Vergabepraxis & -recht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
4952 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2006
VPRRS 2006, 0427
VK Sachsen, Beschluss vom 10.05.2006 - 1/SVK/037-06
1. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Vergaberechtsverstoß fehlt, wenn der Antragsteller in einem neu ausgeschrieben Verfahren die Neuausschreibung nicht als verfahrensfehlerhaft rügt, sondern lediglich einen konkreten Vergabeverstoß. Diese einzelne Rüge kann die Antragsbefugnis nicht begründen. Insofern besteht in solchen Fällen eine „doppelte Rügeverpflichtung“.
2. Eine solche Vorgehensweise (Verzicht auf vorherige Rüge) ist nur dann möglich, wenn der Antragsteller während des bereits anhängigen Vergabenachprüfungsverfahrens von Tatsachen Kenntnis erlangte, die ihr vor Einleitung des Vergabenachprüfungsverfahrens nicht bekannt waren.
3. Die Rüge in einem zwischenzeitlich im „Zweitverfahren“ neu ausgeschriebenen Vergabeverfahren („Erstverfahren“) hat dann Bestand, wenn der Antragsteller, der in dem erneuten Vergabeverfahren ein Angebot abgegeben hat, bei Abgabe seines Angebotes ausdrücklich betont, dass seine Rüge zur Aufhebung der Ausschreibung weiter Gültigkeit haben soll.

VPRRS 2006, 0426

VK Sachsen, Beschluss vom 11.08.2006 - 1/SVK/073-06
1. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist nach seinem Wortlaut und Sinn nur auf "im Vergabeverfahren", aber nicht auf erst "im Nachprüfungsverfahren" erkannte Vergaberechtsverstöße anwendbar. Daher entfällt die Rügeobliegenheit für solche Vergaberechtsfehler, die der antragstellenden Partei erst während des laufenden Vergabenachprüfungsverfahrens bekannt werden.
2. Entschließt sich der Auftraggeber, zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes für die benannten Zuschlagskriterien ein unterschiedliches Wertungssystem anzuwenden, so muss dieses System mit den Bewertungsmaßstäben des anderen Systems dergestalt kompatibel sein, dass im Ergebnis den einzelnen Kriterien die verlautbarte Gesamtgewichtung zukommt und nicht durch die unterschiedlichen Wertungssysteme eine Verzerrung der ursprünglichen Wichtungsfaktoren entsteht. Dies erfordert, dass sich die unterschiedlichen Wertungssysteme in ein sinnvolles Verhältnis zueinander bringen lassen und eine sachbezogene Ausfüllung zulassen.
3. Wendet der Auftraggeber ein Punktesystem an, das für das Kriterium „Preis“ 500 Maximalpunkte vorsieht, für die jedes Prozent der Differenz zum Preis des günstigen Bieters jedoch Punktabzüge vornimmt, wobei eine Abweichung von 4,96 % z.B. einen Punktabzug von 25 Punkten, eine Abweichung von 5,35 % einen Punktabzug von 26,75 (gerundet 27) Punkten bewirkt, rechnerisch eine Preisdifferenz von 100 % also einem Punktwert von 0 gleichkommt, ist dieser Maßstab sachfremd, da er nicht die branchenüblichen Preisabweichungen widerspiegelt, die üblicherweise bei Ausschreibungen von Wäscheleistungen im Krankenhauswesen anzutreffen sind.
4. Eine Dienstleistungskonzession, die die Übertragung eines Rechts zur Verwertung einer bestimmten Leistung umfasst und dem Konzessionär das wirtschaftliche Nutzungsrisiko auferlegt, scheidet aus, wenn der Konzessionär als Entgelt ausschließlich einen vorher festgelegten Preis erhält.
5. Nur wenn der Auftraggeber bereits vor Veranlassung der Bekanntmachung oder vor Versendung der Verdingungsunterlagen Regeln für die Gewichtung der Wertungskriterien aufstellt, ist er auch verpflichtet, diese in der Vergabebekanntmachung oder den Ausschreibungsunterlagen anzugeben.
6. Die Verdingungsunterlagen als Ganzes und in all ihren Teilen sind Grundlage der Angebote der sich beteiligenden Bieter; diese müssen also - um vergleichbar zu bleiben - von dem gleichen unveränderten Text, wie ihn der Auftraggeber aufgrund der VOL/A erarbeitet und an die Bieter verschickt hat, ausgehen.

VPRRS 2006, 0425

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.02.2006 - VK 2-LVwA LSA 1/06
1. Die Übertragung der Durchführung der Rettungsdienste (Notfallrettung und der qualifizierte Krankentransport) nach § 3 Abs. 2 RettDG-LSA stellt keinen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB dar. Die Vergabekammer ist mangels Anwendbarkeit des Vierten Teils des GWB gemäß § 102 GWB sachlich nicht zuständig.
2. Die Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie 92/50 EWG bzw. die Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, gelten nicht für landesinterne Rettungsdienste, da diese Tätigkeiten i.S.v. Art. 45 Satz 1 EGV i. V. mit Art. 55 EGV dauernd mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind.

VPRRS 2006, 0418

VK Sachsen, Beschluss vom 28.12.2005 - 1/SVK/147-05
1. Selbst wenn ein Auftraggeber die Zuschlagskriterien in den Vergabeunterlagen benannt und dazu auch festgelegt hat, dass diese in der Reihenfolge ihrer Nennung gewichtet werden sollen, er jedoch an keiner Stelle dokumentiert hat, mit welchem Anteil nunmehr die genannten Zuschlagskriterien Berücksichtigung finden sollen, stellt dies einen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB i.V.m. § 30 VOL/A dar.
2. Weist der Auftraggeber in seinen Vergabeunterlagen auf sein Ermessen hinsichtlich eines Ausschlusses bei Nichtvorlage von Nachweisen hin, ist dennoch nicht ersichtlich, wa-rum bei Fehlen dieser Unterlagen mit Angebotsabgabe für den Auftraggeber eine Ermessensreduzierung auf null eintreten sollte.
3. Der Auftraggeber bindet sich an seine verlautbarten Zuschlagskriterien. Es besteht die Verpflichtung, diese Zuschlagskriterien zur Grundlage der Entscheidung zu machen. Eine Benennung allein von Eignungskriterien als letztendliche Zuschlagskriterien ist unzulässig.

VPRRS 2006, 0417

VK Sachsen, Beschluss vom 19.07.2006 - 1/SVK/059-06
1. Bietergemeinschaften sind vor allem dann unzulässig i.S.v. § 1 GWB, wenn sich Unternehmen zusammenschließen, die als Einzelunternehmen den Auftrag allein hätten ausführen können, weil sie über die geforderten Kapazitäten, technischen Ausrüstungen und fachlichen Kenntnisse verfügen.
2. Erweist sich die unternehmerische Entscheidung gegen die Alleinbewerbung nach diesem Maßstab als nachvollziehbar, so ist von der Zulässigkeit einer Bewerbergemeinschaft auszugehen.
3. Für eine fortwährend behauptete wettbewerbsbeschränkende Abrede muss ein gesicherter Nachweis existieren, woran hohe Anforderungen zu stellen sind. Eine reine Vermutung kann für einen Ausschluss nicht genügen.
4. Fehlt es an der erforderlichen Vorlage von Eignungsnachweisen, liegt kein Anwendungsfall von § 21 Nr. 1 Abs. 1, § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) VOL/A vor, in dem das Fehlen geforderter „Angaben und Erklärungen“ nur nach pflichtgemäßem Ermessen des Auftraggebers zu einem Ausschluss des Angebots führt. Eignungsnachweise unterfallen nicht dem Begriff der „Angaben und Erklärungen“ im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1, § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A.
5. Die aus § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A folgende Konsequenz, wonach Angebote, in denen die Eignung nicht belegt ist, von der Wertung auszunehmen sind, ist im Rechtsinn zwingend.

VPRRS 2006, 0415

VK Sachsen, Beschluss vom 09.05.2006 - 1/SVK/035-06
1. Einem gegen die Aufhebung einer Ausschreibung gestellten, auf die Fortführung des aufgehobenen Verfahrens gerichteten Nachprüfungsantrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn vor Antragstellung die Vergabestelle den Auftrag neu ausgeschrieben hat, der Antragsteller die Neuausschreibung aber nicht als verfahrensfehlerhaft rügt und dementsprechend auch nicht mit einem Nachprüfungsantrag beanstandet.
2. Eine solche Vorgehensweise (Verzicht auf vorherige Rüge) ist nur dann möglich, wenn der Antragsteller während des bereits anhängigen Vergabenachprüfungsverfahrens von Tatsachen Kenntnis erlangte, die ihr vor Einleitung des Vergabenachprüfungsverfahrens nicht bekannt waren.
3. Die Rüge in einem zwischenzeitlich im „Zweitverfahren“ neu ausgeschriebenen Vergabeverfahren („Erstverfahren“) hat dann Bestand, wenn der Antragsteller, der in dem erneuten Vergabeverfahren ein Angebot abgegeben hat, bei Abgabe seines Angebotes ausdrücklich betont, dass seine Rüge zur Aufhebung der Ausschreibung weiter Gültigkeit haben soll.

VPRRS 2006, 0414

VK Sachsen, Beschluss vom 25.04.2006 - 1/SVK/031-06
1. Das Ermessen der Vergabestelle reduziert sich auf Null, wenn die Ergänzung der zunächst fehlenden Angaben die Wettbewerbsstellung des betreffenden Bieters ändern würde.
2. Grundsätzlich darf der Auftraggeber frei wählen, welche Eignungsnachweise er fordern möchte. Fordert er jedoch bestimmte Nachweise und Erklärungen, unterwirft er sich hinsichtlich dieser Nachweise einer Selbstbindung.
3. Werden Unterauftragnehmer einbezogen, sind solche Nachweise und Erklärungen auch für jeden von ihnen vorzulegen.
4. Die Nachweis- und Erklärungspflicht für Unterauftragnehmer entfällt, soweit als Unterauftragnehmer ein Postunternehmen tätig wird, das selbst bundesweit flächendeckend Universaldienstleistungen i. S. v. § 11 Postgesetz erbringt.
5. Kennt der Auftraggeber aus früheren Vertragsbeziehungen einen Bewerber bereits, darf aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes dennoch nicht auf dessen Eignungsnachweise verzichtet werden.

VPRRS 2006, 0413

VK Sachsen, Beschluss vom 05.04.2006 - 1/SVK/027- 06
1. Ein Angebot kann bei Fehlen geforderter Angaben und Erklärungen gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A ausgeschlossen werden. Es handelt sich hierbei zunächst um eine Bestimmung, die den Ausschluss des Bieters - anders als beispielsweise in § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A - in das Ermessen der Vergabestelle stellt. Allerdings reduziert sich das Ermessen der Vergabestelle auf Null, wenn die Ergänzung der zunächst fehlenden Angaben die Wettbewerbsstellung des betreffenden Bieters ändern würde.
2. Der Auftraggeber geht zu Recht von einer Änderung der Verdingungsunterlagen i.S.d. § 21 Nr. 1 Absatz 3 VOL/A bzw. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A aus, wenn eine Leistung angeboten wurde, die von einer geforderten Punktlagegenauigkeit abweicht und damit eine andere als die ausgeschriebene Leistung anbietet.
3. Änderungen können in Ergänzungen und Streichungen bestehen; sie können sich aber auch auf den (technischen) Inhalt der Leistungen beziehen.
4. Bei der Bestimmung der Unverzüglichkeit i.S.v. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist dem Antragsteller auch bei einfach gelagerten tatsächlichen oder rechtlichen eine Überlegungsfrist zuzubilligen, ob er taktisch gegen den Auftraggeber überhaupt vorgehen will oder nicht.
5. Eine Nachverhandlung ist dem Auftraggeber ausschließlich als eine Aufklärungsmaßnahme im engeren Sinne gestattet. Sie darf nicht dazu dienen, dem Bieter eine inhaltliche Änderung oder Ergänzung seines Angebots zu ermöglichen.
6. Die Wertung von technischen Lösungswegen - gerade bei innovativen oder unüblichen Methoden - ist immer von einer gewissen Restunsicherheit geprägt, die jedoch vom Beurteilungsspielraum des Auftraggebers gedeckt ist. Die Vergabekammer darf insoweit nur prüfen, ob die Vergabestelle die Grenzen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums durch Fehlgebrauch, Überschreitung oder Unterschreitung oder durch Berücksichtigung sachfremder Erwägungen verletzt hat.

VPRRS 2006, 0411

VK Sachsen, Beschluss vom 18.08.2006 - 1/SVK/077-06
1. Die Überprüfung der Entscheidung über die Aufhebung eines Vergabeverfahrens muss in einem Nachprüfungsverfahren zulässig sein.
2. Eine Scheinaufhebung liegt dann vor, wenn der Auftraggeber unter Missbrauch seiner Gestaltungsmöglichkeiten nur den Schein einer Aufhebung gesetzt hat, mit dessen Hilfe er dem ihm genehmen Bieter, obwohl dieser nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte, den Auftrag zuschieben will.
3. Die Aufzählung in § 26 Nr. 1 VOL/A ist als abschließend zu betrachten.
4. Für eine Aufhebung können nur Gründe angeführt werden, die dem Ausschreibenden nicht bereits vor Einleitung des Verfahrens bekannt waren. Erst nachträglich, das heißt nach Beginn der Ausschreibung bekannt gewordene Gründe berechtigen zur Aufhebung wegen der Notwendigkeit einer grundlegenden Änderung der Verdingungsunterlagen.
5. Von einer Berechtigung zur Aufhebung i.S.v. § 26 Nr. 1 lit. d VOL/A ist zumindest dann auszugehen, wenn auf der Grundlage der eingegangenen Angebote eine ordnungsgemäße Vergabe nicht möglich wäre. Ein solcher Fall ist zumindest dann gegeben, wenn ohne die Aufhebung das Wettbewerbsprinzip, das Gleichbehandlungsgebot oder das Diskriminierungsverbot verletzt werden würde oder aber eine sachgerechte Wertung der Angebote mangels Vergleichbarkeit nicht möglich ist.
6. Sind die Verdingungsunterlagen in sich widersprüchlich und insgesamt unklar gefasst, sind sie letztlich gar nach der Intention des Auftraggebers und dem Verständnis objektiver Dritter insbesondere darauf ausgerichtet, etwas auszuschreiben, was es so ab dem 01.09.2006 nicht mehr geben wird, so ist damit die Leistungsbeschreibung entgegen der Forderung in § 8 Nr. 1 Absatz 1 VOL/A gerade nicht so eindeutig beschrieben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen mussten und die Angebote miteinander verglichen werden konnten. Insoweit ist ein schwerwiegender Aufhebungsgrund i. S. d. § 26 Abs. 1 lit. d VOL/A gegeben.

VPRRS 2006, 0405

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.03.2006 - VK 2-LVwA LSA 2/06
1. Das Wettbewerbsprinzip gebietet grundsätzlich, dass der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren möglichst wettbewerbsoffen zu gestalten hat. Er hat die tatsächlichen Vorraussetzungen dafür zu schaffen, dass Wettbewerb zwischen den Unternehmen möglich ist. Dies hat der Auftraggeber bei der Auswahl von Kriterien zum Nachweis der Eignung der Unternehmen für die Realisierung der ausgeschriebenen Leistung zu beachten. Auch die Vorgaben der Leistungsbeschreibung sind so abzufassen, dass sie in Bezug auf die ausgeschriebene Leistung einen größt möglichen Wettbewerb ermöglichen. Der Auftraggeber hat weiterhin wettbewerbsbeeinträchtige Verhaltensweisen der Bewerber zu unterbinden.
2. Nach § 10 Abs. 2 VOF darf die Zahl der zur Verhandlung aufgeforderten Bewerber bei hinreichender Anzahl geeigneter Bewerber nicht unter drei liegen. Hieraus ergibt sich jedoch im Umkehrschluss, dass diese Zahl auch unterschritten werden darf, wenn es an einer entsprechenden Anzahl von Bewerbern fehlt, die ihre Eignung im Sinne des § 10 Abs. 1 VOF nachgewiesen haben.
3. Die Vergabestelle hat die von ihr geltend gemachten Unzulänglichkeiten im Angebot des Bieters in die Auftragsgespräche einzubeziehen und dem Bieter Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben. Solche Gespräche sind in einem Verhandlungsverfahren nur dann unzulässig, wenn hierdurch die Identität der ausgeschriebenen Leistung nicht gewahrt wird.
4. Die Vergabekammer ist grundsätzlich auch gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB befugt, die Vergabestelle bei fortbestehender Beschaffungsabsicht zu verpflichten, den Verzicht auf eine Vergabe rückgängig zu machen. Der unterlegene Bieter hat nach § 97 Abs. 7 GWB einen Anspruch darauf, dass die Vergabestelle die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält. Hierzu gehören auch die Vorschriften über einen Verzicht auf die Vergabe im Zusammenhang mit den allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätzen.

VPRRS 2006, 0404

VK Nordbayern, Beschluss vom 02.08.2006 - 21.VK-3194-22/06
Eine Dienstleistungskonzession unterliegt nicht dem Vergaberecht.*)

VPRRS 2006, 0403

OLG Naumburg, Beschluss vom 25.09.2006 - 1 Verg 10/06
1. Die Vorabinformationspflicht nach § 13 VgV besteht auch im Verhandlungsverfahren nach VOF. Sie ist nicht nur gegenüber den Bietern begründet, die zur Durchführung von Auftragsverhandlungen ausgewählt worden sind, sondern auch gegenüber einem Bewerber, der objektiv zu Unrecht nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert worden ist.*)
2. Fordert der öffentliche Auftraggeber in den Bewerbungsbedingungen zur Prüfung der Leistungsfähigkeit der Bewerber und ihrer Nachunternehmer für jeden Leistungsausführenden eine Erklärung über dessen Gesamtumsatz der letzten drei Geschäftsjahre sowie über den jeweiligen Teilumsatz mit denjenigen Leistungen, deren Ausführung der Erklärende übernehmen soll, so ist eine Erklärung über den "Gesamtumsatz der entsprechenden Leistungen" jedenfalls unvollständig.*)

VPRRS 2006, 0402

OLG Naumburg, Beschluss vom 25.09.2006 - 1 Verg 8/06
1. Ein Bieter kann die Vergabekammer auch dann noch in zulässiger Weise anrufen und geltend machen, dass er durch den Verzicht auf die Fortführung eines Verhandlungsverfahrens nach VOF in seinen subjektiven Rechten verletzt ist, wenn der öffentliche Auftraggeber den Verzicht auf die Fortführung bereits bekannt gegeben hat.*)
2. Zur tatsächlichen Feststellung einer vorgetäuschten Auftragsverhandlung und eines sachlich nicht gerechtfertigten Verzichts auf Fortführung des Verhandlungsverfahrens sowie der fiktiven Aussicht eines Bieters auf Auftragserteilung bei vergaberechtlich beanstandungsfreier Durchführung des Verhandlungsverfahrens.*)

VPRRS 2006, 0401

OLG Schleswig, Beschluss vom 08.09.2006 - 1 Verg 6/06
1. Nach § 26 Nr. 1 a kann die Ausschreibung aufgehoben werden, wenn kein Angebot eingegangen ist, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht. Das ist u. a. dann der Fall, wenn sämtliche eingegangenen Angebote nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A von der Wertung auszuschließen sind.
2. Die nach § 7 a Nr. 2 Abs. 3 Satz 1 VOL/A in der Bekanntmachung geforderten Nachweise darf die Vergabestelle nicht (nachträglich) durch zusätzliche oder andere Erklärungen bzw. Vorlage von Erklärungen verändern.
3. Verlangt die Leistungsbeschreibung vom "Auftragnehmer" u. a. die Versicherung, die "Entgeltgenehmigung für vorstehende Preise erhalten zu haben" so ist dieses Verlangen kein Angebotskriterium, sondern eine Voraussetzung für den Vertragsschluss. Dafür spricht bereits die Verwendung des Wortes "Auftragnehmer" (statt Bieter), die auf eine Geltung bei Auftragserteilung hinweist.
4. Eine Genehmigung des Angebotspreises durch die Regulierungsbehörde muss erst im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung vorliegen.
5. Fehlt ein die Aufhebung der Ausschreibung rechtfertigender Grund i.S.d. § 26 Nr. 1 VOL/A, ist die Aufhebung rückgängig zu machen. Die Vergabestelle hat anschließend das Vergabeverfahren mit dem Ziel einer Zuschlagerteilung fortzusetzen.

VPRRS 2006, 0400

VK Thüringen, Beschluss vom 06.07.2006 - 360-4003.20-010/06-HIG
1. Das Angebot einer teilweisen Unterbringung von Asylbewerbern in Wohnungen stellt eine unzulässige Änderung der Verdingungsunterlagen dar, wenn diese eine Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft vorsehen.
2. Ein Angebot, in dem Teile der geforderten Leistung fehlen, ist wegen Unvollständigkeit auszuschließen.

VPRRS 2006, 0398

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 30.08.2006 - VK-SH 20/06
1. Einzelaufträge sind als Lose einer Gesamtmaßnahme anzusehen (und daher bei der Schätzung des Auftragswertes gemäß § 3 VgV zu addieren), wenn zwischen den verschiedenen Bauabschnitten ein zwingender technischer Zusammenhang besteht, weil einzelne Abschnitte ohne die anderen keine sinnvollen Funktionen erfüllen können.*)
2. Ist für einen Bieter aufgrund der Ausschreibungsbedingungen nicht erkennbar, dass der Auftraggeber den Wert eines objektiv oberhalb des Schwellenwertes liegenden Gesamtbauvorhabens (zwecks vergaberechtswidriger Verkürzung des Rechtsschutzes der Bieter) „künstlich klein rechnen“ wollte, besteht insoweit keine Rügepflicht.*)
3. Eine teleologische Einschränkung der „scharfen“ Rechtsfolge des Angebotsausschlusses gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A kommt selbst dann nicht in Betracht, wenn ersichtlich ist, dass die Eignung des betreffenden Bieters gegeben ist und durch eine Nachreichung nach Angebotsabgabefrist zwischen den Bietern wettbewerblich nichts „verschoben“ würde. Entsprechen die Feststellungen des Auftraggebers zur Vollständigkeit einzelner Angebote insoweit objektiv nicht den Tatsachen, ist der Ausschluss des betreffenden Angebotes zu verfügen.*)
4. Hinsichtlich des Vorliegens abzugebender Erklärungen (hier: vorgesehener Personaleinsatz und Referenzliste) wird nur ein materielles Verständnis dem mit der Forderung verbundenen Zweck (hier: Beurteilung der Eignung) gerecht.*)
5. Der zwingende Ausschluss nimmt einem Bieter ohne Rücksicht auf die Wertungsfähigkeit anderer Angebote den Anspruch auf Gleichbehandlung nach § 97 Abs. 2 GWB.
6. Es ist zweifelhaft, ob lediglich in Aussicht gestellte gerichtliche lizenz- oder patentrechtliche Streitigkeiten überhaupt Gegenstand eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens sein können.*)
7. Eine Verpflichtung des Antragsgegners, die Angebotswertung gemäß § 25 VOB/A zu wiederholen, scheidet aus, wenn die fehlerhafte Angebotswertung nicht ursächlich für die Nichtberücksichtigung der Antragstellerofferte (hier: Ausschluss wegen Unvollständigkeit) ist.*)
8. Ein Bieter kann seinen Nachprüfungsantrag nur dann auf Dokumentationsmängel stützen, wenn sich diese gerade nachteilig auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren ausgewirkt haben können.*)

VPRRS 2006, 0397

OLG Celle, Beschluss vom 14.09.2006 - 13 Verg 2/06
Ein vergaberechtsfreies In-house-Geschäft scheidet grundsätzlich aus, wenn das für den Auftrag vorgesehene Unternehmen nur 92,5 % seines Umsatzes aus Geschäften mit den Gebietskörperschaften erzielt, denen das Unternehmen gehört.*)

VPRRS 2006, 0396

OLG Celle, Beschluss vom 14.09.2006 - 13 Verg 3/06
1. Öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB kann auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts sein.*)
2. Zu den Voraussetzungen einer "im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe nichtgewerblicher Art" im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB.*)
3. Vergibt der öffentliche Auftraggeber einen den Schwellenwert übersteigenden Liefer- und Dienstleistungsauftrag unmittelbar an ein Unternehmen ohne förmliches Vergabeverfahren, so ist der Vertrag entsprechend § 13 VgV nichtig, wenn der Auftraggeber von dem Interesse eines weiteren Unternehmens Kenntnis erlangt hat und diesem Unternehmen die Vorabinformation über die beabsichtigte Vergabe nicht erteilt hat, obwohl es ihm möglich gewesen wäre. Dass das am Auftrag interessierte Unternehmen ein konkretes Angebot abgegeben hat, ist nicht erforderlich.*)

VPRRS 2006, 0394

VK Düsseldorf, Beschluss vom 21.04.2006 - VK-16/2006-L
1. Bei Fehlen der Unterschrift sind Angebote nach §§ 25 Nr.1 Abs. 1 lit. b i.V.m. 21 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A zwingend von der Wertung auszuschließen. Hinsichtlich der Rechtsfolge besteht kein Ermessen der Vergabestelle.*)
2. Wenn die Vergabestelle Angebote trotz fehlender Unterschrift wertet, sind Mietbieter, die sich an die Vorschrift des § 21 Nr.1 Abs. 2 Satz 1 VOL/A gehalten haben, in ihrem subjektiven Recht aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt.*)

VPRRS 2006, 0393

VK Düsseldorf, Beschluss vom 27.04.2006 - VK-12/2006-L
1. Sofern es zumindest möglich erscheint, dass ein Vertrag gemäß § 13 Satz 6 VgV nichtig ist, steht dieser Vertrag der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags nicht entgegen. Ob der Vertrag tatsächlich nichtig ist, ist eine Frage der Begründetheit.*)
2. Eine innerhalb von drei Werktagen platzierte Rüge ist regelmäßig "unverzüglich", eine noch kürzere Frist wäre schlichtweg nicht mehr praktikabel.*)
3. § 13 Satz 6 VgV ist analog anzuwenden, sofern es im Anwendungsbereich der §§ 97 ff GWB bei der Beschaffung von Dienstleistungen zur Beteiligung mehrerer Unternehmen gekommen ist, die Angebote abgegeben haben, und der öffentliche Auftraggeber eine Auswahl unter diesen Unternehmen trifft (BGH Beschl. v. 01.02.2005, Az: X ZB 27/04).*)

VPRRS 2006, 0390

KG, Beschluss vom 27.07.2006 - 2 Verg 5/06
1. Beauftragt ein öffentlicher Auftraggeber ein Gemeinschaftsunternehmen, an dem er selbst zur Hälfte beteiligt ist, ohne Durchführung eines den Anforderungen des Vierten Teils des GWB und der VgV genügenden Vergabeverfahrens mit ausschreibungspflichtigen Dienstleistungen (hier: Facility Management) und will das Gemeinschaftsunternehmen dazu gehörende Teilleistungen (hier: Abfallentsorgung), die als solche dem GWB-Vergaberegime unterfallen, in der Folge nachunternehmerähnlich weiter vergeben, ist es gegenüber einem daran interessierten Unternehmen zur Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen über das Vergabeverfahren der VgV und der VOL/A gleichermaßen verpflichtet, wie es der öffentliche Auftraggeber selbst ohne Einschaltung des Gemeinschaftsunternehmens gewesen wäre.*)
2. Zur Auftraggebereigenschaft einer Messegesellschaft.*)

VPRRS 2006, 0389

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 05.07.2006 - 1 Verg 6/05
1. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags ist ein Feststellungsinteresse, beispielsweise die nicht auszuschließende Möglichkeit eines Schadensersatzanspruches des Bieters oder eine drohende Wiederholungsgefahr.
2. Zur Abgrenzung zwischen einem ernsthaften Nachverlangen von Eignungsnachweisen und einer bloßen Nachfrage.
3. In einer Ausschreibung kann nicht gefordert werden, dass der Bieter bereits zum Zeitpunkt der Abgabe des Angebots über das nötige Personal, Material etc. verfügt. Er muss jedoch darlegen, dass er sich für den Fall der Beauftragung die nötigen Mittel verschaffen kann.
4. Zu der Frage, wie ein solcher Nachweis geführt werden muss.

VPRRS 2006, 0388

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 05.07.2006 - 1 Verg 1/06
1. Enthält das Angebot eines Bieters nicht - insgesamt - die geforderten Preisangaben, ist das Angebot gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 a VOL/A von der Wertung auszuschließen.
2. Gleiches gilt auch, wenn das Angebot einen Vergütungsvorbehalt in Form einer Gleitklausel enthält, denn hierdurch werden die Preisangaben, soweit sie zukünftig zu erbringende Leistungen betreffen, relativiert, da insoweit keine konkrete Festlegung erfolgt.
3. Die Prüfungspflicht der Vergabekammer ist nicht durch den Antrag des Antragstellers beschränkt, sie muss jedoch im Rahmen des auf Nachprüfung gerichteten Antrags des Antragstellers liegen.
4. Es ist unerheblich, in welchem Stadium der Angebotswertung der zwingende Ausschlussgrund "auffällt"; er kann und muss jederzeit berücksichtigt werden.

VPRRS 2006, 0386

OLG Koblenz, Beschluss vom 13.02.2006 - 1 Verg 1/06
1.) Eine Beschwerdebegründung, die jeglicher Tatsachendarstellung entbehrt und sich auf Angriffe gegen die im angefochtenen Beschluss geäußerte Auffassung der Vergabekammer beschränkt, ist unzulässig; auch eine ausdrückliche oder konkludente Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen und den Inhalt der Vergabeakten ersetzt die geforderte Angabe von Tatsachen und Beweismitteln nicht.*)
2.) Enthält die nach den Bewerbungsbedingungen abzugebende Nachunternehmererklärung nicht die geforderten Angaben zu den Teilleistungen, die auf den Nachunternehmer übertragen werden sollen, ergibt sich daraus ein zwingender Ausschlussgrund; eine Verweisung auf die entsprechende Ordnungsziffer im Leistungsverzeichnis ersetzt die fehlenden Angaben nicht, wenn die Leistungsposition verschiedene Leistungen umfasst.*)
3.) Soweit § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A den Ausschluss eines unvollständigen Angebots in das Ermessen der Vergabestelle stellt, tritt bei Fehlen oder Unvollständigkeit der geforderten Angaben und Erklärungen eine Ermessensreduzierung auf Null ein.*)

VPRRS 2006, 0385

OLG Koblenz, Beschluss vom 05.04.2006 - 1 Verg 1/06
Werden in der Beschwerdebegründung entgegen § 117 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 GWB die Tatsachen und Beweismittel nicht angegeben, muss dieser Formfehler nicht sogleich zur Verwerfung des Rechtsmittels führen. Er gibt zunächst nur Anlass, den Beschwerdeführer auf die Unvollständigkeit seiner Beschwerdebegründung hinzuweisen und ihm Gelegenheit zur Ergänzung zu geben. Eine Vervollständigung kann jedoch nur innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist nach § 117 Abs. 1 GWB erfolgen. Schöpft der Beschwerdeführer die Frist mit Einlegung des Rechtsmittels nahezu vollständig aus und ist deswegen die Erteilung eines Hinweises und eine ihm folgende Nachbesserung innerhalb der Beschwerdefrist nicht mehr möglich, ist eine formwidrige Beschwerde ohne weiteres als unzulässig zu verwerfen.*)

VPRRS 2006, 0377

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.07.2006 - 1 VK LVwA 11/06
1. Ausschlaggebend für die Bewertung der Angebote sind die in der Bekanntmachung veröffentlichten Nachweise und Erklärungen zur Eignungsprüfung, da die VOL/A unter § 7a Nr. 2 Abs. 3 bestimmt, dass der Auftraggeber bereits in der Bekanntmachung (§§ 17 und 17a VOL/A) angibt, welche Nachweise von den Bietern vorzulegen sind.*)
2. Nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 und Nr. 3 VOL/A darf der Zuschlag nur auf ein Angebot erteilt werden, das unter Berücksichtigung aller Umstände das wirtschaftlichste Angebot ist. Auf ein Angebot, dessen Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, darf der Zuschlag nicht erteilt werden. Der Auftraggeber hat zwar in seiner Prüfung erkannt, dass das Angebot der Beigeladenen erheblich vom Nächstbietenden abweicht und eine Aufklärung des Zustandekommens der Preise gefordert, jedoch entbehrt seine anschließende Bewertung im Ergebnis jeder rechtlichen Grundlage.*)

IBRRS 2006, 2968; IMRRS 2006, 2078

OLG Dresden, Urteil vom 11.07.2001 - 6 U 254/01
1. Die Amtspflicht der Kommunalaufsichtsbehörde im Freistaat Sachsen, eine rechtswidrige aufsichtsrechtliche Genehmigung für ein Rechtsgeschäft der Gemeinde nicht zu erteilen, entfaltet zugunsten dieser drittschützende Wirkung i. S. v. § 839 BGB.*)
2. Ein - auch verdeckter - Leasingvertrag ist gemäß § 82 Abs. 5 SächsGemO genehmigungspflichtig.*)
3. § 82 Abs. 5 SächsGemO ist kein verfassungswidriger Inhalt beizumessen, da diese Regelung innerhalb der Grenzen des Gesetzesvorbehaltes gemäß Art. 89 Abs. 2 SächsVerf in die gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie eingreift.*)

VPRRS 2006, 0371

OLG Naumburg, Beschluss vom 31.07.2006 - 1 Verg 6/06
1. Ein Antrag i.S.v. § 115 Abs. 3 Satz 1 GWB auf Anordnung anderer vorläufiger Maßnahmen als der Anordnung bzw. Verlängerung eines Zuschlagverbots ist grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren vor dem Vergabesenat statthaft.*)
2. Zum (hier fehlenden) Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 115 Abs. 3 Satz 1 GWB analog bei Doppelausschreibung.*)

VPRRS 2006, 0370

VK Sachsen, Beschluss vom 31.01.2005 - 1/SVK/144-04
1. Die nicht rechtsverbindliche Unterschrift durch lediglich einen Prokuristen ist seit der Vergaberechtsnovelle des Jahres 2000 selbst in der VOB/A und VOL/A kein Ausschlussgrund mehr. Für die VOF gilt ein Erst-Recht-Schluss, da dort die Ausschlussgründe in § 11 normiert sind und die nicht rechtsverbindliche Unterschrift nicht genannt ist.
2. Führt der Auftraggeber eine Neubewertung mit neuen Bietergesprächen durch, handelt es sich dennoch um kein separates Verfahren mit Submissionstermin. Einen solchen gibt es ohnehin nur in VOB-Verfahren.
3. Rügt ein Bieter, dass preisliche Aspekte, die seiner Ansicht nach für sein Angebot sprechen, jedoch nicht nach § 16 Abs. 3 VOF publiziert wurden, nicht in die Entscheidung eingeflossen sind, ist dies aufgrund der fehlenden Publikation unbeachtlich.
4. Für den Zeitpunkt des Entstehens der Rügeobliegenheit ist das Erkennen eines Vergaberechtsverstoßes relevant, nicht die Entstehung desselben.

VPRRS 2006, 0368

VK Sachsen, Beschluss vom 11.02.2005 - 1/SVK/128-04
1. Der Auftraggeber verletzt den Bieter nicht dadurch in seinen Rechten, dass er seine Angebot bis zur dritten Wertungsstufe im Wertungsvorgang belässt und zu seinen Gunsten nicht von einem Fehlen wesentlicher Preisangaben ausgeht, obwohl dies nach logischen Gesichtspunkten nahe liegt.
2. Bei ungewöhnlich niedrig erscheinenden Angeboten innerhalb der der Wirtschaftlichkeitsprüfung vorangehenden Preis- und Preis-Leistungs-Prüfung hat der Auftraggeber eine Nachfragepflicht, um die zu erfüllen er die Einzelposten der Angebote zu prüfen hat, die jedoch nicht denklogisch mit einem Nachfrageverbot bei nicht ungewöhnlich niedrigen erscheinenden Angeboten korreliert.
3. Der Begriff des „Dienstleistungsauftrags“, der eine Leistung zur ausschreibungspflichtigen Leistung i.S.v. § 99 GWB macht, ist weit auszulegen, so dass alle gegenseitigen Verträge erfasst sind, mit denen der öffentliche Auftraggeber im Rahmen der Bedarfsdeckung die Leistungserbringung gegen Entgelt vereinbart.
4. Eine Entsorgungsträgereigenschaft nach §§ 15, 17, 18 KrW-/AbfG ist gegeben, wenn der Auftraggeber die ihm auferlegten Aufgaben nicht allein durch den Verkauf des Altpapiers an Dritte erfüllen kann, da dann der Verwertungserfolg noch nicht eingetreten ist.

VPRRS 2006, 0366

VGH Hessen, Beschluss vom 20.12.2005 - 3 TG 3035/05
1. Ist ein Investorenauswahlverfahren darauf ausgerichtet, einen Erwerber für das bzw. die Treuhandgrundstücke auszuwählen, der einen wirtschaftlich günstigen Preis für das/die Grundstücke bietet und dessen Bauabsichten den städtebaulichen Gestaltungsvorstellungen entsprechen, finden die vergaberechtlichen Vorschriften des GWB keine Anwendung.*)
2. Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ist, richtet sich, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Rechtswegzuweisung fehlt, nach ständiger Rechtsprechung nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird.*)
3. Werden in einem städtebaulichen Entwicklungsbereich durch eine von der Gebietskörperschaft eingeschaltete Treuhänderin Grundstücke veräußert, unterliegt die Tätigkeit der Treuhänderin zumindest insoweit den Vorgaben öffentlich-rechtlicher Normen, als sie gemäß § 167 Abs. 3 i.V.m. § 169 Abs. 5 bis 8 BauGB verpflichtet ist, nur unter Beachtung der besonderen städtebauentwicklungsrechtlichen Vorschriften, die von ihr treuhänderisch verwalteten Grundstücke zu veräußern.*)
4. Der Streit um eine Vergabeentscheidung hinsichtlich eines gemeindlichen Grundstücks stellt trotz der privatrechtlichen Abwicklung zumindest dann eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 VwGO dar, wenn die vergebende Stelle - sei es die Gebietskörperschaft selbst oder sei es ein von ihr eingesetzter Treuhänder - hinsichtlich der Vergabeentscheidung aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorgaben in seiner Entscheidung gebunden ist.*)
5. Sowohl der isoliert geltend gemachte Akteneinsichtsanspruch sowie der Anspruch auf Vorlage einer Begründung einer ablehnenden Verwaltungsentscheidung zielen auf unselbständige Verfahrenshandlungen, die gemäß § 44 a VwGO nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können.*)

VPRRS 2006, 0365

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.07.2006 - VK-SH 18/06
1. Eine Bepreisung von Positionen im Leistungsverzeichnis mit Null Euro ist grundsätzlich nicht unzulässig. Nur aus diesem Grund können Angebote daher nicht ausgeschlossen werden. Es liegt im Verantwortungsbereich des Bieters, wie er seine Preise kalkuliert und zu welchen Preisen er welche Leistungen des Leistungsverzeichnisses anbietet.*)
2. Äußert ein Bieter im Aufklärungsgespräch nur Vermutungen für vorhandene Null-Euro-Positionen und nennt zwei mögliche Erklärungen, die sich im übrigen auch noch ausschließen, hat er damit keine eindeutige Erklärung abgegeben und weder eine Mischkalkulation noch fehlende (vergessene) Preisangaben eingeräumt.*)
3. Ergibt die Aufklärung gemäß § 24 VOB/A, dass die Preise für die ausgeschriebenen Leistungen nicht in der nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A erforderlichen Weise das tatsächlich für die Leistung geforderte Entgelt ausweisen, ist die Vergabestelle nicht verpflichtet, Ermittlungen darüber anzustellen, welche Preise für welche Leistungen tatsächlich gefordert werden, um auf diese Weise die Vergleichbarkeit der Angebote herzustellen.*)
4. Da dem Bieter eine Mitwirkungsobliegenheit bei der Aufklärung von einzelnen Preispositionen zukommt (§ 24 Nr. 2 VOB/A), muss die Vergabestelle ihm auch ausreichend Gelegenheit geben, dem berechtigten Aufklärungsersuchen nachzukommen. Hierzu gehört es, dass insbesondere bei einem umfangreichen Leistungskatalog auf Fragen zu einzelnen Preispositionen in der Einladung zum Aufklärungsgespräch hingewiesen wird.*)
5. Wenn Null-Euro-Positionen im Aufklärungsgespräch durch den Bieter nur mit Gründen erklärt werden können, die den Ausschluss des Angebotes indizieren (Angabe vergessen oder andernorts eingepreist), muss der Bieter (im Nachgang) aufgrund seiner Mitwirkungspflicht zur Vermeidung eines Ausschlusses seines Angebots eine Stellungnahme abgeben, aus der sich das Vorliegen eines vergaberechtskonformen Grundes für diese Preisangaben ergibt.*)

VPRRS 2006, 0364

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27.07.2006 - VK-SH 17/06
1. Das dem Auftraggeber gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) VOL/A zustehende Ermessen reduziert sich von vornherein auf Null, wenn der öffentliche Auftraggeber bestimmte Unterlagen zu unbedingt vorzulegenden Angebotsunterlagen erklärt hat.*)
2. Um sicherzustellen, dass die Vergabestelle vergleichbare Angebote wertet, muss auf einen einheitlichen Zeitpunkt für die Bewertung der Aktualität (z.B. "nicht älter als drei Monate") der Gewerbezentralregisterauszüge abgestellt werden. Maßgeblicher Zeitpunkt, zu dem die Gültigkeitsdauer des Gewerbezentralregisterauszuges bei Vergaben nach der VOL/A (noch) bestehen muss, ist daher weder der Zeitpunkt der Abgabe des Angebots noch der Submissionstermin sondern das Ende der Angebotsfrist.*)
3. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht verpflichtet, sämtliche Einzelheiten seiner Nachweisforderungen schon in der Bekanntmachung anzugeben. Es reicht vielmehr aus, wenn der Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung angibt, welche Nachweise er von den Bietern fordert. Eine Konkretisierung von Nachweisen mit weiteren Einzelheiten, muss nicht in der Bekanntmachung, sondern kann in den Ausschreibungsunterlagen erfolgen.*)
4. Der Einwand eines Bieters, dass ihm die Einholung eines aktuellen Gewerbezentralregisterauszuges auf Grund des Streiks in der zuständigen Behörde nicht ohne weiteres möglich war, kann grundsätzlich nicht durchgreifen.*)

VPRRS 2006, 0363

VK Brandenburg, Beschluss vom 11.07.2006 - 1 VK 25/06
1. Nach § 4 Abs. 5 VgV hat der Auftraggeber sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme eines Bieters oder Bewerbers, der den Auftraggeber vor Einleitung des Vergabeverfahrens beraten oder sonst unterstützt hat, nicht verfälscht wird.
2. Nach der systematischen Stellung des § 4 Abs. 5 VgV soll diese Vorschrift im Rahmen der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen nur für Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3 GWB gelten, die die Bestimmungen des 2. Abschnitts der VOL/A anwenden (§ 4 Abs. 1 VgV).
3. Eine entsprechende Anwendung des § 4 Abs. 5 VgV ist nach § 6 Abs. 3 VgV für Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 bis 3, 5 und 6 GWB für die Vergabe von Bauaufträgen nach dem 2. Abschnitt der VOB/A vorgesehen.
4. § 4 Abs. 5 VgV findet im Sektorenbereich keine direkte Anwendung; das gilt auch für die Vergabe freiberuflicher Dienstleistungen nach § 5 VgV, wo ebenfalls keine entsprechende Anwendung des § 4 Abs. 5 VgV vorgesehen ist.
5. Ob und wann ein vorbefasster Bieter auszuschließen ist, kann im vorliegenden Fall offen bleiben.
6. Von fehlender Eignung eines Bewerbers kann auch dann gesprochen werden, wenn er bestimmte zusätzliche Anforderungen nicht erfüllt, die der Auftraggeber aus Gründen, die in der Natur der ausgeschriebenen Aufgabe und der mit ihr verfolgten Zwecke liegen, mit Recht zur Voraussetzung für die Auftragsvergabe machen will.
7. Liegt aufgrund der personellen Überschneidungen zwischen Bieter und Projektsteuerer Personenidentität vor, fehlt dem Bieter für die ausgeschriebene Bauüberwachungsleistung die Zuverlässigkeit.
8. Eine Identität zwischen dem Projektsteuerer und dem Bieter liegt vor, wenn der geschäftsführende Gesellschafter des Komplementärs des Projektsteuerers zugleich Geschäftsführer des Bieters ist.

VPRRS 2006, 0362

VK Sachsen, Beschluss vom 19.07.2006 - 1/SVK/060-06
1. Eine Vereinbarung zur Bildung einer Bietergemeinschaft stellt nur dann eine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung dar, wenn der Entschluss zur Mitgliedschaft in der Bietergemeinschaft für eines der beteiligten Unternehmen keine im Rahmen zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Handelns liegende Entscheidung ist.*)
2. Fehlt es an der erforderlichen Vorlage von Eignungsnachweisen, liegt kein Anwendungsfall von § 21 Nr. 1 Abs. 1, § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) VOL/A vor, in dem das Fehlen geforderter "Angaben und Erklärungen" nur nach pflichtgemäßem Ermessen des Auftraggebers zu einem Ausschluss des Angebots führt. Eignungsnachweise unterfallen nicht dem Begriff der "Angaben und Erklärungen" im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1, § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) VOL/A. Dagegen ist die aus § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A folgende Konsequenz, wonach Angebote, in denen die Eignung nicht belegt ist, von der Wertung auszunehmen sind, im Rechtsinne zwingend.*)

VPRRS 2006, 0359

OLG Schleswig, Beschluss vom 11.08.2006 - 1 Verg 1/06
1. Werden an dem Angebot Korrekturen mit einem Korrekturband vorgenommen, welches sich selbst bei intensiver mechanischer Behandlung nicht ablösen lässt, ohne das darunter befindliche Papier mit abzulösen, so rechtfertigt dies keinen Ausschluss.
2. Zu der Frage, welche Vorkehrungen getroffen werden müssen, damit auch zu erkennen ist, dass die Korrekturen tatsächlich vom Bieter stammen.

VPRRS 2006, 0358

VK Sachsen, Beschluss vom 03.11.2005 - 1/SVK/125-05
(ohne amtlichen Leitsatz)

VPRRS 2006, 0355

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 26.07.2006 - VK-SH 11/06
1. Der im Vergabeverfahren maßgebliche Auftraggeber ist derjenige, der den Teilnehmern am Wettbewerb als Auftraggeber genannt ist. Der Auftraggeber muss sich an der von ihm der Öffentlichkeit gegenüber gewählten oder geduldeten Vertretungsform auch hinsichtlich des Nachprüfungsverfahrens festhalten lassen.*)
2. Insbesondere beinhaltet § 26 VOL/A ein vergaberechtliches Gebot, nur aus den dort genannten Gründen aufzuheben. Dieses Gebot hat bieterschützende Wirkung und dient der Sicherstellung, dass die Aufhebung der Ausschreibung nicht als Maßnahme der Diskriminierung einzelner Bieter missbraucht werden kann.*)
3. Kann das infolge eines behaupteten Vergaberechtsverstoßes bestehende Interesse eines Bieters allein noch auf Schadensersatz gerichtet sein, weil das Vergabeverfahren durch wirksame Auftragsvergabe beendet ist, steht nur noch der Weg zu den Zivilgerichten offen.*)
4. Für eine Interpretation oder eine teleologische Reduktion des Begriffs "Zuschlag" dahingehend, dass es entgegen dem Wortlaut des § 114 Abs. 2 GWB nicht auf den Zeitpunkt des "Zuschlages", sondern auf den des "Vertragsschlusses" ankommt, besteht kein Raum.*)
5. Es widerspräche Treu und Glauben, wenn sich eine Gebietskörperschaft bei einem Verstoß gegen die Formvorschriften auf die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts beruft, obwohl der mit der Formvorschrift bezweckte Schutz deshalb bedeutungslos geworden ist, weil das nach öffentlichrechtlichen Vorschriften für die Willensbildung zuständige Organ der Körperschaft das Verpflichtungsgeschäft gebilligt hat.*)
6. Eine Leistung, die nicht in Lose aufgeteilt wurde, ist einer weiteren nachträglichen Aufspaltung in kleinere Einheiten, die grundsätzlich als Lose gelten könnten, nicht zugänglich.*)
7. Für die Zulässigkeit eines Feststellungsantrages ist Voraussetzung, dass der Nachprüfungsantrag überhaupt zulässig war.*)

VPRRS 2006, 0354

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 11.07.2006 - VK-SH 13/06
1. Erledigt sich das Verfahren vor der Vergabekammer wegen Antragsrücknahme ohne Entscheidung zur Sache, hat der Antragsteller die für die Tätigkeit der Vergabekammer entstandenen Kosten zu tragen.*)
2. Nimmt der Antragsteller seinen Nachprüfungsantrag zurück, findet eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners (oder auch der Beigeladenen) im Verfahren vor der Vergabekammer nicht statt.*)

VPRRS 2006, 0353

VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 13.07.2006 - VK-SH 15/06
1. Die Restriktionen des Buchpreisbindungsgesetzes schließen wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen nicht von vornherein aus.*)
2. Voraussetzung für einen Angebotsausschluss als Folge einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f] VOL/A) ist der konkrete Nachweis, dass eine derartige Abrede in Bezug auf die konkrete Vergabe im Sinn und mit dem Zweck einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung getroffen worden ist. Reine Vermutungen auf getroffene Abreden erfüllen diesen Tatbestand keinesfalls.*)
3. Die Frage, ob bestimmte Umstände die Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f) VOL/A verwirken, ist stets auch unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) aufgrund einer sorgfältigen Interessenabwägung zu entscheiden. Verwandtschaftliche Verhältnisse allein vermögen einen derart schwerwiegenden Eingriff in die Berufsfreiheit nicht zu rechtfertigen, da diese Tatsache für sich genommen noch kein gegen den Wettbewerb gerichtetes Verhalten darstellt.*)
4. Im Nachprüfungsverfahren gilt die materielle Beweislast, so dass jeder Verfahrensbeteiligte das Risiko trägt, dass er die Vergabekammer nicht vom Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer für ihn günstigen Norm überzeugen kann.*)

VPRRS 2006, 0350

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.2005 - Verg 38/05
Sollen für alle Positionen Preisangaben gemacht werden und steht im Vertragstext für Pförtnerdienste an Wochenend- und Feiertagen „auf Wunsch“, so muss dennoch für diese Position ein Preis angegeben werden, weil durch die Formulierung nur zum Ausdruck gebracht wird, dass es sich um eine Wahlposition handelt. Die Pflicht zu diesbezüglichen Preisangaben blieb davon unberührt.

VPRRS 2006, 0349

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 14.07.2006 - 7 OB 105/06
Für Streitigkeiten in Vergabeverfahren, die Aufträge unterhalb der Schwellenwerte betreffen, ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.*)

VPRRS 2006, 0347

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.07.2006 - 7 OB 65/06
Streitigkeiten über die Vergabe öffentlicher Aufträge, die die in § 2 VgV festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen, sind keine öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, so dass es bei der allgemeinen Rechtswegszuweisung an die ordentlichen Gerichte verbleibt.

VPRRS 2006, 0345

VK Sachsen, Beschluss vom 05.09.2005 - 1/SVK/104-05
1. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist nach seinem Wortlaut und Sinn nur auf "im Vergabeverfahren", aber nicht auf erst "im Nachprüfungsverfahren" erkannte Vergaberechtsverstöße anwendbar. Die Rügeobliegenheit für Vergaberechtsfehler, die erst während des laufenden Vergabenachprüfungsverfahrens bekannt werden, entfällt daher
2. Dies gilt auch für den Fall, dass ein Antragsteller erst im Laufe eines Nachprüfungsverfahrens von einem Verstoß gegen Vergabevorschriften positive Kenntnis erlangt - und sei es dadurch, dass sich bei ihm erst in diesem Verfahren die hierzu erforderliche rechtliche Wertung vollzieht.
3. Ändert der Auftraggeber in Folge einer Rüge seine Bewertung hinsichtlich eines Kriteriums und lässt diese Neubewertung dem Antragsteller im zugehen, hat er die gerügten Vergaberechtsverstöße beseitigt, so dass sie nicht mehr streitgegenständlich sind.
4. Vergaberechtsverstöße, die nach einer Wertungskorrektur neu erkannt werden, sind ebenso wie die vor einer Korrektur erkannten unverzüglich nach Kenntnis zu rügen.
5. Ist ein Unterkriterium offensichtlich nicht der Vergabeakte zu entnehmen, liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 18 VOF vor.

VPRRS 2006, 0342

VK Sachsen, Beschluss vom 10.08.2005 - 1/SVK/088-05
1. In EU-Verfahren findet aufgrund § 9a VOL/A, der über § 4 VgV bei Vergaben von Dienstleistungsaufträgen Geltung hat, eine Bindung des Auftraggebers in der Weise statt, dass er an die ordnungsgemäß bekannt gemachten Zuschlagskriterien in der Weise gebunden ist, dass er alle benannten Zuschlagskriterien bei der Wertung der Angebote berücksichtigen muss, andererseits aber auch keine anderen, nicht bekannt gemachten, Zuschlagskriterien berücksichtigen darf. Dabei bestimmt § 9a VOL/A, dass der Auftraggeber - alle relevanten - Zuschlagskriterien entweder schon in der EU-Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen angeben muss. Dies bedeutet, dass sich der Auftraggeber abschließend hinsichtlich der Zuschlagskriterien festgelegt hat, wenn er sie in der Vergabebekanntmachung namentlich bezeichnet hat. Ein Abändern (Weglassen, Hinzufügen) in den späteren Verdingungsunterlagen ist dem Auftraggeber dann verwehrt, wobei es ihm grundsätzlich frei steht, (alle) Zuschlagskriterien erst in den Verdingungsunterlagen (erstmalig) zu benennen.*)
2. Auch ein fälschlicherweise als Zuschlagskriterium benanntes Eignungskriterium muss aufgrund Selbstbindung des Auftraggebers in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einbezogen werden (OLG Düsseldorf, B. v. 25.02.2004, Verg 77/03).*)
3. Ein Ausschluss eines Bieters als ungeeignet darf nur auf der Grundlage von Umständen erfolgen, die auf einer gesicherten Erkenntnis des Ausschreibenden beruhen. Die zulässige Grenze für einen Ausschluss ist bei reinen Verdachtsmomenten dann zu Lasten eines Bieters überschritten, wenn sich der Auftraggeber auf Gerüchte verlässt und eventuelle Informationen von Seiten Dritter nicht selbst verifiziert. Auch eine reine Schlecht- oder Verzugsleistung kann für sich gesehen keinen Ausschluss eines Bieters rechtfertigen, wenn nicht auch die Verschuldensfrage für die Mängelleistung eindeutig zu Lasten des Bieters ermittelt wurde. Denn zu der Frage, ob der Bieter für die ausgeschriebene Leistung geeignet erscheint, zählt auch ein früheres vertragswidriges Verhalten des Bieters, insbesondere Schlechtleistungen. Erforderlich ist dabei auch eine umfassende Abwägung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte unter angemessener Berücksichtigung des Umfangs, der Intensität, des Ausmaßes und des Grads der Vorwerfbarkeit der Vertragsverletzungen. Insbesondere ist auch die Ursache für die nicht vertragsgerechte Durchführung eines früheren Auftrags in die Betrachtung einzubeziehen. Ohne schlussendliche Klärung dieser Verschuldensumstände darf eine vereinzelte, aber erwiesene, Mängelleistung nicht zum Ausschluss des Angebots in einer späteren Vergabe führen.*)
4. Eine Verneinung der für die Leistungserbringung notwendigen Eignung ist grundsätzlich denkbar, wenn die persönlichen oder fachlichen Voraussetzungen nach Überzeugung des Auftraggebers fehlen. Zu dieser Beurteilung findet in EU-Verfahren grundsätzlich eine Abforderung relevanter und einschlägiger Eignungsunterlagen nach § 7 a i. V. m. § 7 VOL/A statt. Ergeben diese Unterlagen keine Beanstandungen im Hinblick auf Leistungsfähigkeit, Fachkunde und Zuverlässigkeit, ist grundsätzlich von der generellen Eignung eines Bieters auszugehen. Dies gründet sich insbesondere daraus, dass der Auftraggeber in EU-Vergaben nicht befugt ist, weitere und erweiternde Eignungsnachweise von den Bietern zu fordern.*)

VPRRS 2006, 0338

VK Sachsen, Beschluss vom 07.07.2005 - 1/SVK/061-05
1. Ändert ein Bieter in seinem Angebot bindende und zweifelsfreie Vorgaben der Verdingungsunterlagen wie die Leistungsbeschreibung (inkl. Baubeschreibung) und technische Vertragsbedingungen, ohne dass es noch auf die Erheblichkeit der Änderung ankäme, ist sein Angebot zwingend auszuschließen.
2. Gibt der Bieter den Standort eines Krans abweichend von den Anforderungen im Leistungsverzeichnis und deren Anlage an, ist darin bereits eine Änderung der Verdingungsunterlagen zu sehen, da die angebotene Leistung nicht der Leistungsbeschreibung des öffentlichen Auftraggebers entspricht, also eine andere Leistung darstellt.
3. Selbst dann, wenn eine Leistungsbeschreibung erkanntermaßen unklar bzw. risikoreich ist, darf der Bieter diese Lückenhaftigkeit nicht durch eigene, für ihn günstige Kalkulationsannahmen ausfüllen.

VPRRS 2006, 0337

VK Sachsen, Beschluss vom 31.05.2005 - 1/SVK/046-05
1. Der aus dem vertragsrechtlichen Grundsatz, dass von dem Abschluss eines Vertrages Abstand genommen und grundsätzlich niemand zum Abschluss eines Vertrages gezwungen werden kann, folgende mögliche Verzicht auf eine Auftragsvergabe gilt auch für das öffentliche Auftragswesen.
2. Jedoch ist eine Verzichtsentscheidung auch nicht losgelöst von allen rechtlichen Bindungen möglich. Ein öffentlicher Auftraggeber hat beim Verzicht auf die Auftragsvergabe vielmehr die allgemeinen vergabeverfahrensrechtlichen Prinzipien des Transparenzgebots, des Vertrauensschutzprinzips sowie des Willkürverbots und des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu beachten, vor allem wenn gar kein abschließender Verzicht erfolgen soll, sondern lediglich eine erneute Ausschreibung des VOF-Verfahrens mit modifizierter Vergabebekanntmachung.
3. Die Regelung des § 26 VOL/A ist lediglich eine für den Bereich der nicht freiberuflichen Dienstleistungsaufträge festgelegte Vorschrift, während es für die Beendigung eines VOF-Vergabeverfahrens keine Vorschrift, die den im VOF-Verfahren unanwendbaren §§ 26 VOB/A bzw. VOL/A entspräche.
4. Die Aufhebung eines Vergabeverfahrens darf in Ansehnung des Wettbewerbsprinzips nicht dazu genutzt werden, um denjenigen Bewerbern, die ihre Eignung im laufenden VOF-Verfahren nicht erbringen konnten, eine erneute Chance zu bieten, sich an dem in wesentlichen Teilen gleichem VOF-Verfahren erneut zu bewerben.
5. Kann der Auftraggeber nicht schlüssig darlegen, dass seine Aufhebung der Ausschreibung das geeignete Mittel war, um ein rechtmäßiges, den Vergabegrundsätzen entsprechendes Vergabeverfahren durchzuführen, kann ihm aufgegeben werden, den Verzicht auf die Vergabe rückgängig zu machen und die Verpflichtung zur Fortsetzung des Verhandlungsverfahrens auszusprechen.

VPRRS 2006, 0332

VK Sachsen, Beschluss vom 08.02.2005 - 1/SVK/03-05
1. Die über § 4 VgV für Dienstleistungsaufträge anzuwendenden Regelungen der § 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3, Abschnitt 2 der VOL/A gehören zu den Bestimmungen über das Vergabeverfahren im Sinne des § 97 Abs. 7 GWB, auf deren Einhaltung Bieter einen (Rechts-)Anspruch haben.*)
2. Bei ungewöhnlich niedrig erscheinenden Angeboten eines Bieters hat der Auftraggeber eine Nachfragepflicht gegenüber dem Bieter, d. h. er ist gehalten, die Einzelposten dieses Angebotes zu prüfen, § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A, und vom Bieter die erforderlichen Belege bzw. Erklärungen zu verlangen.*)
3.Eine Nichtberücksichtigung eines angeblich ungewöhnlich niedrigen Angebotes widerspricht europäischem Vergaberecht, wenn dem Bieter vorher keine Gelegenheit eingeräumt wird, seinen Standpunkt zu denjenigen Bestandteilen der angebotenen Preise darzulegen, die beim Auftraggeber in dieser Richtung Argwohn erregt haben (EuGH, Urt. v. 27.11.2001, verb. Rs. C-285/99 und C-286/99). Diese zur Baukoordinierungsrichtlinie vom EuGH getroffene Entscheidung muss erst recht für die Beschaffung von Dienstleistungen nach der Dienstleistungsrichtlinie gelten, da es im nationalen Umsetzungsverfahren an einem öffentlichen Submissionstermin mangelt und die VOL/A entgegen den Vorgaben aus Art. 37 Abs. 1 der Dienstleistungsrichtlinie keine schriftliche Aufklärung über die Einzelposten des Angebots vorsieht wie dies § 25 Nr. 2 Abs. 2 S. 1 VOB/A in wortgetreuer Umsetzung von Art. 30 Abs. 4 S. 1 der Baukoordinierungsrichtlinie vorsieht.*)
4. Es verstößt gegen das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB, wenn der Auftraggeber seine Ausschlussentscheidung zu Lasten eines Bieters auf ein vorher nicht bekannt gemachtes Auswahlkriterium (einzuhaltender Mindestwert des Unternehmerstundenlohnsatzes) stützt (wie VK Düsseldorf, B. v. 26.08.2004, VK 30/2004). Dies gilt in selbiger Weise, wenn zwar das Kriterium „realistischer und plausibler Leistungskorridor“ vorgegeben war, aber die Ausschlussentscheidung entscheidend auf nicht bekannt gegebene - von einem Sachverständigen des Gebäudereinigerhandwerks zugearbeitete – Durchschnittswerte für die Unterhaltsreinigung verschiedener Hauptleistungsbereiche gestützt hat. Denn in einem solchen Fall ist es einem Bieter – bei einer rigiden Ausschlussentscheidung ohne Differenzierung bei Unterschreiten dieser Durchschnittswerte – von vornherein nicht möglich, diese intransparenten Durchschnittswerte als überhöht zu monieren oder seine Kalkulation auf diese Werte auszurichten.*)
5. Über die Vorschrift des § 5 Abs. 4 Tarifvertragsgesetz sind auch nicht tarifgebundene Unternehmen verpflichtet, für allgemein verbindlich erklärte Mindestlöhne einzuhalten. Die Einhaltung dieser Festlegungen hat auch der Auftraggeber über § 97 Abs. 4 GWB zu beachten.*)
6. Es liegt kein Verstoß gegen § 27 Nr. 2 VOL/A vor, wenn der Auftraggeber in seinem Absageschreiben nach § 13 VgV weder die Anzahl der eingegangenen Angebote noch den niedrigsten und höchsten Angebotsendpreis benannt hat. § 27 Nr. 1 S. 2 VOL/A regelt nämlich gerade, dass diese Informationspflichten erst nach Zuschlagserteilung und nicht schon im noch laufenden Wettbewerb ausgelöst werden.*)

VPRRS 2006, 0331

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.2006 - Verg 10/06
1. Gibt ein Bieter ein eigenes Angebot ab und ist gleichzeitig in dem Angebot eines anderen Bieters als Subunternehmer aufgeführt, so genügt dies nicht, um beide Bieter wegen einer Doppelbewerbung auszuschließen, da dieser Sachverhalt nicht ausreicht, um die für einen Angebotsauschluss erforderliche Kenntnis des Angebots oder zumindest der Angebotsgrundlagen des Mitbewerbers festzustellen. Vielmehr müssen weitere Tatsachen hinzutreten, die nach Art und Umfang des Nachunternehmereinsatzes sowie mit Rücksicht auf die Begleitumstände eine Kenntnis von dem zur selben Ausschreibung abgegebenen Konkurrenzangebot annehmen lassen.
2. Auch dass sie gesellschaftsrechtlich miteinander verbunden sind, reicht hierfür nicht aus, soweit die Verbindungen nicht eine Abhängigkeit und Beherrschung voraussetzende Qualität einer Unternehmensverbindung im Sinne der §§ 36 Abs. 2 GWB, 17, 18 AktG erreichen.
3. Sollen im Nachunternehmerverzeichnis auch die Sub-Subunternehmer bezeichnet werden, so ist ein Angebot auszuschließen, welches diese Sub-Subunternehmer nicht aufführt.

VPRRS 2006, 0330

VK Düsseldorf, Beschluss vom 01.09.2005 - VK-16/2005-Z
Der Antragsgegner hat keine etwa notwendige Ermessensentscheidung unterlassen oder fehlerhaft vorgenommen. Da die Antragstellerin eine nach § 7a Nr. 2 Abs. 2, Buchst. b VOL/A zur Beurteilung ihrer Eignung gestattete Anforderung nicht erbracht hatte, konnte ihre Eignung nicht festgestellt werden und war das Angebot gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A zwingend auszuschließen. Einen Ermessensspielraum räumt diese Vorschrift nicht ein.*)
