Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10875 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2012
VPRRS 2012, 0083OLG Naumburg, Beschluss vom 13.01.2012 - 2 Verg 13/11
Zur Festsetzung des Gegenstandswertes des gerichtlichen Beschwerdeverfahrens.
VolltextVPRRS 2012, 0082
OLG Celle, Beschluss vom 12.01.2012 - 13 Verg 8/11
1. Der Auftraggeber muss grundsätzlich alle am Auftrag interessierten Unternehmen alle Kriterien und deren relative Bedeutung, die bei der Bestimmung dieses Angebots berücksichtigt werden, im Zeitpunkt der Vorbereitung der Angebote bekannt machen. Es dürfen keine Unterkriterien oder Gewichtungsregeln angewendet werden, die der Auftraggeber den Bietern nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat.
2. Der Vergabestelle kommt bei der Prüfung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu. Die Ausübung des Beurteilungsspielraums ist durch die Vergabenachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbar. Gegenstand der Überprüfung ist, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen worden ist, keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und die Wertungsentscheidungen sich im Rahmen der Gesetze und der allgemein gültigen Beurteilungsmaßstäbe halten.
3. Das Vergabeverfahren ist von Anbeginn an fortlaufend zu dokumentieren, insbesondere sind die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen festzuhalten. Grundsätzlich müssen die niedergelegten Gründe für die getroffenen Entscheidungen so detailliert sein, dass sie für einen mit der Sachlage des jeweiligen Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar sind.
4. Nach § 57 Abs. 2 NGO in der seinerzeit maßgeblichen Fassung ist der Verwaltungsausschuss für diejenigen Angelegenheiten zuständig, die nicht der Beschlussfassung des Rates unterliegen. Nach § 40 Abs. 1 Nr. 11 NGO beschließt der Rat ausschließlich über die Verfügung von Gemeindevermögen. Hat der Rat allerdings bereits zuvor dem Grunde und der Höhe nach seine Zustimmung zu einer rechtsgeschäftlichen Verfügung über das Gemeindevermögen erteilt, so dass nur noch der haushaltsmäßige Vollzug der bereits getroffenen Entscheidung verbleibt, so bedarf es keines zusätzlichen Ratsbeschlusses.
5. Das Nachprüfungsverfahren dient nicht der allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle. Vergaberechtsfehler von Amts wegen aufzugreifen, kommt nach der Rechtsprechung des Senats nur dann in Betracht, wenn ein Fehler vorliegt, der es unmöglich macht, das Vergabeverfahren fortzusetzen.
VolltextVPRRS 2012, 0081
VK Brandenburg, Beschluss vom 25.08.2011 - VK 35/11
Das Akteneinsichtsrecht ist nur in dem Umfang gegeben, in dem es zur Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin aus § 97 Abs. 7 GWB erforderlich ist. Das ist bei einem offensichtlich unzulässigen Nachprüfungsantrag nicht der Fall.
VolltextVPRRS 2012, 0080
VK Nordbayern, Beschluss vom 11.11.2011 - 21.VK-3194-33/11
Für die Überprüfung der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen ist der Rechtsweg zu den Nachprüfungsinstanzen nicht eröffnet. Nach Art. 1 Abs. 1 der Rechtsmittelrichtlinie (2007/66/EG) ist der Anwendungsbereich des Rechtsschutzes auf den Anwendungsbereich der VKR (2004/18/EG) beschränkt, so dass Dienstleistungskonzessionen (gemäß Art. 17 VKR) von dem Bereich ausgenommen sind.*)
VolltextVPRRS 2012, 0079
VK Brandenburg, Beschluss vom 29.11.2011 - VK 50/11
1. Das Kriterium der fachlichen Qualifikation ist nicht geeignet, sich in irgendeiner Weise auf die Kalkulation des Angebotspreises auszuwirken.
2. Es kann dahinstehen, ob die Anforderungen des Kriteriums "fachliche Qualifikation" auf die Eignung des Bieters oder auf die Leistung bezogen sind; in beiden Fällen hat der Bieter die dafür erforderlichen Kosten in sein Angebot gleichermaßen "einzupreisen".
3. Ein Bieter kann seinen Nachprüfungsantrag nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel gerade auch auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben könnten.
4. Eine Begründung von Wertungs- und Unterkriterien im Vergabevermerk zählt nicht zu den Mindestanforderungen einer Dokumentation im Sinne des § 24 EG Abs. 2 VOL/A 2009.
VolltextVPRRS 2012, 0078
VK Brandenburg, Beschluss vom 06.12.2011 - VK 52/11
1. Die Rügeobliegenheit verlangt, dass jeder einzelne (wirklich geschehene oder vermutliche) Vergaberechtsverstoß, den der Antragsteller zum Gegenstand der Nachprüfung machen will, gerügt werden muss. Rügen, die nur pauschal die Fehlerhaftigkeit des Vergabeverfahrens angreifen oder die nur die abstrakte Möglichkeit einer Rechtsverletzung in den Raum stellen, sind unzulässig.
2. Nur weil ein Preis unter den anderen liegt, heisst es noch lange nicht, dass das diesen Preis bietende Unternehmen die Leistungen nicht über die gesamte Vertragslaufzeit ausführen kann.
3. Rügen "ins Blaue hinein" sind nicht Erfolg versprechend.
VolltextVPRRS 2012, 0077
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.06.2011 - 1 VK LSA 01/11
1. Erst mit Zustimmung des Auftraggebers kann die avisierte antragstellerseitige Erklärung einer Rücknahme seines Angebotes ein Ausscheiden aus dem Wettbewerb bedeuten.*)
2. Die Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB findet nur Anwendung, wenn auf diese Rechtsbehelfsfrist in der Bekanntmachung hingewiesen wurde.
3. Bei unklaren und missverständlichen Vorgaben in der Aufgabenstellung einschließlich der Wertungskriterien ist die 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens zu wiederholen.*)
VolltextVPRRS 2012, 0076
BGH, Urteil vom 23.01.2012 - X ZB 5/11
1. Auf Dienstleistungskonzessionen ist der Vierte Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auch in der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (24. April 2009) geltenden Fassung nicht anzuwenden.*)
2. Welcher Rechtsweg für Streitigkeiten aus der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen eröffnet ist, ergibt sich aus denselben Grundsätzen, die für die Bestimmung des Rechtswegs bei Streitigkeiten aus der Vergabe öffentlicher Aufträge mit einem die Schwellenwerte der Vergabeverordnung unterschreitenden Volumen gelten. Für die Überprüfung der Vergabe einer Dienstleistungskonzession sind die ordentlichen Gerichte zuständig, wenn die Vergabe durch privatrechtlichen Vertrag erfolgt. Erfolgt die Vergabe hingegen in den Formen des öffentlichen Rechts, gehört der Rechtsstreit vor die Verwaltungsgerichte.*)
3. Der Vergabesenat kann ein nach § 116 GWB vor ihn gelangtes Nachprüfungsverfahren an das Gericht des zulässigen Rechtswegs verweisen, wenn es eine Dienstleistungskonzession zum Gegenstand hat.*)
VolltextVPRRS 2012, 0075
OLG Köln, Urteil vom 31.01.2012 - 3 U 17/11
1. Ersatz seines entgangenen Gewinns kann ein grundsätzlich ersatzberechtigter übergangener Bieter nur dann erhalten, wenn er ohne den Verstoß und bei auch ansonsten ordnungsgemäßer Vergabe den Zuschlag hätte erhalten müssen.
2. Ist in den Verdingungsunterlagen eine Leistungszeit von 16 Tagen vorgesehen und bezeichnet ein Bieter dies in seinem Begleitschreiben als nicht realisierbar, so hat er sein Angebot unter der Bedingung einer Abänderung der vorgegebenen Leistungszeit abgegeben. Eine solche Änderung der Verdingungsunterlagen führt zum zwingenden Ausschluss des Angebots.
VolltextVPRRS 2012, 0074
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.12.2011 - Verg 101/11
Die Angabe von Anfangs- und Endtermin in der Bekanntmachung bedeutet nicht zwingend die Festlegung desjenigen Zeitraums, in dem die Leistung für den Auftraggeber von Interesse und zwingend zu erbringen ist. Derartige Termine können auch, vorausgesetzt den Bietern ist dies bekannt, den Stand der Planung zum Zeitpunkt der Bekanntmachung widerspiegeln und den Bietern die für ihre Planung und Kalkulation erforderliche Kenntnis hinsichtlich des frühestmöglichen Zeitpunkts der Auftragsvergabe vermitteln wollen.
VolltextVPRRS 2012, 0073
VK Brandenburg, Beschluss vom 01.11.2011 - VK 46/11
1. Die Zurückweisung eines Nachprüfungsantrages gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB ohne mündliche Verhandlung als "offensichtlich unbegründet" sollte die Ausnahme bleiben, die nur dann aus prozessökonomischen Gründen statthaft ist, wenn eine Verhandlung von vornherein unnötig und für das Ergebnis irrelevant erscheint.
2. Verfügt ein Bieter über kein Personal, darf er sich auf die technische Leistungsfähigkeit anderer Unternehmen berufen, vorausgesetzt, dass der Bewerber den Nachweis darüber führt, dass ihm die erforderlichen Mittel des anderen Unternehmens bei der Erfüllung des Auftrags auch zur Verfügung stehen.
3. Sind die Geschäftsführer zweier Gesellschaften identisch und beruft sich die eine darauf, dass sie auf die technischen oder personellen Mittel der anderen zugreifen kann, um dadurch als Bieter in einem Vergabeverfahren zugelassen zu werden, so ist dies nicht ohne hierauf bezogene Verpflichtungserklärungen zulässig. Die Personenidentität der Geschäftsführer lässt nicht zwingend den Schluss auf die Verpflichtung eines der Unternehmen zur Überlassung technischer oder personeller Mittel an das andere Unternehmen zu.
VolltextVPRRS 2012, 0072
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.10.2010 - 1 VK LSA 15/10
Zur Abgrenzung zwischen Dienstleistungsauftrag und Dienstleistungskonzession bei Rettungsdienstleistungsaufträgen.
VolltextVPRRS 2012, 0071
LG Bonn, Urteil vom 31.03.2011 - 14 O 81/09
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2012, 0070
VK Brandenburg, Beschluss vom 17.10.2011 - VK 39/11
1. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein durchschnittlicher Bieter die Rechtsprechung des BGH oder des EuGH kennt und um die rechtsfehlerhafte Vermengung von Zuschlags- und Eignungskriterien weiß.
2. Die in § 19 Abs. 6 S. 1 VOL/A EG geregelte Pflicht des Auftraggebers, ein im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheinendes Angebot aufzuklären, ist bieterschützend nur für den Bieter, der durch die von ihm behauptete unzureichende Auskömmlichkeitsprüfung vom Ausschluss bedroht ist.
3. § 19 Abs. 6 S. 2 VOL/A EG dient in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers vor der Eingehung eines wirtschaftlichen Risikos. Ein Bieter grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass ein Mitbieter wegen eines unangemessen niedrigen Preises vom Vergabeverfahren ausgeschlossen wird.
4. "Erkennbar" i.S.d. § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 3 GWB ist das, was sich bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt erschließt. Dabei muss der Vergabefehler sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht erkennbar gewesen sein.
5. Die Rügeobliegenheit verlangt, dass jeder einzelne (wirklich geschehene oder vermutliche) Vergaberechtsverstoß, den der Antragsteller zum Gegenstand der Nachprüfung machen will, gerügt werden muss. Der Bieter, der in die vergaberechtlichen Vorgänge keinen Einblick hat, darf im Vergabenachprüfungsverfahren behaupten, was er auf der Grundlage seines oft beschränkten Informationsstandes redlicherweise für wahrscheinlich und möglich halten darf. Laienhafte Ausführungen, die ein Mindestmaß an Sustantiierung einhalten, reichen aus.
6. Bei den Transportkosten handelt es sich um ein auftragsbezogenes, nämlich die umweltgerechte Entsorgung von Siedlungsabfällen betreffendes Kriterium. Ihre Einbeziehung im Rahmen der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots ist gerechtfertigt.
VolltextVPRRS 2012, 0069
OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.01.2012 - Verg W 19/11
Ist eine Dienstleistungskonzession rechtlich nicht zulässig, besteht kein Wahlrecht des Auftragsgebers zwischen Dienstleistungskonzession und Dienstleistungsauftrag. Die Wahl einer rechtlich unzulässigen Dienstleistungskonzession ist ein klares Anzeichen für eine Umgehung des Vergaberechts.
VolltextVPRRS 2012, 0068
OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.12.2011 - 11 Verg 8/11
1. Ein (vermeintlicher) Vergabeverstoß, von dem der Bieter durch Akteneinsicht Kenntnis erlangt, muss so rechtzeitig im Nachprüfungsverfahren geltend gemacht werden, dass keine Verzögerung des Verfahrens eintritt.*)
Erhält der Bieter längere Zeit vor der mündlichen Verhandlung Akteneinsicht durch Übersendung einer Kopie des Vergabevermerks, so ist die darauf gestützte Rüge eines Dokumentationsmangels präkludiert, wenn sie erstmals in einem nachgelassenen Schriftsatz im Anschluss an die mündliche Verhandlung vor der Vergabekammer vorgetragen wird. Eine Rüge, die die Vergabekammer zu Recht als präkludiert ansieht, kann auch im Beschwerdeverfahren nicht mehr geltend gemacht werden.*)
2. Das Gleichbehandlungsgebot verpflichtet die Vergabestelle, die Angebote aller Bieter auszuschließen, die aufgrund unterschiedlicher gleichwertiger Mängel zwingend auszuschließen sind (Anschluss an OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.02.2007 - 17 Verg 5/06, ibr-online). Von einem gleichwertigen Mangel ist auch auszugehen, wenn ein Angebot schon aus formalen Gründen (fehlende Eignungsnachweise) und ein anderes aus materiellen Gründen (mangelnde Eignung) auszuschließen ist.*)
VolltextVPRRS 2012, 0067
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.08.2011 - 1 VK LVwA 19/09
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2012, 0066
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.06.2011 - 1 VK 29/11
1. Alle Erklärungen, die der Auftraggeber dadurch, dass er sie gefordert hat, als Umstände ausgewiesen hat, deren Vorlage für die weiteren Entscheidungen relevant sein sollen, haben vorzuliegen, da ansonsten keine in jeder Beziehung vergleichbare Angebote vorliegen. Unerheblich ist hierbei, ob es sich um wettbewerbserhebliche Erklärungen handelt oder um solche, deren Fehlen keinen Einfluss auf die Preise, den Wettbewerb oder die Eindeutigkeit des Angebots haben.
2. Dem § 5 Abs. 6 VOF lässt sich nicht entnehmen, dass es unzulässig sei, den Nachweis darüber, dass Unterauftragnehmer zur Verfügung steht, bereits mit dem indikativen Angebot zu fordern.
3. § 5 Abs. 6 VOF richtet sich an die Bieter, die schon von sich aus die entsprechenden Verpflichtungserklärungen vorzulegen haben, wenn sie Unterauftragnehmer einzusetzen gedenken.
4. § 5 Abs. 6 VOF regelt nicht die Frage, ob und zu welchem Zeitpunkt der Auftraggeber seinerseits den Nachweis, ob Unterauftragnehmer zur Verfügung stehen, verlangen kann.
VolltextVPRRS 2012, 0065
VK Sachsen, Beschluss vom 05.12.2011 - 1/SVK/043-11
1. Die Vorschrift des § 9 Abs. 1 VOL/A, wonach die Allgemeinen Vertragsbedingungen (VOL/B) grundsätzlich zum Vertragsgegenstand zu machen sind, ist bieterschützend. Allerdings lässt § 9 Abs. 1 VOL/A ein Abweichen von den Bestimmungen der VOL/B zu. Der Ausschluss der VOL/B bedingt deshalb noch keine Verletzung von Bieterrechten.
2. Der öffentliche Auftraggeber ist gehalten, in den Vertragsbedingungen für eine angemessene Risikoverteilung zu sorgen. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, bestimmt sich bei einer VOL/A-Vergabe nach den allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätzen der Gleichbehandlung, Diskriminierungsfreiheit und Transparenz.
VolltextVPRRS 2012, 0064
VK Lüneburg, Beschluss vom 14.02.2012 - VgK-05/2012
1. Die Rüge muss angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich innerhalb von 1 bis 3 Tagen erfolgen. Auch bei einer ggf. notwendigen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erfüllt eine Rügefrist von mehr als einer Woche das Zeitkriterium des § 107 Abs. 3 GWB zumindest regelmäßig nicht. Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt wird, kann einem Bieterunternehmen allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe erfordert.
2. Eine Rüge per Telefax, die erst nach den üblichen Bürozeiten der Vergabestelle eingeht, gilt erst am darauf folgenden Arbeitstag als zugegangen.
3. Die Rechtsprechung des EuGH vom 28.01.2010 (IBR 2010, 159) steht der Präklusionsregelung des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB nicht entgegen.
4. Die Wiederherstellung der Zuverlässigkeit des Beteiligten eines Feuerwehrbeschaffungskartells setzt nicht nur voraus, dass das betroffene Unternehmen bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt, personelle Konsequenzen zieht und Compliance-Maßnahmen zur Vorbeugung ergreift, um vergleichbaren Verstößen vorzubeugen. Vielmehr sind auch Pläne zur Schadenswiedergutmachung beim Mutterunternehmen einzuholen.
5. Ohne Beteiligung an der Schadenswiedergutmachung, sei es zunächst in Gestalt der Mitwirkung an der Schadensaufklärung, ist angesichts der außerordentlich schweren Rechtsverletzungen bei dem in Rede stehenden Feuerwehrbeschaffungskartell eine Wiederherstellung der vergaberechtlichen Zuverlässigkeit nicht denkbar.
6. Auch die Insolvenz des Auftragnehmers ist ein möglicher Grund, die vergaberechtliche Eignung zu verneinen.
7. Ein Nachprüfungsantrag ist unbegründet, wenn das Angebot von den technischen Vorgaben des Leistungsverzeichnisses abweicht.
VolltextVPRRS 2012, 0063
OLG Celle, Beschluss vom 07.11.2011 - 13 Verg 9/11
1. Von einem durchschnittlichen Bieter kann nicht erwartet werden, dass er die Rechtsprechung des BGH und des EuGH zur fehlerhaften Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien kennt und daher um die Relevanz einer etwaig rechtsfehlerhaften Vermengung von Zuschlags- und Eignungskriterien weiß.
2. Als "Zuschlagskriterien" sind Kriterien ausgeschlossen, die nicht der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen, sondern die im Wesentlichen mit der Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des betreffenden Auftrags zusammenhängen.
VolltextVPRRS 2012, 0062
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.12.2011 - 1 VK 64/11
1. § 19 EG Abs. 6 VOL/A 2009 dient grundsätzlich nur dem Schutz der Vergabestelle.
2. Der Auftraggeber ist bei einem Unterkostenangebot nur dann zum Ausschluss verpflichtet, wenn dieses in der zielgerichteten Absicht abgegeben wurde, den Konkurrenten nicht nur aus einer einzelnen Auftragsvergabe, sondern gänzlich vom Markt zu verdrängen und hierdurch zumindest die konkrete Gefahr begründet wird, dass dieser Fall auch tatsächlich eintritt.
3. Es müssen nachvollziehbare sachliche Gründe dafür vorliegen, dass wegen schwerer Verfehlungen in der Vergangenheit auch für den konkret zu vergebenden Auftrag schwere Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bewerbes bestehen.
4. Es ist zwar möglich, die technische Leistungsfähigkeit eines Bieters im Rahmen der Eignung zu prüfen, doch setzt das voraus, dass der Auftraggeber bereits in der Bekanntmachung angibt, welche Punkte er hierbei zu prüfen gedenkt bzw. welche Angaben und Nachweise er hierfür verlangt.
VolltextVPRRS 2012, 0061
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.12.2011 - Verg 99/11
Der öffentliche Auftraggeber darf bei Fallgestaltungen, in denen es in besonderem Maße auf eine laufende und jederzeitige Lieferfähigkeit des Auftragnehmers ankommt, das mit der Auftragsvergabe an ein einziges Unternehmen verbundene Risiko eines (vollständigen oder teilweisen) Lieferungsausfalls oder einer Lieferverzögerung durch eine Loslimitierung vermeiden.
VolltextVPRRS 2012, 0060
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.12.2011 - Verg 96/11
1. Das grundsätzliche Verbot, dem Bieter oder Auftragnehmer in der Leistungsbeschreibung oder in sonstigen Vergabeunterlagen ungewöhnliche Wagnisse für Umstände oder Ereignisse aufzubürden, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einfluss auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann, ist aus der VOL/A 2006 nicht in die Neuregelung der VOL/A 2009 übernommen worden (vgl. § 7 VOL/A, § 8 EG VOL/A). Es besteht als solches nicht mehr und ist auch nicht mehr anzuwenden.
2. Regelungen, die vergaberechtlich nach früherem Recht als Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses zu tadeln waren, lassen sich nach derzeit geltender Rechtslage in Einzelfällen allenfalls in der Regel unter dem Gesichtspunkt der (Un-)Zumutbarkeit einer für Bieter oder Auftragnehmer kaufmännisch vernünftigen Kalkulation beanstanden.
3. Es stellt sich nicht als unzumutbare Risikoverlagerung dar, wenn der Bieter/Auftragnehmer gewisse Preis- und Kalkulationsrisiken tragen soll, die vertragstypischerweise ohnedies ihm obliegen.
VolltextVPRRS 2012, 0059
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.11.2011 - Verg 94/11
Hat der Auftraggeber bei gewissen Entscheidungen einen Beurteilungsspielraum, so darf er diese Dritten nicht überlassen; das ist jedoch bei der Prüfung, ob formale Anforderungen erfüllt sind, nicht der Fall.
VolltextVPRRS 2012, 0058
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.01.2012 - 1 VK 69/11
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2012, 0057
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.01.2012 - 1 VK 68/11
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2012, 0056
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.01.2012 - 1 VK 67/11
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2012, 0452
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.01.2012 - 1 VK 66/11
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2012, 0055
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.12.2011 - Verg 77/11
1. § 73c SGB V geht grundsätzlich den allgemeinen Vorschriften des nationalen Vergaberechts vor.
2. Eine Ausschreibung ist nach Art. 35 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18/EG bei nichtprioritären Dienstleistungen, wie es medizinische Dienstleistungen darstellen, nicht erforderlich. Eine öffentliche Auschreibung ist jedoch gem. § 73c Abs. 3 SGB V ausnahmslos durchzuführen.
3. Unbefristete Verträge über nichtprioritäre freiberufliche Leistungen sind aus wettbewerblichen Gründen unzulässig.
VolltextVPRRS 2012, 0054
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.09.2011 - 2 VK LSA 30/10
Zu der Frage, wann Vergabeverstöße gerügt werden müssen, insbesondere, wann diese Vergabeverstöße für den Bieter erkennbar sind.
VolltextVPRRS 2012, 0053
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.07.2011 - 2 VK LSA 30/10
Zu der Frage, ob die Vergabekammer befangen ist, wenn auf Seiten des Antragstellers und des Antragsgegners jeweils ein ehrenamtlicher Beisitzer selbst zu den Verfahrensbeteiligten gehört.
VolltextVPRRS 2012, 0052
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 02.02.2012 - 2-03 O 151/11
1. Ein Anspruch auf Ersatz des positiven Interesses ist nur dann gegeben, wenn feststeht, dass dem Bieter bei ordnungsgemäßer Durchführung des Vergabeverfahrens der Zuschlag hätte erteilt werden müssen.
2. Demgegenüber besteht ein Anspruch auf das positive Interesse nicht, wenn das Angebot des Schadensersatz begehrenden Bieters von der Vergabe zwingend auszuschließen war.
VolltextVPRRS 2012, 0051
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.08.2011 - VK 2-20/11
Gemäß § 97 Abs.1 GWB hat die Beschaffung von Waren, Bau - und Dienstleistungen für öffentliche Auftraggeber im Wege transparenter Vergabeverfahren zu erfolgen. Das Transparenzgebot verpflichtet die Vergabestelle den Verfahrensverlauf mitzuteilen und davon nicht überraschend oder willkürlich abzuweichen.
VolltextVPRRS 2012, 0050
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.04.2010 - VK 2-9/10
1. § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB kann aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 28. Januar 2010 (Rs. C-406/08) derzeit grundsätzlich nicht angewandt werden.*)
2. Prüfungsmaßstab für die Erkennbarkeit eines Verstoßes gegen das Vergaberecht im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 3 GWB ist die Erkenntnismöglichkeit eines durchschnittlichen Bieters.*)
3. Der Bieter soll aufgrund der Bekanntmachung klar und zweifelsfrei erkennen können, ob er für die Abgabe eines Angebots in Frage kommt. Er muss sich anhand der Bekanntmachung überlegen können, ob er die geforderten Nachweise erbringen kann und auf welche Weise.*)
4. Bei einem vorgeschalteten Teilnahmeverfahren ist die Eignung grundsätzlich anhand der mit dem Teilnahmeantrag vorgelegten Nachweise zu prüfen.*)
VolltextVPRRS 2012, 0049
OLG München, Beschluss vom 24.01.2012 - Verg 16/11
1. Der Auftraggeber darf vor Ablauf der Beschwerdefrist den Zuschlag nicht erteilen. Die Beschwerdefrist erstreckt sich über einen Zeitraum von zwei Wochen. Sie beginnt mit Zustellung des Beschlusses der Vergabekammer.
2. Ob die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch einen öffentlichen Auftraggeber notwendig ist und deshalb dessen Kosten im Vergabeverfahren nach § 128 Abs. 4 Satz 3 und 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG zu erstatten sind, kann nicht schematisch, sondern nur anhand einer differenzierten Betrachtung des Einzelfalles entschieden werden und richtet sich nach den objektiv anzuerkennenden Erfordernissen im jeweiligen Einzelfall nach einer ex-ante-Prognose.
VolltextVPRRS 2012, 0048
OLG München, Beschluss vom 19.01.2012 - Verg 17/11
Ein Vertrag, in welchem eine Gemeinde einer Brauerei das Exklusivrecht einräumt, einen Festwirt bei einer von der Gemeinde veranstalteten Festwoche mit Bier zu beliefern und in welchem die Gemeinde ihrerseits sich dazu verpflichtet, dem Festwirt vertraglich aufzuerlegen, nur dieses Bier auszuschenken, stellt mangels Beschaffungsvorgang keinen öffentlichen Vertrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB dar.*)
VolltextVPRRS 2012, 0047
VK Lüneburg, Beschluss vom 04.10.2011 - VgK-26/2011
1. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Verfahrensfehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht aus § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen.
2. Der Preis ist nach dem deutschen Vergaberecht zwar das wichtigste, aber nicht das allein entscheidende Kriterium. Dazu kommen weitere Zuschlagskriterien wie etwa Qualität, technischer Wert, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften usw.
3. Im Gegensatz etwa zu Lieferleistungen haben qualitative Aspekte bei Dienstleistungen immer auch Bezug zur Fachkunde und Leistungsfähigkeit des Bieterunternehmens und damit zu Eignungskriterien im Sinne des § 6 Abs. 3 VOL/A. Daher ist ein striktes Auseinanderhalten im Einzelfall schwierig.
4. Gem. § 14 Abs. 3 VOL/A ist die gesamte Dokumentation des Vergabeverfahrens, einschließlich der Angebotsöffnung, vetraulich und sorgfältig zu behandeln, um etwa Konkurrenten keine Kenntnis der Angebotsinhalte vor der Zuschlagserteilung zu ermöglichen und somit einen unverfälschten Wettbewerb zu gewährleisten. Neben der direkten Weitergabe der Niederschruft stellen auch andere Angaben daraus, die in anderer Form, wie z.B. durch eine Presemittelung der Vergabestelle verlautbart werden, einen Verstoß gegen des Geheimhaltungsverbot der Niederschrift dar.
VolltextVPRRS 2012, 0046
VK Lüneburg, Beschluss vom 23.09.2011 - VgK-36/2011
1. Die grds. auftraggeberschützende Norm des § 16 Abs. 6 Satz 2 VOL/A entfaltet einen Bieterschutz nur, wenn das an den Auftraggeber gerichtete Gebot, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen, den Ausschluss des als unangemessen niedrig gerügten Preisangebots fordert.
2. Bieterschutz gem. § 16 Abs. 6 Satz 2 VOL/A ist gegeben, wenn Angebote mit einem unverhältnismäßig niedrigen Preis in der zielgerichteten Absicht einer Marktverdrängung abgegeben werden oder zumindest die Gefahr begründen, dass bestimmte Wettbewerber vom Markt ganz (und nicht nur von einer einzelnen Auftragsvergabe) verdrängt werden.
3. § 16 Abs. 6 Satz 2 VOL/A schützt auch den Wettbewerber, der sich gleichfalls an der Ausschreibung beteiligt hat und zu Recht erwartet, dass seinem Angebot nicht ein unseriös kalkuliertes Angebot vorgezogen wird, bei dem die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung möglicherweise nicht sichergestellt ist.
4. Die Frage, ab welchem Preisabstand der Auftraggeber Anlass zu Zweifeln an der Angemessenheit des Preises haben muss, hängt vom Einzelfall, insbesondere vom Auftragsgegenstand und von der Marktsituation ab. Für den Liefer- und Dienstleistungsbereich ist eine Differenz zum nächsthöheren Gebot i.H.v. 20% als Orientierungshilfe angemessen.
5. Die 20% Schwelle ist jedoch nur als Indiz heranzuziehen. Etwa bei leistungsfähigeren Bietern kann es verschiedenste Gründe geben, im Einzelfall auch ein nicht auskömmliches oder jedenfalls sehr knapp kalkuliertes Angebot abzugeben. Solche Angebote sind im Sinne eines Wettbewerbs erwünscht, solange an der ordnungsgemäßen Durchführung der Leistung keine Zweifel bestehen.
6. Erscheint einem Auftraggeber der günstigste Preis zu niedrig, so hat er auf Aufklärung durch den Bieter hinzuwirken und darf nicht von unzureichend ermittelten Sachverhalten oder irrealistischen eigenen Vergleichszahlen ausgehen.
VolltextVPRRS 2012, 0045
VK Bund, Beschluss vom 08.07.2011 - VK 1-75/11
Nach § 19 Abs. 3 SektVO kann der Auftraggeber fehlende Erklärungen und Nachweise grundsätzlich nachfordern. Das dem Auftraggeber hierbei zustehende Ermessen ist allerdings auf Null reduziert, wenn nach den Bewerbungsbedingungen die Nachforderung von "allen zu Preisen gehörigen Unterlagen" von vornherein ausgeschlossen ist. Liegt dem Angebot eines Bieters das geforderte Kalkulationsschlussblatt über die Gesamtangebotssumme nicht bei und sind die darin geforderten Angaben auch nicht den weiteren Angebotsunterlagen zweifelsfrei zu entnehmen, muss das Angebot ausgeschlossen werden.
VolltextVPRRS 2012, 0044
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27.04.2010 - VK 1-4/10
Von der Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB kann aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 28.01.2010 (IBR 2010, 159) derzeit kein Gebrauch gemacht werden.
VolltextVPRRS 2012, 0043
OLG Jena, Beschluss vom 23.12.2011 - 9 Verg 3/11
1. Entschließt sich ein öffentlicher Auftraggeber, Leistungen des öffentlichen Personennahverkehrs im Sinne des § 8 Abs. 1 PBefG europaweit auszuschreiben, so gehört die Frage, ob er zuvor geprüft hat, ob eine ausreichende Verkehrsbedienung durch eigenwirtschaftliche Verkehrsleistungen möglich ist, nicht zum Prüfungsumfang im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren nach den §§ 102 ff. GWB (ebenso OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.03.2011, VII Verg 48/10).*)
2. Weist die Vergabekammer einen Vergabenachprüfungsantrag ohne mündliche Verhandlung als unzulässig ab, rechtfertigt das in der Regel eine deutliche Herabsetzung der Verfahrensgebühr.*)
VolltextVPRRS 2012, 0042
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.02.2010 - VK 1-53/10
1. Sog. Cent-Preise rechtfertigen nur dann einen Ausschluss des Angebots, wenn nachweislich eine Mischkalkulation vorliegt oder Preise in Abweichung von der Kalkulation unvollständig angegeben werden.
2. Die Kalkulation ist Angelegenheit und Risiko des Bieters. Niedrig kalkulierte Preise führen grundsätzlich nicht zum Angebotsausschluss wegen Unzuverlässigkeit des Bieters. Ein Ausschlussgrund ist erst dann gegeben, wenn der Gesamtpreis des Angebots unauskömmlich ist.
VolltextVPRRS 2012, 0041
BGH, Beschluss vom 25.10.2011 - X ZB 5/10
1. Die Bemessung der Gebühr für ihre Amtshandlungen liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Vergabekammer. Auszugehen ist hierbei vom Wert des Verfahrensgegenstands, unter dem Gesichtspunkt verminderten oder erhöhten personellen bzw. sachlichen Aufwands abgewandelt werden kann.*)
2. Gegen die Gebührenentscheidung der Vergabekammer findet die sofortige Beschwerde statt. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.*)
VolltextVPRRS 2012, 0040
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.04.2011 - 1 VK LVwA 18/09
1. Es ist ein unzulässiges ungewöhnliches Risiko, wenn bei einer Vertragslaufzeit von sechs Jahren nur für die ersten zwei Jahre Kosten- und Leistungsverzeichnisse vorgesehen sind.*)
2. Es kann im Einzelfall unzulässig sein und bestimmte Bieter benachteiligen, das Vorhalten von Kapazitäten zu verlangen, soweit hierfür keine Kosten erstattet werden sollen.*)
3. Die Regelungen zu Angebotsfristen sind bieterschützend.*)
VolltextVPRRS 2012, 0039
VK Lüneburg, Beschluss vom 12.12.2011 - VgK-52/2011
1. Die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB kann erst dann entfallen, wenn die Zuschlagerteilung auf das Angebot der jeweiligen Antragstellerin von vornherein und offensichtlich ausgeschlossen ist, weil z.B. etwaige Gründe zum Ausschluss der Antragstellerin evident vorliegen.
2. Die Begründung eines Nachprüfungsantrags muss zwingend eine Beschreibung der behaupteten Rechtsverletzung mit zugehöriger Sachverhaltsdarstellung enthalten. Bei einem Vortrag "ins Blaue hinein" - nämlich ohne konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für einen möglichen Vergaberechtsverstoß - ist dagegen die Vergabekammer von der Notwendigkeit einer Sachaufklärung von Amts wegen gem. § 110 Abs. 1 GWB entbunden.
3. Gem. § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Als unverzüglich gilt ein Zeitraum innerhalb von ein bis drei Tagen.
4. Eine spätere, deutlich nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebrachte Veränderung eines konkretisierten Angebotsinhaltes ist eine nachträgliche Änderung des Angebots und als solche gemäß § 18 Satz 2 VOL/A-EG nicht zulässig.
5. Die in § 18 VOL/A-EG enthaltene allgemeine Aufklärungsbefugnis ist mit einem Nachverhandlungsverbot verbunden. Sie soll die anderen Bieter davor schützen, dass einem Bieter die Gelegenheit eingeräumt wird, durch nachträgliche Änderung seines Angebots einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu erzielen.
6. Der öffentliche Auftraggeber ist bei einer geringen Abweichung (unter 20 %) nicht zur weiteren Aufklärung des Preises nach § 19 Abs. 6 VOL/A-EG als ungewöhnlich niedrig verpflichtet.
VolltextVPRRS 2012, 0038
VK Niedersachsen, Beschluss vom 28.07.2011 - VgK-27/2011
1. Die katholische Kirche in Deutschland ist weder institutioneller öffentlicher Auftraggeber i.S d. § 98 Nr. 1 GWB, noch ein solcher i.S.d. § 98 Nr. 2 GWB.
2. Als öffentlich-rechtliche Körperschaft sui generis ist die katholische Kirche eine juristische Person des öffentlichen Rechtes und kann daher in bestimmten Fällen funktionaler öffentlicher Auftraggeber i. S. des § 98 Nr. 5 GWB sein.
3. Bei einer Domsanierung handelt es sich am ehesten um die Errichtung einer Erholungs- oder Freizeiteinrichtung. Der Begriff der Freizeiteinrichtung gem. § 98 Nr. 5 GWB ist dabei als wertungsfreier Sammelbegriff für alle Orte zu verstehen, die von der überwiegenden Mehrzahl der Benutzer während deren Freizeit aufgesucht werden. Darunter fallen im Zweifel auch Orte der Religionsausübung, wenn sie zugleich die Funktion einer historisch oder kulturell bedeutsamen Stätte innehaben.
4. § 98 Nr. 5 GWB enthält keine Wertung, sondern ausschließlich die bundesgesetzliche Übernahme der europarechtlichen Definition von Baumaßnahmen im öffentlichen Interesse.
VolltextVPRRS 2012, 0036
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.05.2011 - 1 VK LSA 58/10
1. Die Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB verstößt nicht gegen höherrangiges europäisches Recht.*)
2. Der Zeitpunkt der inhaltlichen Kenntnisnahme von der anwaltlich aufbereiteten Infopost ist vorliegend mit dem Zeitpunkt des Erkennens der vermeintlichen Vergaberechtswidrigkeit des Auftraggeberverhaltens gleichzusetzen.*)
3. Es kann nicht von einer bloßen Verdachtsrüge gesprochen werden, wenn im Bekanntmachungstext die Zulassung von Nebenangeboten unter gleichzeitiger Festlegung des ausschließlichen Zuschlagskriteriums Preis angegeben ist und der Bieter diesbezüglich eine anwaltliche Infopost vorab erhalten hat.*)
4. Wenn die anwaltliche Beratung durch die anwaltliche Infopost bereits erfolgte, ist eine am sechsten Tag erfolgte Rüge nicht mehr unverzüglich.*)
VolltextVPRRS 2012, 0035
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.10.2011 - 1 VK LSA 17/11
1. Die Verlängerung der Genehmigung nach § 15 RettDG SA ist gleichzeitig zumindest konkludent auch die Verlängerung der Verträge über die weitere Leistungserbringung.*)
2. Der Zeitraum der Verlängerung ist auch für den Streitwert als Vertragslaufzeit anzusetzen.*)
VolltextVPRRS 2012, 0034
VK Berlin, Beschluss vom 15.08.2011 - VK B 2-22/11
1. Eine Rüge, die im Rahmen des Angebots abgegeben wird, erfolgt innerhalb der Frist zur Angebotsabgabe.*)
2. Rügen können nicht vorsorglich ausgesprochen werden.*)
3. Der rügende Bieter ist verpflichtet, das seinerseits Notwendige und Zumutbare zu tun, um die Klärung der vorgeworfenen Rechtsverstöße in jedem Stadium des Vergabeverfahrens effektiv voranzubringen. Hierzu kann es erforderlich sein, dass er zunächst allgemein vorgebrachte Einwände im Laufe eines Verhandlungsverfahrens konkretisiert.*)
4. Eine Rüge kann sich erledigen, wenn der ihr zugrunde liegende Verstoß im Verhandlungsgespräch ausgeräumt wird und der Bieter keine erneuten Einwände vorbringt.*)
5. Zum notwendigen Inhalt eines Informations- und Absageschreibens.*)
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