Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
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VPRRS 2009, 0074OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.02.2009 - 11 Verg 19/08
Vorangegangene schlechte Erfahrungen mit einem sich erneut beteiligenden Bieter berechtigen keinesfalls zu einer stereotypen, nicht substantiell begründeten Ablehnung. Vielmehr ist immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, weil der Unternehmer Anspruch auf eine ordnungsgemäße Prüfung seiner Eignung hat.*)
VolltextVPRRS 2009, 0073
VK Sachsen, Beschluss vom 09.02.2009 - 1/SVK/071-08
1. Lässt der Auftraggeber mit der Formulierung „Bei den in Rede stehenden Angaben handelt es sich um keine Mindestbedingungen für den Nachweis der Eignung.“, in der Vergabebekanntmachung offen, welches Anforderungsprofil ein Teilnehmer hinsichtlich vorzulegender Eignungsunterlagen im Teilnahmewettbewerb zu erfüllen hat, so kann diese Unklarheit nicht dazu führen, dass der Teilnahmeantrag eines Teilnehmers im weiteren Verfahren unberücksichtigt bleibt, sofern dieser anstelle von Referenzen im SPNV lediglich Referenzen im Reisezugsonderverkehr und im Güterverkehr vorlegt.*)
2. Grundsätzlich muss nach Auffassung der erkennenden Vergabekammer die Entscheidung des Auftraggebers, wie viele und welche Bewerber er zur Angebotsabgabe auffordert, auf sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen beruhen. Sind solche Gründe nicht ersichtlich, insbesondere weder im Rahmen eines Vergabevermerks dokumentiert noch im Verfahren dargelegt, hat der Auftraggeber sein Auswahlermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt.*)
3. Auch wenn die Methodik der Bewertung der Eignung im Beurteilungsspielraum des Auftraggebers steht, ist zu fordern, dass ein Bewertungsmaßstab entwickelt wird, der es im Nachgang ermöglicht, schlüssig nachzuvollziehen, anhand welcher Kriterien – und nicht ausschließlich anhand welcher durch den Teilnehmer vorgelegten Fakten- die Eignung festzustellen war. Der Beurteilungsspielraum des Auftraggebers darf mangels bestimmten oder bestimmbaren Beurteilungsmaßstabes nicht dazu führen, dass die vorgelegten Daten und Fakten eine Begründung in die eine oder andere Richtung erlauben.*)
VolltextVPRRS 2009, 0072
LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.02.2009 - L 11 WB 381/09
1. Die Entscheidung der Krankenkassen, nur solche Angebote auf Abschluss eines Rabattvertrages für Arzneimittel nach § 130a SGB V zuzulassen, die alle vom Bieter (oder der Bietergemeinschaft) in der sog. Lauer-Taxe gelisteten Pharmazentralnummern (PZN) eines Wirkstoffs iSd § 4 Abs. 19 Arzneimittelgesetz (AMG) erfassen, ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden.*)
2. Unterschiede zwischen wirkstoffgleichen Präparaten sind für die Ausschreibung nur erheblich, wenn und soweit sich die Arzneimittel (PZN) in ihrer therapeutischen Wirkung unterscheiden. Andere Kriterien wie zB der Markenname des Arzneimittels, dessen Preis, die Art der Wirkstofffreisetzung oder verschiedene arzneimittelrechtliche Zulassungen für mehrere Präparate mit demselben Wirkstoff sind für die Bestimmung des Beschaffungsbedarfs der Krankenkassen ohne Bedeutung.*)
3. Die Krankenkassen dürfen bei einer wirkstoffbezogenen Ausschreibung davon ausgehen, dass Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen auch den gleichen therapeutischen Nutzen haben und etwas anderes nur gilt, wenn die Arzneimittel trotz vorhandener Wirkstoffidentität unterschiedliche und für die Therapie bedeutsame Bioverfügbarkeiten aufweisen.*)
4. Bei der Beurteilung des therapeutischen Nutzens unterschiedlicher Bioverfügbarkeiten von Festbetragsarzneimitteln dürfen (und müssen) sich die Krankenkassen an die im Zusammenhang mit der Bildung von Festbetragsgruppen (§§ 35 Abs. 1 Satz 2, 35a Abs. 3 Satz 1 SGB V) ergangenen Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses orientieren.*)
VolltextVPRRS 2009, 0071
LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.01.2009 - L 11 WB 5971/08
1. Die gesetzlichen Krankenkassen handeln beim Abschluss von Rabattverträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V nicht als Unternehmen iS der Art. 81 und 82 des EG-Vertrages.*)
2. Ein Verstoß gegen die §§ 19, 20 GWB kann im Vergaberechtsverfahren nicht gerügt werden. Die Ausschreibung stellt, sofern sie ohne Rechtsverstoß erfolgt, einen Ausgleich für eine ggf. vorhandene wettbewerbsbeschränkende Nachfragemacht dar und beugt dem Missbrauch vor.*)
3. Die gemeinsame Ausschreibung und der gemeinsame Abschluss von Rabattverträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V sind den gesetzlichen Krankenkassen auch nicht durch Vorschriften des SGB V verwehrt.*)
4. Wenn sich der Auftraggeber entschließt, einen ausgeschriebenen Auftrag in Lose zu teilen, schreiben die Vorschriften des GWB ihm eine Loslimitierung für die Auftragsvergabe nicht vor; sie gestatten ihm allenfalls eine Selbstbindung dergestalt, dass er außer der Teilung des Auftrags in Lose von vornherein auch eine Loslimitierung pro Bieter vorgibt (Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juni 2000, Verg 6/00, NZBau 2000, 440).*)
5. Die von den Allgemeinen Ortskrankenkassen (Auftraggeberinnen) vorgenommene Aufteilung des Bundesgebiets in fünf Regionallose ist nicht zu beanstanden.*)
6. Mit der Bezugnahme auf die sog. Lauer-Taxe, auf deren Datenbestand sie keinen Einfluss haben, bestimmen die gesetzlichen Krankenkassen auf nachvollziehbare und transparente Weise ihren Beschaffungsbedarf.*)
7. In der Wahl eines konkreten Stichtages (Stand der Lauer-Taxe) ist der Auftrageber nur insoweit Beschränkungen unterworfen, als es dadurch zu keiner Ungleichbehandlung der Wettbewerber iS des § 97 Abs. 2 GWB kommen darf, die über diejenigen Härten hinausgeht, die mit jeder Festsetzung eines Stichtages typischerweise verbunden sind.*)
8. Ein pharmazeutischer Unternehmer hat keinen Anspruch darauf, dass eine Ausschreibung so durchgeführt wird, dass dadurch die von ihm getroffenen Produktionsentscheidungen möglichst optimal berücksichtigt werden.*)
9. Antragsteller eines Nachprüfungsverfahrens kann lediglich der (potentielle) Auftragnehmer sein. Demgemäß kann einen Nachprüfungsantrag nur derjenige stellen, der darlegt, er habe oder hätte sich bei ordnungsgemäßer Vergabe um den fraglichen Auftrag beworben (Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Mai 2008, VII-Verg 27/08, zit. nach juris).*)
10. Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Dabei muss eine Kenntnis des Antragstellers nachgewiesen sein (Anschluss an OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. Juli 2007, 11 Verg 5/07, zit. nach juris).*)
11. Die Notwendigkeit einer Beiladung zum Beschwerdeverfahren beurteilt sich nach den §§ 119, 109 GWB, nicht nach § 75 SGG.*)
12. Die sofortige Beschwerde nach § 116 GWB ist keine Klage, sondern ein Rechtsbehelf eigener Art. Die Zulässigkeit einer Rücknahme der sofortigen Beschwerde beurteilt sich nach § 269 Abs. 1 ZPO, der über § 202 SGG Anwendung findet. Dies bedeutet, dass die sofortige Beschwerde nach dem Beginn der mündlichen Verhandlung wirksam nur noch mit Zustimmung des Beschwerdegegners zurückgenommen werden kann.*)
VolltextVPRRS 2009, 0070
VK Saarland, Beschluss vom 02.02.2009 - 1 VK 10/08
1. Trägt ein Bieter irrtümlich für zwei LV-Positionen die gleichen Werte ein, obwohl er unterschiedliche Einheitspreise kalkuliert hat und ist dieser Übertragungsfehler für den Auftraggeber klar und eindeutig erkennbar, so lässt sich die Differenz zwischen erklärtem und gewolltem Einheitspreis/Gesamtpreis nicht mit der Auslegungsregel des § 23 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/A lösen.
2. Für den Fall eines derart offensichtlichen Erklärungsfehlers ist die Auslegungsregel des § 23 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/A nicht einschlägig; in Anbetracht eines derart eklatanten Erklärungs-/Übertragungsfehlers ist für Auslegung kein Raum mehr.
3. Es liegt dann einer der ganz wenigen Ausnahmefälle von § 23 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/A vor, der eine Abänderung des falschen Einheitspreises entsprechend der Auslegungsregel des § 133 BGB zulässt.
VolltextVPRRS 2009, 0069
OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.11.2008 - Verg W 15/08
1. Von einem Bieter, der die unterbliebene Aufteilung des Auftrages in Lose rügt, kann nicht die Darlegung eines beabsichtigten Angebotes auf einen Auftrag oder ein Los verlangt werden, das der Auftraggeber nicht ausgeschrieben hat, sondern erst noch ausschreiben soll. Er muss jedoch schlüssig darlegen, dass er in der Lage ist, den Auftrag auszuführen, den der Auftraggeber ausschreiben soll und um den sich der Bieter bewerben will.*)
2. Der Auftraggeber darf einen Auftrag zur Errichtung sicherheitstechnischer Anlagen wegen des legitimen Interesses, Sicherheitsrisiken zu vermeiden, einheitlich ohne weitere Unterteilung in Lose vergeben.*)
3. Der Auftraggeber kann mittelständische Interessen auch durch die Einräumung der Möglichkeit zur Bildung von Bietergemeinschaften und die Einbeziehung interessierter Unternehmen als Nachunternehmer fördern.*)
VolltextVPRRS 2009, 0068
OLG Brandenburg, Beschluss vom 19.01.2009 - Verg W 2/09
1. Ein Bieter muss die Rüge, der Auftraggeber habe in unzulässiger Weise nachträglich eine Mindestanforderung mit dem Ziel geändert, einem Konkurrenten den Verbleib im Vergabeverfahren zu ermöglichen, unverzüglich nach Zugang einer entsprechenden Bieterinformation des Auftraggebers erheben, nicht erst dann, wenn der Bieter Kenntnis davon erlangt, welcher Konkurrent konkret hiervon begünstigt worden ist.*)
2. Die Rüge, das Angebot eines Konkurrenten erfülle die Mindestanforderungen nicht, muss unverzüglich nach Erlangung der Kenntnis von der Teilnahme des Konkurrenten am Vergabeverfahren erhoben werden, nicht erst dann, wenn der Auftraggeber mitteilt, dass er beabsichtige, diesem Konkurrenten den Auftrag zu erteilen.*)
3. Ist die dem Bieter im Verhandlungsverfahren gesetzte Frist zur Abgabe eines abschließenden Angebots eine Ausschlussfrist, ist ein verspätetes Angebot zwingend auszuschließen.*)
4. Der Bieter, der ein verspätetes Angebot abgegeben hat, kann nicht geltend machen, dass ein Zuschlag unterbleiben müsse, weil alle anderen Angebote ebenfalls einem Ausschluss unterliegen können.*)
VolltextVPRRS 2009, 0067
VK Saarland, Beschluss vom 02.02.2009 - 1 VK 10/2008
1. Trägt ein Bieter irrtümlich für zwei LV-Positionen die gleichen Werte ein, obwohl er unterschiedliche Einheitspreise kalkuliert hat und ist dieser Übertragungsfehler für den Auftraggeber klar und eindeutig erkennbar, so lässt sich die Differenz zwischen erklärtem und gewolltem Einheitspreis/Gesamtpreis nicht mit der Auslegungsregel des § 23 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/A lösen.
2. Für den Fall eines derart offensichtlichen Erklärungsfehlers ist die Auslegungsregel des § 23 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/A nicht einschlägig; in Anbetracht eines derart eklatanten Erklärungs-/Übertragungsfehlers ist für Auslegung kein Raum mehr.
3. Es liegt dann einer der ganz wenigen Ausnahmefälle von § 23 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/A vor, der eine Abänderung des falschen Einheitspreises entsprechend der Auslegungsregel des § 133 BGB zulässt.
VolltextVPRRS 2009, 0066
VG Halle, Beschluss vom 01.04.2008 - 3 B 42/08
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2009, 0065
LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.10.2008 - L 11 KR 4810/08 ER-B
1. Zu den (hier verneinten) Voraussetzungen einer Zwischenentscheidung (sog Hängebeschluss) bis zum Inkrafttreten eines vom Bundestag bereits beschlossenen Gesetzes (hier: Gesetzesbeschluss zum GKV-OrgWG vom 17.10.2008).*)
2. Die gesetzlichen Krankenkassen sind öffentliche Auftraggeber iSd § 98 Nr. 2 GWB. Dies beruht aber nicht darauf, dass sie überwiegend vom Bund finanziert werden, sondern darauf, dass sie als staatlich kontrollierte Einrichtungen betrachtet werden können. Für landesunmittelbare Versicherungsträger ist daher die Vergabekammer des Landes zuständig.*)
3. Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V sind öffentliche Lieferaufträge iSd § 99 Abs. 2 GWB, wenn das pharmazeutische Unternehmen über die Substitutionsverpflichtung des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V einen Wettbewerbsvorteil erhält. Dies ist nur der Fall, wenn sich die Krankenkassen verpflichten, für die Dauer eines Rabattvertrages keine weiteren Rabattverträge mit anderen pharmazeutischen Unternehmern über vergleichbare Arzneimittel abzuschließen (Zusicherung von Exklusivität).´*)
4. Mit dem Verordnungsverhalten der Vertragsärzte lässt sich eine vergaberechtliche Auswahlentscheidung und damit die Notwendigkeit einer Ausschreibung nicht begründen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0064
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.10.2008 - 27 U 2/08
1. Da wettbewerbsrechtliche Unterlassungansprüche, mit denen ein Pharmaunternehmen ein anderes Pharmaunternehmenan an der Durchführung eines Rabattvertrages, welcher nicht gemäß den Regeln des Vergaberechts ausgeschrieben wurde, hindern will, unmittelbar in das Rechtsverhältnis zwischen gesetzlicher Krankenkasse und Leistungserbringer eingreifen, sind die Sozialgerichte nach § 51 Abs. 2 SGG zuständig.
2. Die Vorschrift des § 69 SGB V schließt die Anwendbarkeit des UWG zumindest auf die vertraglichen Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu ihren Leistungserbringern von vornherein aus.
3. Verstöße gegen die §§ 97 ff GWB begründen keine Ansprüchen nach § 33 GWB, da Unterlassungsansprüche gegen den öffentlichen Auftraggeber unmittelbar aus § 97 Abs. 7 GWB bestehen. Dazu bedarf es keiner Vermittlung durch § 33 Abs. 1 GWB, auch ist die Antragsbefugnis selbständig in § 107 Abs. 2 GWB geregelt; über Schadensersatzansprüche gegen den öffentlichen Auftraggeber verhält sich § 126 GWB.
VolltextVPRRS 2009, 0063
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.10.2008 - Verg 46/08
1. Vorbeugende Unterlassungsanträge können im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens nicht gestellt werden.
2. Es ist zweifelhaft, ob sich ein Patentinhaber mit Erfolg darauf berufen kann, die Vergabestelle habe zu Unrecht auf ein Offenes Verfahren zurückgegriffen, sie hätte stattdessen ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung durchführen müssen.
3. § 3a Nr. 2 lit. c) VOL/A setzt voraus, dass nur ein Anbieter den Auftrag durchführen kann. Dies ist bei einem Patent nicht ohne Weiteres der Fall. Infolge des Erschöpfungsgrundsatzes kann die Einfuhr von Medikamenten durch Dritte aus dem EU-Bereich nicht untersagt werden. § 3a Nr. 2 lit. c) VOL/A greift also nur dann ein, wenn keine Händler vorhanden sind, die in der Lage sind, das Medikament mit dem betreffenden Wirkstoff einzuführen.
VolltextVPRRS 2009, 0062
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.09.2008 - 13 B 1384/08
1. Es spricht einiges dafür, dass bezüglich der Vergabe von Rettungsdienstleistungen eine Bereichsausnahme nicht vorliegt.
2. Auch wenn man die §§ 97 ff. GWB nicht für unmittelbar anwendbar hält, so muss sich der Auftraggeber an diesen Vorgaben messen lassen, wenn er selbst sich ersichtlich am Kartellvergaberecht orientiert hat und an diese Entscheidung im Sinne einer Selbstbindung bei der Ermessensausübung gebunden ist.
VolltextVPRRS 2009, 0061
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.01.2009 - 1 VK 69/08
1. Das Verbot der Änderung von Verdingungsunterlagen trägt dem Umstand Rechnung, dass ein fairer Wettbewerb vergleichbare Angebote verlangt. Eine Veränderung im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A liegt deshalb immer nur dann vor, wenn die angebotene Leistung infolge der Veränderungen nicht mehr der Leistungsbeschreibung des öffentlichen Auftraggebers entspricht, also eine andere Leistung angeboten wird.
2. Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wenn ein Bieter neben dem Einzelpreis zusätzlich noch die Gesamtsumme aus der vorgegebenen Menge und dem Einzelpreis angibt. Damit werden die Verdingungsunterlagen nicht geändert, sie enthalten lediglich eine zusätzliche Information.
VolltextVPRRS 2009, 0060
OLG München, Beschluss vom 02.03.2009 - Verg 1/09
Es stellt keinen Rechtsmissbrauch dar, wenn ein Angebot wegen einer minimalen Überschreitung der vom Auftraggeber für eine Schülerbeförderung von Anfang an zwingend vorgegebenen Fahrtzeit ausgeschlossen wird.*)
VolltextVPRRS 2009, 0059
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.12.2008 - VK 38/08
1. Ist (noch) kein Grundstücksüberlassungsvertrag geschlossen, obliegen dem Investor keine Bau- oder Betriebspflichten. Es liegt kein Vertrag über die Erbringung von Bauleistungen gemäß § 98 Nr. 6 GWB vor.
2. Der Investor kann ohne Ausschreibung Bauleistungen auf dem kommunalen Grundstück vergeben, auch wenn (noch) kein Grundstücksüberlassungsvertrag abgeschlossen ist.
VolltextVPRRS 2009, 0058
OLG Koblenz, Beschluss vom 20.02.2009 - 1 Verg 1/09
1. Die Ausnahmevorschrift des § 22 Nr. 6 VOB/A findet angesichts ihres Wortlauts (nachweislich ... zugegangen) und ihres Normzwecks nur Anwendung, wenn das Angebot auch tatsächlich vor Ablauf der Angebotsfrist dem Auftraggeber zugegangen ist und damit den Herrschaftsbereich des Bieters verlassen hat.*)
2. Eine entsprechende Anwendung des § 22 Nr. 6 VOB/A unter Heranziehung der aus § 242 BGB entwickelten Grundsätze zur Zugangsfiktion infolge unberechtigter Annahmeverweigerung ist mit den Grundprinzipien des Vergaberechts wie Transparenz und Gleichbehandlungsgebot nicht zu vereinbaren.*)
3. Eine unberechtigte Annahmeverweigerung kann allenfalls dann als schadenskausaler Vergaberechtsverstoß im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB angesehen werden, wenn sie auch ursächlich dafür war, dass das Angebot dem Verhandlungsleiter nicht (rechtzeitig) vorgelegen hatte und deshalb aus der Wertung genommen werden musste.*)
VolltextVPRRS 2009, 0057
LSG Bayern, Beschluss vom 12.02.2009 - L 4 KR 33/09 ER
Im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren kann gemäß § 29 Abs. 5 SGG das Landessozialgericht nur gegen eine Entscheidung der Vergabekammer angerufen werden, nicht unmittelbar gegen eine Ausgangsentscheidung der Vergabestelle.
VolltextVPRRS 2009, 0056
BGH, Urteil vom 20.01.2009 - X ZR 113/07
Preisnachlässe, die nicht an der in den Verdingungsunterlagen festgelegten Stelle aufgeführt sind, sind gemäß § 25 Nr. 5 Satz 2 VOB/A auch dann von der Wertung auszuschließen, wenn sie inhaltlich den gestellten Anforderungen entsprechen und für den Ausschreibenden und die Konkurrenten des Bieters zu erkennen sind.*)
VolltextVPRRS 2009, 0055
OLG Naumburg, Beschluss vom 29.01.2009 - 1 Verg 10/08
1. Zur Erfüllung der Anforderung einer rechtsverbindlichen Unterzeichnung des Angebotes.*)
2. Auch eine Preisangabe von "0,00 Euro" in einer Leistungsposition (hier: Lizenzkosten für Software) ist eine vorhandene Preisangabe. Ein Bieter ist nicht verpflichtet, jede Kostenposition seiner internen Kalkulation in eine Preisposition umzusetzen.*)
3. Bleibt das Erfordernis der - z.T. nochmaligen - Vorlage von Verpflichtungserklärungen der jeweils benannten Nachunternehmer (hier: im laufenden Verhandlungsverfahren bei Aufforderung zur Abgabe eines überarbeiteten Angebotes) zumindest undeutlich, so kann auf die Nichtvorlage dieser Fremderklärungen ein Ausschluss des Angebotes jedenfalls nicht gestützt werden.*)
4. Zur Auslegung von Erklärungen im Begleitschreiben zum Angebot als zusätzliche (ausdrücklich zugelassene) Änderungsvorschläge.*)
5. Die Aufbewahrungspflicht von Briefumschlägen und Paketverpackungen der Angebote beschränkt sich auf diejenigen Behältnisse der nicht ordnungsgemäß oder verspätet eingegangenen Angebote (§ 22 Nr. 6 Abs. 4 i.V.m. Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 VOL/A).*)
6. Eingeschränkte Nachprüfbarkeit der Punkteverteilung im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbewertung.*)
VolltextVPRRS 2009, 0054
OLG Naumburg, Beschluss vom 23.12.2008 - 1 Verg 11/08
1. Die gesetzliche Gebühr für die außergerichtliche Vertretung in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer bestimmt sich nach RVG VV Teil 2 Abschnitt 3, also nach den Nrn. 2300 ff.*)
2. Beruht der auf die Erstattung der gesetzlichen Gebühren gerichtete Kostenfestsetzungsantrag eines Beteiligten auf einer unzutreffenden Annahme anderer Gebührentatbestände, so ist dem Beteiligten vor einer Entscheidung nach entsprechendem Hinweis Gelegenheit zu geben, sein ihm nach § 14 RVG eingeräumtes Ermessen auszuüben.*)
3. Reisekosten eines nicht am Sitz der Vergabekammer und nicht am Geschäftssitz des Beteiligten ansässigen Verfahrensbevollmächtigten sind jedenfalls dann nur eingeschränkt erstattungsfähig, wenn am Ort des Unternehmenssitzes bzw. am Ort der zuständigen Vergabekammer eine hinreichende Anzahl spezialisierter Rechtsanwälte zur Verfügung steht.*)
VolltextVPRRS 2009, 0053
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.02.2009 - 3 M 555/08
1. Einen Zuschlag i. S. d. § 97 Abs. 5 GWB sieht das Rettungsdienstgesetz des Landes Sachsen-Anhalt - RettDG LSA - auch bei Durchführung eines Angebotsverfahrens entsprechend den Vorschriften des 4. Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung (gem. § 11 Abs. 2 RettDG LSA) nicht vor, weil die Wahrnehmung von Aufgaben des Rettungsdienstes durch Leistungserbringer an eine Genehmigung nach Maßgabe des § 11 RettDG LSA anknüpft, die ihrerseits nur auf Antrag erteilt wird (§ 3 Abs. 2 Satz 2 RettDG LSA). Bei dieser Genehmigung bzw. ihrer Ablehnung in Form der Mitteilung über die Auswahlentscheidung handelt es sich um einen Verwaltungsakt.*)
2. Es besteht kein Rechtsschutzinteresse eines Antragstellers gem. § 123 I VwGO im Vorfeld einer Genehmigung nach §§ 3 Abs. 2, 11 RettDG LSA das Vergabeverfahren auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüfen zu lassen bzw. den Antragsgegner vorläufig am Erlass einer anfechtbaren und damit rechtlich überprüfbaren Genehmigungs-/Ablehnungsentscheidung zu hindern.*)
3. Entscheidet sich der Träger des Rettungsdienstes das Angebotsverfahren nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 RettDG LSA durchzuführen, so ist er auch an die sich hieraus ergebenden materiell-rechtlichen Vorgaben gebunden.*)
VolltextIBRRS 2009, 0858
LG Köln, Urteil vom 15.01.2008 - 5 O 83/07
Eine Vereinbarung zwischen den Parteien, in der die Höhe der mitverarbeiteten Bausubstanz mit 0,00 Euro festgesetzt wird, führt nicht notwendigerweise zur Unterschreitung der Mindestsätze. Die Festsetzung kann angemessen sein.
VolltextVPRRS 2009, 0052
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.01.2009 - 1 VK LVwA 29/08
1. Erwägungen zur Zuschlagsfähigkeit des Angebotes kommen im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung keinerlei Beachtung zu.*)
2. Die vorgetragene Kenntnis vom vermeintlichen Vergabeverstoß im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB ist maßgebend, wenn keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Vorverlagerung der Rügeverpflichtung erkennbar sind.*)
3. Zur Anweisung zur Aufhebung des Vergabeverfahrens, da der Auftraggeber durch die Art und Weise der Kennzeichnung bzw. Nichtkennzeichnung der Angebotsunterlagen alle Angebote einer Wertbarkeit entzogen hat.*)
VolltextVPRRS 2009, 0051
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12.09.2008 - 1 VK LVwA 11/08
1. Zur formellen Vollständigkeit der einzureichenden Angebote.*)
2. Zur Verpflichtung zum Ausschluss von Angeboten, die - abweichend von der auftraggeberseitig in den Vergabebedingungen fixierten Forderung - nicht rechtsverbindlich unterschrieben wurden.*)
3. Zum nicht eindeutigen Eingangsvermerk der Nachtragsangebote.*)
VolltextVPRRS 2009, 0050
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.01.2009 - 1 VK LVwA 31/08
1. Enthalten die Angebotsunterlagen nicht alle im Leistungsverzeichnis geforderten Preisangaben, führt das zwingend zum Angebotsausschluss.
2. Der Auftraggeber kann die Herstellung des Mengenbezugs zu den angegebenen Preisen den Bietern überlassen.
3. Fehlt der Mengenbezug im Angebot, führt auch dies zum Ausschluss.
VolltextVPRRS 2009, 0049
VK Brandenburg, Beschluss vom 12.11.2008 - VK 35/08
1. Aus der Zielsetzung des § 13 VgV folgt, dass einem Bieter, der in einem noch nicht durch Zuschlagserteilung abgeschlossenen Vergabeverfahren ein Nachprüfungsverfahren einleitet, ein schutzwürdiges Interesse im Hinblick auf die Einhaltung der Vorschrift des § 13 VgV nicht mehr zukommt.
2. Für das Verständnis der Auftragskriterien ist auf den nach den Maßstäben der §§ 133, 157 BGB zu ermittelnden objektiven Empfängerhorizont eines verständigen und sachkundigen Bieters, der mit Leistungen der vorliegenden Art vertraut ist, abzustellen. Danach kommt es in erster Linie auf den Wortlaut, daneben aber auch auf die konkreten Verhältnisse der Leistung an, wie sie in den Vergabeunterlagen ihren Ausdruck gefunden haben.
3. Eine Gewichtung des Kriteriums „Honorarangebot“ mit 15 % verstößt nicht gegen § 97 Abs. 5 GWB.
4. Eine Punktbewertung von 1 – 5 (Wertungsschlüssel) bezüglich der einzelnen Zuschlagskriterien ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, auch wenn die Zahlen 1 – 5 nicht mit einer Erläuterung des Auftraggebers unterlegt sind. Das Punktesystem ist vergleichbar mit einer Notenskala, die schlüssige und nachvollziehbare Abstufungen enthält und eine differenzierende Beurteilung der Stellungnahmen der Bieter im Verhandlungsgespräch durch die Mitarbeiter der Bewertungskommission zulässt. Einer weiteren Konkretisierung des Punktesystems bedarf es nicht.
5. Hat der Auftraggeber seine Wertungsentscheidung durch ein mit der Wertung beauftragtes Gremium getroffen, genügt es, wenn sich in der Akte die Bewertungsbögen der einzelnen Mitglieder befinden, aus denen sich ergibt, mit welcher Punktzahl jedes einzelne Leistungsmerkmal bewertet worden ist.
VolltextVPRRS 2009, 0048
VK Brandenburg, Beschluss vom 12.06.2008 - VK 12/08
1. Ein drohender Schaden und damit eine Antragsbefugnis fehlt, wenn sich ein Unternehmen nicht an einer europaweiten Ausschreibung und - nach Aufhebung dieser Ausschreibung - auch nicht an einem Verfahren nach § 127 Abs. 2 SGB V beteiligt.
2. Soweit die Anwendbarkeit der Regelungen des SGB V, insbesondere des § 127 Abs. 2 SGB V bei Vertragsschlüssen im Oberschwellenbereich, unter Hinweis auf die Vorrangigkeit der Vorschriften des dem EU-Recht entstammenden GWB in Frage gestellt wird, ist dies ebenso wenig im Rahmen der Zulässigkeit zu prüfen, wie die damit verknüpfte Frage der Zweckmäßigkeit einer Auftragsvergabe nach § 127 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB V.
VolltextVPRRS 2009, 0046
VK Nordbayern, Beschluss vom 28.01.2009 - 21.VK-3194-55/08
1. Bei der Wahl der geforderten Eignungsnachweise steht der VSt ein entsprechendes Ermessen zu.*)
2. Grundsätzlich kann und darf sich ein öffentlicher Auftraggeber bei der Vorbereitung der Vergabe eines Vergabevorschlags eines Dritten bedienen.*)
3. Der Bieter kann seinen Nachprüfungsantrag nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel gerade auch auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben könnten.*)
4. Bei der Beurteilung der Eignung handelt es sich um eine Prognoseentscheidung. Dem Auftraggeber ist ein Beurteilungsspielraum zuzugestehen. Die Vergabekammer kann nur überprüfen, ob Beurteilungsfehler vorliegen, die sich aus der Nichteinhaltung des vorgeschriebenen Verfahrens, einer unvollständigen oder unzutreffenden Sachverhaltsermittlung oder der Einbeziehung sachwidriger Erwägungen in die Entscheidung ergeben.*)
5. Der bloße Hinweis eines Bieters, dass er bereits an der Grenze kalkuliert habe, rechtfertigt keinesfalls den Schluss, dass das günstigere Angebot eines anderen Bieters damit automatisch ein Unterangebot sein muss. Die materielle Beweislast dafür, dass der von einem Konkurrenten angebotene Preis im Sinne von § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A in einem offenbaren Missverhältnis zur Leistung steht, trägt die Antragstellerin, nicht die Antragsgegnerin.*)
VolltextVPRRS 2009, 0045
VK Arnsberg, Beschluss vom 29.01.2009 - VK 34/08
Die fehlerhafte Angabe eines gesetzlich vorgegebenen, für den Bieter nicht beeinflussbaren Steuerprozentsatzes ist als Rechenfehler nach §23 Nr.2 VOL/A zu korrigieren.*)
VolltextVPRRS 2009, 0044
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.10.2008 - 27 W 2/08
1. Im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens unterhalb der Schwellenwerte nach der VOB/A, mit welchem sich der öffentliche Auftraggeber den Vorgaben der VOB/A unterwirft, hat der Bieter aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis Anspruch darauf, dass diese Vorgaben auch beachtet werden.
2. Einen solchen Anspruch kann der Bieter vor Zuschlagserteilung im Wege der einstweiligen Verfügung geltend machen und durchsetzen.
3. Dieser Rechtsschutz beschränkt sich nicht auf die Überprüfung von Willkürmaßnahmen.
4. Das Beschwerdegericht kann gemäß § 570 Abs. 3 ZPO einstweilige Maßnahmen ergreifen und dem öffentlichen Auftraggeber aufgeben, bis zur endgültigen Entscheidung über die sofortige Beschwerde einen Zuschlag nicht zu erteilen.
5. Der Streitwert beträgt 5% der Bruttoangebotssumme.
VolltextVPRRS 2009, 0043
OLG München, Beschluss vom 09.02.2009 - Verg 27/08
1. Im Regelfall keine analoge Anwendung der §§ 25 Nr. 3 Abs.1 VOB/A, 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A in einem der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) unterliegenden Verfahren.*)
2. Im Rahmen eines Verfahrens nach der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) bestimmt die Vergabestelle das wirtschaftlichste Angebot im Sinne von § 97 Abs. 5 GWB, Artikel 34 Abs. 2 Satz 1 BayHO dadurch, dass sie (insbesondere) die in § 16 Abs. 3 VOF genannten Kriterien in einer ihr geeignet erscheinenden Weise in den Verdingungsunterlagen gewichtet.*)
3. Der Senat hält an seiner Auffassung aus dem Beschluss vom 17.01.2008 (Verg 15/07) fest, dass im Regelfall eine Verpflichtung der Vergabestelle zur Bekanntgabe von Unterkriterien und auch einer Bewertungsmatrix jedenfalls dann besteht, wenn sich deren Kenntnis auf den Angebotsinhalt auswirken kann.*)
VolltextVPRRS 2009, 0042
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 10.02.2009 - Rs. C-538/07
1. Art. 29 Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG ist dahin auszulegen, dass darin die auf objektive Erwägungen in Bezug auf die berufliche Eignung gestützten Gründe erschöpfend aufgezählt sind, die den Ausschluss eines Unternehmers von der Teilnahme an einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag rechtfertigen können. Art. 29 dieser Richtlinie hindert jedoch einen Mitgliedstaat nicht daran, weitere Ausschlussmaßnahmen vorzusehen, die gewährleisten sollen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter und der Grundsatz der Transparenz beachtet werden, sofern diese Maßnahmen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.*)
2. Das Gemeinschaftsrecht ist dahin auszulegen, dass es einer nationalen Vorschrift entgegensteht, die in Verfolgung der legitimen Ziele der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz im Rahmen der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zum automatischen Ausschluss vom Vergabeverfahren von Bietern führt, zwischen denen ein gesetzlich definiertes Abhängigkeitsverhältnis besteht, ohne diesen Gelegenheit zum Nachweis zu geben, dass unter den konkreten Umständen dieses Verhältnis nicht zu einer Verletzung der Grundsätze der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz geführt hat.*)
VolltextVPRRS 2009, 0041
VK Nordbayern, Beschluss vom 15.01.2009 - 21.VK-3194-59/08
Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 c VOL/A sind Angebote zwingend auszuschließen, bei denen Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen nicht zweifelsfrei sind (§ 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A).*)
VolltextVPRRS 2009, 0040
VK Nordbayern, Beschluss vom 15.10.2008 - 21.VK-3194-48/08
1. Nebenangebote sind nur wertungsfähig, wenn
- sie vom Auftraggeber ausdrücklich zugelassen wurden,
- der Auftraggeber in der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Mindestanforderungen benannt hat, die Varianten erfüllen müssen und
- sie den benannten Mindestanforderungen genügen (§ 25a Nr. 3 VOB/A).
(hier: Nebenangebote mit einer Änderung des Fahrbahn-Oberbaus)*)
2. Verlangt der öffentliche Auftraggeber für die Wertung von Nebenangeboten einen gesonderten Nebenangebotsplan, ist bei Fehlen eines solchen Planes das Nebenangebot dennoch nicht auszuschließen, wenn im Nebenangebot auf eine Ausführungsrichtlinie einschließlich einer Tafel Bezug genommen wird, welche die geforderten Angaben zweifelsfrei und unmissverständlich enthält.*)
VolltextVPRRS 2009, 0039
VK Sachsen, Beschluss vom 28.10.2008 - 1/SVK/054-08
Aus der reinen Feststellung, dass eine Beratungs- und Unterstützungsleistung im Vorfeld einer Vergabe stattgefunden hat, ergibt sich zunächst aus § 4 Abs. 5 VgV nicht notwendigerweise eine Ausschlusspflicht, sondern der Auftraggeber hat lediglich sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme des beratenden Bieters oder Bewerbers nicht verfälscht wird. § 4 Abs. 5 VgV verlangt, dass der Auftraggeber dann entweder präventiv Vorkehrungen zur Vermeidung einer Wettbewerbsverzerrung trifft oder im Nachgang einen etwaigen Wissensvorsprung egalisiert. Der Ausschluss des „vorbefassten Bewerbers“ ist ultima ratio. Hinsichtlich einer möglichen Wettbewerbsverzerrung ergibt sich somit eine gestufte Verteilung der Beweislast.*)
VolltextVPRRS 2009, 0038
VK Sachsen, Beschluss vom 29.08.2008 - 1/SVK/041-08
1. Vergibt ein öffentlich-rechtlicher Aufgabenträger in Sachsen die Erbringung rettungsdienstlicher Leistungen (Notfallrettung und Krankentransport) an einen privaten Unternehmer, so unterliegt dies dem Vergaberecht, weil der private Unternehmer bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe nicht hoheitlich tätig wird und deshalb eine aus Art. 45, 55 EG-Vertrag abzuleitende vergaberechtliche Bereichsausnahme nicht vorliegt.*)
2. Die Vorschriften des GWB regeln abschließend den Rechtsschutz für Vergabestreitigkeiten über öffentliche Aufträge oberhalb der Schwellenwerte. Der Gesetzgeber hat die Zuständigkeit für die Nachprüfung der Vergabestreitigkeiten, die in den Geltungsbereich der umzusetzenden vergaberechtlichen Richtlinien des Gemeinschaftsrechts fallen, im VgRÄG abschließend geregelt. Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB sowie sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind, können außer vor der Vergabeprüfstelle nur vor den Vergabekammern und dem Beschwerdegericht geltend gemacht werden (§ 104 Abs. 2 GWB).*)
3. Nach Auffassung der Vergabekammer ist der Entscheidung des BGH (BGH, Beschluss vom 26.09.2006 - X ZB 14/06) nicht zu entnehmen, dass fehlende Nachweise bei entsprechender Selbstbindung des Auftraggebers von allen Bietern nachgefordert werden dürfen. Andernfalls hätte es der Auftraggeber in der Hand, je nach Ergebnis der Submission zu entscheiden, ob eine Nachforderung oder eine Aufhebung gewählt wird und könnte damit einen Bieter bevorzugen oder benachteiligen.*)
VolltextVPRRS 2009, 0037
VK Sachsen, Beschluss vom 19.12.2008 - 1/SVK/061-08
1. Die Zuständigkeitsregel des § 18 VgV begründet keinen Vorrang hinsichtlich einer Bundes- oder Landeszuständigkeit im Falle der Konkurrenz zwischen staatlicher Finanzierung der Sozialversicherungsträger durch Bundesgesetz bei gleichzeitiger staatlicher Aufsicht durch Landesbehörden. Die Regelungslücke ist durch eine an Sinn und Zweck der Zuständigkeitsregeln gemäß § 104 Abs. 1 GWB und § 18 VgV orientierte Gesetzesauslegung zu schließen.*)
2. Ist bei bundesweit ausgeschriebenen Rabattverträgen eine überwiegende Finanzierung der Auftraggeber durch den Bund zu bejahen und folglich eine Zuständigkeit der Vergabekammer des Bundes gemäß § 18 Abs. 1 Alt. 2 VgV gegeben und ist zudem eine parallele Zuständigkeit der Vergabekammern der Länder nach § 18 Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 Alt. 3 VgV, gegeben kann im Sinne der Gewährung effektiven Rechtsschutzes im Sinne des § 97 Abs. 7 GWB die Verweisung des Verfahrens an die Vergabekammern des Bundes geboten sein, wenn anderenfalls eine Zersplitterung des Verfahrens auf verschiedene Kammerzuständigkeiten unumgänglich wäre.*)
VolltextVPRRS 2009, 0036
VK Sachsen, Beschluss vom 19.12.2008 - 1/SVK/064-08
1. Die Zuständigkeitsregel des § 18 VgV begründet keinen Vorrang hinsichtlich einer Bundes- oder Landeszuständigkeit im Falle der Konkurrenz zwischen staatlicher Finanzierung der Sozialversicherungsträger durch Bundesgesetz bei gleichzeitiger staatlicher Aufsicht durch Landesbehörden. Die Regelungslücke ist durch eine an Sinn und Zweck der Zuständigkeitsregeln gemäß § 104 Abs. 1 GWB und § 18 VgV orientierte Gesetzesauslegung zu schließen.*)
2. Ist bei bundesweit ausgeschriebenen Rabattverträgen eine überwiegende Finanzierung der Auftraggeber durch den Bund zu bejahen und folglich eine Zuständigkeit der Vergabekammer des Bundes gemäß § 18 Abs. 1 Alt. 2 VgV gegeben und ist zudem eine parallele Zuständigkeit der Vergabekammern der Länder nach § 18 Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 Alt. 3 VgV, gegeben kann im Sinne der Gewährung effektiven Rechtsschutzes im Sinne des § 97 Abs. 7 GWB die Verweisung des Verfahrens an die Vergabekammern des Bundes geboten sein, wenn anderenfalls eine Zersplitterung des Verfahrens auf verschiedene Kammerzuständigkeiten unumgänglich wäre.*)
VolltextVPRRS 2009, 0035
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.01.2009 - Verg 17/08
Dem BGH wird folgende Frage vorgelegt:
Findet eine (Teil-)Anrechnung der durch die Vertretung vor der Vergabekammer entstandenen Geschäftsgebühr auf die Vertretungsgebühr für das Verfahren vor dem Vergabesenat statt?
(OLG Düsseldorf möchte diese Fragen bejahen)
VolltextVPRRS 2009, 0034
OLG Koblenz, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 Verg 4/08
1. Das Nachprüfungsverfahren dient nicht der allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle und der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der objektiven Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens an sich. Sein einziger Zweck ist es, einem am Auftrag interessierten Unternehmen die Möglichkeit zu geben, den Auftraggeber zu einem Tun oder Unterlassen zu zwingen, das notwendig ist, um einen wegen eines Fehlers des Auftraggebers dem Antragsteller entstandenen oder drohenden Schaden zu beseitigen bzw. zu verhindern.*)
2. Der grundsätzliche Anspruch eines Bieters auf ein fehlerfreies Vergabeverfahren wird in seiner Durchsetzbarkeit im Nachprüfungsverfahren kraft Gesetzes auf (potentiell) schadenskausale Vergaberechtsverstöße begrenzt.*)
3. Zur Darlegung der Antragsbefugnis ist ein Sachvortrag erforderlich, aus dem sich schlüssig ergibt, dass gerade durch den gerügten Vergaberechtsverstoß die Aussichten des Antragstellers auf eine Berücksichtigung seiner Bewerbung oder die Erteilung des Zuschlags beeinträchtigt worden sein könnten.*)
4. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur EU-weiten Ausschreibung verletzt nicht ohne weiteres auf eine (potentiell) schadenskausale Weise die Rechte eines (in- oder ausländischen) Bieters, der nicht nur durch eine andere Form der Bekanntmachung über die Vergabeabsicht informiert und deshalb die Lage versetzt wird, durch Anforderung der Verdingungsunterlagen sein Interesse an der Auftragsvergabe zu bekunden, sondern auch ein Angebot abgibt.*)
5. Die Weigerung der Vergabestelle, eine Ausschreibung aufzuheben, ist kein selbständiger Vergabeverstoß, der zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht werden könnte. Aus dem Blickwinkel des Bieterschutzes ist die Aufhebung vielmehr eine Rechtsfolge, die als ultima ratio in Betracht kommt, wenn dies zur Beseitigung oder Abwendung eines wegen einer Vergaberechtsverletzung dem Bieter entstandenen oder drohenden Schadens unerlässlich ist.*)
6. Ungeschriebene, weil selbstverständliche Zulässigkeitsvoraussetzung für einen Antrag nach §§ 114 Abs. 2 Satz 2, 123 Sätze 3 u. 4 GWB ist ein Feststellungsinteresse, dass vom Antragsteller darzulegen ist.*)
7. In der Regel genügt es, dass der Antragsteller vorträgt, er beabsichtige, Schadensersatzansprüche gegen den Auftraggeber geltend zu machen. Allerdings ist ein Feststellungsinteresse zu verneinen, wenn eine entsprechende Klage aussichtslos wäre.*)
8. Schadensersatzansprüche nach §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB - gleichgültig ob auf positives oder negatives Interesse gerichtet - sowie nach § 126 GWB scheiden regelmäßig aus, wenn das Angebot des Schadensersatz begehrenden Bieters zu Recht aus der Wertung genommen wurde.*)
VolltextVPRRS 2009, 0033
VK Lüneburg, Beschluss vom 11.11.2008 - VgK-39/2008
1. Die Frage, ob eine Rüge noch unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung erfolgt, hängt vom Einzelfall ab. Nach der Rechtsprechung muss die Rüge angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich 1 bis 3 Tagen nach positiver Kenntnisnahme erfolgen. Auch bei einer ggf. notwendigen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erfüllt ein Rügezeitraum von mehr als einer Woche das Zeitkriterium des § 107 Abs. 3 GWB regelmäßig nicht.
2. In den Fällen, in denen der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien entweder nicht bekannt gemacht hat oder zwar das Kriterium Wirtschaftlichkeit genannt, aber nicht näher definiert hat, darf nur der niedrigste Preis als Wirtschaftlichkeitskriterium angewendet werden.
3. Ein Angebot, dass nicht alle geforderten Preisangaben enthält und deshalb nicht § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A entspricht, ist zwingend auszuschließen. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote abgegeben werden.
VolltextVPRRS 2009, 0032
OLG Brandenburg, Beschluss vom 19.02.2008 - Verg W 22/07
1. Enthält die Verpflichtungserklärung nicht eine vorgesehene Ordnungsziffer oder die Beschreibung der Teilleistung, sondern verweist auf dem Angebot beiliegende Erklärungen des Bieters, so darf dieses Angebot nicht ausgeschlossen werden.
2. Es ist ebenfalls unschädlich, wenn mehrere Nachunternehmer in ihrer Verpflichtungserklärung zur erbringung der gleichen Teilleistung verpflichtet werden.
VolltextVPRRS 2009, 0031
VK Bund, Beschluss vom 17.12.2008 - VK 3-167/08
Die Aufnahme von Kriterien im Bekanntmachungsmuster des EU-Amtsblatts hinter der in Ziffer III.2.2 und III.2.3 enthaltenen vorgedruckten Überschrift "Möglicherweise geforderte Mindeststandards" führt nicht dazu, dass sich der Auftraggeber die Entscheidung offenhält, ob und welche Mindeststandards er stellen will.
VolltextVPRRS 2009, 0030
OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.10.2008 - 12 U 91/08
1. In Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte kommt ein Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG auf Unterlassung der Neuausschreibung eines aufgehobenen Verfahrens, der im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden kann, in Betracht, wenn der Auftraggeber vorsätzlich rechtswidrig, sonst in unredlicher Absicht oder jedenfalls in Bezug auf das Verfahren oder die Kriterien der Vergabe willkürlich gehandelt hat. Umstände, die ein willkürliches Verfahren begründen könnten, scheiden aus, wenn sich der Auftraggeber bei der Aufhebungsentscheidung von einem sachlichen Grund hat leiten lassen. Art. 3 Abs. 1 GG ist bei der Vergabe öffentlicher Aufträge erst dann verletzt, wenn die Rechtsanwendung oder das Verfahren unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruhen, es muss mithin eine "krasse Fehlentscheidung" vorliegen.*)
2. Ein solcher Fall ist nicht gegeben, wenn die Ausführungen des Auftraggebers erkennen lassen, dass die Entscheidung über die Aufhebung auf sachlichen Erwägungen beruht und unter Abwägung der für und gegen eine Aufhebung sprechenden Umstände erfolgt ist. Der Auftraggeber ist nicht daran gehindert, eine sachliche Begründung für die Aufhebungsentscheidung noch in dem laufenden Rechtsstreit "nachzuschieben". Die Annahme eines sachlichen Grundes besagt im Übrigen nichts darüber, ob der Auftraggeber rechtmäßig gehandelt hat (hier: Vorliegen eines schwerwiegenden Grundes i.S.d. § 26 Nr. 1 c) VOB/A).*)
3. Für einen Antrag auf einstweilige Anordnung der Fortsetzung eines aufgehobenen Vergabeverfahrens müssen die Voraussetzungen einer Regelungsverfügung nach § 940 ZPO gegeben sein. Der Auftragnehmer hat daher darzulegen, dass die Anordnung vor Erlass einer etwaigen Entscheidung in der Hauptsache zur Abwehr wesentlicher Nachteile notwendig ist.*)
VolltextVPRRS 2009, 0029
OLG Brandenburg, Beschluss vom 04.12.2008 - 12 U 91/08
Zum Gegenstandswert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens in Vergabeverfahren unterhalb des Schwellenwertes.*)
VolltextVPRRS 2009, 0028
VK Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.2008 - VK-06/2008-B
1. Das durch Einleitung des Nachprüfungsverfahrens indizierte fortbestehende Interesse am Auftrag sowie die von der Antragstellerin im Verlauf des Verfahrens ausdrücklich erbrachte Erklärung, am Angebot festhalten zu wollen, reichen demzufolge aus, um hier die Antragsbefugnis anzunehmen.*)
2. Wenn die Vergabestelle Handlungen ihres eigenen Beraters nachträglich als unnötig/unrichtig einstuft, ergibt sich daraus ein Konflikt zwischen dem Grundsatz, dass allein die Vergabestelle eine Vergabeentscheidung zu treffen hat und dies keinem dritten Berater überlassen werden darf und dem Grundsatz der Transparenz des Vergabeverfahrens.*)
3. Wenn keine Anzeichen für eine willkürliche Manipulation eines unerwünschten Ergebnisses durch einen vorgeschobenen Dissens zwischen der Vergabestelle und ihrem Berater zu erkennen sind, kann der Grundsatz der freien Vergabeentscheidung der Vergabestelle Vorrang beanspruchen. Die Vergabestelle braucht sich dann auch nicht in negativer Hinsicht durch Handlungen eines eingeschalteten Dritten binden zu lassen, indem sie eine von ihr beabsichtigte Vergabeentscheidung nicht treffen dürfte.*)
VolltextVPRRS 2009, 0027
VK Düsseldorf, Beschluss vom 02.05.2008 - VK-10/2008-L
1. In einem bekannt gemachten Offenen Verfahren ist in der Regel die Abgabe eines Angebots zu fordern, um das bestehende Interesse, mit der ausschreibenden Stelle einen Vertrag abzuschließen, zu indizieren.*)
2. Das Erfordernis der Angebotsabgabe als Beleg des Interesses am Auftrag würde aufgegeben, wenn bereits dann eine Antragstellung ohne Angebotsabgabe zugelassen würde, wenn der Antragsteller geltend macht, bei anderen, vergaberechtskonformen Wettbewerbsbedingungen ein optimaleres, aussichtsreicheres Angebot abgeben zu können, ohne dass die Chancenlosigkeit eines eigenen Angebots dargelegt werden könnte. Es würde gleichfalls dem Beschleunigungsgebot widersprechen, wenn ein Antragsteller zunächst versuchen könnte, für sich optimalere Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, bevor er überhaupt ein Angebot abgibt.*)
VolltextVPRRS 2009, 0026
VK Hessen, Beschluss vom 04.09.2008 - 69d-VK-30/2008
1. Die Informationspflicht nach § 13 S. 1 VgV und die Nichtigkeitsfolge einer unterlassenen Information nach § 13 S. 6 VgV sind auf sogenannte De- facto- Vergaben nur dann (analog) anwendbar, wenn es im Anwendungsbereich der §§ 97 ff. GWB bei der Beschaffung von Leistungen entweder zur Beteiligung mehrerer Unternehmen gekommen ist, die Angebote abgegeben haben, oder die Beteiligung eines Unternehmens unterlassen wurde, obwohl dessen Interesse an dem Auftrag für den öffentlichen Auftraggeber erkennbar war, und der öffentliche Auftraggeber eine Auswahl unter diesen Unternehmen getroffen hat.*)
2. Die §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 GWB enthalten kein gesetzliches Verbot (der Zuschlagserteilung) im Sinne des § 134 BGB.*)
3. § 99 Abs. 3, 3. Var. GWB soll verhindern, dass die Anwendbarkeit des §§ 97 ff. GWB dadurch umgangen wird, dass sich der öffentliche Auftraggeber ein seinen Erfordernissen entsprechendes Bauwerk errichten lässt und dieses anschließend käuflich erwirbt. Eine ebenso ungewollte - und daher von § 99 Abs. 3, 3. Var. GWB erfasste - Ausnutzung des § 100 Abs. 2 lit. h) GWB liegt dann vor, wenn der öffentliche Auftraggeber - dem äußeren Anschein nach - ein Grundstück verkauft, gleichzeitig aber den Erwerber zur Errichtung und anschließenden Nutzung eines seinen Erfordernissen entsprechenden Bauwerks faktisch zwingen kann.*)
VolltextVPRRS 2009, 0025
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.01.2009 - VK-SH 18/08
1. Rügt ein Bewerber nach Ausschluß seines Antrags auf Beteiligung am Verhandlungsverfahren die Wahl der Verfahrensart, so hat er im Einzelnen darzulegen, dass und warum ihm gerade durch die Wahl des Verhandlungsverfahrens gegenüber dem offenen Verfahren ein Schaden zu entstehen droht. Ein sich aus der Wahl des Verhandlungsverfahrens gegenüber dem offenen Verfahren ergebender grundsätzlicher Nachteil ist für den Regelfall nicht anzunehmen; im Gegenteil eröffnen sich durch die größere Flexibilität des Verhandlungsverfahrens gegenüber dem offenen Verfahren größere Möglichkeiten der Angebotsgestaltung. Genügt der Bewerber seiner Darlegungslast nicht, fehlt es in Bezug auf den gerügten Mangel an der Antragsbefugnis im Sinne von § 107 Abs. 2 GWB.*)
2. Im Verhandlungsverfahren müssen Rügen wegen Verstößen gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, spätestens bis zum Ablauf der Frist für die Einreichung von Teilnahmeanträgen erhoben werden (§ 107 Abs. 3 Satz 2 GWB).*)
3. Beim Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb wird die Prüfung der Eignung der Bewerber auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Teilnahmeantrag vorverlegt. Legt ein Bewerber die nach der Veröffentlichung als Teilnahmebedingungen gekennzeichneten und mit dem Teilnahmeantrag bei der Vergabestelle einzureichenden Erklärungen und Nachweise zur Leistungsfähigkeit nicht oder nicht vollständig zusammen mit dem Teilnahmeantrag vor, so ist sein Teilnahmeantrag aus Gründen der Transparenz und der Gleichbehandlung aller Wettbewerber nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 Buchst. a VOL/A zwingend auszuschließen.*)
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