Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
4933 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2005
VPRRS 2005, 0208VK Lüneburg, Beschluss vom 10.03.2005 - VgK-4/2005
1. Die Antragsbefugnis kann bei einem preislich und wirtschaftlich lediglich an dritter Stelle rangierenden Angebot bejaht werden, wenn der Antragsteller im Erfolgsfall die Möglichkeit hat, sich bei einer dann erforderlichen erneuten Ausschreibung mit einem neuen Angebot zu beteiligen.
2. Die Rüge muss angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich binnen 1 - 3 Tagen nach positiver Kenntniserlangung erfolgen.
3. Eine durchgreifende, einen vermeintlich EU-vergaberechtswidrig – aber zivilrechtlich wirksam - zustande gekommenen Vertrag beendende Wirkung hat weder die Dienstleistungsrichtlinie noch die Rechtsmittelrichtlinie.
4. Eine fehlende neue immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlage beinhaltet weder eine fehlende Ausschreibungsreife noch eine Verletzung des Gebots der eindeutigen Leistungsbeschreibung bzw. der Pflicht des Auftraggebers zur Angabe aller kalkulationsrelevanten Umstände noch einen Verstoß gegen die Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses, wenn die Bieter bei der Kalkulation von der Altgenehmigung ausgehen können.
5. Wesentliche Veränderungen eines laufenden Leistungsvertrages in inhaltlicher Hinsicht oder bezüglich der Laufzeit bedeuten die Vergabe eines öffentlichen Auftrags.
VolltextVPRRS 2005, 0207
VK Lüneburg, Beschluss vom 04.03.2005 - VgK-3/2005
1. Die Rüge hinsichtlich behaupteter Fehler in den Verdingungsunterlagen ist unmittelbar nach Sichtung der Ausschreibungsunterlagen zu erheben.
2. Die Antragsbefugnis fehlt, wenn ein aus der jeweils plausibel behaupteten Rechtsverletzung folgender wirtschaftlicher Nachteil offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist.
3. Der öffentliche Auftraggeber bedarf für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
4. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen für einen anwaltlichen Bevollmächtigten ergibt sich aus der analogen Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO.
VolltextVPRRS 2005, 0206
BGH, Beschluss vom 01.02.2005 - X ZB 27/04
§ 97 Abs. 7 GWB begründet ein subjektives Recht auf Einleitung und Durchführung eines nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB geregelten Vergabeverfahrens.*)
Die Verletzung dieses subjektiven Rechts unterliegt der durch § 102 GWB eröffneten Nachprüfung.*)
Ein Vertrag zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen hat Dienstleistungen zum Gegenstand, wenn der öffentliche Auftraggeber hiermit eine Leistung beschaffen will, die nicht unter § 99 Abs. 2 oder 3 GWB fällt, und das Unternehmen jedenfalls unter anderem diese Leistung zu erbringen hat.*)
Verpflichtet sich der öffentliche Auftraggeber seinerseits zu einer geldwerten Gegenleistung, handelt es sich um einen entgeltlichen Vertrag, wenn Leistung und Gegenleistung voneinander nicht trennbare Teile eines einheitlichen Leistungsaustauschgeschäfts sind.*)
§ 13 VgV ist entsprechend anzuwenden, wenn es im Anwendungsbereich der §§ 97 bis 99, 100 Abs. 1 GWB bei der Beschaffung von Dienstleistungen zur Beteiligung mehrerer Unternehmen gekommen ist, die Angebote abgegeben haben, und der öffentliche Auftraggeber eine Auswahl unter diesen Unternehmen trifft.*)
VolltextVPRRS 2005, 0203
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.02.2005 - Verg 91/04
1. Die Eignungsprüfung umfasst auch die Prüfung, ob der Bieter rechtlich in der Lage ist, die ausgeschriebene Leistung zu erbringen.
2. Die Eignungsprüfung kann auch die Prüfung patentrechtlicher und anderer schwieriger Rechtsfragen umfassen.
VolltextVPRRS 2005, 0202
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.02.2005 - Verg 78/04
1. Für den Primärrechtsschutz ist nicht in jedem Fall die formale Bieter- oder Bewerbereigenschaft erforderlich.
2. Nach Vertragsschluss kann der nationale Rechtsschutz auf Schadenersatz begrenzt werden.
3. § 13 VgV gilt auch im Verhandlungsverfahren mit nur einem Bieter hinsichtlich der übrigen Bieter aus einem vorangegangenen - aufgehobenen - Offenen Verfahren.
VolltextVPRRS 2005, 0201
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.02.2005 - Verg 85/04
1. § 13 VgV gilt auch im Verhandlungsverfahren.
2. § 13 VgV gilt auch im Verhandlungsverfahren mit nur einem Bieter, wenn andere Interessenten für den öffentlichen Auftraggeber z.B. aufgrund eines vorangegangenen Offenen Verfahrens konkret erkennbar sind.
3. Auch im Verhandlungsverfahren sind Angebote möglichst im Wettbewerb einzuholen.
VolltextVPRRS 2005, 0200
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.02.2005 - Verg 86/04
1. § 13 VgV gilt auch im Verhandlungsverfahren.
2. § 13 VgV gilt auch im Verhandlungsverfahren mit nur einem Bieter, wenn andere Interessenten für den öffentlichen Auftraggeber z.B. aufgrund eines vorangegangenen Offenen Verfahrens konkret erkennbar sind.
3. Auch im Verhandlungsverfahren sind Angebote möglichst im Wettbewerb einzuholen.
VolltextVPRRS 2005, 0199
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.02.2005 - Verg 87/04
1. § 13 VgV gilt auch im Verhandlungsverfahren.
2. § 13 VgV gilt auch im Verhandlungsverfahren mit nur einem Bieter, wenn andere Interessenten für den öffentlichen Auftraggeber z.B. aufgrund eines vorangegangenen Offenen Verfahrens konkret erkennbar sind.
3. Auch im Verhandlungsverfahren sind Angebote möglichst im Wettbewerb einzuholen.
VolltextVPRRS 2005, 0198
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.02.2005 - Verg 92/04
1. Um den Zugang zu einem Nachprüfungsverfahren zu erhalten, bedarf es gemäß § 107 Abs. 2 GWB der konkreten Darlegung mindestens eines Vergabeverstoßes.
2. Geben schon der Vortrag der Beteiligten oder der sonstige Tatsachenstoff den Kontrollinstanzen hinreichenden Anlass zur Prüfung, ob Vergaberechtsverstöße vorliegen, sind sie zur weiteren amtswegigen Ermittlung und Rechtsprüfung verpflichtet.
VolltextVPRRS 2005, 0197
BayObLG, Beschluss vom 17.02.2005 - Verg 027/04
1. Ausschluss eines Angebots, das den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses nicht entspricht.*)
2. Ein Fehler im Leistungsverzeichnis, der dazu führt, dass kein Bieter in dieser Position ein der Leistungsbeschreibung entsprechendes Angebot abgegeben hat, zwingt nicht zur Aufhebung der Ausschreibung, wenn es sich dabei um ein untergeordnetes technisches Detail eines einzelnen Gerätes im Rahmen einer umfangreichen Ausschreibung handelt.*)
3. Zu Rahmenvereinbarungen zugunsten Dritter im Zusammenhang mit der landesweiten sukzessiven Einrichtung von Rettungsleitstellen.*)
VolltextVPRRS 2005, 0196
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.02.2005 - Verg 88/04
1. § 13 VgV ist nur gegenüber potentiellen Interessenten, die keinerlei Kontakt zum Auftraggeber haben, nicht anzuwenden.
2. Dem Auftraggeber steht bei der Prüfung und Bewertung der Angebote, und zwar bei der Frage, ob sie den von ihm in den Verdingungsunterlagen abstrakt aufgestellten Anforderungen entsprechen, ein nur beschränkt kontrollierbarer Beurteilungsspielraum zu.
3. Auch im Verhandlungsverfahren sind Angebote möglichst im Wettbewerb einzuholen.
VolltextVPRRS 2005, 0195
BayObLG, Beschluss vom 17.02.2005 - Verg 27/04
1. Ausschluss eines Angebots, das den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses nicht entspricht.*)
2. Ein Fehler im Leistungsverzeichnis, der dazu führt, dass kein Bieter in dieser Position ein der Leistungsbeschreibung entsprechendes Angebot abgegeben hat, zwingt nicht zur Aufhebung der Ausschreibung, wenn es sich dabei um ein untergeordnetes technisches Detail eines einzelnen Gerätes im Rahmen einer umfangreichen Ausschreibung handelt.*)
3. Zu Rahmenvereinbarungen zugunsten Dritter im Zusammenhang mit der landesweiten sukzessiven Einrichtung von Rettungsleitstellen.*)
VolltextVPRRS 2005, 0194
VK Nordbayern, Beschluss vom 11.02.2005 - 320.VK-3194-51/04
Entspricht ein Angebot nicht den in den Verdingungsunterlagen festgelegten Zahlungsbedingungen, so ist es zwingend wegen unzulässiger Änderung der Verdingungsunterlagen von der Wertung auszuschließen (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A).*)
VolltextVPRRS 2005, 0191
OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.02.2005 - Verg 74/04
1. Muss eine Ausschreibung aufgehoben werden und neu erfolgen, wenn der Nachprüfungsantrag eines Bieters Erfolg hat, so ist für dessen Antragsbefugnis unerheblich, dass er in diesem (fehlerhaften) Ausschreibungsverfahren zwingend wegen Änderungen an den Verdingungsunterlagen auszuschließen wäre; auch in der Sache ist der Antrag dann nicht abzulehnen.
2. In der Regel ist ein Bieter/Bewerber, der einen Vergaberechtsverstoß vermutet, genauso wenig gehalten, seine in tatsächlicher oder in rechtlicher Hinsicht ungenügenden Kenntnisse zu vervollständigen, insbesondere rechtlichen Rat einzuholen. Von diesen Grundsätzen ist nur dann eine Ausnahme geboten, wenn der Kenntnisstand des Bieters/Bewerbers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einen solchen Grad erreicht hat, dass seine Unkenntnis vom Vergaberechtsverstoß nur als ein mutwilliges Sich-Verschließen vor der Erkenntnis dieses Rechtsverstoßes verstanden werden kann. Hieran sind indes strenge und vom Auftraggeber darzulegende Anforderungen zu richten.
3. Erkennt der Antragsteller einen Vergaberechtsverstoß erst im Laufe des Nachprüfungsverfahrens, so entsteht keine gesonderte Rügeobliegenheit. Die auf die Obliegenheit zu außerprozessualer Rüge gegenüber dem Auftraggeber angelegte Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist nicht auf solche Rechtsverstöße anzuwenden, die der Antragsteller erst nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens erkennt.
4. Eine Rüge kann nach dem auch das Vergaberecht beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verzichtbar sein, wenn die Vergabestelle zu erkennen gibt, von einer vergaberechtswidrigen Entscheidung unter keinen Umständen abrücken zu wollen.
5. Die Vorschrift des § 9a VOL/A fordert in einem wörtlich zu verstehenden Sinn die Bekanntgabe aller vorgesehenen Zuschlagskriterien einschließlich sog. Unterkriterien, die - vor einer Angebotsabgabe - in der Vergabebekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen zu erfolgen hat. Dies hat jedenfalls in dem Fall zu gelten, in dem jene Zuschlagskriterien vom öffentlichen Auftraggeber im Voraus, und zwar vor einer Übersendung der Verdingungsunterlagen an die potentiellen Bieter, aufgestellt worden sind.
6. Wie Art. 30 Abs. 2 der Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG ist Art. 26 Abs. 2 der Lieferkoordinierungsrichtlinie 93/36 in Nichtoffenen und in Offenen Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zu beachten. Dementsprechend ist § 9a VOL/A gemeinschaftsrechtskonform dahin zu verstehen, dass der öffentliche Auftraggeber, der (jedenfalls) im Vorhinein Regeln zur Gewichtung der Zuschlagskriterien aufgestellt hat, verpflichtet ist, den Bietern in der Vergabebekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen nicht nur die Zuschlagskriterien als solche, sondern auch deren Gewichtung mitzuteilen.
7. Art. 53 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.3.2004 stellt an die Bekanntmachung des öffentlichen Auftraggebers keine abweichenden, insbesondere geringeren Anforderungen an die dem öffentlichen Auftraggeber obliegende Bekanntmachung der Zuschlagskriterien auf.
VolltextVPRRS 2005, 0190
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.02.2005 - Verg 100/04
1. Gemeinnützige private Kapitalgesellschaften zählen nach dem Zweck des § 7 Nr. 6 VOL/A nicht zu den vom Wettbewerb auszuschließenden Einrichtungen.
2. Zur Frage der Auslegung eines Leistungsverzeichnisses im Hinblick auf Unklarheiten und Widersprüche.
3. Gibt ein Bieter in einer Leistungsposition einen Preis vom 0,00 Euro an und ist dieser Preis ersichtlich ernst gemeint, ohne Preisbestandteile auf andere Positionen zu verteilen und diese darin zu verstecken, so ist ein solches Angebot nicht auszuschließen.
4. Der Umsatzsteuersatz ist nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG schon dann ermäßigt, wenn das Unternehmen ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt. Dies ist der Fall, wenn der Bieter Werkstätten für behinderte Menschen im Sinn des § 68 Nr. 3 a AO unterhält, die nach den Vorschriften des SGB III förderungsfähig sind und Personen Arbeitsplätze bieten, die wegen ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.
VolltextVPRRS 2005, 0189
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.03.2005 - VK-SH 03/05
1. Fügt ein Bieter seinem Angebot eigene Geschäftsbedingungen bei, so stellt dies eine unzulässige Änderung an den Verdingungsunterlagen i.S.v. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A dar.*)
2. Die Antragsbefugnis beurteilt sich ausschließlich nach dem Vorbringen des Antragstellers; außerhalb des zur Überprüfung gestellten Gegenstands liegende Ausschlussgründe bleiben dabei unberücksichtigt und sind im Rahmen der Begründetheit zu prüfen.*)
3. Rügt ein Bieter im Nachprüfungsverfahren die Ausschreibungsbedingungen (hier: Auskunftspflicht, produktneutrale Ausschreibung, Gewichtung der Zuschlagskriterien) und ist sein Angebot jedoch wegen eines mit diesen Bedingungen in keinerlei Kausalzusammenhang stehenden Grundes von der Wertung auszuschließen (hier: Beifügung eigener Geschäftsbedingungen), ist der Antrag damit bereits unbegründet. Angesichts eines ausschlussreifen Angebotes kann die Antragstellerin durch anderweitige Vergabeverstöße des Antragsgegners nicht in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein.*)
VolltextVPRRS 2005, 0182
VK Bund, Beschluss vom 19.05.2004 - VK 2-52/04
1. Maßgeblich im Rahmen einer Auslegung des § 7 Nr. 6 VOL/A ist der Normzweck der Vorschrift. Dabei ist nach Auffassung der Kammer eine restriktive Auslegung geboten. Denn § 7 Nr. 6 VOL/A eröffnet in Verbindung mit § 3 Nr. 4 lit. o VOL/A, der die freihändige Vergabe an nach § 7 Nr. 6 VOL/A nicht zuzulassende Unternehmen ermöglicht, eine Ausnahme vom Grundsatz des Vorrangs offener Verfahren (§ 101 Abs. 5 GWB). Das Abweichen vom Grundsatz des Vorrangs offener Verfahren kann zudem für die nicht zum Wettbewerb zuzulassenden Einrichtungen nachteilige Konsequenzen haben, da ein öffentlicher Auftraggeber bei der freihändigen Vergabe lediglich verpflichtet ist, mit von ihm ausgewählten Unternehmen über die Auftragsvergabe zu verhandeln und somit einzelnen Einrichtungen von vornherein die Chance genommen wird, sich an einem wettbewerblichen Verfahren zu beteiligen.
2. Normzweck der Regelung des § 7 Nr. 6 VOL/A ist es, solche Unternehmen nicht zum Vergabewettbewerb zuzulassen, die aufgrund staatlicher Förderungen unabhängig von marktüblichen Kosten wirtschaften und dementsprechend gewerbliche Unternehmen im Preiswettbewerb verdrängen können. Vor diesem Hintergrund hat der Normgeber in § 7 Nr. 6 VOL/A verbindlich entschieden, welche Einrichtungen eine Verdrängungsgefahr im oben erwähnten Sinne begründen, nämlich Justizvollzugsanstalten, Einrichtungen der Jugendhilfe, Aus und Fortbildungsstätten oder ähnliche Einrichtungen. Die Bestimmung enthält eine obligatorische, abstrakt getroffene Ausschlussregelung. Es kommt nicht darauf an, ob im Einzelfall tatsächlich konkrete Kalkulationsvorteile gegeben sind, dies kann allenfalls indizielle Bedeutung haben. Dies bedeutet, dass der Kreis der unter § 7 Nr. 6 VOL/A fallenden Einrichtungen, jedenfalls dann, wenn er sich nicht eindeutig aus dem Wortlaut ergibt - was lediglich bei den Justizvollzugsanstalten unzweifelhaft sein dürfte -, anhand des Normzwecks der Vorschrift zu definieren ist.
3. Maßgeblich für eine Nichtzulassung von Einrichtungen auf der Rechtsgrundlage des § 7 Nr. 6 VOL/A ist die Erheblichkeit des Wettbewerbsvorteils. Es gibt mehrere Kriterien, die eine dem Normzweck des § 7 Nr. 6 VOL/A entsprechende Verdrängung gewerblicher Unternehmen im Vergabewettbewerb befürchten lassen. Steuerliche Vorteile und eine unmittelbare oder mittelbare Finanzierung durch die öffentliche Hand sowie konkret die Zahlung von Zuschüssen, das verringerte Insolvenzrisiko und der Vorteil der öffentlichen Hand als Gewährträger. § 7 Nr. 6 VOL/A ist eine obligatorische, abstrakt getroffene Ausschlussregelung. Denn die Erheblichkeit eines Wettbewerbsvorteils lässt sich anhand abstrakt gegebener Vorteile bestimmen, ohne dass eine Auswirkung dieser Vorteile im konkreten Vergabewettbewerb vorliegen muss.
VolltextVPRRS 2005, 0178
VK Bund, Beschluss vom 08.01.2004 - VK 2-124/03
1. § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A und die entsprechende Vorschrift des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A, und zwar jeweils in der Variante des "unangemessen niedrigen Preises, grundsätzlich keine bieterschützende Wirkung. Die Vorschrift dient in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers, der bei Zuschlagerteilung auf ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Preis Gefahr liefe, dass der Bieter entweder in eine qualitativ schlechte Leistung oder aber in unberechtigte Nachforderungen auszuweichen versucht. Es ist nicht Sinn der Vorschrift, den Bietern auskömmliche Preise zu garantieren. Es kann für einen Bieter durchaus rechtlich nicht zu beanstandende Motive geben, wie etwa einen Deckungsbeitrag zu den eigenen Gemeinkosten zu erlangen oder als Newcomer ins Geschäft zu kommen, weshalb er bei einem bestimmten Einzelauftrag davon absieht, einen sog. auskömmlichen Preis zu verlangen.
2. Von dem Grundsatz, dass § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A keinen bieterschützenden Charakter hat, gibt es zwei Ausnahmen. Die eine bezieht sich auf Unterkostenangebote, die den Bieter im konkreten Einzelfall selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen, so dass er den Auftrag nicht vertragsgerecht durchführen kann, die andere auf solche, die in der zielgerichteten Absicht abgegeben werden oder zumindest die Gefahr begründen, dass ein oder mehrere bestimmte Mitbewerber vom Markt ganz verdrängt werden.
3. Der Antragsteller hat dem Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen zu erstatten, wenn der Antragsteller im wesentlichen die Auskömmlichkeit des Angebots des Beigeladenen bestritten hat und schon damit ein Prozessrechtsverhältnis zu diesem begründet, und sich der Beigeladene ausdrücklich dem Vorbringen des Antragsgegners anschließt und eigene Anträge stellt und durch eigenen Vortrag das Verfahren wesentlich befördert. Es entspricht deshalb der Billigkeit, dem unterliegenden Antragsteller auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Beigeladenen aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO in entsprechender Anwendung).
VolltextVPRRS 2005, 0173
VK Bund, Beschluss vom 26.08.2004 - VK 1-111/04
1. Betrifft der Vergabeverstoß die Ordnungsgemäßheit der Ausschreibungsunterlagen werden die Bieterrechte der Antragstellerin unabhängig davon verletzt, ob ihr auf die vergaberechtswidrig gestaltete Ausschreibung abgegebenes Angebot nach den Ausschreibungsbedingungen auszuschließen war oder nicht.
2. Der Auftraggeber hat das Verwendungsrisiko nach Dienstvertragsrecht nicht nur teilweise, sondern in Gänze zu tragen. Eine Abweichung von der gesetzlichen Risikoverteilung, nach der der Auftragnehmer 20% der vereinbarten Vertragsleistung zusätzlich vorzuhalten hat, ist nicht unerheblich.
3. Der Auftragnehmer kann nur dann im Sinne von § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A die Einwirkung des ihm überbürdeten Risikos auf die Preise schätzen, wenn er im konkreten Fall das Risiko selbst absehen und die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Preis ermessen kann. Hierzu muss für ihn überschaubar sein, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich das Wagnis voraussichtlich realisieren und wirtschaftlich für ihn auswirken wird.
4. Selbst wenn es sich um eine Bedarfsposition handelt, muss sich eine solche an den Erfordernissen des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A messen lassen. Sie darf kein ungewöhnliches Wagnis darstellen.
VolltextVPRRS 2005, 0689
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.11.2004 - 1 VK LSA 62/04
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2005, 0170
OLG Naumburg, Beschluss vom 24.02.2005 - 1 Verg 1/05
1. Keine Kostenerstattung für die Antragstellerin bei übereinstimmender Erledigterklärung im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer (Fortführung der Rechtsprechung im Beschluss v. 16.12.2004, 1 Verg 15/04).*)
2. Auch die Vorschrift des § 80 Abs. 1 VwVfG LSA, die nach § 128 Abs. 4 S. 3 GWB entsprechend anwendbar ist, sieht eine Kostenerstattung für den Antragsteller bei übereinstimmender Erledigterklärung nicht vor.*)
3. Es ist regelmäßig nicht rechtsmissbräuchlich, wenn die Vergabestelle aus Anlass eines Nachprüfungsverfahrens und der damit einhergehenden Selbstprüfung ihrer Angebotswertung vor einer Entscheidung der Vergabekammer eine Wiederholung der Angebotswertung ankündigt und dadurch eine übereinstimmende Erledigterklärung des Nachprüfungsverfahrens ermöglicht.*)
VolltextVPRRS 2005, 0169
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.01.2005 - Verg 72/04
1. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, kann das Beschwerdegericht gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung der Beschwerde bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf verlängern. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht die Erfolgsaussichten der Beschwerde zu berücksichtigen (§ 118 Abs. 2 Satz 1 GWB). Es lehnt den Antrag ab, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen (§ 118 Abs. 2 Satz 2 GWB).
2. Soll eine Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 b VOL/A aufgehoben werden, weil sich die Grundlagen der Ausschreibung wesentlich geändert haben, sind Voraussetzung hierfür so einschneidende und nachhaltige Änderungen, dass es für den Auftraggeber objektiv sinnlos oder unzumutbar ist, den Zuschlag auf eines der Angebote zu erteilen. Zudem dürfen diese Änderungen erst nach Einleitung der Ausschreibung eingetreten oder bekannt geworden sein.
3. An eine Aufhebung der Ausschreibung aus einem anderen schwerwiegenden Grund (VOL/A § 26 Nr. 1 d) sind strenge Anforderungen zu stellen. Ein schwerwiegender Grund besteht nur dann, wenn er die bisherige Vergabeabsicht des Auftraggebers entscheidend beeinflusst. Berücksichtigungsfähig sind grundsätzlich nur solche Mängel, die die Durchführung des Verfahrens und die Vergabe des Auftrages selbst ausschließen. Die Feststellung eines schwerwiegenden Grundes erfordert eine Interessenabwägung, für die die jeweiligen Verhältnisse des Einzelfalls maßgeblich sind.
4. Zwar ist die Aufhebung der Ausschreibung bei einem Vergaberechtsverstoß an sich wieder rückgängig zu machen; gleichwohl kann aber eine Anordnung an den öffentlichen Auftraggeber, mit dem Ausschreibungsverfahren fortzufahren, ausgeschlossen sein. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der öffentliche Auftraggeber den ausgeschriebenen Auftrag endgültig nicht vergeben will und deshalb die Aufhebung der Ausschreibung veranlasst hat.
VolltextVPRRS 2005, 0166
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.06.2004 - W (Kart) 14/04
1. Der Zusammenschluss in einer Bietergemeinschaft stellt nur dann eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung im Sinne von § 1 GWB dar, wenn die Zusammenarbeit keine im Rahmen zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Handelns liegende Unternehmensentscheidung ist. Beruht die Unternehmenskooperation demgegenüber darauf, dass die beteiligten Unternehmen eine selbständige Teilnahme an der Ausschreibung aus nachvollziehbaren Gründen wirtschaftlich nicht für zweckmäßig und kaufmännisch nicht für vernünftig halten, ist das Kartellverbot des § 1 GWB nicht berührt.
2. Die Pflicht, im Rahmen des Zulässigen Bietergemeinschaften eine Teilnahme am Vergabeverfahren zu gestatten und die Einschaltung von Subunternehmern zu gewähren, ist Bestandteil des Vergaberechts und folgt aus dem Gebot des § 97 Abs. 7 GWB zur Beachtung der Vergabebestimmungen in Verbindung mit den einschlägigen Regelungen in den Verdingungsordnungen zur Zulassung von Bietergemeinschaften (§ 7 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A) und der Hinzuziehung eines Subunternehmers (§ 10 VOL/A). Sie trifft ausschließlich den öffentlichen Auftraggeber, der einen Beschaffungsbedarf oberhalb der Schwellenwerte deckt (§§ 98, 100 Abs. 1 GWB). Der private Auftraggeber, der am Markt eine Leistung nachfragt, ist den genannten Vorschriften nicht unterworfen; auf ihn findet das Vergaberecht keine Anwendung. Infolge dessen ist er auch der vergaberechtlichen Pflicht, Bietergemeinschaften und Subunternehmerverhältnisse zum Bieterwettbewerb zuzulassen, nicht ausgesetzt.
3. Die Vorgabe der Antragsgegnerin, dass sich umsatzstarke Unternehmen mit einem Jahresumsatz aus Entsorgungsdienstleistungen in Höhe von jeweils mehr als 50 Mio. EUR nicht als Bietergemeinschaft oder Haupt- und Subunternehmer an der Ausschreibung beteiligen dürfen, verstößt nicht gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot (§§ 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB).
4. Verstößt diese Ausschreibungsbedingung als solche nicht gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot, erweist sie sich auch nicht unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit als rechtswidrig.
VolltextVPRRS 2005, 0165
VK Bund, Beschluss vom 26.08.2004 - VK 1-108/04
1. Betrifft der Vergaberechtsverstoß die Ordnungsgemäßheit der Ausschreibungsbedingungen werden die Bieterrechte des Antragstellers unabhängig davon verletzt, ob sein auf die vergaberechtswidrig gestaltete Ausschreibung abgegebenes Angebot nach den Ausschreibungsbedingungen auszuschließen war oder nicht.
2. Das Verwendungsrisiko hat nach Dienstvertragsrecht nicht nur teilweise, sondern in Gänze der Auftraggeber zu tragen. Auf dieser Grundlage ist die Abweichung von dieser gesetzlichen Risikoverteilung, nach der der Auftragnehmer 20% der vereinbarten Vertragsleistung zusätzlich vorzuhalten hat, nicht unerheblich.
3. Der Auftragnehmer kann nur dann im Sinne von § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A die Einwirkung des ihm überbürdeten Risikos auf die Preise schätzen, wenn er im konkreten Fall das Risiko selbst absehen und die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Preis ermessen kann. Hierzu muss für ihn überschaubar sein, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich das Wagnis voraussichtlich realisieren und wirtschaftlich für ihn auswirken wird.
4. Auch wenn es sich um eine Bedarfsposition handelt, muss sich auch eine solche an den Erfordernissen des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A messen lassen. Sie darf somit kein ungewöhnliches Wagnis darstellen.
VolltextVPRRS 2005, 0163
VK Bund, Beschluss vom 26.08.2004 - VK 1-105/04
1. § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A (und die entsprechende Vorschrift des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A)hat grundsätzlich keine bieterschützende Wirkung. Die Vorschrift dient in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers, der bei Zuschlagserteilung auf ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Preis Gefahr liefe, dass der Bieter entweder in eine qualitativ schlechte Leistung oder aber in unberechtigte Nachforderungen auszuweichen versucht. Nur ausnahmsweise entfaltet § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A im Hinblick auf § 2 Abs. 1 Satz 3 VOB/A bieterschützenden Charakter. Bieterschützender Charakter kommt § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A (und der entsprechenden Vorschrift § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A) zu, wenn Unterkostenangebote den Bieter im konkreten Einzelfall in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen, so dass er den Auftrag nicht vertragsgerecht durchführen kann, oder wenn das Unterkostenangebot in der zielgerichteten Absicht abgegeben wird oder zumindest die Gefahr begründet, dass ein oder mehrere bestimmte Mitbewerber vom Markt ganz und nicht nur aus einer einzelnen Auftragsvergabe verdrängt werden.
2. Das Verwendungsrisiko nach Dienstvertragsrecht hat nicht nur teilweise, sondern in Gänze der Auftraggeber zu tragen.
3. Der Auftragnehmer kann nur dann im Sinne von § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A die Einwirkung des ihm überbürdeten Risikos auf die Preise schätzen, wenn er im konkreten Fall das Risiko selbst abzusehen und die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Preis zu ermessen vermag. Hierzu muss für ihn überschaubar sein, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich das Wagnis voraussichtlich realisieren und wirtschaftlich für ihn auswirken wird.
4. Selbst wenn es sich bei dem Inhalt der streitbefangenen Klausel um eine Bedarfsposition handelt, muss sich auch eine solche an den Erfordernissen des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A messen lassen. Sie darf somit kein ungewöhnliches Wagnis darstellen.
VolltextVPRRS 2005, 0162
VK Bund, Beschluss vom 26.10.2004 - VK 1-177/04
1. Im Hinblick auf eine wirksame Gewährung von Primärrechtsschutz sind an die Darlegung des entstandenen oder drohenden Schadens keine sehr hohen Anforderungen zu stellen, entscheidend ist die Eignung der gerügten Vergaberechtsverstöße, eine Beeinträchtigung der Zuschlagschancen zu begründen.
2. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A und § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A haben grundsätzlich keine bieterschützende Wirkung. Die Vorschriften dienen in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers, der bei Zuschlagserteilung auf ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Preis Gefahr liefe, dass der Bieter entweder in eine qualitativ schlechte Leistung oder aber in unberechtigte Nachforderungen auszuweichen versucht. Nur ausnahmsweise entfaltet § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A im Hinblick auf § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A bieterschützenden Charakter. Bieterschützender Charakter kommt § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A zu, wenn Unterkostenangebote den Bieter im konkreten Einzelfall in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen, so dass er den Auftrag nicht vertragsgerecht durchführen kann, oder wenn das Unterkostenangebot in der zielgerichteten Absicht abgegeben wird oder zumindest die Gefahr begründet, dass ein oder mehrere bestimmte Mitbewerber vom Markt ganz und nicht nur aus einer einzelnen Auftragsvergabe verdrängt werden.
3. Soweit ein Bieter erst im Rahmen der Akteneinsicht von Vergabeverstößen Kenntnis erlangt, ist eine Rüge gegenüber dem Auftraggeber außerhalb des Nachprüfungsverfahrens entbehrlich. § 107 Abs. 3 S. 1 GWB ist nicht anzuwenden
4. Das Transparenzgebot erfordert eine Dokumentation der wesentlichen Entscheidungen des Vergabeverfahrens durch den öffentlichen Auftraggeber. Dies beinhaltet eine fortlaufende zeitnahe Dokumentation im Vergabeverfahren; eine nachträgliche Dokumentation ist in der Regel nicht möglich. Die Dokumentation dient dabei dem Ziel, die Entscheidungen der Vergabestelle transparent und sowohl für die Überprüfungsinstanzen (Vergabekammer und Vergabesenat) als auch für die Bieter überprüfbar zu machen.
5. Nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung und Transparenz ist die Vergabestelle grundsätzlich verpflichtet, Regeln über die Gewichtung der zur Anwendung vorgesehenen Auswahlkriterien, die bereits im voraus von der Vergabestelle aufgestellt worden sind, in der Auftragsbekanntmachung oder den Ausschreibungsunterlagen anzugeben.
6. Gemäß § 128 Abs. 4 GWB tragen der Antragsgegner und der Beigeladene als die Unterliegenden des Verfahrens die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragstellers. Da § 128 Abs. 4 GWB im Gegensatz zu § 128 Abs. 3 Satz 2 GWB keine gesamtschuldnerische Haftung anordnet, ist § 159 VwGO analog anzuwenden. Entsprechend dem dort in Bezug genommenen § 100 Abs. 1 ZPO haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen, also je zur Hälfte, da keine erhebliche Verschiedenheit ihrer Beteiligung am Verfahren vorliegt, die eine Abweichung von der Grundregel des § 100 Abs. 1 ZPO gebieten würde.
VolltextVPRRS 2005, 0159
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.09.2004 - VK 2 – LVwA 26/04
1. Die Antragsbefugnis fehlt, wenn keine reale Chance auf den Zuschlag besteht, da das Angebot zwingend auszuschließen ist.
2. Abweichungen von tariflichen Vorgaben des Auftraggebers bedeuten eine Änderung des Angebots, die zum zwingenden Ausschluss führt.
VolltextVPRRS 2005, 0156
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23.02.2005 - VK-SH 04/05
1. Erledigt sich das Verfahren vor der Vergabekammer ohne Entscheidung zur Sache, hat der Antragsteller die für die Tätigkeit der Vergabekammer entstandenen Kosten zu tragen.
2. Mangels einer ausdrücklichen Regelung in § 128 GWB bei der Festlegung, welcher Verfahrensbeteiligte im Falle einer Antragsrücknahme die Kosten der Vergabekammer zu tragen hat, kann über § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB auf die allgemeine kostenrechtliche Regelung des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) zurückgegriffen werden.
VolltextVPRRS 2005, 0154
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.01.2005 - Verg 82/04
1. Antragsbefugt sind nur die Unternehmen oder Bietergemeinschaften, die ein Interesse am Auftrag haben und eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch einen Verstoß gegen Vergabevorschriften geltend machen. Hieran fehlt es grundsätzlich dann, wenn der Antragsteller gar kein Angebot abgegeben hat.
2. Angebote müssen außerdem die Identität des Bieters erkennen lassen. Dies gilt für Einzelbieter wie für Bietergemeinschaften.
3. Bei Unklarheiten ist durch Auslegung aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers zu ermitteln, wer das Angebot abgegeben hat. Entscheidend ist, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle die Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte.
4. Fehlt eine für die Wertung wesentliche Preisangabe, so ist das Angebot zwingend auszuschließen. Dem betroffenen Bieter fehlt dann auch die Antragsbefugnis für ein Nachverfahren.
5. Auch wenn die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit fehlt, ist der Bieter mit seinem Angebot auszuschließen und eine Antragsbefugnis zu verneinen.
VolltextVPRRS 2005, 0127
VK Lüneburg, Beschluss vom 27.01.2005 - 203-VgK-57/2004
1. Die Aufhebung einer Ausschreibung kann in einem Nachprüfungsverfahren überprüft werden.
2. Die Aufhebung einer Ausschreibung kann nur bei fortbestehender Vergabeabsicht des Auftraggebers aufgehoben werden.
3. Bei der Prüfung, ob eine Ausschreibung aus einem schwerwiegenden Grund aufgehoben werden darf, sind strenge Anforderungen zu stellen.
4. Undurchsichtige und widersprüchliche Leistungsbeschreibung und Ausschreibungsunterlagen sowie eklatante Verstöße gegen das Vergaberecht rechtfertigen eine Aufhebung der Ausschreibung aus einem schwerwiegenden Grund.
VolltextVPRRS 2005, 0126
VK Lüneburg, Beschluss vom 26.01.2005 - 203-VgK-56/2004
1. Zur Erfüllung der Informationspflicht nach § 13 VgV genügt ein Absageschreiben gem. § 27 Nr. 1 VOB/A mittels Formblatt EFB (B/Z) Abs 1 des VHB nicht.
2. Zum notwendigen Inhalt der Dokumentation nach § 30 VOB/A gehört auch der Nachweis, dass alle veröffentlichten Zuschlagskriterien auch tasächlich in die Wertung eingeflossen sind.
3. Bei erkennbaren Unklarheiten der Leistungsbeschreibung hat der Bieter eine Erkundigungspflicht.
VolltextVPRRS 2005, 0125
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 10.02.2005 - VK-SH 02/05
1. Gibt ein Bieter nach der Mitteilung des Auftraggebers über die Aufhebung der Ausschreibung ein Angebot für ein nachfolgendes Vergabeverfahren ab, hindert dies nicht seine Antragsbefugnis bezüglich einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung.*)
2. Ein schwerwiegender Grund zur Aufhebung der Ausschreibung gemäß § 26 Nr. 1 lit. c) VOB/A liegt dann vor, wenn der Auftraggeber vorab eine vertretbare Kostenschätzung vorgenommen und auch insoweit Finanzmittel bereitgestellt hat, die aufgrund der Ausschreibung abgegebenen Angebote aber deutlich (hier 66,6% bzw. 25%) über den geschätzten Kosten liegen.*)
3. Wird nach rechtmäßiger Aufhebung einer Ausschreibung ein wirksamer Zuschlag für Teilleistungen dieses Vergabeverfahrens erteilt und war eine Aufteilung in Lose nicht vorgesehen, so ist ein Nachprüfungsantrag bereits unzulässig, soweit er begehrt, der Antragstellerin sei aufgrund der Ergebnisse des aufgehobenen Verfahrens der Zuschlag zu erteilen, da das ursprüngliche Angebot der Antragstellerin wegen der bereits erfolgten Vergabe von Teilleistungen, die dieses Angebot umfasst, nicht mehr zuschlagsfähig ist.*)
VolltextVPRRS 2005, 0124
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.01.2005 - Verg 58/04
1. Die Zustellung an einen Rechtsanwalt ist grundsätzlich erst an dem Tage bewirkt, an dem der Zustellungsempfänger durch seine datierte Unterschrift urkundlich bestätigt, vom Zugang des Schriftstücks Kenntnis erlangt und es empfangsbereit entgegen genommen zu haben.
2. Bei der Entscheidung über die Einschaltung von Sachverständigen im Sinn von § 6 VOL/A hat der öffentliche Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum.
3. Bei der Prüfung und Wertung hinsichtlich komplexer Beschaffungen kann die Entscheidung über ein wissenschaftliches Gutachten oder über eine vertretbare eigene Vergabeentscheidung erfolgen.
VolltextVPRRS 2005, 0120
VG Lüneburg, Beschluss vom 02.02.2005 - 1 B 1/05
1. Für den Streit um die beschränkte Ausschreibung und Vergabe des Betriebs einer Cafeteria auf dem Campus einer Stiftungsuniversität ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.*)
2. Ein Studentenwerk hat trotz seiner gesetzlich genannten Aufgaben (§ 68 Abs. 2 NHG) kein Recht darauf, die aufgezählten Aufgaben als einziger Träger - unter Ausschluss anderer - wahrzunehmen.*)
VolltextVPRRS 2005, 0118
VK Münster, Beschluss vom 29.12.2004 - VK 31/04
Unvollständige Angebote sind von der Wertung auszuschließen.*)
VolltextVPRRS 2005, 0117
VK Münster, Beschluss vom 18.01.2005 - VK 32/04
1. Trotz Widersprüchlichkeiten in den Verdingungsunterlagen kommt eine Aufhebung der Ausschreibung nicht in Betracht, wenn dies keine nachweisbaren Auswirkungen auf den Inhalt der Angebote hatte.*)
2. Wenn aus den Verdingungsunterlagen ersichtlich ist, dass keine Mindestanforderungen für Nebenangebote von der Vergabestelle festgelegt wurden und die Bieter Nebenangebote einreichen, dann hat gemäß § 107 Abs. 3 GWB eine Rüge nach Erhalt der Vergabeunterlagen zu erfolgen, ansonsten ist eine Partei mit dieser Rüge präkludiert.*)
VolltextVPRRS 2005, 0115
OLG Naumburg, Beschluss vom 04.01.2005 - 1 Verg 25/04
Sind bei einer Ausschreibung Nebenangebote und Alternativvorschläge nicht zugelassen und erhebt ein Bieter innerhalb der Angebotsfrist - erfolglos - die Rüge, dass aufgrund einer fehlerhaften Leistungsbeschreibung ("technisch und lizenzrechtlich unhaltbar") die Abgabe eines Hauptangebotes nicht möglich sei, so macht dies gleichwohl nach Fortführung des Vergabeverfahrens und Bekanntgabe der beabsichtigten Zuschlagerteilung die Rüge der vermeintlich fehlerhaften Wertung der Hauptangebote nicht entbehrlich.*)
VolltextVPRRS 2005, 0110
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02.02.2005 - VK-SH 01/05
1. Ein Bieter kann sein Rechtsschutzbedürfnis und damit seine Antragsbefugnis (§ 107 Abs. 2 GWB) verwirken, wenn die Vergabestelle nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht mehr mit einem Nachprüfungsverfahren rechnen muss.*)
2. Ist das Angebot eines Bieters selbst nach Beseitigung eines (vermeintlichen) Vergaberechtsverstoßes nicht das wirtschaftlichste, kann sich der Bieter hinsichtlich dieses Verstoßes nicht auf § 97 Abs. 7 GWB berufen.*)
3. Voraussetzung für einen Angebotsausschluss als Folge einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A) ist der konkrete Nachweis, dass eine derartige Abrede in Bezug auf die konkrete Vergabe im Sinn und mit dem Zweck einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung getroffen worden ist.*)
4. Die Nichtigkeitsfolge des § 13 Satz 6 VgV tritt bei sog. "de-facto-Vergaben" nicht ein, soweit der Auftraggeber ausschließlich mit dem Anbieter verhandelt hat, der den Zuschlag erhalten hat.*)
5. Auch unter Berücksichtigung der Judikatur des EuGH kann die Vergabekammer aufgrund des klaren Wortlautes von § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB einen (wirksam) erteilten Zuschlag nicht aufheben.*)
VolltextVPRRS 2005, 0109
OLG Koblenz, Beschluss vom 29.12.2004 - 1 Verg 6/04
Eine staatsferne Körperschaft des Privatrechts unterfällt auch dann nicht dem Anwendungsbereich des § 7 Nr. 6 VOL/A, wenn ihre wirtschaftliche Betätigung ganz oder teilweise steuerlich privilegiert ist. Dies gilt auch für aus solchen Körperschaften bestehenden Arbeits- und Bietergemeinschaften.
Die Bildung einer Bietergemeinschaft ist nur dann wettbewerbsrechtswidrig, wenn der Entschluss zur Mitgliedschaft für auch nur eines der beteiligten Unternehmen keine im Rahmen zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Handelns liegende Entscheidung ist. Dies gilt selbst dann, wenn eines dieser Unternehmen objektiv in der Lage wäre, den Auftrag allein auszuführen.
VolltextVPRRS 2005, 0108
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.01.2005 - Verg 93/04
1. Bei einem unterlassenen Vergabeverfahren besteht eine Antragsbefugnis, wenn der Antragsteller geltend macht, gerade durch diesen Vergabeverstoß an einer Teilnahme, insbesondere an der Einreichung eines Angebots oder der Bekundung eines Interesses an diesem Auftrag, gehindert worden zu sein.
2. Bei einem anonymen Schreiben, wodurch ein potenzieller Bieter erst auf einen Vergabevorgang aufmerksam wird, kann eine Frist von zwei Monaten bis zur Einreichung eines Nachrüfungsantrags noch unverzüglich sein.
3. Auch nach der Entscheidung des EuGH vom 11.01.2005 (Rs. C-26/03) gilt § 13 VgV voraussichtlich nicht im Verhandlungsverfahren mit nur einem Bieter.
4. Ein kollusives Zusammenwirken - mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit des § 138 BGB - liegt dann vor, wenn zwei öffentliche Auftraggeber den Schwellenwert durch eine Aufteilung eines Auftrags umgehen.
VolltextVPRRS 2005, 0106
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.01.2005 - Verg 106/04
1. Kriterien für Nebenangebote sind ausreichend bekannt gemacht, wenn in der Leistungsbeschreibung eingehend auf anzuwendende Richtlinien und Erlasse verwiesen wird.
2. Sofern die Ausschreibung nichts anderes verlangt, muss ein Bieter, der alternative Baustoffe in einem Nebenangebot anbietet, noch nicht mit dem Nebenangebot Eignungsprüfungen für diese Baustoffe einreichen.
VolltextVPRRS 2005, 0099
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02.05.2001 - VK-SH 07/01
1. Eine Erledigung durch Zuschlagserteilung nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB ist nicht eingetreten, weil der durch den Zuschlag mit der Beigeladenen geschlossene Vertrag nach § 13 VgV nichtig ist. Die dem Vertragsschluss vorangehende Entscheidung des Auftraggebers darüber, mit welchem Bieter eines Vergabeverfahrens er den Vertrag schließt, ist in jedem Fall einem Nachprüfungsverfahrens zugänglich zu machen, in dem der Antragsteller unabhängig von der Möglichkeit, nach dem Vertragsschluss Schadensersatz zu verlangen, die Aufhebung der Entscheidung erwirken kann, wenn die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Mit § 13 VgV ergänzend zu den Vorschriften des 4. Teils des GWB ist eine weitreichende Informationspflicht der Vergabestelle statuiert, damit die nicht berücksichtigten Bieter ihre Rechte wahren können.
2. Die Rüge muss dem Auftraggeber gegenüber so zeitig erfolgen, wie es dem Bieter unter Berücksichtigung der für die Prüfung und Begründung der Rüge notwendigen Zeit möglich und zumutbar ist. Gemessen an diesem Maßstab ist es für den Antragsteller nicht zumutbar, in dem Zeitraum unmittelbar nach Antragstellung, aber vor Zustellung an den Antragsgegner, noch ein Rügeschreiben an den Antragsgegner zu richten. Dies liefe auf einen bloßen die Rechtsschutzmöglichkeit der Antragstellerin verkürzenden Formalismus hinaus. Mit Eingang der Antragsschrift bei der Vergabekammer war das Nachprüfungsverfahren eingeleitet, der Tatbestand, den die Antragstellerin rügt, mithin erst während des Nachprüfungsverfahrens erkennbar geworden. In einem solchen Fall ist eine gesonderte Rüge entbehrlich.
3. § 97 Abs. 2 GWB ist eine spezialgesetzliche Ausprägung des Diskriminierungsverbots auf der Ebene des primären und sekundären Rechts der Europäischen Gemeinschaften; zugleich aber auch des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots aus Artikel 3 Abs. 1 GG. Eine weitere Ausprägung des Gleichheitsgrundsatzes stellte § 7 VOL/A dar. Insbesondere die Vorschrift des § 7 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A soll die Chancengleichheit im Wettbewerb um die Vergabe von öffentlichen Aufgaben sicherstellen.
4. Eine losweise Vergabe gemäß § 5 Nr. 1 VOL/A ist nur mit der konkreten Zielsetzung zulässig, die Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen an der Ausschreibung zu ermöglichen.
5. Eine Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Beigeladenen findet aus Billigkeitsgründen nicht statt, wenn er sich nicht unter Eingehung eines Kostenrisikos mit eigenen Anträgen am Verfahren beteiligt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
VolltextVPRRS 2005, 0095
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17.02.2003 - VK-SH 15/02
1. Die Schutzschrift ist ein von der Praxis im Wettbewerbsrecht entwickeltes vorbeugendes Verteidigungsmittel gegen einen erwarteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Ihre rechtliche Grundlage findet die Schutzschrift in Art. 103 Abs. 1 GG. In der vergaberechtlichen Praxis beim Bau von Bundesfernstraßen ist die Schutzschrift erst vereinzelt eingesetzt worden. Die Vergabekammer braucht hier nicht abschließend über die Zulässigkeit einer Schutzschrift im Vergaberecht zu entscheiden. Ziel einer vergaberechtlichen Schutzschrift ist es, der Vergabekammer Tatsachen zur Kenntnis zu bringen, die einen absehbaren oder angekündigten Nachprüfungsantrag offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet werden lassen, um die Vergabekammer dazu zu veranlassen, den Nachprüfungsantrag nicht zuzustellen, sondern ihn nach Aktenlage zurückzuweisen. Nach § 110 Abs. 2 Satz 1 1. HS GWB stellt die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung des Vergabeverfahrens dem Auftraggeber nur zu, wenn der Antrag nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. Die Vergabekammer muss somit eine Vorprüfung hinsichtlich der Zulässigkeit und Begründetheit vornehmen und darf den Nachprüfungsantrag nicht ohne weiteres weiterleiten. Eine Schutzschrift ist daher nur dann sinnvoll, wenn der Auftraggeber eindeutige Hinweise auf die Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des erwarteten Nachprüfungsantrags hat. Mit der Schutzschrift teilt der Auftraggeber der Vergabekammer diese Umstände mit und führt dadurch die Offensichtlichkeit der Unzulässigkeit bzw. Unbegründetheit her. In der praktischen Anwendung des Instrumentariums der Schutzschrift bedeutet dies allerdings, dass der Auftraggeber eindeutig, d.h. anhand von Schriftstücken, belegen können muss, dass der Antrag unzulässig oder unbegründet ist, und dass dies aus den Unterlagen "ins Auge sticht".
2. Gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat, eine Verletzung in bieterschützenden Rechten und einen zumindest drohenden Schaden darlegt. Als Bieter muss der Antragsteller sein Interesse am Auftrag signalisiert haben. Weiter muss der Antragsteller den Begriff "Schaden" nicht ausdrücklich verwendet. Es reicht für die Darlegung auch eines nur drohenden Schadens aus, dass der Antragsteller diejenigen Umstände aufzeigt, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt.
3. Durch die Rüge soll dem Auftraggeber Gelegenheit gegeben werden, den möglichen Fehler unter Vermeidung eines Nachprüfungsverfahrens zu korrigieren. Steht aber von vornherein fest, dass die Rüge ohne Erfolg bleiben würde, ist eine solche entbehrlich. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Vergabestelle zu erkennen gibt, dass sie von vornherein und unumstößlich an ihrer Entscheidung festhalten wird.
4. § 97 Abs. 7 GWB begründet für die Bieter eines Vergabeverfahrens einen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält. Hierdurch wird dem Bieter ein subjektives Recht auf Einhaltung der Vergabebestimmungen gewährt. Subjektive Bieterrechte können sich aus dem einfachen materiellen Recht einschließlich der über die Vergabeordnung zum Außenrecht erstarkten Verdingungsordnungen ergeben. Dabei ist der Begriff der subjektiven Rechte weit auszulegen. Zentrale Zielvorgabe für den subjektiven Bieterschutz ist im Bereich des Vergaberechts der Schutz des Bieters vor der Willkür des Auftraggebers. Dafür sind auch die in der Verdingungsordnung für Bauleistungen normierten subjektiven Eignungs- und objektiven Zuschlagskriterien von Bedeutung. Subjektiver Bieterschutz ist dabei auch den Vorschriften über die Beschreibung der Leistung nach § 9 VOB/A, dem Nachverhandlungsverbot nach § 24 VOB/A und den Bestimmungen über die Bewertung der Angebote nach § 25 VOB/A beizumessen. Sie vermitteln allerdings nur insoweit subjektive Rechte für einzelne Bieter, als sie deren jeweiligen Schutz bezwecken und sie vor einem unmittelbar aus einem Verstoß resultierenden Schaden oder sonstigen Nachteilen bewahren sollen.
5. Nach § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 VOB/A kommen nur solche Angebote in die engere Wahl, die unter Berücksichtigung rationellen Baubetriebs und sparsamer Wirtschaftsführung eine einwandfreie Ausführung einschließlich Gewährleistung erwarten lassen. In der Wertungsphase der engeren Wahl nach § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A muss der Auftraggeber prüfen, ob das Angebot des Bieters nach den Anforderungen der Ausschreibung das in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht annehmbarste ist. Es ist zu ermitteln, bei welchem Angebot die Ausführung der ausgeschriebenen Bauleistung und der Angebotspreis unter Berücksichtigung aller Wertungskriterien im bestmöglichen Verhältnis zueinander stehen. § 25 Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 VOB/A soll sicherstellen, dass nur die Angebote in die Wertungsstufe der Prüfung der Angebotspreise gelangen, die eine einwandfreie Ausführung erkennen lassen.
6. Nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 4 VOB/A müssen Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen zweifelsfrei sein. Derartige Änderungen vor der Angebotsöffnung sind zulässig, sie müssen aber eindeutig als Änderung und als vom Bieter stammend erkennbar sein. Führen Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen zu Unklarheiten oder Widersprüchen, so kommt eine nachträgliche Richtigstellung nicht in Betracht. Dies gilt auch, wenn dem Bieter beim Ausfüllen des Angebots ein Fehler unterläuft. Ein solcher Fehler geht zu seinen Lasten. Die nachträgliche Berichtigung eines solchen Fehlers nach der Angebotsöffnung ist grundsätzlich nicht zulässig und die Wertung des entsprechend geänderten Angebotsteils müsste an § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a) VOB/A scheitern.
7. Nach § 9 Nr. 1 VOB/A ist die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Nur dann, wenn die Verdingungsunterlagen eine sichere Preisberechnung ermöglichen, beruht der Wettbewerb im Vergabeverfahren auf sicheren Grundlagen. Eine sichere Kalkulation setzt voraus, dass die Leistung erschöpfend beschrieben wird. Dabei ist zu beachten, dass der Bieter bei der Berechnung seiner Preise nicht nur eine Berücksichtigung der Umstände des ausgeschriebenen Vorhabens, sondern auch eine weitgehende Überprüfung der Leistungsbeschreibung vorzunehmen hat. Ein Auftragnehmer darf ein erkennbar lückenhaftes Leistungsverzeichnis nicht einfach hinnehmen, sondern muss daraus ergebende Zweifelsfragen vor Abgabe seines Angebots klären.
8. Sofern nicht ein sachlicher Bezug zu der konkret zu erbringenden Leistung besteht, ist das Einfordern entsprechender Erklärungen vergaberechtlich unzulässig. Unerheblich kann das Fehlen einer geforderten Erklärung dann sein, wenn sie zwar rechtlich zulässig gefordert werden darf, aber ohne Einfluss auf die Bietereigenschaft und den Preis und damit auf das Wettbewerbsergebnis ist. Im Hinblick auf das Wettbewerbsprinzip und die Gleichbehandlung ist aber für das Fehlen geforderter Angaben ein strenger Maßstab anzulegen.
9. Nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A darf der Auftraggeber nach der Öffnung der Angebote bis zur Zuschlagserteilung mit einem Bieter nur verhandeln, um sich u.a. über seine Eignung oder das Angebot selbst zu unterrichten und um dadurch Zweifel zu beheben. Er darf also nur Aufklärungsverhandlungen führen. Will sich der Auftraggeber über das Angebot selbst unterrichten, ist eine solche Unterrichtung im Hinblick auf den Ausnahmecharakter von § 24 Nr. 1 VOB/A nur dann als zulässig anzusehen, wenn es dem Auftraggeber darauf ankommt, Zweifelsfragen aus dem Angebot selbst zu klären. Dabei darf sich die Erläuterung des wirklichen Angebotswillens des Bieters nur auf notwendig aufklärungsbedürftige Teile des Angebots und nicht auf mehr, vor allem nicht auf eine etwaige Änderung des Angebots beziehen. Erlaubt ist grundsätzlich nur eine Aufklärung im Rahmen des in seinen Grenzen unveränderlich feststehenden Angebots.
10. Führen Unvollständigkeiten des Angebots eines Bieters zu Recht zu seinem Ausschluss, dürfen sie also nicht durch Aufklärung des Angebotsinhalts nach §§ 24 Nr. 1 Abs. 1, 24 Nr. 3 VOB/A behoben werden, hat aber die Vergabestelle mit einem von mehreren anderen Bietern trotz gleichfalls vorliegender Unvollständigkeiten von dessen Angebot nachverhandelt, so verletzt das Vergabeverfahren insgesamt das vergaberechtliche Gleichbehandlungsgebot. Diese für die Unvollständigkeit von Angeboten geltenden Maßstäbe sind in gleicher Weise auf Angebote zu übertragen, die fehlerhafte Angaben beinhalten. Es ist nämlich im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot unerheblich, ob das Angebot wegen Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit ausgeschlossen wird. Entscheidend für eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes ist vielmehr, dass die Vergabestelle mit einem Bieter, dessen Angebot fehlerhaft oder unvollständig ist, Nachverhandlungen durchführt, und dies bei einem anderen Bieter, dessen Angebot ebenfalls fehlerhaft oder unvollständig ist, unterlässt.
11. Der verfassungsrechtlich in Art. 3 GG verankerte Gleichheitsgrundsatz gehört seit jeher zu den elementaren Prinzipien des deutschen Vergaberechts und hat in § 97 Abs. 2 GWB, § 2 Nr. 2 VOB/A, § 8 Nr. 1 VOB/A eine spezifische gesetzliche und verdingungsrechtliche Normierung erfahren. Er ist in allen Phasen des Vergabeverfahrens zu beachten und dient dazu, die Vergabeentscheidung im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs auf willkürfreie, sachliche Erwägungen zu stützen. Macht der Auftraggeber von seiner ihm in § 24 VOB/A eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, nach Öffnung der Angebote technische Detailfragen mit einzelnen Bietern aufzuklären, so muss er diese Möglichkeit zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen in gleichem Umfang auch allen anderen Bietern gewähren. Er ist zur Vermeidung einer gleichbehandlungswidrigen Diskriminierung insbesondere daran gehindert, bei der Beurteilung der Aufklärungsfähigkeit gegenüber einzelnen Bietern strengere Maßstäbe anzulegen. Abhilfe kann in einem solchen Fall - da eine Nachverhandlung und damit eine Gleichbehandlung im Unrecht rechtlich nicht zulässig ist - nur durch die Aufhebung der Ausschreibung geschaffen werden.
12. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten jeweils nach den individuellen Umständen des einzelnen Nachprüfungsverfahrens zu beurteilen. Erschöpfen sich die darin aufgeworfenen Probleme in der Auseinandersetzung darüber, ob die Beteiligten das ohnehin zu beachtende materielle Vergaberecht beachtet haben, so wird die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts regelmäßig als nicht notwendig beurteilt. Denn dann ist ein Kernbereich unternehmerischer Tätigkeit betroffen, dessen Kenntnis und Bewertung auch einem Unternehmen, welches sich regelmäßig um öffentliche Aufträge bewirbt, grundsätzlich ohne anwaltlichen Beistand zumutbar ist. Dieser Bereich ist aber dann überschritten, wenn wesentliche Streitpunkte des Nachprüfungsverfahrens sich gerade aus dessen prozessualer Ausgestaltung ergeben oder eine erhebliche materiell-rechtliche Komplexität aufweisen. Dies gehört nicht mehr zum unternehmerischen Tagesgeschäft, und die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten erscheint notwendig. Weiter ist zu berücksichtigen, ob - und das ist insbesondere auf den Auftraggeber relevant - genügend juristisch geschultes Personal zur Verfügung steht, das gerade im Bereich von Nachprüfungsverfahren zur Bearbeitung in der Lage ist oder nicht. Auch die Bedeutung und das Gewicht des in Rede stehenden Auftrags für den Aufgabenbereich des Auftraggebers ist in die Wertung einzubeziehen. Eine herausragende Bedeutung des Auftrags kann für sich schon die Hinzuziehung eines Anwalts notwendig erscheinen lassen. Darüber hinaus sind die im Nachprüfungsverfahren üblichen kurzen Fristen zu berücksichtigen.
VolltextVPRRS 2005, 0093
VK Lüneburg, Beschluss vom 11.01.2005 - 203-VgK-55/2004
1. Der Auftraggeber muss die Entscheidungen im Vergabeverfahren stets in eigener Verantwortung treffen.
2. Zum notwendigen Inhalt des Vergabevermerks.
3. Aus dem europäischen Recht ergibt sich keine Verpflichtung des Auftraggebers, in den Verdingungsunterlagen alle technischen Mindestanforderungen zu erläutern, die diese Änderungsvorschläge erfüllen müssen.
VolltextVPRRS 2005, 0090
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 18.12.2000 - VK-SH 13/00
1. Nach § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A ist die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass die Angebote miteinander verglichen werden können. § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A fordert ferner, dass zwecks einwandfreier Preisermittlung alle die Ermittlung beeinflussenden Umstände in den Vergabeunterlagen zu nennen sind. Das ist nicht geschehen.
2. Der Antragsgegner hat ferner gegen die Vergabevorschrift des § 25 Nr. 2 Abs. 1 und Abs. 3 VOL/A und § 97 Abs. 4 GWB verstoßen. Hiernach sind Aufträge (nur) an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen zu vergeben. Angebote von Bietern, die nicht die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen, sind nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A von vornherein auszuschließen. Die genannten Kriterien dürfen im späteren Verfahren nicht erneut als Auswahlkriterien herangezogen werden.
VolltextVPRRS 2005, 0085
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 01.12.1999 - VK-SH 07/99
1. Nach § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB ist ein Antrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden.
2. Von einer Kenntnis des Verstoßes gegen das Vergaberecht kann dann gesprochen werden, wenn dem Bieter einerseits die den Verstoß begründenden Tatsachen bekannt sind und andererseits die Tatsachen jedenfalls bei objektiver Wertung einen Mangel des Vergabeverfahrens darstellen. Ist hierfür eine rechtliche Wertung erforderlich, muss diese Wertung jedenfalls nach der gängigen praktischen Handhabung zu einem Verstoß gegen Vergabevorschriften führen.
3. Nach § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB hat der Antragsteller darzulegen, dass dem Unternehmen ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Zweck dieser Regelung ist, bei Rügen von für die Vergabeentscheidung offensichtlich nicht relevanten Verstößen zu verhindern, dass diese der Überprüfung in einem Nachprüfungsverfahren unterzogen werden müssen. Für den Normalfall geht das Gesetz dabei davon aus, dass ein an dem Auftrag interessiertes Unternehmen befürchtet, es werde aufgrund der behaupteten Verletzung der Vergabebestimmungen von der Möglichkeit ausgeschlossen, den Auftrag zu erhalten. Wenn der Antragsteller ein Angebot abgibt, dem grundsätzlich der Zuschlag hätte erteilt werden können und für den Zuschlag nur das gegenüber den Mitbewerbern teurere Angebot hinderlich sein kann, dann hätte die Darlegung der Kausalität des behaupteten Verstoßes für den behaupteten Schaden näheren Vortrag dazu vorausgesetzt, dass der Antragsteller ein wesentlich günstigeres Angebot vorgelegt hätten, sich also eine deutlich bessere Position im Rahmen der Wertung des Angebots verschafft hätten.
VolltextVPRRS 2005, 0071
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02.10.2001 - VK-SH 19/01
1. Nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB spricht die Vergabekammer für den Fall der Erledigung des Nachprüfungsverfahrens auf Antrag eines Beteiligten aus, ob eine Rechtsverletzung vorlag. Dieses Verfahren wurde nach dem Modell der Fortsetzungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO gestaltet.
2. Nach § 97 Abs. 1 GWB i. V. m. § 2 Nr. 1 VOL/A sind Leistungen im Wettbewerb zu vergeben. Dieses beinhaltet, dass grundsätzlich mehrere, konkurrierende Bieter zum Zwecke der Bedarfsdeckung der öffentlichen Hand herangezogen werden sollen. Es müssen für alle Bieter gleiche Wettbewerbsbedingungen bestehen. Ferner darf die Vergabe nicht durch wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen beeinträchtigt werden (§ 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A). Eine solche ist die Forderung des Auftraggebers nach Übernahme von sachfremden Verpflichtungen als Bedingung für die Auftragserteilung. Die Vergabestelle darf den Bieter nicht verpflichten, durch den Zuschlag eine ihn nicht treffende Schuld zu übernehmen, indem er für Verbindlichkeiten eintritt, die ihn nicht treffen. Es verstößt gegen das Vergaberecht einem erfolgreichen Bieter eine Courtageverpflichtung für Maklerleistungen aufzuerlegen, die er - gäbe es eine entsprechende Bestimmung in den Ausschreibungsunterlagen nicht - nicht vergüten müsste.
3. Die Vergabestelle darf die Kosten für die Vorbereitung und die Durchführung des Vergabeverfahrens auf den (erfolgreichen) Bieter abwälzen. Diese sollen Bieter jedoch gerade nicht tragen, wie aus § 20 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A (im Umkehrschluss) folgt.
VolltextVPRRS 2005, 0069
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.12.2001 - VK-SH 23/01
1. Nach § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ist darzulegen, dass durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Im Hinblick darauf, dass der Vortrag zum drohenden Schaden weitgehend hypothetisch ist, dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden, sofern das Angebot zumindest eine Aussicht auf Berücksichtigung hätte. Der Darlegungspflicht ist demgemäss bereits erfüllt, wenn der Antragsteller nachvollziehbare Gründe dafür angeben kann, dass die behauptete Rechtsverletzung seine Chance, den Zuschlag zu erhalten, schmälert bzw. ganz ausschließt.
2. Eine solche ist die Forderung des Auftraggebers nach Übernahme von sachfremden Verpflichtungen für die Auftragserteilung. Die Vergabestelle darf den Bieter nicht verpflichten, durch den Zuschlag eine ihn nicht treffende Schuld zu übernehmen, indem er für Verbindlichkeiten eintritt, die ihn nicht treffen. Es verstößt gegen das Vergaberecht, einem erfolgreichen Bieter eine Courtageverpflichtung für Maklerleistungen aufzuerlegen, die er - gäbe es eine entsprechende Bestimmung in den Ausschreibungsunterlagen nicht- nicht vergüten müsste.
3. Die Vermittlung eines Vertrages scheidet deshalb aus, da nach Veröffentlichung der Ausschreibung kein Raum mehr für eine Vermittlungsleistung des Maklers bleibt. Eine solche Tätigkeit, die in einem Herantreten an den Dritten und in einem Einwirken i.d.R. durch Verhandeln bestünde, ist im offenen Verfahren durch verschiedene Bestimmungen (z.B. §§ 22, 24 VOL/A) versagt. Vielmehr geben die Bieter im Wettbewerb Angebote ab, die dann zu werten sind. Ein Vertrag kommt schließlich durch Zuschlag zustande. Ein Vermittlungsbeitrag liegt auch nicht in dem Erstellen der Ausschreibungsunterlagen. Die Annahme, dass hierin ein mitursächlicher Beitrag zur Zuschlagserteilung i.S. eines Einwirkens auf den zukünftigen Vertragspartner erfolge, ist konstruiert.
4. Ein Courtageanspruch für den Versicherungsmakler für die Erstellung der Ausschreibung läuft auf ein Überwälzen dieser Kosten auf den erfolgreichen Bieter hinaus. Dieses verstößt jedoch gegen § 20 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A (im Umkehrschluss).
VolltextVPRRS 2005, 0061
OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.07.2004 - 11 Verg 14/04
1. Auch bei Vorliegen einer Gesamtvertretungsmacht ist ein gemeinsames Auftreten aller Gesamtvertreter nicht erforderlich. Vielmehr kann einer der Gesamtvertreter mit Einwilligung oder Genehmigung des anderen Gesamtvertreters wirksam für oder gegen den Vertretenen handeln.
2. Die §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 b, 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 1 VOL/A in ihrer derzeitigen Fassung setzen nicht voraus, dass ein Vertreter, der im Namen einer Arbeitsgemeinschaft von Bietern ein Angebot abgibt, hierbei mit Vertretungsmacht gehandelt hat. Dies war zwar unter der Geltung der VOL/A 1997 anzunehmen, deren § 21 Nr. 1 Abs.2 eine "rechtsverbindliche" Unterschrift verlangte und nach deren § 25 Nr. 1 Abs. 1 b nicht "rechtsverbindliche" Angebote zwingend auszuschließen waren; in der Praxis der Vergabeüberprüfungsausschüsse wurde dies Regelung dahin verstanden, dass bei der Abgabe eines Angebots durch einen Bevollmächtigten dessen Vertretungsmacht nachzuprüfen und dass das Angebot bei fehlender Vertretungsmacht auszuschließen sei. Der Verordnungsgeber hat aber im Zuge der Novellierung der VOB im Jahr 2000 auf das Merkmal "Rechtsverbindlichkeit" bewusst verzichtet, um der restriktiven Praxis der Vergabeprüfungsausschüsse in diesem Punkt eine Riegel vorzuschieben. Aus diesem Grund muss für das derzeit geltenden Recht davon ausgegangen werden, dass für die Angebotsabgabe keine über das BGB hinausgehende Anforderungen gestellt werden dürfen. Dies hat vor allem zur Folge, dass sowohl die Grundsätze über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht als auch über das Handeln eines vollmachtslosen Vertreters im Vergabeverfahren uneingeschränkt Anwendung finden, so dass dessen Handeln auch noch nach dem Beginn der Angebotswertung nachträglich genehmigt werden kann.
3. Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin versteht und verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist.
4. § 21 Nr. 4 VOL/A fordert zwar bei Angeboten von Arbeitsgemeinschaften die Bezeichnung eines der Mitglieder als bevollmächtigter Vertreter, und diese Bestimmung wird in der vergaberechtlichen Literatur dahin ausgelegt, dass es die Interessen des Auftraggebers geböten, mit einem verantwortlichen Unternehmer als "federführender Firma" verhandeln zu können. Zweifelhaft ist, ob dieses Interesse des Auftraggebers dann gefährdet ist, wenn für die Arbeitsgemeinschaft zwei mit Einzelvertretungsmacht ausgestattete Vertreter benannt wird und handeln können. Denn auch in diesem Fall weiß der Auftraggeber, an wen er sich als Ansprechpartner wenden kann, nämlich beliebig an beide Bevollmächtigte. Zudem hat eine solche Regelung den Vorteil, dass ein Ansprechpartner auch dann vorhanden ist, wenn einer der Bevollmächtigten verhindert ist.
5. Eine Zurückweisung durch das Beschwerdegericht kommt in Betracht, wenn eine Endentscheidung des Beschwerdegerichts zum Verlust einer Nachprüfungsinstanz führen würde oder dem gleich käme. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag als unzulässig verworfen und sich darum inhaltlich mit der Sache nicht auseinander gesetzt hat.
VolltextVPRRS 2005, 0057
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.12.2004 - 1 VK 74/04
1. Die Sachverhaltsdarstellung in einem Nachprüfungsantrag hat so konkret zu sein, dass sich hieraus substantiiert eine Verletzung von Vergabevorschriften ergibt.
2. Eine 21 Tage nach Einreichung des Nachprüfungsantrags erfolgte Begründung ist nicht mehr unverzüglich.
3. Die teilweise Zustellung eines Nachprüfungsantrags ist zulässig.
4. Unzulässig sind nach allgemeiner Ansicht solche Nebenangebote oder Sondervorschläge, bei denen die Bieter bei objektiver Betrachtung nicht damit rechnen können, dass sie angeboten werden dürfen.
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