Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
4933 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2007
VPRRS 2007, 0196VK Brandenburg, Beschluss vom 29.05.2006 - 2 VK 16/06
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2007, 0195
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 07.06.2007 - Rs. C-241/06
Hat ein Bieter eine Verfahrenswahl, mit der die Ausschreibung eines öffentlichen Auftrags fälschlicherweise außerhalb des gemeinschaftsrechtlichen Schutzbereichs angesiedelt wurde, nicht innerhalb der vom nationalen Recht gesetzten Frist beanstandet, steht die Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG nicht dem entgegen, dass ihm das in dieser Richtlinie vorgesehene Recht auf Nachprüfung weiterer Entscheidungen im Vergabeverfahren abgeschnitten wird, sofern die Anwendung der Frist die Beanstandung der Verfahrenswahl unter den gegebenen Umständen nicht praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert. Dies wäre der Fall, wenn für einen durchschnittlich fachkundigen und im Rahmen des Üblichen sorgfältigen Bieter die Angaben in der Ausschreibungsbekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen nicht ausreichen würden, um zu erkennen, dass das falsche Verfahren angewandt wurde. Es ist Sache des nationalen Gerichts, dies im Einzelfall zu prüfen.*)
VolltextVPRRS 2007, 0194
OLG Celle, Beschluss vom 07.06.2007 - 13 Verg 5/07
1. Lässt sich nicht klären, ob die tatsächlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, einen Bieter auszuschließen, geht diese Nichterweislichkeit jedenfalls dann nicht zu Lasten des Bieters, wenn sie im Verantwortungsbereich der Vergabestelle liegt.*)
2. Zur Auslegung eines schriftlichen Vertragsangebots im Verhandlungsverfahren.*)
3. Wer in der abschließenden Entscheidung unterliegt, hat die Kosten eines Eilverfahrens (hier: § 118 Abs. 1 S. 3 GWB) dann nicht zu tragen, wenn der Eilantrag aus Gründen erfolglos geblieben ist, die ihm nicht zuzurechnen sind (z. B. Antragsrücknahme, unzulässiger Antrag).*)
VPRRS 2007, 0191
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.03.2007 - 1 VK 13/07
1. Nach § 1 VgV entspricht der Schwellenwert dem geschätzten Auftragswert ohne Umsatzsteuer. Maßgebend ist bei der Aufteilung eines Auftrags in Lose grundsätzlich nicht der Wert des Loses, das zu erhalten ein antragstellender Bieter anstrebt, sondern der Auftragswert des gesamten zur Ausschreibung anstehenden Auftrags.
2. Nach wirksam erteiltem Zuschlag können Vergabefehler nicht mehr geltend gemacht werden. Dies folgt aus § 114 Abs. 2 GWB. Ein dennoch gestellter Nachprüfungsantrag ist nach allgemeiner Ansicht unzulässig.
VolltextVPRRS 2007, 0185
OLG München, Beschluss vom 11.05.2007 - Verg 4/07
1. In einem Rügeschreiben kann die konkludente Verlängerung der Bindefrist liegen.*)
2. Der Senat lässt offen, ob § 25 Nr. 2 Abs. 2 und Abs. 3 VOL/A eine bieterschützende Funktion beizumessen ist.*)
VolltextVPRRS 2007, 0180
OLG Hamburg, Beschluss vom 25.01.2007 - 1 Verg 5/06
1. Eine zu 100% von einer Kommune (über eine Holdinggesellschaft) getragene Messegesellschaft ist jedenfalls dann öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB, wenn sie das wirtschaftliche Risiko ihrer Tätigkeit wegen einer Gewinnabführungs- und Verlustausgleichsvereinbarung nicht selbst trägt.
2. Eine sog. de-facto-Vergabe ist nach § 13 Satz 6 VgV analog nichtig, wenn es der Auftraggeber unterlassen hat, ein Unternehmen, dessen Interesse am Auftrag er kannte, über den bevorstehenden Vertragsschluss zu informieren.
VolltextVPRRS 2007, 0179
VK Lüneburg, Beschluss vom 23.02.2007 - VgK-06/2007
1. Ein zwingender Angebotsausschluss und eine damit verbundene Ermessensreduzierung auf Null ist in VOL-Verfahren nur dann gegeben, wenn der Auftraggeber die Folge eines zwangsläufigen Ausschlusses bei Nichterbringung der geforderten Nachweise für die Bieter unmissverständlich in den Verdingungsunterlagen zum Ausdruck gebracht hat. Andernfalls ist der Auftraggeber gehalten, fehlende Nachweise im Rahmen von Aufklärungsverhandlungen nach § 24 VOL/A nachzufordern.
2. Kann der Bieter die versäumten Angaben und Erklärungen in seinem Angebot faktisch nicht mehr nachholen, kann das dem Auftraggeber durch § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A eingeräumte Ermessen nur dahingehend vergaberechtskonform ausgeübt werden, dass das Angebot des Bieters wegen Unvollständigkeit ausgeschlossen wird.
3. Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 d VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A sind Angebote, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen worden sind, von der Angebotswertung zwingend auszuschließen. Eine Änderung der Verdingungsunterlagen liegt nicht nur dann vor, wenn der Bieter die Verdingungsunterlagen physisch (etwa durch Streichen oder Überstreichen etc.) verändert. Darüber hinaus liegt dann eine unzulässige Änderung vor, wenn der Bieter bei einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses etwas anderes anbietet als in der Ausschreibung verlangt war (hier: 60 l anstatt 40 l Behälter).
4. Wird anstelle des geforderten Vario-Systems (120-Liter-Korpus mit Einsatz) lediglich ein 120-Liter-Korpus mit fester, nicht revidierbarer Volumenreduzierung angeboten, stellt dies ebenfalls eine Abweichung von den Festlegungen der Verdingungsunterlagen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 d VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A dar.
5. Zu der Frage, wann eine Bietergemeinschaft wegen unzulässiger wettbewerbsbeschränkender Abrede auszuschließen ist.
VolltextVPRRS 2007, 0175
VK Hessen, Beschluss vom 04.12.2006 - 69d-VK-58/2006
1. Die Aufhebung einer Ausschreibung und die Neuausschreibung desselben Gegenstandes können mit einem Nachprüfungsantrag angegriffen werden, wenn in Bezug auf beide Gegenstände der Überprüfung die Voraussetzungen des § 108 GWB erfüllt sind.*)
2. Einem gegen die Aufhebung einer Ausschreibung gerichteten Nachprüfungsantrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn ein gegen die Neuausschreibung desselben Gegenstandes gerichteter Nachprüfungsantrag endgültig unzulässig ist oder wäre.*)
3. Gemäß § 107 Abs. 3 GWB müssen nur solche Sachverhalte gerügt werden, bei denen die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB nicht von vornherein ausgeschlossen ist.*)
4. Schreibt die Vergabestelle nach der Aufhebung einer vorangegangenen Ausschreibung denselben Gegenstand erneut aus, besteht eine Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 GWB erst, wenn der Bieter einen Nachprüfungsantrag gegen die Aufhebung der vorangegangenen Ausschreibung gestellt hat.*)
5. Nachunternehmer bei Bauaufträgen ist nur, wer dem Auftraggeber das Werk anstelle des Bieters verschafft (§ 633 BGB). Dies setzt wegen § 946 BGB in der Regel eine Tätigkeit des Nachunternehmers vor Ort, d.h. auf der Baustelle voraus.*)
VolltextVPRRS 2007, 0174
OLG Celle, Beschluss vom 24.05.2007 - 13 Verg 4/07
Es verstößt gegen den Wettbewerbsgrundsatz des § 97 Abs. 1 GWB, wenn in einer Ausschreibung die an und für sich mögliche losweise Vergabe mehrerer Leistungen ausgeschlossen wird, von denen ein Teil nur von einem Bieter erbracht werden kann.*)
VolltextVPRRS 2007, 0173
VK Bund, Beschluss vom 09.05.2007 - VK 1-26/07
1. Gesetzliche Krankenkassen sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB.
2. Eine "überwiegende Finanzierung" im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB liegt auch dann vor, wenn der Staat die Finanzierung in Form von Beiträgen der Bürger und der Arbeitgeber kraft Gesetzes garantiert. § 98 Nr. 2 GWB setzt keine direkten Zuwendungen des Staates voraus.
3. Der 4. Teil des GWB wird nicht durch § 69 SGB V verdrängt.
VolltextVPRRS 2007, 0172
VK Hamburg, Beschluss vom 22.03.2007 - VK BSU-1/07
1. Es ist keine Frage der Zulässigkeit bzw. der Antragsbefugnis, ob das eigene Angebot wegen fehlender Nachweise auszuschließen ist. Der Zugang zum Nachprüfverfahren vor den Vergabekammern wird dadurch nicht verwehrt. Die Frage des Ausschlusses ist eine Thematik, die in der Begründetheit zu behandeln ist.
2. Eine Aufhebung der Ausschreibung kann dann die richtige Entscheidung sein, wenn das Vergabeverfahren von Beginn an durch Vergaberechtsverstöße geprägt ist oder eine vergaberechtskonforme Wertung der vorliegenden Angebote und ein entsprechender Zuschlag auf der Grundlage der vorliegenden Ausschreibung nicht möglich ist. Eine Aufhebung kann auch dann die zutreffende Entscheidung sein, wenn die Preisermittlungsgrundlagen in den Verdingungsunterlagen unklar waren.
3. Es handelt sich um einen gleichartigen Mangel, wenn die Vergabestelle ausdrücklich auf den Ausschluss bei Nichtbeibringung eines geforderten Nachweises hinweist und hinsichtlich der Rechtsfolge nicht zwischen der Art des Nachweises differenziert.
4. Leiden alle Angebote im Wettbewerb unter einem solchen gleichartigen Mangel, ist eine Rechtsverletzung des Antragstellers im Nachprüfungsverfahren zu bejahen, wenn der Zuschlag dennoch erteilt werden soll.
VolltextVPRRS 2007, 0171
VK Düsseldorf, Beschluss vom 19.03.2007 - VK-3/2007-B
1. Bieter haben kein subjektives Recht auf Ausschluss eines Unterkostenangebotes.
2. Bieter haben jedoch ein subjektives Recht darauf, dass der Auftraggeber im Rahmen einer vollständigen Wertung ein Niedrigpreisangebot dahingehend überprüft, ob eine wirtschaftliche und ordnungsgemäße Ausführung gewährleistet ist.
3. Erläutert ein Bieter auf Nachfrage der Vergabestelle die Auskömmlichkeit seines Angebotspreises nicht oder nicht ausreichend, ist dessen Angebot vom weiteren Verfahren auszuschließen.
VolltextVPRRS 2007, 0170
VK Bund, Beschluss vom 26.02.2007 - VK 2-9/07
1. Der Antragsbefugnis der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren steht der Ablauf der Bindefrist nicht entgegen.
2. Das Betreiben des Nachprüfungsverfahrens ist als stillschweigende Verlängerung der Bindefrist bis zum Ende des Nachprüfungsverfahrens zu werten.
3. Die Bindefrist kann nachträglich durch eine Abrede zwischen dem Bieter und dem Auftraggeber verlängert werden.
4. Die Wertung eines zu 68% pauschalierten Angebots stellt keine unzulässige grundlegende Änderung der Verdingungsunterlagen im Verhandlungsverfahren dar, sofern es den Bietern unbenommen bleibt, mit ihren Angeboten hinsichtlich der Vergütungsart am Einheitspreismodell festzuhalten.
VolltextVPRRS 2007, 0169
OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.01.2007 - 11 Verg 11/06
Ein Bieter ist als Mitglied einer Bietergemeinschaft im Rahmen gewillkürter Verfahrensstandschaft rüge- und antragsbefugt, sofern er seitens der Mitglieder der Bietergemeinschaft ermächtigt worden ist, das Nachprüfungsverfahren zu betreiben und ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Durchführung des Verfahrens besteht.
VolltextVPRRS 2007, 0168
VK Lüneburg, Beschluss vom 26.04.2007 - VgK-16/2007
Eine Antragsbefugnis scheidet nach der obergerichtlichen Rechtsprechung dann aus, wenn das Angebot des Antragstellers aus vergaberechtlichen Gründen zwingend ausgeschlossen werden muss und den Zuschlag nicht erhalten darf, so dass dem betroffenen Bieter kein Schaden entstehen oder drohen kann.
VolltextVPRRS 2007, 0165
VK Lüneburg, Beschluss vom 17.04.2007 - VgK-11/2007
Wird in der Aufforderung zur Angebotsabgabe auch die Beifügung eines Baustelleneinrichtungsplans verlangt, so ist ein Angebot, welchem ein solcher Plan nicht beigelegt ist, zwingend auszuschließen.
VolltextVPRRS 2007, 0447
VK Bund, Urteil vom 19.03.2007 - VK 3-16/07
Wenn ein Bieter seine Eignung nicht so wie vom Auftraggeber gefordert nachweist, darf sein Angebot gemäß nicht berücksichtigt werden. Dem Auftraggeber steht insoweit kein Ermessen zu.
VolltextVPRRS 2007, 0159
VK Sachsen, Beschluss vom 14.03.2007 - 1/SVK/006-07
1. Die Teilaufhebung einer Ausschreibung, bezogen auf eines von mehreren Losen, muss als milderes Mittel im Vergleich zur Gesamtaufhebung zulässig sein, wenn beispielsweise für nur ein Los keine annehmbaren Angebote abgegeben wurden.*)
2. Eine in der Vergabebekanntmachung und den Verdingungsunterlagen vorgegebene Loslimitierung, dass die Abgabe von Angeboten für mehr als ein Los zum zwingenden Ausschluss führt, ist vergaberechtskonform, wenn die Vergabestelle sachgerechte Gründe hierfür hat. Eine Loslimitierung hat den Zweck, der Konzentration der Vergabe eines in Lose aufgeteilten Auftrags auf einen oder auf sehr wenige Bieter vorzubeugen.*)
VolltextVPRRS 2007, 0158
OLG Jena, Beschluss vom 26.03.2007 - 9 Verg 2/07
1. Hat der Antragsteller durch eine verfahrenskonforme Rüge i.S.d. § 107 Abs. 3 GWB ein Nachprüfungsverfahren in Gang gebracht, darf er sein anfängliches Rügevorbringen durch eine - ihrerseits den Anforderungen des § 107 Abs. 3 GWB unterliegende - Rüge eines erst im Laufe des Nachprüfungsverfahrens zutage getretenen anderen Vergaberechtsverstoßes ersetzen.*)
2. Die Gewichtung der für die Zuschlagserteilung maßgebenden Kriterien und Unterkriterien, einschließlich der Ausgestaltung der Wertungsmatrix, ist zwingend vor Ablauf der Angebotsabgabefrist bekannt zu geben, sofern ihre Kenntnis die Angebotsgestaltung der Bieter beeinflussen kann.*)
3. Der Auftraggeber darf die Wertungsmatrix nicht erst nach Submission festlegen, wenn - wie in aller Regel - die abstrakte Gefahr nicht ausgeschlossen werden kann, dass er sie in Kenntnis der Angebotsinhalte zum Vorteil oder Nachteil eines einzelnen Bieters ausgestaltet.*)
4. Es kann im Ergebnis offen bleiben, ob der Auftraggeber den Zeitpunkt der Bestimmung der Wertungsmatrix aus dringenden Gründen des Einzelfalls über die Öffnung der Angebote hinaus verschieben darf. Ein solches Vorgehen bedürfte jedenfalls, um jeglicher Wettbewerbsverzerrung vorzubeugen, schon vorab einer besonders sorgfältigen Prüfung und Darlegung der Gründe, die in der Vergabeakte entsprechend zu dokumentieren wären.*)
VolltextVPRRS 2007, 0157
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.02.2007 - 17 Verg 7/06
1. Eine Vorabinformationspflicht gemäß § 13 Satz 1 VgV besteht, wenn ein Beschaffungsvorgang zu einer Beteiligung mehrerer Unternehmen und zu verschiedenen Angeboten sowie schließlich zu einer Auswahl durch den öffentlichen Auftraggeber geführt hat (Anschluss an BGH, Beschluss vom 01.02.2005 - ).*)
2. Ein Marktteilnehmer ist danach aber nicht allein deshalb als "Bieter" vorab von einer geplanten Vergabe zu informieren, weil er vor Bestehen eines konkreten Beschaffungsbedarfs sein generelles Interesse an möglichen Aufträgen bekundet hat oder deshalb, weil der öffentliche Auftraggeber - in Kenntnis des bestehenden Marktangebots - vor einer Entscheidung für ein Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Aufforderung zur Abgabe von Angeboten gemäß § 3 a Nr. 2 c VOL/A auch das Produkt jenes Marktteilnehmers auf seine Eignung überprüft hat.*)
VolltextVPRRS 2007, 0156
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.02.2007 - 17 Verg 5/06
Auch wenn ein Bieter mit seinem Angebot selbst auszuschließen ist, kann er einen Nachprüfungsantrag auf die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes stützen, wenn auch hinsichtlich des weiteren allein noch in der Wertung verbliebenen Angebots ein zwingender Ausschlussgrund besteht. Eine Gleichartigkeit des Ausschlussgrundes (Mangelidentität) ist nicht erforderlich (Anschluss an BGH, B. v. 26.09.2006 - X ZB 14/06, NZBau 2006, 800).*)
VolltextVPRRS 2007, 0154
OLG Schleswig, Beschluss vom 08.05.2007 - 1 Verg 2/07
1. Indem die Beschwerdeführerin sowohl im Nachprüfungs- wie auch im Beschwerdeverfahren ausdrücklich beantragt, den Zuschlag auf ihr Angebot zu erteilen, erklärt sie konkludent, ihr Angebot weiterhin als bindend zu betrachten. Die Bindefrist ist damit der Sache nach eindeutig für die Dauer des Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahrens verlängert.
2. Zur Frage der Vollständigkeit des Angebots und der Leistungsfähigkeit des Bieters.
3. Die (personelle) Leistungsfähigkeit darf auch im Hinblick auf noch zusätzlich einzustellendes Personal bejaht werden; entscheidend ist danach, ob bei Auftragsdurchführung die erforderliche Anzahl qualifizierter Mitarbeiter zur Verfügung steht.
VolltextVPRRS 2007, 0152
VK Nordbayern, Beschluss vom 12.04.2007 - 21.VK-3194-16/07
1. Ein Angebot, das den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses nicht entspricht, ist zwingend auszuschließen. Zwar ist dieser Ausschlussgrund nicht ausdrücklich in der VOL/A genannt, doch können die sich nicht deckenden Willenserklärungen nicht zu dem beabsichtigten Vertragsschluss führen.*)
2. Hinsichtlich einer von einem Bieter abgegebenen Erklärung ist im Ergebnis nicht dessen empirischer Wille entscheidend, sondern der - gegebenenfalls durch Auslegung zu ermittelnde - objektive Erklärungswert. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf das Gebot der Auftragsvergabe im Rahmen eines transparenten Wettbewerbs und der Gleichbehandlung aller Bieter.*)
3. Angebote mit mehrdeutigen Angaben, mit unklärbaren Mehrdeutigkeiten und Widersprüchen führen zum Angebotsausschluss.*)
VolltextVPRRS 2007, 0149
OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.03.2007 - 11 Verg 15/06
1. Zur Abgrenzung zwischen Rügeschreiben und einer bloßen Bitte um Klarstellungen zur Leistungsbeschreibung.*)
2. Eine Rüge im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB liegt nur vor, wenn die Vergabestelle erkennen kann, dass der Bieter Abhilfe verlangt.
3. Beantwortet die Vergabestelle die schriftlichen Fragen eines Bieters, liegt keine Rüge im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB vor, wenn die Vergabestelle dem Schreiben entnehmen durfte, dass der Bieter die Beantwortung der Fragen als Abhilfe akzeptieren werde.
VolltextVPRRS 2007, 0140
VK Sachsen, Beschluss vom 22.02.2007 - 1/SVK/110-06-I
1. Ein gleichwertiger Mangel liegt vor, wenn die Angebote der Bieter auf der gleichen Wertungsstufe auszuschließen sind.
2. § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A stellt den Ausschluss eines unvollständigen Angebots in das Ermessen der Vergabestelle. Fordert sie die Vorlage von wettbewerbserheblichen Unterlagen mit der Angebotsabgabe, reduziert sich das Ermessen auf Null.
VolltextVPRRS 2007, 0444
VK Bund, Beschluss vom 13.02.2007 - VK 1-160/06
Die Vorgabe, dass für Angebote, die den Leistungsinhalt Frankierung und Zustellung betreffen, eine Zustellung in die neun bevölkerungsreichsten Bundesländer nur als Eigenleistung erbracht werden darf und für das übrige Bundesgebiet zwingend die Einbindung der Deutschen Post AG gefordert wird, ist vergaberechtswidrig.
VolltextVPRRS 2007, 0137
VK Münster, Beschluss vom 30.03.2007 - VK 4/07
1. Die Angabe der absteigenden Reihenfolge bei den Auftragskriterien ersetzt nicht die Gewichtung im Sinne von § 16 Abs. 2 S. 2 VOF.*)
2. Der öffentliche Auftraggeber hat gemäß § 16 Abs. 2 VOF entweder die Gewichtung der Auftragskriterien oder - falls er sich für die absteigende Reihenfolge entscheidet - die nachvollziehbaren Gründe für diese Entscheidung den Bietern bekanntzugeben. Allein die schriftliche Dokumentation im Vergabevorgang reicht nicht.*)
3. Die Bekanntgabe der nachvollziehbaren Gründe ist aufgrund des Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatzes erforderlich, damit die Bieter sich bei der Fertigung ihrer Angebote bzw. bei der Vorbereitung auf das Verhandlungsgespräch darauf einstellen können.*)
4. Für den Zeitpunkt der Bekanntgabe der nachvollziehbaren Gründe hat der öffentliche Auftraggeber - ebenso wie für die Bekanntgabe der Auftragskriterien und deren Gewichtung - die Wahl nach § 16 Abs. 2 S. 1 VOF.*)
5. Unabhängig davon, ob die nachvollziehbaren Gründe den Bietern mitzuteilen sind oder nicht, haben die Vergabestellen diese Gründe im Vergabevorgang zu dokumentieren.*)
6. Wird der öffentliche Auftraggeber in einem Vergabeverfahren nach § 5 VOF zu einer Wiederholung der zweiten Wertungsstufe verpflichtet, so sind alle Prüfschritte auf der beanstandeten Wertungsstufe ordnungsgemäß zu wiederholen. Eine Vermengung mit Teilwertungsabschnitten aus der aufgehobenen Wertungsentscheidung darf nicht erfolgen. Bereits von den Bietern vorgelegte Honorarangebote sind deshalb nicht wertbar, sondern müssen neu angefordert werden.*)
VolltextVPRRS 2007, 0136
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.03.2007 - VK-SH 4/07
1. Die Geltendmachung einer - für sich genommen möglicherweise zutreffenden - Vergaberechtsverletzung, die lediglich die Rechtsposition eines Dritten zu verbessern geeignet ist, stellt eine Form unzulässiger - materiell-rechtlicher - Rechtsausübung dar, die einen Nachprüfungsantrag jedenfalls an der mangelnden Begründetheit scheitern lässt.*)
2. Eine Auslegungsbedürftigkeit als Voraussetzung für eine Auslegung i.S.d. §§ 133, 157 BGB besteht dann nicht, wenn die Willenserklärung schon nach Wortlaut und Zweck einem eindeutigen Inhalt hat und für eine Auslegung daher kein Raum ist.*)
3. Die Feststellung der Eignung verlangt eine Wertungsentscheidung des Auftraggebers, die dieser unter Beachtung der vergaberechtlichen Grundsätze zu treffen hat; im eigentlichen Sinne handelt es sich um eine Prognoseentscheidung. Es verbleibt der Vergabestelle daher ein Beurteilungsspielraum - allein ob dessen Grenzen eingehalten wurden, kann durch die Vergabekammer überprüft werden.*)
4. Die Vergabekammer ist zu einem Eingriff in das Vergabeverfahren nur dann befugt, wenn die vom Rechtsverstoß Betroffenen selbst einen Nachprüfungsantrag gestellt haben.*)
VolltextVPRRS 2007, 0135
BGH, Beschluss vom 28.09.2006 - I ZR 261/03
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
a) Stehen Art. 7 Abs. 1 und 5, Art. 9 der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken einer Regelung in einem Mitgliedstaat entgegen, nach der eine im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlichte amtliche Datenbank (hier: eine systematische und vollständige Sammlung aller Ausschreibungsunterlagen aus einem Bundesland) keinen Sui-generis-Schutz im Sinne der Richtlinie genießt?*)
b) Für den Fall, dass Frage a) zu verneinen ist: Gilt dies auch, wenn die (amtliche) Datenbank nicht von einer staatlichen Stelle, sondern in deren Auftrag von einem privaten Unternehmen erstellt worden ist, dem sämtliche ausschreibenden Stellen dieses Bundeslandes ihre Ausschreibungsunterlagen unmittelbar zur Veröffentlichung zur Verfügung stellen müssen?*)
VolltextVPRRS 2007, 0134
VK Hessen, Beschluss vom 14.12.2006 - 69d-VK-62/2006
1. Eine Rüge im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB liegt nur vor, wenn die Vergabestelle (durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont) erkennen kann, dass der Bieter Abhilfe verlangt.*)
2. Beantwortet die Vergabestelle die in einem "Rügeschreiben" eines Bieters gestellten Fragen, sind die inhaltlichen Anforderungen an eine Rüge im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB nicht erfüllt, wenn die Vergabestelle dem Schreiben entnehmen durfte, der Bieter werde die Beantwortung der Fragen als Abhilfe akzeptieren.*)
3. Der rechtliche Hinweis, dass die erkennende Kammer erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags habe oder dass man - falls keine neuen Argumente vorgebracht würden - den Nachprüfungsantrag voraussichtlich ohne mündliche Verhandlung verwerfen würde, lassen die Befangenheit einzelner Kammermitglieder nicht besorgen.*)
VolltextVPRRS 2007, 0128
VK Thüringen, Beschluss vom 16.02.2007 - 360-4003.20-402/2007-001-UH
1. Wenn ein Bieter erstmalig mit dem Nachprüfungsantrag gegenüber dem Auftraggeber geltend macht, durch die geforderte Berufshaftpflichtversicherung für alle Teilbereiche der geforderten Leistung eine unerfüllbare Bedingung aufzustellen, ist der Nachprüfungsantrag bereits unzulässig, da dem Bieter diese Tatsache bereits mit der Vergabebekanntmachung zur Kenntnis gelangt ist und er diese nicht bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Bewerbungsfrist gerügt hat.
2. Bei komplexen Projektmanagementleistungen ist einem interessierten Unternehmen die Beteiligung an einer Bietergemeinschaft grundsätzlich zuzumuten.
3. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes bei der Ausschreibung von Teilleistungen verschiedener Fachbereiche als eine im Gesamten zu bringende Leistung scheidet dann aus, wenn diese Entscheidung nicht von dem Willen getragen ist, gleichsam willkürlich, Marktbeteiligte von der Teilnahme am Wettbewerb damit von vornherein ausschließen zu wollen.
4. Eine losweise Vergabe widerspricht grundsätzlich dem projektorientierten Lebenszyklusansatz von PPP-Modellen. Dem PPP-Modell ist deshalb die Gesamtvergabe inhärent. Eine Aufteilung des Gesamtauftrags in Fachlose entsprechend den einzelnen Leistungsbestandteilen sollte daher nicht vorgesehen werden.
VolltextVPRRS 2007, 0120
OLG München, Beschluss vom 29.03.2007 - Verg 2/07
1. Ergibt die Auslegung des Leistungsverzeichnisses, dass der öffentliche Auftraggeber die Zustellung von Bußgeldbescheiden mittels "klassischem" Postzustellungsauftrag (PZA) ausgeschrieben hat, entspricht ein Angebot, welches zusätzlich eine im Leistungsverzeichnis nicht vorgesehene elektronische Erfassung, Aufbereitung und Übermittlung der Zustellungsdaten enthält (ePZA), weder dem Leistungsverzeichnis noch darf das für den ePZA von der Bundesnetzagentur genehmigte Entgelt nach § 23 PostG für die Durchführung des PZA verlangt werden. Das Angebot ist aus diesen Gründen zwingend auszuschließen.*)
2. Verlangt der öffentliche Auftraggeber die Vorlage einer Entgeltgenehmigung bis zum Ablauf der Angebotsfrist, ist sie vollständig bis zu diesem Termin vorzulegen. Eine nur auszugsweise Vorlage genügt den Anforderungen jedenfalls dann nicht, wenn der Auftraggeber anhand des Auszuges keine Klarheit darüber erlangen kann, welches Produkt angeboten wird und ob der Bieter den angebotenen Preis für die ausgeschriebene Leistung verlangen kann.*)
3. Eine durch den Auftraggeber gesetzte Frist zur Vorlage der Entgeltgenehmigung kann nur für alle Bieter gleichermaßen verlängert werden.*)
VolltextVPRRS 2007, 0118
OLG Rostock, Beschluss vom 03.05.2006 - 17 Verg 3/06
Ob und wieweit ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gegen seine eigene Satzung verstößt, ist nicht Sache des Vergabenachprüfungsverfahrens.
VolltextVPRRS 2007, 0116
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09.03.2007 - 17 Verg 3/07
1. Angebote, die nicht die geforderten Erklärungen enthalten, sind zwingend von der Wertung auszuschließen.
2. Bei den Angaben unter Ziffer 6 der Aufforderung zur Angebotsabgabe (HVA B-StB) handelt es sich um geforderte Erklärungen im Sinne der VOB/A.
3. Der Auftraggeber ist berechtigt, eine Erläuterung des Bauablaufs zur Beurteilung des Wertungskriteriums Technischer Wert zu fordern.
VolltextVPRRS 2007, 0115
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.03.2007 - VK-SH 03/07
1. Erklären der Antragsteller und der Antragsgegner das Verfahren für erledigt, ist die Vergabekammer daran gebunden, denn beide verzichten mit der Erledigungserklärung auf die Sachentscheidung. Da sich das Nachprüfungsverfahren dadurch gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB in sonstiger Weise erledigt hat, ist es einzustellen und nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.*)
2. Die Rechtsprechung des BGH (NZBau 2004, 285), wonach der Antragsteller die für die Tätigkeit der Vergabekammer entstandenen Kosten zu tragen hat und eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten nicht stattfindet, wenn sich das Verfahren vor der Vergabekammer ohne Entscheidung zur Sache erledigt, ist nicht auf solche Fälle übertragbar, in denen die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, nachdem der Antragsgegner den Antragsteller klaglos gestellt hat.*)
3. War der Antragsteller im Fall übereinstimmender Erledigungserklärungen bei materieller Betrachtung vollumfänglich erfolgreich, weil er genau das mit seinem Antrag verfolgte Ziel - eine Zuschlagsentscheidung des Antragsgegners zu seinen Gunsten - erreicht hat, ist der Antragsgegner die Kosten tragender Unterliegender i.S.v. § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB und § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB.*)
VolltextVPRRS 2007, 0113
VK Nordbayern, Beschluss vom 27.02.2007 - 21.VK-3194-04/07
1. Die ASt kann im Nachprüfungsverfahren nur die Verletzung eigener Rechte geltend machen (§ 107 Abs. 2 GWB). Falls durch eine Forderung der VSt der europaweite Wettbewerb in unzulässiger Weise eingeschränkt worden wäre und/oder andere (potentielle) Bieter dadurch in ihren Rechten verletzt wären (was hier beides offen bleiben kann), so würde dies jedenfalls nicht die ASt in ihren Rechten verletzen und gibt ihr somit keine Antragsbefugnis.*)
2. Bei der Rügeverpflichtung nach § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB kommt es auf das tatsächliche Erkennen nicht an. Soweit der Fehler in der Bekanntmachung nur erkennbar ist, muss der Bieter seine Rüge noch vor Öffnung der Angebote vortragen.*)
3. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. d VOL/A sind Angebote zwingend auszuschließen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Verdingungsunterlagen (hier: Beifügung eigener Allgemeiner Geschäftsbedingungen der ASt; Abweichungen zu den Festlegungen in den Verdingungsunterlagen bei den Servicekosten, bei der Gewährleistung, bei den Schulungen u.a.) vorgenommen worden sind ( § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A ).*)
VolltextVPRRS 2007, 0112
VK Bund, Beschluss vom 18.01.2007 - VK 3-153/06
1. Das Verfahren vor der Vergabekammer ist kein objektives Beanstandungsverfahren, die Geltendmachung subjektiver Rechte Dritter ist nicht möglich.
2. Die Forderung eines Gewerbezentralregisterauszuges stellt keine unzulässige Inländerdiskriminierung dar.
3. Legt ein Bieter den geforderten Gewerbezentralregisterauszug nicht mit Angebotsabgabe vor, hat er den geforderten Eignungsnachweis nicht erbracht und ist mit seinem Angebot gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A zwingend auszuschließen.
4. Der Angebotsausschluss nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A ist nicht – wie das Fehlen von Angaben und Erklärungen im Sinne des § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A – in das pflichtgemäße Ermessen des Auftraggebers gestellt.
5. Ein Nachfordern fehlender Eignungsnachweise oder die Berücksichtigung des nach Angebotsabgabe eingereichten Gewerbezentralregisterauszuges kommt nach dem Sinn und Zweck des § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A nicht in Betracht, da sonst den Geboten der Transparenz und des chancengleichen Wettbewerbs des § 97 Abs. 1, 2 GWB nicht Rechnung getragen würde.
VolltextVPRRS 2007, 0110
VG Münster, Beschluss vom 09.03.2007 - 1 L 64/07
1. Die Erteilung einer Dienstleistungskonzession fällt nicht unter das Vergaberecht des GWB.
2. Bei Streitigkeiten um die Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer Leichenhalle ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, weil der Betrieb einer städtischen Leichenhalle eine öffentliche Aufgabe darstellt.
3. Auch die Erteilung einer Dienstleistungskonzession unterliegt den Grundregeln des EG-Vertrags (u. a. Transparenzgebot).
4. Aufgrund des Transparenzgebots ist es für die Erteilung einer Dienstleistungskonzession erforderlich, durch eine öffentliche Ausschreibung oder sonstige öffentliche Bekanntmachung potenziell Interessierten den Zugang zu den wesentlichen Informationen über den beabsichtigten Vertrag zu ermöglichen.
VolltextVPRRS 2007, 0104
OLG Celle, Beschluss vom 08.03.2007 - 13 Verg 2/07
"Nachgeschobene" Rügen aufgrund erst im Nachprüfungsverfahren erkannter Vergaberechtsverstöße müssen so rechtzeitig vorgetragen werden, dass sie nicht zu einer Verzögerung des Nachprüfungsverfahrens führen. Ihre Zulässigkeit setzt ferner voraus, dass der betreffende Vergaberechtsverstoß unverzüglich vor der Vergabekammer/dem Vergabesenat geltend gemacht wird. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.*)
VolltextVPRRS 2007, 0103
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15.02.2007 - VK-SH 03/07
1. Da den Antragstellern durch den Zuschlag der Primärrechtsschutz genommen und diese auf den Sekundärrechtsschutz verwiesen werden, kann § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB nur dahingehend verstanden werden, dass grundsätzlich nur in besonderen Ausnahmefällen eine Gestattung des Zuschlags erfolgen darf.*)
2. Das Interesse an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens im Rahmen des § 115 Abs. 2 GWB kann nur dann und insoweit mit dem Allgemeininteresse verbunden sein, als bei der summarischen Überprüfung des Vergabeverfahrens keine durchgreifenden Anhaltspunkte für erhebliche Vergabeverstöße bestehen.*)
VolltextVPRRS 2007, 0102
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 21.02.2007 - VK-SH 02/07
Die Rechtsfolgen des § 128 Abs. 3 Satz 1 und des § 128 Abs. 4 GWB können (im Wege des Vergleichs) durch eine abweichende Übereinkunft der Verfahrensbeteiligten ersetzt werden.*)
VolltextVPRRS 2007, 0101
VK Sachsen, Beschluss vom 28.02.2007 - 1/SVK/110-06-II
Ein vergaberechtsfreies Eigengeschäft (sog. In-House-Geschäft) liegt nur dann vor, wenn die 100%-ige Eigengesellschaft, über die der öffentliche Auftraggeber eine Kontrolle wie eine eigene Dienststelle ausübt, im Wesentlichen für diesen öffentlichen Auftraggeber ihre Tätigkeiten erbringt und die Tätigkeiten am Markt (sog. Drittleistungsanteil) marginal bleiben. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn der Gesellschaftsvertrag eine ausreichende dauerhafte Begrenzung des Drittleistungsanteils vorsieht.
VolltextVPRRS 2007, 0100
VK Sachsen, Beschluss vom 05.02.2007 - 1/SVK/125-06
Auf die Vergabe von SPNV-Leistungen der Kategorie 18 im Anhang I B der VOL/A sind gemäß § 1 a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A neben den Basisparagraphen ausschließlich die §§ 8 a und 28 a VOL/A anwendbar, was nichts daran ändert, dass diese Leistungen dem Anwendungsbereich der §§ 97 ff. GWB unterfallen.*)
Im Falle gemeinsamer Ausschreibung durch in verschiedenen Bundesländern ansässige Auftraggeber ist die Vergabekammer eines jeden in Frage kommenden Landes zuständig.*)
Der Auftraggeber kann keine eigenmächtige Umdeutung des Nebenangebotes als Hauptangebot vornehmen. Für diese Auffassung spricht, dass regelmäßig Haupt- und Nebenangebote, bezogen auf das Ermessen des Auftraggebers, mit einem unterschiedlichen Risikopotential in den Wettbewerb gegeben werden. Eine Umdeutung käme allenfalls in Betracht, wenn aus einer Erklärung des Bieters oder aus der äußeren Gestaltung des Angebotes erkennbar ist, dass der Bieter hier ein zweites Hauptangebot habe abgeben wollen.*)
Aus dem nationalen Vergaberecht lässt sich eine Verpflichtung zur Benennung von Mindestanforderungen für Nebenangebote nicht entnehmen, weshalb die Rechtsprechung des EuGH (Entscheidung vom 16.10.03 - Rs. C -421/01) zur Forderung der Erläuterung von Mindestanforderungen, die Nebenangebote erfüllen müssen, nicht auf nationale Ausschreibungen übertragen lässt.*)
Auf nationaler Ebene sind die allgemeinen Regelungen des § 97 GWB, insbesondere das Transparenz- und das Gleichbehandlungsgebot, zu beachten, was aber bei privilegierten Dienstleistungen nicht dazu führen darf, dass über den Transparenzgrundsatz all diejenigen Bestimmungen, von denen die privilegierten Dienstleistungen gerade ausgenommen sein sollen, wieder in das nationale Vergabeverfahren transportiert werden.*)
VolltextVPRRS 2007, 0097
OLG Jena, Beschluss vom 11.01.2007 - 9 Verg 9/06
1. Fehlen einem Angebot erforderliche Produktangaben zu Positionen des Leistungsverzeichnisses, so kann deren Inhalt selbst dann nicht ohne weiteres durch einen Rückgriff auf Angaben zu anderen Leistungspositionen ersetzt werden, wenn die Ausschreibungsbedingungen den Einsatz identischer Produkte grundsätzlich gestatten.*)
2. Nimmt an der Ausschreibung mindestens ein wertungstaugliches Angebot eines anderen Bieters teil, ist ein Nachprüfungsantrag unbegründet, falls das eigene Angebot des Antragstellers dem zwingenden Ausschluss vom Wettbewerb unterliegt. Denn ein Antrag, der lediglich darauf abzielt, die Rechtsposition eines Dritten zu verbessern und dem Antragsteller allenfalls die immaterielle Befriedigung verschafft, dass ein von der Vergabestelle vorgesehener Zuschlagsaspirant (ebenfalls) nicht zum Zuge kommt, verstößt gegen das Verbot unzulässiger Rechtsausübung auf der Ebene des materiellen Vergaberechts (im Anschluss an BGH 26.09.2006 - Az. X ZB 14/06).*)
3. Zum ordnungsgemäßen Rügevorbringen eines Nachprüfungsantrags gehört die Darlegung einer substantiierten, auf greifbaren Tatsachen basierenden Vergaberechtsverletzung, deren Korrektur dem Antragsteller die Chance auf Zuschlagserhalt abstrakt, notfalls in der Form einer Neuausschreibung, eröffnet. Akteneinsicht in die Vergabeakten nach § 111 GWB kann nicht schon zu dem Zweck gewährt werden, dem Antragsteller die Möglichkeit zu verschaffen, bislang lediglich hypothetisch - aufs Geratewohl - behauptete Vergaberechtsmängel erst aufzudecken und hierauf seinen Rügevortrag aufzubauen.*)
VolltextVPRRS 2007, 0095
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.01.2007 - VK-SH 26/06
1. Erledigt sich das Verfahren vor der Vergabekammer ohne Entscheidung zur Sache, hat der Antragsteller die für die Tätigkeit der Vergabekammer entstandenen Kosten zu tragen.*)
2. Nimmt der Antragsteller seinen Nachprüfungsantrag vor der Vergabekammer zurück, findet eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners im Verfahren vor der Vergabekammer nicht statt.*)
VolltextVPRRS 2007, 0094
OLG Schleswig, Beschluss vom 19.02.2007 - 1 Verg 14/06
1. Die im Teilnahmewettbewerb zu treffende Entscheidung erfolgt bieterbezogen zur Auswahl derjenigen Bewerber, deren Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit eine ordnungsgemäße Ausführung der geforderten (und noch anzubietenden) Leistung sicherstellt. Von diesen Fragen sind leistungs- oder produktbezogene Fragen des (späteren) Angebots strikt zu trennen.
2. Ist in der Vergabebekanntmachung als "Art des Auftrags" (durch Ankreuzen) "Lieferung" bzw. "Kauf" des Alarmierungsnetzes angegeben, so sind nur solche Bieter leistungsfähig i. S. d. § 7a Nr. 3 VOL/A, die einen Verkauf der nachgefragten Leistung anbieten. Wer demgegenüber nach dem Erkenntnisstand der Vergabestelle im maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung gemäß § 7a Nr. 3 VOL/A nur Miet- oder Leasingangebote unterbreitet hat, ist aus dem Kreis der geeigneten Bieter auszuschließen mit der Folge der Ablehnung seines Teilnahmeantrages.
3. Aus dem der Vergabebekanntmachung beigefügten Zusatz "oder gleichwertig" ist nicht abzuleiten, dass in die Teilnehmerauswahl auch Bieter einzubeziehen sind, die keine durch Kauf, sondern durch Leasing oder Miete erfolgende "Beschaffung" des digitalen Alarmierungsnetzes anbieten. Der Zusatz "oder gleichwertig" bezieht sich auf das Produkt bzw. auf Produktmerkmale, nicht dagegen auf die Form seiner Beschaffung.
4. Fordert ein öffentlicher Auftraggeber Teilnahmeanträge für einen Vergabewettbewerb um einen Kauf bestimmter Waren oder Dienstleistungen an, müssen die Bewerber bis zum Schlusstermin für die Abgabe der Teilnahmeanträge eindeutig erklären, dass sie die nachgefragte Leistung im Kaufwege anbieten können. Eine erst danach - in der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren verbal (und ohne nähere Konkretisierung) - erklärte Bereitschaft, auch "etwas" zum Verkauf anbieten zu können, führt nicht gleichsam rückwirkend zur Rechtswidrigkeit der Ablehnung des Teilnahmeantrags der Beschwerdeführerin.
5. Auch die entsprechend § 24 VOL/A vorgenommene Angebotsaufklärung darf nur Inhalte des Teilnahmeantrags aufdecken, die dieser bereits hatte, nicht aber nachträglich fehlende Angaben ergänzen oder "ungünstige" Angaben modifizieren.
VolltextVPRRS 2007, 0091
VK Sachsen, Beschluss vom 31.01.2007 - 1/SVK/124-06
1. Es genügt dem Antragserfordernis des § 108 Abs. 2 GWB, wenn sich die notwendigen Mindestanforderungen nicht allein aus dem Antragsschriftsatz, sondern auch aus den von der Antragstellerin vorgelegten Anlagen ergeben. Das Fehlen einer den Anforderungen des § 108 Abs. 2 GWB genügenden Antragsbegründung kann die Vergabekammer nicht ohne weiteres zum Anlass einer Antragszurückweisung nehmen.*)
2. Sofern in der öffentlichen Bekanntmachung eine Erklärung des Teilnehmers gemäß § 13 Abs. 2 f) VOF gefordert wird, wie er die notwendige Verfügbarkeit vor Ort zur erfüllen gedenkt, ist eine Erklärung über eine Maßnahme zur Verfügbarkeit abzugeben. Im Hinblick auf die Diskriminierung Ortsferner darf die Lage des Büros oder der Wohnort eines Mitarbeiters kein alleiniges Kriterium für die Wertung sein.*)
3. Ein Eignungskriterium "Erfahrungen mit der Förderpraxis im Freistaat Sachsen" ist vergaberechtswidrig, weil zum einen nicht Fördermittel Gegenstand der Ausschreibung sind, sondern Architektenleistungen. Zum anderen bedeutet das genannte Auswahlkriterium eine Diskriminierung von Bewerbern, die nicht ihr Hauptbetätigungsfeld im Freistaat Sachsen haben.*)
VolltextVPRRS 2007, 0089
VK Sachsen, Beschluss vom 11.01.2007 - 1/SVK/116-06
Dass das Angebot eines Antragstellers nicht schon vom Auftraggeber ausgeschlossen worden ist, hindert die Vergabekammer nicht, im Ergebnis eines Vergabenachprüfungsverfahrens einen zwingenden Ausschlussgrund festzustellen. Denn zum einen obliegt der Vergabekammer ein Amtsermittlungsgrundsatz, zum anderen ist in Auslegung der Entscheidung des BGH, Beschluss vom 26.09.2006, Az: X ZB 14/06 davon auszugehen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter auch die Nachprüfungsinstanzen verpflichtet, die Angebote, die an einem gleichwertigen Mangel leiden, vergaberechtlich gleich zu behandeln.*)
VolltextVPRRS 2007, 0088
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.10.2006 - Verg 30/06
1. In der Phase zwischen Angebotsabgabefrist und Zuschlag dürfen inhaltliche Änderungen am Angebot nicht vorgenommen werden.
2. Im Fall einer Umwandlung durch Verschmelzung des Bieterunternehmens auf ein anderes Unternehmen wird die Person des Bieters und künftigen Auftragnehmers geändert.
3. In einem derartigen Fall gebieten vielmehr die vergaberechtlichen Prinzipien des Wettbewerbs, der Gleichbehandlung und der Transparenz, das geänderte Angebot insgesamt von der Wertung auszunehmen.
VolltextVPRRS 2007, 0083
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.01.2007 - 15 E 1/07
Der Verwaltungsrechtsweg ist für den vergaberechtlichen Primärrechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte unabhängig davon eröffnet, dass die Vergabeentscheidung nach BVerfG, NJW 2006, 3701 nicht in Ausübung öffentlicher Gewalt i.S.v. Art. 19 Abs. 4 GG erfolgt.*)
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