Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
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VPRRS 2012, 0332OLG München, Beschluss vom 05.10.2012 - Verg 15/12
1. Die (außerordentliche) Kündigung eines Auftrags entbindet den öffentlichen Auftraggeber nicht von den Vorschriften des Vergaberechts.*)
2. Schreibt der öffentliche Auftraggeber nach der Kündigung eines Bauauftrages die Bauleistung erneut aus, ist der gekündigte Unternehmer nicht von vornherein von der Teilnahme am Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen.*)
3. Der Auftraggeber darf bei der Prüfung der Eignung eines Bieters, also der Prognose, ob der Bieter nach seiner personellen, finanziellen und technischen Ausstattung in der Lage sein wird, den Auftrag durchzuführen, Erfahrungen mit einbeziehen, die er selbst mit einem bestimmten Bieter in der Vergangenheit gemacht hat, ohne dass hierauf gesondert in der Vergabebekanntmachung oder den Ausschreibungsunterlagen hingewiesen werden muss.*)
4. Die Erfahrungen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Auftragsverhältnisses geführt haben, können die Prognose rechtfertigen, dass bei erneuter Beauftragung dieses Bieters nicht mit einer ordnungsgemäßen Leistungsabwicklung zu rechnen ist, ohne dass im Nachprüfungsverfahren positiv festgestellt werden muss, dass die außerordentliche Vertragskündigung durch den Auftraggeber gerechtfertigt war.*)
VolltextVPRRS 2012, 0331
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.09.2012 - 6 A 10478/12
1. Wird Nr. 3.1 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung - ANBest-P - in einen Zuwendungsbescheid einbezogen, so stellt diese Regelung eine Auflage im Sinne von § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG dar.*)
2. Das Nichtoffene Verfahren bzw. die Beschränkte Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb sind gegenüber dem Offenen Verfahren bzw. der Öffentlichen Ausschreibung grundsätzlich in geringerem Maße geeignet, einen möglichst breiten Wettbewerb zu sichern und damit auch dem Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung zu dienen.*)
3. Auch wenn ein Auftrag unzulässigerweise im Nichtoffenen Verfahren bzw. aufgrund einer Beschränkten Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb statt im Offenen Verfahren bzw. aufgrund einer Öffentlichen Ausschreibung vergeben wird, muss ein solcher Vergabeverstoß nicht ausnahmslos als schwerwiegend erachtet werden.*)
VolltextVPRRS 2012, 0330
OLG Naumburg, Beschluss vom 20.09.2012 - 2 Verg 4/12
1. Die Festlegung des Auftragsgegenstands steht im Belieben des Auftraggebers; die Grundsätze des Vergaberechts können jedoch dann verletzt sein, wenn die Entscheidung auf das Vergabeverfahren ausstrahlt und in ihm fortwirkt.
2. Zur Rechtfertigung einer wettbewerbsbeschränkenden Festlegung reichen sach- und auftragsbezogene Kriterien aus; eine Marktuntersuchung ist nicht erforderlich.
3.1. Ein aus rückschauender Betrachtung gefertigter, den Verlauf des Vergabeverfahrens zusammenfassender Vergabevermerk genügt nicht den Anforderungen des § 20 Abs. 1 VOB/A 2009. Der öffentliche Auftraggeber ist vielmehr verpflichtet, die Gegenstände der Dokumentation im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Geschehen zu erfassen, d.h. eine Vergabeakte zu führen, in der Protokolle, Ablichtungen oder Ausdrucke der schriftlichen bzw. elektronischen Korrespondenz sowie erforderlichenfalls Einzelvermerke abgelegt und verwahrt werden.*)
3.2. Führt eine Festlegung im Rahmen der Bestimmung des Beschaffungsgegenstandes objektiv zu einer erheblichen Beschränkung des Wettbewerbs (hier: die Festlegung eines räumlichen Bereichs, innerhalb dessen sich der vom Bewerber beizustellende Baugrund be-finden soll), so sind der Entscheidungsprozess und die Gründe der Festlegung zu dokumentieren.*)
3.3. Zur Zulässigkeit des Nachreichens von Bestandteilen der Dokumentation im Nachprüfungsverfahren.*)
4.1. Ist die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes als Neubau in der Innenstadt eines Oberzentrums beabsichtigt und steht dem öffentlichen Auftraggeber ein geeignetes Baugrundstück dort selbst nicht zur Verfügung, darf er in der Ausschreibung nicht nur die Beistellung des Baugrunds durch den Bieter verlangen, sondern auch Standorteingrenzungen vornehmen, soweit dies nicht zu einer willkürlichen Beschränkung des Wettbewerbs bzw. zu einer Bevorzugung eines ortsansässigen Unternehmens führt.*)
4.2. Der Senat neigt hinsichtlich des rechtlichen Maßstabs der Nachprüfung der Bestimmung des Beschaffungsgegenstandes der Auffassung des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu.*)
4.3. Existieren in dem eingegrenzten Standortbereich mindestens vier Grundstücke, die objektiv für eine Bebauung in Betracht kommen, so verstößt die Bestimmung des Standortbereichs nicht gegen das Wettbewerbsprinzip. Eine weiter gehende Markterkundung durch den öffentlichen Auftraggeber, etwa im Hinblick auf die Eigentumsverhältnisse an den betroffenen Grundstücken und auf die Möglichkeiten des Erwerbs dieser Grundstücke durch am Auftrag interessierte Unternehmen, ist grundsätzlich (und auch hier) nicht geboten.*)
5. Die Bewerbungsfrist in einem Teilnahmewettbewerb darf sich nicht nur an der Mindestfrist orientieren, sondern muss jeweils einzelfallbezogen angemessen sein, um einem fachkundigen Unternehmen eine ordnungsgemäße und aussichtsreiche Bewerbung zu ermöglichen.*)
6. Eine Landesbehörde, die durch ein von ihr geführtes Vergabeverfahren Veranlassung für die Einleitung eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens gegeben hat, ist nach § 128 Abs. 1 GWB i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VwKostG LSA nicht generell von den Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer befreit.*)
VolltextVPRRS 2012, 0329
VK Hessen, Beschluss vom 12.10.2012 - 69d-VK-25/2012
1. Eine Verletzung von Vorschriften des Vergaberechts liegt sowohl dann vor, wenn die Vorlage vom Auftraggeber geforderter Nachweise und Erklärungen objektiv unmöglich ist, als auch dann, wenn die ausgeschriebene Leistung selbst (ganz oder teilweise) unmöglich ist.
2. Umstände, die nur auf einzelne Bieter zutreffen, sind für die Auslegung grundsätzlich unbeachtlich.
3. Ein Architekten- und Ingenieurvertrag ist so klar und eindeutig zu fassen, dass alle Bieter den Vertrag im gleichen Sinn verstehen können. Deshalb ist der Wortlaut eines Vertragsentwurfs, aus dem aus Sicht eines durchschnittlichen Bieters nicht hervorgeht, ob nun die Einhaltung oder lediglich die Mitwirkung bei der Einhaltung der Kostenobergrenze und der Zertifizierung nach dem Passivhausstandard geschuldet sind, zu ändern und den Bietern erneut die Möglichkeit zu geben, auf die geänderten Vertragsunterlagen ein Angebot abzugeben.
VolltextVPRRS 2012, 0328
OLG Hamm, Urteil vom 12.09.2012 - 12 U 50/12
1. Die Transparenz gebietet es auch im Falle von Unterschwellen-Vergaben, die erforderlichen Nachweise in der Bekanntmachung anzugeben.
2. Die ausschreibende Stelle besitzt einen weiten Ermessensspielraum, Referenzen zu überprüfen und deren Vergleichbarkeit zu beurteilen.
3. Die Eignung muss grundsätzlich im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorliegen.
VolltextVPRRS 2012, 0327
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.03.2010 - Verg 11/10
Die Nichteinhaltung der Stillhaltefrist des § 101a Abs. 1 S. 3 GWB führt zur Nichtigkeit des abgeschlossenen Vertrags.
VolltextVPRRS 2012, 0326
OLG München, Beschluss vom 12.10.2012 - Verg 16/12
1. Ein Angebot darf nur dann wegen fehlender Erklärungen ausgeschlossen werden, wenn der öffentliche Auftraggeber die Vorlage der betreffenden Erklärung eindeutig und unmissverständlich gefordert hat.*)
2. Zur Frage, ob externe Prüfleistungen als Nachunternehmerleistungen zu qualifizieren sind.*)
VolltextVPRRS 2012, 0325
OLG Koblenz, Beschluss vom 02.10.2012 - 1 Verg 4/12
1. Ein gegen die Entscheidung über den Zuschlag gerichteter Nachprüfungsantrag hat Erfolg, wenn der Auftraggeber den wertungsrelevanten Sachverhalt nur teilweise würdigt und dadurch seinen Beurteilungsspielraum sachwidrig einengt.*)
2. Jeder Bieter kann und darf bei der Abfassung seiner Angebotsunterlagen davon ausgehen, dass sein Angebot von sachkundigen Mitarbeitern geprüft wird.*)
3. Hat der Auftraggeber neben dem Preis mindestens ein weiteres Zuschlagskriterium bekannt gemacht, muss er auf der letzten Wertungsstufe durch eine ergebnisoffene Anwendung aller Zuschlagskriterien das Angebot mit dem für ihn im konkreten Vergabeverfahren besten Kosten-Nutzen-Verhältnis ermitteln. Dabei sind innerhalb des vom Auftraggeber in den Vergabeunterlagen gezogenen Rahmens alle Eigenschaften und Umstände relevant, die aus dem Blickwinkel des Preis-Leistungs-Verhältnisses einer gestuften Bewertung zugänglich sind.*)
4. Umstände und Eigenschaften, die dem Auftraggeber einen Mehrwert bringen, führen regelmäßig zu einer Aufwertung.*)
5. Lassen die Gestaltung der Ausschreibung oder sonstige Gegebenheiten den Bietern nur kleine Spielräume für wertungsrelevante Umstände, wäre es folgerichtig, der gebotenen Differenzierung dadurch Rechnung zu tragen, dass schon ein kleiner Mehrwert zu einer besseren Bewertung führt.*)
6. Beim Zuschlags(unter)kriterium "Qualitätssicherung" kann, wenn bereits eine Maßnahme nach dem in Regelungswerken niedergelegten Stand der Technik zur Qualitätssicherung ausreicht, ein Bündel von Maßnahmen schon wegen der wechselseitigen Kontrolle und Absicherung deshalb einen Mehrwert auch für den Auftraggeber haben, weil es das Risiko einer (zunächst unentdeckt bleibenden) Qualitätsminderung verringert.*)
VolltextVPRRS 2012, 0324
OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.03.2012 - Verg W 2/12
1. Bauleistungen im vergaberechtlichen Sinne sind Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird. Wird ein Gebäude zu einem bestimmten Zweck errichtet, gehören alle Leistungen zu dem Bauwerk, die es erst funktionsfähig machen.*)
2. Der Neueinbau von technischen Anlagen in ein bestehendes Gebäude fällt unter den Begriff der Bauleistung, wenn die Anlagen für ein funktionsfähiges Bauwerk erforderlich und von wesentlicher Bedeutung sind. Danach ist die Beschaffung eines Planetariumsprojektors und einer digitalen Ganzkuppelvideoprojektionsanlage für ein bestehendes Kuppelplanetarium als Bauauftrag anzusehen. Dem steht nicht entgegen, dass der Lieferanteil den Montageanteil überwiegt.*)
VolltextVPRRS 2012, 0323
OLG Schleswig, Beschluss vom 23.08.2012 - 1 Verg 1/12
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2012, 0322
OLG Schleswig, Beschluss vom 16.08.2012 - 1 Verg 3/12
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2012, 0321
VK Nordbayern, Beschluss vom 06.09.2012 - 21.VK-3194-15/12
1. Einem Nachprüfungsantrag kann, mangels relevanter Verletzung von Bieterrechten, dann kein Erfolg beschieden sein, wenn der Antragsteller auch bei vergaberechtskonformer Durchführung des Verfahrens keine realistische Chance gehabt hätte, den Auftrag zu erlangen. Die Antragbefugnis ist jedoch anzuerkennen, wenn nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann, ob das Angebot des vor dem Beschwerdeführer liegenden Bieters einem Zuschlag an den Antragsteller entgegenstehen wird.*)
2. Der Bieter muss davon ausgehen, dass der Auftraggeber die Leistung regelmäßig in der von ihm vorgegebenen Ausstattung ausgeführt haben will. Nur dann ist eine erschöpfende, vergleichende Wertung der einzelnen Angebote möglich und ein transparenter, chancengleicher Bieterwettbewerb im Sinne des § 97 Abs. 1 und 2 GWB gewährleistet. Die Vergabestelle hat kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabe, im nachhinein von ihren Festlegungen abzuweichen. Sie ist vielmehr gezwungen, das abweichende Angebot aus der Wertung zunehmen.*)
3. Für die Frage der Gleichwertigkeit eines angebotenen Fabrikats im Verhältnis zum ausgeschriebenen Fabrikat ist in erster Linie auf die sonstige allgemeine Leistungsbeschreibung abzustellen, denn in ihr bringt der Auftraggeber für die Bieter erkennbar zum Ausdruck, auf welche Leistungsmerkmale es ihm wesentlich ankommt.*)
VolltextVPRRS 2012, 0320
OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.03.2012 - 11 Verg 3/12
Die Ansicht, dass für die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung i. S. d. § 118 Abs. 1 S. 3 GWB Voraussetzung sei, dass das Obsiegen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren wesentlich wahrscheinlicher sei als ihr Unterliegen, findet im Gesetzeswortlaut keine Entsprechung. Die Erfolgsaussichten der Beschwerde sind vielmehr gem. § 118 Abs. 2 S. 3 GWB nach pflichtgemäßem Ermessen zu berücksichtigen (ebenda Rd. 17), besondere Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit der Erfolgsaussicht lassen sich § 118 Abs. 2 S. 2 und 3 GWB - auch nach der Umsetzung der Richtlinie 2007/66/EG - nicht entnehmen.*)
VolltextVPRRS 2012, 0319
VK Bund, Beschluss vom 14.09.2012 - VK 3-99/12
1. Bei der Angebotswertung verfügt der öffentliche Auftraggeber über einen Beurteilungsspielraum. Nur wenn der Auftraggeber von einem unzutreffenden Sachverhalt oder von unvollständigen Tatsachen ausgeht, sachwidrige Erwägungen anstellt oder sich nicht an einen von ihm aufgestellten Wertungsmaßstab hält, ist eine rechtswidrige Überschreitung des Beurteilungsspielraums anzunehmen. Die Grenzen des Beurteilungsspielraums sind umso eher erreicht, desto mehr die Bewertung negativ vom Regelfall abweicht.
2. In einem VOF-Verfahren wird von den Bietern auch Kreativität bei der Leistungserbringung gefordert; es geht nicht nur um ein schematisches Abfragen von Leistungspositionen, sondern es besteht gerade Raum für die Einbringung eigener Lösungsansätze und Ideen durch die Bieter.
VolltextVPRRS 2012, 0318
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.07.2009 - Verg 13/09
Hat die Vergabestelle den Aufhebungsgrund selbst verursacht, etwa weil sie in der Vergabebekanntmachung weder Mindestanforderungen an die Eignung der Bieter festgelegt noch eine Vorlage von Eignungsnachweisen verlangt hat, liegt kein beachtlicher Grund vor, das Vergabeverfahren aufzuheben.
VolltextVPRRS 2012, 0317
VK Nordbayern, Beschluss vom 03.08.2012 - 21.VK-3194-12/12
Der Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen ist nicht eröffnet, wenn sich der Antragsteller in einem VOF-Verfahren auf die Verletzung urheberrechtlichen Vorschriften beruft. Die auf solche Vorschriften gestützten "sonstigen Ansprüche" sind nicht auf "die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren" gerichtet.
VolltextVPRRS 2012, 0316
VK Bund, Beschluss vom 27.08.2012 - VK 2-65/12
1. Das vergaberechtliche Gebot der Produktneutralität von Ausschreibungen soll gewährleisten, dass in den technischen Anforderungen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verwiesen werden darf, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden, soweit dies nicht ausnahmsweise durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist.
2. Vom Gebot der produktneutralen Ausschreibung werden auch solche Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers erfasst, die zwar nicht auf ein bestimmtes Produkt oder Verfahren oder einen bestimmten Hersteller verweisen, denen aber - wie etwa eine zwar abstrakt formulierte, aber in der Sache auf ein ganz bestimmtes Produkt eines Herstellers zugeschnittene Leistungsbeschreibung - gleichsam wettbewerbsbeschränkende bzw. diskriminierende Wirkung zukommt.
3. Im Rahmen seines Leistungsbestimmungsrechts steht dem öffentlichen Auftraggeber ein Gestaltungsspielraum zu, ob er im Einpartner- oder im Mehrpartnermodell ausschreiben möchte. Dieser Gestaltungsspielraum kann von der Vergabekammer nur auf Ermessensfehler hin überprüft werden.
VolltextVPRRS 2012, 0441
VGH Bayern, Urteil vom 06.07.2012 - 4 N 11.2673
Der Verzicht auf die satzungsmäßige Festschreibung eines ganz bestimmten, für ausreichend erachteten Beweismittels lässt den Normunterworfenen die Wahl, den geforderten Nachweis auf unterschiedlichem Wege zu erbringen.
VolltextVPRRS 2012, 0315
BGH, Urteil vom 06.09.2012 - VII ZR 193/10
1. Erteilt der Auftraggeber in einem öffentlichen Vergabeverfahren über Bauleistungen den Zuschlag auf das Angebot des Bieters unter Herausnahme einzelner Leistungen, ohne dass dies in der Ausschreibung so vorgesehen ist, liegt darin gemäß § 150 Abs. 2 BGB die Ablehnung des Angebots verbunden mit einem neuen Angebot des Auftraggebers.*)
2. Enthält das neue Angebot wegen der Verzögerung des Vergabeverfahrens eine neue Bauzeit und bringt der Auftraggeber eindeutig und klar zum Ausdruck, dass er den Vertrag mit diesen Fristen zu dem angebotenen Preis bindend schließen will, kann es nicht dahin ausgelegt werden, der Zuschlag sei auf eine Leistung zur ausgeschriebenen Bauzeit erteilt worden (Fortführung von BGH, Urteile vom 22. Juli 2010 - VII ZR 213/08, BGHZ 186, 295 und VII ZR 129/09, BauR 2010, 1929 = NZBau 2010, 628 = ZfBR 2010, 810; Urteil vom 25. November 2010 - VII ZR 201/08, BauR 2011, 503 = NZBau 2011, 97 = ZfBR 2011, 235).*)
3. Ein solches modifiziertes Angebot des Auftraggebers kann regelmäßig nicht dahin ausgelegt werden, dass stillschweigend das Angebot unterbreitet wird, die Vergütung wegen dem Auftragnehmer infolge der Bauzeitänderung etwa entstehender Mehrkosten in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B anzupassen.*)
4. Nimmt der Bieter das modifizierte Angebot an, muss er die Leistung in der neuen Bauzeit zu den vereinbarten Preisen erbringen.*)
VolltextVPRRS 2012, 0314
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08.03.2012 - VK 2-49/11
1. Auch wenn es in Fällen, in denen der Bieter ein unverschuldetes Informationsdefizit hat, hinsichtlich der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages grundsätzlich genügen muss, dass er konkrete Tatsachen vorträgt, die den hinreichenden Verdacht eines Vergaberechtsverstoßes begründen, kann jedoch die bloße Negierung der Vollständigkeit der Angebote ohne weiteren Tatsachenvortrag nicht ausreichen.*)
2. Ein öffentlicher Auftraggeber, der im Hinblick auf die Eignungsprüfung die Vorlage bestimmter Unterlagen als Mindestanforderung verlangt, ist hieran gebunden und darf nicht zugunsten eines Bieters auf die Erfüllung der Mindestanforderung verzichten. Ein solcher Verzicht wäre gegenüber anderen Bietern, welche die Mindestanforderung erfüllen, oder gegenüber solchen Bietern, die von der Teilnahme an der Ausschreibung abgesehen haben, weil sie die Mindestanforderungen nicht erfüllen können, ein Vergaberechtsverstoß. Der den Auftraggebern bei der Eignungsprüfung grundsätzlich zustehende Beurteilungs- und Ermessensspielraum wird durch die Festlegung von Mindestanforderungen eingeengt.*)
3. Ein nachträglicher Verzicht auf eine einmal aufgestellte Mindestanforderung würde einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und den Transparenzgrundsatz darstellen, der nicht hinnehmbar ist.*)
VolltextVPRRS 2012, 0313
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.01.2012 - 2 VK LSA 27/11
Interimsvergaben, bei denen nur mit einem Unternehmen verhandelt wird, sind in Ausnahmefällen zulässig, wenn sie sich auf einen absolut notwendigen Zeitraum beschränken, um einen vertragslosen Zustand zu vermeiden. Hierbei kann je nach Lage des Einzelfalls eine solche Vereinbarung maximal über den Zeitraum eines Jahres geschlossen werden.
VolltextVPRRS 2012, 0312
VK Nordbayern, Beschluss vom 20.06.2012 - 21.VK-3194-08/12
1. Gemäß § 2 Nr. 1 VOL/B kann der Auftraggeber nachträgliche Änderungen in der Beschaffenheit der Leistung verlangen. Gemäß § 2 Nr. 3 VOL/B ist in diesen Fällen ein neuer Preis zu vereinbaren unter Berücksichtigung der Mehr- und Minderkosten. Die Vorschrift bezieht sich auf Änderungen in der Beschaffenheit der Leistung, die vom Auftraggeber nachträglich, d. h. nach Zuschlagserteilung und Vertragsschluss, verlangt werden. Unter einer Änderung der Beschaffenheit sind nur qualitative Änderungen des Leistungsgegenstandes zu verstehen. Quantitative Änderungen des Leistungsgegenstandes sind hingegen nicht von der Regelung des § 2 Nr. 3 VOL/B umfasst.*)
2. Das ursprünglich in § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A 2006 enthaltene Gebot, dass dem Auftragnehmer kein "ungewöhnliches Wagnis" aufgebürdet werden durfte, ist im Zuge der Novellierung der VOL/A 2009 ersatzlos entfallen. Der Wegfall ist nicht als Redaktionsversehen anzusehen. Das Verbot der Auferlegung eines ungewöhnlichen Wagnisses ist damit formal kein Rechtsgrundsatz mehr.*)
3. § 8 EG Abs. 1 VOL/A verlangt, dass die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben ist. Die eindeutige und erschöpfende Beschreibung der Leistung durch den Auftraggeber soll dazu führen, dass der vom Auftragnehmer geschuldete Erfolg oder die von ihm zu erbringende Dienstleistung klar beschrieben ist, alle Bieter wissen, was sie anbieten sollten, und der Auftraggeber die Angebote miteinander vergleichen kann, weil sie inhaltlich nicht wesentlich voneinander abweichen. Diese Anforderung hat mit der Frage, ob bestimmte Risiken auf den Auftragnehmer verlagert werden können, unmittelbar nichts zu tun. Die vom Auftragnehmer zu erbringende Leistung kann klar und erschöpfend beschrieben werden und gleichzeitig können ihm ungewöhnliche Risiken auferlegt werden, solange diese Risiken nur eindeutig benannt sind.*)
VolltextVPRRS 2012, 0311
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.03.2012 - 2 VK LSA 35/11
Allein der Umstand, dass ein Unternehmer ein eigenes Angebot zum Vergabeverfahren abgegeben hat und gleichzeitig als Nachunternehmer eines anderen Bieters fungiert, lässt nicht zwingend auf einen Verstoß gegen den Geheimwettbewerb schließen. Ein Ausschluss ist insbesondere nicht zulässig, wenn den Bietern Gestaltungsspielräume bei der Kalkulation des eigenen Angebots verbleiben.
VolltextVPRRS 2012, 0310
VK Bund, Beschluss vom 27.08.2012 - VK 1-88/12
Allein der Verweis auf das Formblatt 124 (Eigenerklärung zur Eignung) in der Vergabebekanntmachung stellt keine wirksame Forderung der Eignungsnachweise dar. Ein Angebotsausschluss darf im Falle der Nichterfüllung der Eignungsanforderungen darauf nicht gestützt werden.
VolltextVPRRS 2012, 0309
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.05.2012 - 2 VK LSA 07/12
Sind Unterlagen nach den Vergabebedingungen in formal unveränderter Form vorzulegen, führen davon abweichende Eigenerklärungen des Bieters zwingend zum Angebotsausschluss.
VolltextVPRRS 2012, 0308
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.03.2012 - 1 VK 06/12
1.) Der Auftraggeber kann Mängel eines Informationsschreibens nach § 101 a GWB noch vor Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens oder auch erst im Laufe des Nachprüfungsverfahrens heilen.*)
2.) Gerade bei einer Maßnahme, welche spezielle Qualifikationen abverlangt (hier: Asbestsanierung bei laufendem Betrieb einer Universitätsbibliothek), durfte die Antragstellerin nicht davon ausgehen, dass sich die Vergabestelle ein abschließendes Bild über die Eignung machen kann, ohne die Nachunternehmen geprüft zu haben.*)
3.) Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ist die Feststellung, ob die Vergabestelle zum Zeitpunkt der Eignungsprüfung ihren Wertungsspielraum eingehalten hat. Bei schwierigeren Leistungen wird in der Regel verlangt, dass der Bieter bereits vergleichbare Leistungen erbracht hat. Die Vergabestelle kann sich auf die Auswahl der Referenzen durch den Antragsteller grundsätzlich verlassen und muss sich zudem - auch unter dem Gesichtspunkt der Beschleunigung - auf telefonische Angaben und verfügbare Schriftstücke verlassen dürfen.*)
VolltextVPRRS 2012, 0307
OLG Dresden, Beschluss vom 24.07.2012 - Verg 2/12
Bei der Schätzung des Auftragswertes steht der Vergabestelle ein Beurteilungsspielraum zu. Dieser ist nicht nur bei manipulativen oder sonst willkürlichen Annahmen, sondern auch dann überschritten, wenn eine realitätsferne Fehlbeurteilung auf einem Mangel an Sachkenntnis beruht und die Vergabestelle sich das notwendige Wissen in zumutbarer Weise hätte verschaffen können.*)
VolltextVPRRS 2012, 0306
OLG München, Beschluss vom 09.08.2012 - Verg 10/12
1. Zur Auslegung der Klausel, dass im Falle des Einsatzes von Subunternehmern auch für diese die entsprechenden Nachweise zu erbringen sind.*)
2. Zur Eignungsleihe (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 15.3.2012 - Verg 2/12).*)
VolltextVPRRS 2012, 0305
OLG Koblenz, Beschluss vom 25.09.2012 - 1 Verg 5/12
1. Fehlt in der Vorabinformation nach § 101a Abs. 1 Satz 1 GWB sowohl der Name des erfolgreichen Bieters als auch der früheste Zeitpunkt des Zuschlags, hat dies gemäß § 101b Abs. 1 Nr. 1 GWB die Unwirksamkeit des Zuschlags zur Folge.*)
2. Fordert der Auftraggeber von den Bietern die Vorlage einer "Erklärung des Unternehmers über den Gesamtumsatz des Unternehmens sowie den Umsatz bezüglich der Leistung, die Gegenstand der Vergabe vergleichbar ist, bezogen auf die letzten drei Geschäftsjahre", beinhaltet dies nicht ohne weiteres die Mindestanforderung, ein Unternehmen müsse, um überhaupt als geeignet beurteilt zu werden, in jedem der letzten drei Geschäftsjahre Umsatz gemacht haben.*)
VolltextVPRRS 2012, 0304
VK Münster, Beschluss vom 02.05.2012 - VK 5/12
1. Mengenansätze in den einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses sind grundsätzlich Umstände, die Auswirkungen auf die Preise haben. In unzutreffenden Mengenangaben liegt aber nur dann ein Vergaberechtsverstoß, wenn ein ordnungsgemäßes Leistungsverzeichnis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu einem anderen als dem tatsächlichen Wettbewerbsergebnis geführt hätte.
2. Die Vergabestelle darf den Leistungsumfang vor Zuschlagserteilung zumindest geringfügig ändern. Kalkulationsrelevante Änderungen an der Leistungsbeschreibung darf eine Vergabestelle aber nicht einseitig vornehmen, sondern muss den Bietern die Möglichkeit zur "Nachkalkulation" geben.
VolltextVPRRS 2012, 0303
OLG Koblenz, Beschluss vom 04.04.2012 - 1 Verg 2/11
1. Bei Gebäudereinigungsleistungen ist die Glasreinigung ein eigenständiges Fachlos, das grundsätzlich gesondert vergeben werden muss.*)
2. Eine Teillosvergabe macht eine mögliche Fachlosvergabe nicht entbehrlich.*)
3. Zweckmäßigkeitserwägungen können ein Absehen von einer Losvergabe nicht rechtfertigen.*)
4. Nachteile, die üblicherweise mit einer Losvergabe verbunden sind, muss der Auftraggeber nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich hinnehmen.*)
5. Ist es wegen zahlreicher Unwägbarkeiten (nahezu) unmöglich, eine tatsachengestützte, halbwegs plausible Prognose über mögliche Zusatzkosten einer Losvergabe zu erstellen, gilt der gesetzliche Regelfall.*)
VolltextVPRRS 2012, 0302
OLG München, Beschluss vom 06.08.2012 - Verg 14/12
Zur Frage des ungewöhnlichen Wagnisses im Bereich der VOL/A.*)
VolltextVPRRS 2012, 0301
VK Lüneburg, Beschluss vom 23.07.2012 - VgK-23/2012
1. Die Bieter müssen grundsätzlich davon ausgehen, dass der Auftraggeber die Leistung so angeboten haben will, wie er sie in den Vergabeunterlagen festgelegt hat. Wollen oder können die Bewerber die Leistung nicht nach Maßgabe der Vergabeunterlagen anbieten, steht es ihnen frei, Änderungsvorschläge oder Nebenangebote zu unterbreiten, sofern sie nicht vom Auftraggeber ausdrücklich ausgeschlossen wurden.
2. Weicht der Bieter im Rahmen seines Angebots von den Vorgaben der Vergabeunterlagen ab, so führt dies zum zwingenden Ausschluss des Angebots.
VolltextVPRRS 2012, 0300
VK Münster, Beschluss vom 26.07.2012 - VK 17/12
1. Zu den Anforderungen an die Prüfung der Gleichwertigkeit von Angeboten, die statt des Richtprodukts ein anderes Produkt benennen.*)
2. Die Vergabestelle kann ihre Beurteilungsentscheidung wieder aufnehmen, wenn im laufenden Nachprüfungsverfahren neue Gesichtspunkte und Erklärungen vom Antragsteller vorgetragen werden.*)
VolltextVPRRS 2012, 0299
VK Lüneburg, Beschluss vom 26.06.2012 - VgK-18/2012
Die Vergabestelle kann im Rahmen von Nachverhandlungen solche Angebote, die sich nicht in dem durch die HOAI vorgegebenen Rahmen halten, auf die Mindestsätze der HOAI anheben. Das gilt nicht nur für Angebote, mit denen die Mindestsätze der HOAI unterschritten werden, sondern auch für solche Angebote, die oberhalb der HOAI-Sätze liegen.
VolltextVPRRS 2012, 0298
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.09.2012 - Verg 108/11
1. Eine Leistungsbeschreibung, die die Referenzenanzahl auf drei beschränkt, ist vergaberechtswidrig. Die Vergabestelle versetzt bei Erhalt einer unzureichenden Referenz richtigerweise das Vergabeverfahren zurück, ändert die Leistungsbeschreibung, macht dies bekannt und fordert neue Referenzen an.
2. Ein Nachweis "fehlt" im Sinne des § 19 EG Abs. 2 VOL/A 2009 nur dann, wenn er entweder nicht vorgelegt worden ist oder formale Mängel aufweist.
3. Ein Bieter kann seine Leistungsfähigkeit mit Referenzanteilen nachweisen, die er aus einer Bietergemeinschaft heraus erbracht hat.
VolltextVPRRS 2012, 0440
VK Hessen, Beschluss vom 27.06.2012 - 69d-VK-21/2012
1. Der Nachweis der Eignung eines Bieters wird durch Vorlage eines Präqualifikationszertifikats erbracht, wenn keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die Zweifel am Präqualifizierungsverfahren begründen.*)
2. Die Gewährung von Akteneinsicht im Nachprüfungsverfahren richtet sich danach, ob und inwieweit die Akteneinsicht gerade für das Nachprüfungsverfahren relevant ist. Soweit diese Relevanz nicht gegeben ist, ist die Akteneinsicht zu versagen.*)
VolltextVPRRS 2012, 0296
VK Nordbayern, Beschluss vom 13.07.2012 - 21.VK-3194-11/12
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswerts ist der Tag, an dem die Bekanntmachung der beabsichtigten Auftragsvergabe abgesendet oder das Vergabeverfahren auf andere Weise eingeleitet wird.
Ist der Auftragswert von der Vergabestelle ordnungsgemäß geschätzt worden, entscheidet allein dieser Schätzwert über die (Un-)Anwendbarkeit des vierten Teils des GWB. Das gilt auch dann, wenn sich im weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens herausstellt, dass der Wert tatsächlich unterhalb bzw. oberhalb des maßgeblichen Schwellenwerts liegt.*)
2. Umbauzuschläge fallen nur für Planungsleistungen bei Umbauten und Modernisierung von Gebäuden und raumbildenden Ausbauten an. Demzufolge sind Umbauzuschläge in der HOAI in § 35 Teil 3 Abschnitt 1 "Gebäude und raumbildende Ausbauten" geregelt. Bei Planungen für Freianlagen nach Teil 3 Abschnitt 2 sieht die HOAI Zuschläge für Leistungen im Bestand nicht vor.*)
VolltextVPRRS 2012, 0295
OLG München, Beschluss vom 10.09.2012 - Verg 17/12
1. Im Falle der Erledigung des Nachprüfungsantrages hat es nicht mit der Halbierung der Gebühr gemäß § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB sein Bewenden. Die Vergabekammer muss in diesem Fall zusätzlich gemäß § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB darüber entscheiden, welcher Beteiligte die halbierte Gebühr zu tragen hat.*)
2. Die Regelung des § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB ist im Rahmen von § 128 Abs. 4 GWB nicht entsprechend anwendbar.*)
VolltextVPRRS 2012, 0457
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14.08.2012 - VK 2-17/12
1. Voraussetzung für einen Angebotsausschluss wegen unvollständiger Angaben ist stets, dass diese Angaben auch eindeutig gefordert worden sind.
2. Unklarheiten und Widersprüche gehen zu Lasten des Auftraggebers. Mit Blick auf die Ausschlusssanktion für die Abgabe unvollständiger Angebote muss für die Bieter aus den Vergabeunterlagen eindeutig und unmissverständlich hervorgehen, welche Erklärungen von ihnen verlangt werden.
3. Wird nicht mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass eine bestimmte Erklärung vom Bieter schon bis zum Ablauf der Angebotsfrist beizubringen ist, darf die Vergabestelle ein Angebot, in dem diese Erklärung fehlt, nicht ohne Weiteres ausschließen.
VolltextVPRRS 2012, 0294
VK Lüneburg, Beschluss vom 02.08.2012 - VgK-24/2012
1. Die Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH (IBR 2010, 159) nach wie vor grundsätzlich anwendbar.
2. Die Beantwortung der Frage, ob eine Rüge noch unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung erfolgt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich muss die Rüge innerhalb von 1-3 Tagen erfolgen.
3. Nebenangebote sind Angebote, mit denen die Leistung anders als in der Leistungsbeschreibung nachgefragt, offeriert wird. Die Änderung kann technischer Art sein, die Bauzeit oder Zahlungsmodalitäten betreffen.
4. Neben der Möglichkeit, Nebenangebote ausnahmsweise nur in Verbindung mit einem Hauptangebot zuzulassen, kann der Auftraggeber auch zwischen Nebenangeboten differenzieren und z. B. nur technische oder nur kaufmännische Nebenangebote zulassen bzw. diese auf bestimmte Teile der Leistung oder der Vertragsbedingungen beschränken. Notwendig ist dabei allerdings immer eine ausreichende begriffliche Klarstellung.
5. Aus der Festlegung des Auftraggebers, dass Nebenangebote für die Gesamtleistung zugelassen werden, folgt nicht, dass nur solche Nebenangebote berücksichtigt werden dürfen, die sämtliche Positionen des Leistungsverzeichnisses abändern oder zumindest im Einzelnen vollständig aufführen. Der Bieter darf sich deshalb auf die Beschreibung der Positionen des Amtsentwurfs beschränken, die durch das Nebenangebot abgeändert werden. Sofern ein Nebenangebot das Hauptangebot nur zum Teil ersetzt oder verändert, muss der Bieter allerdings darüber hinaus darlegen, welche Teile des Hauptangebots unverändert weiter gelten sollen.
VolltextVPRRS 2012, 0293
OLG München, Beschluss vom 28.08.2012 - Verg 11/12
Im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung der Aufhebung kann sich der Auftraggeber nicht auf einen Aufhebungsgrund berufen, den er selbst schuldhaft herbeigeführt hat.*)
VolltextVPRRS 2012, 0292
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 - Verg 15/12
1. Nicht nur Liefer- und Dienstleistungsverträge als solche, sondern auch Rahmenvereinbarungen darüber unterliegen dem Vergaberecht.
2. Schließt eine gesetzliche Krankenkasse mit einem Dritten (hier: einer Managementgesellschaft) einen Vertrag über die "zentrale Koordinierung von integrierten Behandlungs- und Versorgungsabläufen", entledigt sich die Krankenkasse der sie bei den Folgeverträgen grundsätzlich treffenden Ausschreibungspflicht, wenn der Dritte Rahmenvereinbarungen ohne eine vergaberechtliche Bindung vergeben kann. In der Ausnutzung der dazu gegebenen Möglichkeit liegt eine Umgehung des Vergaberechts.
VolltextVPRRS 2012, 0291
VK Bund, Beschluss vom 04.05.2012 - VK 2-130/11
Managementgesellschaften, die nicht von einem öffentlichen Auftraggeber beherrscht oder finanziert werden, sondern rein privat organisiert und tätig sind, fallen nicht unter den abschließenden Katalog des § 98 GWB, der im deutschen Vergaberecht den Begriff des "öffentlichen Auftraggebers" definiert.
VolltextIBRRS 2012, 3254; IMRRS 2012, 2355
LG Fulda, Beschluss vom 15.12.2011 - 4 O 724/11
1. Eine Bau-ARGE hat den öffentlichen Auftraggeber nach § 18 Abs. 1 VOB/B vor dem für den Sitz der Prozessvertretung des öffentlichen Auftraggebers zuständigen Stelle zuständigen Gerichts zu verklagen, wenn nichts anderes vereinbart ist und die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsvereinbarung nach § 38 ZPO vorliegen.
2. Eine Bau-ARGE ist als kaufmännisches Handelsunternehmen tätig, wenn der Bauvertrag ein Volumen von 100 Mio. Euro und eine Abwicklungsdauer von mehr als sieben Jahren vorsieht, so dass das Merkmal der Nachhaltigkeit der Gewinnerzielungsabsicht erfüllt ist. Die Bau-ARGE ist dann als OHG und damit als Kaufmann im Sinne von § 38 Abs. 1 ZPO anzusehen.
VolltextVPRRS 2012, 0290
VK Bund, Beschluss vom 02.07.2012 - VK 3-66/12
1. Die Bieter haben einen Anspruch auf Durchführung eines rechtmäßigen Vergabeverfahrens. Dieser Anspruch wird durch § 107 Abs. 2 GWB begrenzt. Denn das zentrale Anliegen des Primärrechtsschutzes ist nur die Verhinderung eines dem Antragsteller drohenden Schadens, nämlich der Verlust des Auftrags. Der Nachprüfungsantrag des Zuschlagskandidaten ist deshalb auch dann unzulässig, wenn ein Vergaberechtsverstoß vorliegt.
2. Wird ein Angebot abgegeben, so muss der Bieter damit rechnen, hieran festgehalten zu werden. Ein wirtschaftlicher Nachteil ist kein "Schaden" im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB.
3. Ein Fortsetzungsfeststellungsverfahren ist zulässig, wenn eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr besteht. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Vergabestelle erklärt, dass sie künftig keine vergleichbaren Leistungen in einem vergleichbaren Verfahren vergeben wird.
VolltextVPRRS 2012, 0289
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 - Verg 105/11
Es gibt keinen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass außervergaberechtliche Normen im Vergabenachprüfungsverfahren nicht zu prüfen sind.
VolltextVPRRS 2012, 0288
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.07.2012 - 1 VK 20/12
1. Die Frage, ob es sich beim Abschluss eines Vertrags über den Betrieb eines öffentlichen Fahrrad-Vermietsystems um eine Dienstleistungskonzession oder um einen Dienstleistungsauftrag handelt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beantworten.
2. Der wesentliche Unterschied zwischen einer Dienstleistungskonzession und einem Dienstleistungsauftrag besteht darin, dass ein Dienstleistungs-Konzessionär das wirtschaftliche Risiko für seine Dienstleistung trägt und er die Gefahr für den Ausfall seines Vergütungsanspruchs oder der Nichtinanspruchnahme seiner Leistung trägt. Der Dienstleistungs-Auftragnehmer trägt dagegen für eine Dienstleistung nur das gewöhnliche Wagnis bei seiner Angebotskalkulation, das jedem Auftrag immanent ist.
2. Wird durch die Zahlung eines Investitionszuschusses das wirtschaftliche Risiko des Auftragnehmers wesentlich minimiert, spricht dies für einen - dem Vergaberecht unterfallenden - Dienstleistungsauftrag.
VolltextVPRRS 2012, 0287
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.2012 - Verg 10/12
1. Eine Bereichsausnahme nach § 100 Abs. 2 Buchst. d GWB (a. F.) ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen unabhängig davon zu prüfen, ob sich der öffentliche Auftraggeber darauf beruft.*)
2. Die Ausnahmetatbestände nach § 100 Abs. 2 Buchst. d Unterbuchst. bb bis cc GWB (a. F.) erfordern eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den Auftraggeber.*)
3. Nach EuGH, Urteil vom 11.1.2005 - C-26/03, Stadt Halle, herrscht ein materielles Verständnis vom Beginn des Vergabeverfahrens. Auf Formalitäten (hier eine Angebotsaufforderung) ist nicht abzustellen.*)
4. Bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft, ein Verfahren oder dergleichen ist der öffentliche Auftraggeber im rechtlichen Ansatz ungebunden. Die Auswahl des Beschaffungsgegenstands unterliegt der Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers.*)
5. Die Bestimmung des Auftraggebers hat jedoch die durch § 8 Abs. 7 VOL/A-EG, Art. 23 Abs. 8 Richtlinie 2004/18/EG gezogenen Grenzen zu beachten.*)
6. Die Bestimmung ist danach hinzunehmen, sofern
- sie durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist,
- vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist,
- solche Gründe tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sind,
- und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.*)
7. Zum Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen technischer Besonderheiten.*)
8. Bei Gesamtvergabe hat der Auftraggeber eine Einschätzungsprärogative, die lediglich bei einer groben, nicht mehr vertretbaren Fehleinschätzung zu beanstanden ist.*)
VolltextVPRRS 2012, 0286
VK Bund, Beschluss vom 23.07.2012 - VK 3-81/12
1. Auch im Verhandlungsverfahren mit vorangehendem Teilnahmewettbewerb trifft den Bieter die Obliegenheit, bei der Abgabe seines Angebotes zumindest die vom Auftraggeber aufgestellten Mindestanforderungen zu beachten und sein Angebot gemäß den Anforderungen abzugeben.
2. Weicht der Bieter mit seinem Angebot von den gestellten Mindestanforderungen ab, ist das Angebot vom Vergabeverfahren auszuschließen.
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