Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
4933 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2003
VPRRS 2003, 0562VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.06.2003 - 1 VK 29/03
Die Nichtigkeitswirkung des § 13 VgV gilt auch für öffentliche Aufträge, die entgegen einer Ausschreibungspflicht nicht öffentlich ausgeschrieben worden sind.
VolltextVPRRS 2003, 0556
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.07.2003 - 1 VK 30/03
Sind in einem Vergabeverfahren um die Lieferung von Schulbüchern zur Wertung mehrere Bieter zugelassen, die im Rahmen des Buchpreisbindungsgesetzes und auf der Grundlage des LV hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit offensichtlich gleichwertige Angebote eingereicht haben, hat die Vergabe per Losentscheid Vorrang. Sie ist eine Ausprägung der prononcierten Mittelstandsfreundlichkeit des deutschen Vergaberechts. Rechtspolitische Intention der Vorschriften über die Losvergabe ist die Förderung des Mittelstandes, ohne dass dies einen Anspruch auf Bevorzugung beinhaltet.
VolltextVPRRS 2003, 0553
VK Arnsberg, Beschluss vom 02.07.2003 - VK 2-14/2003
Die Zusage eines Zahlungszieles im Zusammenhang mit einer Ausschreibung preisgebundener Bücher (Schulbuchbestellungen) ist eine zulässige handelsübliche Nebenleistung nach § 7 Abs. 4 Ziff. 4 BPrG, auch wenn im Einzelfall ein Zahlungsziel über 60 Tage angeboten wird.*)
VolltextVPRRS 2003, 0547
OLG Celle, Beschluss vom 29.08.2003 - 13 Verg 15/03
In Fällen, in denen im Rahmen einer Ausschreibung im offenen Verfahren aus dringenden Gründen übergangsweise eine befristete freihändige Vergabe der ausgeschriebenen Leistungen erforderlich ist, kann ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Nachprüfung dieser freihändigen Vergabe bestehen.
In derartigen Fällen können auf Antrag auch vorläufige Maßnahmen nach § 115 Abs. 3 GWB getroffen werden.
VolltextVPRRS 2003, 0546
VK Sachsen, Beschluss vom 18.06.2003 - 1/SVK/042-03
1. Das Formerfordernis der Rüge eines Vergabeverstoßes beim Auftraggeber gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 GWB wird auch durch eine mündliche Rüge gegenüber einem verantwortlichen Vertreter des Auftraggebers erfüllt.
2. Ist das Angebot eines Bieters vor dem Hintergrund vielfacher Abfragen des Auftraggebers zu angebotenen Leitfabrikaten und -typen im Leistungsverzeichnis wegen hunderter fehlender Angaben lückenhaft, widersprüchlich und somit für den Auftraggeber - objektiv gesehen - nicht eindeutig abgefasst, ist es gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 b i. V. m. § 21 Nr. 1 S. 3 VOB/A auszuschließen.
VolltextVPRRS 2003, 0704
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.05.2003 - Verg 20/03
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2003, 0544
OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.08.2003 - 11 Verg 2/02
1. Ein Feststellungsantrag nach den §§ 114, 123 GWB ist unzulässig, wenn der Nachprüfungsantrag seinerseits (z. B. wegen nicht unverzüglicher Rüge, auszuschließendem Angebot, nicht ausreichender Darlegung eines möglichen Schadens, sonst fehlender Antragsbefugnis o. ä.) nicht zulässig war.
2. Eine wirksame Vertragsübernahme nach § 415 Abs. 1 BGB, d. h. die vom Auftraggeber genehmigte vollständige Überleitung von erteilten Aufträgen auf einen neuen Auftragnehmer, stellt grundsätzlich keine de-facto-Vergabe dar und bedarf keiner erneuten Ausschreibung.
VolltextVPRRS 2003, 0541
VK Südbayern, Beschluss vom 25.06.2003 - 16-04/03
1. Gemäß § 108 Abs. 2 GWB muss die Antragsbegründung u. a. eine Beschreibung der behaupteten Rechtsverletzung mit Sachverhaltsdarstellung enthalten. Dies hat zumindest so umfassend zu erfolgen, dass die Vergabekammer die Antragsbefugnis feststellen kann. Fehlt es daran, ist der Antrag sowohl wegen eines Verstoßes gegen § 108 als auch gegen § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB unzulässig. Ungeachtet des Untersuchungsgrundsatzes gemäß § 110 GWB folgt daraus, dass die diesbezügliche Darlegungslast bei dem antragstellenden Unternehmen liegt.*)
2. Die Rügeobliegenheit besteht nur im Vergabe-, nicht im Nachprüfungsverfahren. Eine Obliegenheit zur (unverzüglichen) "außergerichtlichten" Erklärung einer Rüge entsteht somit nicht mehr, wenn ein Antragsteller während des Nachprüfungsverfahrens, das er wegen eines anderen Vergaberechtsverstoßes beantragt hat, von einem weiteren Verstoß Kenntnis erlangt, den er nunmehr - zulässigerweise - in das Verfahren einbringen will (§ 107 GWB).*)
VolltextVPRRS 2003, 0540
VK Südbayern, Beschluss vom 13.03.2003 - 05-02/03
1. Zu einer Zwischenentscheidung darüber, dass sich das auf die Gewährung von Primärrechtsschutz gerichtete Vergabenachprüfungsverfahren infolge Zuschlagserteilung erledigt hat.*)
2. Gemäß § 115 Abs. 1 GWB darf nach Zustellung eines Antrages auf Nachprüfung an den Auftraggeber dieser vor einer Entscheidung der Vergabekammer und den Ablauf der Beschwerdefrist den Zuschlag nicht erteilen. Unter Zustellung i. S. des § 115 Abs. 1 GWB ist nur die förmliche Zustellung nach dem VwZG bzw. den Verwaltungszustellungsgesetzen der Länder gemeint. Eine formlose Bekanntgabe genügt daher nicht, um das Zuschlagsverbot auszulösen. Die Zustellung muss ferner an den richtigen Adressaten bewirkt worden sein, wenn der "richtige Auftraggeber" von dem Antrag Kenntnis erlangt. Aus diesem Grund sieht § 108 Abs. 2 GWB vor, dass die Antragsbegründung die Bezeichnung des Antragsgegners, im Regelfall der Auftraggeber, enthalten muss. Dies soll der Vergabekammer die Zustellung des Nachprüfungsantrages nach § 110 Abs. 2 GWB und damit auch die Anforderung der Vergabeakten ermöglichen.*)
3. Wird der Nachprüfungsantrag an die Vergabestelle zugestellt und braucht sich die Antragsgegnerin dies nach den hier anzuwendenden allgemeinen Verfahrensregeln des Art. 14 Abs. 1 BayVwVfG (Verfahrensvollmacht) nicht zurechnen zu lassen, ist sie nicht gemäß § 115 Abs. 1 GWB gehindert, wirksam einen Vertrag über die streitgegenständliche Leistung zu schließen.*)
4. Ein Feststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB ist dann nicht mehr zulässig, wenn die Erledigung durch Zuschlagserteilung bereits vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer erfolgt ist.*)
5. Zur Vorgehensweise der Vergabekammer bei einer falschen Benennung des Antragsgegners im Nachprüfungsantrag.*)
VolltextVPRRS 2003, 0538
VK Hamburg, Beschluss vom 14.08.2003 - VgK FB 3/03
1. Die Bindefrist (§ 28 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A) kann nicht nur im Anwendungsbereich der VOB/A, sondern ebenfalls im Anwendungsbereich der VOL/A auch noch nach ihrem Ablauf verlängert werden.
2. Eine Ausschreibung kann aufgehoben werden, wenn sich die Grundlagen der Ausschreibung wesentlich geändert haben. Eine solche Änderung kann auf der Bedarfs- oder der Finanzierungsseite liegen. Mit dem Begriff "wesentlich" wird verdeutlicht, dass die Änderung der Grundlagen der Ausschreibung nicht unbedeutend, sondern einschneidend und nachhaltig sein muss. Erst wenn es für den Auftraggeber unzumutbar erscheint, den Zuschlag auf eines der Angebote zu erteilen, ist diese Schwelle überschritten. Es muss sich stets um außergewöhnliche Umstände handeln.
3. Der Normgeber hat durch die gewählte Zeitform "Perfekt" ("geändert haben") deutlich gemacht, dass es sich um ein Ereignis handeln muss, das bereits stattgefunden hat.
VolltextVPRRS 2003, 0537
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.07.2003 - Verg 20/03
1. Zur Frage des Nachweises der fachlichen Geeignetheit der Mitarbeiter in einem Abschleppunternehmen.
2. An die Nachweisanforderungen für die Eignung eines Bieters in den Ausschreibungsbedingungen ist die Vergabestelle gebunden. Das gebietet die Verpflichtung zu einem transparenten Vergabeverfahren (§ 97 Abs. 1 GWB) und zur Gleichbehandlung aller Bieter (§ 97 Abs. 2 GWB).
3. Ist das Angebot des Bieters auszuschließen, kann der Fortgang des Vergabeverfahrens weder dessen Interessen berühren noch den Bieter durch eine etwaige Nichtbeachtung des Vergaberechts in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB auf Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen verletzen.
4. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist lediglich für den Fall zuzulassen, dass der öffentliche Auftraggeber bei Beachtung des als verletzt gerügten Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht nur das Angebot des antragstellenden Bieters, sondern gleichermaßen auch das alleine in der Wertung verbliebene Angebot des beigeladenen Bieters hätte ausschließen und ein neues Vergabeverfahren hätte durchführen müssen.
VolltextVPRRS 2003, 0534
VK Südbayern, Beschluss vom 17.07.2003 - 24-06/03
1. Nach § 16 Abs. 3 VOF hat der Auftraggeber in der Aufgabenbeschreibung oder der Vergabebekanntmachung alle Auftragskriterien anzugeben, deren Anwendung vorgesehen ist. § 16 Abs. 3 VOF ist nicht lediglich eine Formvorschrift, sondern eine Ordnungsvorschrift. Hieraus folgt, dass § 16 Abs. 3 VOF zwar ein Wahlrecht eröffnet, aber zugleich auch eine Verpflichtung vorgibt, alle Auftragskriterien, deren Anwendung vorgesehen ist, anzugeben. Mit Angabe von Kriterien tritt eine Selbstbindung des Auftraggebers ein. Nach diesem Zeitpunkt ist es vergaberechtswidrig, ein als Auftragskriterium angekündigtes Merkmal wieder fallen zu lassen oder etwa nach Aufforderung zur Angebotsabgabe neue Kriterien einzuführen.*)
2. Zur Wahrung des Transparenzgebotes (§ 97 Abs. 1 GWB) ist ein Vergabeverfahren nach dem sog. Präqualifikationsverfahren und auf Grundlage der überarbeiteten Honorarangebote mit den ausgewählten Bietern zu wiederholen. Hierbei hat die Vergabestelle dann vor einem eventuell erneuten Bietergespräch sämtliche Auftragskriterien, die sie anwenden will (möglichst in der Reihenfolge der Bedeutung und der Gewichtung) allen Bietern bekannt zu geben. Eine erneute Überarbeitung der Honorarangebote muss aus der Sicht der Vergabekammer unterbleiben, da durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze die Antragstellerin und die Beigeladene Kenntnis über die jeweiligen Honorarangebote haben und die anderen zu beteiligenden Bieter hiervon nicht unterrichtet sind.*)
VolltextVPRRS 2003, 0533
OLG Celle, Beschluss vom 19.08.2003 - 13 Verg 20/03
1. Die Gestattung der vorzeitigen Zuschlagserteilung wegen fehlender Erfolgsaussicht kommt nur in solchen Fällen in Betracht, in denen sich die Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags sofort erschließt. Eine weitergehende Berücksichtigung fehlender Erfolgsaussichten im Verfahren nach § 115 Abs. 2 GWB würde das Recht des Antragstellers verletzen, seine Rügen in dem vorgesehenen Nachprüfungsverfahren mit dem Ziel des Primärrechtsschutzes überprüfen zu lassen. Sie würde auch dem Ziel der Beschleunigung des Nachprüfungsverfahrens zuwider laufen.*)
2. Zur Frage, wann das Angebot des Bieters eine Unterschrift, die den gesamten Angebotsinhalt abdeckt, enthält.*)
VolltextVPRRS 2003, 0527
OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.08.2003 - 11 Verg 1/02
1. Einen Feststellungsantrag nach §§ 114, 123 GWB kann nur stellen, wer die Vergabekammer zulässigerweise angerufen hat.*)
2. Hat ein Bieter ein Angebot abgegeben, das bei der ausschließlich am Kriterium des günstigsten Preises ausgerichteten Wertung auf einem der vorderen Plätze liegt und rügt er sodann, die Verdingungsunterlagen enthielten unzulässige, vergaberechtswidrige Anforderungen, so setzt die Darlegung eines eingetretenen oder drohenden Schadens (§ 107 Abs. 2 GWB) voraus, dass die Auswirkungen der gerügten Verstöße auf die Kalkulation des Bieters nachvollziehbar dargelegt werden. Hierzu muss der Antragsteller zumindest plausibel aufzeigen, wie sich ohne die gerügten Verstöße seine Stellung im Wettbewerb gegenüber den übrigen Bietern so verbessert hätte, dass er eine realistische Chance auf Erteilung des Auftrags gehabt hätte.*)
3. Erlöschen sämtliche Angebote, weil die Bindefrist infolge eines Nachprüfungsverfahrens abgelaufen ist und ist der ausgewählte Bieter nach Ablauf der Bindefrist nicht mehr bereit, das Vertragsangebot anzunehmen (§ 28 Nr. 2 VOL/A), so kann dies die Aufhebung der Ausschreibung rechtfertigen.*)
VolltextVPRRS 2003, 0526
OLG Dresden, Beschluss vom 10.07.2003 - WVerg 16/02
1. Nimmt die Vergabestelle mithin von dem ausgeschriebenen Beschaffungsvorhaben endgültig und definitiv Abstand, so spricht alles dafür, dass für ein auf Fortsetzung des Vergabeverfahrens mit dem Ziel der Zuschlagserteilung gerichtetes Nachprüfungsbegehren unter dem Aspekt des Rechtsschutzbedürfnisses kein Raum mehr ist.
2. Wird eine solche "Verzichtserklärung" der Vergabestelle im Verlauf eines Nachprüfungsverfahrens abgegeben, dürfte der ursprüngliche Nachprüfungsantrag damit unzulässig werden, weil die Vergabekammer dann gemäß § 114 Abs. 2 S. 2 GWB auf die Feststellung beschränkt ist, dass die Aufhebung der Ausschreibung Vergabevorschriften verletzt habe.
3. Angebote, die § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A nicht entsprechen, müssen ausgeschlossen werden.
4. Die Wertungsvorschrift des § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A eröffnet schon nach ihrem Wortlaut ("werden ausgeschlossen") kein Wertungsermessen für die Vergabestelle; die Ausschlussentscheidung ist vielmehr zwingend, wenn ihre Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.
5. Allenfalls bei der Beurteilung, ob diese Voraussetzungen auf der Tatbestandsseite gegeben sind, steht der Vergabestelle ein gewisser, der Kontrolle der Nachprüfungsorgane unterliegender Spielraum zu, soweit der Wertungsausschluss an § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A anknüpft.
VolltextVPRRS 2003, 0524
BayObLG, Beschluss vom 01.07.2003 - Verg 3/03
1. Das Zuschlagsverbot nach § 115 Abs. 1 GWB gilt nur bei wirksamer Zustellung des Nachprüfungsantrags an den richtigen Auftraggeber.
2. Zur Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags gegen einen Bevollmächtigten als Auftraggeber.
VolltextVPRRS 2003, 0523
OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.06.2003 - 11 Verg 2/03
1.) Der Ausschluss einer Bietergemeinschaft gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 f) VOL/A setzt den gesicherten Nachweis einer unzulässigen, wettbewerbsbeschränkenden Abrede voraus. Selbst erhebliche Verdachtsmomente reichen nicht aus, sondern erfordern weitere Ermittlungen der Vergabestelle.*)
2.) Auch wenn ein an der Bietergemeinschaft beteiligtes Unternehmen ein selbständiges Angebot hätte abgeben können, liegt eine unzulässige, wettbewerbsbeschränkende Abrede nur dann vor, wenn durch die Beschränkung des damit ausgeschalteten potentiellen Wettbewerbs die Marktverhältnisse beeinflusst werden (Spürbarkeit).*)
3.) Für die Beurteilung von Bietergemeinschaften unter dem Gesichtspunkt der Spürbarkeit ist auch auf die Zahl der insgesamt abgegebenen Angebote abzustellen. Bei einem Wettbewerbsverzicht weniger Unternehmen kann eine Marktbeeinflussung entfallen, wenn noch eine größere Zahl weiterer Angebote abgegeben wird.*)
VolltextVPRRS 2003, 0521
KG, Beschluss vom 10.10.2002 - 2 KartVerg 13/02
1. Von Unternehmen, an die sich mehr als drei Jahre nach In-Kraft-Treten des VgRÄG Vergabebekanntmachungen im Land Berlin zur Beschaffung von Computer-Hardware in Berlin im Frühjahr 2002 richten, kann erwartet werden, dass sie sich der Notwendigkeit der gemeinschaftsweiten Ausschreibung von Beschaffungen, die die einschlägigen Schwellenwerte erreichen und der damit verbundenen Rechtsschutzmöglichkeiten bewusst sind. Für diese Unternehmen ist i. S. v. § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB erkennbar, dass eine nach § 17 VOL/A verfasste Vergabebekanntmachungen kein gemeinschaftsweites Vergabeverfahren einleitet.*)
2. Wird die Wahl der öffentlichen Ausschreibung nach § 3 VOL/A an Stelle des offenen Verfahrens nicht bis zum Ablauf der Angebotsfrist beanstandet, erfasst die Präklusionswirkung die spätere Nichteinhaltung solcher Bestimmungen, die gerade nur bei gemeinschaftsweiter Ausschreibung einzuhalten sind, insbesondere die Nichterteilung der Vorinformation nach § 13 VgV und deren Rechtsfolgen. Der dann nach öffentlicher Ausschreibung geschlossene Vertrag ist nicht wegen unterbliebener Vorinformation nichtig.*)
VolltextVPRRS 2003, 0519
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 05.08.2003 - VK-SH 21/03
1. Wenn der öffentliche Auftraggeber gemeinwirtschaftliche SPNV-Leistungen im Wettbewerb ausschreibt, ist er an die Vorschriften des GWB gebunden.*)
2. Ein vermeintlich fehlerhaftes Angebot eines anderen Bieters stellt keinen gemäß § 107 Abs. 3 GWB zu rügenden Vergabeverstoß dar. Nur eine Entscheidung oder eine Maßnahme der Vergabestelle kann einen Vergabeverstoß darstellen.*)
3. Die Vergabekammer muss erst dann in eine Beweiserhebung eintreten, wenn sie ernsthafte Zweifel am Vorliegen entscheidungserheblicher Tatsachen hat.*)
4. Änderungen oder Ergänzungen im Sinne der §§ 21 Nr. 1 Abs. 3, 23 Nr. 1 lit. d, 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A liegen nur vor, wenn Abweichungen zwischen dem in der Ausschreibung festgelegten "Soll" und dem im Angebot offerierten "Ist" festgestellt werden können. Ob die angebotene Leistung tatsächlich erbracht werden kann, ist dagegen eine Frage der Leistungsfähigkeit.*)
5. Bei der Prüfung, ob ein offenbares Mißverhältnis zwischen Preis und Leistung im Sinne von § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A vorliegt, kommt der Vergabestelle ein Beurteilungsspielraum zu.*)
6. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A hat keinen bieterschützenden Charakter.*)
VolltextVPRRS 2003, 0517
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.05.2003 - Verg 10/03
1. Zur Frage der Auslegung eines Patentes und zur Frage, ob hierdurch ein Ausschließlichkeitsrecht verletzt wird, so dass der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen durchgeführt werden kann.
2. § 3 a Nr. 2 lit. e) VOL/A erlaubt für Ersatz- oder Ergänzungskäufe zu einer früheren Beschaffungsmaßnahme das Verhandlungsverfahren ohne Öffentliche Vergabebekanntmachung nur unter der Bedingung, dass die Beauftragung eines anderen Lieferanten den Erwerb von Waren mit abweichenden technischen Merkmalen zur Folge hätte und diese Abweichungen zu unverhältnismäßigen technischen Schwierigkeiten beim Gebrauch führen würden. Daran fehlt es von vornherein, wenn auch ein drittes Unternehmen (rechtlich und tatsächlich) dazu in der Lage ist, den Ersatz- oder Ergänzungsbedarf zu decken und Waren zu liefern, die mit denjenigen der ursprünglichen Anschaffung identisch sind.
VolltextVPRRS 2003, 0516
OLG Koblenz, Beschluss vom 05.06.2003 - 1 Verg 2/03
1. Allein die Behauptung eines Antragstellers, er (oder sein Vertretungsorgan) habe den behaupteten Vergaberechtsverstoß bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erkannt, reicht jedenfalls dann nicht aus, wenn es hinreichende Anhaltspunkte (oder gar wie hier erdrückende Indizien) für das Gegenteil gibt.
2. Entsprechenden den Wertungsmaßstäben des BGB kann auch bei § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB von einer Kenntnis vom Verstoß in der Regel nur gesprochen werden, wenn dem Bieter einerseits die den Verstoß begründenden Tatsachen bekannt sind und andererseits diese Tatsachen jedenfalls bei objektiver Wertung einen Mangel des Vergabeverfahrens darstellen. Ist hierfür eine rechtliche Wertung erforderlich, muss diese jedenfalls nach der gängigen praktischen Handhabung oder einer Parallelwertung in der Laiensphäre zu einem Verstoß gegen Vergabevorschriften führen.
3. Die praktische Umsetzung dieser Grundsätze in einem zu diesem Punkt streitigen Nachprüfungsverfahren muss, da niemand die Gedanken eines anderen Menschen verifizieren kann, an der objektiven Tatsachenlage anknüpfen. Lässt diese bei lebensnaher Beurteilung nur den Schluss zu, dass der Antragsteller den geltendgemachten Vergaberechtsverstoß bereits zu einem bestimmten (frühen) Zeitpunkt erkannt (oder sich mutwillig der Erkenntnis verschlossen) hatte, so obliegt es ihm - wie sich auch aus § 108 Abs. 2 GWB ableiten lässt -, dies zu entkräften. Für die dem zugrunde liegenden Tatsachen trägt er die Darlegungs- und Beweislast.
VolltextIBRRS 2003, 2009; IMRRS 2003, 0827
BVerwG, Beschluss vom 23.11.1998 - 8 B 173.98
Die durch § 3 Abs. 2 Satz 2 AbfG bzw. § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG ermöglichte Beauftragung privater Dritter mit der Erfüllung von Entsorgungspflichten darf nicht über das kommunale Gebührenrecht faktisch gänzlich ausgeschlossen werden.*)
VolltextVPRRS 2003, 0515
VK Sachsen, Beschluss vom 12.03.2003 - 1/SVK/010-03
1. Ähnlich wie die Parallelregelung des § 42 Abs. 2 VwGO muss es für die Antragsbefugnis und somit die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages ausreichen, dass der Antragsteller darlegt, dass er durch die (behauptete) Nichtbeachtung von Vergabevorschriften in seinen Rechten verletzt sein könnte. Ob der Antragsteller tatsächlich in seinen Rechten verletzt ist, ist ebenso wie im Verwaltungsprozess eine Frage der Begründetheit des Antrags, was § 114 Abs. 1 GWB verdeutlicht.
2. Mangels gesetzlicher Regelung kann eine möglicherweise nicht mehr unverzügliche Begründung eines gestellten Antrags nach rechtlichen Hinweisen auf (noch) bestehende Mängel im Antrag nicht zur Unzulässigkeit des Antrags, sondern allenfalls zu kostenrechtlichen Nachteilen wegen Verstoßes gegen das auch den Antragsteller betreffende Beschleunigungsgebot des § 113 GWB führen.
3. Voraussetzung für einen zwingenden Angebotsausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. f VOL/A ist der konkrete Nachweis, dass eine Abrede in bezug auf die konkrete Vergabe im Sinn und mit dem Zweck einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung getroffen worden ist. Reine Vermutungen auf getroffene Abreden erfüllen diesen Tatbestand keinesfalls.
4. Mit der Weitergabe von Informationen an einen Konkurrenten allein ist keine Abrede, zumal keine im Hinblick auf die Vergabe, verbunden, da diese Unterlagen auch unverlangt erhalten worden sein können.
5. Das Verhandlungsverfahren nach § 101 Abs. 4 GWB ist nur geringen formalen Anforderungen unterworfen. Dabei erkennt die Rechtsprechung an, dass das Verhandlungsverfahren in Stadien verlaufen kann, nach deren jeweiligem Ende Unternehmen ausscheiden, beispielsweise, weil sie technisch nicht die gewünschte Leistung erbringen können oder wollen.
6. Zur Frage der hinreichenden Dokumentation, wenn aus sachlichen Gründen (hier: mangelnde konkrete Eignung des Systems unter Einsatzbedingungen, aufgrund neuerer Erkenntnisse im Konkreten) der Antragsteller im laufenden Verhandlungsverfahren nach § 101 Abs. 4 GWB, § 3a VOL/A nicht berücksichtigt wird.
VolltextVPRRS 2003, 0511
VK Sachsen, Beschluss vom 16.04.2003 - 1/SVK/027-03
An den Inhalt einer Rüge sind grundsätzlich keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Für das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rüge gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 GWB ist es aber erforderlich, dass der Rügende hinreichend deutlich eine Missbilligung des Verhaltens des Auftraggebers äußert. Bloße Meinungsäußerungen reichen nicht.*)
VolltextVPRRS 2003, 0510
VK Sachsen, Beschluss vom 23.05.2003 - 1/SVK/030-03
1. Die Regelung des § 13 VgV ist verletzt, wenn das Vorinformationsschreiben a) keine Aussagen zu nicht gewerteten Nebenangeboten enthält, obwohl das eigens verwendete Informationsmuster eine entsprechende Spalte enthält oder b) die Vorinformation schon zu einem Zeitpunkt abgesandt wird, zu dem vom entscheidungsbefugten Auswahlgremium noch gar keine verbindliche Auswahlentscheidung vorliegt.*)
2. Nebenangebote werden können aufgrund von eines von der Rechtsprechung entwickelten Prüfungskanons in einem fünfstufigen Wertungsvorgang geprüft werden. Zunächst ist festzustellen, ob Nebenangebote überhaupt zugelassen waren; danach erfolgt die Prüfung, ob das Nebenangebot die Mindestbedingungen des Leistungsverzeichnisses erfüllt. Im nächsten Schritt ist zu klären, ob das Nebenangebot in der Fassung der Angebotsabgabe den Nachweis der Gleichwertigkeit erbracht hat. Daran schließt sich die Prüfung an, ob die behauptete Gleichwertigkeit auch objektiv gegeben ist. Erst im abschließenden fünften Schritt findet ein Wirtschaftlichkeitsvergleich des danach - zu wertenden - Nebenangebots gegenüber dem wirtschaftlichsten Hauptangebot oder anderen - wertbaren - Nebenangeboten statt. Liegt der Antragsteller preislich auf Platz zwei und kann er im Hinblick auf andere Zuschlagskriterien auf Vorteile gegenüber dem preisbesten Unternehmen verweisen, ist er durch eine derart verkürzte Wirtschaftlichkeitsprüfung in seinen Rechten nach §§ 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt.*)
3. Durch die Angabe von Zuschlagskriterien nach §§ 10 a , 25 a VOB/A engt der Auftraggeber seinen Beurteilungsspielraum für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gemäß § 97 Abs. 5 GWB, § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A ein. Er darf fürderhin keine nicht vorher transparent gemachten Zuschlagskriterien für seine schlussendliche Auswahlentscheidung heran ziehen. Umgekehrt ist er aber auch verpflichtet, alle bekannt gemachten Zuschlagskriterien - und nicht nur den Preis - auf die Angebote (der engeren Wahl) anzuwenden. Liegt der Antragsteller preislich mit seinem Angebot auf Platz zwei und kann er im Hinblick auf andere Zuschlagskriterien auf Vorteile gegenüber dem preisbesten Unternehmen verweisen, so ist er durch eine derart verkürzte Wirtschaftlichkeitsprüfung (Wertungsausfall) in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7, 114 Abs. 1 GWB verletzt.*)
4. Es liegt ein vergaberechtswidriger Koppelungsnachlass vor, wenn der Bieter versucht, mit einer Nachlassgewährung in einem später submittierten Los ein vorliegendes Wettbewerbsergebnis in einem vorherigen Los zu unterlaufen. Dies ist z. B. der Fall, wenn bei Angebotsabgabe für die Bauleistung x (mit Koppelungsnachlass) das Ergebnis für das schon submittierte Baulos y bekannt ist und der Nachlassbieter dort nicht der Wettbewerbsgewinner ist, dies aber unter Einbeziehung des Koppelungsnachlasses bei einer Zusammenschau beider Lose ggf. würde. Dasselbe muss gelten, wenn die Ausschreibung zum Los y aufgehoben wird und ein Bieter aufgrund des Wegfalls der Bindungswirkung für sein Altangebot im nachfolgenden Verhandlungsverfahren die Gelegenheit erhält, durch zielgerichtete Ausgestaltung seines aktuellen Verhandlungsangebotes die Voraussetzungen für die Einbeziehung eines Koppelungsnachlasses zu bewirken und damit - unter Einbeziehung des Koppelungsnachlasses - auch im zweiten Los wirtschaftlichster Bieter zu werden.*)
VolltextVPRRS 2003, 0508
VK Sachsen, Beschluss vom 16.05.2003 - 1/SVK/035-03
1. Dienstleistungen der Kategorie Eisenbahnen (Kategorie 18 im Anhang I B des Abschnitts 3 der VOL/A) sind lediglich nach den §§ 8 b und 28 b sowie den sog. Basisparagraphen zu vergeben. Nichtsdestotrotz unterliegen derartige Vergaben der - insoweit beschränkten - Nachprüfung durch Vergabekammern und Oberlandesgerichte. Die allgemeinen Grundsätze des § 97 GWB (insbesondere das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB und das Gleichbehandlungsgebot des § 97 Abs. 2 GWB) sind jedoch auch dort zu beachten.*)
2. Eine Rüge gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 GWB ist für den Antragsteller entbehrlich, wenn der Auftraggeber kein förmliches Vergabeverfahren durchführt, sondern bisher lediglich unverbindliche Preissondierungen durchgeführt hat.*)
3. Die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB fehlt, wenn der Antragsteller keinen individualrechtlichen - gerade diesem Unternehmen drohenden - Schaden darlegen kann. Dies ist der Fall, wenn der Antragsteller das auch in § 7 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A geforderte Erfordernis einer gewerbsmäßigen Ausführung von Leistungen der ausgeschriebenen Art nicht erfüllt. Wenn der Antragsteller - den gerügten Vergaberechtsverstoß zu seinen Lasten hinweg gedacht - gleichwohl keine Chance darauf hat, sich bei der zu treffenden und begehrten Vergabeentscheidung gegen evtl. Mitbewerber durch zu setzen, fehlt ihm das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens.*)
4. Sowohl vergaberechtlich als auch eisenbahnrechtlich können nur geeignete (zuverlässige, fachkundige und leistungsfähige, § 97 Abs. 4 GWB, § 6 AEG) Unternehmen im Wettbewerb um Dienstleistungen der Kategorie Eisenbahnen Beachtung finden. Eine derartige Eignung fehlt, wenn lediglich auf einen imaginären und nicht namentlich benannten Mitgesellschafter innerhalb einer noch nicht wirksam gegründeten Gesellschaft verwiesen wird, ohne dass entsprechende Referenzen vorgelegt werden.*)
5. Gemäß § 128 Abs. 2 S. 2 GWB kann die Verfahrensgebühr der Vergabekammer aus Billigkeitsgründen ermäßigt werden. Mangels Zustellung eines Nachprüfungsantrages, aufgrund einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und ohne Beiladung dritter Unternehmen kann eine Ermäßigung auf 50 % der Regelgebühr angezeigt sein.*)
VolltextVPRRS 2003, 0507
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.07.2003 - Verg 26/03
1. Bei einem Verzicht auf die Abgabe eines Angebots ist eine Antragsbefugnis nicht nur dann gegeben, wenn der Unternehmer gerade durch den gerügten Vergaberechtsverstoß an der Abgabe oder sogar schon an der Erstellung eines Angebots gehindert worden ist, und wenn der Unternehmer - sofern der geltend gemachte Vergabefehler nicht bereits einer Angebotskalkulation entgegen gestanden habe - darüber hinaus darlegt, welches Angebot er in einem fehlerfrei durchgeführten Vergabeverfahren abgegeben hätte (so etwa OLG Koblenz, IBR 2000, 472). Einzubeziehen sind vielmehr darüber hinaus auch alle diejenigen Fallgestaltungen, in denen der antragstellenden Partei zwar an sich eine Angebotsabgabe möglich gewesen wäre, sich aber bei verständiger Betrachtung die Ausarbeitung eines Angebots angesichts der reklamierten - und als zutreffend zu unterstellenden - Beanstandungen des Vergabeverfahrens als ein nutzloser Aufwand darstellen würde.
2. Benötigt der Bieter für die Herrichtung oder den Betrieb seiner technischen Ausrüstung eine behördliche Genehmigung, ist er nur bei Vorliegen dieser Genehmigung leistungsfähig.
3. Zu der Frage, ob die Forderung des Auftraggebers, spätestens bei Zuschlagserteilung eine Genehmigung für eine Abfallbehandlungsanlage vorzuweisen, obwohl die ausgeschriebenen Abfallentsorgungsdienste erst rund 2 Jahre nach Vertragsabschluss beginnen sollen, vergaberechtswidrig ist.
4. Aus § 7a Nr. 2 Abs. 3 Satz 1 VOL/A kann nicht die Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers hergeleitet werden, sämtliche Einzelheiten seiner Nachweisforderung schon in der Bekanntmachung anzugeben. Es reicht vielmehr aus, wenn der Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung angibt, welche der in § 7a Nr. 2 Abs. 1 und 2 VOL/A aufgeführten Nachweise er von den Bietern fordert.
5. Die Übertragung eines ungewöhnlichen Wagnisses liegt vor, wenn dem Auftragnehmer Risiken aufgebürdet werden, die er nach der in dem jeweiligen Vertragstyp üblicherweise geltenden Wagnisverteilung an sich nicht zu tragen hat. Die Vorschrift findet deshalb von vornherein auf solche Risiken keine Anwendung, die vertragstypisch ohnehin den Auftragnehmer treffen. Das gilt namentlich für das Leistungs- und Erfüllungsrisiko.
VolltextVPRRS 2003, 0499
VK Nordbayern, Beschluss vom 27.06.2003 - 320.VK-3194-20/03
1. Der Auftraggeber hat in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung alle Zuschlagskriterien anzugeben, deren Verwendung er vorsieht (§ 9a VOL/A). Die benannten Zuschlagskriterien sind die entscheidenden Wertungsmerkmale für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes und demnach einzig maßgebend für die Erteilung des Auftrags.*)
2. Die Kriterien "Leistungsfähigkeit" und "Zuverlässigkeit" sind keine Wirtschaftlichkeitskriterien, sondern im Rahmen der Eignungsprüfung nach § 25 Nr. 2 VOL/A zu berücksichtigen.*)
3. Ist ein Wertungsunterschied der Angebote nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht gegeben (hier: preisgebundene Schulbücher mit einheitlichem Rabatt), kann eine Zuschlagsentscheidung mit dem bekannt gegeben Kriterium "Preis" nicht begründet werden. In einem solchen Fall ist eine diskriminierungsfreie, die Gleichbehandlung der Bieter wahrende Auswahlmethode anzuwenden (z.B. Losverfahren).*)
VolltextVPRRS 2003, 0496
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2003 - Verg 64/02
1. Kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht, den Rechtsverstoß der Vergabestelle zu eliminieren, muss die Vergabekammer diejenige auswählen, welche die Interessen der Beteiligten möglichst wenig beeinträchtigt.
2. Dementsprechend kommt eine Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers, die Ausschreibung aufzuheben, im Allgemeinen nur dann in Betracht, wenn dies unabweislich ist und keine milderen Maßnahmen zur Verfügung stehen, um den festgestellten Vergabefehler zu beseitigen. Dies ist regelmäßig dann nicht der Fall, wenn lediglich die Angebotswertung fehlerhaft durchgeführt worden ist.
3. Verdingungsunterlagen sind der Auslegung zugänglich. Ihr Inhalt bestimmt sich nach den objektivierten Verständnismöglichkeiten des durch die Ausschreibung insgesamt angesprochenen Empfängerkreises.
VPRRS 2003, 0495
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2003 - Verg 61/02
1. Es kann nur durch eine objektiv gewichtige Gefährdung oder Beeinträchtigung der Sicherheitslage gerechtfertigt sein, von einer Anwendung der Bestimmungen des Vergaberechts abzusehen.
2. Auch in einem Fall, in dem die Sicherheitsbelange des Staates dem Grunde nach schwerer wiegen als die Bieterinteressen, hat der öffentliche Auftraggeber darüber hinaus diejenige Art der Vergabe zu wählen, die die geringstmöglichen Einschränkungen für die Bieter mit sich bringt, gleichwohl aber das staatliche Sicherheitsinteresse wahrt.
3. Für die Vorabinformationspflicht des § 13 VgV ist allein die objektive Rechtslage entscheidend.
4. Die Vergabestelle verstößt gegen das Transparenzgebot, wenn sie die Angebote der Bieter einer unzulässigen Prüfung anhand einer Bewertungsmatrix unterzieht, die den Bietern zuvor nicht bekannt gegeben worden ist.
5. Ein Nebenangebot, das nicht gleichwertig ist, ist auszuschließen.
VolltextVPRRS 2003, 0494
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.05.2003 - Verg 16/03
Ob die Vergabestelle ein Angebot, das bereits in die Wirtschaftlichkeitsprüfung gelangt ist, nachträglich wegen fehlender Zuverlässigkeit, fachlicher Eignung oder Leistungsfähigkeit des Bieters ausschließen darf, hängt davon ab, ob das Angebot aufgrund eines zwingenden (gesetzlichen) Ausschlussgrundes oder einer Ermessensentscheidung erfolgen soll. Nur in ersterem Fall ist noch ein Ausschluss möglich.
VolltextVPRRS 2003, 0493
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.05.2003 - Verg 14/03
1. Genügt das Angebot eines Bieters nicht den Anforderungen der Leistungsbeschreibung, so ist es nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 auszuschließen.
2. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die im Vergabenachprüfungsverfahren erfolglose Antragstellerin in analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO dann mit den Kosten der beigeladenen Partei zu belasten, wenn sie sich mit ihrem Nachprüfungsantrag ausdrücklich, gewollt und bewusst in einen Interessengegensatz zur Beigeladenen gestellt hat und sich ferner die Beigeladene aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat, indem sie erfolgreich Anträge nebst Begründungen gestellt oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat.
VolltextVPRRS 2003, 0487
OLG Bremen, Beschluss vom 07.01.2003 - Verg 2/2002
1. Die Vergabestelle kann eine unzulässige Aufhebung einer Ausschreibung selbst aufheben.
2. Aufhebungen sind unzulässig, wenn sie nicht auf einen der drei untergesetzlichen Aufhebungsgründe gestützt werden können.
VolltextVPRRS 2003, 0483
OLG Bremen, Beschluss vom 07.01.2003 - Verg 2/02
1. Die Vergabestelle kann eine unzulässige Aufhebung einer Ausschreibung selbst aufheben.
2. Aufhebungen sind unzulässig, wenn sie nicht auf einen der drei untergesetzlichen Aufhebungsgründe gestützt werden können.
VolltextVPRRS 2003, 0482
VK Lüneburg, Beschluss vom 02.04.2003 - 203-VgK-08/2003
1. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen.
2. Gemäß § 17 Nr. 1 Abs. 2 lit. c VOL/A soll bereits die Bekanntmachung zur öffentlichen Ausschreibung unter anderem mindestens Angaben zu Art und Umfang der Leistung sowie den Ort der Leistung enthalten. Angaben über Art und Umfang der Leistung sind für den Bieter entscheidend. Darunter ist sowohl die Qualität (Beschaffenheit) als auch die Quantität (Menge) der Leistung zu verstehen.
3. Bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gemäß § 25 Nr. 3 VOL/A kann und muss der Auftraggeber nur solche Mengen und Massen zu Grunde legen, die er im Leistungsverzeichnis auch vorgegeben hat.
4. Hat der Auftraggeber auf jegliche Angabe zur voraussichtlichen Anzahl der für die im Leistungsverzeichnis aufgelisteten Fahrtstrecken verzichtet, durfte und darf er konsequenterweise derartige Mengen- und Vordersätze auch nicht bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes gemäß § 25 Nr. 3 VOL/A berücksichtigen.
5. Die Vergabestelle soll über die objektiven Ausschlussgründe des § 25 Nr. 1 VOL/A hinaus Bieter aussortieren, von deren persönlicher oder fachlicher Eignung sie nicht überzeugt ist. Dabei geht es um eine eingehende Prüfung, die den Rahmen des Ausschlussgrundes § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. b i.V.m. 7 Nr. 5 VOL/A übersteigt.
6. Grundsätzlich steht dem Auftraggeber bei der Bewertung der Eignung der Bieter ein weiter Ermessensspielraum zu. Dieser engt sich nur dann ein, wenn er selbst dieses weite Ermessen durch Angabe von Mindestvoraussetzungen einschränkt. Er ist dann an diese Voraussetzungen gebunden und darf nicht nachträglich von ihnen abweichen.
7. Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass der Auftraggeber bei solchen Bietern, die bereits für ihn tätig gewesen sind, auf die entsprechenden Eignungsnachweise verzichtet. Dies ist aber nicht der Fall, wenn der an dem streitbefangenen Vergabeverfahren beteiligte Bieter in seiner Zusammensetzung nicht identisch ist mit der Arbeitsgemeinschaft, die zurzeit, im Rahmen des laufenden Vertragsverhältnisses, die entsprechenden Transporte für den Auftraggeber durchführt.
8. Gemäß § 7 Nr. 5 können Unternehmen von der Teilnahme am Wettbewerb unter anderem ausgeschlossen werden, über deren Vermögen das Konkursverfahren oder das Vergleichsverfahren eröffnet oder die Eröffnung beantragt worden ist (lit. a) oder die sich in Liquidation befinden (lit. b). Eine eidesstattliche Versicherung über die Vermögenslosigkeit ist mit einem Konkursverfahren oder einem Vergleichsverfahren zumindest gleichzusetzen.
9. Die Vorgabe des Gemeinsamen Erlasses des Niedersächsischen MW und des MI, dass bei einer Abweichung von 10 % zum nächsthöheren Angebot sich die Vergabestelle zwingend mit der Kalkulation des billigsten Angebotes auseinandersetzen muss, bezieht sich ausdrücklich nur auf Vergaben im VOB-Bereich, wo der Markt so gefestigt ist, dass größere Abweichungen nicht so häufig vorkommen und sich der Vergabestelle nicht ohne weiteres erschließen.
VolltextVPRRS 2003, 0481
VK Lüneburg, Beschluss vom 24.03.2003 - 203-VgK-07/2003
1. § 107 Abs. 2 Satz 1 ist dahingehend auszulegen, dass nur ein Interesse am Erhalt eines Auftrags eine Antragsbefugnis zu begründen vermag. Das bedeutet, dass im offenen Verfahren Bieter und im nicht offenen Verfahren oder Verhandlungsverfahren darüber hinaus auch Bewerber oder Teilnehmer wie auch potenzielle Bewerber oder Teilnehmer antragsbefugt sein können. Dagegen sind Subunternehmer bzw. Lieferanten, die allenfalls ein mittelbares Interesse am Auftrag haben, von der Antragsbefugnis ausgenommen.
2. § 107 Abs. 3 GWB räumt den Bietern im Vergabeverfahren kein Ermessen dahingehend ein, ob eine Rüge vor Anrufung der Vergabekammer Aussicht auf Erfolg verspricht, sinnvoll ist oder nicht.
VolltextVPRRS 2003, 0480
VK Lüneburg, Beschluss vom 12.03.2003 - 203-VgK-04/2003
1. Eine Entscheidung über die Vergabe einer Dienstleistungskonzession oder den Abschluss eines Mietvertrages fällt nicht unter das Vergaberecht, da es sich nicht um einen entgeltlichen Vertrag im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 4 GWB handelt, der öffentlich vergeben werden muss.
2. Die Überlassung von Werbeträgern zur eigenen Nutzung gegen Entgelt stellt keinen öffentlichen Dienstleistungsauftrag im Sinne des § 99 GWB, sondern einen Mietvertrag oder allenfalls eine Dienstleistungskonzession dar.
VolltextVPRRS 2003, 0479
VK Lüneburg, Beschluss vom 10.03.2003 - 203-VgK-01/2003
1. Indem der Auftraggeber 16 Einzelpositionen des Leistungsverzeichnisses als Bedarfspositionen behandelt, obwohl er diese im Leistungsverzeichnis nicht als Bedarfspositionen gekennzeichnet hat, verstößt er gegen die Verpflichtungen aus § 9 Nr. 1, 2 und 3 VOB/A
2. Es ist eine nach § 30 Nr. 1 VOB/A zwingende Pflicht des Auftraggebers, die Auswahlentscheidung als wesentliche Entscheidung in nachvollziehbarer Weise zu dokumentieren, um für den Bewerber die erforderliche Überprüfbarkeit zu gewährleisten. Eine fehlende Dokumentation wesentlicher Schritte bis zur Vergabeentscheidung ist daher rechtsfehlerhaft und führt zu einer Nichtvollziehbarkeit der getroffenen Entscheidung.
3. In Niedersachsen ist per Erlass geregelt, dass bei einer Abweichung von 10 % zum nächsthöheren Angebot sich der Auftraggeber als Vergabestelle zwingend mit der Kalkulation des billigsten Angebots auseinandersetzen muss. Dem Bieter ist aufzugeben, die ordnungsgemäße Kalkulation seines Angebotes schlüssig nachzuweisen.
VolltextVPRRS 2003, 0475
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.04.2003 - Verg 66/02
1. Zum Begriff des öffentlichen (Dienstleistungs-)Auftrags gemäß § 99 Abs. 1 GWB.
2. Dem Bieter steht nach Kenntnisnahme von dem reklamierten Vergaberechtsverstoß - d.h. der sie begründenden Tatsachen und einer zumindest laienhaften Wertung, dass es sich um ein vergaberechtlich zu beanstandendes Verhalten handelt - im allgemeinen eine Zeitspanne von maximal zwei Wochen zur Verfügung, um seine Rüge anzubringen. Es handelt sich um eine Höchstfrist, die nach den jeweiligen Umständen des Falles auch kürzer bemessen sein kann.
3. Erforderlich für eine Verlängerung der Zuschlagsfrist ist das Vorliegen rechtfertigender Gründe, sie können etwa in einem erhöhten Wertungsaufwand oder in der durch Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahren eingetretenen zeitlichen Verzögerung des Vergabeverfahrens liegen.
4. Normen, die beispielsweise die Durchführung öffentlicher Aufträge, nicht aber das Vergabeverfahren betreffen, gehören nicht zu den Vergabebestimmungen, deren Einhaltung gemäß § 97 Abs. 7 GWB verlangt werden kann.
5. § 16 Abs. 1 Nr. 3 VgV untersagt nach seinem klaren Wortlaut lediglich, dass die näher bezeichneten (voreingenommenen) Personen an "Entscheidungen" in einem Vergabeverfahren mitwirken. Die schlichte Informationserteilung wird von dem Mitwirkungsverbot nicht erfasst. Das entspricht im Übrigen auch ausdrücklich der Begründung des Regierungsentwurfs zur Vergabeverordnung.
6. Zur Frage der Zuverlässigkeit eines Bieters.
VolltextVPRRS 2003, 0472
VK Sachsen, Beschluss vom 02.07.2003 - 1/SVK/062-03
1. Die Merkmale Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit sind keine tauglichen Zuschlagskriterien nach § 97 Abs. 5 GWB, §§ 25 Nr. 3, 9 a VOL/A, da sie die Eignung des Bieters und nicht die Wirtschaftlichkeit des Angebotes betreffen.*)
2. Die Ortsansässigkeit eines Bieters stellt grundsätzlich ein unzulässiges Zuschlagskriterium nach §§ 97 Abs. 5 GWB, § 25 Nr. 3, § 9 a VOL/A dar.*)
3. Die Regelungen des Gesetzes zur Regelung der Preisbindung bei Verlagserzeugnissen (BuchPrG) sind auch in die vergaberechtliche Beurteilung der Beschaffung von Schulbüchern einzubeziehen, wenn der Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen auf einzuhaltende Vorgaben jenes Gesetzes ausdrücklich hingewiesen hatte und sie somit zum Bestandteil der Ausschreibung gemacht hat.*)
4. Bei der Beschaffung von Schulbüchern verliert das Zuschlagskriterium Preis aufgrund vorgegebenen Preises (§§ 3, 5 BuchPrG) als auch erlaubter Nachlässe (§ 7 Abs. 3 BuchPrG) seinen Auswahlcharakter im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nahezu vollständig. Die Auswahl hat dem gemäß vorrangig anhand anderer zulässiger Zuschlagskriterien nach § 9 a VOL/A zu erfolgen. Diese Konstellation entbindet den Auftraggeber aber mangels gesetzlicher Ermächtigung nicht von der grundsätzlichen Ausschreibungspflicht nach § 101 Abs. 5 GWB, § 3 a VOL/A.*)
5. § 7 Abs. 3 BuchPrG hindert die Anwendung des § 7 Abs. 4 BuchPrG (aufgrund klaren Wortlauts jener allgemeinen Ausnahmeregelung zu § 3 BuchPrG) bei Schulbuchbeschaffungen nicht.*)
6. Es entspricht - insbesondere nach der bisherigen einschlägigen Rechtsprechung - den üblichen Gepflogenheiten und Handelsbräuchen, dass ein Zahlungsziel von bis zu 60 Tagen noch nicht als mittelbarer Verstoß gegen die Buchpreisbindung anzusehen ist.*)
VolltextVPRRS 2003, 0471
VK Sachsen, Beschluss vom 02.07.2003 - 1/SVK/061-03
1. Aufgrund der vierzehntägigen Vorinformationsfrist des § 13 VgV kann der Antragsteller bei seiner - unverzüglichen - Rüge beim Auftraggeber nach § 107 Abs. 3 S. 1 GWB im Regelfall nicht eine nahezu gleich lange Frist verstreichen lassen, um dann - nahezu zeitgleich - die Rüge beim Auftraggeber und den Antrag bei der Vergabekammer zu stellen. Das Kriterium der Unverzüglichkeit der Rüge nach Erkennen eines Vergaberechtsverstoßes ist immer einzelfallbezogen zu betrachten. Die in der Rechtsprechung entwickelte (Maximal-)Frist von bis zu vierzehn Tagen ist von vornherein auf schwierige Ausnahmefälle beschränkt.*)
2. Die Tatsache einer nahezu zeitgleichen Rüge beim Auftraggeber und Antragstellung bei der Vergabekammer widerspricht zwar der Intention des Gesetzgebers nach einer Abhilfemöglichkeit des Auftraggebers vor Anrufung der Vergabekammer durch den Antragsteller. Mangels gesetzlicher Grundlage (vgl. §§ 107, 108 GWB) führt diese Verfahrensweise aber nicht zur Unzulässigkeit eines Nachprüfungsantrages.*)
3. Die Merkmale Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit sind keine tauglichen Zuschlagskriterien nach § 97 Abs. 5 GWB, §§ 25 Nr. 3, 9 a VOL/A, da sie die Eignung des Bieters und nicht die Wirtschaftlichkeit des Angebotes betreffen.*)
4. Die Ortsansässigkeit eines Bieters stellt grundsätzlich ein unzulässiges Zuschlagskriterium nach § 97 Abs. 5 GWB, §§ 25 Nr. 3, 9 a VOL/A dar.*)
5. Die Regelungen des Gesetzes zur Regelung der Preisbindung bei Verlagserzeugnissen (BuchPrG) sind auch in die vergaberechtliche Beurteilung der Beschaffung von Schulbüchern einzubeziehen, wenn der Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen auf einzuhaltende Vorgaben jenes Gesetzes ausdrücklich hingewiesen hatte und somit zum Bestandteil der Ausschreibung gemacht hat.*)
6. Bei der Beschaffung von Schulbüchern verliert das Zuschlagskriterium Preis aufgrund vorgegebenen Preises für das Schulbuch selber (§ 3, 5 BuchPrG) als auch erlaubter Nachlässe (§ 7 Abs. 3 BuchPrG) seinen Auswahlcharakter im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nahezu vollständig. Die Auswahl hat dem gemäß vorrangig anhand anderer zulässiger Zuschlagskriterien nach § 9 a VOL/A zu erfolgen. Diese Fallkonstellation entbindet den Auftraggeber aber mangels gesetzlicher Ermächtigung nicht von der grundsätzlichen Ausschreibungspflicht nach § 101 Abs. 5 GWB, § 3 a VOL/A.*)
7. § 7 Abs. 3 BuchPrG hindert die Anwendung des § 7 Abs. 4 BuchPrG (aufgrund klaren Wortlauts jener allgemeinen Ausnahmeregelung zu § 3 BuchPrG) bei Schulbuchbeschaffungen nicht.*)
8. Es entspricht - insbesondere nach der bisherigen einschlägigen Rechtsprechung - den üblichen Gepflogenheiten und Handelsbräuchen, dass ein Zahlungsziel von bis zu 60 Tagen noch nicht als mittelbarer Verstoß gegen die Buchpreisbindung anzusehen ist.*)
VolltextVPRRS 2003, 0718
VK Bund, Beschluss vom 12.02.2003 - VK 1-3/03
1. Der sog. OK-Vermerk im Sendebericht des Absenders eines Telefaxschreibens begründet zwar weder den vollen Beweis noch einen Anscheinsbeweis dafür, dass das Telefaxschreiben auch tatsächlich zugegangen ist. Allerdings rechtfertigt die hohe Zuverlässigkeit bei der Übermittlung von Telefaxnachrichten, dass demjenigen, der sich auf den Nichtzugang eines ordnungsgemäß abgesandten Schreibens beruft, höhere Anforderungen hinsichtlich des Bestreitens des Zugangs aufzuerlegen sind.
2. Würde ein Wechsel des Unternehmens dazu führen, dass der Auftraggeber Waren mit unterschiedlichen technischen Merkmalen kaufen müsste und dies bei Gebrauch, Betrieb oder Wartung zu technischen Schwierigkeiten führen würde, ist ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung zulässig.
VolltextVPRRS 2003, 0463
VK Bund, Beschluss vom 20.05.2003 - VK 1-35/03
1. Primärrechtsschutz wird bejaht, wenn ein konkretes Vergabeverfahren begonnen hat, da ein (sogar besonders schwerwiegender) Vergaberechtsfehler gerade darin besteht, dass die Ausschreibung einer Vergabe rechtswidrig unterblieben ist. Für den Beginn des Vergabeverfahrens ist ausreichend, dass der öffentliche Auftraggeber sich zur Deckung eines bestimmten Bedarfs entschlossen und mit dem Ziel eines Vertragsschlusses mit organisatorischen und/oder planerischen Schritten zur Durchführung des Beschaffungsvorhabens begonnen hat.
2. Die Vorschrift des § 13 VgV gilt auch für den Fall des Unterlassens eines nach dem Kartellvergaberecht rechtlich gebotenen Vergabeverfahrens gemäß den §§ 97 ff GWB.
3. Für die Antragsbefugnis kommt es nicht darauf an, ob der Antragsteller tatsächlich Bieter bei der Vergabe des Auftrages gewesen ist. Es reicht aus, dass der geltend gemachte Vergaberechtsverstoß darin liegt, dass er an der Vergabe in rechtswidriger Weise nicht beteiligt worden ist. Hätte er beteiligt werden müssen, so muss es ihm auch möglich sein, diesen Teilnahmeanspruch in einem förmlichen Nachprüfungsverfahren bestätigen zu lassen.
4. Für die Frage, ob eine Rüge rechtzeitig im Sinn des § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB erhoben worden ist, ist hinsichtlich der Kenntnis von dem geltend gemachten Vergaberechtsverstoß auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem nicht nur eine Tatsachenkenntnis besteht, sondern zu dem der Antragssteller diese Tatsachen bei objektiver Betrachtung auch als Vergabefehler werten konnte.
VolltextVPRRS 2003, 0456
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.02.2003 - 1 VK 72/02
1. Ist die zu erbringende Leistung nach einer gesetzlichen Gebühren- oder Honorarordnung (hier HOAI) zu vergüten, so ist der Preis nur in dem dort vorgesehenen Rahmen zu berücksichtigen.
2. Die Wertungskriterien müssen sich nicht an die sich aus der HOAI ergebende Gewichtung anlehnen, die den Schwerpunkt auf die fachliche Ausführung und nicht auf die Kostenkontrolle legt, da es sich bei der HOAI um eine Gebührenordnung handelt, die sich an bestimmten Leistungsbildern orientiert, aber keine vergaberechtlich relevanten Leistungsbilder im Blick hat. Aus der honorarrechtlichen Einordnung etwa in § 73 HOAI lässt sich nicht schließen, dass die Vergabestelle entsprechend dieser Einordnung gewichten muss. Der HOAI kann daher keine für die Wertung im Verhandlungsverfahren abschließende Kriteriengewichtung entnommen werden.
3. Um einen Ausschluss wegen wettbewerbswidriger Sachverständigenstellung annehmen zu können, muss die Chancengleichheit der Bewerber dermaßen gefährdet sein, dass ein objektives Verfahren nicht mehr garantiert werden kann. Im Ergebnis ist daran festzuhalten, dass sich deutliche Hinweise auf rechtswidrige Vorteile zeigen müssen, die aus der Beziehung zwischen einem Sachverständigen und der Vergabestelle resultieren.
VolltextVPRRS 2003, 0455
VK Nordbayern, Beschluss vom 05.06.2003 - 320.VK-3194-16/03
1. Die parallele Beteiligung eines Bieters am Wettbewerb als Einzelbieter und als Bietergemeinschaft stellt eine unzulässige vergaberechtliche Verhaltensweise dar und ist mit dem Wettbewerbsprinzip nicht vereinbar (§ 2 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A, § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. f VOL/A).*)
2. Hat die VSt weder in der Bekanntmachung noch in den Verdingungsunterlagen Kriterien für die Wertung des wirtschaftlichsten Angebotes angegeben, so ist der Preis das einzig maßgebliche Kriterium für die wirtschaftliche Beurteilung eines Angebotes (§ 9a VOL/A, § 25 Nr. 3 VOL/A). Liegt das Angebot der ASt preislich an vierter Stelle, hat die ASt keine Antragsbefugnis (§ 107 Abs. 2 GWB), weil ihr Angebot keine Aussicht auf den Zuschlag hat.*)
3. Ein Einzelunternehmer einer Bietergemeinschaft kann ohne entsprechende Ermächtigung der übrigen Mitglieder keinen zulässigen Antrag für die Bietergemeinschaft stellen.*)
VolltextVPRRS 2003, 0452
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.03.2003 - 1 VK 13/03
1. Zur Darlegung der Antragsbefugnis ist ein Sachvortrag erforderlich, aus dem sich schlüssig und nachvollziehbar ergibt, dass durch die einzelnen geltend gemachten Verstöße gegen Vergabevorschriften die Aussichten des Antragstellers auf den Zuschlag zumindest verschlechtert wurden.
2. Wer aufgrund fehlerhafter Mitteilungen zum Bautenstand wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt wurde und der Vergabestelle ein ihm gehörendes Grundstück zur freien Verfügung stellt, muss vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Das Ermessen nach § 11 VOF ist in einem solchen Fall auf 0 reduziert.
3. Es verstößt nicht gegen Vergaberecht, Eignungskriterien, die in der Vorauswahl zur Anwendung kamen, bei der abschließenden Entscheidung darüber, wer den Auftrag erhalten soll, erneut zu Grunde zu legen.
4. Bei dem Unterkriterium "Nennung der Anzahl von Projekten, die das Projektteam in dieser Zusammensetzung durchgeführt hat" handelt es sich nicht um ein sachfremdes Kriterium.
VolltextVPRRS 2003, 0448
OLG Jena, Beschluss vom 29.04.2003 - 6 Verg 2/03
Hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag zutreffend mangels Antragsbefugnis zurückgewiesen, kann der Vergabesenat auch dann nichts zur Wertungsfähigkeit eines konkurrierenden Angebots befinden, wenn dieses Angebot in gleicher Weise einem zwingenden Ausschluss unterliegt, wie das des Antragsstellers.*)
VolltextVPRRS 2003, 0446
OLG Schleswig, Beschluss vom 04.05.2001 - 6 Verg 2/2001
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2003, 0724
VK Bund, Beschluss vom 06.06.2003 - VK 2-36/03
1. Ein Bieter ist im Vergabenachprüfungsverfahren nur antragsbefugt, wenn er hinreichend belegt, dass ihm durch die beabsichtigte Entscheidung des Auftraggebers ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
2. Ein Schaden setzt voraus, dass der Bieter eine realistische Chance auf Zuschlagserteilung hat, die durch den geltend gemachten Vergaberechtsverstoß gemindert wird. Durch diese Voraussetzung soll erreicht werden, dass ein Bieter, der auch bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren keine Aussicht auf Berücksichtigung gehabt hätte, kein – investitionshemmendes – Nachprüfungsverfahren einleiten kann.
3. Zur Darlegung eines Schadens zählt es, dass der Antragsteller diejenigen Umstände vorbringen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines aus einem Vergabefehler erwachsenden Schadens ergibt.
VolltextVPRRS 2003, 0439
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.02.2003 - Verg 58/02
1. Verlangt der Auftraggeber Referenzen über ähnliche Aufträge (Umfang und Art) in einem bestimmten Zeitraum und gab es in diesem Zeitraum nur wenige derartige Aufträge, so ist die Tatsache, dass das nachgewiesene Auftragsvolumen deutlich hinter dem ausgeschriebenen Auftrag zurückbleibt, von geringer Bedeutung.
2. Bei der Ermittlung desjenigen Angebots, auf welches der Zuschlag zu erteilen ist, muss strikt zwischen den Eignungskriterien - sie sind bieterbezogen und dienen zur Auswahl der fachkundigen, leistungsfähigen und zuverlässigen Bieter, die in die engere Wahl kommen (§ 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A 2. Abschnitt) - und den Zuschlagskriterien - sie betreffen die anschließende (letzte) Wertungsphase, sind angebotsbezogen und dienen dazu, unter den Angeboten der geeigneten Bieter das wirtschaftlichste zu ermitteln (§ 25 Nr. 3 VOL/A 2. Abschnitt) - unterschieden werden.
Volltext