Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
4933 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2008
VPRRS 2008, 0069EuGH, Urteil vom 18.12.2007 - Rs. C-357/06
1. Art. 26 Abs. 1 und 2 Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG steht nationalen Bestimmungen entgegen, die Bewerber oder Bieter, die gemäß den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats zur Erbringung der betreffenden Dienstleistung berechtigt sind, einschließlich Bietergemeinschaften an der Abgabe von Angeboten in einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, deren Wert den Schwellenwert für die Anwendung der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG überschreitet, allein deshalb hindern, weil diese Bewerber oder Bieter nicht die einer bestimmten Kategorie von juristischen Personen entsprechende Rechtsform, nämlich die von Kapitalgesellschaften, haben.*)
2. Es obliegt dem nationalen Gericht, eine innerstaatliche Vorschrift unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihm das nationale Recht einräumt, in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts auszulegen und anzuwenden und, soweit eine solche konforme Auslegung nicht möglich ist, Vorschriften des innerstaatlichen Rechts, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, unangewendet zu lassen.*)
VolltextVPRRS 2008, 0067
EuGH, Urteil vom 18.12.2007 - Rs. C-532/03
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2008, 0066
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.11.2007 - 1 VK 43/07
1. Bei teils mehrdeutigen und widersprüchlichen Regelungen über die Konsequenzen von nicht vorliegenden Nachweisen kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein zwingender Ausschlussgrund vorliegt, wenn die geforderten Nachweise nicht oder nicht vollständig vorgelegt werden.
2. Alle Bieter, die grundsätzlich als geeignet angesehen werden, sind, unabhängig vom Maß der Eignung, in das weitere Verfahren einzubeziehen. Deshalb verbietet sich, nach Bejahung der generellen Eignung, später bei der Feststellung des wirtschaftlichsten Angebots nach § 25 Nr. 3 VOL/A, ein „Mehr an Eignung“ eines Bieters als Kriterium für den Zuschlag zu benennen und zu berücksichtigen.
3. Eine Rüge muss erkennen lassen, dass ein Vergaberechtsverstoß behauptet und seine Beseitigung ernsthaft gefordert wird Darin unterscheidet sich die Rüge von der bloßen Anfrage oder Anregung.
4. Die Entwicklung der Kraftstoffpreise hat grundlegende Auswirkungen auf das vertragliche Gleichgewicht. Eine gesicherte Grundlage für eine Schätzung der künftigen Kraftstoffpreise ist bei der derzeitigen Lage auf dem Rohölmarkt, die von Spekulationen geprägt ist, nicht erkennbar. Im Hinblick auf eine längere Vertragslaufzeit (z.B. von dreieinhalb Jahren) ist der Auftraggeber deshalb verpflichtet, bei der Ausschreibung von Schülerbeförderungsleistungen bezüglich der Kraftstoffpreise eine Preisgleitklausel aufzunehmen, damit den Bietern kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet wird.
5. Die generelle Ausdehnung der Zuschlags- und Bindefrist bis zum rechtskräftigen Abschluss eventueller Vergabenachprüfungsverfahren verstößt gegen § 19 Nr. 2 VOL/A.
6. Eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffene Vertragsstrafenregelung stellt für einen Vertragspartner eine unangemessene Benachteiligung dar, wenn sie einen Höchstsatz von 5% der Auftragssumme überschreitet. Diese Grenze ist auch für Verträge, die nicht aufgrund allgemeiner Geschäftsbedingungen zustande kommen, eine Richtschnur, wobei die Umstände des Einzelfalls und die Bedeutung der Vertragstreue für den Auftraggeber entsprechend zu würdigen sind.
7. Ein außerordentliches Kündigungsrecht des Auftraggebers bei der Ausschreibung von Schülerbeförderungsleistungen für den Fall, dass der Auftraggeber als Schulträger ausscheidet oder Schulen aufgelöst werden, verstößt gegen § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A.
8. Ein außerordentliches Kündigungsrecht des Auftraggebers für den Fall, dass ein Gericht rechtskräftig festgestellt hat, dass der Abschluss bzw. die Aufrechterhaltung des Vertrages gegen Vergaberecht verstößt, ist vergaberechtswidrig.
VolltextVPRRS 2008, 0063
VK Lüneburg, Beschluss vom 24.09.2007 - VgK-37/2007
1. Es ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber für die sensible Dienstleistung der Postzustellungsaufträge für die Justiz Niedersachsen im gesamten Bundesgebiet jedenfalls im Rahmen der Bewertung der Qualität und des Bieterprofils die flächendeckende Struktur eines Anbieters mit eigenen oder konzernverbundenen Mitarbeitern höher bewertet als die eines Anbieters, der im erheblichen Maße auf den Einsatz konzernfremder Subunternehmen angewiesen ist.
2. Muss gemäß der Verdingungsunterlagen die Entgeltgenehmigung für den angebotenen Preis ausdrücklich bereits mit dem Angebot vorgelegt werden und wird die Nichtvorlage der Entgeltgenehmigung mit dem Angebot in den Verdingungsunterlagen ausdrücklich als Ausschlusskriterium gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A bezeichnet, so ist ein Bieter zwingend auszuschließen, wenn er eine unvollständige Entgeltgenehmigung einreicht.
3. Die Tatsache, dass sich zwei inzwischen dem gleichen Konzern angehörige Schwesterunternehmen am streitbefangenen Vergabeverfahren beteiligt haben, ist nicht per se vergaberechtswidrig.
VolltextVPRRS 2008, 0062
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 04.02.2008 - VK-SH 28/07
1. Der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags bezüglich einer Aufhebungsentscheidung steht nicht entgegen, dass der Auftraggeber das Vergabeverfahren bereits vor Anhängigkeit des Antrags aufgehoben hat.*)
2. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines auf die Überprüfung einer Aufhebungsentscheidung gerichteten Antrags bleibt das Vorliegen der sonstigen allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen.*)
3. Allein aus der Befugnis eines Antragstellers, die Rechtmäßigkeit einer Aufhebungsentscheidung überhaupt zum Gegenstand eines Vergabenachprüfungsverfahren machen zu können, ergibt sich nicht ohne Weiteres ein Anspruch gegen den Auftraggeber auf Fortsetzung des Vergabeverfahrens bis zur Zuschlags- oder Auftragserteilung.*)
4. Begehrt der Antragsteller die Aufhebung einer Aufhebungsentscheidung und hat der Auftraggeber seinen Willen zur Vergabe des streitgegenständlichen Auftrags tatsächlich aufgegeben, droht dem Antragsteller durch die Aufhebung kein Schaden, da er selbst für den Fall einer vergaberechtswidrigen Aufhebung keinen Anspruch auf Erteilung des Auftrags hätte. Der Antrag ist mangels Antragsbefugnis unzulässig.*)
5. Für die Frage des aufgegebenen Vergabewillens kommt es nur darauf an, ob der Auftraggeber seinen Vergabewillen tatsächlich aufgegeben hat. Unbeachtlich ist, welche Informationen der Willensbildung zu Grunde gelegen haben.*)
6. Ist der ursprünglich zu vergebende Auftrag auf Planung, Bau, Finanzierung und Betrieb (Gebäudemanagement) der Erweiterung und Sanierung einer Schule in einem ÖPP-Modell aus einer Hand gerichtet und plant der Auftraggeber nunmehr lediglich die gewerkeweise Sanierung eines Teils der Schule, liegt darin keine Fortsetzung des alten Vergabewillens, sondern ein neuer, auf einen anderen Auftrag gerichteter Vergabewille.*)
VolltextVPRRS 2008, 0061
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.01.2008 - VK-SH 27/07
1. Der Wortlaut des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB sieht keine zwingende Wartefrist zwischen Erklärung der Rüge und Einreichung des Nachprüfungsantrags vor, so dass die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags von der Beachtung einer solchen Wartefrist auch nicht zwingend abhängig gemacht werden kann.*)
2. Fügt ein Bieter Eignungsnachweise, die der Auftraggeber nach § 7 Nr. 4 VOL/A fordern durfte und die zwingend mit dem Angebot vorzulegen waren, seinem Angebot nicht bei, ist er wegen nicht nachgewiesener Eignung nach § 25 Nr. 2 VOL/A zwingend von der Wertung auszuschließen.*)
VolltextVPRRS 2008, 0060
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 18.12.2007 - VK-SH 25/07
1. Teilnahmeanträge, denen die in der Bekanntmachung des Auftraggebers zur Beurteilung der Eignung geforderten Nachweise nicht beigefügt sind, sind zwingend vom weiteren Verfahren auszuschließen.*)
2. Fordert der Auftraggeber in seinen Teilnahmebedingungen eine Angabe über die Zahl der in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren durchschnittlich beschäftigten Arbeitskräfte, gegliedert nach Berufsgruppen, im Sinne von § 8 Nr. 3 Abs. 1 lit. c) VOB/A und ist die geforderte Aufgliederung nicht auf spezifische Berufsgruppen begrenzt, so kann sich der Bewerber nicht darauf berufen, er halte eine Aufgliederung in seinem Fall für sinnlos, da es der Antragsgegner mit der geforderten Aufgliederung ohnehin nur auf bestimmte Berufsgruppen abgesehen habe, die der Antragsteller selbst gar nicht beschäftige.*)
3. Es obliegt dem Bewerber selbst, die geforderten Nachweise so vorzulegen, dass der Auftraggeber dessen Eignung ohne weitere Nachforschungen prüfen kann. Es widerspräche den Grundsätzen eines transparenten, chancengleichen Bieterwettbewerbs, wenn ein Auftraggeber verpflichtet wäre, unvollständige Angaben eines Bewerbers im Wege weiterer Recherchen zu vervollständigen.*)
4. Geforderte Eignungsnachweise müssen aus sich heraus klar und verständlich sein. Etwaiges Sonderwissen Einzelner etwa aus persönlicher Bekanntschaft oder aus früheren Geschäftsbeziehungen darf keine Berücksichtigung finden.*)
5. Der Umsatz eines Unternehmens ist nicht mit den vom Unternehmen erbrachten Leistungen gleichzusetzen. Der Umsatz umfasst alle Einnahmen, die ein Unternehmen mit Dienstleistungen oder dem Verkauf von Waren erzielt, Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung eingeschlossen; die Beauftragung von Leistungen dagegen umfasst alle eingekauften Dienstleistungen.*)
VolltextVPRRS 2008, 0059
VK Bund, Beschluss vom 24.01.2008 - VK 3-151/07
1. Eine Antragsbefugnis besteht trotz fehlender Angebotsabgabe, wenn der potenzielle Bieter ansonsten zur Erstellung eines Angebots auf unsicherer Kalkulationsgrundlage gezwungen ist.
2. Zur Auslegung der Forderung eines Gewerbezentralregisterauszugs für das Unternehmen bzw. die Unternehmensführung.
3. Zur Auslegung der Forderung eines Nachweises, dass die Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung ordnungsgemäß erfüllt wurde.
4. Ein bedingter Zuschlag bei Losen eines einheitlichen Gesamtbauvorhabens beinhaltet ein ungewöhnliches Wagnis und ist vergaberechtswidrig.
5. Eine Übertragung des Risikos der Verfügbarkeit und Bebaubarkeit der Bauflächen beinhaltet ein ungewöhnliches Wagnis und ist vergaberechtswidrig.
6. Eine ausdrückliche Versicherung des Bieters über die Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit der Verdingungsunterlagen beinhaltet ein ungewöhnliches Wagnis und ist vergaberechtswidrig.
7. Eine Vorabzustimmung des Bieters zur Übertragung der Rechte und Pflichten des Auftraggebers auf eine Projektgesellschaft in den Vergabeunterlagen beinhaltet ein ungewöhnliches Wagnis und ist vergaberechtswidrig.
8. Regelungen in den Vergabeunterlagen zu Vertragsstrafen und Kündigung bei illegalen Praktiken im Baugewerbe begründen kein ungewöhnliches Wagnis und sind vergaberechtskonform.
VolltextVPRRS 2008, 0058
EuGH, Urteil vom 21.02.2008 - Rs. C-412/04
1. Steht fest, dass ein Auftrag unterhalb der Schwellenwerte eine bestimmte grenzüberschreitende Bedeutung hat, liegt in seiner ohne jede Transparenz erfolgenden Vergabe an ein im Mitgliedstaat des öffentlichen Auftraggebers niedergelassenes Unternehmen eine Ungleichbehandlung zum Nachteil der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmen, die an diesem Auftrag interessiert sein könnten.
2. Eine solche Ungleichbehandlung, die durch den Ausschluss aller in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmen hauptsächlich diese benachteiligt, stellt, sofern sie nicht durch objektive Umstände gerechtfertigt ist, eine nach den Art. 43 EG-Vertrag und 49 EG-Vertrag verbotene mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar.
3. Gleichwohl sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, in ihre Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG Bestimmungen aufzunehmen, die auf die Pflicht zur Beachtung der Art. 43 EG-Vertrag und 49 EG-Vertrag hinweisen.
4. Von der Anwendung der Dienstleistungsrichtlinien 92/50/EWG und Sektorenrichtlinie 93/38/EWG sind nur die Ausnahmen zulässig, die in ihr selbst ausdrücklich und abschließend aufgeführt sind.
5. Die Bauleitung und die mit der Kontrolle der Bauleistungen verbundenen Aufgaben fallen unter die Kategorie 12 sowohl des Anhangs I A der Dienstleistungsrichtlinien 92/50/EWG als auch des Anhangs XVI A der Sektorenrichtlinie 93/38/EWG.
VolltextVPRRS 2008, 0055
VK Sachsen, Beschluss vom 25.01.2008 - 1/SVK/088-07
1. Rahmenvereinbarungen für Leistungen nach der VOF sind nach derzeit geltender Rechtslage unzulässig. Eine analoge Anwendung der Bestimmungen der VOL/A scheidet mangels Vorliegens einer außerordentlichen bzw. planwidrigen Gesetzeslücke- jedenfalls für die VOF aus. Nach § 8 VOF müssen die Bewerber mit der Aufgabenbeschreibung auch die für eine zweifelsfreie und vollständige Kalkulation erforderlichen Unterlagen und Informationen erhalten. Dieser Anforderung liefe eine Rahmenvereinbarung zu wider.*)
2. Nach § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB ist ein Nachprüfungsantrag dann unzulässig, wenn Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Erkennbar sind Regelverstöße, die bei üblicher Sorgfalt und den üblichen Kenntnissen von einem durchschnittlich vergabeerfahrenen Unternehmen erkannt werden. Sofern Rechtsverstöße nur unter genauer Auseinandersetzung mit den Vergabekoordinierungsrichtlinien und dem Werdegang des Vergaberechtsänderungsgesetzes erkennbar sind, ist es einem durchschnittlich vergabeerfahrenen Unternehmen nicht zu widerlegen, dass es über den erforderlichen rechtlichen Sachverstand nicht verfügte und der Verstoß infolgedessen nicht zu erkennen war.*)
VolltextVPRRS 2008, 0054
VK Brandenburg, Beschluss vom 12.09.2007 - VK 36/07
1. In jedem Fall entbinden Zeitprobleme oder Personalengpässe den Bieter nicht von seiner Rügepflicht. Er hat insoweit die nötige Vorsorge zu treffen, um sofort reagieren zu können.
2. Bei Bestehen einer Rügeobliegenheit muss in der Begründung des Nachprüfungsantrages dargelegt werden, dass die Rüge gegenüber dem Auftraggeber erfolgt ist.
3. Die Rügepflicht aus § 107 Abs. 3 GWB darf allerdings nicht dazu führen, dass der Bieter bei lebensnaher Würdigung ernsthaft damit rechnen muss, im Falle eines vorgeschalteten Rügeverfahrens seinen Primärrechtsschutz zu verlieren oder zu verkürzen. In Betracht kommt dies insbesondere dann, wenn aus verständiger Sicht des Bieters zu besorgen ist, dass der öffentliche Auftraggeber die Rüge zum Anlass für einen alsbaldigen Zuschlag nehmen und keine ausreichende Zeit verbleiben wird, vorher durch Zustellung des Nachprüfungsantrages das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 GWB zu erwirken.
4. Eine Pflicht zur Rüge ist auch dann entbehrlich, wenn der Auftraggeber im Vergabeverfahren eindeutig erkennen lässt, dass er unter keinen Umständen, also auch nicht auf eine Rüge von Bietern hin gewillt ist, einen vorliegenden Vergabeverstoß abzustellen.
VolltextVPRRS 2008, 0046
OLG Brandenburg, Beschluss vom 06.11.2007 - Verg W 12/07
Enthält ein Angebot zu den Preisen und den Lohnkosten als Preisbestandteil widersprüchliche Angaben, so führt dies zum Ausschluss gemäß den §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 a, 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A.
VolltextVPRRS 2008, 0041
VK Nordbayern, Beschluss vom 01.02.2008 - 21.VK-3194-53/07
1. Kriterien, die nicht mit der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots, sondern im Wesentlichen mit der Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des betreffenden Auftrags zusammenhängen, sind als "Zuschlagskriterien" ausgeschlossen.*)
2. Eine Verpflichtung zur Bekanntgabe von Unterkriterien besteht jedenfalls dann, wenn sich für die Bieter die Kenntnis von den Unterkriterien und deren Gewichtung auf den Inhalt ihrer Angebote auswirken kann.*)
3. Die Auswahl eines Bewerbers darf nicht dadurch beeinflusst werden, dass von den Bewerbern zusätzlich unaufgefordert Lösungsvorschläge eingereicht wurden.*)
4. Honorarzonen sind nach der HOAI nicht disponibel, sondern zwingend festgelegt.*)
5. Es nicht zulässig, dass die Vergabestelle keine Vorgabe der für das Vorhaben anzusetzenden Baukosten macht und sie die Feststellung dieser Kosten allein den Bewerbern überlässt.*)
6. Die Dokumentation anhand des Vergabevermerks dient dem Ziel, die Entscheidungen der Vergabestelle transparent und sowohl für die Nachprüfungsinstanzen als auch für die Bieter überprüfbar zu machen.*)
VolltextVPRRS 2008, 0028
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.10.2007 - Verg 32/07
1. Eine in den Vergabeunterlagen enthaltene und für eine Vielzahl von Vergabeverfahren vom öffentlichen Auftraggeber vorformulierte Bestimmung, dass der Bieter mit einer Rüge präkludiert sei, wenn er nicht innerhalb von vier Wochen nach Zugang der Zurückweisung der Rüge durch den Auftraggeber ein Nachprüfungsverfahren einleite, ist gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 107 Abs. 3 GWB unwirksam. Die mit der Klausel bezweckte Verschärfung der materiellen und prozessualen Zugangsvoraussetzungen zum Nachprüfungsverfahren benachteiligt die Bieter unangemessen.*)
2. Der öffentliche Auftraggeber kann sich in den Vergabeunterlagen das Recht vorbehalten, inhaltliche Anforderungen an die Angebote zurückzunehmen. Eine solche Änderung muss transparent und diskriminierungsfrei erfolgen.*)
3. Weist der öffentliche Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen ausdrücklich darauf hin, dass ein Nebenangebot die mit einem Hauptangebot anzubietenden Verträge nur im Rahmen der in bekannt gegebenen Vertragsentwürfen festgelegten inhaltlichen Mindestvorgaben modifizieren und ergänzen kann, sind damit die Bedingungen speziell für Nebenangebote inhaltlich hinreichend beschrieben worden.*)
4. Der öffentliche Auftraggeber ist weder unter dem Gesichtspunkt des Transparenz- noch des Gleichbehandlungsgebots zu einer Bekanntgabe des Nebenangebots eines Bieters und seiner Bewertungsabsicht verpflichtet.*)
VolltextVPRRS 2008, 0027
VK Sachsen, Beschluss vom 07.01.2008 - 1/SVK/077-07
1. Die Teststellung im EDV-Bereich ist einer Bemusterung im allgemeinen Sinne gleichzusetzen, welche nach der Rechtsprechung des BGH und des OLG Düsseldorf in entsprechender Anwendung des § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 1, § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A Bietererklärungen darstellen. Fehlen Muster, deren Vorlage der öffentliche Auftraggeber verlangt, oder sind verlangte Muster unvollständig, ist § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A entsprechend anzuwenden. Mängel einer Teststellung sind einem unvollständigen Muster gleichzusetzen.*)
2. Der rechtzeitige, oder auch ordnungsgemäße Zugang eines Angebotes, d.h. das Übermittlungsrisiko, liegt in der Risikosphäre des Bieters und ist von diesem zu vertreten. Etwaige Transportschäden, die ein Testgerät auf dem Wege zum (Erfüllungs-)Ort des Auftraggebers erlitten hat oder haben könnte fallen hierunter.*)
3. Die Aufhebung eines Offenen Verfahrens kann (kumulativ) auf mehrere Aufhebungsgründe gestützt werden, da an die einzelnen Aufhebungsgründe des § 26 Nr. 1 a-d VOL/A jeweils die gleiche Rechtsfolge geknüpft ist.*)
4. Sowohl aus dem Ausnahmecharakter des Verhandlungsverfahrens, als auch aus den sich gegenseitig ausschließenden Voraussetzungen der Tatbestände des § 3a Nr. 1 Absatz 5a VOL/A und des § 3a Nr. 2a VOL/A, ergibt sich, dass die einzelnen Tatbestände des § 3a VOL/A nicht kumuliert angewendet werden können. Argument hierfür ist, dass die einzelnen Tatbestände unterschiedliche Festlegungen hinsichtlich der im angestrebten Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Bekanntmachung zu beteiligenden Bieter treffen.*)
5. Mit der Durchführung des (nachrangigen) Verhandlungsverfahrens ist stets eine Beeinträchtigung des Wettbewerbsprinzips, der Chancengleichheit der Bieter und auch der Transparenz verbunden, weil im Verhältnis zum Offenen Verfahren oder Nichtoffenen Verfahren im Hinblick auf die Verfahrensgestaltung nur wenige formale Anforderungen gelten. Insbesondere aber besteht im Verhandlungsverfahren das Risiko für die Bieter, dass sie vom Auftraggeber unter (Preis-)Druck gesetzt werden.*)
VolltextVPRRS 2008, 0026
VK Nordbayern, Beschluss vom 15.01.2008 - 21.VK-3194-49/07
1. § 107 Abs. 3 GWB dient der Beschleunigung des Verfahrens. Der VSt soll seitens der Bieter, die Verfahrensfehler erkennen, die Möglichkeit gegeben werden, diese möglichst frühzeitig im Verfahren zu korrigieren. Wer erkannt hat oder bereits bei Anwendung geringer Sorgfalt ohne weiteres hätte erkennen müssen, dass die andere Seite sich nicht an das geltende Recht hält, kann (später) nicht damit gehört werden, er habe ein mit Recht und Gesetz übereinstimmendes Verhalten der Gegenseite erwartet.*)
2. Wird dem Antragsteller während eines Nachprüfungsverfahrens ein weiterer Vergaberechtsverstoß bekannt, kann er diesen auch dann unmittelbar zum Gegenstand des Verfahrens machen, wenn der Nachprüfungsantrag in seiner ursprünglichen Form unzulässig war.*)
3. Abweichungen von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen ändern nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Verdingungsunterlagen in unzulässiger Weise. Ein derartiges Angebot muss schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil es wegen der sich nicht deckenden Willenserklärungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer nicht zu dem beabsichtigten Vertragsabschluss führen kann.*)
4. Die Übernahme von Umrüstkosten stellt eine Änderung des Angebotspreises dar, über welche die Parteien nicht verhandeln dürfen. Auch wenn ein Bieter von sich aus anbietet, das Angebot zu ändern, darf der Auftraggeber darauf nicht eingehen. Denn § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A verbietet Verhandlungen über Angebotsänderungen insgesamt, wenn nicht ein Ausnahmetatbestand eingreift.*)
VolltextVPRRS 2008, 0023
OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.01.2008 - Verg W 16/07
1. Vermutet der Auftraggeber ein Unterschreiten der Mindestsätze der HOAI, kann er das Angebot des betroffenen Bieters nicht sofort ausschließen, sondern muss dem Bieter Gelegenheit zu Nachverhandlungen geben.
2. Derartige Nachverhandlungen haben mit dem Ziel stattzufinden, dass der Bieter sein Angebot preislich anpasst. Erst nach deren Scheitern ist der Auftraggeber berechtigt, den betroffenen Bieter von der Vergabe auszuschließen.
VolltextVPRRS 2008, 0021
OLG München, Beschluss vom 17.01.2008 - Verg 15/07
Eine Verpflichtung zur Bekanntgabe von Unterkriterien besteht jedenfalls dann, wenn sich für die Bieter die Kenntnis von den Unterkriterien und deren Gewichtung auf den Inhalt ihrer Angebote auswirken kann (im Anschluss an OLG München vom 19.12.2007 – Verg 12/07).*)
VolltextVPRRS 2008, 0019
BGH, Urteil vom 27.11.2007 - X ZR 18/07
1. Der Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens in § 126 Satz 1 GWB setzt kein Verschulden beim Verstoß gegen bieterschützende Bestimmungen voraus.*)
2. Ein Angebot hätte i. S. von § 126 Satz 1 GWB eine echte Chance auf den Zuschlag gehabt, wenn es innerhalb des Wertungsspielraums der Vergabestelle gelegen hätte, darauf den Zuschlag zu erteilen.*)
3. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der für die Auftragserteilung vorgesehenen Wertungskriterien und deren Gewichtung, zu denen der öffentliche Auftraggeber ggf. nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast vorzutragen hat, zu prüfen.*)
4. Die vom Auftraggeber vorzunehmende Schätzung des Gesamtauftragswerts i. S. von § 1a VOB/A (§ 3 Abs. 1 VgV) bezieht sich auf die unter Wettbewerbsbedingungen voraussichtlich entstehende Gesamtvergütung.*)
5. Ein Anspruch aus culpa in contrahendo auf Erstattung der Kosten für die Teilnahme am Vergabeverfahren kann einem Bieter zustehen, wenn er sich ohne Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens (hier: Schätzung der Gesamtvergütung unterhalb des einschlägigen Schwellenwerts) nicht oder nicht so, wie geschehen, daran beteiligt hätte (Weiterführung von Sen.Urt. v. 27.6.2007 - X ZR 34/04, NZBau 2007, 727, zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen).*)
VolltextVPRRS 2008, 0018
OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.05.2007 - 11 Verg 12/06
1. Eine Ausnahme von dem Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung muss sich unter technischen Gesichtspunkten rechtfertigen lassen und sachlich vertretbar sein. Maßgebend sind hierbei immer nur die Eigenart und Beschaffenheit der zu vergebenden Leistung und nicht die subjektiven Erwägungen und Überlegungen des öffentlichen Auftraggebers.
2. Werden in einer Leistungsbeschreibung Produkte - mittelbar - bevorzugt und geht dies mit einer Einschränkung des möglichen Bieterkreises einher, sind die Grundsätze des § 8 Nr.3 Abs.3 VOL/A zu berücksichtigen, d.h. der Anlass hierfür muss von der Vergabestelle um so ausführlicher und tiefgreifender begründet werden, je stärker sich die Einschränkung aus wirkt.
3. Die Reichweite der Zulässigkeit der Angabe von bestimmten Erzeugnissen, Verfahren sowie der Vorgabe von Produktmarken hängt dabei maßgeblich von dem Leistungsgegenstand ab, aber auch von der Verwendung am konkreten Einsatzort. In diesem Zusammenhang steht der Vergabestelle bezüglich der Einschätzung, ob die Nennung und Vorgabe bestimmter Erzeugnisse, Verfahren usw. im konkreten Fall möglich ist (§ 8 Nr. 3 Abs. 3 und Abs. 5 VOL/A), ein Beurteilungsspielraum zu.
4. Ihre Entscheidung muss durch eine lückenlose Dokumentation ihres Prüfungs- und Willensbildungsprozesses erfolgen, aus der sich die Einhaltung ihres Wertungsspielraumes sowie das Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalles, aus dem sich das legitime Interesse der Vergabestelle, ein bestimmtes Produkt vorzuschreiben, nachvollziehbar erkennen lässt.
5. Hierzu ist ein fortlaufend geführter Vergabevermerk hinsichtlich Planung, Vorbereitung von Entscheidungsphasen und insbesondere der tragenden Ermessenserwägungen, die zu der Aufstellung des Leistungsverzeichnisses in seiner vorliegenden Form geführt haben, unerlässlich.
6. Liegen die o. g. Voraussetzungen nicht vor, ist von der erkennenden Vergabekammer mit der Maßnahme, die von ihr nach § 114 Abs. 2 GWB zu treffen ist, festzustellen, dass die Vergabestelle das Verfahren auf der Grundlage der bisherigen Ausschreibungsunterlagen nicht fortführen und keinen Zuschlag erteilen darf, um Rechtsbeeinträchtigungen der Bieter zu verhindern.
VolltextVPRRS 2008, 0013
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2007 - Verg 10/07
1. Der Bau einer Lärmschutzwand ist als einheitliches Fachlos zu verstehen. Deshalb muss es von den übrigen Straßenbauarbeiten getrennt vergeben werden.
2. Eine ausnahmsweise Abweichung hiervon unterliegt der Einschätzung der Vergabestelle.
3. Erhöhter Aufwand zur Koordinierung der Bauarbeiten kann im Einzelfall beachtlich sein.
VolltextVPRRS 2008, 0010
VK Hessen, Beschluss vom 10.09.2007 - 69d-VK-37/2007
1. Die Vergabestelle ist nicht verpflichtet, nur um dem allgemeinen Ziel der Mittelstandsförderung zu dienen, ihre berechtigten Zweckmäßigkeitsüberlegungen unterzuordnen und eine Leistung losweise auszuschreiben. Wenn eine solche losweise Aufteilung der einzelnen Leistungen unzweckmäßig ist und die Vergabestelle dies nachvollziehbar begründen kann, kann sie nicht zu einer Aufteilung in Lose gezwungen werden.*)
2. Es ist vom Grundsatz her allein Sache der Vergabestelle zu entscheiden, welche Dienstleistungen sie im Wege öffentlicher Ausschreibungen beschaffen möchte und sie ist nicht verpflichtet, ihren Bedarf so auszurichten, dass möglichst alle auf dem Markt agierenden Teilnehmer angebotsfähig sind.*)
3. Die Grenzen dieser prinzipiell gegebenen vergaberechtlichen Dispositionsfreiheit der Vergabestelle sind erst dann überschritten, wenn durch die Art der Beschaffung die Grundsätze der Transparenz, der Gleichbehandlung und die des fairen Wettbewerbs beeinträchtigt sind.*)
4. Gibt die Vergabestelle in ihrer Leistungsbeschreibung mittelbar einen bestimmten Anbieter vor, sind die Grundsätze des § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL / A zu berücksichtigen. Zwar kann eine Ausschreibung grundsätzlich auch in dieser Form durchgeführt werden; hierfür muss jedoch ein berechtigter Anlass bestehen welcher durch die Vergabestelle im Einzelnen nachvollziehbar zu begründen und zu dokumentieren ist.*)
5. Ein öffentlicher Auftraggeber darf gemäß der Vorschrift des § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL/A, bestimmte Verfahren oder Ursprungsorte und Bezugsquellen nur dann ausdrücklich vorschreiben, wenn dies durch die Art der geforderten Leistung gerechtfertigt ist. Denn im Interesse des technischen und kaufmännischen Wettbewerbs sollen grundsätzlich offene Leistungsbeschreibungen erfolgen; dies bedeutet auch, dass kein Unternehmen diskriminiert werden darf (§ 2 Nr.2 VOL/A). Eine "produktbezogene" Ausschreibung muss durch die Art der zu vergebenden Leistung begründet sein. Maßgebend für die Vorgabe von bestimmten Verfahrensweisen müssen objektive und sachgerechte Erwägungen sein, die ggf. auch auf technischen Notwendigkeiten beruhen.*)
6. Die die Entscheidungen der Vergabestelle tragenden Erwägungen bedürfen der ausreichenden Dokumentation in einem fortlaufend geführten Vergabevermerk, der hinsichtlich Planung, Vorbereitung von Entscheidungsphasen und insbesondere der tragenden Ermessenserwägungen, die zu der Aufstellung des Leistungsverzeichnisse in der vorliegenden Form geführt haben, Aufschluss über den Entscheidungsprozess gibt.*)
7. Liegen die o. g. Voraussetzungen nicht vor, ist von der erkennenden Vergabekammer mit der Maßnahme, die von ihr nach § 114 Abs. 2 GWB zu treffen ist, festzustellen, dass die Vergabestelle das Verfahren auf der Grundlage der bisherigen Ausschreibungsunterlagen nicht fortführen und keinen Zuschlag erteilen darf, um Rechtsbeeinträchtigungen der Bieter zu verhindern.*)
VolltextVPRRS 2008, 0009
VK Hessen, Beschluss vom 10.09.2007 - 69d-VK-29/2007
1. Die Vergabestelle ist nicht verpflichtet, nur um dem allgemeinen Ziel der Mittelstandsförderung zu dienen, ihre berechtigten Zweckmäßigkeitsüberlegungen unterzuordnen und eine Leistung losweise auszuschreiben. Wenn eine solche losweise Aufteilung der einzelnen Leistungen unzweckmäßig ist und die Vergabestelle dies nachvollziehbar begründen kann, kann sie nicht zu einer Aufteilung in Lose gezwungen werden.*)
2. Es ist vom Grundsatz her allein Sache der Vergabestelle zu entscheiden, welche Dienstleistungen sie im Wege öffentlicher Ausschreibungen beschaffen möchte und sie ist nicht verpflichtet, ihren Bedarf so auszurichten, dass möglichst alle auf dem Markt agierenden Teilnehmer angebotsfähig sind.*)
3. Die Grenzen dieser prinzipiell gegebenen vergaberechtlichen Dispositionsfreiheit der Vergabestelle sind erst dann überschritten, wenn durch die Art der Beschaffung die Grundsätze der Transparenz, der Gleichbehandlung und die des fairen Wettbewerbs beeinträchtigt sind.*)
4. Gibt die Vergabestelle in ihrer Leistungsbeschreibung mittelbar einen bestimmten Anbieter vor, sind die Grundsätze des § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL / A zu berücksichtigen. Zwar kann eine Ausschreibung grundsätzlich auch in dieser Form durchgeführt werden; hierfür muss jedoch ein berechtigter Anlass bestehen welcher durch die Vergabestelle im Einzelnen nachvollziehbar zu begründen und zu dokumentieren ist.*)
5. Ein öffentlicher Auftraggeber darf gemäß der Vorschrift des § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL/A, bestimmte Verfahren oder Ursprungsorte und Bezugsquellen nur dann ausdrücklich vorschreiben, wenn dies durch die Art der geforderten Leistung gerechtfertigt ist. Denn im Interesse des technischen und kaufmännischen Wettbewerbs sollen grundsätzlich offene Leistungsbeschreibungen erfolgen; dies bedeutet auch, dass kein Unternehmen diskriminiert werden darf (§ 2 Nr.2 VOL/A). Eine "produktbezogene" Ausschreibung muss durch die Art der zu vergebenden Leistung begründet sein. Maßgebend für die Vorgabe von bestimmten Verfahrensweisen müssen objektive und sachgerechte Erwägungen sein, die ggf. auch auf technischen Notwendigkeiten beruhen.*)
6. Die die Entscheidungen der Vergabestelle tragenden Erwägungen bedürfen der ausreichenden Dokumentation in einem fortlaufend geführten Vergabevermerk, der hinsichtlich Planung, Vorbereitung von Entscheidungsphasen und insbesondere der tragenden Ermessenserwägungen, die zu der Aufstellung des Leistungsverzeichnisse in der vorliegenden Form geführt haben, Aufschluss über den Entscheidungsprozess gibt.*)
7. Liegen die o. g. Voraussetzungen nicht vor, ist von der erkennenden Vergabekammer mit der Maßnahme, die von ihr nach § 114 Abs. 2 GWB zu treffen ist, festzustellen, dass die Vergabestelle das Verfahren auf der Grundlage der bisherigen Ausschreibungsunterlagen nicht fortführen und keinen Zuschlag erteilen darf, um Rechtsbeeinträchtigungen der Bieter zu verhindern.*)
VolltextVPRRS 2008, 0008
VK Düsseldorf, Beschluss vom 18.06.2007 - VK-14/2007-L
1. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn die Vergabestelle nicht öffentlicher Auftraggeber gem. § 98 Nr. 2 GWB ist ( An-Institut einer Universität).*)
2. Für die zutreffende Berechnung des Anteils der öffentlichen Finanzierung einer Einrichtung sind alle Mittel zu berücksichtigen, über welche die Einrichtung verfügt.*)
3. Die Einstufung einer Einrichtung als öffentlicher Auftraggeber ist auf jährlicher Basis vorzunehmen. Das Haushaltsjahr, in dem die Ausschreibung des Verfahrens zur Vergabe eines bestimmten Auftrags erfolgt ist, ist der für die Berechnung der Finanzierung am besten geeignete Zeitpunkt.*)
VolltextVPRRS 2008, 0005
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.11.2007 - 1 VK LVwA 24/07
1. Ausweislich § 25b Nr. 1 Abs. 1, S. 4 VOL/A kann der Auftraggeber nur auf die Angabe der genauen Gewichtung der Wertungskriterien ausnahmsweise verzichten, wenn er aus nachvollziehbaren Gründen nicht in der Lage ist. Dies ist zwingend im Vergabevermerk hinreichend zu dokumentieren.*)
2. Auch bei einem Verhandlungsverfahren muss die durch den Auftraggeber erdachte und gegenüber den Bietern abgefragte Leistung über den gesamten Zeitraum des Verfahrens Bestand haben.*)
VolltextVPRRS 2008, 0003
VK Sachsen, Beschluss vom 17.12.2007 - 1/SVK/073-07
1. Das Verhandlungsverfahren hat, insbesondere ohne öffentliche Bekanntmachung, Ausnahmecharakter und darf nur in bestimmten, genau festgelegten Fällen zur Anwendung gelangen. Die entsprechenden Ausnahmen sind eng auszulegen. Die Mitgliedstaaten können weder Tatbestände für die Anwendung des Verhandlungsverfahrens schaffen, die in Richtlinie 2004/18/EG nicht vorgesehen sind, noch die ausdrücklich in diesen Richtlinien vorgesehenen Tatbestände um neue Bestimmungen ergänzen, die die Anwendung des genannten Verfahrens erleichtern.*)
2. § 3a Nr. 6 a VOB/A erachtet in Auslegung des Art. 30 Richtlinie 2004/18/EG das Verhandlungsverfahren als zulässig ohne Öffentliche Vergabebekanntmachung, wenn bei einem Offenen Verfahren oder Nichtoffenen Verfahren keine annehmbaren Angebote abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Verdingungsunterlagen nicht grundlegend geändert werden und in das Verhandlungsverfahren nur alle Bieter aus dem vorausgegangenen Verfahren einbezogen werden, die fachkundig, zuverlässig und leistungsfähig sind.*)
3. Beim Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Bekanntmachung sind die Grundsätze des § 97 GWB zu beachten. § 101 Abs. 4 GWB bestimmt, dass der Auftraggeber sich an ausgewählte Unternehmen wendet. Diese Auswahl steht zwar bei Durchführung des Verhandlungsverfahrens nach § 3a Nr. 6 b VOB/A im Ermessen des Auftragsgebers, jedoch ist diese Auswahlentscheidung ermessensfehlerfrei durchzuführen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Transparenz erfordert, dass der Auftraggeber sich nach nachvollziehbaren, diskriminierungsfreien Kriterien an verschiedene Unternehmen wendet. Die Entscheidung des Auftraggebers, wie viele und welche Bewerber er zur Angebotsabgabe auffordert, muss auf sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen beruhen. Sind solche Gründe nicht ersichtlich, insbesondere weder im Rahmen eines Vergabevermerks dokumentiert noch im Verfahren dargelegt, hat der Auftraggeber sein Auswahlermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt.*)
4. § 3a Nr. 6 b VOB/A dient dazu, von einer voraussichtlich mangels geeigneter Angebote erfolgslosen erneuten offenen Ausschreibung Abstand zu nehmen, um ohne öffentliche Bekanntmachung mögliche Bieter auszusuchen und auszuwählen. Dem öffentlichen Auftraggeber bleibt es unbenommen, im Wege der Vergabebekanntmachung den Auftrag erneut auszuschreiben. Demzufolge ist es gerade nicht die Intention der Ausnahmevorschrift des § 3a Nr. 6 b VOB/A einer besonderen Dringlichkeit der Auftragsvergabe Rechnung zu tragen. Für den Fall der besonderen Dringlichkeit der Auftragsvergabe ist eine andere Vorschriftsalternative, nämlich die des § 3a Nr. 6 d VOB/A einschlägig, die das Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Bekanntmachung an andere Voraussetzungen knüpft.*)
5. Auch im Verhandlungsverfahren können nur Angebote in der weiteren Wertung berücksichtigt werden, wenn diese im Zeitpunkt der Angebotsabgabe die Mindestanforderungen erfüllen. Auch das Verhandlungsverfahren unterliegt den wesentlichen Prinzipien des Vergaberechts, insbesondere dem Grundsatz des Wettbewerbs, der Gleichbehandlung aller Bieter und dem Transparenzgebot.*)
6. Auch im Verhandlungsverfahren dürfen Nachverhandlungen nicht dazu führen, dass einem im Sinne der Leistungsbeschreibung unzureichenden Angebot durch nachträgliche Ergänzung zur Annahmefähigkeit verholfen wird.*)
7. Der Ausschluss eines Angebots wegen unzulässiger Mischkalkulation setzt die Feststellung voraus, dass der betroffene Bieter in seinem Angebot Preisverlagerungen, d.h. in einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses Abpreisungen und an anderer Stelle kompensatorische Aufpreisungen mit dem Ergebnis vorgenommen hat, dass die in den jeweiligen Positionen angegebenen Preise von den ohne Berücksichtigung der Preisverschiebung tatsächlich geforderten Preisen abweichen.*)
VolltextOnline seit 2007
VPRRS 2007, 0456VK Brandenburg, Beschluss vom 31.07.2007 - VK 28/07
1. Von einem sachkundigen Bieter ist zu erwarten, dass er nach Eingang der Verdingungsunterlagen diese auf Verständlichkeit und Vollständigkeit prüft.
2. Vermeintliche Ungereimtheiten in der Leistungsbeschreibung, wozu hier die Zuschlagskriterien gehören, dürfen nicht einfach hingenommen werden. Ergeben sich aus den Verdingungsunterlagen Zweifelsfragen, muss der Bieter diese vor Abgabe seines Angebotes klären.
3. Die Rügeobliegenheit i.S.d. § 107 Abs. 3 S. 1 GWB entsteht nicht erst von dem Zeitpunkt an, in dem der Bieter Kenntnis von einem völlig zweifelsfreien und in jeder Beziehung nachweisbaren Vergabefehler erlangt; ausreichend ist vielmehr das Wissen um einen Sachverhalt, der aus subjektiver Sicht des Bieters den Schluss auf einen Vergaberechtsverstoß erlaubt, und der es bei vernünftiger Betrachtung als gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden.
VolltextVPRRS 2007, 0453
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08.11.2007 - VK 43/07
1. Der Antragsteller, der selbst ein ausschlussreifes Angebot abgegeben hat, kann Konkurrenzangebote, die ebenfalls an einem zwingenden Ausschlussgrund leiden, durch die Vergabekammer überprüfen lassen.*)
2. Fehlende Preisangaben führen zum zwingenden Angebotsausschluss.*)
3. In der IT-Branche ist wegen des stetigen technischen Wandels eine funktionale Betrachtung von geforderten Eignungsmerkmalen angezeigt.*)
VolltextVPRRS 2007, 0450
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.09.2007 - Verg 28/07
Hat ein Bieter die ausweislich der Verdingungsunterlagen geforderten Erklärungen zwar nicht an der dafür vorgesehenen Stelle, aber dennoch inhaltlich unmissverständlich und eindeutig abgegeben, scheidet ein Ausschluss wegen der Unvollständigkeit der in Rede stehenden Angaben aus.
VolltextVPRRS 2007, 0436
VK Saarland, Beschluss vom 20.08.2007 - 1 VK 1/2007
1. Von dem Kostengrundsatz des § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungskostengesetz, wo grundsätzlich den Antragsteller die Kostenlast trifft, da er durch Stellung des Nachprüfungsantrags das Verfahren in Gang gesetzt hat, ist hier eine Ausnahme zu machen. Eine differenzierende Beurteilung ist wegen der besonderen Fallkonstellation nach Auffassung der Kammer geboten: Die Antragstellerin ist durch das offensichtliche Fehlverhalten der Auftraggeberin und Antragsgegnerin zur Einreichung und Aufrechterhaltung des Vergabenachprüfungsantrags veranlasst worden.*)
2. Der Ermessensnichtgebrauch ist ein von der Vergabekammer überprüfbarer Beurteilungsfehler. Die Vergabestelle hat bei der Bewertung der Zuverlässigkeit eines Bieters im Vergabeverfahren (§ 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A) anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu entscheiden. Erforderlich ist eine umfassende Abwägung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte unter angemessener Berücksichtigung des Umfangs, der Intensität, des Ausmaßes und des Grads der Vorwerfbarkeit. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Bieters ist dabei stets die Frage zu stellen, inwieweit die zur Beurteilung von Bedeutung stehenden Gesichtspunkte geeignet sind, eine ordnungsgemäße und vertragsgerechte Erbringung gerade der ausgeschriebenen und vom Antragsteller angebotenen Leistung in Frage zu stellen. Lässt die Entscheidung der Auftraggeberin eine derart umfassende Ermittlung und vor allen Dingen Würdigung der ermittelten Gesichtspunkte vermissen, ohne die neuerlichen Entwicklungen im Zusammenhang mit der von der Antragstellerin durchgeführten Selbstreinigungsmaßnahmen zu berücksichtigen, hat sie vielmehr überhaupt keine aktuelle Zuverlässigkeitsprüfung bezogen auf die konkret anstehende Auftragsvergabe durchgeführt, so liegt ein Fall des Ermessensnichtgebrauchs vor; hier handelt es sich um einen von der Vergabekammer voll überprüfbaren Beurteilungsfehler.*)
3. Der Auftraggeber kann sich der aus diesem Ermessensfehler resultierenden Kostenlast auch nicht dadurch entziehen, dass er das Vergabeverfahren aufhebt und die Hauptsache für erledigt erklärt.*)
VolltextVPRRS 2007, 0446
VK Düsseldorf, Beschluss vom 31.10.2007 - VK-31/2007
1. In der Regelung in § 130a Abs. 9 SGB V kann nicht der Wille des Gesetzgebers erkannt werden, die spezifische Zuständigkeit der Nachprüfungsstellen nach § 104 GWB in einer Bereichsausnahme aufzuheben. Wäre dies gewollt, hätte der Gesetzgeber den Rechtsschutz nach dem SGG weiter ausgestalten müssen. Da dies nicht erfolgt ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber den Abschluss von Rabattvereinbarungen nach § 130a SGB V als reglementierte Vergabe angesehen hat und folglich kann auch die Rechtswegzuweisung nicht als vorrangig vor § 104 GWB gelten.*)
2. Die Verletzung der Vorschrift aus § 1 GWB ist vor den Kartellgerichten geltend zu machen. Die Vergabekammern haben es auch nicht als „Vorfrage“ zu prüfen, ob eine im Vergabeverfahren relevante Wettbewerbsbeschränkung für die Bieter (§ 97 Abs. 7 GWB) gerade in der Bildung einer Einkaufsgemeinschaft liegt. Dies würde ebenfalls auf eine kartellrechtliche Prüfung des Zusammenschlusses unter anderer Bezeichnung hinauslaufen, ohne die im Kartellverfahren notwendige Prüfungstiefe zu erreichen.*)
3. Zur Entscheidung über Vergabeverfahren der Allgemeinen Ortskrankenkassen sind die Vergabekammern der Länder, nicht die des Bundes, zuständig.*)
4. Der Abschluss von Rabattierungsverträgen ist als öffentlicher Auftrag anzusehen. Die Beschaffungskette im vergaberechtlichen Sinn wird durch die Einschaltung der Apotheken nicht unterbrochen, da es die Krankenkassen sind, die - rechtlich gesehen – die Medikamente bei der Stelle kaufen, die allein dazu berechtigt ist, jedoch in den hier zu beurteilenden Fällen die Preise nicht mit der Apotheke, sondern direkt mit den Herstellern aushandeln. Das vergaberechtlich relevante Marktgeschäft ist nicht das Umsatzgeschäft mit der Apotheke, sondern die kassenfinanzierte Abnahme eines Medikamentes eines bestimmten Herstellers.*)
5. Die Antragsgegnerinnen haben gegen das Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot aus § 97 Abs. 1 GWB verstoßen, indem sie das Kriterium der Produktbreite aufgestellt und gewertet haben, welches Daten beinhaltet, die für die Bieter sowohl vor Erstellung ihres Angebotes wie nach Auswertung nicht zugänglich gemacht wurden.*)
VolltextVPRRS 2007, 0435
OLG München, Beschluss vom 19.12.2007 - Verg 12/07
Zur Ausschreibung von preisgebundenen und preisungebundenen Schulbüchern.*)
VolltextVPRRS 2007, 0433
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.12.2007 - Verg 51/07
Vergaberecht gilt auch für Pharma-Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V.
VolltextVPRRS 2007, 0460
VK Bund, Beschluss vom 18.12.2007 - VK 3-139/07
1. Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen, die Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Diese Voraussetzungen treffen auf Rabattverträge insofern nicht zu, als der Rabattvertrag als solcher keine synallagmatische Austauschbeziehungen zwischen den beiden Vertragsparteien, also dem Auftraggeber auf der einen und den Herstellern der Festbetragsarzneimittel auf der anderen Seite begründet.
2. Gemäß § 3a Nr. 4 Abs. 1 VOL/A sind allerdings auch Rahmenvereinbarungen als öffentlicher Auftrag zu qualifizieren, obwohl sie selbst noch nicht den eigentlichen Austauschvertrag (hier: einen Kaufvertrag über Arzneimittel) beinhalten, sondern lediglich Bedingungen für Einzelverträge regeln, die zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen werden.
VolltextVPRRS 2007, 0432
OLG Koblenz, Beschluss vom 05.12.2007 - 1 Verg 7/07
1. Für das Verständnis der Leistungsbeschreibung ist auf den nach den Maßstäben der §§ 133, 157 BGB zu ermittelnden objektiven Empfängerhorizont eines verständigen und sachkundigen Bieters, der mit Beschaffungsleistungen der vorliegenden Art vertraut ist, abzustellen. Dabei kommt es in erster Linie auf den Wortlaut, daneben aber auch auf die konkreten Verhältnisse der Leistung an, wie sie in den Vergabeunterlagen ihren Ausdruck gefunden haben.*)
2. Die Zuschlagskriterien sind dann transparent, wenn sich aus den Verdingungsunterlagen ergibt, welche Kriterien mit welcher maximalen Gewichtung (Marge) für die Leistungsbewertung und welche Preisangaben für die Bildung des Gesamtpreises maßgeblich sein sollen, und wenn dort mitgeteilt ist, dass die Ermittlung des Leistungs-Preis-Verhältnisses nach der Einfachen Richtwertmethode (Quotient aus den erreichten Leistungspunkten und dem Preis in Euro) erfolgen soll.*)
3. Auch ein Bieter, dessen Angebot zu Recht ausgeschlossen werden kann oder dessen Angebot ausgeschlossen werden muss, kann in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein, wenn ein anderes Angebot trotz Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren nicht ausgeschlossen wird und den Zuschlag erhalten soll oder wenn sich der beabsichtigte Zuschlag aus einem anderen Grund verbietet. Der Bieter kann dann verlangen, dass auch die Auftragsvergabe an einen anderen Bieter unterbleibt, damit er die Chance erhält, nach Aufhebung des Verfahrens sich an einer neuen Ausschreibung mit einem wertungsfähigen Angebot zu beteiligen.*)
4. Entsprechendes dürfte auch dann gelten, wenn der Antragsteller eine Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in eine Lage erstrebt, die ihm die Abgabe eines neuen Angebots, mithin eine neue Chance eröffnet, wie es bei einer Änderung der Verdingungsunterlagen der Fall ist.*)
VolltextVPRRS 2007, 0431
VK Bund, Beschluss vom 12.09.2007 - VK 1-95/07
1. Auftraggeber dürfen einen vorbefassten Bieter nicht gemäß § 4 Abs. 5 VgV ausschließen, wenn der Wissensvorsprung dieses Bieters auf andere Weise ausgeglichen wird, z. B. dadurch, dass die Planungsunterlagen aus dem früheren Auftrag allen Bietern bekannt gemacht werden und eine längere Angebotsfrist eingeräumt wird.
2. Bloße Meinungsverschiedenheiten zwischen Auftraggeber und Unternehmer hinsichtlich der ordnungsgemäßen Erfüllung eines (früheren) Vertrags begründen nicht die Unzuverlässigkeit dieses Unternehmers, der sich später beim Auftraggeber um einen anderen Auftrag bewirbt.
VolltextVPRRS 2007, 0429
VK Bund, Beschluss vom 14.06.2007 - VK 1-50/07
1. Die Durchführung eines Losverfahrens zur Reduzierung der Bewerberzahl ist nur dann (ausnahmsweise) zulässig, wenn der öffentliche Auftraggeber unter den eingegangenen Bewerbungen eine rein objektive Auswahl nach qualitativen Kriterien unter gleich qualifizierten Bewerbern nicht mehr nachvollziehbar durchführen kann.
2. Allein der Umstand, dass alle Bewerber die in der Bekanntmachung genannten Nachweise und Erklärungen vollständig beigebracht haben, reicht nicht dafür aus, dass alle Bewerber gleichermaßen zur Auftragserteilung geeignet sind und dass deshalb unter ihnen mittels Losverfahren ausgewählt werden darf.
VolltextVPRRS 2007, 0428
EuGH, Urteil vom 13.12.2007 - Rs. C-337/06
1. Art. 1 Buchst. b Abs. 2 dritter Gedankenstrich erste Alternative der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge ist dahin auszulegen, dass eine überwiegende Finanzierung durch den Staat vorliegt, wenn öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden überwiegend durch eine Gebühr finanziert werden, die von denjenigen zu zahlen ist, die ein Rundfunkgerät bereithalten, und die nach Regeln auferlegt, berechnet und erhoben wird, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen.*)
2. Art. 1 Buchst. b Abs. 2 dritter Gedankenstrich erste Alternative der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG ist dahin auszulegen, dass im Fall der Finanzierung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden gemäß den im Rahmen der Prüfung der ersten Vorlagefrage dargestellten Modalitäten das Tatbestandsmerkmal der "Finanzierung durch den Staat" keine Eröffnung eines direkten Einflusses des Staates oder anderer öffentlicher Stellen bei der Vergabe eines Auftrags wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden durch solche Einrichtungen verlangt.*)
3. Art. 1 Buchst. a Ziff. iv der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG ist dahin auszulegen, dass nach dieser Bestimmung nur die öffentlichen Aufträge dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie entzogen sind, die die in dieser Vorschrift genannten Dienstleistungen betreffen.*)
VolltextVPRRS 2007, 0427
OLG Celle, Beschluss vom 13.12.2007 - 13 Verg 10/07
Ein öffentlicher Auftraggeber darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die von einem Bieter in den Angebotsunterlagen gemachten Angaben wahrheitsgemäß erfolgt sind. Lediglich dann, wenn ihm konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die zuverlässige Rückschlüsse darauf ermöglichen, dass bestimmte Erklärungen des Bieters nicht der Wahrheit entsprechen, ist er gehalten, von Amts wegen die Richtigkeit der entsprechenden Angaben näher zu überprüfen.*)
VolltextVPRRS 2007, 0426
VK Münster, Beschluss vom 21.11.2007 - VK 24/07
1. Werden mehrere Zuschlagskriterien angegeben, sind diese zu gewichten. Auch wenn die Verfahrensbeteiligten in einem Nachprüfungsverfahren übereinstimmend vortragen, sie hätten das zweite Zuschlagskriterium (Transportkosten) lediglich als Berechnungsparameter für das erste Zuschlagskriterium (Preis) verstanden, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Hat der öffentliche Auftraggeber sein Wahlrecht in § 9a VOL/A hinsichtlich der Zuschlagskriterien ausgeübt, so darf er von seinen Vorgaben nicht wieder abweichen. Er kann die Vorgaben gegebenenfalls konkretisieren, aber grundlegend ändern kann der öffentliche Auftraggeber diese Angaben wegen der Beachtung der Wettbewerbsgrundsätze nicht mehr.*)
2. Die Gewichtung von Zuschlagskriterien ist grundsätzlich wertungsrelevant. Alle wertungsrelevanten Umstände sind regelmäßig geeignet, den Inhalt von Angeboten zu beeinflussen.*)
3. Zum Umfang der Prüfungs- und Entscheidungskompetenz der Vergabekammer aus §§ 114 Abs. 1 und 110 Abs. 1 GWB.*)
VolltextVPRRS 2007, 0425
VK Münster, Beschluss vom 31.10.2007 - VK 23/07
1. Werden mehrere Zuschlagskriterien angegeben, sind diese zu gewichten. Die Gewichtung von Zuschlagskriterien ist grundsätzlich wertungsrelevant. Alle wertungsrelevanten Umstände sind regelmäßig geeignet, den Inhalt von Angeboten zu beeinflussen.*)
2. Auch dann, wenn weder der Antragsteller noch die Vergabestelle, Interesse an der Aufarbeitung dieses Vergaberechtsverstoßes haben, ist dieser von Amts wegen gemäß § 110 Abs. 1 GWB zu berücksichtigen.*)
3. Zur Frage der Anwendung des § 107 GO NRW n.F. im Rahmen einer konkreten Ausschreibung.*)
VolltextVPRRS 2007, 0424
VK Münster, Beschluss vom 31.10.2007 - VK 22/07
1. Rechtsverbindliche Erklärungen des Bieters in Begleitschreiben zum Angebot sind Bestandteil des Angebots.*)
2. Die im Begleitschreiben geäußerten rechtsverbindlichen Erklärungen müssen mit dem Inhalt des Angebots übereinstimmen, ansonsten sind die Angaben des Bieters widersprüchlich. Auf widersprüchliche Angebote kann kein Zuschlag erteilt werden.*)
3. Zur Frage der Anwendung des § 107 GO NRW n.F. im Rahmen einer konkreten Ausschreibung.*)
VolltextVPRRS 2007, 0423
BGH, Urteil vom 18.09.2007 - X ZR 89/04
Werden in den Ausschreibungsunterlagen Erklärungen zu den Leistungen, die der Bieter durch Nachunternehmer erbringen lassen will, gefordert, so ist ein Angebot, das diese Erklärungen nicht enthält, von der Wertung der Angebote nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A auszuschließen.*)
VolltextVPRRS 2007, 0459
VK Bund, Beschluss vom 09.01.2007 - VK 2-152/06
Das Fehlen geforderter Preisangaben führt zwingend zum Angebotsausschluss.
VolltextVPRRS 2007, 0458
VK Bund, Beschluss vom 27.03.2007 - VK 2-18/07
1. Die Vergabeunterlagen müssen nach ihrer Bekanntgabe grundsätzlich unverändert bleiben.
2. Eine Ausnahme gilt für Korrekturen von Fehlern oder Ungenauigkeiten wie etwa die Berichtigung missverständlicher Formulierungen, die Ausfüllung von Lücken in der Darstellung oder die Präzisierung von Angaben.
3. Zudem sind aber Änderungen und Ergänzungen geringen Umfangs als vergaberechtskonform zu erachten, sofern diese die Grundlagen des Wettbewerbs und der Preisbildung nicht grundlegend verändern und den Entschluss der Bieter zur Beteiligung oder zur Nichtbeteiligung am Wettbewerb nicht berühren.
VolltextVPRRS 2007, 0415
VK Südbayern, Beschluss vom 29.05.2006 - Z3-3-3194-1-09-04/06
Im Sinne der Gewährung effektiven Rechtsschutzes sind an die Rüge nur geringe Anforderungen zu stellen. Es ist deshalb nicht erforderlich, dass der Bieter explizit das Wort "Rüge" verwendet. Weiter müssen für eine Rüge nicht exakt einzelne Normen der VOL oder des GWB genannt werden, die der Bieter als verletzt ansieht. Für eine Rüge im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB ist jedoch unabdingbar, dass der Bieter der Vergabestelle gegenüber unmissverständlich deutlich macht, dass ihr hiermit die letzte Chance gegeben wird, den vorgetragenen Verstoß gegen Vergaberecht zu korrigieren, bevor der Bieter den Rechtsweg zur Vergabekammer beschreitet. Dieses Erfordernis folgt unmittelbar aus dem Sinn und Zweck der Rügepflicht. Zweck der Rügepflicht ist es demnach, der Vergabestelle Anlass und Gelegenheit zu geben, einen Verstoß gegen Vergabevorschriften nach nochmaliger Überprüfung ihrer Entscheidungen im Vergabeverfahren zu erkennen und ihn zu korrigieren, ohne dass es des regelmäßig mit erheblichen Verzögerungen verbundenen Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer bedarf. Dementsprechend muss die Rüge hinreichend deutlich erkennen lassen, dass ein bestimmtes – vom Bieter näher zu bezeichnendes – Verhalten als vergaberechtswidrig getadelt und Abhilfe erwartet wird.*)
VolltextVPRRS 2007, 0412
OLG München, Beschluss vom 29.11.2007 - Verg 13/07
Bei einer Ausschreibung von förmlichen Zustellungsaufträgen verstößt ein Angebot, welches ein handelsübliches Skonto bei fristgerechter Zahlung einräumt, nicht gegen die dem Bieter von der Bundesnetzagentur erteilte Entgeltgenehmigung.*)
VolltextVPRRS 2007, 0410
LG Berlin, Urteil vom 19.10.2007 - 13 O 479/07
1. Das Vergaberecht ist in Fällen, in denen der öffentliche Auftraggeber als Anbieter von Leistungen auftritt, nicht anwendbar.
2. Die bloße Überlassung einer Nutzung, z. B. in Form einer Vermietung von Flächen, ist als solches Anbieten einer Leistung anzusehen.
3. Auch wenn der öffentliche Auftraggeber ausdrücklich darauf hinweist, dass die Ausschreibung nicht dem Vergaberecht unterliegt, bedeutet das nicht, dass die Ausschreibung keinerlei Pflichten begründet. Für den Ausschreibenden ist ersichtlich, dass die sich an der Ausschreibung beteiligenden Bewerber keine unerheblichen Aufwendungen haben, um die Bewerbungsunterlagen einzureichen; diesen Aufwand betreiben die Bewerber in dem schutzwürdigen Vertrauen darauf, dass der Mieter entsprechend den in der Ausschreibung genannten Kriterien ausgewählt wird.
4. Zu der Frage, welche Kriterien sachgerecht herangezogen werden können, um eine Auswahlentscheidung für die Vermietung einer Fläche zu treffen.
VolltextVPRRS 2007, 0408
OLG Koblenz, Beschluss vom 07.11.2007 - 1 Verg 6/07
1. Zu den Vergaberechtsverstößen, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sein können, gehören auch inhaltliche Mängel der Bekanntmachung selbst.*)
2. Ein Vergaberechtsverstoß, der sich durch bloßes Lesen der einschlägigen Normen und einen Vergleich mit dem Bekanntmachungstext ohne weiteres feststellen lässt, ist für jeden erkennbar, der über die intellektuellen Fähigkeiten verfügt, die notwendig sind, um ein Angebot zu erstellen oder gar ein Unternehmen zu leiten.*)
3. Die Rügepräklusion hat nicht nur die verfahrensrechtliche Konsequenz, dass ein auf den nicht gerügten Vergaberechtsverstoß gestützter Nachprüfungsantrag (insoweit) unzulässig ist. Die verfahrensrechtliche Unanfechtbarkeit hat vielmehr auch zur Folge, dass das vergaberechtswidrige Verhalten der Vergabestelle - hier die Verlagerung der Bekanntgabe der geforderten Eignungsnachweise von der Bekanntmachung in die Verdingungsunterlagen - im Verhältnis zu einem Bieter, der seiner Rügeobliegenheit nicht nachgekommen ist, als vergaberechtskonform fingiert wird.*)
4. Wird die Angebotssumme derart ermittelt, dass das Entgelt für die ausgeschriebene Abfallentsorgungsleistung mit den zwar zunächst dem Auftragnehmer zufließenden, aber dem Auftraggeber zustehenden Erlösen aus der Abfallverwertung verrechnet wird, ist der Berechnung des Gegenstandswerts der Betrag zugrundezulegen, den der Antragsteller für seine Leistung gefordert hat.*)
VolltextVPRRS 2007, 0403
VK Düsseldorf, Beschluss vom 24.08.2007 - VK-24/2007-L
1. Die Vergabe eines öffentlichen Auftrags ist auch dann anzunehmen, wenn der Empfänger der Leistung nicht die Vergabestelle selbst, sondern eine von ihr und einem privaten Partner noch zu gründende Handelsgesellschaft ist, wenn eine nochmalige Ansprache des Marktes auf jeden Fall nicht mehr erfolgen wird. Damit ist der Antragsgegner nach materiellem Verständnis auch Auftraggeber im vergaberechtlichen Sinn und es kann dahinstehen, ob der künftige Bezieher der Leistung, die zu gründende gemeinsame Gesellschaft, seinerseits als öffentlicher Auftraggeber anzusehen ist.*)
2. Bei privilegierten wirtschaftlichen Betätigungen ist es der Kommune ohne Rücksicht auf vorhandene private Anbieter gestattet, diese Tätigkeiten aufzunehmen. Weitere Einschränkungen aus § 107 Abs. 3 Satz 1 GO NRW sind nicht ersichtlich sind. Insbesondere wenn private Anbieter praktisch nicht vorhanden sind, sind keine Gründe erkennbar, bezüglich des öffentlichen Zwecks höhere Anforderungen zu stellen als bei den als "nichtwirtschaftlich" geltenden Betätigungen.*)
3. Eine vergaberechtswidrige Begünstigung eines Bieters durch die von der Vergabestelle gesetzten Bedingungen und Anforderungen ist durch Veränderung dieser Bedingungen und Anforderungen aufzuheben. Der begünstigte Bieter selbst muss jedoch nicht die Folgen der Handlung der Vergabestelle tragen, indem etwa sein Angebot nicht zugelassen würde. Allenfalls, wenn dieser Bieter die ihn vergaberechtswidrig begünstigenden Wettbewerbsbedingungen durch verbotene Einflussnahme (Bestechung, Täuschung) auf die Vergabestelle herbeigeführt hätte, wäre seine Wettbewerbsteilnahme im Hinblick auf seine mangelnde Zuverlässigkeit zu unterbinden.*)
4. Nebenangebote dürfen keinen eigenen, abweichenden Wertungskriterien unterworfen werden.*)
5. Im Verhandlungsverfahren muss ein verhandelter Leistungsgegenstand nicht gleichwertig zu dem Leistungsgegenstand sein, von dem die Vergabestelle zunächst ausgegangen ist. Die Unterscheidung von Haupt- und Nebenangeboten und das Aufstellen von Anforderungen kann im Verhandlungsverfahren damit nicht genau dem entsprechen, was im Offenen und Beschränkt Offenen Verfahren gilt, es sei denn, die Vergabestelle würde zu einem bestimmten Zeitpunkt eines Verhandlungsverfahrens in ein Offenes Verfahren übergehen und den Bietern inhaltlich genau gleiche Angebote abverlangen, wovon nur in Form von Nebenangeboten - also gleichwertig! - abgewichen werden dürfte.*)
6. Weitere Beanstandungen im Nachprüfungsverfahren müssen weder aufgrund der Vorschrift aus § 107 GWB noch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben heraus gesondert gerügt werden. Eine schriftsätzliche Geltendmachung während des Nachprüfungsverfahrens ist ausreichend.*)
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