen von einer kommunalen oder staatlichen Stelle zu einer anderen, z.B. im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung, unterfällt mangels Beschaffungscharakter und damit in Ermangelung einer funktional und gewerbsmäßigen Teilnahme am Markt nicht dem Begriff des öffentlichen Auftrags im Sinne von § 99 Abs. 1 und 4 GWB, wenn die (Rück-)Verlagerung auf einer gesetzlichen Ermächtigung, wie z.B. dem EVSG, beruht. Es handelt sich dann um einen dem Vergaberecht entzogenen Akt der Verwaltungsorganisation.*)
2. Die Rückgängigmachung, d.h. die Rückverlagerung von übertragenen Aufgaben auf die kraft Selbstverwaltungshoheit originär zuständige Kommune muss rechtlich entsprechend der zugrunde liegenden (Hin-)Verlagerung eingeordnet und behandelt werden. Auch hierbei geht es nicht um eine Beschaffungsmaßnahme, sondern um die Wiederherstellung der ursprünglichen verwaltungsorganisatorischen Zuständigkeit/Kompetenzverteilung.*)
3. Aus den Entscheidungsgrundsätzen im Urteil vom 13.01.2005 des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zu Art. 1 a der Richtlinien 93/36/EWG und 93/37/EWG ist der Schluss zu ziehen, dass es zwischen staatlichen und kommunalen Stellen durchaus Formen einer Zusammenarbeit geben kann, die dem Vergaberechtsregime nicht unterliegen. Das bedeutet für die Praxis, dass in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob eine interkommunale Kooperationsvereinbarung einen entgeltlichen Beschaffungsauftrag zum Inhalt hat und damit dem Vergaberecht unterliegt oder ob dies nicht der Fall ist.*)
4. Organisationshoheit umfasst Kooperationsautonomie. Die vom Gesetzgeber im EVSG zugelassene Bildung von Zweckverbänden stellt eine Ausformung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts und der Organisationshoheit der Gemeinden dar. Von dem gleichen Selbstverwaltungsrecht und der gleichen Organisationshoheit ist es auch gedeckt, wenn die Gemeinden wieder aus diesem Zweckverband ausscheiden oder einzelne Aufgaben (zurück-)übertragen erhalten, dieser Rückübertragungsakt auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruht und private Dritte an dieser Übertragung nicht beteiligt sind.*)
5. Vergaberecht kann immer erst zur Anwendung kommen, wenn der öffentliche Auftraggeber sich entschlossen hat, Leistungen von einem am Markt tätigen privaten Unternehmen zu beschaffen: Vergaberecht ist Privatisierungsfolgerecht.*)
VolltextVPRRS 2008, 0389
VK Bund, Beschluss vom 02.10.2008 - VK 2-106/08
1. Der Vergabestelle steht bei Ausschreibungen von Berufsausbildungsmaßnahmen in einer außerbetrieblichen Einrichtung bei der fachlichen Bewertung der Angebote ein nur eingeschränkt überprüfbarer Spielraum zu. Dieser bezieht sich auf die Beurteilung der Frage, ob das Angebot eines Bieters den durch die Zuschlagskriterien aufgestellten Bedingungen entspricht, und er resultiert zudem aus einem der Vergabestelle zuzuerkennenden Ermessen bei der Vergabe der Wertungspunkte.
2. Innerhalb der Bandbreite vertretbarer Beurteilungen sind daher unterschiedliche Wertungen hinzunehmen. Rechtsfehlerhaft ist die Vergabe von einem Punkt statt zwei Punkten bzw. zwei statt drei Punkten nur dann, wenn es zwingend geboten war, die höhere Punktzahl zu vergeben.
VolltextVPRRS 2008, 0339
VK Düsseldorf, Beschluss vom 31.10.2008 - VK-22/2008-B
1. Die Ausführungen des OLG Düsseldorf in den mehreren, zu Grundstücksveräußerungen ergangenen Entscheidungen gebieten nicht den Schluss, dass die Bauplanung in Form der Aufstellung eines Bebauungsplanes und in der Form des Abschlusses städtebaulicher Verträge mit einer künftigen Veräußerung gekoppelt werden müsste und deshalb diese Vorgänge vergaberechtlich nicht in zwei Stufen abgewickelt werden könnten.*)
2. Wenn der Verkauf von Grundstücken nicht dazu genutzt werden soll, um städtebauliche Anforderungen überhaupt stellen zu können, sondern diese Anforderungen zunächst mit den derzeitigen Eigentümern vereinbart werden sollen, die diese auch umsetzen wollen, liegt jedenfalls keine Umgehung des Vergaberechts zu Lasten von Kaufinteressenten vor.*)
VolltextVPRRS 2008, 0337
EuGH, Urteil vom 13.11.2008 - Rs. C-324/07
1. Die Art. 43 EG und 49 EG, der Gleichheitsgrundsatz und das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit sowie die daraus folgende Transparenzpflicht hindern eine öffentliche Stelle nicht daran, eine öffentliche Dienstleistungskonzession ohne Ausschreibung an eine interkommunale Genossenschaft zu vergeben, deren Mitglieder sämtlich öffentliche Stellen sind, wenn diese öffentlichen Stellen über die Genossenschaft eine Kontrolle ausüben wie über ihre eigenen Dienststellen und die Genossenschaft ihre Tätigkeit im Wesentlichen für diese öffentlichen Stellen verrichtet.*)
2. Vorbehaltlich der Sachverhaltsermittlung im Hinblick auf das Maß an Selbständigkeit der in Rede stehenden Genossenschaft durch das vorlegende Gericht kann unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, wenn die Entscheidungen über die Tätigkeiten einer interkommunalen Genossenschaft, deren Anteile ausschließlich von öffentlichen Stellen gehalten werden, von Satzungsorganen dieser Genossenschaft getroffen werden, die aus Vertretern der angeschlossenen öffentlichen Stellen bestehen, die Kontrolle, die diese Stellen über die betreffenden Entscheidungen ausüben, als Kontrolle dieser Stellen über die Genossenschaft wie über ihre eigenen Dienststellen angesehen werden.*)
3. Wenn eine öffentliche Stelle einer interkommunalen Genossenschaft, deren Mitglieder sämtlich öffentliche Stellen sind, beitritt, um ihr die Verwaltung eines gemeinwirtschaftlichen Dienstes zu übertragen, kann die Kontrolle über die Genossenschaft durch die ihr angeschlossenen Stellen, damit sie als eine Kontrolle wie über deren eigene Dienststellen angesehen werden kann, von den angeschlossenen Stellen gemeinsam, gegebenenfalls mit Mehrheitsbeschluss, ausgeübt werden.*)
VolltextVPRRS 2008, 0332
OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.07.2008 - 11 Verg 4/08
1. Zur Erkennbarkeit eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften.*)
2. Die Rügeverpflichtung erfordert nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB die positive Kenntnis eines Rechtsverstoßes. Hierzu gehört zum einen das Wissen von denjenigen Tatsachen, aus denen sich der Rechtsverstoß ableitet, und zum anderen, dass diese jedenfalls nach der gängigen praktischen Handhabung oder einer Parallelwertung in der Laiensphäre zu einem Verstoß gegen Vergabevorschriften führen. Vermutungen, Zweifel und grob fahrlässige Unkenntnis reichen nicht aus.*)
VolltextVPRRS 2008, 0329
VK Brandenburg, Beschluss vom 17.09.2008 - VK 21/08
1. Ein Auftraggeber hat es bei der Formulierung und Zusammenstellung der Verdingungsunterlagen in der Hand, das Anforderungsprofil mit Blick auf sein Beschaffungsvorhaben so zu gestalten, dass er Angebote leistungsfähiger Bieter erhält. Um dem Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot zu genügen, muss er sich jedoch an das mit den Ausschreibungsunterlagen den Bietern zur Kenntnis gegebene Procedere halten und diese Vorgaben bei der Angebotswertung auf allen vier Wertungsstufen beachten.
2. Hat der Auftraggeber sich bei Abfassung der Verdingungsunterlagen entschieden, dass von ihm für vergaberelevant gehaltene Nachweise zwingend mit dem Angebot vorzulegen sind und unvollständige Angebote ausgeschlossen werden, muss er sich an dieser Entscheidung festhalten lassen. Ein Abweichen ist nicht möglich.
3. Eignungsnachweise unterfallen § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A; ihr Fehlen führt zwingend zum Ausschluss.
4. Die Bestimmungen des § 7a Nr. 3 VOL/A nehmen ersichtlich in Kauf, dass Newcomern auf einem neuen Geschäftsfeld der Marktzutritt erschwert wird.
VolltextVPRRS 2008, 0325
OLG Rostock, Beschluss vom 02.07.2008 - 17 Verg 4/07
1. Will der Vergabesenat eines OLG von der Rechtsprechung des BSG abweichen, ist eine Divergenzvorlage an den BGH nach § 124 Abs. 2 GWB analog zulässig.
2. Entscheidungen der Vergabekammern können nur über die sofortige Beschwerde nach § 116 GWB angegriffen werden.
3. Die Auffassung, die Kombination einer Anwendung von Vergabenachprüfungsrecht nach dem GWB bis zur Entscheidung der Vergabekammer mit einer Fortführung des Verfahrens vor den Gerichten nach dem SGG sei möglich, ist unrichtig. Vielmehr verdrängt das SGG das Vergabeverfahren nach dem GWB vollständig.
VolltextVPRRS 2008, 0324
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.04.2008 - Verg 2/08
1. Der Auftraggeber hat Unterkriterien und Gewichtungskoeffizienten u. a. dann bekannt zu geben, wenn sich nicht ausschließen lässt, dass die Bieter in Kenntnis der detaillierten Bewertungsmatrix andere Angebote abgegeben hätten.
2. Bieter und Nachunternehmer, die ihrerseits als Bieter auftreten, können dann nicht ausgeschlossen werden, wenn beiden Bietern - dem jeweils anderen Bieter in ihrer Ausgestaltung unbekannt bleibende - nennenswerte Gestaltungsfreiräume bei der Kalkulation des jeweils eigenen Angebots verbleiben.
VolltextVPRRS 2008, 0323
VK Sachsen, Beschluss vom 28.07.2008 - 1/SVK/037-08
1. Hat ein Auftraggeber einen aktuellen Gewerbezentralregisterauszug zur unbedingt zur Angebotsabgabe vorzulegenden Angebotsunterlage erklärt, ist der Auftraggeber aus Gründen der Gleichbehandlung aller Bieter verpflichtet, an dieser Voraussetzung festzuhalten. Maßgeblicher Zeitpunkt, zu dem die Gültigkeitsdauer des Gewerbezentralregisterauszuges bei Vergaben nach der VOL/A (noch) bestehen muss, ist weder der Zeitpunkt der Abgabe des Angebots noch der Submissionstermin sondern das Ende der Angebotsfrist.*)
2. Dem kann nicht entgegengehalten werden, einem Auftraggeber stünde nach In-Kraft-Treten des II MEG kein Recht zur Abforderung des Gewerbezentralregisterauszuges zu. Der eigene Auskunftsanspruch des Auftraggebers nach § 150a Abs. 1 Nr. 4 GewO hat nicht zur Folge, dass dieser nunmehr gehindert wäre, von den Bewerbern Auszüge aus dem Gewerbezentralregister nach § 150 GewO zu verlangen.*)
VolltextVPRRS 2008, 0321
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.03.2008 - Verg 56/07
1. Die Vergabestelle muss sich bereits bei der Vergabebekanntmachung darüber klar geworden sein, ob und welche Nachweise sie von den Bietern verlangen will; in den Verdingungsunterlagen kann sie diese Anforderungen nur konkretisieren.
2. Ein Bieter kann nicht vertraglich daran gehindert werden, Rügen innerhalb des Vergabeverfahrens auszusprechen. Die Grenzen des Rügerechts werden ausschließlich durch das Gesetz gezogen.
3. Ein Nachprüfungsantrag kann nur dann Erfolg haben, wenn auch sämtliche anderen Angebote auszuschließen sind oder aus sonstigen Gründen das Vergabeverfahren neu zu beginnen ist. Entgegen der früheren Rechtsprechung des Senats ist nicht mehr zu verlangen, dass die anderen Angebote an einem gleichartigen Mangel leidet, sondern ausreichend, dass die anderen Angebote derart mangelbehaftet sind, dass sie zwingend auszuschließen sind.
VolltextVPRRS 2008, 0319
OLG Naumburg, Beschluss vom 13.10.2008 - 1 Verg 10/08
1. Zum Antragsrecht der Beigeladenen nach § 118 Abs. 1 GWB analog, auch bei Anordnung der Wiederholung der Wertung (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung des Senats).*)
2. Im Vergabenachprüfungsverfahren kann offen bleiben, ob für die Ausschreibung die Vorschriften der Abschnitte 1 und 3 der VOL/A oder des 4. Abschnitts der VOL/A anwendbar sind, wenn hinsichtlich der beanstandeten bzw. der nach Auffassung der Vergabekammer gebotenen Verhaltensweisen der Vergabestelle die jedenfalls strengeren Vorgaben der Verdingungsunterlagen maßgeblich sind.*)
3. Die Bestimmungen des § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A sind auf das Verhandlungsverfahren nicht unmittelbar anwendbar, weil Gegenstand der Angebotswertung nicht allein das schriftlich abgegebene Angebot ist, sondern grundsätzlich das schriftliche Angebot in seiner Aus- und Umgestaltung durch die - mündlichen - Verhandlungsgespräche. Änderungen und Ergänzungen des Angebots nach Abgabe des sog. indikativen Angebots sowie sogar alternative Angebotsteile sind im Verhandlungsverfahren grundsätzlich zulässig und dürfen vom öffentlichen Auftraggeber in nicht diskriminierender Weise auch initiiert werden. Unvollständig kann ein Angebot im Verhandlungsverfahren grundsätzlich nur dann sein, wenn nach Abschluss der Verhandlungen und regelmäßig einem Aufklärungsversuch noch immer wesentliche Preisangaben fehlen, Angebote nicht unterschrieben sind oder zweifelhafte Inhalte aufweisen.*)
4. Etwas Anderes gilt, wenn der öffentliche Auftraggeber für die Durchführung des Verhandlungsverfahrens selbst ein formelles Anforderungsprofil für indikative bzw. sonstige schriftliche Angebote definiert und den Bietern vor Angebotsabgabe bekannt gegeben hat.*)
5. Wird die Unterzeichnung durch "rechtsverbindliche Unterschrift" verlangt, nicht jedoch der Nachweis der Vertretungsmacht des Unterzeichners mit dem Angebot, so genügt dieser Anforderung jede Unterschrift eines Erklärenden, der zum Zeitpunkt des Ablaufes der Vorlagefrist tatsächlich bevollmächtigt war. Den Nachweis über seine Vertretungsmacht kann er jederzeit, auch nachträglich, führen.*)
VolltextVPRRS 2008, 0317
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.10.2008 - 15 Verg 9/08
Zur Problematik des Wechsels von Bewerbergemeinschaft zum Einzelbieter.
VolltextVPRRS 2008, 0315
VK Lüneburg, Beschluss vom 16.10.2008 - VgK-30/2008
1. Grundstücks-Pachtverträge zwischen öffentlichen Auftraggebern und Investoren sind dann als ausschreibungspflichtige Baukonzessionen einzustufen, wenn der Investor nicht nur zur Zahlung eines Pachtzinses, sondern auch zur Realisierung bestimmter Baumaßnahmen verpflichtet wird.
2. Von einer Bauleistung und damit dem Vorliegen einer Baukonzession ist bereits dann auszugehen, wenn die Bauleistung in dem Gesamtvertrag nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist. Auch wenn die Angabe einer exakten Prozentzahl nicht möglich ist, dürfte eine Baukonzession jedenfalls immer dann gegenüber einer Dienstleistungskonzession nicht von untergeordneter Bedeutung sein, wenn die Bauleistung mindestens 40% des Auftragsvolumens oder mehr beträgt.
3. Beabsichtigt die Vergabestelle die Entwicklung des kommunalen Hafens in einen Sport- und Freizeithafen und sieht ein Bieter bewusst abweichend dazu die Errichtung eines multifunktionalen Vollwerthafens vor, weicht er von den Festlegungen der Verdingungsunterlagen ab und ist entsprechend auszuschließen.
4. Legt der Bieter den geforderten schriftlichen Investitions- und Finanzierungsplan nicht vor, so ist er zwingend wegen fehlender Unterlagen auszuschließen.
5. Weicht die Vergabestelle von ihrem ursprünglichen Ziel, einen kommunalen Hafen in einen Sport- und Freizeithafen zu entwickelt, dahingehend ab, dass sie nunmehr die Errichtung eines multifunktionalen Hafens anstrebt, so liegt darin eine grundlegende Veränderung der Verdingungsunterlagen, die die Auftraggeberin zu einer Aufhebung des Vergabeverfahrens nach § 26 VOB/A berechtigt.
6. Eine Aufhebung ist gemäß § 26 Nr. 1 c VOB/A u. a. dann statthaft, wenn "andere schwerwiegende Gründe bestehen". Derartig schwerwiegende Gründe können gerade auch in schwerwiegenden rechtlichen Fehlern des Auftraggebers im Vergabeverfahren liegen. Zu diesen schwerwiegenden rechtlichen Fehlern des Auftraggebers im Vergabeverfahren gehört auch das Unterlassen eines europaweiten Vergabeverfahrens trotz Überschreitung des Schwellenwertes. Dies gilt zumindest dann, wenn die Bieter schon bei ihren Angebotskalkulationen hätten erkennen können und müssen, dass der Schwellenwert deutlich überschritten wird.
VolltextVPRRS 2008, 0314
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.03.2008 - Verg 13/08
Eine Bieterinformation, die den Namen des erfolgreichen Bieters nicht nennt, setzt die Wartefrist des § 13 Satz 2 ff VgV nicht in Gang.
VolltextVPRRS 2008, 0312
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.04.2008 - Verg 15/08
§ 127 SGB V lässt Zusammenschlüsse auf Nachfrager- wie auf Bieterseite, mithin Konzentrationen, ausdrücklich zu. Auf spezifische Belange des Mittelstandsschutzes nach GWB und VOL/A ist danach keine Rücksicht zu nehmen.
VolltextVPRRS 2008, 0311
VK Nordbayern, Beschluss vom 18.09.2008 - 21.VK-3194-44/08
1. Enthält die Mitteilung gemäß § 13 VgV keinen Grund für die Nichtberücksichtigung des Angebots des betreffenden Bieters, entspricht sie nicht den Mindestanforderungen des § 13 Satz 1 VgV. Ein dennoch geschlossener Vertrag ist gemäß § 13 Sätze 5 und 6 VgV nichtig. Ein kraft Gesetzes nichtiger Vertrag kann auch nicht für wirksam erklärt werden.*)
2. Selbst wenn durch Unklarheiten in den Verdingungsunterlagen bei der späteren Vertragsabwicklung Probleme entstehen könnten, so kann dies nicht Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sein, das allein der Wahrung des Primärrechtsschutzes dient.*)
VolltextVPRRS 2008, 0307
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.04.2008 - 1 VK LVwA 02/08
Das Verhandlungsverfahren, welches einer Freihändigen Vergabe gleicht, ist zwar dem Wettbewerb und der Transparenz auch weiterhin verpflichtet, es bietet dem Auftraggeber im Falle seiner Zulässigkeit jedoch zahlreiche Privilegierungen. Dazu gehört auch die Entbindung von der Verpflichtung einen öffentlichen Submissionstermin durchzuführen.*)
VolltextVPRRS 2008, 0306
VK Nordbayern, Beschluss vom 18.09.2008 - 21.VK-3194-43/08
1. Bei der Beurteilung der Eignung handelt es sich um eine Prognoseentscheidung. Dem Auftraggeber ist ein Beurteilungsspielraum zuzugestehen. Die Vergabekammer kann nur überprüfen, ob Beurteilungsfehler vorliegen, die sich aus der Nichteinhaltung des vorgeschriebenen Verfahrens, einer unvollständigen oder unzutreffenden Sachverhaltsermittlung oder der Einbeziehung sachwidriger Erwägungen in die Entscheidung ergeben.*)
2. Ein Bieter muss nicht von Anfang an sämtliche technischen und personellen Mittel für eine Auftragsdurchführung vorhalten. Es genügt auch die konkrete und berechtigte Erwartung, dass der Bieter aufgrund seiner technischen, organisatorischen und finanziellen Ausstattung bereit und in der Lage ist, den Auftrag zu erfüllen.*)
3. Die materielle Beweislast für das Vorbringen, dass der von einem Konkurrenten angebotene Preis im Sinne von § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A in einem offenbaren Missverhältnis zur Leistung steht, trägt die Antragstellerin, nicht die Antragsgegnerin.*)
4. Der Bieter kann seinen Nachprüfungsantrag nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel gerade auch auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben könnten.*)
VolltextVPRRS 2008, 0304
VK Sachsen, Beschluss vom 25.06.2008 - 1/SVK/029-08
Bietet ein Bieter ein Produkt an, das von den konkreten Vorgaben des Leistungsverzeichnisses abweicht, so liegt darin eine Änderung der Verdingungsunterlagen, die einen zwingenden Ausschluss des Angebotes nach sich zieht. Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass die positionsgenau definierte Leistungsbeschreibung i. S. v. § 8 Nr. 3 Absatz 5 VOL/A eigentlich so auszulegen sei, dass darunter lediglich eine „funktionale Leistungsbeschreibung“ i.S.v. § 8 a Nr. 2 Abs.2 VOL/A zu verstehen sei.*)
VolltextVPRRS 2008, 0301
VK Bund, Beschluss vom 09.10.2008 - VK 1-123/08
1. Vermischt die Vergabestelle Eignungs- und Zuschlagskriterien in unzulässiger Weise, ist eine Rüge entbehrlich, wenn der damit einhergehende Vergaberechtsverstoß vom Bieter erst nach anwaltlicher Beratung erkannt worden ist.
2. Die Antragsbefugnis ist in einem solchen Fall selbst dann zu bejahen, wenn das Angebot des Bieters an sich zwingend auszuschließen wäre.
3. Eignungs- und Wirtschaftlichkeitsprüfung verfolgen unterschiedliche Zielrichtungen und sind streng voneinander zu trennen.
4. Eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien hat zur Folge, dass die Vergabestelle neue - zulässige - Zuschlagskriterien zu bestimmen hat und das Vergabeverfahren ab der Aufforderung zur Angebotsabgabe zu wiederholen ist.
VolltextVPRRS 2008, 0297
VK Arnsberg, Beschluss vom 21.08.2008 - VK 16/08
Die Forderung nach tarifvertraglicher Bezahlung aller Mitarbeiter ist auch dann als europarechtlich unzulässig anzusehen, wenn sie die Wahl des Tarifvertrages freistellt.*)
VolltextVPRRS 2008, 0296
VK Arnsberg, Beschluss vom 04.08.2008 - VK 15/08
Auch die Ergänzung des Angebots um die Haftungsausschlüsse der Produzenten von sog. Freeware, die mit der angebotenen Software geliefert werden soll, stellt eine Abänderung der Verdingungsunterlagen dar.*)
VolltextVPRRS 2008, 0295
VK Arnsberg, Beschluss vom 25.08.2008 - VK 14/08
Eine einjährige Interimsbeauftragung kann im Einzelfall im Bereich der Daseinsvorsorge nach § 3a Nr. 2 d VOL/A /§ 3 Nr. 4 f, ggf. auch § 3 Nr. 4 d VOL/A zulässig sein, so dass eine Nichtigkeit nach § 13 VgV nicht anzunehmen ist.*)
VolltextVPRRS 2008, 0292
VK Arnsberg, Beschluss vom 02.05.2008 - VK 08/08
Verhandlungen über die Rücknahme eines Angebotes resp. eines NPA gegen Geld führen zur Feststellung der Unzuverlässigkeit.*)
VolltextVPRRS 2008, 0291
VK Arnsberg, Beschluss vom 15.08.2008 - VK 04/08
Keine Prozesskostenhilfe für vergaberechtlich nicht antragsbefugten Verein.
VolltextVPRRS 2008, 0290
VK Brandenburg, Beschluss vom 07.04.2008 - VK 7/08
1. Für die Feststellung der überwiegenden Finanzierung ist nicht auf den konkret zu vergebenden Auftrag, sondern auf die Finanzierung der Einrichtung abzustellen, die öffentlicher Auftraggeber sein soll. Dabei können nur finanzielle Leistungen, welche als Finanzmittel ohne spezifische Gegenleistungen die Tätigkeiten der betreffenden Einrichtung finanzieren oder unterstützen, als öffentliche Finanzierung eingestuft werden.
2. Der eindeutige Wortlaut des § 98 Nr. 2 GWB verlangt weder eine tatsächliche besondere Einflussmöglichkeit auf die Tätigkeit der juristischen Person noch einen direkten Einfluss bei der Vergabe eines Auftrages, sondern lässt für die Verbundenheit des Vereins mit dem Staat allein die überwiegende Finanzierung durch öffentliche Auftraggeber genügen.
3. Gemäß § 108 Abs. 2 GWB muss die Begründung eines Nachprüfungsantrags die Beschreibung der behaupteten Rechtsverletzung mit Sachverhaltsdarstellung enthalten. Dies hat zumindest so umfassend zu erfolgen, dass die Vergabekammer die Antragsbefugnis feststellen kann. Fehlt es daran, ist der Antrag sowohl wegen eines Verstoßes gegen § 108 GWB als auch gegen § 107 Abs. 2 GWB unzulässig.
4. Auch die Rüge hat konkrete Tatsachen zu benennen, die den Vergabeverstoß begründen können. Pauschale Rügen oder Rügen ohne Substanz genügen diesen Anforderungen nicht.
5. Das Akteneinsichtsrecht ist nur in dem Umfang gegeben, in dem es zur Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin aus § 97 Abs. 7 GWB erforderlich ist. Das ist bei einem unzulässigen Nachprüfungsantrag nicht der Fall.
VolltextVPRRS 2008, 0286
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17.09.2008 - VK-SH 10/08
1. Gesetzliche Krankenkassen sind öffentliche Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB.*)
2. Bei einer gegenseitigen Bestellung zweier Bieter als Nachunternehmer ist jedenfalls dann von einer unzulässigen wettbewerbswidrigen Abrede gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 f i.V.m. § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A auszugehen, wenn die jeweiligen Verpflichtungserklärungen von einer Person für beide Bieter ausgefüllt werden, der Firmenstempel eines Bieters auf der Verpflichtungserklärung des anderen erscheint und ein Bieter die Preise bei einem Zulieferers aushandelt, die dieser dann auch dem zweiten Bieter „in etwa“ zugesteht.*)
3. Eine „verdeckte Bietergemeinschaft“ führt aufgrund einer zweifachen Bewerbung um den Auftrag zum Ausschluss beider Angebote.*)
VolltextVPRRS 2016, 0004
VK Bund, Beschluss vom 08.02.2008 - VK 2-156/07
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2008, 0280
OLG Naumburg, Beschluss vom 15.07.2008 - 1 Verg 5/08
Zurückweisung des Antrags auf Anordnung der Verlängerung des prozessualen Zuschlagverbots nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB, weil auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats keine Erfolgsaussicht des Rechtsmittels besteht (d.h. kein Zugang zum Nachprüfungsverfahren für die Vergabe von Rettungsdienstleistungen) und selbst im Falle einer künftigen Änderung der Rechtsprechung (im Hinblick auf eine erfolgte Divergenzvorlage eines anderen Oberlandesgerichts an den Bundesgerichtshof) ausnahmsweise das Interesse der Allgemeinheit am raschen Abschluss des Vergabeverfahrens das Interesse des Antragstellers am effektiven Rechtsschutz überwiegt.*)
VolltextVPRRS 2008, 0278
VK Lüneburg, Beschluss vom 04.09.2008 - VgK-29/2008
1. Gibt die Auftraggeberin keinerlei Zuschlagskriterien bekannt, ist der Preis einziges Wertungskriterium.
2. Entscheidet die Auftraggeberin nach Öffnung der Angebote, 3 der 4 abgefragten Preiskomponenten nicht in die Wertung mit einzubeziehen, so gewichtet sie das Zuschlagskriterium „Preis“ anders, als dies nach dem Leistungsverzeichnis zu erwarten war, und handelt damit willkürlich. Das Vergabeverfahren muss aufgehoben werden.
VolltextVPRRS 2008, 0276
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.05.2008 - Verg 14/08
Zur Kostentragungspflicht im Verfahren vor der Vergabekammer und im Beschwerdeverfahren.
VolltextVPRRS 2008, 0275
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12.09.2008 - VK-SH 10/08
1. Gesetzliche Krankenkassen sind öffentliche Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB.*)
2. Bei einer gegenseitigen Bestellung zweier Bieter als Nachunternehmer ist jeden falls dann von einer unzulässigen wettbewerbswidrigen Abrede gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f) i.V.m. § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A auszugehen, wenn die jeweiligen Verpflichtungserklärungen von einer Person für beide Bieter ausgefüllt werden, der Firmenstempel eines Bieters auf der Verpflichtungserklärung des anderen erscheint und ein Bieter die Preise bei einem Zulieferers aushandelt, die dieser dann auch dem zweiten Bieter "in etwa" zugesteht.*)
3. Eine "verdeckte Bietergemeinschaft" führt aufgrund einer zweifachen Bewerbung um den Auftrag zum Ausschluss beider Angebote.*)
VolltextVPRRS 2008, 0272
VK Lüneburg, Beschluss vom 16.06.2008 - VgK-21/2008
1. Ein Angebot, das von vornherein vergaberechtlich nicht zuschlagsfähig ist, darf den Zuschlag nicht erhalten, so dass dem betroffenen Bieter kein Schaden entstehen oder drohen kann. Damit ist er auch nicht antragsbefugt.
2. § 107 Abs. 3 S. 2 GWB stellt ausdrücklich auf die Erkennbarkeit etwaiger Verstöße gegen Vergaberecht in der Bekanntmachung ab, nicht aber auf die tatsächliche Kenntnis.
3. Fehlende Eignungsnachweise führen zum Ausschluss.
Volltext