Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
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VPRRS 2009, 0371VK Hessen, Beschluss vom 01.10.2008 - 69d-VK-45/2008
1. Mutmaßende Behauptungen eines Antragstellers erfüllen in Abgrenzung zu einer unzulässigen Verdachtsrüge die Voraussetzungen für eine inhaltlich ordnungsgemäße Rüge gemäß § 107 Abs. 3 GWB, wenn die Mutmaßungen durch allgemein behauptete und zugängliche Informationen - wie beispielsweise Produktinformationen - bedingt sind.*)
2. Verlangt ein Auftraggeber eine kostenlose Bereitstellung von Hilfsmaterialien (hier: Transportumschläge für Postdienstleistungen), kann damit nach objektivem Verständnis nur die Absicht des Auftraggeber nach Freistellung von einer diesbezüglichen Vergütung, nicht aber die kostenlose Erbringung einer Leistung in dem Sinne verstanden werden, dass der Auftragnehmer diese Leistung als kostenlose "Wohltat" erbringt.*)
3. Wertungsrelevante Annahmen, die zum Zeitpunkt der Wertung nicht mit der erforderlichen Sicherheit prognostizierbar sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.*)
4. Für eine positive Kenntnis eines Rechtsverstoßes im Rahmen einer Rüge des gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist es ausreichend, dass dem Antragsteller Tatsachen bekannt sind, die bei vernünftiger Würdigung einen Mangel des Vergabeverfahrens darstellen können. Hängt dies von einer rechtlichen Wertung ab, muss diese jedenfalls nach der gängigen praktischen Handhabung oder einer Parallelwertung in der Laiensphäre zu einem Mangel des Vergabeverfahrens führen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0370
VK Hessen, Beschluss vom 14.10.2008 - 69d-VK-41/2008
1. Die Beteiligten eines Vergabeverfahrens haben im Hinblick auf die Über- oder Unterschreitung des maßgeblichen Schwellenwertes nach § 3 Abs. 2 VgV eine Kostenschätzung der Vergabestelle dann hinzunehmen, wenn sie aufgrund objektiv vorliegender und erkennbarer Daten als vertretbar erscheint. Daran fehlt es etwa, wenn die Kostenschätzung auf erkennbar unrichtigen Daten beruht, wichtige Aspekte außer Betracht lässt oder pauschal und auf ungeprüft anderen Kalkulationsgrundlagen beruhende Werte übernimmt. Die Kostenschätzung ist als ein der eigentlichen Ausschreibung vorgeschalteter Vorgang mit Unsicherheiten und Unwägbarkeiten behaftet; sie kann nicht an den gleichen Maßstäben wie das Angebot der Teilnehmer am Ausschreibungsverfahren gemessen werden, d. h. sie kann also aus nachträglicher Sicht durchaus unvollkommen sein.*)
2. Der der Vergabestelle bei der Ermittlung des Auftragswertes zustehende Beurteilungsspielraum, ist von der Vergabekammer im Nachprüfungsverfahren zu beachten.*)
3. Sofern sich die Kostenschätzung an der aktuellen Marktlage nach objektiven Kriterien orientiert hat und auf der Grundlage einer sorgfältigen betriebswirtschaftlichen Planung durchgeführt wurde, ist in der Regel nicht von einer unzulässigen Umgehung der Vergabevorschriften auszugehen. Allerdings steigen die Anforderungen an die Genauigkeit der Wertermittlung und ihrer Dokumentation in dem Maße, je mehr sich der Auftragswert dem Schwellenwert nähert.*)
4. Kommt es nach der Aufhebung einer Ausschreibung erneut zu einem Vergabeverfahren, so ist die Mindestvoraussetzung für eine Antragsbefugnis in einem erneuten Nachprüfungsverfahren, dass sich ein Antragsteller mit einem eigenen Angebot auch an der zweiten Ausschreibung beteiligt hat.*)
VolltextVPRRS 2009, 0369
VK Hessen, Beschluss vom 30.07.2008 - 69d-VK-34/2008
1. Bei der Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne Öffentliche Vergabebekanntmachung können nach Festlegung des Bieterkreises durch den Auftraggeber diese Bieter keine Bietergemeinschaft mehr bilden.*)
2. Eine solche nachträglich gebildete Bietergemeinschaft ist unter Berücksichtigung der Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu Gunsten der übrigen aufgeforderten Bieter auszuschließen.*)
3. Eine solche nachträglich gebildete Bietergemeinschaft ist auch keine Teilnehmerin am Verhandlungsverfahren und kann insoweit keine Rechte im Sinne der § 97 Abs. 2 GWB (Gleichbehandlung) und § 97 Abs. 7 GWB (Verletzung subjektiver Rechte im Zusammenhang mit der Durchführung des Verhandlungsverfahrens) geltend machen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0368
OLG Koblenz, Beschluss vom 21.04.2009 - 1 Verg 2/09
1. Die Vergabestelle darf den Teilnehmerkreis im wettbewerblichen Dialog reduzieren, wenn sie in der Bekanntmachung angibt, dass sie das Verfahren phasenweise zur schrittweisen Verringerung der Zahl der Lösungen durchführt.
2. Die vergaberechtlichen Grundsätze zwingen die Vergabestelle nicht, einem Unternehmen im Voraus mitzuteilen, dass und warum es in einer Zwischenwertung schlecht abschneidet und deshalb Gefahr läuft, die nächste Dialogrunde nicht zu erreichen.
VolltextVPRRS 2009, 0367
VK Hessen, Beschluss vom 30.03.2009 - 69d-VK-66/2008
1. Für die Zulässigkeit eines Feststellungsantrags nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB ist Voraussetzung, dass der Nachprüfungsantrag überhaupt zulässig war.
2. Hierfür ist ein Sachvortrag erforderlich, aus welchem sich schlüssig ergibt, dass gerade durch den ursprünglich gerügten Vergaberechtsverstoß die Aussichten auf die Berücksichtigung der Bewerbung beeinträchtigt worden sein konnten.
3. Allein der Verstoß gegen die Pflicht zur europaweiten Ausschreibung verletzt nicht ohne Weiteres die Rechte eines Bieters, der durch eine andere Form der Veröffentlichung über die Vergabeabsicht informiert und daher auch in die Lage versetzt wurde, durch Anforderung der Verdingungsunterlagen sein Interesse zu bekunden und ein Angebot abzugeben.
4. Hatte ein Bieter die Möglichkeit, von der streitigen Ausschreibung Kenntnis zu erhalten und wäre jedenfalls in der Lage gewesen, sich an der Ausschreibung zu beteiligen, ist ein möglicher "Schaden" daher nicht auf einen Vergabestoß auf Seiten der Vergabestelle zurückzuführen.
5. Eine den Anforderungen des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsprechende Rüge muss erkennen lassen, welcher Sachverhalt aus welchem Grund als Verstoß gegen Vergabevorschriften angesehen wird. Zwar sind an Form und Inhalt einer Rüge keine besonders hohen Anforderungen zu stellen, jedoch muss bei der Rüge, dass der maßgebliche Schwellenwert gemäß § 2 VgV überschritten wird, beispielsweise der Hinweis darauf enthalten sein, dass dies wegen der Einbeziehung auch der Optionsleistungen (§ 3 Abs. 6 VgV) der Fall gewesen ist. Allein die Feststellung, die ausgeschriebenen Dienstleistungen würden "den Schwellenwert des Gesamtauftrages von 206.000,00 Euro" überschreiten, lässt nicht erkennen, aufgrund welcher Berechnung im Einzelnen dies der Fall sein soll.
VolltextVPRRS 2009, 0366
VK Münster, Beschluss vom 22.09.2009 - VK 13/09
1. Hebt die Vergabestelle ihre Ausschreibung nach Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens auf, dann können die Kosten des Nachprüfungsverfahrens der Vergabestelle gemäß § 128 Abs. 3 Satz 3 GWB auferlegt werden, soweit feststeht, dass diese die Aufhebung der Ausschreibung zu vertreten hat.*)
2. Die Regelung in § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB, wonach der Antragsteller die Kosten zu tragen hat, wenn sich der Antrag vor einer Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweitig erledigt hat, ist nachrangig zu Satz 3 des § 128 Abs. 3 GWB.*)
3. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse wirtschaftlicher Art kann bei einer solchen Konstellation auch in der Abwendung einer nachteiligen Auslagenerstattung liegen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0365
VK Sachsen, Beschluss vom 13.08.2009 - 1/SVK/034-09
1. Eine vergaberechtsfreie Dienstleistungskonzession ist anzunehmen, wenn die vereinbarte Art der Vergütung im Recht des Dienstleistungserbringers zur Verwertung seiner eigenen Leistung besteht und impliziert, dass der Auftragnehmer das mit den fraglichen Dienstleistungen verbundene Betriebsrisiko übernimmt. Zur Annahme dieses Betriebsrisikos ist es ausreichend, wenn bei der Essensversorgung von Schulen und Kindertagesstätten die Vergütung auf Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages von den Sorgeberechtigten direkt an den Auftragnehmer bezahlt wird und der öffentliche Betreiber der Einrichtungen weder eine Mindestabnahmemenge, noch Portionszahlen garantiert.*)
2. Wenn der Antragsteller im Vorfeld des Vertragsschlusses geäußert hat, er sehe keine Ausschreibungspflicht, jedoch später noch rechtzeitig rügt, es bestünde eine Ausschreibungspflicht, ist hierin nicht notwendigerweise ein treuwidriges widersprüchliches Verhalten zu sehen. Es ist dem potentiellen Bieter, der u. U. laienhafte Kenntnisse des Vergaberechts hat, zuzugestehen, seine Rechtsmeinung, -insbesondere bei komplexeren Fragen des Vergaberechts- auch zu seinen Gunsten zu ändern. Die Rechtsordnung sanktioniert nicht jedes widersprüchliche Verhalten ohne weiteres, indem sie dagegen den Einwand der Verwirkung oder des "venire contra factum proprium" zulässt. Rechtsmissbräuchlich wird ein solches Vorgehen eines Bieters erst, wenn die Vergabestelle aufgrund besonderer Umstände auf einen entsprechenden Rügeverzicht des Bieters vertrauen durfte.*)
VolltextVPRRS 2009, 0364
VK Nordbayern, Beschluss vom 14.10.2009 - 21.VK-3194-45/09
1. Der Begriff der wettbewerbsbeschränkenden Abrede im Sinne des § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A ist mit Blick auf den das gesamte Vergabeverfahren beherrschenden Wettbewerbsgrundsatz (§ 97 Abs. 1 GWB; § 2 Nr. 1 VOL/A) weit auszulegen und deshalb nicht auf gesetzeswidriges Verhalten beschränkt, sondern umfasst auch alle sonstigen Absprachen und Verhaltensweisen eines Bieters, die mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsgebot unvereinbar sind. Es ist mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsprinzip schlechterdings unvereinbar, wenn ein Bieter an der Ausschreibung teilnimmt, dem (ganz oder teilweise) das Angebot oder zumindest die Angebotsgrundlagen eines Mitbewerbers um den Zuschlag bekannt sind.*)
2. Die Angaben in den Verdingungsunterlagen sind gegenüber den Angaben in der Bekanntmachung nachrangig. Bei Unstimmigkeiten gilt daher die Bekanntmachung. Dies ergibt sich aus dem Transparenzgebot und dem Wettbewerbsgrundsatz (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB).*)
VolltextVPRRS 2009, 0363
VK Nordbayern, Beschluss vom 01.10.2009 - 21.VK-3194-28/09
Zur Zulässigkeit der erstmaligen Abgabe eines Nebenangebots im Verhandlungsverfahren.*)
VolltextVPRRS 2009, 0362
BGH, Urteil vom 29.09.2009 - X ZB 1/09
1. Die Geschäftsgebühr, die der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer erhält, ist auf die Verfahrensgebühr des Beschwerdeverfahrens anzurechnen.*)
2. Zur Anwendbarkeit des § 15a RVG auf Altfälle.*)
VolltextVPRRS 2009, 0361
VK Bund, Beschluss vom 19.01.2009 - VK 3-182/08
Die im Leistungsverzeichnis verwendete Formulierung, dass das Produkt eine "CE-Zertifizierung" aufweisen und dies im Angebot belegt sein müsse ist unklar und genügt nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit der Ausschreibung.
VolltextVPRRS 2009, 0360
VK Hessen, Beschluss vom 24.04.2008 - 69d-VK-11/2008
Zur Frage der Erstattung der Kosten des Antrags nach § 115 Abs. 3 GWB bei Erledigung des Nachprüfungsverfahrens.
VolltextVPRRS 2009, 0359
VK Hessen, Beschluss vom 07.03.2008 - 69-d-VK-11/2008
1. Ein Rechtsschutzbedürfnis an einem Antrag nach § 115 Abs. 3 GWB fehlt, wenn die Rechte des Antragstellers bereits durch das bestehende Zuschlagsverbot gemäß § 115 Abs. 1 GWB ausreichend geschützt sind und er seine Rechtsposition durch eine Entscheidung nach § 115 Abs. 3 GWB offensichtlich nicht verbessern kann.*)
2. Hat eine Vergabestelle ein Offenes Vergabeverfahren aufgehoben und führt im Anschluss ein Nichtoffenes Verfahren durch, hat ein Antragsteller, der im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens die Überprüfung der Aufhebung des Offenen Verfahrens begehrt, kein Rechtsschutzinteresse an der Untersagung des Eröffnungstermins im Nichtoffenen Verfahren.*)
VolltextVPRRS 2009, 0358
OLG Celle, Beschluss vom 29.10.2009 - 13 Verg 8/09
1. Eine Vertragsänderung (hier: Einführung der "blauen Tonne" für PKK) ist ausschreibungspflichtig, wenn sie einen Mehrbedarf an Personal und Fahrzeugen auslöst sowie eine Mehrvergütung von über 10% zur Folge hat, die für sich genommen den maßgeblichen Schwellenwert übersteigt.*)
2. Für die für ein In-house-Geschäft maßgebliche Frage, ob eine Gesellschaft im Wesentlichen für den öffentlichen Auftraggeber tätig ist, sind auch Umsätze von 100%igen Tochtergesellschaften zu berücksichtigen, wenn für Mutter und Tochter ein gemeinsamer konsolidierter Abschluss vorliegt, der Geschäftsbericht die Ertragslage beider Gesellschaften zusammenfasst und gruppeninterne Vorgänge eliminiert und die Tochter nur mit personeller und sachlicher Ausstattung der Mutter arbeitsfähig ist.*)
3. Hat bei einer de-facto-Vergabe der Antragsteller frühzeitig Kenntnis von der beabsichtigten Vergabe erlangt, kommt eine Verwirkung des Rechts auf Nachprüfung solange nicht in Betracht, wie ein Auftrag schon mangels Einhaltung der kommunalrechtlichen Vertretungsvorschriften nicht wirksam zu Stande gekommen ist.*)
VolltextVPRRS 2009, 0357
VK Hessen, Beschluss vom 06.07.2009 - 69d-VK-20/2009
1. Zu den nach § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A geforderten Erklärungen gehören auch Prüfzeugnisse über bestimmte Eigenschaften und Qualitätsanforderungen eines Produktes. Prospekte des jeweiligen Herstellers oder Produktdatenblätter genügen nicht den Anforderungen an ein Prüfzeugnis. Dieses soll der Vergabestelle die Feststellung der Eignung des angebotenen Produktes für den vorgesehenen Einsatz ermöglichen, sein Fehlen beeinträchtigt also die Vergleichbarkeit der Angebote und ist damit "wertungsrelevant". Beim Fehlen eines geforderten Prüfzeugnisses ist das Angebot daher nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) in Verb. mit § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 in Verb. zwingend von der Wertung auszuschließen.*)
2. Im Fall einer Abweichung von vorgegebenen Technischen Spezifikationen muss die Abweichung im Angebot eindeutig bezeichnet werden und ist die Gleichwertigkeit mit dem Angebot nachzuweisen (§ 25 Nr. 4 VOB/A). Ein solcher Nachweis ist verzichtbar, wenn für den Öffentlichen Auftraggeber durch ein eingeschaltetes sachverständiges Büro die Gleichwertigkeit bescheinigt wird. *)
VolltextVPRRS 2009, 0356
VK Hessen, Beschluss vom 20.08.2009 - 69d-VK-26/2009
1. Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A kann die Vergabestelle vor einer Vergabe Einzelposten der Angebote überprüfen, wenn ihr die Angebote im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung "ungewöhnlich niedrig" erscheinen. Hierzu kann sie vom Bieter die erforderlichen Belege anfordern. Ausgangspunkt für die Beurteilung eines Angebots als "ungewöhnlich niedrig" ist grundsätzlich der Gesamt-Angebotspreis. Als "ungewöhnlich niedrig" gilt ein Angebot etwa bei einer Abweichung von ca. 20% vom günstigsten der eingegangenen Angebote. Weicht der angebotene Preis derart eklatant von dem an sich angemessenen Preis ab, dass dies sofort ins Auge springt, muss die Vergabestelle von einem ungewöhnlich niedrigen Preis ausgehen. Erst in diesem Fall besteht für sie eine Nachfragepflicht. Liegen die Abstände etwa bei einer Differenz von ca. 1,5 % zwischen den zwei günstigsten Angeboten, begründet dies nicht die Annahme eines ungewöhnlich "niedrigen Preises" im Sinne des § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A und damit auch keine Verpflichtung der Vergabestelle zur Überprüfung von Einzelpositionen.*)
2. Um eine Unauskömmlichkeit bzw. Unangemessenheit der Preise feststellen zu können, bedarf es einer für die Beurteilung als "auskömmlich und angemessen" heranzuziehenden Referenzgröße, von der aus die entsprechende Feststellung erst getroffen werden kann. Diese muss im Rahmen der Kostenschätzung der Vergabestelle festgelegt werden und aus dem Vergabevermerk hervorgehen. *)
3. Ein Ausschluss wegen "Unterdeckung" des Angebots in bestimmten Bereichen kann nur dann auf die Vorschrift des § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A gestützt werden, wenn die Vergabestelle begründete Zweifel darlegt, dass der Bieter nicht in der Lage sein werde, die geforderten Leistungen ordnungsgemäß zu erbringen. *)
4. Ein offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung, das zum Ausschluss des Angebots nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A führen kann, liegt nur dann vor, wenn der angebotene Preis derart eklatant von dem von den Erfahrungswerten wettbewerblicher Preisbildung hergeleiteten angemessenen Preis abweicht, dass eine genauere Überprüfung nicht im Einzelnen erforderlich ist, sondern die Unangemessenheit des Angebotspreises sofort ins Auge fällt. *)
5. Unterkostenangebote sind nicht grundsätzlich unzulässig und öffentliche Auftraggeber sind nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote zu berücksichtigen. *)
VolltextVPRRS 2009, 0355
VK Hessen, Beschluss vom 27.04.2009 - 69d-VK-10/2009
1. Das gewichtige Interesse der Allgemeinheit, dass eine Großveranstaltung (hier der Hessentag 2009) wie geplant durchgeführt werden kann, wozu die Bereitstellung der erforderlichen Sanitärcontainer und Sicherheitseinrichtungen unabdingbare Voraussetzung ist, überwiegt das Interesse der Antragstellerin an Gewährung des Primärrechtsschutzes. Dies gilt, obwohl bei Erteilung des Zuschlages auf Grund der Gestattung für sie keine Möglichkeit mehr besteht, die ausgeschriebenen Aufträge zu erhalten, auch wenn ihr Nachprüfungsantrag zulässig und begründet sein sollte. Ohne das Vorhandensein der genannten Einrichtungen sind die meisten der geplanten Veranstaltungen überhaupt nicht oder nur mit erheblichen Einschränkungen durchführbar, was die Attraktivität und damit die Durchführung der gesamten Großveranstaltung in Frage stellen würde. Hierdurch würde sowohl der Vergabestelle als auch den einzelnen Veranstaltern ein erheblicher Schaden entstehen; demgegenüber muss der mögliche Schaden bei der Antragsstellerin zurückstehen.*)
2. Ist der für die Zuschlagserteilung, den Vertragsabschluss und die Lieferung und Aufbau der erforderlichen Einrichtungen noch verbleibende Zeitraum mit Sicherheit zu kurz bemessen, um noch die ordnungsgemäße Durchführung der Großveranstaltung und aller enthaltenen Veranstaltungen gewährleisten zu können, sind nicht nur die Interessen der Vergabestelle an einem reibungslosen Ablauf der Großveranstaltung erheblich beeinträchtigt. Auch die von ihr erbrachten erheblichen Aufwendungen, personellen und organisatorischen Vorleistungen werden dadurch in Frage gestellt. Ferner werden auch die Belange der Allgemeinheit und deren Interesse an der Durchführung dieses traditionellen Großereignisses erheblich tangiert.*)
3. Hat der Nachprüfungsantrag nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag nach § 115 Abs.2 S.1 GWB gegebenen Sach- und Streitstand zudem keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, überwiegen die Interessen der Vergabestelle und der Allgemeinheit an einer zügigen Vergabe die Interessen der Antragstellerin auf Gewährung des Primärrechtsschutzes und Zuschlagserteilung auf ihre Angebote. *)
VolltextVPRRS 2009, 0354
VK Münster, Beschluss vom 22.09.2009 - VK 16/09
1. Zur Zulässigkeit einer Leistungsbeschreibung für das gemeinsame Sammeln und Transportieren von kommunalem Altpapier und Verkaufsverpackungen.*)
2. Zur Frage der Eigentumsverhältnisse an den Verkaufsverpackungen im Falle einer gemeinsamen Sammlung mit dem kommunalen Altpapier.*)
VolltextVPRRS 2009, 0353
VK Münster, Beschluss vom 07.10.2009 - VK 18/09
1. Auch die Neufassung des § 97 Abs. 3 GWB enthält keinen Anspruch eines mittelständischen Bieters auf Losaufteilung.*)
2. Die Vergabestellen haben weiterhin einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage, ob eine Losaufteilung erfolgen soll. Dieser Beurteilungsspielraum ist für die Nachprüfungsinstanzen nur begrenzt überprüfbar. *)
VolltextVPRRS 2009, 0352
VK Münster, Beschluss vom 09.10.2009 - VK 19/09
Berücksichtigung des § 107 Abs. 3 GO NRW in Verbindung mit § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A im Falle von Ausschreibungen von Busdienstleistungen im öffentlichen Personennahverkehr durch öffentliche Auftraggeber.*)
VolltextVPRRS 2009, 0351
VK Brandenburg, Beschluss vom 08.09.2009 - VK 33/09
1. Dass ein Antragsteller im Zeitpunkt des Nachprüfungsantrages kein Angebot abgegeben hat, hindert seine Antragsbefugnis nicht.
2. Macht ein (potentieller) Bieter geltend, dass durch unklare Ausschreibungsunterlagen ein Verstoß gegen die Chancengleichheit vorliegt, ist ein zumindest drohender Schadenseintritt im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ohne Weiteres dargelegt.
3. Es ist kein ungewöhnliches Wagnis darin zu sehen, dass im Falle der Auftragsvergabe bei Zurverfügungstellung der sachlichen Betriebsmittel durch den Auftraggeber im arbeitsrechtlichen Sinne eine (Teil-)Betriebsübernahme nach § 613a BGB anzunehmen sein könnte.
4. Ein die (neu) ausgeschriebene Dienstleistung ausführender Auftragnehmer, der gegenüber dem Auftraggeber ausschließlich seine Verpflichtungen aus dem (auslaufenden) Dienstleistungsvertrag erfüllt, ist regelmäßig kein Projektant im Sinne des § 4 Abs. 5 VgV.
VolltextVPRRS 2009, 0350
VK Hessen, Beschluss vom 13.05.2009 - 69d-VK-10/2009
1. Für die Zulässigkeit eines Feststellungsantrages nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB ist Voraussetzung, dass der Nachprüfungsantrag überhaupt zulässig war.*)
2. Für das Vorliegen der Rügepflicht nach § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB kommt es darauf an, ob Regelverstöße bei üblicher Sorgfalt und den üblichen Kenntnissen von einem durchschnittlichen Unternehmen erkannt werden. Ist der Verstoß der fehlenden europaweiten Ausschreibung für einen Bieter spätestens bei Fertigstellung des Angebotes erkennbar, muss er spätestens am Tag des Ablaufs der Frist zur Abgabe der Angebote, gerügt werden.*)
3. Sind die Beträge einer Kostenschätzung erheblich niedriger als der Schwellenwert von 206.000,00 €, kann die Absicht, zu einem möglichst geringen Auftragswert zu gelangen, um die Vorgaben des Vierten Teils des GWB zu umgehen, nicht unterstellt werden (§ 3 Abs. 2 VgV).*)
4. Fehlen eine ordnungsgemäße Schätzung und eine nachvollziehbare Darstellung des Auftragswertes durch die Vergabestelle, ist die Vergabekammer gehalten, die Auftragswerte unter Berücksichtigung der übrigen eingegangen Angebote zu schätzen. Hierbei kann sie das Vorbringen der Antragstellerin, aber auch andere Erkenntnisse, beispielsweise aus früheren Nachprüfungsverfahren, berücksichtigen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0454
VK Bund, Beschluss vom 21.04.2009 - VK 3-64/09
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2009, 0349
VK Brandenburg, Beschluss vom 23.06.2009 - VK 26/09
1. Ein Angebot ist bereits auf der formalen Ebene zwingend von der Wertung auszuschließen, wenn der Bieter seine Eignung nicht so wie gefordert nachgewiesen hat.
2. Zum Nachweis der Eignung verlangte Belege unterfallen nicht dem Begriff der "Erklärungen" in § 21 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A.
3. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist statthaft, wenn eine Verhandlung von vornherein unnötig und für das Ergebnis irrelevant erscheint.
VolltextVPRRS 2009, 0348
EuGH, Urteil vom 29.10.2009 - Rs. C-536/07
Die Stadt Köln hat beim Bau der neuen Kölner Messehallen gegen das europäische Vergaberecht verstoßen, indem sie das Großprojekt nicht europaweit ausgeschrieben hat.
VolltextVPRRS 2009, 0347
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 29.10.2009 - Rs. C-406/08
1. Art. 1 Abs. 1 Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG gebietet es, eine Ausschlussfrist für Anträge auf Feststellung von Vergaberechtsverstößen und für Schadensersatzklagen erst ab dem Zeitpunkt laufen zu lassen, an dem der Kläger den behaupteten Vergaberechtsverstoß kannte oder kennen musste.*)
2. Art. 1 Abs. 1 Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG steht einer Fristregelung entgegen, die es dem nationalen Richter erlaubt, Anträge auf Feststellung von Vergaberechtsverstößen und Schadensersatzklagen unter Berufung auf ein Erfordernis der unverzüglichen Klageerhebung nach freiem Ermessen als unzulässig abzuweisen.*)
3. Der nationale Richter ist verpflichtet, alles zu tun, was in seiner Zuständigkeit liegt, um ein mit dem Ziel der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG vereinbares Ergebnis zu erreichen. Soweit sich ein solches Ergebnis nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung und Anwendung der Fristregelung erreichen lässt, ist der nationale Richter verpflichtet, diese Regelung unangewendet zu lassen.
VolltextVPRRS 2009, 0346
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 29.10.2009 - Rs. C-148/08
1. Ein Auftrag, mit dem ein öffentlicher Auftraggeber einem Auftragnehmer die Verwaltung und die unternehmerische Verwertung eines Kasinounternehmens überträgt (Dienstleistungselement) und sich der Auftragnehmer zur Durchführung eines Entwicklungsplans verpflichtet, der in der Modernisierung der Räumlichkeiten des Kasinos besteht (Bauleistungselement), kann als Dienstleistungsauftrag im Sinne der Gemeinschaftsrichtlinien über das öffentliche Auftragswesen eingeordnet werden, wenn das Bauleistungselement gegenüber dem Dienstleistungselement von untergeordneter Bedeutung ist. Der Auftrag ist jedoch als Dienstleistungskonzession einzuordnen und fällt daher nicht in den Geltungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie, wenn das vom öffentlichen Auftraggeber eingegangene Betriebsrisiko zwar von vorneherein erheblich eingeschränkt ist, der Auftragnehmer dieses eingeschränkte Risiko aber in vollem Umfang oder zumindest zu einem erheblichen Teil übernimmt. Für diese Einordnung spielt es keine Rolle, dass der öffentliche Auftraggeber im Fall späterer Konkurrenz eine Entschädigung garantiert, sofern sich diese Garantie nicht wesentlich auf den Umfang der Übertragung des Risikos - im Gegensatz zu der Höhe des Risikos, anhand dessen jeder potenzielle Bieter sein Interesse an einer Teilnahme sowie den Betrag, den er zu bieten bereit ist, kalkuliert - auswirkt.*)
2. Gleichwohl müssen bei der Vergabe einer Dienstleistungskonzession die Grundregeln und Grundsätze des EG-Vertrags beachtet werden.*)
3. Ein Rechtsbehelf, den die Teilnehmer an einem Verfahren zur Vergabe eines gemischten öffentlichen Auftrags einlegen, der auch die Erbringung von unter Anhang IB der Dienstleistungsrichtlinie fallenden Dienstleistungen vorsieht und mit dem ein Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 2 dieser Richtlinie bekräftigten Grundsatz der Gleichbehandlung der Teilnehmer an der Ausschreibung geltend gemacht wird, fällt in den Anwendungsbereich der Nachprüfungsrichtlinie.*)
4. Selbst dann, wenn nach nationalem Recht einzelne Mitglieder einer Bietergemeinschaft nicht zur Erhebung einer Klage auf Aufhebung einer im Rahmen eines Vergabeverfahrens getroffenen Entscheidung befugt sind, muss vor Abweisung einer solchen Klage als unzulässig geprüft werden, ob diese einzelnen Mitglieder danach das Recht behalten, bei einem anderen Gericht Schadensersatz wegen eines behaupteten Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht geltend zu machen. Sie müssen dieses Recht unter Modalitäten behalten, die nicht weniger günstig ausgestaltet sein dürfen als die für entsprechende innerstaatliche Klagen (Grundsatz der Äquivalenz) und die seine Ausübung nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität).*)
5. Soweit der Schadensersatzanspruch auf die Verletzung einer der auf das fragliche Vergabeverfahren anwendbaren Grundregeln und Grundsätze des EG-Vertrags gestützt wird, kommen das Recht auf wirksamen Rechtsschutz sowie die sich aus den Grundsätzen der Äquivalenz und Effektivität ergebenden Erfordernisse auch dann zum Tragen, wenn festgestellt wird, dass das Verfahren selbst nicht in den Anwendungsbereich der gemeinschaftlichen Vergaberichtlinien fällt.*)
6. Wenn nach feststehender Rechtsprechung eines nationalen Gerichts angenommen worden ist, dass auch ein einzelnes Mitglied einer Bietergemeinschaft einen Rechtsbehelf gegen einen in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags erlassenen Akt einlegen kann, ist es mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts nicht vereinbar, wenn ein solcher Rechtsbehelf wegen Änderung dieser feststehenden Rechtsprechung als unzulässig zurückgewiesen wird, es sei denn, dass demjenigen, der diesen Rechtsbehelf eingelegt hat, zuvor die Möglichkeit eingeräumt wird, diese Unzulässigkeit zu heilen, oder jedenfalls die Möglichkeit, sich zu dieser Frage zu äußern.*)
VolltextVPRRS 2009, 0345
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 29.10.2009 - Rs. C-145/08
1. Ein Auftrag, mit dem ein öffentlicher Auftraggeber einem Auftragnehmer die Verwaltung und die unternehmerische Verwertung eines Kasinounternehmens überträgt (Dienstleistungselement) und sich der Auftragnehmer zur Durchführung eines Entwicklungsplans verpflichtet, der in der Modernisierung der Räumlichkeiten des Kasinos besteht (Bauleistungselement), kann als Dienstleistungsauftrag im Sinne der Gemeinschaftsrichtlinien über das öffentliche Auftragswesen eingeordnet werden, wenn das Bauleistungselement gegenüber dem Dienstleistungselement von untergeordneter Bedeutung ist. Der Auftrag ist jedoch als Dienstleistungskonzession einzuordnen und fällt daher nicht in den Geltungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie, wenn das vom öffentlichen Auftraggeber eingegangene Betriebsrisiko zwar von vorneherein erheblich eingeschränkt ist, der Auftragnehmer dieses eingeschränkte Risiko aber in vollem Umfang oder zumindest zu einem erheblichen Teil übernimmt. Für diese Einordnung spielt es keine Rolle, dass der öffentliche Auftraggeber im Fall späterer Konkurrenz eine Entschädigung garantiert, sofern sich diese Garantie nicht wesentlich auf den Umfang der Übertragung des Risikos - im Gegensatz zu der Höhe des Risikos, anhand dessen jeder potenzielle Bieter sein Interesse an einer Teilnahme sowie den Betrag, den er zu bieten bereit ist, kalkuliert - auswirkt.*)
2. Gleichwohl müssen bei der Vergabe einer Dienstleistungskonzession die Grundregeln und Grundsätze des EG-Vertrags beachtet werden.*)
3. Ein Rechtsbehelf, den die Teilnehmer an einem Verfahren zur Vergabe eines gemischten öffentlichen Auftrags einlegen, der auch die Erbringung von unter Anhang IB der Dienstleistungsrichtlinie fallenden Dienstleistungen vorsieht und mit dem ein Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 2 dieser Richtlinie bekräftigten Grundsatz der Gleichbehandlung der Teilnehmer an der Ausschreibung geltend gemacht wird, fällt in den Anwendungsbereich der Nachprüfungsrichtlinie.*)
4. Selbst dann, wenn nach nationalem Recht einzelne Mitglieder einer Bietergemeinschaft nicht zur Erhebung einer Klage auf Aufhebung einer im Rahmen eines Vergabeverfahrens getroffenen Entscheidung befugt sind, muss vor Abweisung einer solchen Klage als unzulässig geprüft werden, ob diese einzelnen Mitglieder danach das Recht behalten, bei einem anderen Gericht Schadensersatz wegen eines behaupteten Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht geltend zu machen. Sie müssen dieses Recht unter Modalitäten behalten, die nicht weniger günstig ausgestaltet sein dürfen als die für entsprechende innerstaatliche Klagen (Grundsatz der Äquivalenz) und die seine Ausübung nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität).*)
5. Soweit der Schadensersatzanspruch auf die Verletzung einer der auf das fragliche Vergabeverfahren anwendbaren Grundregeln und Grundsätze des EG-Vertrags gestützt wird, kommen das Recht auf wirksamen Rechtsschutz sowie die sich aus den Grundsätzen der Äquivalenz und Effektivität ergebenden Erfordernisse auch dann zum Tragen, wenn festgestellt wird, dass das Verfahren selbst nicht in den Anwendungsbereich der gemeinschaftlichen Vergaberichtlinien fällt.*)
6. Wenn nach feststehender Rechtsprechung eines nationalen Gerichts angenommen worden ist, dass auch ein einzelnes Mitglied einer Bietergemeinschaft einen Rechtsbehelf gegen einen in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags erlassenen Akt einlegen kann, ist es mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts nicht vereinbar, wenn ein solcher Rechtsbehelf wegen Änderung dieser feststehenden Rechtsprechung als unzulässig zurückgewiesen wird, es sei denn, dass demjenigen, der diesen Rechtsbehelf eingelegt hat, zuvor die Möglichkeit eingeräumt wird, diese Unzulässigkeit zu heilen, oder jedenfalls die Möglichkeit, sich zu dieser Frage zu äußern.*)
VolltextVPRRS 2009, 0344
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2009 - Verg 37/07
1. Die Festsetzung der Aufwendungen und außergerichtlichen Kosten ohne vorherige Übermittlung des Kostenfestsetzungsantrags an den unterlegenen und die Kosten tragenden Beteiligten stellt zwar eine Gehörsverletzung im Sinne des Art. 103 Abs. 1 GG dar.
2. Die Rechtsverletzung kann geheilt werden, indem die Anhörung der unterliegenen Partei zulässigerweise nachgeholt wird.
3. Bei der Bestimmung des Gebührensatzes ist anzuerkennen, dass diese bei ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung durch den Rechtsanwalt innerhalb einer gewissen Bandbreite ergehen kann und dann hinzunehmen ist.
VolltextVPRRS 2009, 0343
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.03.2009 - 15 Verg 2/09
1. Ob eine Änderung von Verdingungsunterlagen vorliegt, ist durch einen Vergleich des Inhalts des Angebots und der in den Verdingungsunterlagen geforderten Leistungen festzustellen.
2. Wenn ein Bieter, der zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung nur sehr eingeschränkte Kenntnisse vom Wertungsvorgang hatte und haben konnte, liegt ein unverschuldeter Informationsdefizit vor. In solchen Fällen muss es genügen, dass ein Bieter konkrete Tatsachen vorträgt, die den hinreichenden Verdacht eines Vergaberechtsverstoßes begründen.
3. Die Dokumentation einer Wertung muss so ausführlich sein, dass für einen außenstehenden fachkundigen Dritten bei Kenntnis des Angebotsinhalts der Ablauf des Vergabeverfahrens sowie sein materieller Inhalt deutlich erkennbar und nachvollziehbar ist. Aufgrund der Dokumentation müssen auch der Bieter und die Rechtsmittelinstanzen den Gang des Vergabeverfahrens nachvollziehen und kontrollieren können.
4. Das Recht jedes Bieters auf Einhaltung der Vergabebestimmungen umfasst auch den Anspruch auf eine ordnungsgemäße Dokumentation, wenn sich die diesbezüglichen Mängel gerade auch auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben können.
5. Bei der Wertung der Angebote kann dem Anbieter zwar ein Beurteilungsspielraum zustehen, so dass es dem Senat bei der Überprüfung grundsätzlich verwehrt ist, zu beurteilen, ob die Punktvergabe des Anbieters „richtig" ist, oder sogar seine eigene Bewertung an die Stelle der Wertung des Anbieters zu setzen.
6. Die Verletzung der Dokumentationspflicht hat zur Folge, dass das Vergabeverfahren ab dem Zeitpunkt, in dem die Dokumentation unzureichend ist, also ab der Wertung der Angebote, fehlerbehaftet und zu wiederholen ist.
VolltextVPRRS 2009, 0341
VK Hessen, Beschluss vom 22.07.2009 - 69d-VK-11/2008
Für den Antrag auf einstweiligen Rechtschutz nach § 115 Abs. 3 GWB ist eine Erhöhung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG in Höhe von 0,2 gerechtfertigt.
VolltextVPRRS 2009, 0340
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25.06.2009 - VK 1-27/09
1. Die unterlassene Verwendung von vorgegebenen Formblättern ist unschädlich, solange die selbstgefertigten Formblätter sämtliche von der Vergabestelle geforderten Preisangaben vollständig enthalten und ohne weitere aufwändige Zwischenschritte und Rechenoperationen in die vorgegebenen Formblätter übertragen werden können.
2. Eine fehlenden Preisangabe kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Bieter für diese Leistung keinen Preis beansprucht.
VolltextVPRRS 2009, 0339
OLG Naumburg, Beschluss vom 08.10.2009 - 1 Verg 9/09
1. Zum zeitlichen Anwendungsbereich des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB n.F.*)
1.1. Der Begriff des Beginns des Vergabeverfahrens in § 131 Abs. 8 GWB und in § 23 VgV ist dahin auszulegen, dass er in förmlichen Vergabeverfahren mit Vergabebekanntmachung die Absendung derselben an das Veröffentlichungsorgan, in Fällen der EU-weiten Ausschreibungspflicht die Absendung an das EU-Amtsblatt meint, in anderen Vergabevorgängen bei materieller Betrachtung diejenige Maßnahme der Vergabestelle, mit der ein erster Schritt zur Herbeiführung eines konkreten Vertragsabschlusses unternommen wird und die deshalb einer förmlichen Einleitung eines Vergabeverfahrens funktional gleich steht.*)
1.2. Dem gegenüber wird ein Vergabeverfahren nicht schon begonnen durch die Vornahme von Maßnahmen zur Markterkundung, von Machbarkeitsstudien, von vergleichende Wirtschaftlichkeitsberechnungen, durch Selbstauskünfte der Vergabestelle über künftige Beschaffungsvorhaben, z. Bsp. im Rahmen eines sog. "Beschafferprofils" und grundsätzlich auch nicht durch die Bekanntmachung einer Vorinformation.*)
2. Wird von der Vergabestelle ein Eignungsnachweis gefordert, der keine Eigenerklärung des Bieters bzw. Bewerbers ist (hier: steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes), so genügt die Vorlage einer einfachen Kopie dieser Fremderklärung nicht, wenn der Aussteller der Fremderklärung deren Gültigkeit ausdrücklich auf die Vorlage des Originals oder einer beglaubigten Kopie beschränkt hat.*)
VolltextVPRRS 2009, 0338
OLG Naumburg, Beschluss vom 01.10.2009 - 1 Verg 6/09
1. Der Gegenstandswert eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer bemisst sich regelmäßig nach der Bruttoangebotssumme des Angebotes der Antragstellerin (§ 23 Abs. 1 Satz 3 RVG i.V.m. § 50 Abs. 2 GKG).
Ist einem Verfahrensbeteiligten, der Anspruch auf Kostenerstattung gegen die Antragstellerin hat, dieser Wert nicht bekannt (hier: der Beigeladenen), so darf er diesen Wert im Rahmen seines Kostenfestsetzungsantrages schätzen. Es obliegt der Antragstellerin, einen etwaigen niedrigeren Wert darzulegen.*)
2. Zur Billigkeit eines Gebührenansatzes von 2,0-fachen Gebühren nach Nr. 2300 VV RVG in einem Nachprüfungsverfahren, welches die Ausschreibung von Postdienstleistungen zum Gegenstand hatte.*)
VolltextVPRRS 2009, 0337
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 27.10.2009 - Rs. C-91/08
1. Das Transparenzgebot gibt den Mitgliedstaaten auf, ein neues Wettbewerbsverfahren durchzuführen, wenn die Identität des Nachunternehmers in einem Verfahren zur Vergabe einer Dienstleistungskonzession ein wesentliches Kriterium für die Vergabe einer Dienstleistungskonzession durch den öffentlichen Auftraggeber darstellt und der Konzessionär den Nachunternehmer schon vor Erbringung der ersten Leistung und ohne Angabe berechtigter Gründe austauschen möchte. Das zuständige nationale Gericht hat zu prüfen, ob Name, Ruf und technischer Sachverstand des Nachunternehmers, den die Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH bei Unterbreitung ihres Angebots angeführt hat, ein wesentliches Kriterium waren, auf das die Stadt Frankfurt am Main die Erteilung der Konzession gestützt hat.*)
2. Ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen wie die Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH, die im Rahmen einer Partnerschaft mit der Stadt Frankfurt am Main gegründet worden ist, stellt eine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" im Sinne des Art. 1 Buchst. b der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG dar, wenn einerseits feststeht, dass diese Einrichtung im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art erfüllt, und andererseits, dass sie hinsichtlich ihrer Geschäftsführung und -leitung unter der Aufsicht der Körperschaft steht.
Diese Einrichtung erfüllt im Allgemeininteresse liegende Aufgaben im Sinne des Art. 1 Buchst. b Unterabs. 2 erster Gedankenstrich der Dienstleistungsrichtlinie Richtlinie 92/50/EWG, wenn sie die Abfallsammlung und -verwertung sowie die Stadtreinigung im Gebiet der Körperschaft wahrnimmt. Um zu beurteilen, ob diese Aufgaben gewerblicher Art sind oder nicht, hat das zuständige nationale Gericht die Voraussetzungen zu prüfen, unter denen die Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH tätig ist, insbesondere die Wettbewerbssituation in diesen Bereichen.
Eine solche Einrichtung steht unter der Aufsicht der Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne des Art. 1 Buchst. b Unterabs. 2 dritter Gedankenstrich der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG, wenn ihre Leitungs-, Verwaltungs- und Aufsichtsorgane von dieser überwacht werden. Um den genauen Umfang zu ermitteln, in dem die Unternehmensführung der Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH durch die Stadt Frankfurt am Main beaufsichtigt wird, ist es Sache des zuständigen nationalen Gerichts zu prüfen, ob die öffentliche Körperschaft durch ihr Vetorecht in der Hauptversammlung oder über die Zusammensetzung der Organe des Unternehmens, eine aktive Aufsicht über die Unternehmensführung ausüben und so seine Entscheidungen auf dem Gebiet der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen beeinflussen kann.*)
3. Wenn das zuständige nationale Gericht in einem Verfahren zur Vergabe einer Dienstleistungskonzession eine Verletzung der Transparenzpflicht feststellt, verlangt das geltende Gemeinschaftsrecht nicht, dass die Mitgliedstaaten diesem Gericht eine Befugnis zuerkennen, den Parteien des Rechtsstreits ein bestimmtes Verhalten aufzuerlegen. Es ist Sache der nationalen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, im Einklang mit den Gemeinschaftsgrundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität, die Verfahrensmodalitäten zu bestimmen, die es dem zuständigen nationalen Gericht erlauben, die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts und die volle Durchführung gerichtlicher Entscheidungen, die zum Bestehen von aus diesem hergeleiteten Rechten ergangen sind, sicherzustellen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0336
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.09.2009 - Verg 12/09
1. Die in den Vorschriften des SÜG getroffene Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, die mit der Ausführung der ausgeschriebenen Leistung befassten Mitarbeiter des Auftragnehmers einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen, führt nicht dazu, die Auftragsvergabe zwingend und ohne weitere Abwägung zwischen den Sicherheitsinteressen der Vergabestelle und den Interessen der Bieter dem Anwendungsbereich des vierten Teils des GWB zu entziehen. Allein die Erforderlichkeit von Sicherheitsmaßnahmen bei der Ausführung eines Auftrags rechtfertigt noch nicht die Annahme eines Ausnahmefalls nach § 100 Abs. 2 d 2. Var. GWB.
2. Nur eine objektiv gewichtige Gefährdung oder Beeinträchtigung der Sicherheitsbelange kann es rechtfertigen, von einer Anwendung der Bestimmungen des Vergaberechts abzusehen.
3. Erkennt der Antragsteller vor Anbringung des Nachprüfungsantrags keinen Vergaberechtsverstoß oder erhält er erst nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens davon Kenntnis, führt dies zu keiner Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB, weil dann deren Zweck, ein Nachprüfungsverfahren nach Möglichkeit zu vermeiden, nicht erreicht werden kann.
4. Die gegebenenfalls bessere Eignung eines in die engere Wahl zu ziehenden Unternehmens (ein "Mehr an Eignung") darf beim Kriterium der Wirtschaftlichkeit grundsätzlich nicht zu Ungunsten eines preisgünstigeren Angebots berücksichtigt werden.
5. Bei der den Zuschlag betreffenden Entscheidung dürfen nur Kriterien zur Anwendung kommen, die der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots dienen. Dies bedeutet, dass prinzipiell nur Faktoren berücksichtigt werden dürfen, die mit dem Gegenstand des Auftrags zusammenhängen, d. h. die sich auf die Leistung beziehen, die den Gegenstand des Auftrags bildet.
VolltextVPRRS 2009, 0335
OLG Jena, Beschluss vom 21.09.2009 - 9 Verg 7/09
1. Der öffentliche Auftraggeber ist an seine Festlegungen in der Bekanntmachung gebunden und darf in den Verdingungsunterlagen keine Nachforderungen stellen, sondern die in der Bekanntmachung verlangten Eignungsnachweise nur konkretisieren. Allenfalls darf er die Anforderungen nachträglich verringern, jedoch keine erhöhten Anforderungen stellen.
2. Beschränkt er in den Verdingungsunterlagen die zulässigen Referenzobjekte auf die letzten drei Geschäftsjahre, so handelt es sich um eine unzulässige Erhöhung der Anforderungen.
3. Eine strikte Trennung von formeller und materieller Eignungsprüfung ist jedenfalls dann geboten, wenn in der Vergabebekanntmachung keine Mindestanforderungen (etwa Mindestumsätze) aufgestellt werden.
4. Grundsätzlich wird die Fachkunde eines Unternehmens durch die personelle Ausstattung geprägt und beruht auf den Erfahrungen und Kenntnissen der Mitarbeiter. Woher diese Kenntnisse stammen, ist unerheblich; deshalb können Mitarbeiter ihre Kenntnisse und Erfahrungen auch bei anderen Unternehmen erworben haben.
5. Koppelungsangebote sind - soweit sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind - nur dann unzulässig, wenn sie mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsgebot nicht mehr vereinbar sind, insbesondere deswegen, weil Manipulationsmöglichkeiten des Bieters bestehen. Das ist z. B. der Fall, wenn sich das Koppelungsangebot auch auf ein Einzellos bezieht, das bereits eröffnet ist und von dem bekannt ist, welchen Rang der Bieter einnimmt.
6. Zur formellen und materiellen Eignungsprüfung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.*)
7. Schließt der öffentliche Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen die Wertung bedingter Preisnachlässe aus, so ist er daran gebunden. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Bieter den Preisnachlass als Nebenangebot bezeichnet.*)
VolltextVPRRS 2009, 0334
OLG Jena, Beschluss vom 31.08.2009 - 9 Verg 6/09
1. Ist ein Vergaberechtsverstoß bereits aufgrund der Bekanntmachung erkennbar, muss er spätestens bis zum Ablauf der Angebotsfrist gerügt werden.
2. Die Rüge muss auch innerhalb der Rügefrist tatsächlich zugehen. Liegt sie nicht gesondert bei, sondern ist im eigentlichen Angebot versteckt, so geht sie erst mit der tatsächlichen Kenntnisnahme zu; also erst dann, wenn der Auftraggeber in die Prüfung des betreffenden Angebots einsteigt, nicht jedoch bereits bei der Angebotsöffnung.
3. Werden geforderte Gleichwertigskeitsnachweise bei Alternativfabrikaten nicht angegeben, so ist das Angebot zwingend auszuschließen.
4. Auf einen solchen Nachweis kann selbst dann nicht verzichtet werden, wenn das Leitfabrikat selbst nicht mehr hergestellt wird.
5. Auch dass es sich bei dem Leitfabrikat und dem angebotenen Alternativfabrikat um Sonderanfertigungen handelt, macht die Abgabe eines Gleichwertigskeitsnachweises nicht überflüssig.
6. Ein Bieter, dessen Angebot zwingend auszuschließen ist, hat nur dann eine Antragsbefugnis, wenn auch alle anderen Bieter zwingend auszuschließen sind.
7. Ein Bieter, der sowohl ein eigenes Angebot als auch ein Angebot im Rahmen einer Bietergemeinschaft abgibt, ist in den Fällen nicht wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsgebot auszuschließen, in denen der Bieter nur zu denjenigen Leistungsteilen ein separates Angebot abgibt, die ihm auch im Rahmen der Bietergemeinschaft zufallen.
8. Eine vergaberechtliche Rüge ist in der Regel nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 S. 1 GWB a.F. erhoben, wenn sie in dem kurz vor Ablauf der Angebotsfrist bei der Vergabestelle eingegangenen Angebot des Bieters an "versteckter Stelle" enthalten ist. Der Bieter kann dann nämlich nicht damit rechnen, dass die Rüge der Vergabestelle bereits bei der Angebotsöffnung im Submissionstermin, sondern erst im Verlauf der üblicherweise mehrere Tage späteren Angebotsprüfung zur Kenntnis gelangt.*)
VolltextVPRRS 2009, 0333
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.11.2008 - Verg 37/08
Wird der Bieter unvollständig über die nachträgliche Festlegung von Kriterien und ihrer Gewichtung informiert, ist ein Vergaberechtsverstoß gegeben.
VolltextVPRRS 2009, 0332
VK Berlin, Beschluss vom 09.02.2009 - VK-B1-28/08
Eine Kooperationsvereinbarung zur Herstellung und Lieferung von Zytostatika ist kein öffentlicher Auftrag. Es fehlt am Beschaffungselement, wenn der öffentliche Auftraggeber lediglich als Anbieter von Leistungen tätig wird.
VolltextVPRRS 2009, 0331
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2009 - Verg 50/08
Zur Frage, ob der Hinweis auf die rechtliche Möglichkeit der Betriebsübernahme (§ 613a BGB) zur Unklarheit der Leistungsbeschreibung führt, wenn dabei nicht auch die genaue Struktur des zu übernehmenden Personals (u.a. nach angewandten Tarifverträgen, Arbeitszeit, Dienstalter, Familienstand sowie Gehaltszuschlägen und weiteren Merkmalen) in den Vergabeunterlagen mitgeteilt wird.
VolltextVPRRS 2009, 0330
VK Münster, Beschluss vom 20.05.2009 - VK 8/09
Bei Erledigung vor Akteneinsicht wird die Gebühr zunächst halbiert und kann zusätzlich noch aus Billigkeit erheblich weiter ermäßigt werden.
VolltextVPRRS 2009, 0329
OLG Koblenz, Beschluss vom 10.08.2009 - 1 Verg 8/09
1. Eine Leistungsbeschreibung bei der Vergabe eines Beförderungsauftrags ist ausführlich genugt, wenn den Bietern als Kalkulationsgrundlage die durchschnittliche tägliche Gesamtkilometerzahl der letzten drei Schuljahre, Anschriften der zu befördernden Personen sowie von welchem Ort eine Person mit dem Rollstuhl abgeholt werden soll, vorgegeben werden.
2. Der wegen einer Beihilfe i.S. von Art. 87 EGV begründete Verdacht eines EU-rechtswidrig subventionierten Angebots führt nicht zwangsläufig zu dessen Ausschluss.
VolltextVPRRS 2009, 0328
VK Bund, Beschluss vom 24.07.2009 - VK 3-136/09
1. Mindestanforderungen bezüglich der Leistungsfähigkeit - hier die Festlegung eines Mindestumsatzes im Inland - sind vom öffentlichen Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung inhaltlich abschließend und als Mindestanforderungen erkennbar festzulegen; der Auftraggeber darf von den in der Vergabebekanntmachung genannten Eignungskriterien sowie den dazu benannten Nachweisen inhaltlich nicht abweichen und diese nicht ändern oder erweitern. Zulässig ist lediglich eine Konkretisierung bezüglich der geforderten Nachweise dahingehend, inwieweit sie mit dem Angebot oder zu einem späteren Zeitpunkt gefordert werden
2. Die Möglichkeit des Nachweises der Leistungsfähigkeit durch eine Erklärung über den Umsatz des Bieters bezüglich der besonderen Leistungsart, die Gegenstand der Vergabe ist, bezogen auf die letzten drei Geschäftsjahre (§ 7a Nr. 3 Abs. 1 d VOL/A), ist auf die Nachfrage nach generischen Arzneimitteln nicht eins zu eins übertragbar. Der Auftraggeber ist vielmehr für den jeweiligen Einzelfall verpflichtet, die Eignungsanforderungen am Gegenstand des Auftrags zu orientieren und entsprechend angemessene Anforderungen zu stellen. Ein Umsatz, der allein retrospektiv abgefragt wird, ist nicht zwangläufig aussagekräftig für die reale Leistungsfähigkeit eines Bieters im Sinne einer Lieferfähigkeit zu Beginn des Rahmenvertrags, wenn dieser über die in der Ausschreibung geforderte Arzneimittelzulassung verfügt.
3. Nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise steht bei Vertragsabschluss mit mehreren Rabattvertragspartnern der Einzelabruf im Vordergrund, denn erst dieser begründet konkrete Zahlungsansprüche des Auftragnehmers. Die allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätze gelten nicht nur bei der Vergabe der Rabattvereinbarung als solcher sondern auch für die zweite Stufe von Rahmenverträgen, den Einzelabruf. Willkürfreiheit und Nichtdiskriminierung bei der Entscheidung über den jeweiligen Einzelabruf sind sicher zu stellen, indem auch hier ein transparentes Verfahren etabliert und praktiziert wird.
VolltextVPRRS 2009, 0327
VK Arnsberg, Beschluss vom 22.04.2009 - VK 6/09
Es ist eine nach § 18 VOF zwingende Pflicht des Auftraggebers, die Auswahlentscheidung als wesentliche Entscheidung in nachvollziehbarer Weise zu dokumentieren, um für den Bewerber die erforderliche Überprüfbarkeit zu gewährleisten. Eine fehlende Dokumentation wesentlicher Schritte bis zur Vergabeentscheidung ist daher rechtsfehlerhaft und führt zu einer Nichtvollziehbarkeit der getroffenen Entscheidung.
VolltextVPRRS 2009, 0326
VK Arnsberg, Beschluss vom 02.06.2009 - VK 13/09
Erledigt sich das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer, weil die Antragsgegnerin durch eine Abhilfeentscheidung dem Begehren der Antragstellerin vollumfänglich nachgekommen ist und sie somit klaglos gestellt hat, so hat sich die Antragsgegnerin dadurch in die Position des Unterlegenen begeben und hat daher gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB die Kosten des Verfahrens zu tragen.
VolltextVPRRS 2009, 0325
VK Arnsberg, Beschluss vom 20.05.2009 - VK 11/09
Ein Antrag ist gemäß § 107 Abs. 3 GWB unzulässig, soweit der Verstoß gegen Vergabevorschriften vom Antragsteller bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt wurde.
VolltextVPRRS 2009, 0324
VK Hessen, Beschluss vom 27.05.2009 - 69d-VK-11/2009
1. Wird ein Auftraggeber zu einer erneuten Wertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer verpflichtet, kann dies im Sinne einer Verböserung auch zur Berücksichtung von Wertungsgrundlagen führen, welche der Auftraggeber bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht in seine Wertung einbezogen hatte.*)
2. Die fehlende Transparenz der Wertung eines Fachgesprächs zur Ermittlung der fachlichen Kompetenz eines Bieters oder Bewerbers - hier eines Ingenieurs - wird in der Regel zu einer erneuten Durchführung einer solchen Fachgesprächs führen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0323
VK Hessen, Beschluss vom 19.03.2009 - 69d-VK-05/2009
1. Der Inhalt einer Rüge ist aus der Sicht des Erklärungsempfängers, also der Vergabestelle auszulegen. Es kommt darauf an, wie diese die Ausführungen des Bieters nach Treu und Glauben verstehen musste.*)
2. Eine bloße rechtliche Beurteilung des Verhaltens der Vergabestelle durch einen Bieter reicht regelmäßig allein nicht aus, um daraus eine Rüge abzuleiten. Vielmehr muss die Vergabestelle aufgrund der Ausführungen des Unternehmens konkret erkennen können, welches Verhalten er aus welchen Gründen beanstandet.*)
3. Ist ein Formular Bestandteil der Vergabeunterlagen, aus dem zweifelsfrei hervorgeht, dass es bei der Einreichung des Angebots beigelegt werden muss und das Angebot nur auf diesem Formular unterschrieben werden kann, ist dieses zwingend von der Wertung auszuschließen, wenn die Unterschrift an anderer Stelle erfolgt ist.*)
VolltextVPRRS 2009, 0322
VK Hessen, Beschluss vom 18.02.2009 - 69d-VK-67/2008
1. Fordert ein Auftraggeber im Zusammenhang mit der Ausschreibung von Dienstleistungen den Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherungsdeckung für Personen-, Sach- und Vermögensschäden, sollen davon nach dem objektiv erkennbaren Interesse des Auftraggebers auch die unmittelbaren Vermögensschäden erfasst werden.*)
2. Ein Bewerber/Bieter darf Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln, sondern muss die Vergabeverstöße im Vergabeverfahren in einer Weise mitteilen, die es der Vergabestelle ermöglicht, eine Korrektur in einem frühestmöglichen Stadium vornehmen zu können, eine Vergabekammer soll nicht mit Mängeln des Vergabeverfahrens befasst werden, die im Falle einer rechtzeitigen Rüge möglicherweise schon durch die Vergabestelle selbst hätten korrigiert werden können.*)
Volltext