Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
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VPRRS 2012, 0233VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 13.04.2012 - 3 VK 5/11
Im Falle einer Erledigung des Verfahrens erfolgt die Entscheidung, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, gemäß § 128 Absatz 3 Satz 5 GWB nach billigem Ermessen. Im Rahmen dieses Ermessens ist vorrangig darauf abzustellen, wie das Verfahren aufgrund des bisherigen Sach- und Streitstandes ausgegangen wäre.
VolltextVPRRS 2012, 0232
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 23.08.2011 - 1 VK 02/11
1. Das Begehren eines Antragstellers, "das Vergabeverfahren in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen" genügt den Anforderungen des § 108 Absatz 1 Satz 2 GWB. Denn gemäß § 114 Absatz 1 Satz 2 GWB ist die Vergabekammer an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken.
2. Auch wenn die Vergabekammer den Sachverhalt von Amts wegen erforscht (§ 110 Absatz 1 Satz 1 GWB), so kann sie sich auf das beschränken, was von den Beteiligten vorgebracht wird oder der Vergabekammer sonst bekannt sein muss (§ 100 Absatz 1 Satz 2 GWB). Im Fall der Erledigung beschränkt sich die Grundlage der Entscheidung auf den bislang vorgebrachten Sach- und Streitstand.
3. Grundsätzlich stellt ein fehlende oder fehlerhafte Angabe hinsichtlich der Auftragskriterien und ihrer Gewichtung in den Vergabeunterlagen einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB dar.
VolltextVPRRS 2012, 0231
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 20.03.2012 - 1 VK 1/11
1. Ein Feststellungsinteresse rechtfertigt sich durch jedes nach vernünftigen Erwägungen und nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern.
2. Das Erfüllungsinteresse kann ein Anbieter nur dann mit Aussicht auf Erfolg geltend machen, wenn der Auftrag auch tatsächlich erteilt worden ist. Im Falle einer Aufhebung erhält der Bieter in jedem Fall keinen Zuschlag, so dass auch kein Erfüllungsinteresse bestehen kann. Ein Schadensersatzanspruch kommt aber nicht nur dann in Betracht, wenn dem übergangenen Bieter bei einer Fortsetzung des Vergabeverfahrens der Zuschlag zwingend zu erteilen gewesen wäre. Für den Ersatz des Vertrauensschadens genügt das Bestehen einer "echten Zuschlagschance" im Sinne von § 126 Satz 1 GWB.
3. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass Aufwendungen zur Rechtsverfolgung erstattungsfähig sein müssen.
4. Eine Wiederholungsgefahr liegt vor, wenn die Durchführung eines neuen, dem aktuellen ähnlichen Vergabeverfahrens in überschaubarer Zukunft (in einer Zeitspanne von bis zu fünf Jahren) absehbar ist und wenn die Klärung der im laufenden Nachprüfungsverfahren aufgeworfenen Rechtsfragen erkennbare Bedeutung für das künftige Vergabeverfahren haben wird.
VolltextVPRRS 2012, 0229
OLG München, Beschluss vom 28.02.2012 - Verg 16/11
Der Rechtspfleger am Beschwerdegericht ist gesetzlich nicht verpflichtet, die Kosten vor der Vergabekammer festzusetzen. Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht statt (GWB § 128 Abs. 4 Satz 5).
VolltextVPRRS 2012, 0228
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.05.2012 - Verg 5/12
1. Hilft der Auftraggeber im Vergabenachprüfungsverfahren dem Begehren des Antragstellers auf rechtlichen Hinweis der Vergabekammer hin ab und wird das Nachprüfungsverfahren daraufhin für erledigt erklärt, entspricht es der Billigkeit, dem Auftraggeber die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer aufzuerlegen.
2. Beteiligt sich die Beigeladene aktiv am Nachprüfungsverfahren und obsiegt der Antragsteller oder werden der Antragsgegnerseite aus Billigkeitsgründen die Kosten des Nachprüfungsverfahrens auferlegt werden, entspricht es der Billigkeit, die Beigeladene mit den Kosten (Gebühren und Auslagen) der Vergabekammer zu belasten.
3. Eine aktive Beteiligung am Nachprüfungsverfahren liegt bereits dann vor, wenn sich die Beigeladene schriftsätzlich zu den streitigen Rechtsfragen geäußert und die Zulässigkeit und Begründetheit des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin verneint hat. Eines förmlichen Antrags bedarf es darüber hinaus nicht.
4. Die Erstattung notwendiger Aufwendungen von Beteiligten kann bei übereinstimmender Erledigungserklärung nicht angeordnet werden, weil es hierfür an einer gesetzlichen Grundlage fehlt.
VolltextVPRRS 2012, 0227
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.04.2012 - 4 A 1055/09
1. Ein Zuwendungsempfänger, der aufgrund einer Bestimmung im Zuwendungsbescheid bei der Vergabe von Bauleistungen die Vorschriften der VOB/A zu beachten hat, muss die Bauleistungen grundsätzlich öffentlich ausschreiben.
2. Ein Verstoß gegen diese Auflage (hier: durch Vornahme einer beschränkte Ausschreibung) berechtigt den Zuwendungsgeber zu einem Widerruf des Zuwendungsbescheids und zu einer Rückforderung der Zuwendung.
VolltextVPRRS 2012, 0226
VK Bund, Beschluss vom 09.02.2012 - VK 3-6/12
Fehlende Haushaltsmittel können einen die Aufhebung einer Ausschreibung rechtfertigenden Grund bilden.
VolltextVPRRS 2012, 0225
OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.06.2012 - 1 U 357/11
1. Auch im vergaberechtlichen Unterschwellenbereich kann ein Bieter im Wege des Primärrechtschutzes die Unterlassung der Zuschlagserteilung begehren.*)
2. Der Anspruch folgt aus § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 280 Abs. 1 in Verbindung mit § 1004 Abs. 1 BGB analog. Die gerichtliche Prüfung ist daher nicht auf eine bloße Willkürkontrolle beschränkt.*)
VolltextVPRRS 2012, 0224
VK Bund, Beschluss vom 24.05.2012 - VK 3-45/12
1. Der öffentliche Auftraggeber hat in der Aufgabenbeschreibung, in der Bekanntmachung oder in der Aufforderung zur Angebotsabgabe alle Zuschlagskriterien anzugeben, deren Anwendung vorgesehen ist. Dabei ist auch anzugeben, wie die einzelnen Kriterien gewichtet werden.
2. Dem Auftraggeber ist verwehrt, die Vergabeentscheidung auf nicht bekannt gemachte Kriterien zu stützen. Dies gilt auch, wenn der Auftraggeber solche Kriterien im Nachhinein aufgestellt hat.
3. Hat ein Bieter vor Einleitung des Vergabeverfahrens den Auftraggeber beraten oder sonst unterstützt, hat der Auftraggeber sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme dieses Bieters nicht verfälscht wird. Allerdings ist der Ausschluss eines Projektanten nicht die zwangsläufige Folge einer Vorbefasstheit. Als ultima ratio kann ein vorbefasster Bieter nur dann ausgeschlossen werden, wenn eine Wettbewerbsverfälschung durch Ausgleich des Informationsvorsprungs des Projektanten nicht erfolgen kann.
4. Die Möglichkeit der Wettbewerbsverzerrung besteht auch bei solchen Unternehmen, die mit dem Projektanten personell, gesellschaftsrechtlich oder auch nur geschäftlich verbunden sind.
VolltextVPRRS 2012, 0223
VK Münster, Beschluss vom 29.03.2012 - VK 3/12
Anforderungen an die Gleichwertigkeit, wenn statt des Leitprodukts ein anderes Produkt angeboten wird.*)
VolltextVPRRS 2012, 0222
VK Lüneburg, Beschluss vom 02.04.2012 - VgK-08/2012
1. Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 c VOB/A sind Angebote, die den Bestimmungen des § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nicht entsprechen, auszuschließen. Hiervon ausgenommen sind nur Angebote, bei denen u.a. lediglich in einer einzelnen unwesentlichen Position die Angabe des Preises fehlt.
2. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A müssen die Angebote die geforderten Preise enthalten. Ergänzend enthielt Ziffer 3.6 der Bewerbungsbedingungen (Formblatt 212EG des VHB Bund) die Vorgabe, dass ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, nicht die von ihm geforderten Preise im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A benennt.
VolltextVPRRS 2012, 0221
VK Lüneburg, Beschluss vom 23.03.2012 - VgK-06/2012
Einen Bieterschutz entfaltet die Vorschrift des § 19 Abs. 6 Satz 1 VOL/A-EG ebenso wie § 16 Abs. 6 Satz 2 VOL/A grundsätzlich nur, wenn das an den Auftraggeber gerichtete Gebot, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen, den Ausschluss des als unangemessen niedrig gerügten Preisangebotes fordert. Diese Voraussetzungen sind zum einen gegeben, wenn Angebote mit einem unverhältnismäßig niedrigen Preis in der zielgerichteten Absicht einer Marktverdrängung abgegeben werden oder zumindest die Gefahr begründen, dass bestimmte Wettbewerber vom Markt ganz (und nicht nur von einer einzelnen Auftragsvergabe) verdrängt werden.
VolltextVPRRS 2012, 0220
VK Brandenburg, Beschluss vom 17.01.2012 - VK 55/11
Unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB ist die Rüge nur dann erhoben, wenn ohne schuldhaftes Zögern gerügt worden ist. Bei überschaubaren und einfach zu bewertenden Sachverhalten kann danach im Einzelfall auch eine Rügefrist von 1 bis 3 Tagen in Betracht kommen; in der Regel sind mindestens 3 - 5 Tage als Rügefrist einzuräumen.
VolltextVPRRS 2012, 0219
VK Brandenburg, Beschluss vom 19.04.2011 - VK 8/11
Für das Verständnis der Vergabeunterlagen kommt es nicht auf die Interpretation eines einzelnen Bieters, sondern auf die Sicht eines verständigen und sachkundigen Bieters (objektive sachkundige Empfängersicht) an. Aus Sicht des Bieters bestehende Unklarheiten sind durch eine Anfrage beim Auftraggeber auszuräumen.
VolltextVPRRS 2012, 0218
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.05.2011 - Verg 32/11
1. Das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer ist ein Verwaltungsverfahren, auf das grundsätzlich das jeweils geltende VwVfG Anwendung findet.
2. Eine Erledigung tritt zwar bereits mit einem Ereignis ein, welches den Gegenstand des Nachprüfungsantrages beseitigt. Nach § 114 Abs. 2 GWB hat der Eintritt eines erledigenden Ereignisses ebenso wie im Verwaltungsgerichtsprozess eine verfahrensbeendende Wirkung erst dann, wenn entsprechende übereinstimmende Erklärungen der Verfahrensbeteiligten vorliegen und der Antragsteller keinen Feststellungsantrag stellt.
VolltextVPRRS 2012, 0217
VK Brandenburg, Beschluss vom 20.09.2010 - VK 45/10
1. Allein ein beträchtlicher Preisabstand zwischen dem niedrigsten und dem nachfolgenden Angebot ist noch kein hinreichendes Merkmal für einen ungewöhnlich niedrigen Preis. Es müssen Anhaltspunkte dafür hinzukommen, dass der Niedrigpreis wettbewerblich nicht begründet ist.
2. Der Antragsteller kann erst im Nachprüfungsverfahren erkannte Vergaberechtsverstöße zum Gegenstand des Verfahrens machen, auch wenn sich der ursprüngliche Nachprüfungsantrag darauf zunächst nicht bezieht und zwar unabhängig davon, ob der ursprüngliche Nachprüfungsantrag zulässig war.
3. Es widerspricht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Vergabe und es ist nicht vereinbar mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsgebot, wenn ein Bieter Kenntnis von einem Vorab-Vergabevorschlag eines Konkurrenten erhält.
VolltextVPRRS 2012, 0216
VK Lüneburg, Beschluss vom 23.01.2012 - VgK-57/2011
Führt der Auftraggeber einen Realisierungswettbewerb durch, ist er nicht berechtigt, neben den Preisträgern des vorangegangenen Wettbewerbs auch die übrigen Teilnehmer am Verhandlungsverfahren über die Beauftragung zur Realisierung der Wettbewerbsaufgabe zu beteiligen.
VolltextVPRRS 2012, 0214
VK Brandenburg, Beschluss vom 11.11.2011 - VK 47/11
Der Auftraggeber hat in der Aufgabenbeschreibung oder der Vergabebekanntmachung oder der Aufforderung zur Angebotsabgabe alle Zuschlagskriterien anzugeben, deren Anwendung vorgesehen ist (VOF § 11 Abs. 4 Satz 1, 2). Er hat auch anzugeben, wie die einzelnen Kriterien gewichtet werden. Umgekehrt darf er keine Unterkriterien anwenden, die er den am Auftrag interessierten Unternehmen nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat.
VolltextVPRRS 2012, 0213
OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.06.2012 - 11 Verg 4/12
1. Öffentliche Auftraggeber können Aufträge grundsätzlich allein auf der Basis des niedrigsten Preises als Zuschlagskriterium vergeben.
2. An der Vereinbarkeit des § 97 Abs. 5 GWB mit Art. 53 Abs. 1 b Richtlinie 2004/18/EG bestehen erhebliche Zweifel, so dass Art. 53 Abs. 1 b Richtlinie 2004/18/EG (Preis als alleiniges Zuschlagskriterium) unmittelbar anzuwenden ist.
VolltextVPRRS 2012, 0212
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.05.2012 - Verg 68/11
1. Gegen eine Beteiligung freiwilliger Hilfsorganisationen an Ausschreibungen von Krankentransportleistungen ist vergaberechtlich grundsätzlich nichts einzuwenden.
2. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Bieters macht eine Prüfung der Eignung des betreffenden Bewerbers oder Bieters im einzelnen Fall nicht überflüssig.
VolltextVPRRS 2012, 0211
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.04.2012 - Verg 93/11
1. Das frühere grundsätzliche Verbot einer Aufbürdung ungewöhnlicher Wagnisse für Umstände und Ereignisse, auf die der Bieter keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann, gilt nach VOL/A nicht mehr.
2. Die Ausschreibungsbedingungen können nur noch unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit zu beanstanden sein.
3. Angeboten bei Rahmenvereinbarungen wohnen - in der Natur der Sache liegend und abhängig vom in der Regel ungeklärten und nicht abschließend klärbaren Auftragsvolumen - erhebliche Kalkulationsrisiken inne, die typischerweise vom Bieter zu tragen sind. Bei Rahmenvereinbarungen gelten die Gebote der Bestimmtheit, Eindeutigkeit und Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung nur eingeschränkt. Der in Aussicht genommene Auftragsumfang ist lediglich so genau wie möglich zu ermitteln (und bekannt zu geben), er braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden.
VolltextVPRRS 2012, 0210
VK Brandenburg, Beschluss vom 27.10.2011 - VK 44/11
Vereinbarungen, die lediglich Zusatzleistungen der gewerbsmäßigen Beförderung von Postsendungen eines Bieters betreffen, berechtigen oder vertraglich verpflichten die Vergabestellen nicht dazu, die verfahrensgegenständlichen Leistungen nicht auszuschreiben.
VolltextVPRRS 2012, 0209
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 - Verg 100/11
1. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht verpflichtet, eine Ausschreibung so zuzuschneiden, dass bestimmte Wirtschaftsteilnehmer und deren einzelwirtschaftliche Interessen bedient werden.
2. Eine Gesamtvergabe ist gerechtfertigt, sofern wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Bei der Entscheidung für eine Gesamtvergabe kommt dem Auftraggeber wegen der dabei anzustellenden prognostischen Überlegungen eine nur beschränkt zu kontrollierende Einschätzungsprärogative zu. Die Entscheidung des Auftraggebers ist lediglich darauf zu prüfen, ob sie auf einer vollständigen und zutreffenden Tatsachengrundlage beruht sowie aus vernünftigen Erwägungen heraus und im Ergebnis vertretbar getroffen worden ist.
VolltextVPRRS 2012, 0208
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.01.2012 - 2 VK LSA 33/11
1. Versäumt es der Auftraggeber, bei mehreren Angeboten die Eingangsvermerke mit einem Namenszug zu versehen, verstösst er gegen die Regelungen des § 17 EG Abs. 1 VOL/A.
2. Ein Vermerk i.S. § 17 EG Abs. 1 VOL/A dient der Beweissicherung. Er muss daher in einem förmlichen Verfahren den Aussteller erkennen lassen.
3. Ein Verstoß gegen § 17 EG Abs. 3 VOL/A liegt vor, wenn der Auftraggeber das Verpackungsmaterial nicht in Gänze behält, weil dadurch für die Bieter und die Nachprüfungsinstanzen eine umfassende Dokumentation des Verfahrens nicht sicher gestellt sein muss. Auf eine Verwahrung des Verpackungsmaterials kann demzufolge erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens verzichtet werden.
VolltextVPRRS 2012, 0207
LG Bad Kreuznach, Beschluss vom 20.04.2012 - 2 O 77/12
1. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung scheitert nicht grundsätzlich an dem Nichterreichen der maßgeblichen Schwellenwerte nach § 100 Abs. 1 GWB.
2. In einem Vergabeverfahren nach VOB/A kann sich ein Unterlassungsanspruch im einstweiligen Verfügungsverfahren auch bei einer Verletzung des § 16 Abs. 6 VOB/A ergeben.
3. Bei der Streitwertfestsetzung kommt eine analoge Anwendung des § 50 Abs. 2 GKG in Betracht.
VolltextVPRRS 2012, 0206
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.05.2012 - Verg 104/11
1. Erstellt der Auftraggeber ein produktneutrales Leistungsverzeichnis, in welches die Bieter nur ihre Angebotspreise eintragen müssen, sind die Bieter grundsätzlich nur dazu verpflichtet, zu den angebotenen Preisen die im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Leistungen in mittlerer Art und Güte zu erbringen.
2. Das Angebot eines Bieters wegen eines Verstoßes gegen die anerkannten Regeln der Technik scheidet aus, wenn der Auftraggeber die Konstruktionsweise und die Ausführung der Leistung im Leistungsverzeichnis im Einzelnen vorgegeben hat.
VolltextVPRRS 2012, 0205
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.04.2012 - Verg 61/11
1. Nach Ablauf der Angebotsfrist ist eine Änderung des Angebots ausgeschlossen; eine solche Änderung kann auch nicht einvernehmlich im Wege eines Aufklärungsgesprächs erfolgen. Erklärungen zu bestimmten Herstellern und Typen sind keine Angebotsänderungen.
2. Bei einer hersteller- und produktneutralen Ausschreibung bleibt der erfolgreiche Bieter grundsätzlich frei, ein Produkt von mittlerer Art und Güte seiner Wahl zu liefern.
3. Eine Preisdifferenz von knapp 12% liegt weit unter der Aufgreifschwelle, deren Erreichen der Auftraggeber zum Anlass nehmen muss, die Höhe des Angebots zu überprüfen. Diese Schwelle liegt bei einem Preisabstand von 20% zum nächsthöheren Angebot.
VolltextVPRRS 2012, 0204
OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.05.2012 - Verg W 5/12
1. Ein Bieter, der oft nur über beschränkte Informationen verfügt, darf im Vergabenachprüfungsverfahren behaupten, was er redlicherweise für wahrscheinlich oder möglich halten darf, etwa wenn es um Vergabeverstöße geht, die sich ausschließlich in der Sphäre der Vergabestelle abspielen oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen. Für eine ordnungsgemäße Rüge reichen jedoch pauschale und unsubstantiierte "ins Blaue hinein" erhobene Behauptungen nicht aus.
2. Nimmt ein Bieter ihm bekannte Tatsachen zum Anlass, auf eine möglicherweise unzutreffende Wertung zu schließen, so können die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge erfüllt sein.
VolltextVPRRS 2012, 0203
OLG Koblenz, Beschluss vom 13.06.2012 - 1 Verg 2/12
1. Der Auftraggeber ist berechtigt, das auftragsbezogene Eignungsprofil über Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit zu definieren. Ein Bieter, der den Mindestanforderungen nicht genügt, kommt mangels Eignung nicht als Auftragnehmer in Frage.*)
2. Bei der Festlegung des auftragsbezogenen Eignungsprofils ist der Auftraggeber weitgehend frei. Die Grenze zur Rechtswidrigkeit ist erst überschritten, wenn eine Forderung unzumutbar ist oder nicht mehr der Befriedigung eines mit Blick auf das konkrete Beschaffungsvorhaben berechtigten Informations- und/oder Prüfungsbedürfnisses dient, sondern ohne jeden sachlichen Grund ausgrenzend und damit wettbewerbsbeschränkend wirkt.*)
3. Es ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, wenn ein entsorgungspflichtiger Landkreis sich bei der Erfüllung einer wichtigen öffentlichen Aufgabe nur eines Unternehmens bedienen will, das eine entsprechende Leistung zumindest schon einmal für eine andere kommunale Gebietskörperschaft mit einer bestimmten Größe erbracht hat oder derzeit erbringt.*)
4. Der Auftraggeber darf jedenfalls nach Angebotsabgabe nicht zugunsten einzelner Bieter auf die Erfüllung seiner Vorgaben verzichten.*)
VolltextVPRRS 2012, 0202
OLG Schleswig, Beschluss vom 30.05.2012 - 1 Verg 2/12
1. Eine insolvenzbedingte Leistungsunfähigkeit des Nachunternehmers ist dem Hauptunternehmer wie eine eigene Leistungsunfähigkeit - und damit Ungeeignetheit - zuzurechnen. Dies kann dazu führen, dass das Angebot des Hauptunternehmers für eine Zuschlagerteilung nicht in Betracht kommt.
2. Die allgemeine, mit jeder Auftragsvergabe verbundene Gefahr, dass ein Bieter/Auftragnehmer - mehr oder weniger zeitnah - nach Zuschlagserteilung insolvent wird, muss jeder Auftraggeber hinnehmen. Der Fall der Insolvenz bzw. der auf eine Insolvenzeröffnung gerichtete Antrag vor Zuschlags-/Auftragserteilung eröffnet einen Entscheidungsspielraum des Auftraggebers zum Bieterausschluss, wenn dem Bieter infolge dieser Umstände "die für die Erfüllung der vertraglichen Pflicht erforderliche Eignung" (Leistungsfähigkeit) abhanden gekommen ist.
3. Die Insolvenz des Bieters an sich ist für einen Ausschluss nicht ausreichend. Erforderlich ist auch eine - einzelfallbezogene - Prognose zur entfallenen bzw. zur fortbestehenden Leistungsfähigkeit des betroffenen Unternehmens.
VolltextVPRRS 2012, 0201
VK Bund, Beschluss vom 25.05.2012 - VK 3-54/12
Die Erbringung von Bauleistungen im Rahmen des Bundesautobahnbaus ist eine Maßnahme der Verwaltung der Bundesautobahnen, die die Bundesländer im Wege der Bundesauftragsverwaltung wahrnehmen. Für die Nachprüfung eines solchen Vergabeverfahrens ist Vergabekammer des jeweiligen Landes zuständig. Das gilt auch dann, wenn der öffentliche Auftraggeber in der Veröffentlichung der Ausschreibungsunterlagen die Vergabekammer des Bundes als zuständige Stelle für das Nachprüfungsverfahren benennt.
VolltextVPRRS 2012, 0200
VK Brandenburg, Beschluss vom 02.04.2012 - VK 6/12
1. Die Überschreitung der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel erst jenseits einer Abweichung von 10% stellt einen schwerwiegenden Grund im Sinne von § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A dar, der die Vergabestelle zur Aufhebung der Ausschreibung berechtigt.
2. Bei einer in Lose geteilten Ausschreibung ist bezüglich der Überschreitung des Budgets auf das Gesamtvolumen der Baumaßnahme abzustellen.
VolltextVPRRS 2012, 0199
VK Bund, Beschluss vom 07.05.2012 - VK 3-33/12
1. Die Vergabeunterlagen sind aus der Sicht eines sachkundigen Bieters auszulegen.
2. Ist aus den Ausschreibungsunterlagen erkennbar, dass eine Anlage vollautomatisiert arbeiten soll, erfüllt ein Profilgreifer, der eine manuelle Einstellung erfordert, die gestellten technischen Anforderungen nicht. Ein derartiges Angebot ist wegen Abweichens von den Vorgaben aus der Wertung auszuschließen.
VolltextVPRRS 2012, 0198
OLG Koblenz, Beschluss vom 31.05.2012 - 1 Verg 2/11
Ist Ziel des Nachprüfungsantrags, dass die Gesamtleistung losweise oder mit einem anderen Loszuschnitt vergeben wird, bemisst sich der Gegenstandswert nach dem Wert der Teilleistung, an deren Erbringung der Antragsteller interessiert ist.*)
VolltextVPRRS 2012, 0197
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.03.2012 - Verg 91/11
1. Ein irreführender Hinweis ist nicht geeignet, eine Frist in Gang zu setzen.
2. § 8 EG VOL/A sieht das Verbot der Überwälzung ungewöhnlicher Wagnisse auf den Bieter nicht (mehr) vor.
3. Es liegt kein Verstoß gegen die Verpflichtung des Auftraggebers vor, den mutmaßlichen Auftragsumfang soweit wie möglich zu ermitteln und bekannt zu geben (§ 4 Abs. 1 S. 2 VOL/A), wenn eine solche Prognose wegen der Natur der Sache nicht möglich ist.
VolltextVPRRS 2012, 0196
VK Münster, Beschluss vom 08.06.2012 - VK 6/12
1. "Sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber" im Sinne des § 104 Abs. 2 GWB können auch die Bestimmungen aus §§ 19 und 20 GWB, aus § 1 und § 46 Abs. 2 EnWG und dem § 3 KAV sein, so dass diese der Nachprüfung durch eine Vergabekammer unterliegen.*)
2. Vergabeverfahren nach dem GWB/SektVO und die Konzessionsvergaben nach dem EnWG können grundsätzlich separat erfolgen.*)
3. Findet hingegen eine Verknüpfung zwischen diesen beiden Verfahren - beispielsweise über ein Zuschlagskriterium - statt, müssen bei dem Vergabeverfahren nach der SektVO auch die Vorgaben aus dem EnWG, dem § 3 KAV und den §§ 19 und 20 GWB berücksichtigt werden.*)
VolltextVPRRS 2012, 0195
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2012 - Verg 90/11
Die Ausschreibungsbedingungen sind unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit nicht zu beanstanden, wenn der Bieter gewisse Preis- und Kalkulationsrisiken, namentlich solche, die ihm typischerweise ohnedies obliegen, tragen soll.
VolltextVPRRS 2012, 0194
OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.05.2012 - 11 Verg 2/12
Zur Berechnung des Schwellenwerts bei der Vergabe juristischer Beratungsleistungen sind die Auftragswerte mehrerer Teillose zu addieren, nicht hingegen die Auftragswerte mehrerer Fachlose.
VolltextVPRRS 2012, 0193
EuGH, Urteil vom 07.06.2012 - Rs. C-615/10
Art. 10 Richtlinie 2004/18/EG in Verbindung mit Art. 296 Abs. 1 Buchst. b EG ist dahin auszulegen, dass er einen Mitgliedstaat nur dann ermächtigt, einen öffentlichen Auftrag, den ein öffentlicher Auftraggeber im Verteidigungsbereich für die Beschaffung eines Gegenstands vergibt, der zwar eigens für militärische Zwecke verwendet werden soll, aber auch weitgehend gleichartige zivile Möglichkeiten der Nutzanwendung bietet, von den in der genannten Richtlinie vorgesehenen Verfahren auszunehmen, wenn dieser Gegenstand aufgrund seiner Eigenschaften - auch infolge substanzieller Veränderungen - als speziell für militärische Zwecke konzipiert und entwickelt angesehen werden kann; dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.*)
VolltextVPRRS 2012, 0192
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.04.2012 - Verg 95/11
1. Die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung darf vier Jahre grundsätzlich nicht überschreiten.
2. Soll die Vertragslaufzeit länger als vier Jahre betragen, muss der Auftraggeber diesen eng zu begrenzenden Sonderfall "aufgrund des Gegenstands der Rahmenvereinbarung" rechtfertigen, wobei der Auftragsgegenstand oder andere besondere Umstände herangezogen werden können.
VolltextVPRRS 2012, 0191
BGH, Urteil vom 03.04.2012 - X ZR 130/10
1. Zu der Ausschlusssanktion für Angebote, welche geforderte Erklärungen nicht enthalten, korrespondiert die Verpflichtung der Auftraggeber, die Vergabeunterlagen so eindeutig zu formulieren, dass die Bieter diesen Unterlagen deutlich und sicher entnehmen können, welche Erklärungen von ihnen wann abzugeben sind. Genügen die Vergabeunterlagen dem nicht, darf der Auftraggeber ein Angebot nicht ohne Weiteres wegen Fehlens einer entsprechenden Erklärung aus der Wertung nehmen.*)
2. Will ein Bieter im Schadensersatzprozess geltend machen, die Verpflichtung, seine vorgesehenen Nachunternehmer schon zum Ende der Angebotsfrist namhaft zu machen oder gar die sie betreffenden Eignungsnachweise bis dahin beizubringen, sei unzumutbar gewesen und habe deshalb unbeachtet bleiben können, muss er die tatsächlichen Umstände darlegen, aus denen sich die Unzumutbarkeit ergeben soll.*)
VolltextVPRRS 2012, 0190
VK Bund, Beschluss vom 31.01.2012 - VK 3-3/12
1. Ein Bieter kann die ihm günstigen Bewertungen seines Konzeptes zu anderen Losen nicht selektiv heranziehen, um eine bessere Bewertung zu erzielen.
2. Der Vergabestelle ist bei der Prüfung, ob ein Angebot den durch die Bewertungsmatrix aufgestellten Einzelvorgaben entspricht, ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Bei der Vergabe von Wertungspunkten ist ihr ein Ermessen zuzuerkennen.
3. Nur die Angebote der Bieter, die zu einem Los abgegeben wurden, stehen in Konkurrenz zueinander. Deshalb muss lediglich sichergestellt sein, dass in Bezug auf das jeweilige Einzellos eine gleichförmige und willkürfreie Behandlung der hierzu abgegebenen Angebote gewährleistet ist.
VolltextVPRRS 2012, 0189
VK Nordbayern, Beschluss vom 07.03.2012 - 21.VK-3194-03/12
1. Nach § 19 EG Abs. 2 VOL/A können zwar Erklärungen und Nachweise, die auf Anforderung der Auftraggeber bis zum Ablauf der Angebotsfrist nicht vorgelegt wurden, nachgefordert werden. Der Auftraggeber ist jedoch nicht verpflichtet, fehlende Erklärungen oder Nachweise nachzufordern. Es ist anerkannt, dass das Wort "kann" im Vergaberecht dem Auftraggeber ein Ermessen einräumt und ihn nicht etwa zur Vornahme der Handlungen verpflichtet, die er vornehmen kann. Der Auftraggeber kann also ein unvollständiges Angebot von der Wertung ausschließen, ohne von der Nachforderungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Sofern der öffentliche Auftraggeber von einem Nachfordern absieht, muss er ein unvollständiges Angebot jedoch von der Wertung gemäß § 19 EG Abs. 3 Buchst. a) VOL/A ausschließen, selbst wenn nur Preisangaben in unwesentlichen Einzelpositionen fehlen.*)
2. Im Streitfall entscheiden Vergabekammern nicht über die Eignung eines Unternehmens. Sie prüfen lediglich nach, ob die Entscheidung, einem Unternehmen die Eignung zu- oder abzusprechen, den eigenen Vorgaben des Auftraggebers gerecht wird, eine rechtlich und tatsächlich tragfähige Grundlage hat und vertretbar ist.*)
VolltextVPRRS 2012, 0188
VK Bund, Beschluss vom 25.01.2012 - VK 1-174/11
1. Der Wettbewerbsgrundsatz gilt nicht nur für die Angebotswertung nach Maßgabe der bekanntgegebenen Zuschlagskriterien als letzte Stufe der Wertung, sondern im gesamten Vergabeverfahren und damit auch für die Auswahl eines Bieterkreises im Teilnahmewettbewerb. Dies schließt mit ein, dass für die Auswahl der Bieter Auswahlkriterien bestimmt werden, die einen Wettbewerb der Teilnehmer zulassen. Die entsprechenden Auswahlkriterien sind dabei so zu fassen, dass danach diejenigen Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, die die bestmögliche Leistung erwarten lassen.
2. Das Losverfahren als Auswahlmechanismus genügt wettbewerblichen Anforderungen grundsätzlich nicht. Denn es hat nicht die Auswahl der besten Bewerber zum Ziel, sondern führt zu einer zufälligen Bewerberauswahl.
VolltextVPRRS 2012, 0187
VK Lüneburg, Beschluss vom 01.12.2011 - VgK-53/2011
1. Auch wenn weder eine Verurteilung vorliegt noch Anklage erhoben wurde, kann ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer eines Bieters wegen Bestechung als schwere Verfehlung im Sinne des § 6 EG Abs. 6 c VOL/A eingestuft werden und zum Ausschluss des Bieters führen.
2. In einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren, das eine Bundesauftragsangelegenheit im Sinne der Art. 85, 90 Abs. 2 GG zum Gegenstand hat, ist das Land und nicht der Bund Antragsgegner.
VolltextVPRRS 2012, 0186
VK Lüneburg, Beschluss vom 10.02.2012 - VgK-44/2011
Für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages genügt es, wenn der Bieter schlüssig einen durch die Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können. Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit.
VolltextVPRRS 2012, 0185
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2012 - Verg 37/11
1. Solange der Antragsteller sein Primärbegehren aufrechterhält (oder dieses gegebenenfalls durch Zwischenentscheidung nach mündlicher Verhandlung zurückgewiesen worden ist, vgl. OLG Jena, Beschluss vom 09.09.2002 - 6 Verg 4/02), hat die Vergabekammer darüber innerhalb der Entscheidungsfrist zu entscheiden; eine Erledigung setzt zumindest eine Erledigungserklärung des Antragstellers voraus.
2. Die Vorschrift des § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB ist auch dann anwendbar, wenn der Auftraggeber zwar mit mehreren Unternehmen verhandelt hat, aber die notwendige Bekanntmachung unterlassen hat.
3. Betrifft der Zweck eines Vertrages die Daseinsvorsorge, steht dies der Anwendung des Vergaberechts nicht grundsätzlich entgegen.
VolltextVPRRS 2012, 0184
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.03.2012 - Verg 4/12
1. Der Auftraggeber hat bereits in der Vergabebekanntmachung anzugeben, welche Nachweise zur Beurteilung der Eignung vom Bieter vorzulegen sind. Diese müssen im Einzelnen aufgeführt werden, damit sich die Bieter darauf einstellen und sich rechtzeitig die entsprechenden Nachweise beschaffen können.
2. Die Angaben der Bekanntmachung zu den mit dem Angebot vorzulegenden Eignungsnachweisen müssen zudem klar und widerspruchsfrei sein. Unklarheiten und Widersprüche gehen zu Lasten des Auftraggebers.
VolltextVPRRS 2012, 0183
VK Lüneburg, Beschluss vom 04.01.2012 - VgK-54/2011
1. Ein Schaden im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB ist dann gegeben, wenn durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß und die damit einhergehende Rechtsverletzung die Aussicht des Antragstellers, den Zuschlag zu erhalten, zumindest verschlechtert worden sein könnte. Dabei reicht es grundsätzlich aus, dass nach der Darstellung eines Antragstellers eine Verletzung eigener Rechte möglich erscheint.
2. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden.
3. Im Rahmen der Gleichbehandlung geführte Nachverhandlungen sind nur zulässig, um Zweifelsfragen zum Inhalt des Angebotes zu klären, nicht aber unvollständige Angebotsunterlagen zu ergänzen. Das grundsätzliche Verbot von Verhandlungen im Rahmen der Aufklärung des Angebotsinhalts erfasst nicht nur die Änderung angebotener Preise, sondern auch Änderungen von für die Vergabe maßgeblichen Bedingungen.
VolltextVPRRS 2012, 0182
VK Berlin, Beschluss vom 14.10.2011 - VK-B 2-24/11
Ein aufgehobenes Verhandlungsverfahren bildet mit dem vorangegangenen Offenen Verfahren keinen einheitlichen Vorgang in dem Sinne, dass ein Nicht-Rügen der Aufhebung des Offenen Verfahrens die Nachprüfung der (gesondert gerügten) Aufhebung des nachfolgenden Verhandlungsverfahrens hindert.*)
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