Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
4933 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2006
VPRRS 2006, 0078EuGH, Urteil vom 09.02.2006 - Rs. C-228/04
Art. 29 Abs. 1 e, f Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG steht einer nationalen Regelung oder Verwaltungspraxis nicht entgegen, nach der ein Dienstleistungserbringer, der bei Ablauf der Frist für die Einreichung des Antrags auf Teilnahme am Vergabeverfahren seine Verpflichtungen im Bereich der Sozialbeiträge sowie der Steuern und Abgaben nicht durch vollständige Zahlung der entsprechenden Beträge erfüllt hat, seine Situation
- aufgrund staatlicher Maßnahmen der Steueramnestie oder der steuerlichen Milde oder
- aufgrund einer mit der Verwaltung getroffenen Vereinbarung über Ratenzahlung oder Schuldenentlastung oder
- durch Einlegung eines verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs
nachträglich regularisieren kann, sofern er innerhalb der in der nationalen Regelung oder durch die Verwaltungspraxis festgelegten Frist nachweist, dass er Begünstigter solcher Maßnahmen oder einer solchen Vereinbarung war oder dass er innerhalb dieser Frist ein solches Rechtsmittel eingelegt hat.*)
VolltextVPRRS 2006, 0075
VK Sachsen, Beschluss vom 23.08.2005 - 1/SVK/059-05
1. Nimmt der Antragsteller seinen Nachprüfungsantrag vor der Vergabekammer zurück, so ist er wie ein Unterliegender im Sinne des § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB zu behandeln und hat alle Kosten und Aufwendungen zu tragen, die den anderen Beteiligten wegen ihrer Teilnahme an dem Nachprüfungsverfahren entstehen.
2. Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der erkennenden Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens.
VolltextVPRRS 2006, 0071
VK Sachsen, Beschluss vom 17.06.2005 - 1/SVK/058-05
1. Mit der EU-Bekanntmachung der Zuschlagskriterien reduziert der Auftraggeber sein ansonsten bestehendes Beurteilungs- und Auswahlermessen bei der Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots nach § 97 Abs. 5 GWB, § 25 VOL/A. Durch die Wortwahl "alle" Zuschlagskriterien in § 9 a VOL/A ist hinreichend deutlich gemacht, dass alle Zuschlagskriterien in der EU-Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen benannt werden müssen. Eine vermischte Benennung von einigen Zuschlagskriterien in der EU-Bekanntmachung (hier acht) und anderen in den Verdingungsunterlagen (hier zwölf), ist unzulässig. Werden bei dieser Sachlage zudem nur drei der benannten sowie ein völlig neues Zuschlagskriterium in die Wertung eingestellt, ist die Wertung vergaberechtswidrig.*)
2. Im Umkehrschluss bedeutet dies auch, dass der Auftraggeber alle - korrekt - benannten Zuschlagskriterien bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung anzuwenden hat. Dies gilt selbst dann, wenn es sich dabei aus objektiver Sicht teilweise um - ungerügte -Eignungskriterien nach § 7 a VOL/A handelt (wie OLG Düsseldorf, B. v. 25.02.2004, Verg 77/03 zur vergleichbaren VOB/A).*)
3. Die Nichtveröffentlichung von Wichtungsfaktoren der Zuschlagskriterien ist nur dann vergaberechtswidrig, wenn sie intern schon verbindlich vorlagen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0070
VK Sachsen, Beschluss vom 23.06.2005 - 1/SVK/068-05
1. Bei einer Interessenabwägung im Rahmen eines Gestattungsverfahrens nach § 115 Abs. 2 GWB ist die Tatsache einer möglichen weiteren Verzögerung durch ein Beschwerdeverfahren beim Oberlandesgericht nicht mit einzubeziehen. Soweit sich die Unzulässigkeit oder Unbegründetheit eines Nachprüfungsantrags aber ohne Weiteres ergibt, sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache in die Abwägung mit einzubeziehen.*)
2. Es liegt ein Verstoß gegen § 25 Nr. 1 lit. f) VOL/A vor, wenn das Angebot eines Bieters nur deswegen ausgeschlossen wurde, weil es textlich ähnliche Formulierungen zu anderen Angeboten aufweist. Dies gilt erst recht, wenn hinsichtlich Serviceleistungen auf branchenbekannte Merkblätter (hier des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels für kommunale Schulträger) bei den eigenen Formulierungen zurück gegriffen wurde. Gemeinsame Absprachen zur Angebotsabgabe und Angebotsgestaltung können die Marktverhältnisse spürbar beeinflussen, da sie die Chancen der sich absprechenden Unternehmen gegenüber Konkurrenten steigern. Für derartige wettbewerbsbeschränkende Abreden muss aber ein gesicherter Nachweis existieren. Eine reine Vermutung genügt für einen Angebotsausschluss nicht.*)
3. Verlangen die Verdingungsunterlagen lediglich die Vorlage von Referenzen ohne Jahresangaben kann ein Ausschluss eines Angebots nicht auf § 25 Nr. 1 Abs. 1, § 21 Nr. 1, 2 i. V. m. § 7 a Nr. 2 Abs. 2, 3 VOL/A gestützt werden, wenn keine Referenzen über den Gesamtumsatz der letzten drei Jahre vorgelegt wurden.*)
VolltextVPRRS 2006, 0065
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 05.01.2006 - VK-SH 31/05
1. Änderungen an den Eintragungen des Bieters müssen nicht nur als solche sondern auch als vom Bieter stammend erkennbar sein; dies ist bei der bloßen Verwendung von „Tipp-Ex“ oder Korrekturrollern ohne namentliche Abzeichnung der Änderungen samt Datumsangabe nicht der Fall, was zum Ausschluss des Angebotes gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. c) VOL/A führt.*)
2. Eine im Anschreiben zum Angebot enthaltenen Formulierung „Bei der Erstellung der Versicherungsscheine kann es aufgrund von Rundungsdifferenzen zu geringfügigen Abweichungen in den Endbeträgen kommen“ dürfte eine unzulässige Änderung an den Verdingungsunterlagen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A darstellen.*)
3. Der rechtmäßige Ausschluss des Angebots des Antragstellers führt jedenfalls wegen Unbegründetheit zur Zurückweisung des Nachprüfungsantrags und nimmt dem Antragsteller ohne Rücksicht auf die Wertungsfähigkeit der Angebote anderer Bieter auch den Anspruch auf Gleichbehandlung nach § 97 Abs. 2 GWB.*)
VolltextVPRRS 2006, 0064
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 10.01.2006 - VK-SH 30/05
1. Nur dadurch, dass alle Bieter ihrem Angebot einen eigenen Listenpreis zugrunde legen, ist die Gleichmäßigkeit der Preiskalkulation aller Bieter und die Vergleichbarkeit der Angebote gewährleistet. Bei geforderten eigenen Listenpreisen (bzw. Angebotspreisen mit genehmigungsfreiem Anpassungsmechanismus) handelt es sich um eine wesentliche Preisangabe i.S.d. § 25 Nr. 1 Abs. 1 (a) VOL/A.*)
2. Im Falle eines zwingenden Ausschlussgrundes ist der Nachprüfungsantrag des Antragstellers (jedenfalls als unbegründet) zurückzuweisen. Der zwingende Ausschluss nimmt einem Bieter ohne Rücksicht auf die Wertungsfähigkeit anderer Angebote den Anspruch auf Gleichbehandlung nach § 97 Abs. 2 GWB.*)
VolltextVPRRS 2006, 0062
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 11.01.2006 - VK-SH 28/05
1. Ist nach den Ausschreibungsbedingungen die Beauftragung eines Generalplaners für verschiedene Teilleistungen nach der HOAI jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, ist es für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags unerheblich, dass das streitgegenständliche Los allein nicht den Schwellenwert erreicht (im Anschluss an VK Nordbayern, Beschluss vom 27.04.2005, 320.VK-3194-13/05, IBR 2005, 443).*)
2. Es stellt einen Verstoß gegen das Vergaberecht in Gestalt des § 16 Abs. 2 und 3 VOF dar, wenn der Auftraggeber bekannt gemachte Auftragskriterien bei der Entscheidung über die Auftragserteilung gemäß § 16 Abs. 1 VOF nicht berücksichtigt.*)
3. Eignungskriterien i.S.d. §§ 11 bis 13 VOF dürfen im Rahmen der Entscheidung über den Auftrag gemäß § 16 Abs. 1 VOF grundsätzlich nicht berücksichtigt werden.*)
4. Die Vergabekammer darf nur diejenigen Maßnahmen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um den festgestellten Vergaberechtsverstoß zu beseitigen und - soweit geboten - darüber hinaus die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens zu gewährleisten. Kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht, den Rechtsverstoß zu beseitigen, muss die Vergabekammer diejenige auswählen, welche die Interessen der Beteiligten möglichst wenig beeinträchtigt.*)
VolltextVPRRS 2006, 0061
VK Bund, Beschluss vom 20.12.2005 - VK 2-156/05
1. Bei der mittelbaren Durchführung von Bauvorhaben für die US-Streitkräfte durch deutsche Behörden ist der Rechtsweg zu den Vergabekammern eröffnet.
2. Erklärungspflichten eines Bieter entstehen nur, wenn der Auftraggeber die Erklärungen, für das konkrete Vergabeverfahren ausdrücklich verlangt und eindeutig bestimmt, dass und zu welchem Zeitpunkt sie beizubringen sind. Im Rahmen der damit vorzunehmenden Auslegung ist auf den Empfängerhorizont, d.h. vorliegend auf das Verständnis der Bieter abzustellen.
3. Eine Änderung der Verdingungsunterlagen gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A setzt voraus, dass der Bieter die zu erbringende Leistung abändert und eine andere als die ausgeschriebene Leistung anbietet.
4. § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A in der Variante des "unangemessen niedrigen Preises" hat grundsätzlich keine bieterschützende Wirkung. Die Vorschrift dient in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers, der bei Zuschlagerteilung auf ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Preis Gefahr liefe, dass der Bieter entweder in eine qualitativ schlechte Leistung oder aber in unberechtigte Nachforderungen auszuweichen versucht. Es ist hingegen nicht Sinn der Vorschrift, den Bietern auskömmliche Preise zu garantieren.
5. Von diesem Grundsatz, dass § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A keinen bieterschützenden Charakter hat, gibt es lediglich zwei Ausnahmen. Die eine Ausnahme bezieht sich auf Unterkostenangebote, die den Bieter im konkreten Einzelfall selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen, so dass er den Auftrag nicht vertragsgerecht durchführen kann. Die andere Ausnahme bezieht sich auf solche Angebote, die in der zielgerichteten Absicht abgegeben werden oder zumindest die Gefahr begründen, dass ein oder mehrere bestimmte Mitbewerber vom Markt ganz verdrängt werden.
VolltextVPRRS 2006, 0060
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.11.2005 - Verg 59/05
1. § 107 Abs. 3 GWB ist nicht auf solche Rechtsverstöße anzuwenden, die der antragstellende Bieter erst nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens erkennt.
2. Gleichbehandlung und Transparenz gebieten es, im Voraus aufgestellte Unterkriterien auch in der Vergabebekanntmachung bzw. den Verdingungsunterlagen bekannt zu machen.
3. Dementsprechend stellt die unterlassene Veröffentlichung der Bewertungsmatrix einen Verstoß gegen § 9a VOL/A dar.
VolltextVPRRS 2006, 0059
OLG Brandenburg, Beschluss vom 05.01.2006 - Verg W 12/05
1. Ein Auftraggeber ist an die von ihm vorgegebene Mindestanforderung gebunden. Er muss Bieter ausschließen, die dieser Anforderung nicht entsprechen.
2. Da die Nichteinhaltung von Mindestanforderungen für den Bieter zum Verlust aller Chancen im Vergabeverfahren führt, müssen sie möglichst klar und für alle Bieter in gleicher Weise verständlich formuliert sein.
3. Verwendet der Auftraggeber bei der Formulierung seiner Mindestanforderung auslegungsbedüftige Begriffe, so hat die Auslegung dieser Begriffe vom Horizont des Bieters aus zu erfolgen. Deshalb sind für die Auslegung in erster Linie maßgeblich der Inhalt der Ausschreibung sowie die dem Bieter übersandten Verdingungsunterlagen und die späteren Erläuterungen des Auftraggebers. Wenn hierbei Zweifel verbleiben, muss eine Auslegung wegen der für den Bieter verbundenen Nachteile restriktiv erfolgen.
4. Macht der Auftraggeber die Vorlage bestimmter Nachweise für eine Eignung nicht zur Mindestanforderung, so steht ihm insoweit bei der Beurteilung der Eignung der Bieter ein Ermessen zu, das im Nachprüfungsverfahren nur daraufhin überprüft werden kann, ob Ermessensfehler vorliegen.
5. Zur Frage, wann die Preise eines Bieters ungewöhnlich niedrig sind.
VolltextVPRRS 2006, 0058
VK Nordbayern, Beschluss vom 29.12.2005 - 320.VK-3194-40/05
1. Ein Angebot im Sinn des § 145 BGB, das durch Annahme zu einem Vertrag führt, muss so bestimmt oder so bestimmbar sein, dass die Annahme durch ein einfaches "Ja" erfolgen kann. Eine ausreichende Bestimmbarkeit liegt dann nicht vor, wenn der Antragende die Festlegung einzelner Vertragspunkte offen lässt und der Empfänger das Angebot gerade nicht eindeutig im Sinn des § 133 BGB verstehen kann.*)
2. Die Einräumung eines Nachlasses von 100% für Mängelexemplare mit dem Zusatz "gegebenenfalls erfolgt eine Abstimmung mit dem jeweiligen Verlag" --> Freigabe des Verlages erforderlich" stellt eine unklare Angabe bzw. ein Angebot unter einer Bedingung dar.*)
VolltextVPRRS 2006, 0056
OLG München, Beschluss vom 27.01.2006 - Verg 1/06
1. Sind Wahlpositionen ausgeschrieben, müssen auch diese entsprechend der Leistungsbeschreibung zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe die technischen Mindestbedingungen erfüllen, die für das Standardangebot verlangt werden (hier: Vorliegen einer CE-Zertifizierung).*)
2. Können Wahlpositionen wegen einer hierfür von der Vergabestelle nicht erstellten Bewertungsmatrix nicht gewertet werden, liegt hierin kein schwerwiegender Grund, der eine Aufhebung der Ausschreibung erfordert.*)
VolltextVPRRS 2006, 0055
VK Sachsen, Beschluss vom 16.06.2005 - 1/SVK/056-05
1. Bei der Vergabe von Schulbuchleistungen ist die Berücksichtigung der Kriterien "Verkauf von nicht preisgebundenen Erzeugnissen", "Inzahlungnahme gebrauchter Schulbücher" und "kostenfreie Rücknahme versehentlich gestempelter Bücher" nach § 97 Abs. 5 GWB, § 25 Nr. 3 VOL/A vergaberechtswidrig, da diese angebotenen Leistungen nicht mit dem Beschaffungsvorgang im direkten Zusammenhang stehen und somit allenfalls als selbstständige Nebenangebote anzusehen sind.*)
2. Die Serviceleistung "Anschauungsmaterial vor Ort mit fachlicher Beratung" ist demgegenüber als berücksichtigungsfähige auftragsbezogene Leistung zu charakterisieren, da sie in untrennbarem Zusammenhang mit dem Beschaffungsvorgang steht. Das Kriterium "bewusste Mehrbestellung/bei Nichtbedarf kostenlose Abholung" darf keine Rolle bei der Auswahlentscheidung spielen, da dies ohnehin eine Modalität der geforderten Leistung ist bzw. wäre.*)
3. Nach Artikel 16 der Lieferkoordinierungsrichtlinie 93/36 EWG muss der öffentliche Auftraggeber die Mindestanforderungen, die Änderungsvorschläge (Nebenangebote) erfüllen müssen, angeben. Dazu reicht es nicht aus, wenn er lediglich auf nationale Rechtsvorschriften verweist.*)
4. Der Auftraggeber ist an eine einmal vorgegebene Wichtung von Zuschlagskriterien gebunden und darf diese nicht durch Zwischenschaltung eines neuen Wichtungsfaktors faktisch verändern.*)
5. Die Zuweisung von Zuschlägen von verschiedenen Schulbuchlosen an Bieter der engeren Wahl nach den Kriterien "individuelle Wünsche der Bieter" oder "individuelle Erfahrung auf dem Schulbuchsektor" ist nach § 97 Abs. 5 GWB, § 25 Nr. 3 VOL/A vergaberechtswidrig. Bei letzt genanntem Kriterium folgt dies schon daraus, dass dies Fragen der Eignung betrifft, was auf der letzten Wertungsstufe des Vergabeverfahrens keine Rolle mehr spielen darf.*)
VolltextVPRRS 2006, 0053
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.10.2005 - Verg 40/05
1. Bekämpft der Auftraggeber mit einer Beschwerde die Entscheidung der Vergabekammer, wonach Angebote aus Gründen der Gleichbehandlung zu werten sind, während die Vergabestelle der Auffassung ist, wegen fehlender wertbarer Angebote das Vergabeverfahren aufheben und ohne öffentliche Vergabebekanntmachung zu einem Verhandlungsverfahren übergehen zu können, ist der Auftraggeber durch die Entscheidung der Vergabekammer beschwert und hat an einer abändernden Entscheidung ein Rechtsschutzinteresse.
2. Die zum Nachweis der Eignung geforderten Belege unterfallen nicht dem Begriff der "Erklärungen" in § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A. Fehlen solche Belege, ist das Angebot zwingend gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A auszuschließen.
3. Die Vergabestelle ist an die veröffentlichten Eignungskriterien gebunden. Eine Veränderung ist auch bei bekannten Bietern nicht zulässig.
4. Unter dem Gebot der Gleichbehandlung kann nicht das Angebot eines Bieters einem Ausschluss unterliegen, zugleich aber gutgeheißen werden, dass der Auftraggeber die ausgeschriebenen Leistungen auf das Angebot eines Mitbieters vergibt, das im selben oder in einem gleichartigen Punkt, weswegen das Angebot des Antragstellers auszuschließen ist, Mängel aufweist.
5. Liegt kein wertbares Angebot vor, kann der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren aufheben. Die Entscheidung unterliegt seinem Ermessen. Die Vergabenachprüfungsinstanzen sind in Fällen dieser Art grundsätzlich nicht dazu ermächtigt, die Ermessensentscheidung des Auftraggebers durch eine eigene Wertung und eine entsprechende Anordnung zu ersetzen.
6. Dies kann dann anders zu beurteilen sein, wenn der Auftraggeber vorbehaltlos zu erkennen gegeben hat, dass er das Vergabeverfahren aufheben will.
VolltextVPRRS 2006, 0052
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.10.2005 - Verg 37/05
1. Unterangebote sind nicht schlechthin vergaberechtswidrig.
2. Ein niedrig bemessenes Angebot kann darauf basieren, dass ein Newcomer in einem bestimmten Markt Fuß fassen will.
VolltextVPRRS 2006, 0051
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.10.2005 - Verg 56/05
Gemessen am Zweck der Wahrung der tragenden Vergaberechtsgrundsätze (Wettbewerbsprinzip, Gleichbehandlungsgrundsatz, Transparenzprinzip) sind die mit einem Angebotsausschluss wegen eines unvollständigen Angebots verbundenen Beschränkungen des Berufsausübungsrechts (Art. 12 GG) nicht unverhältnismäßig.
VolltextVPRRS 2006, 0049
VK Münster, Beschluss vom 13.12.2005 - VK 24/05
1. Eine Vergabestelle darf nur diejenigen Angebote in ihrer Wertung berücksichtigen, die die von ihr geforderten Mindestanforderungen erfüllen.*)
2. Erfüllt kein Angebot diese technischen Mindestanforderungen, so kann nicht nur das Angebot des Antragstellers gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a) iVm § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A ausgeschlossen werden.*)
3. Gleichartige Mängel liegen vor, wenn die Abweichungen in den Angeboten der Bieter auf derselben Wertungsstufe zu einem Ausschluss des jeweiligen Angebotes führen müssen. Dies gilt erst recht für die auf der ersten Wertungsstufe zu prüfenden Voraussetzungen, da es sich hier um zwingende Ausschlussgründe handelt, die nicht dem Beurteilungsspielraum der Vergabestelle unterliegen. Gleichbehandlung durch die Vergabestelle bedeutet dann, dass auf einer Wertungsstufe die Angebote der Bieter vergaberechtlich den gleichen Konsequenzen unterliegen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0046
VK Lüneburg, Beschluss vom 06.01.2006 - VgK-43/2005
1. Macht der Antragsteller geltend, dass er sich an einer Angebotsabgabe gehindert sah, weil die aus seiner Sicht für eine Kalkulation maßgeblichen Versicherungssummen der zu versichernden Gebäudes in den Verdingungsunterlagen nicht genannt werden, so ist er trotz der Tatsache, dass er kein Angebot abgegeben hat, antragsbefugt.
2. Eine unverzügliche Rüge muss nicht durch den Antragsteller selbst erfolgen, es genügt, wenn seine bevollmächtigte Versicherungsmaklerfirma diese erhebt.
3. Eine Erledigung in sonstiger Weise liegt - ebenso wie bei den gesetzlich ausdrücklich genannten Fällen - dann vor, wenn das Nachprüfungsverfahren gegenstandslos wird. Dies kommt vor allem bei einer Nachbesserung des Vergabeverfahrens durch die Vergabestelle vor Abschluss des Nachprüfungsverfahrens in Betracht, durch die dem Antragsteller seine Beschwer genommen wird.
4. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB setzt nach überwiegender Auffassung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein Feststellungsinteresse voraus. Hierfür genügt jedes nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern.
5. Das Versäumnis des Auftraggebers, den Bietern mit den Verdingungsunterlagen in Ergänzung der zur Verfügung gestellten Objektliste auch die Werte der einzelnen zu versichernden Objekte mit der Angabe des Jahres der Feststellung der jeweiligen Werte zu Kalkulationszwecken mitzuteilen und die Weigerung, diese entsprechenden Daten den Bietern im laufenden Vergabeverfahren nachzuliefern, ist vergaberechtswidrig.
VolltextVPRRS 2006, 0045
VK Lüneburg, Beschluss vom 05.01.2006 - VgK-41/2005
1. Macht der Antragsteller geltend, dass er sich an einer Angebotsabgabe gehindert sah, weil die aus seiner Sicht für eine Kalkulation maßgeblichen Versicherungssummen der zu versichernden Gebäudes in den Verdingungsunterlagen nicht genannt werden, so ist er trotz der Tatsache, dass er kein Angebot abgegeben hat, antragsbefugt.
2. Eine unverzügliche Rüge muss nicht durch den Antragsteller selbst erfolgen, es genügt, wenn seine bevollmächtigte Versicherungsmaklerfirma diese erhebt.
3. Eine Erledigung in sonstiger Weise liegt – ebenso wie bei den gesetzlich ausdrücklich genannten Fällen – dann vor, wenn das Nachprüfungsverfahren gegenstandslos wird. Dies kommt vor allem bei einer Nachbesserung des Vergabeverfahrens durch die Vergabestelle vor Abschluss des Nachprüfungsverfahrens in Betracht, durch die dem Antragsteller seine Beschwer genommen wird.
4. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB setzt nach überwiegender Auffassung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein Feststellungsinteresse voraus. Hierfür genügt jedes nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern.
5. Das Versäumnis des Auftraggebers, den Bietern mit den Verdingungsunterlagen in Ergänzung der zur Verfügung gestellten Objektliste auch die Werte der einzelnen zu versichernden Objekte mit der Angabe des Jahres der Feststellung der jeweiligen Werte zu Kalkulationszwecken mitzuteilen und die Weigerung, diese entsprechenden Daten den Bietern im laufenden Vergabeverfahren nachzuliefern, ist vergaberechtswidrig.
VolltextVPRRS 2006, 0042
VK Sachsen, Beschluss vom 12.05.2005 - 1/SVK/038-05
1. Es handelt sich um einen dem Vergaberechtsregime unterliegenden Dienstleistungsauftrag nach § 99 Abs. 4 GWB und um keine - zumindest vergaberechtsfreie - Dienstleistungskonzession, wenn der "Konzessionär" in Wahrheit kein die Dienstleistungskonzession mit prägendes Ausschließlichkeitsrecht vom Auftraggeber übertragen bekommt. Kein Konzessionsvertrag liegt vor, wenn sich die Vereinbarung nicht darauf beschränkt, dem Vertragspartner das (alleinige) Recht zu verschaffen, die eigene Leistung (nur) selbst zu nutzen oder entgeltlich zu verwerten (wie BGH, B. v. 01.02.2005, X ZB 27/04; EuGH, B. v. 30.05.2002, Rs. C-358/00).*)
2. Die Entgeltlichkeit eines (Dienstleistungs-)Auftrages nach § 99 Abs. 1 GWB ist auch dann zu bejahen, wenn zwar keine Vergütung ausbedungen ist, aber eine geldwerte Gegenleistung mit weiterer Verwertungsmöglichkeit vertraglich festgeschrieben ist.*)
3. Auf eine Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB hinsichtlich einer unterbliebenen europaweiten Ausschreibung kann sich ein Antragsteller nicht berufen, wenn er trotz des vom Auftraggeber gewählten rein nationalen Verfahrens einen Teilnahmeantrag eingereicht hat und nicht vorgetragen hat, dass er im Falle einer ordnungsgemäßen EU-weiten Ausschreibung einen inhaltlich anderen Teilnahmeantrag abgegeben hätte.*)
4. Eine Rüge 14 Tage nach dem Erkennen des Vergaberechtsverstoßes ist nicht mehr unverzüglich nach § 107 Abs. 3 S. 1 GWB.*)
5. Weist ein Bewerber seine Eignung mit den Teilnahmeunterlagen nicht nach, darf sein Teilnahmeantrag nicht berücksichtigt werden.*)
6. Eine hilfsweise beantragte Verpflichtung des Auftraggebers zur Aufhebung der Ausschreibung kommt wegen des strengen Individualrechtsschutzcharakters von kartellrechtlichen Nachprüfungsverfahren allenfalls dann in Betracht, wenn neben dem Antragsteller auch kein anderer Bieter bzw. Bewerber ein wertungsfähiges Angebot bzw. einen ordnungsgemäßen Teilnahmeantrag abgegeben hat.*)
VolltextVPRRS 2006, 0038
OLG München, Beschluss vom 14.09.2005 - Verg 15/05
1. Ein Kostenfestsetzungsbeschluss der Vergabekammer ist ein selbstständig anfechtbarer Verwaltungsakt, gegen den abweichend vom allgemeinen Verwaltungsrechtsweg nach §§ 40 ff VwGO die sofortige Beschwerde nach §§ 116 ff GWB zum zuständigen Vergabesenat statthaft ist.
2. Der Gegenstandswert für die Berechnung der im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer angefallenen Rechtsanwaltsgebühren bestimmt sich nach § 50 Abs. 2 GKG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG und beträgt 5% der Bruttoauftragssumme. Auszugehen ist vom Wert der Auftragssumme, hilfsweise der Angebotssumme, also demjenigen Betrag, für den der Bieter den Zuschlag erhalten hat oder erhalten will. Zu berücksichtigen sind zudem Optionsrechte, bei denen der Unternehmer dem Auftraggeber das bindende Recht einräumt, durch einseitige gestaltende Erklärung eine Verlängerung des Vertrags zustande zu bringen.
3. Betrifft die Rahmenvereinbarung die Ausstattung von 26 Leitstellen, verpflichtet sich der Auftragnehmer also, die Leistungen 26 Mal zu erbringen, erhält zugleich aber auch die Chance, ebenso oft den vereinbarten Preis zu vereinnahmen, ist nicht der einfache, sondern der 26-fache Wert der Angebotssumme maßgeblich.
VolltextVPRRS 2006, 0035
KG, Urteil vom 21.06.2005 - 14 U 191/03
Die Beendigung eines befristeten Baulogistikrahmenvertrages zum vereinbarten Fristende stellt keine freie Kündigung gemäß § 649 BGB dar, auch wenn die Leistungen noch nicht abgeschlossen sind.
VolltextVPRRS 2006, 0034
VK Arnsberg, Beschluss vom 15.11.2005 - VK 20/2005
1. Sichert der öffentliche Auftraggeber dem Vertragspartner bei der Durchführung von Jugendhilfeaufgaben die Vergütung von festen Stundenzahlen zu, handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag und nicht um eine Dienstleistungskonzession.
2. Bei de-facto-Vergaben besteht keine Rügepflicht.
VolltextVPRRS 2006, 0033
VK Arnsberg, Beschluss vom 26.10.2005 - VK 15/2005
1. Der öffentliche Auftraggeber soll durch das Vergaberecht nicht in der seinem Gestaltungsermessen unterliegenden Wahl der Organisationsform - Eigenbetrieb oder Eigengesellschaft - beschränkt werden, mittels derer er seine Aufgaben erfüllen will. Beabsichtigt er die Erfüllung seiner Aufgaben mit eigenen Mitteln, kann es keinen Unterschied machen, ob er dieses durch einen eigenen Betrieb oder eine eigene Gesellschaft macht.
2. Die Vergabekammer geht davon aus, dass auf der Basis der EuGH-Rechtsprechung zur Bekanntmachungspflicht vergaberechtsfreier Dienstleistungskonzessionen der öffentliche Auftraggeber in Zukunft verpflichtet ist, auch seine Vergabeabsichten bei Inhouse-Geschäften aus Gründen des Transparenzgebotes wenigstens EU-weit bekannt zu machen, um den Anspruch auf Rechtschutz sicherzustellen.
VolltextVPRRS 2006, 0031
VK Arnsberg, Beschluss vom 07.09.2005 - VK 16/2005
1. Bei unzumutbaren Forderungen des Auftraggebers besteht keine Rügepflicht.
2. Bei der Bewertung eines Angebots hat der Auftraggeber einen weiten Beurteilungsspielraum, der durch die Vergabekammer nur insoweit überprüfbar ist, als der Auftraggeber entweder von einem unzureichend ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist oder in sachfremder Weise willkürliche Erwägungen angestellt hat.
VolltextVPRRS 2006, 0030
VK Lüneburg, Beschluss vom 03.11.2005 - VgK-49/2005
1. Bei einem zwingend auszuschließenden Angebot fehlt die Antragsbefugnis für einen Nachprüfungsantrag.
2. Fehlt das vom Auftraggeber geforderte Formblatt EFB-Preis 1d, ist das Angebot zwingend auszuschließen. Dies gilt auch dann, wenn an Stelle des Formblatts EFB-Preis 1d inhaltlich ein anderes Formblatt notwendig gewesen wäre und der Bieter diesen Fehler nicht rügt.
VolltextVPRRS 2006, 0029
VK Lüneburg, Beschluss vom 15.11.2005 - VgK-48/2005
1. Eine Rüge binnen drei Tagen nach positiver Kenntniserlangung ist unverzüglich erfolgt.
2. Die Erkennbarkeit der nunmehr beanstandeten Vermengung von Wirtschaftlichkeits- und Eignungskriterien für die Erteilung des Zuschlages ist - mit Blick auf § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB - für einen fachkundigen Bieter aus der Vergabebekanntmachung ohne weiteres gegeben.
3. Zu den Anforderungen an einen Vergabevermerk gemäß § 30 VOL/A.
4. In Ausnahmefällen kann es gerechtfertigt sein, einen Bieter den anderen, nach Prüfung und Feststellung des Auftraggebers weniger leistungsfähigen, zuverlässigen und fachkundigen Bietern vorzuziehen ("Mehr an Eignung").
5. Hat eine Vergabestelle in der Vergabebekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen ausdrücklich betont, dass die Reihenfolge, in der die Zuschlagskriterien genannt sind, bei der Wertung keine Reihenfolge ist, muss davon ausgegangen werden, dass die aufgeführten Kriterien für die Zuschlagserteilung alle gleich zu gewichten sind.
6. Eignungsnachweise (in Form von Umsatznachweisen der letzten drei Jahre) gehören zu den Angaben und Erklärungen nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A.
VolltextVPRRS 2006, 0028
VK Lüneburg, Beschluss vom 18.10.2005 - VgK-47/2005
1. Bei den Begriffen der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe.
2. Die Vergabekammer kann im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens die Entscheidung der Vergabestelle über die Eignung eines Unternehmens nur daraufhin prüfen, ob die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums überschritten sind.
3. Für das Vorliegen von Ausschlussgründen ist der Auftraggeber darlegungs- und beweispflichtig. Im Falle einer schweren Verfehlung müssten zumindest konkrete Anhaltspunkte gegeben sein, reine Verdachtsmomente reichen nicht aus.
4. Die Unschuldsvermutung ist ein sachlicher Grund im Rahmen einer Ermessensentscheidung gegen den Ausschluss eines Bieters.
VolltextVPRRS 2006, 0027
VK Thüringen, Beschluss vom 06.12.2005 - 360-4003.20-026/05-SLZ
1. Bei Dienstleistungsaufträgen umfasst das Akteneinsichtsrecht eines Bieters regelmäßig das eigene Angebot sowie die Aus- und die Bewertung (Wertung) der eingegangenen Angebote im Verhältnis auch untereinander. Allerdings findet dies seine Grenze in dem Geheimhaltungsinteresse der Mitbewerber.
2. Bietet ein Unternehmen sowohl die ausgeschriebenen Versicherungsdienstleistungen als auch eine Mitgliedschaft in seinem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit an, wird mit dem Angebot keine andere als die ausgeschriebene Leistung angeboten.
3. § 7 Nr. 6 VOL/A ist eng auszulegen und einer Analogie nicht fähig. „Ähnliche Einrichtungen“ im Sinne dieser Vorschrift müssen sich daher in öffentlicher Trägerschaft befinden und als öffentliche Einrichtungen auch einen vergleichbaren sozial-politischen Zweck verfolgen.
VolltextVPRRS 2006, 0025
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.10.2005 - 1 VK 59/05
1. Eine schon bestehende Bietergemeinschaft, die im Verlaufe eines Vergabeverfahrens einen Vergabeverstoß erkennt, hat einheitlich, vertreten durch das hierzu berufene Mitglied oder durch jedes einzelne Mitglied zu rügen.
2. Es stellt keine reine Förmelei dar, dass für eine wirksame Rüge auch der Partner einer Bietergemeinschaft zu rügen hat, auch wenn es sich bei dem Partner um eine 100%-ige Tochterfirma handelt und die Geschäftsführer identisch sind.
3. Es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung, dass ein Bieter, der sich wiederholt vor Vergabekammern und Oberlandesgerichten mit anderen Bietern bzw. Auftraggebern über den gleichen angeblichen Vergabeverstoß streitet, sich bei der Durchsicht einer neuen Bekanntmachung nicht sofort von dem für ihn entscheidenden und wichtigen Sachverhalt Kenntnis verschafft. Eine erst fast 6 Wochen später erhobene Rüge ist deshalb nicht unverzüglich.
4. Eine Rüge ist unverzüglich, d.h. „ohne schuldhaftes Zögern“ erfolgt, wenn ein Bieter den von ihm erkannten Vergaberechtsverstoß unter Berücksichtigung der für eine etwaige weitere Prüfung und für das Begründen der Rüge benötigten Zeit so bald gegenüber dem Auftraggeber rügt, wie es ihm nach den konkreten Umständen des Einzelfalls möglich und zumutbar ist.
5. Ist ein Unternehmen, was die Durchführung von Vergabeverfahren und Vergabenachprüfungsverfahren anbelangt, sehr erfahren und ist ihm die bestehende Problematik des Nachprüfungsverfahrens bestens bekannt, ist der Bieter verpflichtet, innerhalb kürzester Zeit, nämlich innerhalb von 1 bis 2, maximal drei Tagen zu rügen.
VolltextVPRRS 2006, 0024
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.10.2005 - 1 VK 56/05
1. Es verbietet sich, nach Bejahung der generellen Eignung, später bei der Feststellung des wirtschaftlichsten Angebots nach § 25 Nr. 3 VOL/A ein „Mehr an Eignung“ eines Bieters als Kriterium für den Zuschlag zu benennen und zu berücksichtigen.
2. Bei Nennung von Eignungs- als Zuschlagskriterien ist der Auftraggeber in der Regel zur Aufhebung der Ausschreibung berechtigt und verpflichtet.
3. Privatrechtlich strukturierte Organisationen fallen nicht unter § 7 Nr. 6 VOL/A.
4. § 7 Nr. 6 VOL/A erfasst nur Institutionen, bei denen Produkte nicht gewerblich hergestellt werden.
5. Die Aufhebung der Aufhebung durch die Vergabekammer kann nur bei einer Scheinaufhebung oder der Bereitschaft des Auftraggebers zur Vergabe des Auftrags erfolgen.
VolltextVPRRS 2006, 0023
VK Bremen, Beschluss vom 02.08.2005 - 810-VK 08/05
Die unterlassene Rüge zum Auftragswert schließt die Bieter mit allen Beanstandungen aus, die unmittelbar mit der Einschätzung des Auftragsumfangs durch die Vergabestelle zusammenhängen, jedenfalls soweit sie als Folge des zu Grunde liegenden Vorstoßes ihrerseits erkennbar sind.
VolltextVPRRS 2006, 0018
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.09.2005 - 1 VK 51/05
1. Für die Bestimmung der Rügefrist des § 107 Abs. 3 S. 1 GWB sind die Umstände des konkreten Falls entscheidend. Dabei ist die Ausschöpfung eines maximalen Zeitraums von zwei Wochen seltenen Ausnahmefällen vorbehalten, in denen eine außergewöhnlich schwierige Sach- oder Rechtslage einen entsprechend zeitaufwendigen Prüfungsbedarf des Bieters, ggf. unter Einschaltung externer Berater, notwendig verursacht.
2. Die Obliegenheit zur Rüge einer vermeintlich vergaberechtswidrigen, weil nicht produktneutralen Ausschreibung entsteht regelmäßig bereits bei Kenntnisnahme vom Inhalt der Verdingungsunterlagen.
3. Die Entscheidung über die Aufhebung einer Ausschreibung ist nach § 26 VOL/A in das pflichtgemäße Ermessen der Vergabestelle gestellt. Eine Anordnung der Aufhebung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen kommt demnach nur im Ausnahmefall in Betracht, wenn das Ermessen der Vergabestelle auf Null reduziert ist.
VolltextVPRRS 2006, 0017
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2005 - 1 VK 48/05
1. Mit der Zulassung von funktionalen Leistungsbeschreibungen in § 8 Nr. 2 Abs. 1 a) VOL/A wird praktischen Bedürfnissen im Vergabewesen Rechnung getragen. Bei immer komplexer werdenden Beschaffungsvorgängen ist es dem Auftraggeber mangels ausreichender Marktkenntnis oftmals nicht möglich, den Leistungsgegenstand nach Art, Beschaffenheit und Umfang hinreichend zu beschreiben. In solchen Fällen kann der Auftraggeber den Zweck und die Funktion des Beschaffungsvorgangs beschreiben und hinsichtlich der Umsetzung auf die technische Vielfalt der Anbieter vertrauen. Damit werden auch traditionelle Beschaffungsvorgänge modernen Entwicklungen angepasst.
2. Bei hinreichend begründeten funktionalen Leistungsbeschreibungen wird die Möglichkeit eröffnet, im Rahmen der geforderten Leistung über unbedingt notwendige technische Änderungen geringen Umfangs zu verhandeln. Damit der Wettbewerbsgrundsatz und das Gleichbehandlungsgebot gewahrt bleiben, müssen die beiden Eingrenzungen „notwendige“ technische Änderungen „geringen“ Umfangs unbedingt eingehalten werden.
3. Es ist unter Beachtung der Regelung des § 24 VOL/A wettbewerbsverzerrend gegenüber den Mitbietern, wenn das Angebot eines Bieters durch eine Zusatzforderung nach einer Verpflichtungserklärung ergänzt wird.
VolltextVPRRS 2006, 0016
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.08.2005 - 1 VK 47/05
1. Ein Schreiben, in dem allgemein ausgeführt wird, dass die ausgeschriebene Form nicht ausführbar sei und man deswegen ein funktionierendes Nebenangebot abgebe und dass die Überschrift „Fragen zur Ausschreibung“ trägt, stellt keine Rüge im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB dar. Es muss deutlich zum Ausdruck kommen, dass man einen bestimmten Vorgang als einen Vergabeverstoß betrachtet und es muss mindestens mittelbar zum Ausdruck kommen, dass man dessen Beseitigung anstrebt.
2. Beabsichtigt der Auftraggeber entweder, einen Bieter zu beauftragen und hierbei in nicht unerheblichem Umfang vom Ursprungsangebot abzuweichen oder will er zunächst den Zuschlag auf das Ursprungsangebot erteilen mit der Absicht, den Leistungsumfang anschließend entsprechend der mit der Beigeladenen getroffenen Absprache zu den ausgehandelten Konditionen wieder einzuschränken, verstößt diese Vorgehensweise gegen § 97 Abs. 1 GWB.
3. Es entspricht der einhelligen Ansicht, dass der Auftraggeber, der nach Öffnung der Angebote feststellt, dass er die ausgeschriebene Leistung in der ursprünglichen Form nicht haben möchte, etwa weil die Haushaltsmittel nicht ausreichen, diesen Konfliktsfall nur durch Aufhebung und Neuausschreibung lösen kann.
VolltextVPRRS 2006, 0012
OLG München, Beschluss vom 20.04.2005 - Verg 8/05
Bei der Wertung von Angeboten in einem Verhandlungsverfahren im Sektorenbereich ist der Sektorenauftraggeber an die von ihm bekannt gemachten Wertungskriterien gebunden. Er darf weder Kriterien heranziehen, die nicht veröffentlicht waren, noch Kriterien, die veröffentlicht waren, bei der Wertung nicht heranziehen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0009
OLG Bremen, Beschluss vom 07.11.2005 - Verg 3/05
Die unterlassene Rüge zum Auftragswert schließt die Bieter mit allen Beanstandungen aus, die unmittelbar mit der Einschätzung des Auftragsumfangs durch die Vergabestelle zusammenhängen, jedenfalls soweit sie als Folge des zu Grunde liegenden Vorstoßes ihrerseits erkennbar sind.
VolltextVPRRS 2006, 0007
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.06.2005 - 1 VK 33/05
1. Zwischen den Flughäfen in Deutschland und Europa herrscht ein entwickelter Wettbewerb, der zu einem Wettbewerb zwischen den Flughäfen um Passagiere und Fracht führt. Dies rechtfertigt die Vermutung, dass ein öffentlich beherrschter Flughafenbetreiber eine gewerbliche Tätigkeit entfaltet.
2. Auch bei der Anwendung der VOL/A-SKR sind die allgemeinen Rechtsgedanken des § 97 GWB, insbesondere hinsichtlich der Transparenz der Vergabeentscheidung und der Gleichbehandlung der Bieter, maßgeblich. Heranzuziehen sind daher auch §§ 21 Nr. 1 Abs. 2 S. 2, Nr. 1 Abs. 3 VOL/A.
3. Gibt ein Bieter ein Angebot ab, über das dann im Verhandlungsverfahren verhandelt wird, und erhält er daraufhin die Möglichkeit, dieses Angebot zu überarbeiten, so sind ihm Änderungen nur insoweit gestattet, als diese von der Vergabestelle gewünscht oder ihm offengelassen wurden. Nicht gestattet sind ihm Änderungen, die für die Vergabestelle überraschend sind und von den Verdingungsunterlagen, die Grundlage des ursprünglichen Angebots waren, abweichen, ohne dass Anlass für eine solche Abweichung bestand.
VolltextVPRRS 2006, 0006
VK Sachsen, Beschluss vom 04.04.2005 - 1 SVK/025-05
1. Auch die Fachkunde als eigentliches Eignungskriterium der zweiten Wertungsstufe des § 25 VOL/A ist im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Angebote (4. Wertungsstufe) zu berücksichtigen, wenn sie als Zuschlagskriterium verlautbart war (wie OLG Düsseldorf, B. v. 25.02.2004, Verg 77/03). Denn auch die Vergabekammer kann den Auftraggeber - ohne entsprechende Rüge nach § 107 Abs. 3 GWB - nicht verpflichten, verbindliche "Zuschlagskriterien" nach § 9 a VOL/A, auf die sich sämtliche Bieter vor Angebotsabgabe eingestellt haben, nunmehr bei der entscheidenden Auswahl unberücksichtigt zu lassen.*)
2. Die Vergabekammer ist grundsätzlich nur zur Kontrolle von Wertungsentscheidungen, nicht aber zu einer eigenständigen Ausübung derselben anstelle des Auftraggebers befugt.*)
3. Der Auftraggeber ist nicht befugt, bei der Eignungsprüfung des Bieters Umstände zu berücksichtigen, die sich außerhalb des Bereichs gesicherter Erkenntnisse bewegen. Vielmehr bedarf es für diese Entscheidung Informationen aus seriöser Quelle, die zudem eine gewisse Erhärtung erfahren haben. Bloße Verdachtsmomente rechtfertigen einen Angebotsausschluss auf der zweiten Wertungsstufe nicht. Diese Prüfung setzt trotz der standardisierten Abforderung aussagekräftiger Eignungsunterlagen (§§ 7, 7 a VOL/A) immer eine Einzelfallbetrachtung voraus, weil sich die Unternehmensverhältnisse (Personal, Organisationsstruktur) in der Zwischenzeit gegenüber den bescheinigten Verhältnissen geändert haben können. Dabei haben Unternehmer in EU-Vergabeverfahren gemäß § 97 Abs. 7 GWB einen Anspruch gegen den Auftraggeber, dass die Eignungsprüfung nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A vergaberechtskonform erfolgt.*)
4. Das einseitige Abstellen auf einen Leistungsparameter bei Reinigungsleistungen allein - ohne Tiefenprüfung und Gewährung rechtlichten Gehörs - rechtfertigen keine Nichtberücksichtigung eines Bieters.*)
VolltextVPRRS 2006, 0004
OLG Koblenz, Beschluss vom 26.10.2005 - 1 Verg 4/05
1. Wird dem Antragsteller während eines Nachprüfungsverfahrens ein weiterer Vergaberechtsverstoß bekannt, kann er diesen auch dann unmittelbar zum Gegenstand des Verfahrens machen, wenn der Nachprüfungsantrag in seiner ursprünglichen Form unzulässig war.*)
2. Das Nachprüfungsverfahren dient der Durchsetzung subjektiver Rechte des Antragstellers. Stehen mehrere Maßnahmen im Raum, mit denen dieser Zweck erreicht werden könnte, ist zunächst diejenige zu erwägen, die dem (Rechtsschutz-)Interesse des Antragstellers am nächsten käme.*)
3. Das Angebot eines Bieters ist nicht bereits deshalb in (analoger) Anwendung des § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f) VOL/A auszuschließen, weil er im Vorfeld der Angebotsabgabe ergebnislose Gespräche über eine Zusammenarbeit (in Form einer Bietergemeinschaft oder im Verhältnis Hauptunternehmer - Nachunternehmer) mit einem Unternehmen geführt hatte, das sich dann unmittelbar als Konkurrent oder mittelbar als Nachunternehmer eines Konkurrenten am Wettbewerb beteiligt.*)
4. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A dient in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers.*)
5. Bieterschützende Wirkung mit der Folge, daß sich ein Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mit Aussicht auf Erfolg auf § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A berufen kann, hat diese Norm nur, wenn ein Unterkostenangebot in der zielgerichteten Absicht abgegeben wird oder zumindest die Gefahr begründet, daß ein Konkurrent ganz vom Markt (also nicht nur aus einer einzelnen Auftragsvergabe) verdrängt wird oder ernsthaft zu befürchten ist, der Bieter werde sich selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen, sodaß er den Auftrag nicht vertragsgerecht durchführen kann.*)
6. §§ 21 Nr. 1 Abs. 3, 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A erfassen weder nach Wortlaut noch nach Sinn und Zweck den Fall, daß ein Bieter nach außen ein ausschreibungskonformes Angebot abgibt, intern aber mit abweichenden Parametern kalkuliert.*)
7. Die Leistungsbeschreibung ist mehrdeutig und verstößt deshalb gegen § 8 Nr. 1 VOL/A, wenn sie Spielraum für unterschiedliche Leistungen läßt. Dabei ist auf einen durchschnittlichen, mit der Art der Ausschreibung vertrauten Bieterkreis abzustellen. Intensive Auslegungsbemühungen, wie sie im Streitfall einem Gericht obliegen, sind von einem Bieter regelmäßig nicht zu erwarten.*)
8. Eine kalkulationserhebliche Unklarheit der Verdingungsunterlagen hat nicht zwingend die Aufhebung der Ausschreibung zur Folge. Diese Maßnahme kommt als "ultima ratio" vielmehr nur dann in Betracht, wenn eine Korrektur im laufenden Verfahren nicht mehr möglich ist (etwa weil die Leistungsbeschreibung grundlegend überarbeitet werden muß). Genügt eine Klarstellung zu einem einzigen Punkt, reicht es aus, das Vergabeverfahren in ein früheres Stadium zurückzuversetzen, in dem eine Korrektur des Fehlers noch möglich ist.*)
VolltextVPRRS 2006, 0003
VK Sachsen, Beschluss vom 24.02.2005 - 1/SVK/004-05
1. Ein Ausschreibung ist aufzuheben, wenn der Auftraggeber seiner Kennzeichnungspflicht entsprechend § 22 Nr. 3 lit. b) VOL/A nicht genügt hat (wie VK Südbayern, B. v. 22.09.2000, 16-08/00 zu § 22 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A).*)
2. Eine mit Bleistift aufgetragene eingekreiste Ziffer auf den Angeboten erfüllt die Kennzeichnungspflicht entsprechend § 22 Nr. 3 VOL/A nicht. § 22 Nr. 3 VOL/A verlangt die Kennzeichnung der Angebote in allen wesentlichen Teilen einschließlich der Anlagen. Die Beschränkung auf "wesentliche Teile" bezieht sich auf alle Seiten, die später für den Vertragsinhalt von Bedeutung sind, d. h. vor allem der Preisangaben und alle sonstigen Erklärungen, die nach der Ausschreibung abzugeben waren.*)
3. Durch einen Verstoß gegen § 22 Nr. 3 lit. b) VOL/A ist ein ordnungsgemäßer Wettbewerb (§ 97 Abs. 1 GWB) nicht mehr gewährleistet.*)
VolltextVPRRS 2006, 0002
VK Hessen, Beschluss vom 07.10.2005 - 69d-VK-39/2005
1. Der Konzessionscharakter eines Rundfunkversorgungsvertrages entfällt nicht dadurch, dass der Konzessionsgeber (Vermieter) dem Konzessionsnehmer während einer Übergangszeit das von seinen Mietern beanspruchbare Nutzungsentgelt unmittelbar zahlt.*)
2. Dem Konzessionscharakter steht ebenfalls nicht entgegen, dass sich der Konzessionsgeber dem Konzessionsnehmer gegenüber vertraglich verpflichtet, bei einem Mieterwechsel den jeweiligen Neumieter zum Abschluss eines Versorgungsvertrags mit dem Konzessionsnehmer zu verpflichten.*)
3. Zur Bestimmung des wirtschaftlichen Risikoumfangs bedarf es keiner prozentualen Festlegung. Entscheidend ist ausschließlich, ob das Risiko beim Konzessionsgeber verbleibt oder auf den Konzessionsnehmer zurückverlagert wird.*)
VolltextOnline seit 2005
VPRRS 2005, 0686OLG Dresden, Beschluss vom 21.10.2005 - W Verg 5/05
1. Vollzieht sich auf Seiten einer kommunalen Vergabestelle der Prozess zur Auswahl eines Bieters in einem Verhandlungsverfahren in mehreren aufeinander aufbauenden Stufen (hier: Verabschiedung einer Beschlussvorlage durch die Verwaltungsspitze der Antragsgegnerin und spätere Beschlussfassung des Stadtrats hierüber), so wird die Rügeobliegenheit des § 107 Abs. 3 GWB nicht erst durch den Abschluss des Auswahlverfahrens auf der letzten Stufe bestimmt, sondern bereits durch zur Kenntnis des Bieters gelangtes fehlerhaftes Vergabeverhalten auf der früheren Stufe ausgelöst.*)
2. Eine zulässige Rüge setzt die Bezeichnung konkreter Tatsachen voraus, aus denen sich - zumindest schlüssig - die Behauptung des Bieters ableiten lässt, dass sich darin ein Vergabeverstoß des Auftraggebers verwirklicht.*)
3. Der Ablauf der Informationsfrist nach § 13 VgV beendet das Vergabeverfahren nicht, solange der Auftraggeber von der ihm danach freistehenden Möglichkeit, den Vertrag über die ausgeschriebenen Leistungen abzuschließen, tatsächlich keinen Gebrauch gemacht hat.*)
4. Verhandlungen über den Inhalt der zu erbringenden Leistung sind in einem Verhandlungsverfahren nach VOF, auch soweit dadurch von Vorgaben der Ausschreibung abgewichen wird, zulässig, solange die Vergabestelle nicht an die beteiligten Verhandlungspartner unterschiedliche Änderungswünsche heranträgt und der nach wirtschaftlichen und technischen Kriterien zu beurteilende Wesenskern der Ausschreibung gewahrt bleibt (im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 03.12.2003 - WVerg 15/03, VergR 2004, 225).*)
VolltextVPRRS 2005, 0683
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 09.11.2005 - 1 Verg 4/05
1. Ihrer Rechtsnatur nach ist die rechtzeitige Rüge im Vergabeverfahren erkannter oder erkennbarer Verstöße gegen Vergabevorschriften gegenüber dem Auftraggeber eine Obliegenheit. Erfolgt die Rüge nicht rechtzeitig, wird der darauf bezogene Antrag als unzulässig zurückgewiesen, d.h. der Anspruch auf Nachprüfung geht in diesem Punkt verloren.
2. An die Darlegung der Antragsbefugnis dürfen keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden und die Prüfung behaupteter Vergaberechtsverstöße ist der Begründetheitsprüfung zugeordnet.
3. In einem Verfahren nach der VOL/A-SKR kann die Anforderung von Eignungsnachweisen ausnahmsweise auch in den Verdingungsunterlagen erfolgen, wenn die Chancengleichheit für alle Bieter gewahrt bleibt.
4. Die Angebotsfrist im Rahmen des Offenen Verfahrens beträgt 52 Tage, gerechnet vom Tage der Absendung der Bekanntmachung. Die Berechnung der Frist erfolgt nach der Verordnung EWG/Euratom Nr. 1182/71 des Rates, so dass alle Tage einschließlich Feiertage, Sonntage und Sonnabende gelten.
5. Im Rahmen von Lebenszeitkosten eines Produktes oder einer Anlage, die vom Bieter anzugeben sind, kann ein Auftraggeber Art, Umfang und Häufigkeit von Wartungsarbeiten nicht im Einzelnen vorgeben, weil diese in technischer Hinsicht von der Konstruktion und den gewählten Materialien/Komponenten des jeweiligen zum Einsatz kommenden Produkts abhängen. Hieraus folgt zwangsläufig und liegt es in der Natur der Sache, dass der jeweilige Bieter die erforderlichen Wartungsarbeiten individuell bestimmt und die hierfür anfallenden Kosten in seine Berechnung mit einbezieht.
6. Durch den zwingenden Ausschluss von geänderten oder ergänzten Angeboten soll verhindert werden, dass Bieter bewusst mehrdeutige Änderungen an ihren Eintragungen vornehmen, in der Absicht, die Vergabestelle werde sie schon zu ihrem Gunsten auslegen.
7. Werden vier wesentliche Preispositionen mit einem Wert von 1 Euro angeboten und ist offensichtlich, dass dieser Preis nicht dem tatsächlichen Aufwand für diese Leistungspositionen entspricht, ist das Angebot wegen fehlender wesentlicher Preisangaben zwingend auszuschließen.
8. Eine Ergänzung des Leistungsverzeichnisses durch den Zusatz "in Position ... enthalten", die eine Anmerkung zur Erläuterung eines mit 0,00 Euro angegebenen Preises darstellen soll, darf nicht in den Verdingungsunterlagen angebracht werden, sondern ist auf einer besonderen Anlage dem Angebot beizufügen.
VolltextVPRRS 2005, 0682
OLG Naumburg, Urteil vom 15.12.2005 - 1 U 5/05
1. Bei einem Auftrag zur Munitionsberäumung eines ehemaligen Truppenübungsplatzes liegt ein ungewöhnliches Wagnis i.S.v. § 9 Nr. 2 VOB/A nicht schon darin, dass der voraussichtliche Leistungsumfang des Auftrages durch "Hochrechnung" des Leistungsumfangs der Beräumung von Testfeldern ermittelt wird, wenn weder dem Auftraggeber noch den Bietern der tatsächliche Umfang der Bodenbelastung mit Munition, Munitionsteilen und Schrott und damit der genaue Leistungsumfang des Vertrages bekannt ist und dieser auch durch keine andere Methode zuverlässig vorab zu ermitteln ist (vgl. OLG Naumburg, Urteil v. 22.01.2002, 1 U (Kart) 2/01, und Urteil v. 22.03.2005, 1 U 65/04).
Dies gilt auch dann, wenn die Testfelder lediglich 0,3 Prozent der zu beräumenden Fläche ausmachen.*)
2. Ein ungewöhnliches Wagnis i.S.v. § 9 Nr. 2 VOB/A wird dem potenziellen Auftragnehmer dem gegenüber jedoch aufgebürdet, wenn der Auftraggeber die Vorerkundung auf den vorab ausgewählten Testfeldern nicht vollständig durchführt und die Vorerkundungsergebnisse nicht vollständig in der Leistungsbeschreibung darstellt (hier: Abbruch der Testberäumung eines von drei Testfeldern und Verschweigen der Vorerkundungsergebnisse dieses besonders hoch belasteten Testfelds).*)
3. Im Falle positiver Kenntnis außergewöhnlich hoher Bodenbelastungen in Teilbereichen der zu beräumenden Fläche verstößt es auch gegen das vergaberechtliche Transparenzgebot, wenn der Auftraggeber nur pauschal auf die Möglichkeit von Belastungsabweichungen von einer durchschnittlichen Belastung hinweist, und zwar selbst dann, wenn er - entgegen der Auffassung des von ihm beauftragten Sachverständigen - die Ergebnisse des hoch belasteten Testfelds als nicht repräsentativ ansieht.*)
VolltextVPRRS 2005, 0675
VK Hessen, Beschluss vom 08.11.2005 - 69d-VK-67/2005
1. Ist die Vergabestelle Sektorenauftraggeber, so ist mangels besonderer Regelung für die Vergabe freiberuflicher Leistungen (§ 5 S. 3 VgV) ab Erreichen der Sektoren Schwellenwerte die VOL/A/4 unter Beachtung der Sektoren-Richtlinie 93/96/EWG anzuwenden, es sei denn, die Vergabestelle unterwirft sich freiwillig den Regelungen der VOF und richtet ihr Verfahren danach aus.*)
2. Die Vergabestelle trifft bei angenommener Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI eine Aufklärungspflicht; diese gilt nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber allen Bietern.*)
3. In der Einführung zusätzlicher Wertungskriterien in der zweiten Wertungsstufe, welche nicht in der Vergabebekanntmachung angegeben waren, liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Transparenz des Vergabeverfahrens. Dies kann außerdem die Einführung eines zusätzlichen Eignungskriteriums in die Zweite Wertungsstufe und damit die unzulässige Doppelverwendung von Zuschlags - und Eignungskriterien bedeuten.*)
VolltextVPRRS 2005, 0673
OLG Celle, Beschluss vom 15.12.2005 - 13 Verg 14/05
1. Ein Nachprüfungsantrag ist auch dann zulässig, wenn nicht der Antragsteller, sondern ein anderer Bieter den entsprechenden Vergabefehler rechtzeitig gerügt und der Auftraggeber dieser Rüge nicht abgeholfen hat.*)
2. Sich notwendige Informationen über preisbeeinflussende Umstände zu verschaffen, darf allenfalls dann dem Bieter überlassen werden, wenn er sich diese Informationen mit verhältnismäßig geringem, jedenfalls geringerem Aufwand als der Auftraggeber besorgen kann und dies die Vergleichbarkeit der Angebote nicht gefährdet.*)
3. Zur Verpflichtung des Auftraggebers, in der Ausschreibung einer Gebäudeversicherung Angaben über die Werte der Gebäude zu machen.*)
VolltextVPRRS 2005, 0666
OLG Schleswig, Beschluss vom 01.12.2005 - 6 Verg 9/05
1. Erfolgt eine erneute Angebotswertung unter der Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer, so ist bis zum Ergehen der Mitteilung nach § 13 VgV ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB unzulässig.
2. Die Entscheidung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 kann sich nur auf das Zuschlagsverbot und dessen Fortdauer beziehen, nicht auch auf andere Inhalte des Beschlusses der Vergabekammer. Werden diese angefochten, wird die Entscheidung insoweit ohne Bindung an die Zweiwochenfrist in § 118 Abs. 1 Satz 2 GWB suspendiert.
VolltextVPRRS 2005, 0664
VG Leipzig, Beschluss vom 06.09.2005 - 5 K 1018/05
1. Verwaltungsgerichte sind für die Überprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der Schwellenwerte nicht zuständig.
2. Ein öffentlich ausgeschriebenes Vergabeverfahren dient dem Abschluss eines Vertrages mit einem privaten Unternehmer. Es ist einstufigen Charakters.
VolltextVPRRS 2005, 0701
OLG Koblenz, Beschluss vom 26.10.2005 - Verg 4/05
1. Wird dem Antragsteller während eines Nachprüfungsverfahrens ein weiterer Vergaberechtsverstoß bekannt, kann er diesen auch dann unmittelbar zum Gegenstand des Verfahrens machen, wenn der Nachprüfungsantrag in seiner ursprünglichen Form unzulässig war.*)
2. Das Nachprüfungsverfahren dient der Durchsetzung subjektiver Rechte des Antragstellers. Stehen mehrere Maßnahmen im Raum, mit denen dieser Zweck erreicht werden könnte, ist zunächst diejenige zu erwägen, die dem (Rechtsschutz-)Interesse des Antragstellers am nächsten käme.*)
3. Das Angebot eines Bieters ist nicht bereits deshalb in (analoger) Anwendung des § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f) VOL/A auszuschließen, weil er im Vorfeld der Angebotsabgabe ergebnislose Gespräche über eine Zusammenarbeit (in Form einer Bietergemeinschaft oder im Verhältnis Hauptunternehmer - Nachunternehmer) mit einem Unternehmen geführt hatte, das sich dann unmittelbar als Konkurrent oder mittelbar als Nachunternehmer eines Konkurrenten am Wettbewerb beteiligt.*)
4. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A dient in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers.*)
5. Bieterschützende Wirkung mit der Folge, daß sich ein Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mit Aussicht auf Erfolg auf § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A berufen kann, hat diese Norm nur, wenn ein Unterkostenangebot in der zielgerichteten Absicht abgegeben wird oder zumindest die Gefahr begründet, daß ein Konkurrent ganz vom Markt (also nicht nur aus einer einzelnen Auftragsvergabe) verdrängt wird oder ernsthaft zu befürchten ist, der Bieter werde sich selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen, sodaß er den Auftrag nicht vertragsgerecht durchführen kann.*)
6. §§ 21 Nr. 1 Abs. 3, 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A erfassen weder nach Wortlaut noch nach Sinn und Zweck den Fall, daß ein Bieter nach außen ein ausschreibungskonformes Angebot abgibt, intern aber mit abweichenden Parametern kalkuliert.*)
7. Die Leistungsbeschreibung ist mehrdeutig und verstößt deshalb gegen § 8 Nr. 1 VOL/A, wenn sie Spielraum für unterschiedliche Leistungen läßt. Dabei ist auf einen durchschnittlichen, mit der Art der Ausschreibung vertrauten Bieterkreis abzustellen. Intensive Auslegungsbemühungen, wie sie im Streitfall einem Gericht obliegen, sind von einem Bieter regelmäßig nicht zu erwarten.*)
8. Eine kalkulationserhebliche Unklarheit der Verdingungsunterlagen hat nicht zwingend die Aufhebung der Ausschreibung zur Folge. Diese Maßnahme kommt als „ultima ratio“ vielmehr nur dann in Betracht, wenn eine Korrektur im laufenden Verfahren nicht mehr möglich ist (etwa weil die Leistungsbeschreibung grundlegend überarbeitet werden muß). Genügt eine Klarstellung zu einem einzigen Punkt, reicht es aus, das Vergabeverfahren in ein früheres Stadium zurückzuversetzen, in dem eine Korrektur des Fehlers noch möglich ist.*)
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