Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10873 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2006
VPRRS 2006, 0220VK Brandenburg, Beschluss vom 03.11.2005 - 1 VK 65/05
1. Die Eignung von Nachunternehmern muss nicht bereits bei Angebotsabgabe nachgewiesen werden, dies kann vielmehr auch noch nach der Submission geschehen.
2. Aufgrund von § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A und von § 4 Nr. 8 VOB/B können Bieter grundsätzlich nur insoweit den Einsatz von Nachunternehmern vorsehen, als sie noch wesentliche Teile der ausgeschriebenen Bauleistungen im eigenen Betrieb ausführen. Dabei ist bei einem Eigenleistungsanteil von einem Drittel noch von einem wesentlichen Anteil auszugehen.
VolltextVPRRS 2006, 0219
VK Brandenburg, Beschluss vom 27.10.2005 - 1 VK 61/05
1. Bei unterbliebener Angabe von Wertungskriterien ist ausschließlich der niedrigste Preis entscheidend.
2. Nebenangebote, welche die Berechnung eines vom Auftraggeber geforderten Gesamtpreises nicht zulassen, sind einer vergleichenden Wertung nicht zugänglich und können deshalb nicht in die Wertung miteinbezogen werden.
VolltextVPRRS 2006, 0218
VK Südbayern, Beschluss vom 22.07.2005 - 27-05/05
1. Die Vergabekammer ist für eine Entscheidung über einen Antrag nicht zuständig, wenn die §§ 97 ff. GWB keine Anwendung finden. Nach § 100 Abs. 1 GWB gilt der Vierte Teil des GWB nur für Aufträge, welche die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegten Schwellenwerte erreichen oder überschreiten. Gemäß § 2 Nr. 3 VgV beträgt dieser Schwellenwert, d. h. der geschätzte Auftragswert der Liefer- und Dienstleistungsaufträge ohne Mehrwertsteuer, 200.000 Euro.*)
2. Maßgebend für die Anwendbarkeit der §§ 97 ff GWB und die Bestimmungen der VgV ist aber nach dem klaren Wortlaut von § 100 Abs. 1 GWB und § 1 VgV, ob der geschätzte Auftragswert den so genannten Schwellenwert erreicht, nicht jedoch, ob der öffentliche Auftraggeber eine förmliche Ausschreibung vorgenommen hat. Eine diesbezügliche Selbstbindung des Auftragsgebers erstreckt sich nicht auf eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens nach § 102 ff GWB.*)
VolltextVPRRS 2006, 0217
VK Südbayern, Beschluss vom 22.07.2005 - 26-05/05
Ein Nachprüfungsantrag hat in der Sache Erfolg, wenn die Vergabestelle den Bietern die bei der Angebotswertung anzuwendenden Zuschlagskriterien entgegen der aus § 11 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A SKR abzuleitende Verpflichtung vor Ablauf der Angebotsfrist nicht vollständig bekannt gegeben hat. Aufgrund dessen ist nicht sicher gestellt, dass die Auftragsvergabe in einem transparenten Verfahren erfolgen kann (vgl. § 97 Abs. 1 GWB), in dem die Bieter durch die Vorhersehbarkeit der Wertungsmaßstäbe nicht nur vor einer willkürlichen Bewertung der Angebote, sondern zugleich vor einer nachträglichen Abweichung des Auftraggebers von den bekannt gegebenen Zuschlagskriterien geschützt sind.*)
VolltextVPRRS 2006, 0216
VK Südbayern, Beschluss vom 10.06.2005 - 20-04/05
Nach § 21 Nr. 2 Satz 1 VOB/A darf eine Leistung, die von den vorgesehenen technischen Spezifikationen abweicht, angeboten werden, wenn sie mit dem geforderten Schutzniveau in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und Gebrauchstauglichkeit gleichwertig ist. Die Abweichung muss gemäß § 21 Nr. 2 Satz 2 VOB/A im Angebot eindeutig bezeichnet und die Gleichwertigkeit mit dem Angebot nachgewiesen sein (§ 21 Nr. 2 Satz 3 VOB/A). Liegen diese Voraussetzungen vor, ist das Angebot eines Bieters nicht als Nebenangebot sondern als Hauptangebot zu werten (§ 25 Nr. 4 VOB/A).*)
VolltextVPRRS 2006, 0215
VK Brandenburg, Beschluss vom 21.12.2005 - 1 VK 79/05
1. Der Rügeobliegenheit des Bieters unterliegen (nur) solche Vergaberechtsverstöße, hinsichtlich derer der Bieter über die volle und positive Kenntnis der sie begründenden Tatsachen verfügt und die er außerdem auch in rechtlicher Hinsicht (bei zumindest laienhafter Bewertung) als Rechtsverletzung würdigt. Bloße Verdachtsrügen müssen nicht ausgesprochen werden.
2. Erkannte Vergaberechtsverstöße sind unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern zu rügen. Im Einzelfall kann der Bieter verpflichtet sein, eine beschleunigte Form der Einlegung der Rüge zu wählen, um dem Gebot der Unverzüglichkeit zu genügen.
3. Ist der Vergaberechtsverstoß erst zweieinhalb Tage vor Ablauf der Zuschlagsfrist zu erkennen, ist der antragstellende Bieter verpflichtet, eine beschleunigte Form der Einlegung der Rüge zu wählen.
4. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn der Antragsteller keine Tatsachen vorträgt, aus denen sich schlüssig ergibt, dass er seiner Rügeobliegenheit nachgekommen ist oder eine solche nicht bestanden hat.
5. Das Festhalten an der Rügepflicht kann nur dann als überflüssige Förmelei angesehen werden, wenn der Auftraggeber von vornherein eindeutig zu erkennen gibt, dass er unumstößlich an seiner Entscheidung festhalten wird, er also unter keinen Umständen, auch nicht auf Rüge eines Bieters hin, gewillt ist, einen vorliegenden Vergaberechtsverstoß abzustellen.
VolltextVPRRS 2006, 0214
VK Brandenburg, Beschluss vom 20.12.2005 - 1 VK 75/05
1. § 125 Abs. 1 GWB, der bei rechtsmissbräuchlicher Nachprüfungsantragstellung Schadensersatz vorsieht, setzt voraus, dass der Antrag von Anfang an materiell ungerechtfertigt ist, sieht die Treuwidrigkeit also in der rücksichtslosen Ausnutzung einer formellen Rechtsposition.
2. In Ausnahmefällen kommt es in Betracht, dass der Primärrechtsschutz zu versagen ist, etwa wenn das Nachprüfungsverfahren dazu verwendet wird, die Vergabestelle in grob eigennütziger Weise zu einer Leistung zu veranlassen, auf die kein Anspruch besteht und billigerweise auch nicht erhoben werden kann.
VolltextVPRRS 2006, 0213
VK Südbayern, Beschluss vom 10.05.2005 - 14-03/05
1. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A ist ein Angebot zwingend von der Wertung auszuschließen, das Änderungen an den Verdingungsunterlagen enthält (§ 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A). Änderungen der Verdingungsunterlagen sind nach dem eindeutigen Wortlaut des § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A ohne Ausnahmen unzulässig. Dabei spielt es keine Rolle, ob die vom Bieter vorgenommenen Änderungen zentrale und wichtige oder eher unwesentliche Leistungspositionen betreffen. Letztlich steht hinter dieser Vorschrift der Gedanke, durchsichtige, in den ausgewiesenen Leistungspositionen identische, miteinander ohne weiteres vergleichbare Angebote zu erhalten. Nur so kann ein echter, fairer Wettbewerb zwischen den Bietern sichergestellt werden. Der Verstoß eines Angebotes gegen diese Vorschrift hat deshalb auch nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A zwingend zur Folge, dass das Angebot von der Wertung ausgeschlossen werden muss.*)
2. Bei den Verdingungsunterlagen handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die nach den §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auszulegen ist. Danach sind empfangsbedürftige Willenserklärungen so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Bei der Auslegung dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Zugang der Erklärung für den Empfänger erkennbar waren. Auf dessen Horizont und Verständnismöglichkeit ist die Auslegung abzustellen. Dies gilt auch dann, wenn der Erklärende die Erklärung anders verstanden hat und auch verstehen durfte. Entscheidend ist im Ergebnis nicht der empirische Wille des Erklärenden, sondern der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert seines Verhaltens.
Maßgeblich ist danach die objektive Bietersicht. Es kommt also nicht darauf an, wie einzelne Bieter die Leistungsbeschreibung verstehen oder verstehen müssen, sondern auf die objektive Sicht eines "Durchschnittsbieters" ohne Sonderwissen. Dies leitet sich aus den Regelungen der VOB/A ab, die auf ein möglichst einheitliches Verständnis der Leistungsbeschreibung ausgerichtet sind. Daraus folgt, dass dem Wortlaut eine besondere Bedeutung zukommt. Umstände, die nur auf einzelne Bieter zutreffen, sind für die Auslegung grundsätzlich unbeachtlich.*)
VolltextVPRRS 2006, 0212
VK Nordbayern, Beschluss vom 24.02.2006 - 21.VK-3194-04/06
1. Werden in den Ausschreibungsunterlagen Erklärungen nach den Formblättern Preis gefordert, dann sollen diese Erklärungen für die Vergabeentscheidung relevant sein, so dass die Nichtabgabe dieser Erklärungen mit dem Angebot zwingend zum Ausschluss von der Wertung führt.*)
2. Der zwingende Ausschluss nimmt einem Bieter ohne Rücksicht auf die Wertungsfähigkeit anderer Angebote den Anspruch auf Gleichbehandlung nach § 97 Abs. 2 GWB. Mit dem Ausschluss scheidet der Bieter aus dem Vergabeverfahren aus und verliert damit seinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den übrigen Bietern.*)
3. Gemäß § 107 Abs. 1 und 2 GWB überprüft die Vergabekammer die Einhaltung der Vergabebestimmungen nicht unabhängig von der Zuschlagschance des Antragstellers. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat das Nachprüfungsverfahren nicht eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle zum Ziel, sondern soll nur dann in Gang gesetzt werden, wenn der jeweilige Antragsteller eine Chance auf den Zuschlag hat.*)
VolltextVPRRS 2006, 0211
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.03.2006 - Verg 98/05
1. Ist das Angebot eines Bieters zwingend auszuschließen, kann der Fortgang des Vergabeverfahrens seine rechtlichen Interessen grundsätzlich nicht mehr berühren.
2. Eine dann allenfalls noch mögliche Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz erfordert, dass sämtliche anderen Angebote wegen mindestens gleichartiger Mängel auszuschließen sind.
VolltextVPRRS 2006, 0210
VK Münster, Beschluss vom 05.04.2006 - VK 5/06
1. Die Angebote der Bieter unterliegen grundsätzlich der Geheimhaltung und werden auch im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens bei der Akteneinsicht in der Regel gemäß § 111 Abs. 1 GWB nicht offen gelegt. Hat ein Antragsteller Informationen über Angebote der anderen Bieter und beruft er sich im Nachprüfungsverfahren darauf, liegt kein Verstoß gegen den Geheimwettbewerb im Sinne von § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f) VOL/A vor.*)
2. Eine Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 GWB kann beim Bieter wegen des ausgeschlossenen vorbeugenden Rechtsschutzes frühestens mit dem Begehen des Vergabeverstoßes entstehen. Interne Vorüberlegungen, interne alternative Konzepte oder vergleichende Betrachtungen usw., stellen noch keinen Vergaberechtsverstoß dar. Gerügt werden kann ein Verhalten des öffentlichen Auftraggebers erst dann, wenn dadurch ein Wille geäußert wird, der Rechtswirkungen entfalten kann.*)
3. Die Formulierungen in der Leistungsbeschreibung im Sinne von § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A sind aus der Sicht eines verständigen, mit der Leistung vertrauten Bieters auszulegen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0209
VK Münster, Beschluss vom 01.03.2006 - VK 1/06
Eine Erstattung von Auslagen, die der Antragsgegnerin oder den Beigeladenen im Verfahren vor der Vergabekammer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, ist für den Fall der Erledigungserklärung in der Hauptsache und der Rücknahme des Antrags in § 128 Abs. 4 GWB nicht vorgesehen. Eine entsprechende Anwendung anderer Kostenvorschriften kommt nicht in Betracht.
VolltextVPRRS 2006, 0208
VK Münster, Beschluss vom 10.03.2006 - VK 2/06
1. Eine Vergabestelle ist zwar nach § 24 VOL/A grundsätzlich nicht zur Aufklärung verpflichtet, kann aber ihre Wertungsentscheidung nicht auf einen ungeklärten Sachverhalt stützen, der auch noch zu Lasten des Bieters geht und sich als falsch herausstellt.*)
2. Nicht jede Auslegungsbedürftigkeit von Leistungsbeschreibungen führt zu Beanstandungen bzw. zur Aufhebung. Nur dann, wenn eine wettbewerblich und wirtschaftlich fundierte Vergabe nicht mehr möglich ist oder ein Bieter einseitig und schwerwiegend beeinträchtigt würde, kommt eine Aufhebung der Ausschreibung in Betracht. Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet nicht zur Aufhebung, wenn es noch Angebote gibt, die miteinander verglichen werden können.*)
VolltextVPRRS 2006, 0207
VK Münster, Beschluss vom 25.01.2006 - VK 23/05
1. Nicht ordnungsgemäße Ausschreibungen sind so zu korrigieren, dass die Verletzung der Rechte der Bieter rückgängig gemacht wird, und zwar unabhängig von der Feststellung der Antragsbefugnis eines Antragstellers. Allerdings muss dann feststellbar sein, dass infolge dieser Vergaberechtsverstöße auch der Antragsteller in seinen Bieterrechten verletzt ist. Eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle eines Vergabeverfahrens durch die Vergabenachprüfungsinstanzen findet nicht statt und wird auch nicht durch § 114 Abs. 1 GWB, § 110 Abs. 1 GWB eröffnet.*)
2. Wird ein Nachprüfungsverfahren aufgrund einer nicht den Anforderungen des § 107 Abs. 3 GWB genügenden Rüge eingeleitet, und wird erst im Laufe des Nachprüfungsverfahren ein nachträglich erkannter Mangel zulässigerweise geltend gemacht, dann bleibt der Nachprüfungsantrag zulässig.*)
3. Bei den Anforderungen für Nebenangebote ist eine Abgrenzung in negativer Hinsicht ausreichend. Die Vergabestelle ist nicht verpflichtet, quasi "Mindestinhalte" für Nebenangebote vorzugeben.*)
VolltextVPRRS 2006, 0206
VK Brandenburg, Beschluss vom 15.02.2006 - 2 VK 82/05
1. Das Fehlen einer nach § 7a Nr. 2 Abs. 4 VOL/A zulässigen, vom Auftraggeber geforderten und als K.O.-Kriterium deklarierten Erklärung des Bieters, dass keine der in § 7 Nr. 5 VOL/A bezeichneten, im Ermessen des Auftraggebers stehenden Ausschlussgründe vorliegen, stellt keinen zwingenden Ausschlussgrund dar. Das gilt umso mehr, wenn der Bieter zwar keine eindeutige Erklärung zu § 7 Nr. 5 lit. c VOL/A abgegeben, dafür aber einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister übersandt hat.*)
2. Auch in einem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb zu einer komplexen, zum Zeitpunkt der Ausschreibung nicht eindeutigen Anforderung ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, jedenfalls seine Zuschlags- und wenn möglich auch Wertungskriterien in der Vergabebekanntmachung, spätestens in der Leistungsbeschreibung, jedenfalls aber vor der Angebotserstellung bekannt zu machen, um den Bietern eine Orientierung für ihr Angebot zu geben.*)
3. Auf vom Auftraggeber angekündigte Schritte vor der Vergabeentscheidung zur Darstellung des jeweiligen Angebotes – hier einer Teststellung – kann dieser nicht einseitig verzichten.*)
4. Bei der an sich sinnvollen Abschätzung der Folgekosten bei der Ermittlung der Wirtschaftlichkeit von Angeboten muss der Auftraggeber die Bieter über die angesetzten, nicht dem Angebot zu entnehmenden Folgekosten vor der Wertung informieren und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme geben, um den Ansatz falscher Zahlen zulasten eines Bieters – und damit dessen Ungleichbehandlung - zu verhindern.*)
VolltextVPRRS 2006, 0205
VK Brandenburg, Beschluss vom 19.01.2006 - 2 VK 76/05
1. Der Ausschluss von im Wesentlichen gleichlautenden Parallelangeboten eines Bieters allein und als Mitglied einer Bietergemeinschaft ist zwingend geboten, weil davon auszugehen ist, dass die Angebote in Kenntnis des jeweils anderen Angebotes kalkuliert und erstellt worden sind und damit der vergaberechtlich gebotene Geheimwettbewerb nicht mehr gewährleistet ist.*)
2. Mehr Wettbewerb entsteht nicht durch die Zahl der Angebote, die auf eine Ausschreibung eingehen, wenn diese Angebote nicht von unabhängig voneinander bietenden Unternehmen abgegeben werden, sondern das Ergebnis von Abreden der Bieter untereinander sind.*)
3. Die Aufteilung eines Auftrages in Einzellose wirkt nicht mittelstandsfreundlich, wenn Rabatte - hier bis zu 35 % - in Abhängigkeit von der Zahl der zugeschlagenen Lose akzeptiert werden.*)
VolltextVPRRS 2006, 0204
VK Brandenburg, Beschluss vom 08.12.2005 - 2 VK 72/05
1. Die geforderte zukünftige Leistung ist hinreichend bestimmt und nicht mit unzumutbaren Wagnissen behaftet, wenn der Auftraggeber die Leistung beschreibt - hier das Entleeren von abflusslosen Gruben - und für alle ihm zur Verfügung stehenden Informationen aus der Vergangenheit mitteilt, sodass die Höhe des Risikos und die Wahrscheinlichkeit seiner Verwirklichung für den branchenkundigen und erfahrenen Bieter abzuschätzen und einzupreisen ist.*)
2. Dem Geschäft immanente Risiken können auch vom Auftraggeber nicht besser eingeschätzt und bewertet werden.*)
VolltextVPRRS 2006, 0203
VK Berlin, Beschluss vom 03.01.2006 - VK-B2-57/05
1. Überschreitet der Gesamtauftragswert einer Baumaßnahme den Schwellenwert, muss die Vergabestelle bei der Ausschreibung von Teilaufträgen deutlich machen, ob diese dem 20%-Anteil zuzurechnen sind, der nicht europaweit ausgeschrieben werden muss; anderenfalls unterliegen diese Aufträge dem formellen Nachprüfungsverfahren.*)
2.Änderungen am und unvollständige Angaben im Leistungsverzeichnis führen zum Ausschluss des Angebots.*)
VolltextVPRRS 2006, 0202
VK Sachsen, Beschluss vom 11.11.2005 - 1/SVK/130-05
1. Ein Nachprüfungsantrag muss im Ergebnis ohne Erfolg bleiben, wenn das Angebot des Antragstellers bei objektiver Betrachtung keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlages hat, weil das Angebot gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A zwingend hätte ausgeschlossen werden müssen.*)
2. Daraus, dass das Angebot der Beigeladenen, an dem identischen Mangel leidet wie das eigene, kann ein Antragsteller keinen Anspruch ableiten, gleichfalls nicht ausgeschlossen zu werden. Einen Rechtsanspruch auf "Gleichbehandlung im Unrecht" und damit einen Anspruch auf Fehlerwiederholung bei der Rechtsanwendung existiert nicht.*)
VolltextVPRRS 2006, 0201
VK Sachsen, Beschluss vom 17.01.2006 - 1/SVK/151-05
1. Die Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers, auf die Vergabe eines im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens nach der VOF bekannt gemachten Auftrages zu verzichten, ist im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens mit dem Ziel überprüfbar, den Auftraggeber zu verpflichten, das Verhandlungsverfahren fortzuführen.*)
2. Sofern einem Antragsteller die Eignung für die Durchführung eines Teils eines aus mehreren verbundenen Einzelaufträgen bestehenden Gesamtauftrages fehlt, kann er sich nicht mehr erfolgreich gegen den Verzicht auf eine Vergabe und gegen die Entkopplung der zunächst zu einer Vergabe verbundenen Teilleistungen wenden.*)
3. Bei der Vergabe von Wirtschaftsprüferleistungen kann der Umstand, dass der Antragsteller die monatlichen Gehaltsabrechnungen des Vorstandes und der leitenden Mitarbeiter eines Unternehmens vorgenommen hat dazu führen, dass er gemäß § 319 Abs. 3 Nr. 3 a HGB von der Erstellung und Testierung der Jahresabschlussprüfung ausgeschlossen ist, weil aus Sicht eines objektiv denkenden Dritten durchaus eine Besorgnis begründet sein kann, dass dieser Wirtschaftprüfer nicht in der Lage sein könnte, seine Aufgabe als Abschlussprüfer unbefangen, unparteiisch und unbeeinflusst von jeder Rücksichtnahme auf eigene Interessen wahrzunehmen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0200
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.03.2006 - VK-SH 01/06
1. Die Ausübung des dem Auftraggeber im Rahmen des § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) VOL/A zustehenden Ermessens durch die Vergabekammer ist grundsätzlich nicht möglich; das Ermessen kann jedoch von vornherein auf Null reduziert sein.*)
2. Die Formulierung "Das Angebot muss vollständig sein; unvollständige Angebote können ausgeschlossen werden. Das Angebot muss die Preise und die in den Verdingungsunterlagen geforderten Erklärungen und Angaben enthalten." indiziert grundsätzlich den zwingenden Ausschluss eines Angebotes gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) VOL/A, wenn geforderte Angaben fehlen.*)
3. Der Grundsatz, dass ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren nur zu erreichen ist, wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden, gilt auch im Bereich der VOL/A.*)
4. Verlangt die Vergabestelle mit den Vergabeunterlagen vom Bieter produktidentifizierende Angaben für zur Verwendung bei der Auftragserfüllung vorgesehene Produkte, ohne dass der Bieter diese Angaben mit seinem Angebot macht, so führt dies ohne Wertungsermessen der Vergabestelle zwingend zum Ausschluss gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) VOL/A. Ein Bieter hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, diese Angaben bei einem Aufklärungsgespräch nachholen zu dürfen.*)
5. Geforderte Erklärungen, Nachweise oder sonstige mit Angebotsabgabe zu erfüllende Vorgaben müssen vom jeweiligen Bieter selbst erbracht werden. Die Vergabestelle muss keine Produktrecherchen betreiben, um den Angebotsinhalt zu ermitteln.*)
6. Datenblätter mit technischen Details der für die Erbringung einer Dienstleistung vorgesehenen Geräte sind keine Eignungsnachweise im Sinne von § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A.*)
7. Die Entscheidung über einen Nachprüfungsantrag ist von der Wertungsfähigkeit der Antragstellerofferte abhängig zu machen, ohne die Angebote der übrigen Bieter in den Blick zu nehmen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0199
VK Düsseldorf, Beschluss vom 13.03.2006 - VK-08/2006-L
1. Die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages hängt nicht davon ab, dass nach der Rüge der behaupteten Verfahrensverstöße eine Wartefrist bis zur Anrufung der Vergabekammer eingehalten worden ist.*)
2. Die Vergabestelle ist im Rahmen der Ermittlung des Sachverhalts einer angenommenen schweren Verfehlung bzw. anschließender Selbstreinigung innerhalb des ihr zumutbaren Rahmens verpflichtet, die zugrundeliegenden Tatsachen aufzuklären und zu berücksichtigen und die Besonderheiten des Einzelfalls in ihre Entscheidung mit einzubeziehen.*)
3. Ermessensentscheidungen der Vergabestelle können grundsätzlich von den Nachprüfungsinstanzen nicht selbst anstatt der Vergabestelle getroffen werden. Es wäre allerdings bloße Förmelei dem Antragsgegner eine Neuvornahme der Eignungsbewertung aufzugeben, wenn der Antragsgegner im Rahmen seines schriftlichen Vortrags und im Verlauf der mündlichen Verhandlung keinen Zweifel daran gelassen hat, dass er die Antragstellerin auch auf der Grundlage der im Verfahren gewonnenen neuen Erkenntnisse für unzuverlässig erachtet und diese Bewertung aus den nachfolgend dargestellten Gründen nicht ermessensfehlerhaft ist.*)
VolltextVPRRS 2006, 0198
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.02.2006 - 1 VK LVwA 51/05
Wenn die im Rahmen der Überprüfung der Vollständigkeit der Bewerbungsunterlagen dem bekannt gegebenen Anforderungsprofil des § 13 Abs. 2a-h VOF nicht entsprochen wurde, so droht der Ausschluss aus dem weiteren Wettbewerb.*)
Gemäß § 10 Abs. 1 VOF dürfen nur die Bewerber in die Eignungsprüfung einbezogen werden, die nicht aufgrund von § 11 VOF ausgeschlossen wurden und die die in den §§ 12 und 13 VOF genannten Anforderungen erfüllen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0197
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.03.2006 - 1 VK LVwA 01/06
1. Entscheidung über einen Ausschluss steht im pflichtgemäßen Ermessen des Auftraggebers. Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin ihr Ermessen bereits dahingehend ausgeübt, dass die abgeforderten Nachweise und Erklärungen mit den Angebotsunterlagen abgegeben werden mussten und von einer Nachforderung bewusst abgesehen wurde.*)
2. Wenn der Auftraggeber bezüglich des Formerfordernisses der Unterschriftsleistung bestimmte Anforderungen an die Angebote stellt, darf es eben nicht sein, dass die Auftraggeberseite oder auch die Vergabekammer bei der Feststellung der Identität der Unterzeichnenden auf die Mitarbeit eines am Verfahren beteiligten Bieters angewiesen ist.*)
3. Ausschlaggebend für den Verstoß gegen den Grundsatz des Geheimwettbewerbes ist der Umstand der Kenntnis eines an der Angebotserstellung maßgeblich Beteiligten von den Angeboten oder Teilen der Angebote der Konkurrenz.*)
VolltextVPRRS 2006, 0196
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.03.2006 - 1 VK LVwA 03/05
1. Unter Einbeziehung des für ein Nachprüfungsverfahren eher durchschnittlichen Umfanges der ausgetauschten Schriftsätze und lediglich zwei relevanter rechtlicher Fragestellungen, erscheint die Gebührenbestimmung in Höhe der max. Rahmengebühr von 2,5 ermessensfehlerhaft. Dem Umfang und Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Vertretung wird durch die Festsetzung der Geschäftsgebühr in Höhe des 2,0-fachen der Wertgebühr ausreichend Rechnung getragen. Zudem ist hier anzumerken, dass im Vergleich zu anderen Nachprüfungsverfahren kein hoher Auftragswert und keine Langfristigkeit der in Rede stehenden Vertragsbeziehung zu verzeichnen ist, welche darüber hinaus die volle Ausschöpfung der Rahmengebühr rechtfertigen könnten.*)
2. Die persönliche Anwesenheit einer Partei in der mündlichen Verhandlung ist deshalb als notwendig einzustufen, um die Beantwortung von neu auftauchenden Fragen oder von in die Tiefe gehenden Rückfragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht sicherzustellen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0513
VK Bund, Beschluss vom 29.03.2006 - VK 3-15/06
Der Auftraggeber muss den Bietern alle Angaben und Daten mitteilen, die für eine sachgerechte Kalkulation einerseits und für eine Vergleichbarkeit und Wertbarkeit der Angebote andererseits erforderlich sind.
VolltextVPRRS 2006, 0195
OLG München, Beschluss vom 21.04.2006 - Verg 08/06
Steht der Geschäftsführer eines Bieters aufgrund strafgerichtlicher Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen Taten im Rahmen der beruflichen Tätigkeit unter Bewährung, ist dies ein Umstand, der geeignet ist, die Zuverlässigkeit des Bieters in Frage zu stellen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0194
OLG München, Beschluss vom 21.04.2006 - Verg 8/06
Steht der Geschäftsführer eines Bieters aufgrund strafgerichtlicher Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen Taten im Rahmen der beruflichen Tätigkeit unter Bewährung, ist dies ein Umstand, der geeignet ist, die Zuverlässigkeit des Bieters in Frage zu stellen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0193
OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.01.2006 - 2 U (Kart) 1/05
Der Bieter eines Vergabeverfahrens hat keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen objektiven Rechtsverstößen im Vergabeverfahren, wenn das Angebot des Bieters wegen unvollständiger Angaben zwingend von der Wertung der Angebote hätte ausgeschlossen werden müssen.
VolltextVPRRS 2006, 0192
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.01.2006 - Verg 98/05
1. Fehlt ein von der Vergabestelle geforderter Eignungsnachweis und behauptet der Bieter aber, dieser habe seinem Angebot beigelegen, und nennt hierfür auch Zeugen, so muss die Vergabekammer diesem Beweisantritt nachgehen.
2. Leiden verschiedene Angebote an denselben Mängeln, so muss die Vergabestelle hieraus dieselben Konsequenzen ziehen.
VolltextVPRRS 2006, 0191
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.01.2006 - Verg 29/05
1. Auch der Streitwert des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer ist mit 5% der Bruttoauftragssumme des antragstellenden Bieters gemäß § 50 Abs. 2 GKG analog festzusetzen.
2. Hat der Bieter noch kein Angebot mit einer bestimmten Auftragssumme unterbreitet, so ist als Auftragssumme der vom öffentlichen Auftraggeber geschätzte Auftragswert zu Grunde zu legen.
VolltextVPRRS 2006, 0190
OLG Brandenburg, Beschluss vom 13.09.2005 - Verg W 8/05
1. Im Rahmen der Nachprüfung einer Wertung im VOF-Verfahren prüfen die Nachprüfungsinstanzen nur, ob der Auftraggeber die ihm zustehenden Beurteilungsspielräume überschritten hat. Dies ist zu bejahen, wenn der Auftraggeber den Sachverhalt falsch ermittelt hat und sich dies auf das Wertungsergebnis auswirken kann.
2. Die Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen setzt voraus, dass Auftragsgespräche geführt werden. Unter solchen Auftragsgesprächen sind jedoch keine Gespräche zu verstehen, denen ein konkreter Bezug zu dem zu vergebenden Auftrag fehlt und die nur Grundlage für eine ausschließlich personenbezogene Wertung sein können.
3. Trotz fehlender Beanstandung durch einen Bieter kann eine Vergabeentscheidung, die auf einer fehlerhafter Grundlage beruht, korrigiert werden, wenn aus anderen, rechtzeitig beanstandeten Gründen eine Wiederholung von Teilen des Vergabeverfahrens erfolgen muss.
VolltextVPRRS 2006, 0189
VK Südbayern, Beschluss vom 10.05.2005 - 120.3-3194.1-12-03/05
1. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A sind Änderungen an den Verdingungsunterlagen durch den Bieter unzulässig. Sie haben nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A zur Folge, dass das Angebot, welches nicht der Leistungsbeschreibung des Auftraggebers entspricht, von der Wertung ausgeschlossen werden muss. Dabei spielt es keine Rolle, ob die vom Bieter vorgenommenen Änderungen zentrale und wichtige oder eher unwesentliche Leistungspositionen betreffen. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Abweichungen letztlich irgendeinen Einfluss auf das Wettbewerbsergebnis haben können.*)
2. § 24 Nr. 3 VOB/A untersagt dem Auftraggeber, jedwede Verhandlung über eine Änderung der Angebote oder Preise. Um solche unstatthaften Nachverhandlungen würde es sich handeln, wenn sie dazu dienen würden, die von einem Bieter in bestimmten Positionen vorgenommenen Änderungen der Verdingungsunterlagen rückgängig zu machen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0188
OLG Schleswig, Beschluss vom 13.04.2006 - 1 Verg 10/05
1. Das Vergabenachprüfungsverfahren ist - in Anlehnung an das Kartellverwaltungsverfahren - prozessähnlich ausgestaltet. Dies und das Beschleunigungsziel im vergaberechtlichen Primärrechtsschutz erfordern eine entsprechende Anwendung des § 55 Abs. 2 GWB. Eine Beschwerde kann danach nicht darauf gestützt werden, dass die Vergabekammer ihre Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat, es sei denn, die örtliche Unzuständigkeit wäre von einem Beteiligten im Nachprüfungsverfahren geltend gemacht worden.
2. Die Bietergemeinschaft bleibt i.S.d. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, wenn weiterhin erstrebt wird, den Auftrag an die bestehende Bietergemeinschaft zu vergeben.
3. Eine Bietergemeinschaft besteht rechtlich identitätswahrend fort, wenn eine an ihr beteiligte GmbH auf eine AG verschmolzen worden ist (vgl. UmwG § 20). Dies gilt erst recht, wenn die AG erklärt, die Verpflichtungen der GmbH zu übernehmen und die Bietergemeinschaft fortzuführen.
4. Leistungsverzeichnisse sind einer Auslegung nach allgemeinen Grundsätzen zugänglich. Den Maßstab hierfür bildet ein unbefangener und verständiger Leser, der mit der geforderten Leistung in technischer Hinsicht vertraut ist.
5. Wird in einem Leistungsverzeichnis nur für den Hauptspeicher die Unterstützung der ECC-Funktion verlangt und werden für die Hauptplatine dagegen diesbezüglich keinerlei Angaben gemacht, so ist das Leistungsverzeichnis dahin auszulegen, dass auch für die Hauptplatine eine Unterstützung der ECC-Funktion zu fordern ist, weil eine solche Forderung für den Hauptspeicher technisch nur Sinn macht, wenn auch die Hauptplatine diese Funktion unterstützt.
VolltextVPRRS 2006, 0187
OLG Schleswig, Beschluss vom 13.04.2006 - 1 (6) Verg 10/05
1. Das Vergabenachprüfungsverfahren ist - in Anlehnung an das Kartellverwaltungsverfahren - prozessähnlich ausgestaltet. Dies und das Beschleunigungsziel im vergaberechtlichen Primärrechtsschutz erfordern eine entsprechende Anwendung des § 55 Abs. 2 GWB. Eine Beschwerde kann danach nicht darauf gestützt werden, dass die Vergabekammer ihre Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat, es sei denn, die örtliche Unzuständigkeit wäre von einem Beteiligten im Nachprüfungsverfahren geltend gemacht worden.
2. Die Bietergemeinschaft bleibt i.S.d. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt, wenn weiterhin erstrebt wird, den Auftrag an die bestehende Bietergemeinschaft zu vergeben.
3. Eine Bietergemeinschaft besteht rechtlich identitätswahrend fort, wenn eine an ihr beteiligte GmbH auf eine AG verschmolzen worden ist (vgl. UmwG § 20). Dies gilt erst recht, wenn die AG erklärt, die Verpflichtungen der GmbH zu übernehmen und die Bietergemeinschaft fortzuführen.
4. Leistungsverzeichnisse sind einer Auslegung nach allgemeinen Grundsätzen zugänglich. Den Maßstab hierfür bildet ein unbefangener und verständiger Leser, der mit der geforderten Leistung in technischer Hinsicht vertraut ist.
5. Wird in einem Leistungsverzeichnis nur für den Hauptspeicher die Unterstützung der ECC-Funktion verlangt und werden für die Hauptplatine dagegen diesbezüglich keinerlei Angaben gemacht, so ist das Leistungsverzeichnis dahin auszulegen, dass auch für die Hauptplatine eine Unterstützung der ECC-Funktion zu fordern ist, weil eine solche Forderung für den Hauptspeicher technisch nur Sinn macht, wenn auch die Hauptplatine diese Funktion unterstützt.
VolltextVPRRS 2006, 0186
OLG Schleswig, Beschluss vom 31.03.2006 - 1 Verg 3/06
1. Als "Listenpreis" ist ein Preis anzugeben, der "allgemein" gilt, d. h. den der Bieter auch von anderen Auftraggebern erzielt bzw. der für alle Abnehmer des Produktes gilt.
2. Indem nach Listenpreisen "des Bieters" gefragt wird, ist auch klar, dass es nur um dessen eigene Preise gehen kann. Die bloße Übermittlung von Listenpreisen von Zulieferern oder anderen Stellen genügt nicht. Das schließt nicht aus, dass der Bieter die Preise übernimmt, die in "fremden" Preislisten enthalten sind. Allerdings muss der diese (übernommenen) Preise dann unmissverständlich und verbindlich als seine eigenen "Listenpreise" anbieten, damit für die - gem. § 97 Abs. 2 GWB der Gleichbehandlung aller Angebote verpflichteten - Wertung aller Angebote eine in dieser Hinsicht gleichermaßen verlässliche Grundlage besteht.
3. Nimmt der Bieter bei den Preisen nur Bezug auf die Preislisten der Hersteller, so fehlen wesentliche Preisangaben, weil sich der Auftraggeber in einem solchen Fall die Preise erst beschaffen muss und nicht sicher sein kann, dass er die aktuelle Preisliste hat.
4. Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz kann der antragstellende Bieter beanspruchen, dass alle Angebote nach gleichen Grundsätzen und Maßstäben auf (zwingende) Ausschlussgründe überprüft werden. Die Vergabestelle ist insoweit jedenfalls innerhalb des selben Vergabeverfahrens zu systemgerechtem Vorgehen verpflichtet.
VolltextVPRRS 2006, 0185
LG Berlin, Urteil vom 22.03.2006 - 23 O 118/04
1. Die Verhängung einer generellen Vergabesperre ist sowohl mit deutschem als auch mit europäischem Recht vereinbar.
2. Bei schweren, selbst bis zu zehn Jahre zurückliegenden Verfehlungen (hier: Schmiergeldzahlungen) kann eine Vergabesperre von über vier Jahren verhängt werden.
3. Auch nach Selbstreinigungsmaßnahmen kommt eine Wiederzulassung zum Wettbewerb erst in Betracht, wenn sichergestellt ist, dass weitere Verfehlungen nicht mehr vorkommen, das betroffene Unternehmen an der Sachverhaltsaufklärung mitwirkt und ein infolge der Verfehlungen entstandener Schaden wieder gutgemacht ist.
4. Für den Rechtsschutz gegen die Verhängung einer Vergabesperre durch einen öffentlichen Auftraggeber sind die Zivilgerichte, nicht die Vergabekammern zuständig.
5. Die Richtlinie 2004/18/EG entfaltet in Deutschland nach Verstreichen der Umsetzungsfrist (zum 31.01.2006) keine Direktwirkung auf Vertragsverhältnisse. Nach Möglichkeit ist jedoch eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts vorzunehmen.
VolltextVPRRS 2006, 0184
VG Neustadt, Beschluss vom 06.04.2006 - 4 L 544/06
1. Bedarfspositionen, die in zulässiger Weise in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden, sind bei der Wertung der Angebote grundsätzlich zu berücksichtigen.*)
2. Unvollständige Angebote im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A führen zwingend zum Ausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A. Ein Anspruch auf Nachverhandlungen nach § 24 VOB/A besteht nicht.*)
VPRRS 2006, 0183
OLG München, Beschluss vom 07.04.2006 - Verg 05/06
1. Ist die auf den Ausschluss eines dritten Bieters gerichtete Beschwerde eines Bieters unbegründet, kann ein beigeladener Bieter, der selbst keine Beschwerde eingelegt hat, aus eigenem Recht im Beschwerdeverfahren nicht den Ausschluss des dritten Bieters erreichen.*)
2. Ein diesbezüglicher Antrag des beigeladenen Bieters kann als Nachprüfungsantrag, über den zunächst die Vergabekammer zu entscheiden hat, auszulegen sein.*)
VolltextVPRRS 2006, 0182
OLG München, Beschluss vom 07.04.2006 - Verg 5/06
1. Ist die auf den Ausschluss eines dritten Bieters gerichtete Beschwerde eines Bieters unbegründet, kann ein beigeladener Bieter, der selbst keine Beschwerde eingelegt hat, aus eigenem Recht im Beschwerdeverfahren nicht den Ausschluss des dritten Bieters erreichen.*)
2. Ein diesbezüglicher Antrag des beigeladenen Bieters kann als Nachprüfungsantrag, über den zunächst die Vergabekammer zu entscheiden hat, auszulegen sein.*)
VolltextVPRRS 2006, 0181
VK Hessen, Beschluss vom 20.01.2006 - 69d-VK-92/2005
Gemäß § 7b Nr. 1 Abs. 3 VOL/A ist es Aufgabe des Bewerbers, der Vergabestelle gegenüber seine Leistungsfähigkeit in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht nachzuweisen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.01.2005, Verg 45/04). Ergeben sich aus vorgelegten Unterlagen ernstliche Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit, kann er, sofern er dazu in der Lage ist, diese Zweifel durch die Vorlage anderer, aussagekräftiger Unterlagen, wie z. B. der Vorlage von Bürgschaften und Finanzierungsbestätigungen entkräften. Dazu kann auch eine fundierten Stellungnahme eines Steuerberaters zählen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0180
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2006 - Verg 6/06
1. Für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags mit Blick auf die Antragsbefugnis ist erforderlich aber auch ausreichend, dass der Antragsteller schlüssig behauptet, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften verletzt worden sein sollen und dass er ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, so dass der behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist.
2. Der Bieter hat die Darlegungs- und Beweislast dafür, inwieweit durch die Wahl der beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb anstelle eines offenen Verfahrens mit europaweiter Bekanntmachung seine Leistungs- und Angebotsmöglichkeiten eingeschränkt oder negativ beeinflusst worden sein könnten.
VolltextVPRRS 2006, 0179
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.02.2006 - Verg 80/05
1. Das von den Vergabekammern angewandte System der nach Auftragswerten tabellarisch gestaffelten Gebührensätze und die hieran anknüpfende Bemessung der Gebühr im Rahmen der durch § 128 Abs. 1 und 2 GWB gesetzlich vorgegebenen Bewertungsmaßstäbe ist nicht zu beanstanden.
2. Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag vor der Entscheidung der Vergabekammer zurück, trägt das Gesetz in § 128 Abs. 3 Satz 3 GWB dem Umstand, dass in solchen Fällen in der Regel kein dem Auftragswert äquivalenter Aufwand entsteht, sondern der Erledigungsaufwand typischerweise geringer ist, in der Weise Rechnung, dass die Gebühr pauschal auf die Hälfte zu ermäßigen ist. Unter der "Hälfte der Gebühr" ist die Hälfte der ansonsten angemessenen Ausgangsgebühr zu verstehen. Das bedeutet, dass vor dem Rechenschritt der Halbierung der Gebühr gemäß dem Kostendeckungsprinzip unter dem Gesichtspunkt des personellen und sachlichen Aufwands mögliche Ermäßigungen (aber auch mögliche Erhöhungen) der Gebühr zu prüfen sind.
3. Im Anschluss an die Halbierung der Gebühr nach § 128 Abs. 3 Satz 3 GWB kann eine weitere Herabsetzung der Gebühr nur noch aus Gründen der Billigkeit gemäß § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB gerechtfertigt sein. Hierbei ist das Verbot zu beachten, dieselben Gesichtspunkte, die schon bei einem früheren Prüfungsschritt zu einer Reduzierung der Gebühr geführt haben, für eine solche Ermäßigung der Gebühr ein weiteres Mal heranzuziehen.
VolltextVPRRS 2006, 0178
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.02.2006 - Verg 4/06
1. Das Formblatt EFB-Preis 1c ist als Bestandteil der Vergabeunterlagen auch von Generalunternehmern abzugeben.
2. Das Formblatt EFB Preis 1 c fordert über die Formblätter 1 a und b hinaus die Angabe von Kalkulationszuschlägen für die Leistungen des Ausbaugewerbes, weshalb es in jedem Falle zusätzlich auszufüllen ist.
3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Angebot, das die mit den Formblättern EFB Preis 1 ff geforderten Erklärungen nicht enthält, zwingend auszuschließen.
VolltextVPRRS 2006, 0177
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.02.2006 - Verg 85/05
1. Der Streitwert wird vom wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers am Auftrag gebildet. Die Bewertung ist in § 50 Abs. 2 GKG generalisierend mit 5 % der Auftragssumme festgelegt worden. Abstriche davon sind auch dann nicht veranlasst, wenn das Vergabeverfahren über das Stadium des Teilnahmewettbewerbs noch nicht hinausgelangt ist.
2. Im Regelfall erscheint es im Sinne von § 14 Abs. 1 RVG nicht unbillig, wenn der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Verfahren vor der Vergabekammer mit mündlicher Verhandlung eine 2,0-fache Geschäftsgebühr ansetzt.
VolltextVPRRS 2006, 0176
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.02.2006 - Verg 61/05
1. Die Erstattung der Kosten des Beigeladenen im Falle des Unterliegens des Antragstellers auf Grund einer Sachentscheidung im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren hängt von einer Billigkeitsprüfung in analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO ab.
2. Es entspricht im Allgemeinen der Billigkeit, dem im Nachprüfungsverfahren erster Instanz erfolglosen Antragsteller die Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, wenn er sich mit dem Nachprüfungsantrag ausdrücklich, bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zum Beigeladenen gestellt hat, und wenn sich der Beigeladene aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat, indem er Anträge nebst Begründungen hierfür gestellt oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat.
3. An einem Interessengegensatz fehlt es, wenn im Zeitpunkt der Zustellung des Nachprüfungsantrags der Zuschlag bereits erteilt und der Vertrag mit der Beigeladenen schon wirksam geschlossen worden war.
VolltextVPRRS 2006, 0175
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.02.2006 - Verg 57/05
1. Die Erstattung der Kosten des Beigeladenen im Falle des Unterliegens des Antragstellers auf Grund einer Sachentscheidung im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren hängt von einer Billigkeitsprüfung in analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO ab.
2. Es entspricht im Allgemeinen der Billigkeit, dem im Nachprüfungsverfahren erster Instanz erfolglosen Antragsteller die Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, wenn er sich mit dem Nachprüfungsantrag ausdrücklich, bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zum Beigeladenen gestellt hat, und wenn sich der Beigeladene aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat, indem er Anträge nebst Begründungen hierfür gestellt oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat.
VolltextVPRRS 2006, 0174
EuGH, Urteil vom 06.04.2006 - Rs. C-410/04
Die Art. 43, 49 und 86 EG-Vertrag sowie der Grundsatz der Gleichbehandlung, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und der Grundsatz der Transparenz stehen einer nationalen Regelung nicht entgegen, die es einer öffentlichen Körperschaft erlaubt, eine öffentliche Dienstleistung freihändig an eine Gesellschaft zu vergeben, deren Kapital sie vollständig hält, sofern die öffentliche Körperschaft über diese Gesellschaft eine ähnliche Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen und die Gesellschaft ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Körperschaft verrichtet, die ihre Anteile innehat.*)
VolltextVPRRS 2006, 0173
VK Hessen, Beschluss vom 23.01.2006 - 69d-VK-93/2005
Gemäß § 7b Nr. 1 Abs. 3 VOL/A ist es Aufgabe des Bewerbers, der Vergabestelle gegenüber seine Leistungsfähigkeit in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht nachzuweisen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.01.2005, Verg 45/04). Ergeben sich aus vorgelegten Unterlagen ernstliche Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit, kann er, sofern er dazu in der Lage ist, diese Zweifel durch die Vorlage anderer, aussagekräftiger Unterlagen, wie z.B. der Vorlage von Bürgschaften und Finanzierungsbestätigungen entkräften. Dazu kann auch eine fundierten Stellungnahme eines Steuerberaters zählen.*)
VolltextVPRRS 2006, 0172
VK Düsseldorf, Beschluss vom 31.10.2005 - VK-30/2005-B
1. Der Antragsgegner vermochte den Nachweis nicht zu führen, dass der Antragstellerin eine schweren Verfehlung im Sinn von § 8 Nr. 5 c VOB/A vorzuwerfen ist. Denn der Antragsgegner stützt sich in seinem Vortrag lediglich auf Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Zustandekommens bzw. der Erfüllung eines Wartungsvertrages sowie des Abnahmezeitpunktes der Leistung in einem Vertragsverhältnis der Niederlassung xxxx des Auftraggebers mit der Antragstellerin. Allein das Vorliegen einer Auseinandersetzung zwischen Vertragsparteien belegt jedoch noch nicht eine schuldhafte Vertragsverletzung der einen Seite, die ggfs. als schwere Verfehlung einzustufen sein könnte.*)
2. Gemäß § 17 a Nr. 3 Abs. 1 i.V.m. § 17 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A muss bei europaweiter Ausschreibung die Bekanntmachung die verlangten Nachweise für die Beurteilung der Eignung des Bieters (§ 17 Nr. 1 Abs. 2 Buchstabe s VOB/A) enthalten. Selbst der Hinweis in beiden Ausschreibungen auf die Verdingungsunterlagen sowie der pauschale Verweis auf § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/A bezüglich der Eignungsanforderungen kann daher nicht als ausreichend bewertet werden. Ohne eine wirksame Forderung der Eignungsnachweise ist allerdings auch keine Eignungsprüfung möglich, jedenfalls könnte kein Angebot formal als bzgl. der Eignungsnachweise als unvollständig angesehen werden, wenn es die in den Verdingungsunterlagen geforderten Nachweise nicht oder nicht vollständig enthält, da schon die Anforderung nicht wirksam gestellt wurde.*)
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