Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10875 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2009
VPRRS 2009, 0171OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.12.2008 - Verg 55/08
Erlangt der Bieter erst im Nachprüfungsverfahren Kenntnis von einem Vergaberechtsverstoß, so begründet dies für ihn keine Rügeobliegenheit.
VolltextVPRRS 2009, 0170
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.02.2009 - Verg 66/08
Eine Mischkalkulation im Angebot des Bieters stellt nicht grundsätzlich eine unzutreffende Preisangabe dar.
VolltextVPRRS 2009, 0169
VG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 20.02.2009 - 4 L 186/08
Für Rechtsstreitigkeiten über die Vergabe von Rettungsdienstleistungen in Brandenburg sind die Vergabekammern und -senate, nicht die Verwaltungsgerichte zuständig.
VolltextVPRRS 2009, 0168
VG Düsseldorf, Urteil vom 01.04.2009 - 20 K 443/07
Ein Bescheid ist dann rechtswidrig, wenn Gründe vorliegen, die ein Abweichen von der allgemeinen Regel der Bindung an den Runderlass rechtfertigen, diese Gründe von der Behörde aber nicht berücksichtigt wurden.
VolltextVPRRS 2009, 0166
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 09.07.2009 - Rs. C-199/07
1. Einen Text mit der einleitenden Wendung "Auftraggeber, die Bewerber für die Teilnahme an einem Nichtoffenen Verfahren oder an einem Verhandlungsverfahren auswählen ..." so umzudeuten, dass die gesamte nachfolgende Regelung nicht nur für Nichtoffene Verfahren oder Verhandlungsverfahren gilt, sondern für alle Verfahren, ist unzulässig. Er bezieht sich vielmehr lediglich auf die in ihm explizit genannten Verfahren.
2. Aufgrund der Verpflichtung zur Transparenz hat ein Auftraggeber dafür Sorge zu tragen, dass allen potenziellen Antragstellern die für die Einreichung von Teilnahmeanträgen geltenden Bedingungen ohne Weiteres zugänglich sind. Hierzu gehören auch Angaben zu den Befähigungsnachweisen, die von Bewerbern als Voraussetzung für die Teilnahme verlangt werden.
3. Der Grundsatz der Transparenz gebietet, dass der interessierte Bieter anhand der veröffentlichten Informationen, die ihm ohne Weiteres zur Verfügung stehen, entscheiden kann, ob er ein Angebot abgeben will. Es reicht nicht aus, dass der Bewerber die genaue Sachlage in Erfahrung bringen kann, wenn er aus eigener Initiative Mühe und Kosten aufwendet, um sich näher zu erkundigen. Dies gilt erst recht, wenn es (wie hier) in der veröffentlichten Fassung der Ausschreibung ausdrücklich heißt, dass eine bestimmte Kategorie potenzieller Bewerber aus anderen Mitgliedstaaten, der der Betreffende angehört, nicht berücksichtigt wird.
VolltextVPRRS 2009, 0165
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.06.2009 - 1 VK 18/09
1. Nach Rücknahme des Antrags hat der Antragsteller die bei der Vergabekammer entstandenen Verfahrenskosten zu tragen.
2. Die dem Antragsgegner und den Beigeladenen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen - insbesondere deren Rechtsanwaltskosten - haben diese im Falle der Antragsrücknahme jeweils selbst zu tragen.
3. § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG-BW findet keine direkte Anwendung, da es sich bei einem Nachprüfungsverfahren nicht um ein Vorverfahren im Sinne dieser Norm handelt.
VolltextVPRRS 2009, 0164
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.08.2008 - Verg 28/08
1. Die HOAI ist auf Planungsleistungen für ein im Ausland belegenes Grundstück nicht anzuwenden.
2. Deshalb sind für die Preiskalkulation der Angebote neben den Bewertungskriterien auch die Unterkriterien und die Bewertungsmaßstäbe mitzuteilen.
VolltextVPRRS 2009, 0163
OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.12.2008 - 27 U 1/07
1. Die Eignung der Bewerber (VOF § 13) muss im Rahmen der Eignungsprüfung positiv festgestellt werden.
2. Bestehen gegen die Eignung eines Bieters nicht behebbare Bedenken, ist eine Auftragsvergabe an ihn ausgeschlossen.
3. Die Bindungswirkung nach § 124 Abs. 1 GWB erstreckt sich bei Identität der Verfahrensbeteiligten auf die Entscheidung der Vergabenachprüfungsinstanzen über den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften sowie auf die Frage, ob ein im Vergabeverfahren benachteiligtes Unternehmen in bieterschützenden Rechten verletzt worden ist.
4. Der Einwand einer möglichen Aufhebung des Vergabeverfahrens hat im Übrigen grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, wenn der Auftraggeber davon keinen Gebrauch gemacht hat.
VolltextVPRRS 2009, 0162
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 27.05.2009 - 1 Verg 2/09
Die Auslegungsregel des § 23 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/A, die bei einem rechnerisch fehlerhaften Produkt aus Mengenansatz und Einheitspreis den angebotenen Einheitspreis für maßgebend erklärt, ist auch dann anzuwenden, wenn aus den Umständen eindeutig und zweifelfrei zu schließen ist, dass der Bieter einen anderen, ganz bestimmten Einheitspreis anbieten wollte.*)
VolltextVPRRS 2009, 0161
OLG Naumburg, Beschluss vom 02.07.2009 - 1 Verg 2/09
1. Die Obliegenheit zur Rüge eines vermeintlich vergaberechtswidrigen Ausschlusses des eigenen Angebotes wegen fehlender Eignungsnachweise wird durch ein bloßes Aufklärungsersuchen der Vergabestelle, welches auf einen beabsichtigten künftigen Ausschluss schließen lässt, noch nicht begründet.*)
2. Der Ausschluss eines Angebotes wegen Unvollständigkeit der Eignungsnachweise setzt voraus, dass diejenigen Unterlagen, deren Vorlage vom Auftraggeber für die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers oder Bieters verlangt wird, bereits in der Vergabebekanntmachung benannt worden sind.*)
3. Eine nach §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) i.V.m. 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A zwingend zum Ausschluss des Angebotes als Hauptangebot führende Änderung an den Verdingungsunterlagen liegt vor, wenn ein Angebot inhaltlich von verbindlichen Vorgaben der Vergabestelle in den Verdingungsunterlagen abweicht.
Geben die Verdingungsunterlagen konkrete Vertragsbedingungen für die Leistungserbringung zwingend und ausnahmslos vor, so stellt die beabsichtigte teilweise Inanspruchnahme von Leistungen der Deutschen Post AG nach deren allgemeinen Postbeförderungsbedingungen eine inhaltliche Abweichung hierzu dar.*)
VolltextVPRRS 2009, 0160
OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.02.2009 - 11 Verg 16/08
Ein Vertrauen der Bieter auf die Beibehaltung einer vergaberechtswidrigen Wertung ist nicht schützenswert. Die Vergabestelle kann deshalb grundsätzlich eine Wertung, nach der ein Bieter wegen fehlender Eignung ausgeschlossen wurde, in einer späteren Phase des Vergabeverfahrens korrigieren, wenn sie vergaberechtswidrig ist.*)
VolltextVPRRS 2009, 0159
OLG München, Beschluss vom 02.07.2009 - Verg 5/09
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegung der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (im folgenden Richtlinie) gemäß Art. 234 Abs. 1 EG folgende Fragen vorgelegt:
1. Ist ein Vertrag über Dienstleistungen (hier: Rettungsdienstleistungen), nach dessen Inhalt eine unmittelbare Entgeltzahlung des öffentlichen Auftraggebers an den Auftragnehmer nicht erfolgt, sondern
a) im Wege von Verhandlungen zwischen dem Auftragnehmer und Dritten, die ihrerseits öffentliche Auftraggeber sind (hier: Sozialversicherungsträger), das Benutzungsentgelt für die zu erbringenden Leistungen festgesetzt wird,
b) im Falle einer Nichteinigung die Entscheidung einer hierfür vorgesehenen Schiedsstelle vorgesehen ist, deren Entscheidung zur Überprüfung durch staatliche Gerichte gestellt wird, und
c) das Entgelt nicht unmittelbar von den Nutzern, sondern von einer Zentralen Abrechnungsstelle, deren Dienste der Auftragnehmer nach dem Gesetz in Anspruch nehmen muss, in regelmäßigen Abschlagszahlungen an den Auftragnehmer ausgezahlt wird,
allein aus diesem Grund als Dienstleistungskonzession im Sinne des Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie - in Abgrenzung zum Dienstleistungsauftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit.a und d der Richtlinie anzusehen?
2. Falls die erste Vorlagefrage mit Nein zu beantworten ist, liegt eine Dienstleistungskonzession dann vor, wenn das mit der öffentlichen Dienstleistung verbundene Betriebsrisiko eingeschränkt ist,
a) weil nach einer gesetzlichen Regelung den Benutzungsentgelten für die Leistungserbringung die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten zugrunde zu legen sind, die einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung, einer wirtschaftlichen und sparsamen Betriebsführung sowie einer leistungsfähigen Organisation entsprechen, und
b) weil die Benutzungsentgelte von solventen Sozialversicherungsträgern geschuldet werden,
c) das Entgelt nicht unmittelbar von den Nutzern, sondern von einer Zentralen Abrechnungsstelle, deren Dienste der Auftragnehmer nach dem Gesetz in Anspruch nehmen muss, in regelmäßigen Abschlagszahlungen an den Auftragnehmer ausgezahlt wird,
der Auftragnehmer aber dieses eingeschränkte Risiko vollständig übernimmt?*)
VolltextVPRRS 2009, 0158
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.03.2002 - 1 VK 7/02
VolltextVPRRS 2009, 0157
VK Sachsen, Beschluss vom 09.09.2008 - 1/SVK/046-08
1. Vergibt ein öffentlich-rechtlicher Aufgabenträger in Sachsen die Erbringung rettungsdienstlicher Leistungen (Notfallrettung und Krankentransport) an einen privaten Unternehmer, so unterliegt dies dem Vergaberecht, weil der private Unternehmer bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe nicht hoheitlich tätig wird und deshalb eine aus Art. 45, 55 EG-Vertrag abzuleitende vergaberechtliche Bereichsausnahme nicht vorliegt.*)
2. Die Vorschriften des GWB regeln abschließend den Rechtsschutz für Vergabestreitigkeiten über öffentliche Aufträge oberhalb der Schwellenwerte. Der Gesetzgeber hat die Zuständigkeit für die Nachprüfung der Vergabestreitigkeiten, die in den Geltungsbereich der umzusetzenden vergaberechtlichen Richtlinien des Gemeinschaftsrechts fallen, im VgRÄG abschließend geregelt. Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB sowie sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind, können außer vor der Vergabeprüfstelle nur vor den Vergabekammern und dem Beschwerdegericht geltend gemacht werden (§ 104 Abs. 2 GWB).*)
VolltextVPRRS 2009, 0156
VK Sachsen, Beschluss vom 05.05.2009 - 1/SVK/009-09
Der öffentliche Auftraggeber darf im Rahmen eines Vergabeverfahrens nicht nachträglich Gewichtungskoeffizienten und Unterkriterien für die in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung genannten Zuschlagskriterien festlegen. Insbesondere darf er die Wertungsmatrix nicht erst nach Submission festlegen, wenn - wie in aller Regel - die abstrakte Gefahr nicht ausgeschlossen werden kann, dass er sie in Kenntnis der Angebotsinhalte zum Vorteil oder Nachteil eines einzelnen Bieters ausgestaltet.*)
Fordert der Auftraggeber mit Angebotsabgabe die Angabe von Referenzobjekten vergleichbarer Leistungen für den Zeitraum der letzten 3 Jahre unter Angabe der Art der Leistung, der Menge und des Wertumfangs (Auftragswert), so ist das Angebot zwingend auszuschließen, wenn der Wertumfang nicht konkret angegeben wurde.*)
VolltextVPRRS 2009, 0155
VK Brandenburg, Beschluss vom 29.05.2006 - 1 VK 17/06
VolltextVPRRS 2009, 0154
OLG München, Beschluss vom 19.03.2009 - Verg 2/09
1. Der öffentliche Auftraggeber hat Unterkriterien einschließlich weiterer differenzierender Unterpunkte sowie eine Bewertungsmatrix den Bietern dann mitzuteilen, wenn nicht auszuschließen ist, dass sich die Kenntnis hiervon auf die Präsentation und Bewertung von zu liefernden Geräten im Rahmen einer Testphase auswirken kann.*)
2. Bei einem Verstoß gegen diese Mitteilungspflicht ist im Vergabeverfahren nur derjenige Abschnitt zu wiederholen, in welchem sich die unterlassene Mitteilung auswirken konnte.*)
VolltextVPRRS 2009, 0153
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.04.2007 - 1 VK 16/07
1. Nach Rücknahme des Antrags hat der Antragsteller die bei der Vergabekammer entstandenen Verfahrenskosten zu tragen.
2. Die dem Antragsgegner und den Beigeladenen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen - insbesondere deren Rechtsanwaltskosten - haben diese im Falle der Antragsrücknahme jeweils selbst zu tragen.
3. § 80 Abs. 1 Satz 5 LVwVfG-BW findet keine direkte Anwendung, da es sich bei einem Nachprüfungsverfahren nicht um ein Vorverfahren im Sinne dieser Norm handelt.
VolltextVPRRS 2009, 0152
OLG München, Urteil vom 23.06.2009 - Verg 8/09
1. Gegen die Korrektur versehentlich im Leistungsverzeichnis erfolgter Einträge mittels TippExRoller bestehen grundsätzlich keine Bedenken.*)
2. Es verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sich der Auftraggeber nur von einem Bieter ausdrücklich die Bindefrist verlängern lässt.*)
3. Nach Ablauf der vom Auftraggeber festgesetzten Bindefrist ist von einer stillschweigenden Verlängerung der Bindefrist bei den am Ausschreibungsverfahren beteiligten Bietern auszugehen, solange sie nicht ihr Angebot zurückziehen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0151
OLG München, Beschluss vom 16.06.2009 - Verg 7/09
Bei einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung ist die Vergabestelle bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist verpflichtet, den Bewerbern den vom Auftraggeber entworfenen Bewerbungsbogen auf Anfrage zuzusenden, sofern nur Teilnahmeanträge auf dem Bewerbungsbogen berücksichtigt werden.*)
VolltextVPRRS 2009, 0150
VK Sachsen, Beschluss vom 19.05.2009 - 1/SVK/008-09
1. Formuliert der Auftraggeber Mindestbedingungen, wie z. B. Mindestumsätze oder eine Mindestbetriebsgröße, die er für die Ausführung des Auftrags für erforderlich hält, so ist er hieran gebunden.*)
2. Hat ein Bieter in seiner Referenzliste keine ausreichenden Angaben zu einem geforderten Mindestkriterium gemacht, kann dieser Mangel des Angebots nicht mehr geheilt werden, ein solches Angebot ist zwingend auszuschließen. Ein Auftraggeber ist in diesem Fall an die von ihm selbst aufgestellte Forderung, dass die Angaben zur Eignung des jeweiligen Bieters mit dem Angebot zu machen waren, gebunden. Er ist daher auch nicht berechtigt, hiervon abzurücken und eine Nachreichung von Angaben nach Ablauf der Angebotsfrist zuzulassen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0149
VK Sachsen, Beschluss vom 06.04.2009 - 1/SVK/005-09
1. Grundsätzlich ist zu verlangen, dass eine Rüge so deutlich formuliert wird, dass klar wird, welcher Sachverhalt aus welchem Grund als Verstoß angesehen wird, so dass der Auftraggeber in die Lage versetzt wird, konkrete Abhilfe schaffen zu können.*)
2. Es liegt in der Risikosphäre des Bieters, wenn er seine Rüge unpräzise und "am Thema vorbei" formuliert und so im Ergebnis dessen eine für ihn unzureichende Reaktion auf die Rüge erhält.*)
VolltextVPRRS 2009, 0148
VK Sachsen, Beschluss vom 23.02.2009 - 1/SVK/003-09
1. Sofern in der Vergabebekanntmachung und den Verdingungsunterlagen als Eignungsnachweis ein durch eine Zertifizierungsstelle ausgestelltes Zertifikat gefordert wird, muss dieses zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe noch Gültigkeit besitzen. Ansonsten ist das Angebot zwingend auszuschließen.*)
2. § 25 Nr. 2 Abs. 2 und Abs. 3 VOL/A entfaltet mittelbar bieterschützende Wirkung.*)
3. Grundsätzlich hat der Auftraggeber - im Gegensatz zur Prüfungspflicht bei der Feststellung eines ungewöhnlich niedrigen Preises - einen eigenen Beurteilungsspielraum dahingehend, wie er die Prüfung auf die Unangemessenheit des Preises durchführt.*)
4. Ein Antragsteller kann einem Auftraggeber nicht Umfang und Ausgestaltung der Auskömmlichkeitsprüfung diktieren oder zu einem immer weiter und tiefer gehenden Rechtfertigungsszenario zwingen, bis schlussendlich aus Sicht des Antragstellers ein Rechtfertigungsmanko der Beigeladenen zu konstatieren ist.*)
VolltextVPRRS 2009, 0147
OLG Dresden, Beschluss vom 23.04.2009 - WVerg 11/08
Zu der Frage, wann ein Bieter positive Kenntnis eines Vergabeverstoßes hat.
VolltextVPRRS 2009, 0146
VK Sachsen, Beschluss vom 25.09.2008 - 1/SVK/045-08
1. Von einem sachkundigen Bieter ist zu erwarten, dass er innerhalb einer, höchstens aber zwei Wochen nach Eingang der Unterlagen diese auf Verständlichkeit und Vollständigkeit geprüft hat. Die Rügeobliegenheit i. S. d. § 107 Abs. 3 GWB setzt - was die Leistungsbeschreibung anbetrifft - mit der Angebotserstellung ein.*)
2. Die praktische Umsetzung des Nachweises der positiven Kenntnis eines Vergabeverstoßes muss, da niemand die Gedanken eines anderen Menschen verifizieren kann, an der objektiven Tatsachenlage anknüpfen. Lässt diese bei lebensnaher Beurteilung nur den Schluss zu, dass der Antragsteller den geltend gemachten Vergaberechtsverstoß bereits zu einem bestimmten (frühen) Zeitpunkt erkannt (oder sich mutwillig der Erkenntnis verschlossen) hatte, so obliegt es ihm - wie sich auch aus § 108 Abs. 2 GWB ableiten lässt -, dies zu entkräften. Nach Auffassung der Vergabekammer ist eine rügerelevante Kenntnis von vergaberechtswidrigen Verdingungsunterlagen jedenfalls dann zu unterstellen, wenn der Bieter eingeräumt hat, nach Erhalt der Verdingungsunterlagen den kaufmännischen und technischen Sachverstand in einem Projektteam zusammengestellt zu haben um die Vertragsbedingungen und technischen Bedingungen zu sichten. Eine Rüge knapp fünf Wochen nach Erhalt der Verdingungsunterlagen ist dann präkludiert.*)
VolltextVPRRS 2009, 0145
OLG Dresden, Beschluss vom 03.04.2009 - WVerg 10/08
Es ist durchaus denkbar, § 31 SächsBRKG bei einer an der bundesstaatlichen Ordnung orientierten verfassungskonformen Auslegung so anzuwenden, dass eine vergaberechtsmäßige Ausgestaltung des Auswahlverfahrens möglich ist. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG ist weder zulässig noch geboten.
(Az. der beim BVerfG von der Vergabestelle gegen diese Entscheidung eingelegten Verfassungsbeschwerde: 1 BvR 1121/09)
VolltextVPRRS 2009, 0144
OLG Dresden, Beschluss vom 27.01.2009 - WVerg 10/08
1. Die Übertragung rettungsdienstlicher Leistungen nach Maßgabe des sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz (SächsBRKG) auf private Leistungserbringung ist dem Vergaberecht unterworfen (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 1.12.2008 - X ZB 31/08, X ZB 32/08).
2. Vertritt die Vergabestelle die Rechtsmeinung, dass eine öffentliche Auftragsvergabe nicht vorliegt und verfährt sie entsprechend, kann sie dem Antragssteller, der sich dagegen wendet, nicht inhaltliche Mängel eines tatsächlich abgegebenen Angebots entgegenhalten. Denn dieser könnte den Vergabeverstoß, der in der Nichtdurchführung eines Verfahrens liegt, auch ohne Abgabe eines Angebots rügen.
3. Hat der Antragsteller entgegen § 108 Abs. 2 GWB bei der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens nicht dargelegt, dass die Rüge eines Vergabeverstoßes gegenüber dem Auftraggeber erfolgt ist, so kann dieser Mangel jederzeit, solange der Nachprüfungsantrag noch nicht als unzulässig verworfen ist, behoben werden.
(Az. der beim BVerfG von der Vergabestelle gegen diese Entscheidung eingelegten Verfassungsbeschwerde: 1 BvR 1121/09)
VolltextVPRRS 2009, 0143
VK Nordbayern, Beschluss vom 12.05.2009 - 21.VK-3194-11/09
1. Die Feststellung der Abweichung eines Bieterangebots von den in den Verdingungsunterlagen gemachten Vorgaben setzt voraus, dass der Gegenstand und Inhalt der Leistung eindeutig beschrieben sind und die am Auftrag interessierten Unternehmen daran klar erkennen können, wann jeweils die Grenze zu einer inhaltlichen Änderung der Leistungsanforderungen des Auftraggebers überschritten ist. Unter welchen Voraussetzungen das Angebot die Rechtsfolge eines wegen einer Änderung der Verdingungsunterlagen zwingenden Angebotsausschlusses § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b, § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A trifft, muss für die am Auftrag interessierten Unternehmen aus Gründen der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz des Vergabeverfahrens anhand der Verdingungsunterlagen selbst klar und unmissverständlich zu erkennen sein.*)
2. Ergibt sich aus den Vergabeunterlagen kein Anhalt dafür, dass der Bieter die Leistung nicht entsprechend der Ausschreibung angeboten hat, gehen ansonsten eventuelle Unklarheiten in den Verdingungsunterlagen zu Lasten der VSt, können also nicht zum Ausschluss des Angebots des betreff. Bieters führen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0142
OLG Celle, Urteil vom 17.06.2009 - 14 U 62/08
1. Enthält das Zuschlagsschreiben des öffentlichen Auftraggebers nach verzögerter Vergabe neue Fertigstellungsfristen, handelt es sich um eine modifizierte Annahme des Bietergebotes und damit unter Ablehnung des ursprünglichen Angebotes um ein neues Angebot i. S. d. § 150 Abs. 2 BGB.*)
2. In einem solchen Fall ist es Sache des Bieters, auf während der verlängerten Zuschlagsfrist eingetretene Preiserhöhungen hinzuweisen und ggf. durch erneute Ablehnung des neuen Angebotes einen neuen Preis zu verlangen.*)
3. Versäumt der Bieter dies, kann der öffentliche Auftraggeber davon ausgehen, dass der Bieter trotz der eingetretenen Preiserhöhungen auskömmlich kalkuliert hatte, und ist nicht verpflichtet, sich nach Ablauf der Annahmefrist gemäß § 147 BGB auf einen geänderten Preis einzulassen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0141
VK Nordbayern, Beschluss vom 19.05.2009 - 21.VK-3194-14/09
1. Eine Losbildung verfehlt ihr Ziel, wenn im Ergebnis mittlere Unternehmen keine praktische Möglichkeit zur Beteiligung am Wettbewerb haben. Bei einer Losvergabe sind die Lose so zuzuschneiden, dass der Forderung nach Berücksichtigung mittelständischer Interessen hinreichend genügt wird.
2. Eine für den Mittelstand angemessene Losteilung kann durch ein Zulassen von Bietergemeinschaften und der Möglichkeit eines Einsatzes von Nachunternehmen nicht ersetzt werden. Mittlere Unternehmen müssen nach dem Normzweck des § 97 Nr. 3 GWB (Grundsatz der Losaufteilung) in geeigneten Fällen in die Lage versetzt werden, sich eigenständig zu bewerben.
3. Der Auftraggeber ist grundsätzlich verpflichtet, eine Leistung in zweckmäßige Lose aufzuteilen. Diese Verpflichtung findet dort ihre Grenze, wo Art und Umfang des Loses unwirtschaftliche Angebote erwarten lassen.
4. Der Auftraggeber kann von einer weiteren Losteilung absehen, wenn eine weitere Aufteilung der Lose unverhältnismäßige Kostennachteile verursachen oder zu einer starken Verzögerung des Vorhabens führen würde oder wegen Problemen bei der Abwicklung nicht vertretbar ist.
5. Kostennachteile verursacht durch eine Losteilung können nicht mit einer allgemeinen Erfahrung begründet werden, sondern sind konkret zu prüfen und vom Auftraggeber durchzurechnen.
VolltextVPRRS 2009, 0140
VK Nordbayern, Beschluss vom 19.05.2009 - 21.VK-3194-13/09
1. Eine Losbildung verfehlt ihr Ziel, wenn im Ergebnis mittlere Unternehmen keine praktische Möglichkeit zur Beteiligung am Wettbewerb haben. Bei einer Losvergabe sind die Lose so zuzuschneiden, dass der Forderung nach Berücksichtigung mittelständischer Interessen hinreichend genügt wird.
2. Eine für den Mittelstand angemessene Losteilung kann durch ein Zulassen von Bietergemeinschaften und der Möglichkeit eines Einsatzes von Nachunternehmen nicht ersetzt werden. Mittlere Unternehmen müssen nach dem Normzweck des § 97 Nr. 3 GWB (Grundsatz der Losaufteilung) in geeigneten Fällen in die Lage versetzt werden, sich eigenständig zu bewerben.
3. Der Auftraggeber ist grundsätzlich verpflichtet, eine Leistung in zweckmäßige Lose aufzuteilen. Diese Verpflichtung findet dort ihre Grenze, wo Art und Umfang des Loses unwirtschaftliche Angebote erwarten lassen.
4. Der Auftraggeber kann von einer weiteren Losteilung absehen, wenn eine weitere Aufteilung der Lose unverhältnismäßige Kostennachteile verursachen oder zu einer starken Verzögerung des Vorhabens führen würde oder wegen Problemen bei der Abwicklung nicht vertretbar ist.
5. Kostennachteile verursacht durch eine Losteilung können nicht mit einer allgemeinen Erfahrung begründet werden, sondern sind konkret zu prüfen und vom Auftraggeber durchzurechnen.
VolltextVPRRS 2009, 0139
VK Brandenburg, Beschluss vom 03.04.2009 - VK 8/09
Kommunale Wohnungsunternehmen sind nicht per se öffentliche Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB. Neben der Satzung ist auch das tatsächliche Auftreten am Markt zu berücksichtigen.
VolltextVPRRS 2009, 0138
VK Nordbayern, Beschluss vom 04.05.2009 - 21.VK-3194-06/09
1. In einem Vergabeverfahren nach der VOF hat die Vergabestelle bei der Auswahl des günstigsten Angebots einen weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraum. In einem Nachprüfungsverfahren kann daher nur überprüft werden, ob die Vergabestelle die allgemeinen Grundsätze des Vergaberechts eingehalten hat, von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe eingehalten wurden und die Bewertung frei von sachfremden Erwägungen und Willkür ist.
2. Grundsätzlich gilt, dass ein vorbefasster Bieter oder Bewerber gemäß § 4 Abs. 5 VgV nur dann auszuschließen ist, wenn die durch seine Beteiligung eingetretene Wettbewerbsverfälschung durch andere Maßnahmen, so z. B. durch Herstellung eines Informationsgleichstandes aller Bieter nicht hergestellt werden kann.
3. Die Vergabestelle trifft die Darlegungs- und Beweislast, dass sie ihrer Pflicht, den Wettbewerb sicher zu stellen, nachgekommen ist.
4. Der Ausschluss eines vorbefassten Bewerbers ist das letzte Mittel, wenn der Wettbewerb nicht anders sichergestellt werden kann.
5. Die Vergabestelle muss nicht dem Mindestsatz entsprechende Angebote nicht von vorneherein aus der Wertung ausschließen. Vielmehr ist eine Anhebung auf die Mindestsätze im Verhandlungsverfahren möglich.
VolltextVPRRS 2009, 0137
BVerfG, Beschluss vom 23.04.2009 - 1 BvR 3424/08
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu bestanden, dass derjenige, der lediglich ein mittelbares Interesse an einem öffentlichen Auftrag hat, im Vergabenachprüfungsverfahren nicht antragsberechtigt ist (hier: Planungsgesellschaft, die im Rahmen eines Grundstückskaufvertrags mit Bauverpflichtung für den nicht zum Zuge gekommenen Investor tätig werden sollte).
VolltextVPRRS 2009, 0467
VK Saarland, Beschluss vom 12.01.2009 - 1 VK 07/2008
1. Die Leistungsfähigkeit/Eignung eines Bieters im Sinne des § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A 2006 ist grundsätzlich in Frage zu stellen, wenn er sich zu mehr als 50 % der Leistungen eines Nachunternehmers bedient. Der Nachunternehmeranteil ist ein kalkulationserhebliches Element des Angebotes und wirkt sich auf die Wettbewerbsstellung des Bieters aus.*)
2. Liegen (aktenkundige) Zweifel an der Leistungsfähigkeit/ Eignung eines Nachunternehmers vor, müssen diese durch Nachforschungen der Vergabestelle widerlegt werden. Nach § 30 VOL/A 2006 müssen solche Prüfungen im Vergabevermerk hinreichend plausibel ihren Niederschlag finden.*)
3. Im Angebot fehlende Angaben zu Nachunternehmerleistungen können nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 d i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A 2006 nicht nachgeholt oder abgeändert werden.*)
4. Der vergaberechtliche Mangel, dass Eignungskriterien nochmals als Zuschlagskriterien in die Wertung Eingang finden sollen, muss nicht zwangsläufig zur Aufhebung des gesamten Vergabeverfahrens führen, wenn er für die nach Auffassung der Vergabekammer (richtigerweise) zu treffende Zuschlagsentscheidung keine Rolle spielt (§ 114 Abs. 1 Satz 1 GWB a.F.).*)
VolltextVPRRS 2009, 0136
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 04.06.2009 - Rs. C-536/07
Zu der Frage, ob ein Vertrag über die Errichtung und die anschließende dreißigjährige Nutzungsüberlassung von vier Messehallen samt Anbauten und Infrastruktur dem Vergaberecht unterliegt.
VolltextVPRRS 2009, 0135
EuGH, Urteil vom 11.06.2009 - Rs. C-300/07
1. Art. 1 Abs. 9 Unterabs. 2 Buchst. c erster Fall Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass eine überwiegende Finanzierung durch den Staat vorliegt, wenn die Tätigkeiten der gesetzlichen Krankenkassen hauptsächlich durch Mitgliedsbeiträge finanziert werden, die nach öffentlich-rechtlichen Regeln, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, auferlegt, berechnet und erhoben werden. Derartige Krankenkassen sind für die Anwendung der Vorschriften dieser Richtlinie als Einrichtungen des öffentlichen Rechts und damit als öffentliche Auftraggeber anzusehen.*)
2. Hat ein gemischter öffentlicher Auftrag sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand, besteht das für die Bestimmung, ob der fragliche Auftrag als Lieferauftrag oder als Dienstleistungsauftrag anzusehen ist, anzuwendende Kriterium im jeweiligen Wert der in diesen Auftrag einbezogenen Waren und Dienstleistungen. Bei der Zurverfügungstellung von Waren, die individuell nach den Bedürfnissen des jeweiligen Kunden hergestellt und angepasst werden und über deren Nutzung die jeweiligen Kunden individuell zu beraten sind, ist die Anfertigung der genannten Waren dem Auftragsteil der "Lieferung" für die Berechnung des Wertes des jeweiligen Bestandteils zuzuordnen.*)
3. Sollte sich die Erbringung von Dienstleistungen bei dem fraglichen Auftrag als im Verhältnis zur Warenlieferung überwiegend herausstellen, ist eine zwischen einer gesetzlichen Krankenkasse und einem Wirtschaftsteilnehmer geschlossene Vereinbarung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, in der die Vergütung für die verschiedenen, von diesem Wirtschaftsteilnehmer erwarteten Versorgungsformen sowie die Laufzeit der Vereinbarung festgelegt werden, wobei der genannte Wirtschaftsteilnehmer die Verpflichtung übernimmt, Leistungen gegenüber den Versicherten zu erbringen, die diese bei ihm nachfragen, und die genannte Kasse ihrerseits die alleinige Schuldnerin der Vergütung für das Tätigwerden dieses Wirtschaftsteilnehmers ist, als eine "Rahmenvereinbarung" im Sinne von Art. 1 Abs. 5 der Richtlinie 2004/18/EG anzusehen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0134
EuGH, Urteil vom 09.06.2009 - Rs. C-480/06
1. Eine öffentliche Stelle kann ihre im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben (hier: Müllentsorgung) mit ihren eigenen Mitteln und auch in Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Stellen erfüllen, ohne gezwungen zu sein, sich an externe Einrichtungen zu wenden.
2. Eine Ausschreibung ist nicht erforderlich, solange sich die Kommunen bei ihrer Zusammenarbeit von ihren öffentlichen Aufgaben leiten lassen - hier vom Ziel einer ortsnahen Entsorgung des Mülls.
VPRRS 2009, 0133
EuGH, Urteil vom 04.06.2009 - Rs. C-250/07
Antwortet der öffentliche Auftraggeber ohne rechtfertigenden Grund verspätet auf das Ersuchen eines Bieters um Erläuterung der Gründe für die Ablehnung seines Angebots, so verstößt er gegen seine Verpflichtung aus Art. 41 Abs. 4 Sektorenrichtlinie 93/38/EWG.
VolltextVPRRS 2009, 0132
VK Münster, Beschluss vom 30.04.2009 - VK 4/09
1. Die Ausschreibungsunterlagen sind auszulegen, wobei als Maßstab die Sicht eines verständigen Bieters zugrunde zulegen ist. Eine objektive Mehrdeutigkeit in den Verdingungsunterlagen darf nicht zu Lasten der Bieter gehen.*)
2. Die Angebote der Bieter sind nach den für Willenserklärungen maßgebenden Grundsätzen entsprechend den §§ 133, 157 BGB auszulegen. Erklärungen, die zwar nicht ausdrücklich vom Bieter abgegeben wurden, sich aber aus seinem Angebot unzweifelhaft schließen lassen, wie beispielsweise aus einem beigefügten Firmenprospekt, sind als Teil des Angebots zu werten. Ein solches Angebot ist dann nicht unvollständig.*)
VolltextVPRRS 2009, 0131
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 02.06.2009 - Rs. C-196/08
Die Art. 43, 49 und 86 EG-Vertrag, die Richtlinie 2004/18/EG und die Richtlinie 2004/17/EG stehen einer unmittelbaren Vergabe einer öffentlichen Dienstleistung, die die vorhergehende Durchführung von Arbeiten mit sich bringt, an eine ausschließlich mit diesem Gesellschaftszweck geschaffene gemischt öffentlich-private Gesellschaft nicht entgegen, sofern folgende Voraussetzungen gegeben sind:
- Die Gesellschaft behält diesen ausschließlichen Gesellschaftszweck während ihres Bestehens bei;
- die Auswahl des privaten Gesellschafters erfolgt mittels eines öffentlichen Verfahrens, nachdem die finanziellen, technischen, operativen und verwaltungstechnischen Anforderungen sowie die Charakteristika seines Angebots hinsichtlich der zu erbringenden Dienstleistung überprüft worden sind;
- der private Partner übernimmt als gewerblicher Gesellschafter die Durchführung der Dienstleistung und der Arbeiten und
- diese Ausschreibung entspricht dem Grundsatz des freien Wettbewerbs, und die vom Gemeinschaftsrecht für Konzessionen verlangte Transparenz und Gleichbehandlung und gegebenenfalls die Regeln der Publizität und der Vergabe öffentlicher Aufträge werden beachtet.*)
VolltextVPRRS 2009, 0130
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.12.2008 - Verg 70/08
Auch wenn ein Angebot gemäß den §§ 146, 148 BGB wegen Ablaufs der Bindefrist zivilrechtlich erloschen ist, dann ist das Angebot aber nicht zugleich auch vergaberechtlich hinfällig. Denn der Aufftraggeber ist nach §§ 6 Abs. 1 und 2 HGrG, 7 BHO gehalten, den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen.
VolltextVPRRS 2009, 0129
EuGH, Beschluss vom 03.04.2009 - Rs. C-387/08
Der Korrekturmechanismus nach Art. 3 Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG hat keine drittschützende Funktion.
VolltextVPRRS 2009, 0128
VK Südbayern, Beschluss vom 26.03.2009 - Z3-3-3194-1-03-01/09
1. Gemäß § 9 a VOL/A 2006 hat der Auftraggeber alle Zuschlagskriterien in der Vergabebekanntmachung oder spätestens in den Verdingungsunterlagen bekannt zu geben. Eignungsmerkmale bzw. Eignungsnachweise wie die "Technische Ausstattung", "Qualifikation des Personals" sowie ein "Konzept zur Qualitätssicherung" dürfen als Zuschlagskriterien nicht benannt werden, da sie sich in erster Linie auf die Erfahrung, die Qualifikation und die Mittel, die geeignet sind, eine ordnungsgemäße Ausführung des betreffenden Auftrags zu gewährleisten, beziehen. Ein Bezug zum Auftrag, der die Aufstellung von unternehmensindividuellen Umständen als Zuschlagskriterien als vergaberechtlich beanstandungsfrei erscheinen ließe, wurde von der Antragsgegnerin nicht hergestellt.*)
2. Die fehlerhafte Auswahl der Zuschlagskriterien verletzt die Bieter in ihren Rechten. Das fehlerhafte Aufstellen von Zuschlagskriterien hat Einfluss auf die Vorbereitung und den Inhalt der Angebote. Das Aufstellen unzulässiger Zuschlagskriterien ist seiner Art nach geeignet, die Leistungsund Angebotsmöglichkeiten der Bieter nachteilig zu beeinflussen.*)
3. Darüber hinaus werden Bieter - möglicherweise - auch insoweit in ihren Rechten verletzt, als ungeeignete Mitbieter infolge der nicht eingehaltenen Trennung der Wertungsstufen nicht schon auf der zweiten Wertungsstufe ausgeschlossen werden.*)
4. Ist die Auswahl der Zuschlagskriterien durch den Auftraggeber fehlerhaft erfolgt, ist die Erteilung des Zuschlags zu untersagen. Die Vergabekammer kann insoweit über den auf eine Aufhebung des Ausschlusses des Angebots der Antragstellerin und Einbeziehung des Angebots in die Wertung gerichteten Antrags hinausgehen. Sie ist entsprechend § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB nicht an die Fassung der Anträge gebunden. Das Vergabeverfahren ist ab Übersendung der Verdingungsunterlagen einschließlich einer Bekanntgabe zulässiger Zuschlagskriterien in der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots zu wiederholen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0127
VK Südbayern, Beschluss vom 11.02.2009 - Z3-3-3194-1-01-01/09
1. Der Antragsteller hat in seinem Nachprüfungsantrag die behaupteten Rechtsverletzungen mit einem schlüssigen, aus sich heraus verständlichen Tatsachenvortrag zu belegen, um den Formerfordernissen des GWB zu entsprechen.*)
2. Bieter müssen im Hinblick auf die Abgabe von Angeboten darauf achten, den Geheimwettbewerb zu gewährleisten.*)
VolltextVPRRS 2009, 0126
VK Südbayern, Beschluss vom 21.04.2009 - Z3-3-3194-1-09-02/09
1. Weder aus dem Wortlaut des § 107 Abs. 3 GWB noch aus Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt sich, dass die Rüge immer schriftlich erfolgen muss. Wenn sie unbestritten mündlich gegenüber Vertretern des Auftraggebers erfolgt, die in der Lage sind, die Beanstandungen auszuräumen, ist das ausreichend.*)
2. Das Vergaberecht sieht eine "vorsorgliche Rüge" künftigen fehlerhaften Handelns des Auftraggebers nicht vor.*)
3. Im Rahmen des Vergabeverfahrens ist die Vorlage von Referenzen erforderlich aber auch ausreichend, die den hinreichend sicheren Schluss zulassen, dass der betreffende Bieter über die für eine ordnungsgemäße Durchführung des ausgeschriebenen Auftrags erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit verfügt. Alle Referenzen, die diese Anforderung erfüllen, sind Referenzen zu vergleichbaren Aufträgen im Sinne der Referenzanforderung.*)
4. Vergleichbarkeit bedeutet nicht Gleichheit, sondern dass ein Bewerber bereits Aufgaben ausgeführt hat, die im technischen Bereich und hinsichtlich der Organisation der nachgefragten Leistung einen etwa gleich hohen oder höheren Schwierigkeitsgrad aufweisen.*)
5. Der Auftraggeberin kann im Hinblick auf die Beurteilung der Eignung der Bieter kein Ermessen dahingehend zugestanden werden, von den bekannt gemachten Eignungsanforderungen abzuweichen und auch bei Fehlen geforderter Eignungsnachweise die Eignung aus anderen Gründen anzunehmen.*)
6. Handelt es sich nicht lediglich um eine Konkretisierung einer Referenzanforderung gemäß Bekanntmachung, sondern um eine Festlegung einer darüber hinausgehenden Referenzanforderung darf diese nicht gewertet werden.*)
7. Lässt der Auftraggeber die Abgabe von losweisen Angeboten zu, verlangt aber darüber hinaus von allen Bietern Komplettangebote für alle Lose, kann daraus nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass er die Lose nur insgesamt vergeben will. Hinsichtlich der Wertung sind deshalb auch die Angebote in die Wertung aufzunehmen, in denen nur für einzelne Lose ein Angebot unterbreitet wurde.*)
8. Hat der Auftraggeber keine Zuschlagskriterien benannt, darf nur der niedrigste Preis als Zuschlagskriterium angewendet werden.*)
VolltextVPRRS 2009, 0125
VK Südbayern, Beschluss vom 29.04.2009 - Z3-3-3194-1-11-03/09
1. Positive Kenntnis gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 GWB ist erst gegeben, wenn die Antragstellerin nachweislich Kenntnis von dem Rechtsverstoß hat. Die vermeintlich fehlerhafte Wertung eines Nebenangebotes, da Mindestbedingungen für Nebenangebote nicht in Verdingungsunterlagen genannt sind, kann nicht allein durch Kenntnis der Verdingungsunterlagen als bewiesen angesehen werden.*)
2. Der Bieter muss erkennen können, welche inhaltlichen Mindestanforderungen für Nebenangebote der Auftraggeber fordert. Die Angabe von Anforderungen für Nebenangebote ist dort erforderlich, wo Nebenangebote eine Anforderung betreffen, die nicht aus dem Kontext der Verdingungsunterlagen heraus klar bestimmbar ist.*)
3. Der Verzicht auf eine Gewichtung der Zuschlagskriterien ist nur aus nachvollziehbaren Gründen zugelassen.*)
4. Sind in den Ausschreibungsunterlagen Zuschlagskriterien bekannt gemacht worden, kann hiervon im nach hinein nicht mehr abgewichen werden. Lediglich eine Bewertung des Preises genügt nicht.*)
5. Eine mangelhafte Dokumentation des Vergabevermerks verletzt die Antragstellerin regelmäßig in ihren Rechten, da sich entsprechende Mängel gerade auf die Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig auswirken. Es gehört zum Gebot der Transparenz des Vergabeverfahrens, dass der Auftraggeber den Gang, vor allem aber die wesentlichen Entscheidungen des Vergabeverfahrens und die Begründungen in den Vergabeakten zeitnah, lückenlos, laufend und nachvollziehbar dokumentiert.*)
VolltextVPRRS 2009, 0124
VK Südbayern, Beschluss vom 13.03.2009 - Z3-3-3194-1-02-01/09
1. Eine Rüge für die die Antragstellerin acht Tage benötigt, ist im Hinblick darauf, dass aufgrund der Rüge eines Bieters aufgrund derer eine erneute § 13 VgV-Mitteilung angekündigt wurde, als nicht mehr unverzüglich zu werten.*)
2. Konkrete Kenntnis bedeutet im Rahmen der Rügeverpflichtung, dass der Bieter die den Verstoß begründenden Tatsachen kennt und aus diesen auf den Vergabeverstoß schließen kann. Nicht erforderlich ist, dass ihm der Vergaberechtsverstoß bis in alle Einzelheiten bekannt ist.*)
VolltextVPRRS 2009, 0123
VK Südbayern, Beschluss vom 16.01.2009 - Z3-3-3194-1-46-12/09
1. Eine Rüge, die erst acht Kalendertage nach der Information gemäß § 13 VgV ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts und in Kenntnis eventueller vergaberechtlicher Probleme aus einem vorausgegangenem Nachprüfungsverfahren erfolgt, ist nicht unverzüglich.*)
2. Bei der Ermittlung der verstrichenen Tage bis zur Rügeerhebung ist ebenso wie bei der Ermittlung des Termins entsprechend § 13 VgV, wann ein Zuschlag wirksam erteilt werden kann, auf Kalendertage abzustellen.*)
3. Daran ändert auch das Argument der Abwesenheit des Geschäftsführers nichts. Die Vergabekammer geht gerade im Hinblick auf Erwartung des Informationsschreibens nach § 13 VgV und wegen des Gebots der besonderen Beschleunigung davon aus, dass der Geschäftsführer dafür Sorge tragen muss, dass ein Vertreter für ihn tätig wird oder er über den Inhalt des Informationsschreibens informiert wird. Die Vergabekammer hält sonst ein Hinauszögern der Unverzüglichkeit der Rüge für möglich, da sich Bieter sonst darauf berufen könnten, die Nachricht aufgrund ihrer Abwesenheit erst später erhalten zu haben.*)
4. Ein fachkundiges und erfahrenes Unternehmen kann in der Lage sein, unmittelbar nach Erhalt der Information über das Vergabeverfahren zu reagieren und in Kenntnis des eigenen Angebots, der eigenen Kalkulation und der branchenbezogenen Marktsituation einzuschätzen. Eine vorherige anwaltliche Beratung ist in einem solchen Fall nicht geboten. Selbst wenn noch etwaige Restzweifel bestehen, rechtfertigen diese ein Zuwarten mit der Rüge nicht.*)
VolltextVPRRS 2009, 0122
VK Südbayern, Beschluss vom 19.01.2009 - Z3-3-3194-1-41-11/08
1. Grundsätzlich führt eine fehlende Dokumentation aufgrund eines mangelhaften Vergabevermerks nicht zwangsläufig zu einem zu Gunsten eines Antragstellers wirkenden Rechtsverstoß mit Auswirkungen auf das Vergabeverfahren. Es gehört jedoch zum Gebot der Transparenz des Vergabeverfahrens, dass der öffentliche Auftraggeber den Gang, vor allem aber die wesentlichen Entscheidungen des Vergabeverfahrens in den Vergabeakten nachvollziehbar und zeitnah dokumentiert.*)
2. Durch eine nicht ordnungsgemäße Dokumentation wird das Transparenzprinzip besonders schwerwiegend verletzt. Der Vergabevermerk muss daher einen erheblichen Detaillierungsgrad aufweisen. Eine ungenügende Dokumentation führt im Regelfall dazu, dass das Verfahren wiederholt werden muss.*)
3. Außerdem muss der Vergabevermerk die Anforderungen erfüllen, die im Rechtsverkehr an einen Aktenvermerk gestellt werden. Dazu gehören Datum und Unterschrift des Ausstellers. Bedient sich die Vergabestelle bei der Fertigung des Vergabevermerks der Hilfe eines Dritten, muss zudem deutlich werden, inwieweit die Vergabestelle dem Vergabevorschlag des Dritten folgt.*)
4. Grundsätzlich ist die Vergabestelle an die Bewerbungskriterien, die sie in der Vergabebekanntmachung genannt hat, nach § 17 VOB/A gebunden. Es widerspricht dem Grundsatz der Transparenz, wenn die Vergabestelle ihrer Wertungsentscheidung andere Kriterien zu Grunde legt, als sie in der Bekanntmachung veröffentlicht hat.*)
5. Der Wortlaut des Absageschreibens nach § 13 VgV spricht lediglich von der Verpflichtung, den Grund für die Nichtberücksichtigung anzugeben, und nicht von Gründen oder gar einer Begründung. Daraus muss gefolgert werden, dass der Auftraggeber sich kurz fassen und im Wege der Verwaltungsvereinfachung auch zu vorformulierten Schreiben greifen darf.*)
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