Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
4933 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2005
VPRRS 2005, 0658OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.06.2004 - Verg 18/04
Verlangt der öffentliche Auftraggeber von dem Auftragnehmer im Beauftragungszeitraum Unterweisungsleistungen für insgesamt 3200 Arbeitssuchende, ohne jedoch vorab seinen monatlichen Bedarf zu spezifizieren, so kann hierdurch der Auftragnehmer das Risiko der Arbeitsvermittlungsdienstleistung vorher nicht abschätzen. Es liegt damit ein Fall der vergaberechtlich nicht hinnehmbaren Wagnisüberbürdung vor.
VolltextVPRRS 2005, 0657
VK Berlin, Beschluss vom 14.09.2005 - VK-B1-43/05
Die Verknüpfung zweier Offener Vergabeverfahren dergestalt, dass jeweils die Teilnahme an dem einen Verfahren die Teilnahme an dem anderen Verfahren ausschließt, stellt einen schweren Vergabeverstoß dar.
VolltextVPRRS 2005, 0653
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2005 - Verg 108/04
1. Bei einer Aufhebung des Vergabeverfahrens ermöglicht § 114 Abs. 2 S. 2 GWB den Beteiligten den Antrag auf Feststellung einer Rechtsverletzung. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Aufhebungsgrund nach § 26 VOL/A gegeben ist.
2. Ausschlussgründe dürfen nicht mehrdeutig, sondern müssen bestimmt und unmissverständlich formuliert sein. Die Formulierung "ist vorzulegen" reicht insoweit nicht aus.
3. Der Begriff der wettbewerbsbeschränkenden Abrede im Sinne von § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f) VOL/A ist mit Blick auf den - das gesamte Vergabeverfahren beherrschenden - Wettbewerbsgrundsatz weit auszulegen. Er ist nicht auf gesetzeswidriges Verhalten beschränkt, sondern umfasst alle sonstigen Absprachen und Verhaltensweisen eines Bieters, die mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsgebot unvereinbar sind.
4. Beanstandungen an der Bewertung des Angebots des Antragstellers durch die Vergabestelle in der vierten Wertungsstufe können, da der Vergabestelle insoweit ein Beurteilungsspielraum eröffnet ist, nur auf das Zugrundelegen eines falschen Sachverhaltes, auf Nichteinhaltung allgemeingültiger Bewertungsmaßstäbe, auf Ungleichbehandlung, Willkür oder sachfremde Erwägungen gestützt werden. Den nachprüfenden Instanzen ist es bei der Überprüfung verwehrt, ihre eigene Bewertung an die Stelle der Bewertung der Vergabestelle zu setzen.
5. Der durch den Gleichbehandlungsgrundsatz gebotenen gleichförmigen Bewertung der Angebote kann ein Auftraggeber durch die Vorgabe eines Wertungsleitfadens sowie dadurch entsprechen, dass die zu einem bestimmten Los eingehenden Bieterangebote von ein und derselben Prüfergruppe bewertet werden.
VolltextVPRRS 2005, 0645
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.09.2004 - Verg 35/04
1. Gemäß § 97 Abs. 7 GWB haben die Unternehmen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die "Bestimmungen über das Vergabeverfahren" einhält. Beansprucht werden kann insoweit allerdings nicht die Beachtung jedweder Verfahrensnorm. Der Rechtsanspruch auf Einhaltung der Vergabebestimmungen reicht vielmehr nur so weit, wie die entsprechende Vorschrift gerade den Schutz des potentiellen Auftragnehmers bezweckt. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine hinreichend bestimmte Verhaltenspflicht des öffentlichen Auftraggebers gegenüber dem einzelnen Mitbewerber um den Zuschlag.
2. Bei den §§ 93 ff BSHG handelt es sich nicht um Bestimmungen über das Vergabeverfahren, die dem Schutz potentieller Auftragnehmer bezwecken. Die Regelungen der §§ 93 ff BSHG dienen dem öffentlichen Interesse an einer wirksamen Erfüllung sozialstaatlicher Aufgaben und auch dem Interesse der Träger freier Einrichtungen an einer rechtlichen Verfestigung dieser Zusammenarbeit. Eine Verhaltenspflicht des Sozialhilfeträgers gegenüber einzelnen Mitbewerbern um den Zuschlag in einem Vergabeverfahren bestimmen sie nicht.
VolltextVPRRS 2005, 0643
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.10.2005 - VK-SH 25/05
1. Eine obsiegende Antragsgegnerin kann wegen des klaren Wortlauts des § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB selbst dann nicht aus Billigkeitsgesichtspunkten an den Verfahrenskosten der Vergabekammer beteiligt werden, wenn sie die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens durch ein Fehlverhalten verursacht hat.*)
2. Hat die Antragsgegnerin den von der Antragstellerin zu Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens gemachten Vergaberechtsverstoß anerkannt und durch Aufhebung der Ausschreibung behoben, kommt die Anordnung einer Erstattung der Antragsgegnerin dabei entstandener Kosten durch die Antragstellerin vernünftigerweise nicht in Betracht, zumal der BGH (Beschluss vom 09.12.2003, X ZB 14/03) offen gelassen hat, ob im Falle der Antragsrücknahme eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten überhaupt stattfindet.*)
VolltextVPRRS 2005, 0638
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.07.2005 - Verg 22/05
1. Auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist ein "Verband" im Sinn von § 98 Nr. 3 GWB. Die dem Vergaberecht eigene funktionale Betrachtungsweise führt zu einer weiten Auslegung dieses Begriffs. Er umfasst Zusammenschlüsse aller Art, ungeachtet der jeweiligen Rechtsform.
2. Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB.
3. Eine staatliche Stelle übt die Aufsicht über die Leitung einer juristischen Person aus, wenn nach den bestehenden Regelungen bei einer Wertung in ihrer Gesamtheit tatsächlich eine Aufsicht durch die staatliche Stelle in einem Ausmaß besteht, das es dieser ermöglicht, die Entscheidungen der juristischen Person auch in Bezug auf deren Aufträge zu beeinflussen.
4. Auch eine bloße Rechtsaufsicht kann als Aufsicht im Sinn von § 98 Nr. 2 in Betracht kommen.
5. Im Falle einer Fachaufsicht ist eine staatliche Beherrschung im Sinne der EuGH-Rechtsprechung nach allgemeiner Ansicht gegeben.
6. Der Begriff des Nachweises ist im Sinne von "Beleg" zu verstehen und kann mangels näherer Definition in der Bekanntmachung sowohl einen Fremd- als auch einen Eigenbeleg umfassen.
VolltextVPRRS 2005, 0635
OLG Celle, Beschluss vom 10.11.2005 - 13 Verg 12/05
Eine Kapitalgesellschaft, die Erwerbszwecken dient, ist auch dann keine "öffentliche Stelle" i. S. d. Erwägung Nr. 49 des Urteils des EuGH vom 11. Januar 2005 zu Rs. C-26/03 "Stadt H.", wenn ihr Kapital von der öffentlichen Hand stammt.*)
VolltextVPRRS 2005, 0632
VK Lüneburg, Beschluss vom 11.10.2005 - VgK-45/2005
1. Kennzeichnend für Auftraggeber im Sinn von § 98 Nr. 2 GWB ist die Erfüllung im Allgemeininteresse liegender Aufgaben nichtgewerblicher Art, d. h. Vorsorgetätigkeit für die Bürger, bei der Wirtschaftlichkeitsaspekte nicht im Vordergrund stehen, sowie überwiegende Finanzierung durch die öffentliche Hand oder beherrschender Einfluss der öffentlichen Hand infolge mehrheitlicher Beteiligung oder Aufsicht. Merkmal der Sektorenauftraggeber im Sinn des 4. Abschnitts ist es hingegen gerade, dass Wirtschaftlichkeitsaspekte Vorrang vor Vorsorgeüberlegungen haben.
2. Schreibt ein Auftraggeber Leistungen dergestalt aus, dass die Bieter Angebote für einzelne Lose, aber auch für vom Auftraggeber festgelegte Losgruppen abgeben können, ohne dass ein gesondertes Angebot auf alle in einer Losgruppe enthaltenen Lose ausgewiesen sein muss, ist er verpflichtet, den Maßstab, nach dem über eine Einzellosvergabe oder eine Losgruppenvergabe entschieden wird, bekannt zu machen. Für die Wertung ist es in einem solchen Fall auch notwendig, eine belastbare Kalkulation für jedes Einzellos zu erstellen.
VolltextVPRRS 2005, 0631
VK Lüneburg, Beschluss vom 05.10.2005 - VgK-44/2005
1. Kennzeichnend für Auftraggeber im Sinn von § 98 Nr. 2 GWB ist die Erfüllung im Allgemeininteresse liegender Aufgaben nichtgewerblicher Art, d. h. Vorsorgetätigkeit für die Bürger, bei der Wirtschaftlichkeitsaspekte nicht im Vordergrund stehen, sowie überwiegende Finanzierung durch die öffentliche Hand oder beherrschender Einfluss der öffentlichen Hand infolge mehrheitlicher Beteiligung oder Aufsicht. Merkmal der Sektorenauftraggeber im Sinn des 4. Abschnitts ist es hingegen gerade, dass Wirtschaftlichkeitsaspekte Vorrang vor Vorsorgeüberlegungen haben.
2. Schreibt ein Auftraggeber Leistungen dergestalt aus, dass die Bieter Angebote für einzelne Lose, aber auch für vom Auftraggeber festgelegte Losgruppen abgeben können, ohne dass ein gesondertes Angebot auf alle in einer Losgruppe enthaltenen Lose ausgewiesen sein muss, ist er verpflichtet, den Maßstab, nach dem über eine Einzellosvergabe oder eine Losgruppenvergabe entschieden wird, bekannt zu machen. Für die Wertung ist es in einem solchen Fall auch notwendig, eine belastbare Kalkulation für jedes Einzellos zu erstellen.
VolltextVPRRS 2005, 0630
VK Lüneburg, Beschluss vom 14.09.2005 - VgK-40/2005
1. Ein Bieter, der in seinem Angebot Positionen des Leistungsverzeichnisses mit Preisen versieht, bei denen Teile des tatsächlich geforderten Entgelts nicht bei der jeweils ausgewiesenen Position ausgewiesen werden, sondern in andere Positionen eingerechnet werden, ohne dass aus dem Angebot der tatsächlich geforderte Preis für die Leistung etwa infolge erläuternder Zusätze ersichtlich wird, gibt schon objektiv die geforderten Erklärungen nicht vollständig im Sinne von § 21 Nr. Abs. 1 VOB/A ab, so dass sein Angebot als Grundlage eines transparenten und alle Bieter gleich behandelnden Wettbewerbs ungeeignet und daher nach § 25 Abs. 1 b VOB/A von der Wertung auszuscheiden ist.
2. Der Nachweis einer Mischkalkulation ist geführt, wenn der Bieter selbst eingesteht, eine Mischkalkulation vorgenommen zu haben.
3. Im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren ist die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar. Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.
4. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO.
VolltextVPRRS 2005, 0626
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2005 - Verg 41/05
1. Die Fristbestimmung in § 14 VOF hat bieterschützende Funktion.
2. Dringlichkeit i.S.d. § 14 VOF erfordert eine im Zeitpunkt der Entscheidung der Vergabestelle nach objektiven Gesichtspunkten festzustellende Eilbedürftigkeit des Beschaffungsvorhabens.
3. Der Begriff der Dringlichkeit in § 14 VOF ist eng auszulegen. Die den Begriff ausfüllenden Umstände sind vom öffentlichen Auftraggeber darzulegen und notfalls nachzuweisen.
4. Politisch vorgegebne Zeitpläne haben sich dem Vergaberechtsregime unterzuordnen.
VolltextVPRRS 2005, 0625
OLG Brandenburg, Beschluss vom 06.10.2005 - Verg W 7/05
1. Einem Bieter, der auf die Ausschreibung hin ein Angebot abgegeben und damit sein Interesse an dem Auftrag bekundet hat und der im Nachprüfungsverfahren die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Auftraggebers, sein Angebot nicht zu berücksichtigen, zur Überprüfung stellt, darf der Zugang zum Nachprüfungsverfahren nicht mit der Begründung verwehrt werden, dass das Angebot aus anderen als den mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden ist.
2. Ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten erfasst auch wettbewerbliche Verfehlungen von erheblichem Gewicht im Sinne des allgemeinen Teils des GWB und des UWG.
3. Es ist wettbewerbsbeschränkend und unlauter, wenn ein Antragsteller ihm zugespielte Teile des Angebots anderer Bieter in das Nachprüfungsverfahren einführt. Damit nutzt er im Wettbewerb bewusst fremdes - möglicherweise sogar strafrechtlich relevantes - Fehlverhalten aus.
4. Aus diesem Grund dürfen auch objektive Vergabefehler, die auf diesem Wege bekannt werden, nicht berücksichtigt werden.
VolltextVPRRS 2005, 0620
VK Südbayern, Beschluss vom 10.02.2005 - 81-12/04
1. Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt.
Der in § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB verwendete Schadensbegriff muss unter dem Gesichtspunkt des Primärrechtsschutzes betrachtet und ausgelegt werden (in Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 29.07.2004, Az. 2 BvR 2248/03). Der Schaden besteht demnach darin, dass durch den einzelnen beanstandeten Vergaberechtsverstoß die Aussichten des Antrag stellenden Bieters auf den Zuschlag zumindest verschlechtert worden sein können. Entscheidend für das Vorliegen einer Antragsbefugnis und damit der Gewährung von Primärrechtsschutz ist mithin die Eignung der gerügten Vergaberechtsverstöße, eine solche Chancenbeeinträchtigung begründen zu können. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Antragsteller im Sinne einer darzulegenden Kausalität nachweisen kann, dass er bei korrekter Anwendung der Vergabevorschriften den Auftrag erhalten hätte.
An die Darlegung des entstandenen oder drohenden Schadens im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB werden daher keine sehr hohen Anforderungen gestellt. Es wird vielmehr als ausreichend angesehen, dass ein Schadenseintritt nicht offensichtlich ausgeschlossen ist.*)
2. Nach § 10 Nr. 5 Abs. 3 VOB/A kann der Auftraggeber die Bieter auffordern, in ihrem Angebot die Leistungen anzugeben, die sie an Nachunternehmer zu vergeben beabsichtigen. Von dieser Möglichkeit hat die Vergabestelle hier Gebrauch gemacht, indem sie unter Nr. 6 der Bewerbungsbedingungen vorgegeben hat, dass der Bieter in seinem Angebot Art und Umfang der durch Nachunternehmer auszuführenden Leistungen angeben muss, auf Verlangen sind die vorgesehenen Nachunternehmer zu benennen. Angaben zu Art und Umfang des geplanten Nachunternehmereinsatzes stellen nach bisherigen Rechtsprechung grundsätzlich eine kalkulationserhebliche Erklärung dar, die sich wegen ihrer erheblichen Bedeutung für die Beurteilung der Sachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit eines Bieters auf die Wettbewerbsstellung auswirken.*)
3. Der Nachprüfungsantrag ist begründet, die Antragstellerin ist durch den Ausschluss ihres Angebots gemäß § 25 Nr. 2 VOB/A in ihren Rechten verletzt, weil die Antragsgegnerin ihre Entscheidung auch von dem - erst während der 2. Wertungsphase geforderten - Terminplan abhängig gemacht hat.
Auch wenn ein Terminplan nicht von § 8 Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 VOB/A erfasst ist, wäre er, sofern ihn die Antragsgegnerin als von den Bietern geforderte Erklärung verlangen wollte, im Anschreiben zur Aufforderung zur Angebotsabgabe selbst aufzuführen. Das folgt aus § 10 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. a. VOB/A i. V. m. § 10 Nr. 5 Abs. 2 Buchst. q VOB/A. Aufzuführen sind im Anschreiben alle Angaben, die außer den Verdingungsunterlagen für den Entschluss zur Angebotsabgabe notwendig sind (§ 10 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A). Dazu zählen insbesondere auch Erfordernisse, die die Bewerber bei der Bearbeitung ihrer Angebote beachten müssen, etwa die Forderung des Auftraggebers nach der Aufstellung bestimmter Terminpläne für die Ausführung der Bauleistung. Dies ist für den Bieter zum einen von Bedeutung, um den Aufwand abzuschätzen, den er mit dem Angebot hat, zum anderen aber auch wesentlich für die Konformität seines Angebots.*)
VolltextVPRRS 2005, 0618
VK Südbayern, Beschluss vom 25.10.2004 - 35-05/04
1. Das Vergabeverfahren steht grundsätzlich unter dem Gebot der Gleichbehandlung und der Chancengleichheit aller Wettbewerbsteilnehmer gemäß § 97 Abs. 2 GWB i.V.m § 2 Nr. 2 VOL/A. Dies bedeutet unter anderem, dass allen Bietern dieselben Mindestanforderungen erfüllen müssen, die für das konkrete Angebot und die Kalkulation von Bedeutung sind, um eine Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden.*)
2. Nach § 25 Nr. 3 VOL/A ist der Zuschlag auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen; der niedrigste Angebotspreis allein ist nicht entscheidend. Die Bestimmung ist zusammen mit § 9 a VOL/A zu sehen, wonach die Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung alle Zuschlagskriterien angeben, deren Verwendung sie vorsehen, und zwar möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung.*)
3. Wie der Wortlaut von § 9a VOL nahe legt ("möglichst"), wird dem öffentlichen Auftraggeber die Bekanntgabe einer Reihenfolge oder einer Gewichtung von Wertungskriterien hierdurch nicht vorgeschrieben. § 9a VOL trifft insofern keine verbindliche Anordnung. Verstöße hiergegen bleiben folgenlos und rechtfertigen nach Ansicht der Kammer keine Beanstandung des Vergabeverfahrens.*)
VolltextVPRRS 2005, 0616
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 05.10.2005 - VK-SH 23/05
1. Das Interesse gemäß § 107 Abs. 2 GWB wird grundsätzlich durch die Abgabe eines Angebotes dokumentiert. Eine Antragsbefugnis kann jedoch ausnahmsweise auch in Betracht kommen, wenn der Unternehmer gerade durch die gerügten Verfahrensfehler an der Abgabe beziehungsweise an der Erstellung des Angebots gehindert worden ist.*)
2. Die Antragsbefugnis beschränkt sich in diesen Fällen auf die Geltendmachung solcher Vergabefehler, die - entweder einzeln oder kumulativ - kausal für diesen Entschluss der Nichtbeteiligung gewesen sein könnten und die die Anordnung einer Aufhebung des Verfahrens oder die Wiederholung der bisherigen Verfahrensschritte rechtfertigen können. Vergaberechtsfehler im Verlauf des weiteren Verfahrens können jedoch nur Bieter rügen, die ein Angebot abgegeben haben und denen aus diesen Fehlern ein Schaden erwachsen kann.*)
3. Bereits aus der Vergabebekanntmachung "erkennbare" Verstöße gegen Vergabevorschriften, die positiv erkannt wurden, sind immer auch gleichzeitig als "erkannte" Verstöße im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB zu betrachten und damit unverzüglich zu rügen.*)
4. Zur positiven Kenntnis von Vergaberechtsverstößen.*)
VolltextVPRRS 2005, 0615
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 06.10.2005 - VK-SH 27/05
1. Sehen Verdingungsunterlagen vor, dass Nachunternehmer nur "auf Verlangen" der Vergabestelle zu benennen sind, müssen die Nachunternehmer nicht zwingend bei Angebotsabgabe benannt werden. Aus einem den Verdingungsunterlagen beigefügten Formular, das Spalten zur Angabe von Nachunternehmern enthält, ergibt sich nichts Anderes.*)
2. Die Benennung von Ordnungszahlen für Nachunternehmerleistungen in Nachunternehmererklärungen ist bei Angebotsabgabe nicht erforderlich, wenn sich aus der schlagwortartigen Bezeichnung der Teilleistungen hinreichend klar ergibt, welche Leistungen von Nachunternehmer ausgeführt werden sollen. Aus einem den Verdingungsunterlagen beigefügten Formular, das Spalten zur Angabe von Ordnungszahlen enthält, ergibt sich nichts Anderes.*)
3. Enthält eine Nachunternehmererklärung Ordnungszahlangaben und werden diesen Ordnungszahlen schlagwortartig Nachunternehmerleistungen zugeordnet, die nicht oder zum Teil nicht den angegebenen Ordnungszahlen entsprechen, ist das Angebot nicht per se wegen Unklarheit der Nachunternehmererklärung auszuschließen. Für die Frage, welche Leistungen von Nachunternehmern ausgeführt werden sollen, ist grundsätzlich die Ordnungszahlangabe maßgebend. Etwas Anderes könnte nur dann gelten, wenn die schlagwortartigen Bezeichnungen der Teilleistungen erkennbar gar nichts mit den in den Ordnungszahlen angegebenen Teilleistungen zu tun haben.*)
4. Die vergaberechtlich bedeutsame Wettbewerbsrelevanz von Nachunternehmererklärungen ist davon abhängig, ob und inwieweit Nachunternehmererklärungen in den Verdingungsunterlagen gefordert werden.*)
VolltextVPRRS 2005, 0614
VK Sachsen, Beschluss vom 12.07.2005 - 1/SVK/073/05
1. Grundsätzlich liegt es - auch nach der Entscheidung des BGH vom 18.05.2004 (X ZB 7/04) - im Verantwortungsbereich des Bieters, wie er seine Preise kalkuliert und zu welchen Preisen er welche Leistungen des Leistungsverzeichnisses anbietet.*)
2. Reine "Unterkostenangebote" in einzelnen Preispositionen allein berechtigen den Auftraggeber nicht zum Vorbehalt einer vergaberechtlich verbotenen Preisverlagerung (Mischkalkulation) mit Ausschlussrelevanz nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A. Unterkostenangebote sind nach allgemeiner Auffassung per se nicht unzulässig. Nach der Rechtsprechung des BGH ist lediglich die Verschiebung eines in einer LV-Position kalkulierten Aufwands in eine andere LV-Position, also Abpreisungen verbunden mit kompensatorischen Aufpreisungen an anderer Stelle, untersagt. Gibt es aber keine derartigen tatsächlich auch überpreisten Positionen, verbietet sich eine darauf aufbauende Annahme einer kompensatorischen Preisverlagerung, die überhaupt erst den vom BGH angedachten Ausschlussgrund begründen kann (wie OLG Dresden, B. v. 01.07.2005, WVerg 7/05 und OLG Koblenz, B. v. 10.05.2005, 1 Verg 3/05).*)
3. Ein Prüfung, wonach einzig und allein eine auffällige Niedrigpreisposition (ohne Aufpreisungen an anderer Stelle) solange einem immer weiter und tiefer gehenden Rechtfertigungszenario zugeführt wird, bis schlussendlich sogar entgegen den Ausführungen einer erstbeurteilenden (unteren) Vergabestelle ein Rechtfertigungsmanko auf der Grundlage allein des ARS Nr. 25/2004 konstatiert wird, ist vergaberechtswidrig. In einer solchen Konstellation erweist sich ein Ausschluss durch eine (übergeordnete) Behörde, der einzig und allein auf eine nicht gesetzlich oder obergerichtlich gestützte Rechtsgrundlage gestützt wird (die in praxi überzogenen Ermächtigungen des ARS Nr. 25/2004) wie auch das Allgemeine Rundschreiben selber als vergaberechtswidrig.*)
VolltextVPRRS 2005, 0613
VK Südbayern, Beschluss vom 14.12.2004 - 70-10/04
1. Gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOL/A darf die Beschreibung technischer Merkmale nicht die Wirkung haben, dass bestimmte Unternehmen oder Erzeugnisse bevorzugt oder ausgeschlossen werden, es sei denn, dass eine solche Beschreibung durch die zu vergebende Leistung gerechtfertigt ist. Es genügt, dass sich die Forderung besonderer Merkmale, bezogen auf die Art der zu vergebenden Leistung, rechtfertigen lässt, mithin sachlich vertretbar ist, womit dem Umstand Rechnung zu tragen ist, dass in die (auch) kaufmännische Entscheidung des Auftraggebers, welche Leistung mit welchen Merkmalen nachgefragt und ausgeschrieben werden soll, regelmäßig eine Vielzahl von Gesichtspunkten einfließt, die sich etwa daraus ergeben, dass sich die auf dem Markt angebotenen Leistungen trotz grundsätzlicher Gleichartigkeit regelmäßig in einer Reihe von Eigenschaften unterscheiden. Eine Differenzierung nach solchen Kriterien, soweit sie auf die Art der zu vergebenden Leistung bezogen sind, kann dem Auftraggeber nicht verwehrt werden, und nach welchen sachbezogenen Kriterien er seine Entscheidung auszurichten hat, ist ihm im Nachprüfungsverfahren nicht vorzuschreiben.*)
2. Das Angebot der Antragstellerin wurde in der ersten Wertungsstufe wegen Änderungen (§ 25 Nr. 1 VOL/A) ausgeschlossen. Auf das Angebot der Antragstellerin konnte der Zuschlag nicht erteilt werden, weil es nicht eindeutig und daher auszuschließen war.*)
VolltextVPRRS 2005, 0612
VK Südbayern, Beschluss vom 14.12.2004 - 69-10/04
1. Gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOL/A darf die Beschreibung technischer Merkmale nicht die Wirkung haben, dass bestimmte Unternehmen oder Erzeugnisse bevorzugt oder ausgeschlossen werden, es sei denn, dass eine solche Beschreibung durch die zu vergebende Leistung gerechtfertigt ist. Im vorliegenden Fall ist der Leistungsanforderung der Vergabestelle eine sachliche Rechtfertigung nicht abzusprechen. Im Rahmen einer Gesamtschau hat der Wettbewerb dies durch mehrere zuschlagsfähige Angebote auch bestätigt.*)
2. Das Angebot der Antragstellerin wurde in der ersten Wertungsstufe wegen nicht zweifelsfreier Änderungen der Eintragungen der Antragstellerin (§ 25 Nr. 1 VOL/A) ausgeschlossen. Auf das Angebot der Antragstellerin konnte der Zuschlag nicht erteilt werden, weil es nicht zweifelsfrei und daher auszuschließen war.*)
VolltextVPRRS 2005, 0611
VK Südbayern, Beschluss vom 14.12.2004 - 68-10/04
1. Gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB besteht die Rügeobliegenheit nur für die dem Antragsteller bekannten Vergabefehler. Kenntnis in diesem Sinn setzt einmal die positive Kenntnis der einen Vergabefehler (tatsächlicher oder vermeintlicher Art) ausmachenden Tatsachenumstände, außerdem aber auch die zumindest laienhafte rechtliche Wertung des Antragstellers voraus, dass die bekannten Tatsachen den Schluss auf eine Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen rechtfertigen. Eine rechtliche Verpflichtung des Antragstellers, sich die - über einen etwa bestehenden Verdacht hinaus - zur Erhebung einer Rüge erforderlichen Tatsachenkenntnisse durch eigenes Tun zu verschaffen und/oder bislang ungewisse rechtliche Bedenken durch Einholen anwaltlichen Rechtsrats zu erhärten, besteht grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme hiervon mag in dem Fall anerkannt werden, in welchem der Kenntnisstand des Antragstellers in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht einen solchen Grad erreicht hat, dass ein weiteres Verharren in Unkenntnis als ein mutwilliges Sich-Verschließen vor der Erkenntnis eines Vergaberechtsverstoßes gewertet werden muss. Die tatsächlichen Voraussetzungen einer Verletzung der Rügeobliegenheit hat - wie sich aus dem Wortlaut des § 107 Abs. 3 S. 1 GWB ergibt - im Streitfall der Auftraggeber nachzuweisen.*)
2. Erkennbar sind Regelverstöße, die bei üblicher Sorgfalt und den üblichen Kenntnissen von einem durchschnittlichen Unternehmen erkannt werden. Bei der Konkretisierung dieses Maßstabes kommt es auch darauf an, ob das Unternehmen schon erhebliche Erfahrungen mit öffentlichen Aufträgen hat und daher gewisse Rechtskenntnisse vorausgesetzt werden können, die beim unerfahrenen Unternehmen nicht vorhanden sind.*)
3. Gemäß § 25 Nr. 1 VOL/A müssen Angebote zwingend von der Wertung ausgeschlossen werden, wenn sie geforderte Preisangaben nicht enthalten.
Der Ausschluss des Angebots war zwingend, weil in dem von der Antragsgegnerin aufgestellten Leistungsverzeichnis in den Spalten für den Einheitspreis und den Gesamtbetrag von der Antragstellerin keine Eintragungen vorgenommen worden waren.*)
4. Gemäß § 21 Nr. VOL/A sind Änderungen und Ergänzungen an den Verdingungsunterlagen unzulässig.
Es kann dahinstehen, ob im Rahmen der Auslegung eine Aufklärung zu den vermeintlichen Änderung oder Schreibfehlern erfolgen konnte oder musste, weil bereits die fehlenden Einheitspreise zwingend zum Ausschluss des Angebots führen mussten.*)
5. Gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOL/A darf die Beschreibung technischer Merkmale nicht die Wirkung haben, dass bestimmte Unternehmen oder Erzeugnisse bevorzugt oder ausgeschlossen werden, es sei denn, dass eine solche Beschreibung durch die zu vergebende Leistung gerechtfertigt ist.
Diese Bestimmung bezweckt, eine Verengung oder sogar Ausschaltung des Wettbewerbs durch eine einseitige Orientierung des öffentlichen Auftraggebers auf bestimmte Unternehmen oder Erzeugnisse zu verhindern und den Grundsatz der Chancengleichheit der Bewerber zu wahren.
Im vorliegenden Fall ist der Leistungsanforderung der Vergabestelle eine sachliche Rechtfertigung nicht abzusprechen. Im Rahmen einer Gesamtschau hat der Wettbewerb dies durch mehrere zuschlagsfähige Hauptangebote bestätigt.*)
6. Die Entscheidung über die Aufhebung einer Ausschreibung ist nach § 26 VOL/A in das pflichtgemäße Ermessen der Vergabestelle gestellt. Eine Anordnung der Aufhebung durch die Nachprüfungsinstanzen kommt demnach nur im Ausnahmefall in Betracht, wenn das Ermessen der Vergabestelle auf Null reduziert wäre.*)
VolltextVPRRS 2005, 0608
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.07.2005 - Verg 38/05
Ein Angebot, für deren Wertung wesentliche geforderte Preisangaben fehlen, ist aus Gründen der Gleichbehandlung und Transparenz zwingend auszuschließen.
VolltextVPRRS 2005, 0607
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.07.2005 - Verg 35/05
1. Nach der bisherigen Rechtsprechung des OLG Düsseldorf fehlt es an der Antragsbefugnis des Antragstellers, wenn sein Angebot zu Recht ausgeschlossen worden ist, weil er auf ein zu Recht ausgeschlossenes Angebot einen Zuschlag nicht erlangen und folglich auch keinen Schaden erleiden kann. Jedenfalls ist in solchen Fällen der Nachprüfungsantrag aber unbegründet.
2. Bei Angabe des ausgeschriebenen Leitfabrikats durch den Bieter und lediglich zwei fehlenden Typenbezeichnungen kann die Vergabestelle davon ausgehen, dass auch der vorgegebene Typ angeboten wird; das Angebot ist also vollständig und nicht auszuschließen.
3. Das in der Bauwirtschaft aufgrund eines zur Zeit vorhandenen Preiswettbewerbs niedrige Preisniveau kann ein ungewöhnlich niedriges Angebot erklären.
VolltextVPRRS 2005, 0606
VK Münster, Beschluss vom 05.10.2005 - VK 19/05
Wird mit dem Angebot auf Abschluss eines Versicherungsvertrages auch gleichzeitig die Mitgliedschaft in einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit angeboten, obwohl dies nicht Gegenstand der Ausschreibung war, so dass sich die Höhe der im Angebot genannten Prämie aufgrund der Möglichkeit von Nachschusspflichten ändern kann, so kann dieses Angebot nicht mit anderen Angeboten von Versicherungen, die diese Verknüpfung nicht haben, verglichen werden. Das Angebot ist zwingend gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a) und d) VOL/A von der Wertung auszuschließen, weil eine andere als die ausgeschriebene Leistung angeboten wurde und kein fester Preis im Sinne von § 15 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A genannt wurde.*)
VolltextVPRRS 2005, 0603
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.07.2005 - Verg 42/05
1. Gemäß § 7 Nr. 5 lit. c) VOL/A können von der Teilnahme am Wettbewerb Bewerber ausgeschlossen werden, die nachweislich eine schwere Verfehlung begangen haben, die ihre Zuverlässigkeit als Bewerber in Frage stellt. Unspezifizierte Vorwürfe, vage Vermutungen und Verdachtsmomente reichen hierfür nicht aus. Die Verfehlung muss nach objektiven Kriterien beweisbar sein. Ist der Bewerber eine juristische Person, kommt es für die Beurteilung auf die für das Unternehmen verantwortlich handelnden Personen an.
2. Zur "Selbstreinigung" von nachweislich schweren Verfehlungen muss ein Unternehmen sich unverzüglich und vollständig von den für die schweren verfehlungen verantwortlichen Personen trennen und ihnen jeden Einfluss auf die Geschäftsführung verwehren.
3. Schließt das Unternehmen stattdessen verdeckte Treuhandverträge den für die schweren verfehlungen verantwortlichen Personen ab, die diesen Personen weiterhin einen erheblichen Einfluss auf das Unternehmen belassen, bedeutet dies eine erneute schwere Verfehlung.
VolltextVPRRS 2005, 0601
EuGH, Urteil vom 20.10.2005 - Rs. C-264/03
1. Ein Baubetreuungsvertrag ist ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag im Sinne des Art. 1 Buchstabe a der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG.
2. Ein nationales Gesetz, welches die Aufgabe der Baubetreuung den in einer abschließenden Liste aufgeführten juristischen Personen des nationalen Rechts vorbehält, verstößt gegen die Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG.
3. Auch bei Verträge, die vom Anwendungsbereich der Gemeinschaftsrichtlinien auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens ausgenommen sind, müssen die Auftraggeber, die sie schließen, doch die Grundregeln des EG-Vertrags und insbesondere das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit beachten.
4. So verhält es sich u. a. bei öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, deren Wert nicht die in der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG festgelegten Schwellen erreicht.
VPRRS 2005, 0599
OLG Rostock, Beschluss vom 30.05.2005 - 17 Verg 4/05
1. Bei einer Ausschreibung über die Durchführung der Restabfallentsorgung (Verwertung/Beseitigung) hängt die Leistungsfähigkeit des Bieters von dem gesicherten Vorhandensein der erforderlichen Kapazitäten der angebotenen Anlage(n) ab; fehlen bei dem Angebot geforderte Kapazitäten, ist es zwingend auszuschließen.
2. Der Vergabekammer sowie dem Vergabesenat obliegt es nicht, im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens die Rechtmäßigkeit einer Plangenehmigung zu prüfen bzw. ihre Rechtswidrigkeit festzustellen. Öffentlich rechtliche Genehmigungen für eine Anlage entfalten Tatbestandswirkung mit der Folge, dass die Anlagen- und Betriebszulassung weiteren Entscheidungen unbesehen zugrunde gelegt werden darf.
3. Die Transportentfernung als sog. "vergabefremder" Gesichtspunkt ist ein zulässiges Wertungskriterium.
VolltextVPRRS 2005, 0595
EuGH, Urteil vom 13.10.2005 - Rs. C-458/03
1. Bei der Vergabe des Betriebs eines gebührenpflichtigen öffentlichen Parkplatzes durch eine öffentliche Stelle an einen Dienstleistungserbringer, der als Entgelt für diese Tätigkeit die von Dritten für die Benutzung dieses Parkplatzes entrichteten Beträge erhält, handelt es sich um eine öffentliche Dienstleistungskonzession, auf die die Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG nicht anwendbar ist.*)
2. Die Artikel 43 EG und 49 EG sowie die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz sind dahin auszulegen, dass sie es einer öffentlichen Stelle verbieten, eine öffentliche Dienstleistungskonzession ohne Ausschreibung an eine Aktiengesellschaft zu vergeben, die durch Umwandlung eines Sonderbetriebs dieser öffentlichen Stelle entstanden ist, deren Gesellschaftszweck auf bedeutende neue Bereiche ausgeweitet wurde, deren Kapital bald für Fremdkapital offen stehen muss, deren geografischer Tätigkeitsbereich auf das gesamte Land und das Ausland ausgedehnt wurde und deren Verwaltungsrat sehr weitgehende Vollmachten der Verwaltung innehat, die er selbständig ausüben kann.*)
VolltextVPRRS 2005, 0592
OLG München, Beschluss vom 28.09.2005 - Verg 19/05
Die Lieferung von marktüblicher Beleuchtung für ein Bauvorhaben ohne individuelle Anfertigung oder Bearbeitung im Hinblick auf die baulichen Gegebenheiten und ohne Montage- oder Einbauarbeiten ist keine Bauleistung. Erreicht der Wert des Auftrags nicht den Schwellenwert von 200.000 Euro, ist das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet, auch wenn der geschätzte Gesamtauftragswert des Bauvorhabens über dem Schwellenwert liegt.*)
VolltextVPRRS 2005, 0591
OLG Brandenburg, Beschluss vom 17.02.2005 - Verg W 11/04
1. Eine Rüge im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB liegt nur vor, wenn der Bieter der Vergabestelle eindeutig zu verstehen gibt, dass ihr die letzte Chance gegeben wird, den beanstandeten Verstoß zu korrigieren, bevor ein Nachprüfungsverfahren beantragt wird.
2. Eine Erklärung, mit der zum Ausdruck gebracht wird, dass der Bieter die Rechtsauffassung der Vergabestelle nicht teilt, genügt dem nicht.
3. Bei überschaubaren und einfach zu bewertenden Sachverhalten kann im Einzelfall auch eine Rügefrist von 1 bis 3 Tagen in Betracht kommen.
4. Hebt die Vergabestelle das Offene Verfahren mangels wertbare Angebote auf, geht ins Verhandlungsverfahren über und beteiligt in diesem dieselben Bieter wie im Offen Verfahren zuvor, so sind die im Offenen Verfahren angegebenen Zuschlagskriterien zu Grunde zu legen - auch wenn keine erneute Bekanntgabe von Zuschlagskriterien im Verhandlungsverfahren erfolgte.
VolltextVPRRS 2005, 0589
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 16.09.2005 - VK-SH 22/05
1. Die Nachprüfungsinstanzen können die Entscheidung einer Vergabestelle über die Eignung eines Unternehmens nur daraufhin prüfen, ob die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraumes überschritten sind.
2. Der Beurteilungsspielraum wird beispielsweise überschritten, wenn der Auftraggeber die selbst aufgestellten Verfahrensbedingungen missachtet und von einem nicht vollständig ermittelten Sachverhalt ausgeht.
3. Sehen die Ausschreibungsunterlagen durch die Formulierung "sind vorzulegen" vor, dass die Bieter ihre Eignung zur Auftragsdurchführung innerhalb der Frist zur Angebotsabgabe nachzuweisen haben, zieht die unterbliebene oder nicht rechtzeitige Vorlage der damit zwingend geforderten Eignungsnachweise zwangsläufig den Ausschluss des betroffenen Angebots nach sich. Ermessen steht dem Auftraggeber nicht zu.
4. Nachweise der Eignung fallen nicht unter den Begriff der "Angaben und Erklärungen" gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A. Fehlen einem Angebot die in der Bekanntmachung geforderten Nachweise zur Dokumentation der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit, richtet sich der Ausschluss des Angebots nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A.
VolltextVPRRS 2005, 0588
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.09.2005 - VK-SH 21/05
1. Bei der Auslegung einer Leistungsbeschreibung, die sich nach den §§ 133, 157 BGB zu vollziehen hat, ist auf den objektiven, fachkundigen Empfängerhorizont der Bieter abzustellen. Neben dem Wortlaut sind dabei auch die Umstände des Einzelfalls, die Verkehrssitte sowie Treu und Glauben heranzuziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der jeweils für die Abgabe eines Angebots in Frage kommende Bieterkreis über ein erhebliches Fachwissen verfügen muss.
2. Ein Angebot zu einem Preis, der unterhalb der Kostenschätzung der Vergabestelle selbst liegt, kann nicht unwirtschaftlich im Sinne von § 26 Nr. 1 Buchstabe c VOL/A sein und schon gar nicht einen anderen schwerwiegenden Grund für die Aufhebung der Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 Buchstabe d VOL/A liefern.
3. Der Vergabestelle kann nicht zugestanden werden, zur Feststellung einer angeblichen Unwirtschaftlichkeit der eingegangenen Angebote auf kostengünstigere Vergleichsangebote von Bietern abzustellen, die sie zuvor wegen Nichterfüllung der Anforderungen der Ausschreibung ausgeschlossen hat oder ausschließen müsste.
VolltextVPRRS 2005, 0587
VG Leipzig, Beschluss vom 05.09.2005 - 5 K 1069/05
Verwaltungsgerichte sind für die Überprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der Schwellenwerte nicht zuständig.
VolltextVPRRS 2005, 0584
VK Brandenburg, Beschluss vom 16.12.2004 - VK 70/04
1. Inhaltlich unabdingbar für die Rüge ist, dass der Bieter der Vergabestelle gegenüber unmissverständlich deutlich macht, dass ihr hiermit die letzte Chance gegeben wird, den vorgetragenen Verstoß gegen Vergaberecht zu korrigieren, bevor der Bieter den Rechtsweg zur Vergabekammer beschreitet.
2. Die inhaltlichen Anforderungen an eine Rüge muss auch ein Erwiderungsschreiben des Bieters erfüllen, das auf eine aus Sicht des Bieters unbefriedigende Antwort des Auftraggebers auf eine erste Rüge ergeht.
3. Zu den allgemeinen Grundsätzen der Unverzüglichkeit einer Rüge.
4. Bei der Entscheidung über die Gestattung des Zuschlags nach § 115 Abs. 2 GWB können auch die Erfolgschancen des Nachprüfungsantrages berücksichtigt werden.
5. Der Vergabekammer ist es grundsätzlich verwehrt, auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens von Amts wegen im Sinne einer objektiven Rechtmäßigkeitskontrolle nach § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB einzuwirken. Diese Möglichkeit besteht nur im Rahmen eines zulässigen Nachprüfungsantrages.
VolltextVPRRS 2005, 0582
VK Brandenburg, Beschluss vom 23.11.2004 - VK 58/04
1. Der Auftraggeber verstößt gegen das Diskriminierungsverbot, wenn er mit dem Angebot die Vorlage einer Sanierungsträgerbestätigung nach §§ 157 Abs. 1, 158 BauGB a.F. für das entsprechende Bundesland fordert und das zuständige Ministerium die rechtzeitig beantragte Bestätigung im Hinblick auf eine erwartete Gesetzesänderung nicht weiter bearbeitet. Der Auftraggeber hat die Vorlage gleichwertiger Bestätigungen eines anderen Landes oder EU-Mitgliedstaates zuzulassen.*)
2. Ausgeschriebenen Leistungen als Sanierungsträger, die primär planerische Tätigkeiten wie Fortschreibung des städtebaulichen Rahmenplanes sowie Mitgestaltung von Bebauungsplanentwürfen betreffen, sind nicht eindeutig und erschöpfend beschreibbar mit der Folge, dass die VOF Anwendung findet. Unerheblich ist, dass die im Zusammenhang mit bzw. nach der Planung vorzunehmenden Arbeitsschritte wie Erörterung der Sanierungsmaßnahmen mit den Betroffenen und Fortschreibung und Kontrolle der Kosten- und Finanzierungsübersichten allgemein beschreibbar sind, wenn sie im Verhältnis zur planerischen Tätigkeit nur als Hilfsmittel zu qualifizieren sind, um das Ziel der Aufgabenstellung zu erreichen.*)
VolltextVPRRS 2005, 0581
VK Brandenburg, Beschluss vom 20.10.2004 - VK 56/04
Stellt der Auftraggeber die Auflistung der angebotenen Einzelpreise klar und erläutert, dass ein angebotener Rabatt für einen Einzelpreis (nur) bei der Gesamtangebotssumme rechnerisch berücksichtigt wurde, beseitigt er die fehlende Transparenz der Angebotswertung. Ausschlaggebend ist trotz der Regelung in § 25 Nr. 3 Satz 2 VOL/A der Angebotspreis der Bieter, wenn die eingereichten Angebote inhaltlich übereinstimmen, also gemäß den nach den Vergabebedingungen maßgeblichen Bedingungen sachlich und inhaltlich in sonstiger Weise gleichwertig sind. Als das annehmbarste Angebot, auf das nach § 25 Nr. 3 VOL/A der Zuschlag erteilt werden soll, ist in einem solchen Fall das Gebot mit dem niedrigsten Angebotspreis anzusehen. Der Auftraggeber kann ohne Verstoß gegen das Nachverhandlungsverbot des § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A einen angebotenen Rabatt für Postzustellungen werten, auch wenn der Bieter hierfür noch nicht über eine Genehmigung nach § 34 Satz 4 PostG verfügt. Die Bestimmungen nach dem PostG über die Genehmigung der Preise fallen nicht unter die nach § 97 Abs. 7 GWB einzuhaltenden Vergabevorschriften. Bedarf ein Bieter zur Durchführung der ausgeschriebenen Leistungen einer behördlichen Erlaubnis, hat über deren Erteilung oder Versagung ausschließlich die dazu berufene Fachbehörde zu entscheiden.*)
VolltextVPRRS 2005, 0579
VK Brandenburg, Beschluss vom 24.09.2004 - VK 49/04
1. Es widerspricht Treu und Glauben, wenn der Antragsteller zwischen Angebotsabgabe und fachanwaltlicher Beratung betreffend Angaben zu Nebenangeboten und Zuschlagskriterien in der Aufforderung zur Angebotsabgabe einen Zeitraum von mehr als drei Monaten verstreichen lässt, um dann auf diese Kenntnisse zurückzugreifen, sobald er erkennt, dass die beabsichtigte Zuschlagserteilung zu seinem Nachteil ausfallen könnte.*)
2. Bei einer Rüge nach § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB kommt es nicht auf positives Wissen von Vergabeverstößen an, sondern auf die Erkenntnismöglichkeit eines durchschnittlichen Antragstellers. Hierzu zählen Bieter, die an Vergabeverfahren teilnehmen und damit zu Verkehrskreisen gehören, in denen die Kenntnisse der Vergabevorschriften unabdingbar ist.*)
3. Bei einem geltend gemachten Verstoß gegen § 13 VgV mangelt es im Nachprüfungsantrag an der Antragsbefugnis. Die rechtlich schutzwürdigen Interessen des Bieters sind vollumfänglich dadurch gewahrt, dass der Nachprüfungsantrag vor Zuschlagserteilung an den öffentlichen Auftraggeber zugestellt wurde.*)
4. Ein Akteneinsichtsrecht ist bei einem unzulässigen Nachprüfungsantrag nicht gegeben, da es nur in dem Umfang besteht, in dem es zur Durchsetzung der Rechte des Antragstellers aus § 97 Abs. 7 GWB erforderlich ist.*)
VolltextVPRRS 2005, 0576
VK Brandenburg, Beschluss vom 09.02.2005 - VK 86/04
1. Dem Antragsteller fehlt die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB, wenn sein Angebot selbst dann keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte, wenn die geltend gemachten Vergabeverstöße zutreffend und ausgeräumt worden wären. Die Entstehung eines Schadens durch die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften ist in einem solchen Fall ausgeschlossen.*)
2. Bei einer fernmündlichen Rüge ist die Möglichkeit zur Korrektur von Vergabefehlern im laufenden Verfahren nur gegeben, wenn sich der Bieter an den zur Vertretung der Vergabestelle berufenen Vertreter wendet, der zur Abhilfe der beanstandeten Fehler in der Lage ist. Anderenfalls erfolgt die Rüge nicht im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gegenüber dem Auftraggeber.*)
VolltextVPRRS 2005, 0575
VK Brandenburg, Beschluss vom 04.02.2005 - VK 85/04
1. Die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist nur gegeben, wenn dem Antragsteller aus dem geltend gemachten Vergabeverstoß ein wirtschaftlicher Nachteil erwachsen ist oder zu erwachsen droht. Er muss ohne den Rechtsverstoß bei der Wertung der Angebote eine echte Chance auf Erhalt des Zuschlages gehabt haben, die durch den Rechtsverstoß beeinträchtigt wurde.*)
2. Daran fehlt es, wenn der Bieter aufgrund seines Wertungsrangs auch bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren keine Aussicht auf Berücksichtigung seines Angebotes und auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte.*)
VolltextVPRRS 2005, 0572
VK Münster, Beschluss vom 22.07.2005 - VK 16/05
Im Rahmen der Wertung hat die Vergabestelle die Angaben der Bieter auch auf Plausibilität hin zu prüfen. Angaben, die schon aufgrund der in der Branche üblichen Gepflogenheiten unwahrscheinlich erscheinen, können nicht ohne Prüfung Inhalt einer Wertungsentscheidung sein.*)
VolltextVPRRS 2005, 0571
VK Brandenburg, Beschluss vom 19.07.2004 - VK 41/04
1. Bei Losbildung besteht kein Anspruch des Bieters auf Erhalt aller Lose, wenn aufgrund der Buchpreisbindung alle Bieter zum gleichen Preis anbieten und gleichermaßen geeignet sind.*)
2. Die Losbildung würde ihr Ziel (Risikostreuung zugunsten des Auftraggebers; keine Konzentration auf wenige Bieter, mehr Chancengleichheit, mehr Wettbewerb) verfehlen, wenn im Ergebnis der Zuschlag ausschließlich auf das Angebot eines Bieters entfallen würde und die anderen Bieter keine Möglichkeit hätten, zum Zuge zu kommen.*)
VolltextVPRRS 2005, 0568
VK Brandenburg, Beschluss vom 10.09.2004 - VK 39/04
1. Eine juristische Person des Privatrechts (GmbH), deren Alleingesellschafter ebenfalls eine juristische Person des Privatrechts ist, ist kein öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 BWG, wenn sie mit Gewinnerzielungsabsicht ein Krankenhaus betreibt und nur in ganz untergeordnetem Umfang öffentliche Mittel zur Finanzierung erhält (weniger als 1 % der Gesamtfinanzierung). Sie ist jedoch öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 5 GWB, wenn sie für die Errichtung/Sanierung eines Krankenhauses Fördermittel von über 90 % vom Land erhält.*)
2. Ein Antragsteller hat kein Interesse am Auftrag und ihm fehlt damit die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB, wenn er nach seiner Ansicht bereits über den Zuschlag für den ausgeschriebenen Auftrag verfügt und ein Angebot nur eingereicht hat, um formal am Ausschreibungsverfahren beteiligt zu sein und aus dieser Position heraus ein Nachprüfungsverfahren einleiten zu können. Der Erhalt des Zuschlages im Rahmen der neuen Ausschreibung wird nicht erstrebt, sondern die Vergabe soll verhindert werden. Das ist kein zulässiges Ziel eines Nachprüfungsverfahrens.*)
VolltextVPRRS 2005, 0567
VK Brandenburg, Beschluss vom 21.07.2004 - VK 35/04; VK 38/04
1. Briefkastenfirmen entfalten am Ort ihrer Niederlassung keine eigene Geschäftstätigkeit; die Eignung kann bei einer Briefkastenfirma nicht bejaht werden, wenn nach den zusätzlichen Vertragsbedingungen die Durchführung im eigenen Betrieb gefordert wird.*)
2. Die "Nähe zur Schule" ist kein geeignetes Zuschlagskriterium, da ihre Berücksichtigung eine lokale Beschränkung des Wettbewerbs und somit einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot darstellt.*)
3. Bei wirtschaftlich gleichen Angeboten bietet sich das Losverfahren an.*)
4. Der Anspruch auf Akteneinsicht beinhaltet grundsätzlich keinen Anspruch auf Aktenversendung.*)
VolltextVPRRS 2005, 0566
VK Brandenburg, Beschluss vom 30.08.2004 - VK 34/04
1. Die Beteiligung eines Privatunternehmens an einem gemischwirtschaftlichen Unternehmen ist ausschreibungspflichtig, wenn ein Bezug zur Beschaffung von Leistungen durch einen an diesem Unternehmen beteiligten öffentlichen Auftraggeber besteht, insbesondere die Gründung zu dem Zweck erfolgt, Leistungen für den öffentlichen Auftraggeber zu erbringen.*)
2. Der auf Aufhebung der Aufhebung der Ausschreibung gerichtete Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn der Auftraggeber seinen unabänderlichen Willen zum Ausdruck gebracht hat, den ausgeschriebenen Auftrag endgültig nicht mehr zu vergeben.*)
3. Die Anordnung einer Fortsetzung des Vergabeverfahrens mit dem Ziel einer Zuschlagserteilung kommt bei einer Scheinaufhebung in Betracht, ebenso wenn der Auftraggeber zu Unrecht das Vorliegen mindestens eines ordnungsgemäßen Angebotes verneint hat.*)
4. Ein Feststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtswidrig war, ist begründet, wenn im Verhandlungsverfahren die Aufhebungsentscheidung gegen den Wettbewerbsgrundsatz, das Gleichbehandlungsgebot oder das Transparenzgebot verstößt.*)
VolltextVPRRS 2005, 0565
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 08.09.2005 - Rs. C-331/04
1. Die Artikel 36 Absatz 2 der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG und 34 Absatz 2 der Sektorenrichtlinie 93/38/EWG verpflichten die Vergabestelle, in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen die Zuschlagskriterien detailliert anzugeben, ohne dass die Vergabekommission befugt wäre, andere Maßnahmen als die Anwendung dieser Kriterien vorzunehmen, da ihr auch vor der Öffnung der Umschläge mit den Angeboten jede Einführung neuer Kriterien verboten ist.*)
2. Erweist es sich als unmöglich, solche Kriterien in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen in absteigender Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung zu bestimmen, erlauben es die genannten Vorschriften der Vergabekommission nicht, dies nachträglich zu tun; sie darf dies auch nicht vor der Öffnung der Umschläge, weil sie sich keine Vorschriften geben darf, um diesen Eingriff zu regeln, und die ursprüngliche Punktevergabe nicht zwischen den verschiedenen Kriterien umverteilen und entsprechend ihrem jeweiligen Wert ordnen darf.*)
VolltextVPRRS 2005, 0564
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 08.09.2005 - Rs. C-226/04; Rs. C-228/04
1. Der in der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG verwendete Ausdruck "seine Verpflichtungen erfüllen" kann dahin ausgelegt werden, dass er so viel bedeutet wie "essere in regola con" seinen Verpflichtungen ["nachkommen"], wie es in der italienischen Umsetzungsvorschrift heißt, da beide Formulierungen denselben Sinn haben.*)
2. Der Ausdruck "seine Verpflichtungen erfüllen" im Sinne von Artikel 29 Buchstaben e und f der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG ist dahin auszulegen, dass er die tatsächliche Erfüllung der betreffenden Zahlungsverpflichtungen erfordert, deren Höhe und Fälligkeit sich nach dem nationalen Recht bestimmen, und einer nationalen Vorschrift oder einer Auslegung der nationalen Vorschriften nicht entgegensteht, wonach bei einem Unternehmen, das einen administrativen oder gerichtlichen Rechtsbehelf eingelegt hat, bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung davon auszugehen ist, dass es seine Verpflichtungen erfüllt hat.*)
3. Ein Unternehmen kann bis zum Ablauf der Frist für den Antrag auf Teilnahme an einem Vergabeverfahren nachweisen, dass es die qualitativen Auswahlkriterien für eine Auftragsvergabe gemäß Artikel 29 Buchstaben e und f der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG erfüllt, es sei denn, dass der Auftraggeber die Erfüllung der Auswahlkriterien und die Angebote der Bewerber gleichzeitig prüft, wobei in diesem Fall die anwendbare Frist die für die Einreichung der Angebote ist.*)
VolltextVPRRS 2005, 0563
OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.06.2005 - 11 Verg 9/05
Die Entscheidung der Vergabekammer über eine beantragte Beiladung ist unanfechtbar.
VolltextVPRRS 2005, 0558
VK Thüringen, Beschluss vom 23.09.2005 - 360-4002.20-007/05-NDH
1. Der Feststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB setzt als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein Feststellungsinteresse voraus, das insbesondere in Bezug auf Schadensersatzansprüche oder wegen einer konkreten Wiederholungsgefahr bestehen kann.
2. Die von den Bewerbern geforderten Angaben zum Nachweis der Eignung müssen bereits in der Bekanntmachung erfolgen; eine nachträgliche Forderung durch die Vergabestelle, z.B in den Verdingungsunterlagen, ist nicht zulässig und führt bei Nichtvorlage mit dem Angebot nicht zum Ausschluss.
3. Die Verwendung eigener Formulare durch den Bieter an Stelle der Formulare des Auftraggebers ohne inhaltliche Änderung stellt keine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen dar.
4. Gibt es keine Zweifel an unangemessen niedrigen Angebotspositionen, ist der Nachweis, dass keine Mischkalkulation vorliegt, Sache des Bieters.
5. Dem Bieter müssen im Vorfeld des Bietergespräches zu einer sachgemäßen Vorbereitung die Themen des Bietergesprächs mitgeteilt werden.
VolltextVPRRS 2005, 0557
VK Bund, Beschluss vom 21.07.2005 - VK 3-61/05
1. Enthält ein Angebot widersprüchliche Preisangaben, so dass für den Auftraggeber der tatsächlich gewollte Preis nicht erkennbar ist, ist dies dem Fehlen von Preisangaben gleichzustellen, da wegen der Nichterkennbarkeit des tatsächlich gewollten Preises eine vergleichende Wertung mit anderen Angeboten nicht möglich ist.
2. Die Aufklärung von widersprüchlichen Preisangaben kann nicht Gegenstand einer zulässigen Nachverhandlung gemäß § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A sein.
VolltextVPRRS 2005, 0556
VK Bund, Beschluss vom 12.07.2005 - VK 3-67/05
1. Ein (möglicher) Schaden einer antragstellenden Bietergemeinschaft kann nicht daraus hergeleitet werden, dass sich die einzelnen Mitglieder dieser Bietergemeinschaft bei einem kleineren Loszuschnitt allein um den Auftrag hätten bewerben können, wenn die einzelnen Mitglieder der Bietergemeinschaft nicht Antragsteller sind.
2. § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A bzw. der insoweit gleichlautende § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A haben grundsätzlich keine bieterschützende Wirkung.
VolltextVPRRS 2005, 0554
VK Hessen, Beschluss vom 26.01.2005 - 69d-VK-96/2004
1. Einem Unternehmen, das kein eigenes Angebot abgegeben hat, sondern nur zusammen mit anderen Unternehmen im Rahmen einer Bietergemeinschaft, fehlt die Antragsbefugnis für die Stellung eines Nachprüfungsantrags im eigenen Namen, auch wenn sein Begehren sich auf die Erteilung des Auftrags nicht an sich, sondern an die Bietergemeinschaft richtet (Abweichung von OLG Hamburg, B. v. 10.10.2003 - 1 Verg 2/03). Für ein eigenes Antragsrecht eines jeden einzelnen Mitglieds einer Bietergemeinschaft besteht keine Notwendigkeit und Rechtfertigung.*)
2. Rügen, die von den (späteren) Mitgliedern einer Bietergemeinschaft erhoben wurden, bevor diese gebildet war, wachsen dieser nicht „automatisch“ zu. Vielmehr muss die Bietergemeinschaft sich die von den Einzelmitgliedern erhobenen Rügen gegenüber der Vergabestelle ausdrücklich zu eigen machen und die Rügen konkret bezeichnen, die sie nunmehr als eigene weiterhin aufrechterhalten will.*)
3. Wird das Angebot einer Bietergemeinschaft nicht von allen Mitgliedern unterschrieben, sondern nur von einzelnen Mitgliedern als Vertreter der Bietergemeinschaft, so muss dem Angebot eine eindeutige Vollmacht aller Mitglieder beiliegen.*)
4. Fordert die Vergabestelle die Bieter unter Fristsetzung dazu auf, einer Verlängerung der Bindefrist zuzustimmen, so führt die nicht eindeutige und in sich widersprüchliche Erklärung eines Bieters zum Erlöschen seines Angebots.*)
5. Die Regelung des § 112 Abs. 1 S. 3 GWB (Entscheidung nach Lage der Akten) ist auch anwendbar, wenn z.B. wegen des Vorliegens zwingender Ausschlussgründe der Nachprüfungsantrag keinerlei Erfolg haben kann und daher in Ansehung der aktuellen Rechtsprechung zur Antragsbefugnis nicht als unzulässig, sondern als unbegründet zurückzuweisen wäre.*)
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