Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
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VPRRS 2017, 0258VK Hessen, Beschluss vom 07.03.2017 - 69d-VK-41/2016
1. Bei § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB ist für die Erkenntnismöglichkeit des rügenden Bieters nicht erforderlich, dass ihm der geltend gemachte Vergaberechtsverstoß erst „ins Auge fallen“ muss.*)
2. § 19 EG Abs. 6 Satz 2 VOL/A entfaltet grundsätzlich keine bieterschützende Wirkung. Ausnahmsweise ist eine bieterschützende Wirkung gegeben, wenn ein Angebot in der zielgerichteten Absicht erfolgt ist, einen oder mehrere Wettbewerber vom Markt vollständig zu verdrängen.*)
3. Der Eingangsvermerk i.S.v. § 17 EG Abs. 1 Satz 1 VOL/A sollte zumindest das genaue Datum des Eingangs und die Angabe der Uhrzeit des Eingangs aufweisen, um Aufschluss über die Rechtzeitigkeit oder Verspätung eines abgegebenen Angebotes zu geben.*)
4. Für den Nachweis der wirtschaftlichen und technischen Zuverlässigkeit gemäß § 7 EG Abs. 3 lit. b VOL/A kommt es nur auf die Verfügbarkeit der erforderlichen Ausstattung bei Auftragsbeginn an. Es reicht daher für diesen Nachweis aus, wenn daraus hervorgeht, dass der Bieter in der Lage ist, diese kurzfristig zu erwerben, und dass er somit zum Zeitpunkt der Ausführung des Auftrags über die entsprechende Ausrüstung verfügt.*)
VolltextVPRRS 2017, 0254
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.12.2016 - Verg 15/16
1. Kriterien, die sachlich einer anderen Wertungsstufe zuzuordnen sind, sollen auf der Ebene der Wirtschaftlichkeitswertung nicht abermals für die Zuschlagsentscheidung herangezogen werden. Dies ist keineswegs beschränkt auf eine Wertung von Eignungs- und Zuschlagskriterien.
2. Einer Rüge muss eine konkrete vergaberechtliche Beanstandung zu entnehmen sein. Dazu hat der Antragsteller mitzuteilen, welchen Sachverhalt er für vergaberechtswidrig hält.
3. An den Inhalt einer Rüge sind keine übersteigerten Anforderungen zu richten. Der Begriff der Rüge muss nicht ausdrücklich gebraucht werden.
4. Auch bestehen für die Rüge keine expliziten Formvorschriften.
VPRRS 2017, 0253
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.02.2017 - Verg 29/16
1. Eine funktionale Leistungsbeschreibung setzt nicht voraus, dass der Auftraggeber den Bietern über das zu erreichende Ziel hinaus Lösungsmöglichkeiten und Konzepte aufzeigt.
2. Bei funktionalen Ausschreibungen hat eine Bewertung nach einem reinen Schulnotensystem aufgrund völliger Unbestimmtheit und Intransparenz der Bewertungsmaßstäbe als vergaberechtswidrig auszuscheiden (Anschluss an Senat, IBR 2016, 233 = VPR 2016, 127).
3. Ein zunächst vierstufiges Bewertungssystem, das durch funktionale Unterkriterien ausgefüllt wird, die den Bietern hinreichend verdeutlichen, worauf es dem Auftraggeber bei der Wertung der Angebote ankommt, und die es ihnen ermöglichen, ihre Angebote danach auszurichten, ist nicht intransparent.
4. Die Festlegung, dass nur vollständig abgeschlossene Maßnahmen berücksichtigungsfähig sind, stellt jedenfalls dann eine unzulässige Benachteiligung dar, wenn es sich um mehrjährige Maßnahmen handelt, diese nahezu vollständig abgeschlossen sind und die vorgesehene Übergangsquote bereits erreicht wurde.
5. Hat sich das Nachprüfungsverfahren durch Aufhebung des Vergabeverfahrens erledigt, kann der Antragsteller einen Feststellungsantrag stellen. Ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung für einen solchen Antrag ist das Vorliegen eines Feststellungsinteresses.
VolltextVPRRS 2017, 0243
VK Hessen, Beschluss vom 17.11.2016 - 69d-VK-50/2016
1. Ein Betriebskonzept, das mit 55% in die Wertung des wirtschaftlich günstigsten Angebots einfließt und Inhalt des abzuschließenden Managementvertrages werden soll, ist kein bloßer Nachweis oder eine Erklärung (§ 19 EG Abs. 3 a VOL/A 2009), sondern ein wesentlicher Bestandteil des Angebots.
2. Gibt die Ausschreibung vor, dass die Angebote zwingend im Original und als Kopie, jeweils in Papierform und in digitaler Form einzureichen sind, wurde eine bestimmte Form der einzureichenden Angebote festgelegt. Ein Angebot, dessen Kopie kein Betriebskonzept in schriftlicher Form enthält, genügt dieser Formvorgabe nicht und ist auszuschließen.
VolltextVPRRS 2017, 0244
VK Hessen, Beschluss vom 21.03.2017 - 69d-VK-49/2016
1. Die Entscheidung nach Lage der Akten bei Unzulässigkeit oder offensichtlicher Unbegründetheit des Antrags gem. § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB a.F. setzt voraus, dass eindeutig und unzweifelhaft feststeht, dass der Nachprüfungsantrag abzulehnen ist und die mündliche Verhandlung mit hinreichender Sicherheit keine weiteren Erkenntnisse erbringen bzw. keine andere Bewertung ergeben wird.*)
2. Der Auskunftsanspruch gem. § 22 EG VOL/A 2009 wird nicht ohne Weiteres gewährt, sondern erfordert einen entsprechenden Antrag.*)
VolltextVPRRS 2017, 0241
VK Bund, Beschluss vom 06.04.2017 - VK 1-17/17
1. Sind die Anforderungen und Bewertungsmodalitäten unmissverständlich und eindeutig formuliert, können Überlegungen einzelner Bieter, mit denen sie sich an die Stelle des Auftraggebers setzen und ein aus ihrer Sicht zielführenderes Wertungsvorgehen hineinlesen, nicht zu einer abweichenden Auslegung führen.
2. Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, den Bietern die Zuschlagskriterien einschließlich Gewichtung vor Angebotsabgabe bekanntzugeben und (nur) die bekanntgegebenen Wertungsvorgaben bei der Wertung (Wirtschaftlichkeitsbetrachtung) anzuwenden.
3. Ist nach den den Vergabeunterlagen beigefügten Erprobungsrahmenplänen vorgesehen, dass eine Kurzerprobung durch mindestens 15 Teilnehmer erfolgt, liegt ein Vergaberechtsverstoß vor, wenn die Erprobung nur durch sechs Personen erfolgt.
4. Vergaberechtsverstöße in den Vergabeunterlagen, die sich lediglich aus den das Vergabeverfahren bestimmenden allgemeinen (und allgemein formulierten) Rechtsgrundsätzen und deren Auslegung durch die Rechtsprechung ergeben, sind für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter nicht ohne weiteres "erkennbar".
VolltextVPRRS 2017, 0234
VK Bund, Beschluss vom 10.08.2016 - VK 1-56/16
1. Jeder Bieter hat wegen seiner Kalkulationsfreiheit einen weiten Spielraum bei der Preisgestaltung bzw. der Entscheidung mit welchem Preisangebot er an einer Ausschreibung (hier: für Schlaftherapiegeräte) teilnimmt.
2. Ein öffentlicher Auftraggeber darf ein Angebot nur ablehnen, wenn der Preis tatsächlich unauskömmlich ist und der Bieter deshalb voraussichtlich den Auftrag nicht bis zum Ende ordnungsgemäß ausführen kann.
3. Ein Auftraggeber genügt seiner Prüfungspflicht, wenn er die Preisabstände der eingereichten Angebote auf eine Überschreitung der Aufgreifschwellen (hier: 15% unter Auftragswertschätzung und 20% Abstand zum nächstplatzierten Angebot) überprüft und sich bei Überschreitung Bescheinigungen von Wirtschaftsprüfern oder eigene nachvollziehbare Kalkulationsgrundlagen vorlegen lässt.
4. Wirtschaftsprüfer unterliegen strengen berufsrechtlichen Anforderungen. Prüfen Wirtschaftsprüfer die Kalkulation durch Preisermittlungsleitsätze und Aufklärungsgespräche und kommen zu dem Ergebnis, dass kein Unterpreisangebot vorliegt, ist der Aussagewert dieser methodisch ordnungsgemäß zu Stande gekommenen Testate eine gesicherte Erkenntnis, deren Richtigkeit ein Auftraggeber nicht hinterfragen oder anzweifeln muss.
VolltextVPRRS 2017, 0233
VK Bund, Beschluss vom 21.07.2016 - VK 1-50/16
1. Der den Bietern bekanntzugebende Bewertungsmaßstab für die Angebotswertung muss hinreichend transparent sein. Dafür hat der Auftraggeber die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung bekanntzugeben.
2. Der Auftraggeber hat darüber hinaus unter Umständen Unterkriterien zu benennen oder den Bietern anderweitig Bewertungsmaßstäbe an die Hand zu geben, um ihnen zu ermöglichen, ein möglichst optimales Angebot abzugeben.
3. Die Grenze, ab der das Offenlassen konkreter Bewertungsmaßstäbe vergaberechtlich unzulässig ist, ist überschritten, wenn die aufgestellten Bewertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass die Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten informiert werden, anhand derer das wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt wird.
4. Die vom Auftraggeber vorgegebenen Bewertungsmaßstäbe müssen insbesondere hinreichend zuverlässige und kalkulierbare Informationen darüber enthalten, wie und mit welcher Punktzahl die Angebote in Bezug auf die Wertungsanforderungen bewertet werden sollen, und den Bietern ermöglichen, im Voraus (bei Angebotserstellung) zuverlässig ermitteln zu können, auf welche konkreten Leistungen der Auftraggeber Wert legt.
VolltextVPRRS 2017, 0232
VK Bund, Beschluss vom 16.09.2016 - VK 1-82/16
1. An eine bekannt gemachte Eignungsanforderung ist der öffentliche Auftraggeber gebunden. Eine nachträgliche Korrektur von Eignungsanforderungen erfordert eine Berichtigungsbekanntmachung.
2. Vor dem Ausschluss eines Angebots wegen Unvollständigkeit muss ein öffentlicher Auftraggeber erst sein Ermessen ausüben, ob er die geforderten Unterlagen nachfordert. Dieses Ermessen kann nicht im Vorhinein ausgeübt werden.
VolltextVPRRS 2017, 0231
VK Bund, Beschluss vom 18.07.2016 - VK 1-48/16
1. Der öffentliche Auftraggeber hat die Angebote anhand eines einheitlichen Maßstabs zu bewerten und die Bieter müssen wissen, worauf es dem öffentlichen Auftraggeber bei der Wertung der Angebote ankommt, damit sie ein qualitativ optimales Angebot einreichen können.
2. Bei einer funktionalen Ausschreibungen ist es jedoch nicht erforderlich, dass der öffentliche Auftraggeber wie in einer Lösungsskizze oder Musterlösung im Einzelnen konkret vorgibt, welcher Angebotsinhalt zur Höchstpunktzahl führt.
3. Der Bieter muss "erkennbare" Vergaberechtsverstöße rügen. Vergaberechtsverstöße sind dann "erkennbar", wenn sie laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands "ins Auge fallen". Abzustellen ist dabei auf die Erkenntnisse eines objektiven fachkundigen Bieters, nicht auf die eines Spezialisten.
4. Ein Bieter ist überdies nicht verpflichtet, Rechtsrat oder sonstige fachkundige Hilfe einzuholen, um vermeintliche Vergaberechtsverstöße eines öffentlichen Auftraggebers zu erkennen.
VolltextVPRRS 2017, 0221
OLG Dresden, Beschluss vom 27.05.2016 - Verg 2/16
1. Sehen die Ausschreibungsunterlagen vor, dass bestimmte Nachweise auf Verlangen des Auftraggebers vom Bieter innerhalb von vier Arbeitstagen beizubringen sind, kann diese Frist in dem Aufforderungsschreiben nicht verkürzt werden.
2. Legt der Bieter die geforderten Nachweise innerhalb der in der Ausschreibung genannten Frist nicht vor, ist sein Angebot unvollständig und von der Wertung auszuschließen.
VolltextVPRRS 2017, 0224
VGH Bayern, Beschluss vom 08.12.2016 - 8 A 16.40045
Für einen Rechtsstreit, der die Auswahlentscheidung der Luftfahrtbehörde über die Vergabe einer Dienstleistungskonzession zur Erbringung von Bodenabfertigungsdienstleistungen (gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 BADV) zum Gegenstand hat, ist das Verwaltungsgericht erstinstanziell zuständig. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Satz 2 VwGO findet keine Anwendung.*)
VolltextVPRRS 2017, 0216
VGH Bayern, Beschluss vom 08.12.2016 - 8 A 16.40043
Für einen Rechtsstreit, der die Auswahlentscheidung der Luftfahrtbehörde über die Vergabe einer Dienstleistungskonzession zur Erbringung von Bodenabfertigungsdienstleistungen (gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 BADV) zum Gegenstand hat, ist das Verwaltungsgericht erstinstanziell zuständig. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Satz 2 VwGO findet keine Anwendung.*)
VolltextVPRRS 2017, 0212
VGH Bayern, Beschluss vom 08.12.2016 - 8 AS 16.40044
Für einen Rechtsstreit, der die Auswahlentscheidung der Luftfahrtbehörde über die Vergabe einer Dienstleistungskonzession zur Erbringung von Bodenabfertigungsdienstleistungen (gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 BADV) zum Gegenstand hat, ist das Verwaltungsgericht erstinstanziell zuständig. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Satz 2 VwGO findet keine Anwendung.*)
VolltextVPRRS 2017, 0210
OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.04.2017 - 6 U 156/16 Kart
Bewertet der Konzessionsgeber bei der Ausschreibung unter den Zielen des § 1 EnWG die Effizienz (hier: 18 Punkte) um fast das Doppelte (hier: um 80%) höher als die Preisgünstigkeit (hier: 10 Punkte) so ist zweifelhaft, ob sich dies noch innerhalb des gemeindlichen Beurteilungsspielraums hält (Abgrenzung zu OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.04.2017 - 6 U 151/16 Kart, VPRRS 2017, 0201, und OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.04.2017 - 152/16 Kart).*)
VolltextVPRRS 2017, 0213
VK Sachsen, Beschluss vom 01.03.2017 - 1/SVK/037-16
1. Der Nachweis der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen nach den §§ 123 oder 124 GWB kann gem. § 122 Abs. 3 GWB ganz oder teilweise durch die Teilnahme an Präqualifizierungssystemen erbracht werden. Eine solche Präqualifikation zieht die Eignungsprüfung vor die Klammer, stellt selbst aber kein Vergabeverfahren dar. Sie steht zudem einer vertieften Auseinandersetzung des Auftraggebers mit der Eignung eines Bieters nicht von vorneherein entgegen, wenn sich aus besonderen Umständen oder aus Erkenntnissen aus der Vergangenheit ergibt, dass Anlass besteht, die Eignung des Bieters in Frage zu stellen.*)
2. Will ein Bieter den Ausschluss seines Angebots wegen Unauskömmlichkeit vermeiden, ist es in erster Linie seine Obliegenheit, den Anschein der Unauskömmlichkeit seines Angebots zu widerlegen und die Gründe zu benennen, aufgrund derer die Leistung ordnungsgemäß erbracht werden kann.*)
VolltextVPRRS 2017, 0205
OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.04.2017 - 6 U 152/16 Kart
Bewertet der Konzessionsgeber bei der Ausschreibung unter den Zielen des § 1 EnWG die Effizienz (hier: 19 Punkte) gegenüber der Preisgünstigkeit (hier: 9 Punkte) mehr als doppelt so hoch, so ist dies willkürlich und überschreitet den eingeräumten Beurteilungsspielraum (Abgrenzung zu OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.04.2017 - 6 U 151/16 Kart, VPRRS 2017, 0201).*)
VPRRS 2017, 0204
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.06.2017 - 1 VK 14/17
1. Die Bewertungsmethode ist vor Abgabe der Angebote festzulegen und bekannt zu machen. Dies ist in der Vergabeakte transparent zu dokumentieren.
2. Es genügt nicht den Transparenzanforderungen, den Bewertungsrahmen für den Beurteilungsspielraum des Auftraggebers festzulegen. Neben der Bekanntgabe der Kriterien und der Gewichtung ist auch abstrakt darzustellen, ob und in welcher Form (Schulnoten oder verbale Beschreibung) eine Bewertung in verschiedenen Schritten stattfinden soll.
3. Es ist vorab bekannt zu geben, ob das Erfüllen von Mindestkriterien mit 50 von 100 Punkten beurteilt wird oder ein Punkt bereits bedeutet, dass die Mindestkriterien ausreichend erfüllt wurden.
VolltextVPRRS 2017, 0201
OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.04.2017 - 6 U 151/16 Kart
1. Die Gründung eines kommunal geprägten Beteiligungsunternehmens, an dem die Gemeinde beteiligt ist, ist für sich allein genommen kein Beleg für eine unsachliche und nicht den Zielen des § 1 EnWG entsprechende Vorfestlegung der Kommune zugunsten desselben im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe von Wegenutzungsrechten. Ebenso wenig genügt allein der politische Wille zur Rekommunalisierung.*)
2. Es ist grundsätzlich mit dem Transparenzgebot vereinbar, dass ein Bewerber bei der Bewertung die volle Punktzahl erhält, weil die anderen Bewerber noch schlechtere oder keine Angebote zu diesem Unterkriterium abgegeben haben, obwohl er (absolut betrachtet) ein schlechtes Angebot abgegeben hat (sog. relative Bewertungsmethode, entgegen LG Stuttgart, 05.04.2016 - 41 O 43/14).*)
3. Wird die relative Bewertungsmethode angewandt, muss sich im Vorhinein bestimmen lassen, welchen Erfüllungsgrad (Zielerreichungsgrad) die Angebote bei den jeweiligen Unterkriterien aufweisen, um das jeweils beste Angebot mit dem höchsten Erfüllungsgrad und die darauf zu machenden Abschläge für die schlechteren Angebote ermitteln zu können.*)
4. Beteiligt sich die Gemeinde durch ein Beteiligungsunternehmen selbst an dem Vergabeverfahren, so ist sie verpflichtet, den potenziellen Bietern die Bewertungsmethode zur Kenntnis zu bringen, anhand deren sie eine konkrete Bewertung der Angebote hinsichtlich der zuvor in den Auftragsdokumenten festgelegten Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung vornimmt, da andernfalls die Gefahr einer willkürlichen Auswahl bestünde. Der Wettbewerb als solcher sowie die Bieterunternehmen sind vor der Gefahr von Manipulationen durch Festlegen und Bekanntgeben transparenter Bewertungsmaßstäbe zu schützen.*)
5. Bewertet der Konzessionsgeber bei der Ausschreibung unter den Zielen des § 1 EnWG die Effizienz (hier: 17 Punkte) gegenüber der Preisgünstigkeit (hier: 11 Punkte) geringfügig besser, so ist dies nicht willkürlich und überschreitet nicht den eingeräumten Beurteilungsspielraum.*)
VolltextVPRRS 2017, 0197
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.08.2016 - 1 VK 32/16
Einem Bieter von Rohbauarbeiten an einem Tunnel können auch feuerwehrtechnische Leistungen abverlangt werden. Denn für deren Erbringung ist nicht ausschließlich die Feuerwehr zuständig.
VolltextVPRRS 2017, 0399
VK Berlin, Beschluss vom 05.01.2017 - VK B 1-34/16
1. Grundsätzlich besteht das Verbot, Bietern oder Auftragnehmern in der Leistungsbeschreibung oder sonstigen Vertragsunterlagen ungewöhnliche Wagnisse aufzubürden nicht mehr, diese Regelung wurde schon nicht aus der VOL/A 2006 in die VOL/A 2009 übernommen.
2. Regelungen in Einzelfällen lassen sich allenfalls unter dem Gesichtspunkt der (Un-)Zumutbarkeit einer für Bieter oder Auftragnehmer kaufmännisch vernünftigen Kalkulation beanstanden.
3. Vertragsbedingungen, die nach früherer Rechtslage als ungewöhnliches Wagnis angesehen wurden, sind nicht unbedingt unzumutbar. Es gilt die Beachtung allgemeiner zivilrechtlicher Grundsätze, die einen Missbrauch der Nachfragemacht des öffentlichen Auftraggebers missbilligen.
4. Das Recht auf Akteneinsicht besteht von vornherein nur in dem Umfang, in dem es zur Durchsetzung des subjektiven Rechts des Verfahrensbeteiligten auch erforderlich ist.
5. Auch bei offensichtlich unbegründetem Nachprüfungsantrag kann jedenfalls in eindeutig gelagerten Ausnahmefällen die Akteneinsicht versagt werden.
VolltextVPRRS 2017, 0187
VGH Bayern, Beschluss vom 22.05.2017 - 4 ZB 16.577
1. Eine unterbliebene Losbildung stellt einen schweren Vergaberechtsverstoß dar, der den Zuwendungsgeber zur Rückforderung einer gewährten staatlichen Zuwendung (hier: zur Ersetzung eines alten Feuerwehrfahrzeugs) berechtigt.
2. Ein erhöhter Koordinierungsaufwand ist jeder Losbildung immanent sei und reicht deshalb für sich genommen nicht als wirtschaftlicher Grund für die Zulässigkeit einer einheitlichen Vergabe aus.
3. Die Aufnahme vergaberechtlicher Verfahrensverpflichtungen in einen Zuwendungsbescheid soll der für die nachträgliche Prüfung und für einen möglichen Widerruf zuständigen Behörde entsprechende Nachforschungen und Nachweispflichten ersparen. Die Einhaltung der Vergabegrundsätze liegt insoweit allein in der Risikosphäre des Zuwendungsempfängers.
VolltextVPRRS 2017, 0181
VK Brandenburg, Beschluss vom 12.12.2016 - VK 21/16
1. Ein bisheriger Auftragnehmer muss, will er sich bei der Neuausschreibung auf diese Tätigkeit als Referenz berufen, auf seine bisherige Tätigkeit explizit hinweisen.
2. Stellt der Auftraggeber als Hilfsmittel zur Prüfung und Beurteilung der Eignung in den Ausschreibungsbedingungen von den Bietern zu erfüllende Anforderungen beurteilungsfehlerfrei auf, ist er daran gebunden und darf nicht zugunsten einzelner Bieter auf deren Erfüllung verzichten.
VolltextVPRRS 2017, 0183
OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.05.2017 - 11 Verg 5/17
1. Ein von einem Bieter bei losweiser Vergabe von Dienstleistungen für den Fall der Zuschlagserteilung auf mehrere Lose eingeräumter Kombinationsrabatt ist jedenfalls dann bei der Wertung eines einzelnen Loses zu berücksichtigen, wenn die - ggf. rabattierten - Angeboten des betreffenden Bieters in allen Einzellosen der Loskombination die jeweils günstigsten sind.*)
2. Ein Eingangsvermerk gem. § 17 EG Abs. 1 VOL/A 2009 muss die annehmende Stelle sowie Datum und Uhrzeit des Eingangs ausweisen. Eine Unterschrift oder ein Handzeichen der annehmenden Person ist hingegen nicht erforderlich (Abweichung zu OLG Naumburg, IBR 2008, 357). Ein etwaiger Mangel des Eingangsvermerks ist jedenfalls dann nicht kausal für einen etwaigen Schaden des nicht berücksichtigten Bieters, wenn der form- und fristgerechte Eingang der Angebote auf andere Weise nachgewiesen wird.*)
VolltextVPRRS 2017, 0214
VK Thüringen, Beschluss vom 27.03.2014 - 250-4002-2356/2014-N-002-AP
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2017, 0173
VG Berlin, Urteil vom 09.03.2017 - 2 K 111.15
1. Dem grundsätzlich voraussetzungslosen Anspruch auf Informationszugang steht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen, wenn das Informationsgehren allein von der Absicht geprägt ist, die Behörde oder einen Drittbetroffenen zu schikanieren oder zu belästigen oder zu blockieren oder einem anderen Schaden zuzufügen (hier verneint).*)
2. Der Anspruch auf Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz wird nicht durch das Vergaberecht verdrängt, da dieses keine abschließende Regelung des Informationszugangs enthält.*)
3. Die von § 3 Nr. 4 IFG erfassten privaten und öffentlichen Belange sind gesetzlich zu einem öffentlichen Belang erklärt. Für eine gesonderte Prüfung, ob eine Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht öffentliche Interessen schützt, ist kein Raum (Abweichung von OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.06.2012 - 12 B 34.10, BeckRS 2012, 51575).*)
VolltextVPRRS 2017, 0169
VK Südbayern, Beschluss vom 27.03.2017 - Z3-3-3194-1-03-02/17
1. Ist die Bestimmung des Beschaffungsgegenstands im Vergabeverfahren willkürfrei getroffen und von sachlichen Gründen getragen, ist eine dadurch entstehende (auch schwerwiegende) Wettbewerbsverengung hinzunehmen.*)
2. Es spricht viel dafür, die Anforderungen des Art. 32 Abs. 2 b der Richtlinie 2014/24/EU / § 14 Abs. 6 VgV auch dann heranzuziehen sind, wenn zwar (pro forma) ein offenes Verfahren durchgeführt wird, durch die Ausgestaltung der Leistungsbeschreibung aber von vorneherein nur ein einziger Bieter ein ausschreibungskonformes Angebot abgeben kann.*)
3. Besteht eine langjährige Übung mit entsprechenden branchenspezifischen Fachempfehlungen, bestimmte Leistungen (hier Feuerwehrfahrzeuge) in Fachlose aufgeteilt auszuschreiben, bedarf ein Abweichung von dieser Übung wegen nunmehr angeblich unbeherrschbarer Schnittstellenprobleme, einer besonders gründlichen Begründung.*)
4. Ob bei der Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen Fachlose zu bilden sind, ist gem. § 97 Abs. 4 Satz 3 GWB für jeden Fahrzeugtyp gesondert zu beantworten.*)
VolltextVPRRS 2017, 0167
VK Südbayern, Beschluss vom 05.10.2016 - Z3-3-3194-1-33-08/16
1. Eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens richtet sich nach den Regelungen über eine (teilweise) Aufhebung des Vergabeverfahrens. Bei der rechtlichen Überprüfung einer vollständigen oder auch nur teilweisen Aufhebung eines Vergabeverfahrens ist zwischen der Wirksamkeit und der Rechtmäßigkeit der (Teil-) Aufhebungsentscheidung öffentlicher Auftraggeber zu unterscheiden.*)
2. Sowohl für eine wesentliche Änderung der Grundlagen des Vergabeverfahrens nach § 20 EG Abs. 1 b VOL/A 2009 als auch für andere schwerwiegende Gründe nach § 20 EG Abs. 1 d VOL/A 2009 können aber nur Gründe angeführt werden, die nicht der Vergabestelle zurechenbar sind und nicht in die Risikosphäre des Auftraggebers fallen. Ein vom Auftraggeber fehlerhaft erstelltes Leistungsverzeichnis liegt eindeutig in dessen Risikobereich.*)
3. Eine wettbewerbsbeschränkende Leistungsbestimmung, für die der Auftraggeber keine sachlichen Gründe, die tatsächlich gegeben sind, vorbringen kann, verletzt einen dadurch an der Teilnahme am Vergabeverfahren gehinderten Bieter in seinen Rechten.*)
VolltextVPRRS 2017, 0168
VK Südbayern, Beschluss vom 30.03.2017 - Z3-3-3194-1-04-02/17
1. Ist ein Bieter aufgrund eigener Kapazitäten in der Lage, die ausgeschriebenen Leistungen insgesamt zu erbringen, und damit in der Lage, auf die Fachlose jeweils ein Angebot abzugeben, hätte er durch eine Losaufteilung keine besseren Chancen auf Erteilung des Zuschlags für den Gesamtauftrag oder Teilen davon (VK Bund, Beschluss vom 31.10.2016 - VK 1-90/16, IBRRS 2017, 1050 = VPRRS 2017, 0102).*)
2. Besteht eine langjährige Übung mit entsprechenden branchenspezifischen Fachempfehlungen, bestimmte Leistungen (hier Feuerwehrfahrzeuge) in Fachlose aufgeteilt auszuschreiben, bedarf eine Abweichung von dieser Übung wegen nunmehr angeblich unbeherrschbarer Schnittstellenprobleme einer besonders gründlichen Begründung.*)
3. Ob bei der Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen Fachlose zu bilden sind, ist gem. § 97 Abs. 4 Satz 3 GWB für jeden Fahrzeugtyp gesondert zu beantworten.*)
VolltextVPRRS 2017, 0157
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.11.2016 - Verg 21/16
1. Auch wenn das bisherige Wertaufkommen eines öffentlichen Auftrags über dem einschlägigen Auftrags-Schwellenwert liegt, kann der Auftragswert des Folgeauftrags aufgrund von geplanten Kosteneinsparungen auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers unter dem maßgebenden Schwellenwert liegen.
2. Derartige Gegenmaßnahmen sind im Vergabevermerk nachvollziehbar zu dokumentieren.
VolltextVPRRS 2017, 0156
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.11.2016 - Verg 27/16
1. Nachdem das Verbot einer Aufbürdung ungewöhnlicher Wagnisse für Umstände und Ereignisse, auf die der Bieter keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann, für Liefer- und Dienstleistungen nicht mehr gilt, können Ausschreibungsbedingungen nur noch unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit zu beanstanden sein.
2. Ausschreibungsbedingungen sind nicht unzumutbar, wenn der Bieter gewisse Preis- und Kalkulationsrisiken, namentlich solche, die ihm typischerweise ohnedies obliegen, tragen soll.
3. Die Zumutbarkeitsschwelle erhöht sich bei einer Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen (im weiteren Sinn) zulasten der Bieter. Angeboten bei Rahmenvereinbarungen wohnen - in der Natur der Sache liegend und abhängig vom in der Regel ungeklärten und nicht abschließend klärbaren Auftragsvolumen - erhebliche Kalkulationsrisiken inne, die typischerweise vom Bieter zu tragen sind.
4. Bei Rahmenvereinbarungen gelten die Gebote der Bestimmtheit, Eindeutigkeit und Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung nur eingeschränkt.
VolltextVPRRS 2017, 0148
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.12.2016 - 1 VK LSA 25/16
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2017, 0147
OLG Naumburg, Beschluss vom 17.03.2017 - 7 Verg 8/16
1. Ein Vergabeverfahren beginnt mit der ersten nach außen getretenen Handlung der Vergabestelle, mit der der Auftraggeber - über das Stadium des bloßen Vorstudiums des Marktes hinaus oder sonstiger rein vorbereitender Handlungen - bestimmte organisatorische oder planerische Maßnahmen ergreift, um einen Auftragnehmer zu ermitteln.
2. Während Machbarkeitsstudien oder vergleichende Wirtschaftlichkeitsberechnungen noch nicht ausreichen, genügen solche Maßnahmen des Auftraggebers, die nach außen wahrgenommen werden und geeignet sind, das leistende Unternehmen mit dem Ziel eines Vertragsschlusses zu ermitteln und auszuwählen.
3. Mit der Einholung der Angebote potenzieller Bieter verlässt der Auftraggeber das interne Stadium, weil er damit Maßnahmen ergriffen hat, die über eine rein vorbereitende Marktsondierung und Machbarkeitsstudie im Vorfeld eines Verfahrens hinausgehen.
4. Ein "Kooperationsvertrag" zwischen einem Abwasserzweckverband und einem Verbandsmitglied über die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft, in der das Verbandsmitglied die Aufgabe der technischen Betriebsführung der im Eigentum des Zweckverbands stehenden Anlagenteile und technischen Einrichtungen übernimmt, ist ein ausschreibungspflichtiger öffentlicher Auftrag.
VolltextVPRRS 2017, 0142
VK Bund, Beschluss vom 10.02.2017 - VK 1-3/17
1. Allein wegen eines fehlerhaften Vorabinformationsschreibens ist eine Zurückversetzung des Vergabeverfahrens (hier: Abschluss von Rabattvereinbarungen) nicht erforderlich.
2. Nach dem Wegfall des allgemeinen Wagnisverbots können Vertragsklauseln nur noch unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit einer für Bieter oder Auftragnehmer kaufmännisch vernünftigen Kalkulation beanstandet werden.
3. Es ist für einen Bieter zumutbar, Risiken aus einem Sonderkündigungsrecht (hier: bereits nach dem ersten von zwei Jahren Laufzeit) einzukalkulieren, wenn die konkreten Daten, auf deren Grundlage der Auftraggeber das Sonderkündigungsrecht ggf. ausübt (abgesetzte Mengen in den ersten Monaten, Apothekenverkaufspreise), vorhersehbar sind.
4. Es ist nicht vergaberechtswidrig, dem Bieter für "schwerwiegende oder wiederholte schuldhafte Vertragsverletzungen" eine Vertragsstrafe aufzuerlegen.
VolltextVPRRS 2017, 0392
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22.12.2016 - 3 VK 11/16
1. Eine Rahmenvereinbarung darf nicht missbräuchlich oder in einer Art angewendet werden, die den Wettbewerb behindert, einschränkt oder verfälscht.
2. Das in Aussicht genommene Auftragsvolumen ist deshalb so genau wie möglich zu ermitteln und bekannt zu geben, muss jedoch nicht abschließend festgelegt werden (§ 21 Abs. 1 Satz 2 VgV).
3. Die grundsätzliche Ungewissheit, inwiefern das avisierte Auftragsvolumen tatsächlich abgerufen wird, ist für sich genommen noch kein unzumutbares Risiko, sondern ein der Rahmenvereinbarung immanentes Risiko.
4. Eine Indexierung von Preisen ist im Vergaberecht zulässig. Die Koppelung des Mindesterlöses an einen EUWID-Kombinationsindex ist auch bei kürzeren Vertragslaufzeiten vertretbar.
VolltextVPRRS 2017, 0151
VK Bund, Beschluss vom 23.01.2017 - VK 2-143/16
1. Der öffentliche Auftraggeber kann gegen seinen Willen nicht dazu verpflichtet werden, trotz der von ihm ausdrücklich erklärten Aufhebung das Vergabeverfahren fortzuführen, um einen der Ausschreibung entsprechenden Auftrag zu erteilen. Das gilt selbst dann, kein Aufhebungsgrund im Sinne der anwendbaren Vergabeverordnung vorliegt.
2. Notwendige Voraussetzung für die Aufhebung einer Ausschreibung ist nur, dass der öffentliche Auftraggeber für seine Aufhebungsentscheidung einen sachlichen Grund hat, so dass eine Diskriminierung einzelner Bieter ausgeschlossen und seine Entscheidung nicht willkürlich ist oder lediglich zum Schein erfolgt.
VolltextVPRRS 2017, 0180
VK Brandenburg, Beschluss vom 13.10.2016 - VK 17/16
1. Wird für die "Bewertung Teststellung" die Herangehensweise für die Bewertung und Punktvergabe nach dem Schulnotensystem und der für die einzelnen Abstufungen notwendige Zielerreichungsgrad nicht beschrieben, ist den Bietern keine realistische Einschätzung dazu möglich, welche funktionalen und technischen Parameter ein anzubietendes Gerät erfüllen muss, um je Teststellungsfrage die volle Punktzahl zu erhalten.
2. Erschöpft sich die Wertung der Teststellung im Ankreuzen der jeweiligen Punktzahl, ohne dass weitere Protokolle die jeweilige Einschätzung erläutern, ist die Wertung nicht nachvollziehbar.
VolltextVPRRS 2017, 0143
VG Schleswig, Urteil vom 06.04.2017 - 12 A 136/16
1. Allein die fehlerhafte Wahl des Vergabeverfahrens rechtfertigt als schwerer Vergabeverstoß bereits den Widerruf einer Zuwendung, ohne dass der Zuwendungsgeber verpflichtet ist, einen zusätzlichen Verstoß gegen das Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Mittelverwendung zu belegen.
2. Ein unzulässiges Vergabeverfahren kann nicht im Nachhinein damit gerechtfertigt werden, dass auch eine andere Vergabeart zulässig gewesen wäre.
3. Die Frist zum Widerruf eines Bewilligungsbescheids beginnt zu laufen, wenn der Zuwendungsgeber die Rechtswidrigkeit des Bescheids erkannt hat und ihm die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Die Frist beginnt demgemäß zu laufen, wenn der Zuwendungsgeber ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage ist, unter sachgerechter Ausübung seines Ermessens über die Rücknahme bzw. den Widerruf zu entscheiden.
4. Zur Herstellung der Entscheidungsreife, nach deren Eintritt die Entscheidungsfrist erst beginnen kann, gehört regelmäßig das Anhörungsverfahren.
VolltextVPRRS 2017, 0127
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.12.2016 - 1 VK LSA 27/16
1. Hat der Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung unmissverständlich festgelegt, dass die Bieter den Auftraggeber vor Angebotsabgabe schriftlich per Brief, Fax oder E-Mail zu informieren haben, wenn die Vergabeunterlagen nach ihrer Auffassung Unklarheiten enthalten, ist eine mündliche Nachfrage per Telefon beim Auftraggeber nicht zulässig.
2. Werden statt der in der Leistungsbeschreibung geforderten Tagessätze (hier: für Beförderungsleistungen von Schülern) Jahrespauschalpreise angeboten, ist das Angebot wegen Änderung an den Vergabeunterlagen auszuschließen. Eine Telefonauskunft dazu, dass auch Jahrespreise je Los ausgewiesen werden könnten, ändert am zwingenden Ausschluss nichts.
VolltextVPRRS 2017, 0131
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.12.2016 - Verg 20/16
1. Der Auftraggeber ist verpflichtet, bereits in der Vergabebekanntmachung anzugeben, welche Eignungsnachweise vorzulegen sind. Es reicht nicht aus, die Nachweise erst in den Vergabeunterlagen zu benennen. In den Vergabeunterlagen dürfen Eignungsanforderungen nur konkretisiert werden.
2. Die Formulierung, wonach der Nachweis (hier: Qualität der Abfallbehälter) durch Bescheinigungen der "zuständigen amtlichen Qualitätskontrollinstitute oder -dienststellen" erbracht werden kann, ist eindeutig und nicht auslegungsfähig.
3. Die Verleihungsurkunde der Gütegemeinschaft Abfall- und Wertstoffbehälter e.V. (GGAWB) ist keine Bescheinigung eines amtlichen Qualitätskontrollinstituts.
VolltextVPRRS 2017, 0126
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.03.2017 - 3 VK LSA 04/17
1. Die Leistungsbeschreibung erfolgt grundsätzlich durch Grundpositionen. Diese Positionen enthalten Leistungen, die ohne jeden Vorbehalt zur Ausführung gelangen sollen.
2. Die Aufnahme von Wahlpositionen ist in der VOL/A nicht geregelt. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie von vornherein unstatthaft sind.
3. Wahlpositionen beeinträchtigen die Eindeutigkeit der Leistungsbeschreibung und die Gewährleistung der Transparenz. Der Auftraggeber ist daher verpflichtet zu dokumentieren, aus welchen Gründen oder Erwägungen er Wahlpositionen aufgenommen hat.
4. Zur Gewährleistung eines transparenten Verfahrens hat der Auftraggeber den Bietern vorab die Kriterien bekanntzugeben, die zur Auswahl einer Wahlposition führen.
VolltextVPRRS 2017, 0125
VK Lüneburg, Beschluss vom 27.01.2017 - VgK-49/2016
1. Der Auftraggeber muss sicherstellen, dass der Wettbewerb durch Teilnahme eines vorbefassten Projektanten nicht verfälscht wird. Der Informationsvorsprung muss jedenfalls derart ausgeglichen werden, dass alle Bewerber oder Bieter die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt bekommen und über die gleiche Datenbasis verfügen.
2. Weigert sich der Auftraggeber ohne sachlichen Grund, einen durch Vorbefassung entstandenen Informationsvorsprung auszugleichen, indem er die Herausgabe von Daten (hier: Raumprogramm) verweigert, liegt eine wettbewerbliche Benachteiligung vor.
3. Auch, wenn der Beurteilungsspielraum bei der Zuschlagswertung für geistig-schöpferische Leistungen besonders weit ist, hat die Angebotswertung transparent zu erfolgen. Hat der Auftraggeber Unterkriterien für die Zuschlagswertung (hier: Kriterien für die Präsentation) benannt und ausweislich des Vergabevermerks auch deren Gewichtung bereits vor Angebotsöffnung festgelegt, muss er diese Gewichtung auch den Bietern zur Verfügung stellen.
4. Wird den Mitgliedern der Bewertungskommission ein vorbereiteter Gesprächsleitfaden ohne den Hinweis zur Verfügung gestellt, dass die Zuschlagskriterien unterschiedlich gewichtet werden, ist das gewählte Verfahren auch für die Bewertungskommission intransparent.
5. Ein durchschnittlicher Bieter muss zwar wissen, dass die Gewichtung der Zuschlagskriterien bekannt zu geben ist, er muss aber nicht wissen, welche Anforderungen derzeit an die Unterkriterien gestellt werden. Die systematische Aufarbeitung kontroverser Rechtsprechung gehört nicht zu den zentralen Aufgaben eines Bieters.
6. Die Rüge dient der frühzeitigen Streitvermeidung. Werden nach einer Rüge weitere Informationen geliefert und durch Akteneinsicht weitere angebliche Verfahrensmängel festgestellt, bedarf es keiner weiteren Rüge, weil die Rüge im Nachprüfungsverfahren keine streitvermeidende Wirkung mehr entfalten kann.
VolltextVPRRS 2017, 0105
OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.02.2017 - 11 Verg 14/16
1. Der Senat hält daran fest (vgl. bereits Beschluss vom 20.02.2003 - 11 Verg 1/02, IBR 2003, 694), dass die Erteilung des Zuschlags in der Frist des § 118 Abs. 1 GWB a. F. unwirksam (§ 134 BGB) ist, auch wenn die Vergabestelle von der Erhebung der sofortigen Beschwerde keine Kenntnis hatte.*)
2. Ein Angebot kann wegen Unauskömmlichkeit ausgeschlossen werden, wenn der niedrige Gesamtpreis auch durch die Urkalkulation nicht aufgeklärt werden kann, da die dortige Preisermittlung nicht mit derjenigen im Angebot übereinstimmt.*)
VPRRS 2017, 0117
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.03.2017 - Verg 39/16
1. Auf Vergabeverfahren, die vor dem 17.04.2016 begonnen haben und die lediglich zurückgesetzt und damit fortgeführt wurden, ist das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Vergaberecht anzuwenden.
2. Für die Beantwortung der Frage, ob ein Vergaberechtsverstoß "erkennbar" ist und dementsprechend gerügt werden muss, ist ein objektiver Maßstab anzulegen und auf einen durchschnittlich fachkundigen, die übliche Sorgfalt anwendenden Bieter abzustellen.
3. Die Erkennbarkeit muss sich auf die den Verstoß begründenden Tatsachen und auf deren rechtliche Beurteilung beziehen. Ein sorgfältig handelndes Unternehmen muss den Vergabeverstoß erkennen können, ohne besonderen Rechtsrat einholen zu müssen. Dafür müssen die Rechtsvorschriften, gegen die ggf. verstoßen wird, zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise gehören.
4. Von einem durchschnittlichen Bieter kann keine Kenntnis der sich noch entwickelnden Rechtsprechung zur Transparenz von Bewertungsmaßstäben verlangt werden.
5. Auf der Grundlage einer den vergaberechtlichen Anforderungen genügenden Leistungsbeschreibung müssen die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung so gefasst sein, dass die Bieter erkennen können, was der Auftraggeber von ihnen erwartet.
6. Insbesondere bei funktionalen Ausschreibungen kann der öffentliche Auftraggeber die auf die Formulierung der Leistungsbeschreibung und der Zuschlagskriterien einschließlich ggf. notwendiger Unterkriterien und ihrer Gewichtung zu verwendende Aufmerksamkeit nicht durch die Verwendung eines reinen Schulnotensystems ersetzen.
VPRRS 2017, 0114
VK Thüringen, Beschluss vom 08.03.2017 - 250-4003-1772/2017-N-005-G
1. Hat ein ungewöhnlich niedriges Angebot eine Differenz von mehr als 10% zum nächsthöheren Angebot, obliegt es dem Auftraggeber, durch gezielte positions- bzw. titelbezogene Anfragen, dem Bieter die Gelegenheit zur Aufklärung dieser Positionen zu geben.
2. Eine lediglich pauschale Aufforderung zur Erklärung der Kalkulation (hier: Stundenverrechnungssatz und kalkulierte Zuschläge) genügt nicht den Erfordernissen einer sachgerechten Aufklärung.
3. Ohne konkrete Anfragen ist der Bieter, der sein Angebot unter Ausnutzung der ihm zustehenden Kalkulationsfreiheit erstellt hat, nicht in der Lage, die betreffenden Positionen oder Titel zu erkennen und entsprechende Erklärungen abzugeben.
VolltextVPRRS 2017, 0108
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08.12.2016 - VK 1-27/16
1. Der öffentliche Auftraggeber kann an die „Bewerber oder Bieter Anforderungen stellen, die sicherstellen, dass die Bewerber oder Bieter über die erforderlichen personellen und technischen Mittel sowie ausreichende Erfahrungen verfügen, um den Auftrag in angemessener Qualität ausführen zu können". Es geht dabei um die „berufliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen", das heißt um unternehmensbezogene Referenzen. Es kommt insoweit darauf an, ob die natürliche oder juristische Person, die sich für die Auftragsausführung bewirbt, selbst in der Vergangenheit bereits vergleichbare Leistungen erbracht hat.
2. Der Auftraggeber ist berechtigt, einen Verzicht auf die Nachforderung in der Vergabebekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen festzulegen. Macht er von dieser Möglichkeit Gebrauch, ist er im Nachgang daran gebunden.
3. Ein Vergabenachprüfungsverfahren ist nur zulässig, wenn der Bieter eine Rüge erhoben hat. Es gibt aber keine allgemeine Wartefrist zwischen Erhebung der Verfahrensrüge und Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Für die Zulässigkeit des Antrags ist daher weder eine Beantwortung der Rüge durch den öffentlichen Auftraggeber noch ein Abwarten des Antragsstellers auf die Rügeerwiderung erforderlich.
VPRRS 2017, 0102
VK Bund, Beschluss vom 31.10.2016 - VK 1-90/16
1. Die Regelungen zum Gebot der Aufteilung eines Auftrags der Menge nach (d. h. in Teillose) in Verbindung mit dem Gebot, mittelständische Interessen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen vornehmlich zu berücksichtigen, dienen jeweils dem Ziel, dass öffentliche Aufträge so aufgeteilt und zugeschnitten werden, dass es mittelständischen Unternehmen möglich ist, sich als Einzelbieter (und nicht nur in Form von Bietergemeinschaften) am Wettbewerb um die gebildeten Lose zu beteiligen.
2. Ist ein Bieter aufgrund eigener Kapazitäten in der Lage, die ausgeschriebenen (Reinigungs-)Leistungen insgesamt zu erbringen, und damit in der Lage, auf die Fachlose jeweils ein Angebot abzugeben, hätte er durch eine Losaufteilung keine besseren Chancen auf Erteilung des Zuschlags für den Gesamtauftrag oder Teilen davon.
VolltextVPRRS 2017, 0101
VK Bund, Beschluss vom 16.01.2017 - VK 1-130/16
1. Bei der Abgabe von parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie wird die Apothekenwahlfreiheit der Versicherten nicht tangiert, weil solche Zubereitungen vom verordnenden Arzt ohne Einflussnahme des Patienten in einer Apotheke bestellt und dem versicherten Patienten unmittelbar in der Betriebsstätte des Arztes verabreicht werden, ohne dass der Patient selbst mit der Apotheke in Kontakt kommt.
2. Die Verwürfe pauschal durch den Angebotspreis mitabzugelten, missachtet keine vorrangigen verbindlichen Vorschriften zur Preisgestaltung.
3. Von der Hilfstaxe abweichende Vereinbarungen über Abschläge sind ebenso zulässig, wie die Vereinbarung eines Abschlags auf die Hilfstaxe zu einem bestimmten Stichtag.
4. Solche Individualvereinbarungen sind spezieller und gehen deshalb der Hilfstaxe vor, die zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband e.V. für allgemeine Fälle ausgehandelt wird.
VolltextVPRRS 2017, 0099
VK Bund, Beschluss vom 03.02.2017 - VK 2-139/16
1. Die SektVO a.F. regelt – abweichend von der VOL/A a.F. und der VOB/A a.F. - den Ausschluss von Angeboten, die von den Vergabeunterlagen abweichen, nicht explizit.
2. Die Befugnis und die Pflicht zum Ausschluss von Angeboten wegen Abweichungen von den Vergabeunterlagen ergeben sich für Sektorenauftraggeber aus dem in § 97 Abs. 2 GWB a.F. verankerten Gebot der Gleichbehandlung der Bieter, darüber hinaus aus den Geboten der Vergabe im Wettbewerb und des Zuschlags auf das wirtschaftlichste Angebot.
VolltextVPRRS 2017, 0097
VK Bund, Beschluss vom 20.12.2016 - VK 1-122/16
1. Ob technische Gründe die Unterlassung der Bildung von Fachlosen rechtfertigen, ist anhand des vom öffentlichen Auftraggeber definierten Bedarfs zu prüfen.
2. Technische Gründe für eine Gesamtvergabe sind vor allem dann gegeben, wenn bei einer losweisen Ausschreibung das Risiko besteht, dass der Auftraggeber Teilleistungen erhält, die zwar jeweils ausschreibungskonform sind, aber nicht zusammenpassen und deshalb in ihrer Gesamtheit nicht geeignet sind, den Beschaffungsbedarf in der angestrebten Qualität zu befriedigen.
3. Auch ein höflich formuliertes Schreiben, das mit einer Frage endet, kann die Voraussetzung einer Rüge erfüllen. Voraussetzung ist, dass das Schreiben eine konkrete vergaberechtliche Beanstandung enthält.
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