Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10873 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2005
VPRRS 2005, 0222VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 31.03.2005 - VK-SH 05/05
1. Für Rügen gegen behauptete Vergaberechtsverstöße in den Verdingungsunterlagen (hier: diskriminierende Leistungsbeschreibung) gilt § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.*)
2. Ist das Angebot eines Antragstellers auszuschließen, kann der weitere Fortgang des Vergabeverfahrens weder seine Interessen berühren noch kann der Antragsteller durch eine etwaige Nichtbeachtung sonstiger vergaberechtlicher Bestimmungen (hier: möglicher Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen) in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein.*)
VolltextVPRRS 2005, 0221
OLG Dresden, Beschluss vom 25.01.2005 - WVerg 14/04
1. Die gemäß § 128 Abs. 1 und 2 GWB ermittelte Gebühr für das Nachprüfungsverfahren der Vergabekammer ist bei einer nach § 128 Abs. 3 Satz 2 GWB gesamtschuldnerischen Haftung im Falle einer persönlichen Gebührenbefreiung eines der Gebührenschuldner (hier nach § 8 Nr. 3 des Verwaltungskostengesetzes des Bundes) um den Betrag zu kürzen, der dem internen Haftungsanteil des befreiten Gebührenschuldners entspricht.*)
2. Ist das Begehren des Antragstellers eines Nachprüfungsverfahrens gegen die beabsichtigte Bewertung eines Angebots des Beigeladenen gerichtet und hebt die Vergabekammer stattdessen die Ausschreibung (zu Recht) auf, so liegt hierin ein Teilunterliegen des Antragstellers, dass dem Unterliegensanteil der übrigen Verfahrensbeteiligten regelmäßig gleichwertig ist und dann zu einer Aufhebung der wechselseitig entstandenen notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung führen kann.*)
VolltextVPRRS 2005, 0220
EuG, Urteil vom 17.03.2005 - Rs. T-160/03
1. Das Gemeinschaftsrecht erkennt einen Entschädigungsanspruch an, sofern drei Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich dass die Rechtsnorm, gegen die verstoßen worden ist, bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, dass der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht.
2. Hat die Kommission eine Interessenkollision zwischen einem Mitglied des Bewertungsausschusses und einem der Bieter festgestellt, so ist sie verpflichtet, bei der Vorbereitung und dem Erlass ihrer Entscheidung über die Folgen des fraglichen Vergabeverfahrens mit aller erforderlichen Sorgfalt vorzugehen und die Entscheidung auf der Grundlage aller einschlägigen Informationen zu treffen. Diese Verpflichtung ergibt sich insbesondere aus den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Gleichbehandlung.
3. Hat die Kommission eine Interessenkollision zwischen einem der Bieter und einem Mitglied des mit der Bewertung der Angebote betrauten Ausschusses festgestellt, so verfügt sie bei der Entscheidung darüber, welche Maßnahmen bezüglich des weiteren Ablaufs des Verfahrens zur Vergabe des ausgeschriebenen Auftrags zu ergreifen sind, über einen gewissen Spielraum.
4. Gibt es ernste Zweifel an der Zulässigkeit des Angebots eines Bieters, so befindet sich dieser Bieter in einer Situation, die sich von derjenigen der anderen Bieter unterscheidet. Unterlässt es die Kommission in einem solchen Fall, eine Untersuchung durchzuführen, um diese Situation zu beenden, so behandelte sie diesen Bieter genau wie die anderen Bieter, obwohl dies objektiv nicht gerechtfertigt ist und verstößt damit gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
5. Zu der Frage, welche Schäden und Kosten zu ersetzen sind, wenn bei der Durchführung einer Auftragsvergabe Unregelmäßigkeiten auftreten.
VolltextVPRRS 2005, 0219
VK Sachsen, Beschluss vom 23.04.2004 - 1/SVK/026-04
1. Ein Antrag ist gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 GWB schriftlich einzureichen. Ein Fax genügt dem Schriftformerfordernis, wenn es auch den Aussteller erkennen lässt.
2. Soweit ein Antragsteller bei seinen Akteneinsichten oder in der mündlichen Verhandlung vermeintliche Vergabeverstöße erkannt hat, sind diese nicht gesondert zu rügen.
3. Wegen des nach § 97 Abs. 1 GWB zu beachtenden Transparenzgebotes hat der Auftraggeber alle relevanten Eignungsnachweise schon in der Vergabebekanntmachung zweifelsfrei anzugeben, wobei er ohnehin verpflichtet ist, alle in den zwingend zu verwendenden Anhängen (Musterbekanntmachungen, § 17 a Nr. 4 Abs. 1 VOB/A) angegebenen Rubriken auch auszufüllen, § 17 a Nr. 4 Abs. 2 VOB/A. Zudem dürfen sich die europaweiten , nationalen und lokal vorgenommenen Bekanntmachungen inhaltlich nicht unterscheiden, § 17 a Nr. 2 Abs. 5 Satz 2 VOB/A.
4. Ein Vergabeverfahren, in dem ein Ingenieurbüro die Verdingungsunterlagen, insbesondere das Leistungsverzeichnis erstellt, zugleich aber auch vom Auftraggeber vertraglich in die Auswertung von (Neben-)angeboten und die technische Bewertung von Angeboten eingebunden ist und zugleich - unbeanstandet - beratend und leistungserbringend für einen Bewerber/Bieter auftritt (vgl. auch § 16 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 VgV, § 6 Abs. 2 VOB/A), kann keinen Bestand haben. Daran kann auch keine Verpflichtungserklärung etwas ändern, da die Verpflichtungen aus § 6 Abs. 2 VOB/A und § 16 Nr. 2 VgV keines Entlastungsbeweises zugänglich sind und eine Entbindung des Ingenieurbüros die Verflechtung mit dem Bewerber/Bieter und die wettbewerbsrelevanten Vorkenntnisse nicht kompensieren kann.
5. Dem Antrag eines Antragstellers fehlt es nicht am Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Rechte des Antragstellers nicht bereits durch das bestehende Zuschlagsverbot gemäß § 115 Abs. 1 GWB ausreichend geschützt sind und der Antragsteller seine Rechtsposition durch eine Entscheidung nach § 115 Abs. 3 GWB nicht verbessern kann.
6. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für den Antragsteller kann angesichts von sachlichen und rechtlichen Schwierigkeiten notwendig sein(§ 128 Abs. 4 S. 3 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG). Bei der Prüfung der Notwendigkeit der Hinzuziehung handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung. Es ist darauf abzustellen, ob es zu den auftragsbezogenen Sach- und Rechtsfragen einschließlich der dazu gehörigen Vergaberegeln noch weitere gemeinschaftsrechtliche und prozessuale Fragen hinzu kommen wie um komplizierte Fragen der Identität von Bekanntmachungen, der Bewertung einer gleichzeitigen Einbindung eines Planungsbüros auf Auftraggeber- und Bewerberseite (vgl. § 16 VgV) und die wenig durchdrungene prozessuale Frage der Anwendung des § 115 Abs. 3 GWB. Derartige Kenntnisse können von einem Unternehmen nicht erwartet werden, so dass die Hinzuziehung eines fachkundigen Bevollmächtigten notwendig sein kann.
VolltextVPRRS 2005, 0218
VK Sachsen, Beschluss vom 05.10.2004 - 1/SVK/092-04
1. Die Rüge ist nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB auch unverzüglich erfolgt. Zur Bestimmung des Merkmals der Unverzüglichkeit ist auf § 121 Abs. 1 BGB zurückzugreifen. Danach ist das Merkmal der Unverzüglichkeit dann erfüllt, wenn ohne schuldhaftes Zögern gehandelt wird. Dies bedeutet für die Rüge gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB, dass sie so bald zu erklären ist, als es der Antragstellerin unter Berücksichtigung der für die Prüfung und Begründung der Rüge notwendigen Zeit möglich und zumutbar ist. Eine absolute Obergrenze von zwei Wochen ab Kenntniserlangung wird angenommen.
2. Ohne die Aufforderung zur Angebotsabgabe an die ausgewählten Bewerber und das Führen von Verhandlungsgesprächen über die Auftragsbedingungen ist ein Verhandlungsverfahren nicht vergaberechtskonform. Ein Gespräch zur "Vorstellung des Unternehmens" und "der das Projekt betreuenden Personen und deren Referenzen" genügt den Anforderungen an ein Verhandlungsgespräch im Sinne der VOF nicht.
3. Die Chancengleichheit ist gefährdet, wenn eine Person durch ihre Tätigkeit als Sachverständiger einen eventuellen Wissensvorsprung gegenüber anderen Bewerbern nutzen könnte. Bei der Beurteilung der Schwere der Wettbewerbsverzerrung kommt es vor allem darauf an, ob lediglich eine Beteiligung an den Entwurfs- und Planungsarbeiten bestand, oder ob unmittelbar an den Vorarbeiten für die Ausschreibung, insbesondere bei der Erstellung des LV mitgewirkt wurde. Für die Annahme einer Wettbewerbsverzerrung müssen besondere Umstände hinzukommen, dass etwa Leistungsbeschreibungen auf die spezifischen Interessen des Sachverständigen zugeschnitten sind oder die Formulierung im LV nur von diesem richtig verstanden werden kann. Um einen Ausschluss annehmen zu können, muss die Chancengleichheit der Bewerber dermaßen gefährdet sein, dass ein objektives Verfahren nicht mehr garantiert werden kann. Im Ergebnis ist daran festzuhalten, dass sich deutliche Hinweise auf rechtswidrige Vorteile zeigen müssen, die aus der Beziehung zwischen einem Sachverständigen und der Vergabestelle resultieren. Die Ausführungen können auch für die Beurteilung einer Projektantenstellung im Bereich der VOF herangezogen werden. Soweit sich Bieter an zuvor durchgeführten Ausschreibungen beteiligt haben, ist es ein Verstoß gegen die Wettbewerbsfreiheit, diese Bieter trotz gleicher Eignung und Leistungsfähigkeit künftig vom Wettbewerb auszuschließen, was zum einen die Interessen des Bieters verletzt, zum anderen aber auch den Auftraggeber um einen potentiellen Bieter bringt, der zur Förderung des Wettbewerbs beiträgt.
4. Hat der Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung Zuschlagskriterien benannt, ist der Auftraggeber an diese Auswahlkriterien bei seiner Entscheidungsfindung gebunden. Der Auftraggeber hat keine Möglichkeit, nach Benennung aller relevanten Auftragskriterien in der Vergabebekanntmachung, späterhin diese mit der Aufgabenbeschreibung zu ändern. Ebenso wenig kann er dort schon verlautbarte Auftragskriterien weglassen und ihnen dadurch ihre Auswahlrelevanz wieder nehmen. Kriterien, die nicht bekannt gemacht worden sind, dürfen bei der Auswahlentscheidung nicht berücksichtigt werden. Eine Wettbewerbsverzerrung liegt in der Regel nicht vor, wenn sämtlichen Bewerbern die vom vorbefassten Bewerber erstellten Unterlagen zugänglich gemacht werden.
VolltextVPRRS 2005, 0217
BayObLG, Beschluss vom 30.11.2004 - Verg 024/04
1. Der Geschäftswert bemisst sich nach dem vermögenswerten Interesse des Antragsgegners an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Maßgeblich sind demnach die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners im Vergabenachprüfungsverfahren.
2. Wurde der Auftrag nach dem 30.06.2004 erteilt, so bestimmt sich die Vergütung des vom Antragsgegner hinzugezogenen Rechtsanwalts nach neuem Recht. Maßgeblich für die Berechnung der Anwaltsvergütung im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer ist der gerichtliche Streitwert.
VolltextVPRRS 2005, 0216
VK Köln, Beschluss vom 19.01.2005 - VK VOB 21/2003
Die Mitwirkung des Architekten in Nachprüfungsverfahren gehört zu den standardmäßig zu erbringenden Grundleistungen der Leistungsphase 7, zumindest soweit im Zusammenhang mit einem Nachprüfungsantrag fachtechnische Fragen zu klären sind, die dem Architekten vertraglich übertragen worden waren.
VolltextVPRRS 2005, 0215
BayObLG, Beschluss vom 30.11.2004 - Verg 24/04
1. Der Geschäftswert bemisst sich nach dem vermögenswerten Interesse des Antragsgegners an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Maßgeblich sind demnach die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners im Vergabenachprüfungsverfahren.
2. Wurde der Auftrag nach dem 30.06.2004 erteilt, so bestimmt sich die Vergütung des vom Antragsgegner hinzugezogenen Rechtsanwalts nach neuem Recht. Maßgeblich für die Berechnung der Anwaltsvergütung im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer ist der gerichtliche Streitwert.
VolltextVPRRS 2005, 0214
VK Sachsen, Beschluss vom 18.08.2004 - 1/SVK/166-03
1. Der zurücknehmende Antragsteller ist wie ein Unterliegender im Sinne des § 128 Abs. 3 S. 1 GWB zu behandeln.
2. Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der erkennenden Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens (§ 128 Abs. 2 GWB). Der Gesetzgeber hat mit dieser an § 80 Abs. 2 GWB angelehnten Regelung klargestellt, dass wie im Kartellverwaltungsverfahren - vorrangig auf die wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens abzustellen ist.
VolltextVPRRS 2005, 0213
VK Sachsen, Beschluss vom 03.06.2004 - 1/SVK/002-04
Der Auftraggeber hat die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) gem. § 128 Abs. 3 GWB zu tragen, wenn er durch die fehlerhafte Benennung der Vergabekammer als Nachprüfungsinstanz den Antragsteller in das Verfahren gedrängt und das Nachprüfungsverfahren verursacht hat.
VolltextVPRRS 2005, 0212
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.09.2004 - VK 2-LVwA LSA 28/04
1. Nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A muss die Vergabestelle zunächst die Eignung der Bieter prüfen. Dabei hat sie anhand der vorgelegten Nachweise die Angebote der Bieter auszuwählen, deren Eignung die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen notwendigen Sicherheiten bietet. Dies bedeutet, dass die Bieter die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen und über ausreichende technische und wirtschaftliche Mittel verfügen müssen.Bei der entsprechenden Prognoseentscheidung hat die Vergabestelle einen weiten Beurteilungsspielraum, der nur eingeschränkter Nachprüfbarkeit durch die Vergabekammer unterliegt. Eine Überschreitung dieses Beurteilungsspielraums liegt nur dann vor, wenn die von der Vergabestelle getroffenen Sachverhaltsermittlungen und -feststellungen oder die Anwendung vergaberechtlicher Rechtsbegriffe auf willkürlichen und sachwidrigen Erwägungen beruhen.
2. Es ist grundsätzlich möglich, dass der Bieter sich auf die Eignung eines Dritten beruft. Er muss in einem solchen Fall nachweisen, dass er über die entsprechenden sachlichen und personellen Mittel des anderen Unternehmens verfügen kann.
3. Bei der Feststellung der Eignung auf den Zeitpunkt des Eröffnungstermins abzustellen, da andernfalls bei jeder nachträglichen Veränderung eine erneute Eignungsprüfung stattfinden müsste. Eine Gleichbehandlung der Bieter wäre dann nicht gewährleistet.
4. Referenzen eines anderen Unternehmens können nur zugunsten des Antragstellers berücksichtigt werden, wenn sichergestellt ist, dass er den ausgeschriebenen Auftrag mit dem Personal ganz oder überwiegend durchführen wird, das zum Zeitpunkt der Erstellung der Referenzen bei dem Unternehmen beschäftigt war.
5. Die Vergabestelle darf bei einem Auftragsvolumen von mehr als 1 Mio € zulässigerweise von den Bietern entsprechende Angaben über die Ausführung vergleichbarer Leistungen fordern. Mit dieser Forderung wird zwar der Marktzutritt für neu gegründete Unternehmen erschwert. Dies wird allerdings nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 b) VOB/A ersichtlich in Kauf genommen, da danach vorausgesetzt wird, dass das betreffende Unternehmen bereits längere Zeit (3 Geschäftsjahre) am Markt tätig war.
VolltextVPRRS 2005, 0211
VK Sachsen, Beschluss vom 27.04.2004 - 1/SVK/031-04
1. Wenn ein als Sondervorschlag definierte Angebotsentwurf die Herstellung der geforderten Leistung mit anderen technischen Mitteln anbietet, ist er zwingend wie ein Nebenangebot zu behandeln.
2. Grundsätzlich steht dem Auftraggeber bei der Bewertung der Gleichwertigkeit von Nebenangeboten ein weiter Ermessensspielraum zu. Dieser engt sich dann ein, wenn der Auftraggeber selbst dieses weite Ermessen durch Angabe von Mindestvoraussetzungen einschränkt. Er ist daraufhin an diese Voraussetzungen gebunden und darf nicht nachträglich von ihnen abweichen. Das Setzen von Mindestvoraussetzungen ist ihm grundsätzlich nicht verwehrt. Aber er darf auch nicht bei der Bewertung der Angebote auf das Vorliegen dieser Mindestvoraussetzungen verzichten.
3. Der Beigeladene ist verfahrensbeteiligt. Er hat damit die gleichen Angriffs- und Verteidigungsrechte wie der Antragsteller. Daher ist auch die selbständige Entscheidung über die Beiladung nicht anfechtbar (§ 109 Satz 2 GWB). Der Beigeladene hat die gleichen Angriffs- und Verteidigungsmittel hat wie der Antragsteller, ist es ihm unbenommen, seine Interessen zu wahren, indem er selbständig Anträge zum Verfahren und zur Sache stellt.
4. Die Erklärungen zu Nachunternehmerleistungen sind eine Erklärung von kalkulationserheblicher Bedeutung.
5. Bei der Bewertung der Eignung verfügt der Auftraggeber über einen weiten Beurteilungsspielraum. Die Vergabekammer ist darauf beschränkt zu überprüfen, ob die Entscheidung sachgerecht erging.
6. Selbst wenn der Auftraggeber den Nachunternehmeranteil in den EFB-Preisblättern ersehen kann, kann das Formblatt "Angaben zur Preisermittlung" nicht zur Vervollständigung der vom Bieter abzugebenden Nachunternehmererklärungen dienen.
7. Die Gleichwertigkeit im Hinblick auf das geforderte Schutzniveau in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und Gebrauchstauglichkeit muss nachgewiesen werden, § 21 Nr. 2 Satz 1 VOB/A. Zudem muss die Abweichung im Angebot eindeutig bezeichnet sein und dessen Gleichwertigkeit mit dem Angebot nachgewiesen werden. Grundsätzlich ist aber ein Angebot nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A nicht zu berücksichtigen, wenn die Gleichwertigkeit nicht schon mit dem Angebot nachgewiesen ist. Selbiges gilt wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß § 97 Abs. 2 GWB auch dann, wenn der Nachweis erst in einem späteren Bietergespräch erfolgt ist.
VolltextVPRRS 2005, 0210
VK Sachsen, Beschluss vom 11.03.2005 - 1/SVK/011-05
1. Ein Einheitspreis mit 0,01 Euro, der mit einer Subventionspauschale in der Angebotskalkulation begründet wird, stellt keine Mischkalkulation dar.
2. Eine Mischkalkulation darf die Vergabestelle nicht nur vermuten, sie muss sie vielmehr dem Bieter nachweisen.
VolltextVPRRS 2005, 0209
VK Bremen, Beschluss vom 16.07.2003 - VK 12/03
1. Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist ein Antrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat.
2. Die Unterscheidung zwischen "Zuschlag" und "Vertragsschluss" wird in § 114 Abs. 2 GWB nicht aufgegriffen, vielmehr stellt diese Vorschrift ausschließlich auf den "Zuschlag" ab, so dass es nach dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes auf das Zustandekommen eines Vertrages nicht ankommt, sondern lediglich darauf, ob der Zuschlag erteilt wurde. Für eine Interpretation oder eine teleologische Reduktion des § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB in dem Sinne, dass es entgegen dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht auf den Zeitpunkt des "Zuschlages", sondern auf den des "Vertragsschlusses" ankommt, besteht keine Veranlassung, da auch ein Zuschlag, der nicht als Annahme, sondern als neuer Antrag zu werten ist, für den Auftraggeber gem. § 145 BGB bereits Bindungswirkung entfaltet und der Abschluss des Vertrages nicht mehr in seiner Rechtssphäre, sondern in der Rechtssphäre desjenigen, der den Antrag annehmen kann, liegt.
VolltextVPRRS 2005, 0208
VK Lüneburg, Beschluss vom 10.03.2005 - VgK-4/2005
1. Die Antragsbefugnis kann bei einem preislich und wirtschaftlich lediglich an dritter Stelle rangierenden Angebot bejaht werden, wenn der Antragsteller im Erfolgsfall die Möglichkeit hat, sich bei einer dann erforderlichen erneuten Ausschreibung mit einem neuen Angebot zu beteiligen.
2. Die Rüge muss angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich binnen 1 - 3 Tagen nach positiver Kenntniserlangung erfolgen.
3. Eine durchgreifende, einen vermeintlich EU-vergaberechtswidrig – aber zivilrechtlich wirksam - zustande gekommenen Vertrag beendende Wirkung hat weder die Dienstleistungsrichtlinie noch die Rechtsmittelrichtlinie.
4. Eine fehlende neue immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlage beinhaltet weder eine fehlende Ausschreibungsreife noch eine Verletzung des Gebots der eindeutigen Leistungsbeschreibung bzw. der Pflicht des Auftraggebers zur Angabe aller kalkulationsrelevanten Umstände noch einen Verstoß gegen die Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses, wenn die Bieter bei der Kalkulation von der Altgenehmigung ausgehen können.
5. Wesentliche Veränderungen eines laufenden Leistungsvertrages in inhaltlicher Hinsicht oder bezüglich der Laufzeit bedeuten die Vergabe eines öffentlichen Auftrags.
VolltextVPRRS 2005, 0207
VK Lüneburg, Beschluss vom 04.03.2005 - VgK-3/2005
1. Die Rüge hinsichtlich behaupteter Fehler in den Verdingungsunterlagen ist unmittelbar nach Sichtung der Ausschreibungsunterlagen zu erheben.
2. Die Antragsbefugnis fehlt, wenn ein aus der jeweils plausibel behaupteten Rechtsverletzung folgender wirtschaftlicher Nachteil offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist.
3. Der öffentliche Auftraggeber bedarf für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.
4. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen für einen anwaltlichen Bevollmächtigten ergibt sich aus der analogen Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO.
VolltextVPRRS 2005, 0206
BGH, Beschluss vom 01.02.2005 - X ZB 27/04
§ 97 Abs. 7 GWB begründet ein subjektives Recht auf Einleitung und Durchführung eines nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 GWB geregelten Vergabeverfahrens.*)
Die Verletzung dieses subjektiven Rechts unterliegt der durch § 102 GWB eröffneten Nachprüfung.*)
Ein Vertrag zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen hat Dienstleistungen zum Gegenstand, wenn der öffentliche Auftraggeber hiermit eine Leistung beschaffen will, die nicht unter § 99 Abs. 2 oder 3 GWB fällt, und das Unternehmen jedenfalls unter anderem diese Leistung zu erbringen hat.*)
Verpflichtet sich der öffentliche Auftraggeber seinerseits zu einer geldwerten Gegenleistung, handelt es sich um einen entgeltlichen Vertrag, wenn Leistung und Gegenleistung voneinander nicht trennbare Teile eines einheitlichen Leistungsaustauschgeschäfts sind.*)
§ 13 VgV ist entsprechend anzuwenden, wenn es im Anwendungsbereich der §§ 97 bis 99, 100 Abs. 1 GWB bei der Beschaffung von Dienstleistungen zur Beteiligung mehrerer Unternehmen gekommen ist, die Angebote abgegeben haben, und der öffentliche Auftraggeber eine Auswahl unter diesen Unternehmen trifft.*)
VolltextVPRRS 2005, 0205
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 15.03.2005 - Rs. C-129/04
1. Art. 1 Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Rechtsvorschrift nicht entgegensteht, nach der
- die Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die sich als solche an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beteiligt und nicht den Zuschlag erhalten hat, nur alle zusammen - in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter oder in ihrem eigenen Namen - Klage gegen die Entscheidung über die Vergabe des genannten Auftrags erheben können;
- ein einzelnes Mitglied einer solchen Gelegenheitsgesellschaft als Einzelner die Vergabeentscheidung weder in seiner Eigenschaft als Gesellschafter noch im eigenen Namen nachprüfen lassen kann.
Das gilt unter der Voraussetzung, dass diese nationale Regel die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht unmöglich macht oder übermäßig erschwert. Diesen Grundsätzen wird jedenfalls dann entsprochen, wenn das nationale Recht abweichende Lösungen durch die Mitglieder der Bietergemeinschaft erlaubt.*)
2. Die Antwort auf die Frage fällt nicht anders aus, wenn die Mitglieder der Gelegenheitsgesellschaft zwar alle zusammen geklagt haben, aber die Klage eines ihrer Mitglieder nach nationalem Recht unzulässig ist.*)
VolltextVPRRS 2005, 0204
VK Nordbayern, Beschluss vom 11.02.2005 - 320.VK-3194-55/04
Art. 19 Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG unterscheidet nicht zwischen der Art der Nebenangebote. Er ist deswegen auch auf kaufmännische Nebenangebote (hier: Pauschalpreisangebot) anzuwenden.*)
VolltextVPRRS 2005, 0203
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.02.2005 - Verg 91/04
1. Die Eignungsprüfung umfasst auch die Prüfung, ob der Bieter rechtlich in der Lage ist, die ausgeschriebene Leistung zu erbringen.
2. Die Eignungsprüfung kann auch die Prüfung patentrechtlicher und anderer schwieriger Rechtsfragen umfassen.
VolltextVPRRS 2005, 0202
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.02.2005 - Verg 78/04
1. Für den Primärrechtsschutz ist nicht in jedem Fall die formale Bieter- oder Bewerbereigenschaft erforderlich.
2. Nach Vertragsschluss kann der nationale Rechtsschutz auf Schadenersatz begrenzt werden.
3. § 13 VgV gilt auch im Verhandlungsverfahren mit nur einem Bieter hinsichtlich der übrigen Bieter aus einem vorangegangenen - aufgehobenen - Offenen Verfahren.
VolltextVPRRS 2005, 0201
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.02.2005 - Verg 85/04
1. § 13 VgV gilt auch im Verhandlungsverfahren.
2. § 13 VgV gilt auch im Verhandlungsverfahren mit nur einem Bieter, wenn andere Interessenten für den öffentlichen Auftraggeber z.B. aufgrund eines vorangegangenen Offenen Verfahrens konkret erkennbar sind.
3. Auch im Verhandlungsverfahren sind Angebote möglichst im Wettbewerb einzuholen.
VolltextVPRRS 2005, 0200
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.02.2005 - Verg 86/04
1. § 13 VgV gilt auch im Verhandlungsverfahren.
2. § 13 VgV gilt auch im Verhandlungsverfahren mit nur einem Bieter, wenn andere Interessenten für den öffentlichen Auftraggeber z.B. aufgrund eines vorangegangenen Offenen Verfahrens konkret erkennbar sind.
3. Auch im Verhandlungsverfahren sind Angebote möglichst im Wettbewerb einzuholen.
VolltextVPRRS 2005, 0199
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.02.2005 - Verg 87/04
1. § 13 VgV gilt auch im Verhandlungsverfahren.
2. § 13 VgV gilt auch im Verhandlungsverfahren mit nur einem Bieter, wenn andere Interessenten für den öffentlichen Auftraggeber z.B. aufgrund eines vorangegangenen Offenen Verfahrens konkret erkennbar sind.
3. Auch im Verhandlungsverfahren sind Angebote möglichst im Wettbewerb einzuholen.
VolltextVPRRS 2005, 0198
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.02.2005 - Verg 92/04
1. Um den Zugang zu einem Nachprüfungsverfahren zu erhalten, bedarf es gemäß § 107 Abs. 2 GWB der konkreten Darlegung mindestens eines Vergabeverstoßes.
2. Geben schon der Vortrag der Beteiligten oder der sonstige Tatsachenstoff den Kontrollinstanzen hinreichenden Anlass zur Prüfung, ob Vergaberechtsverstöße vorliegen, sind sie zur weiteren amtswegigen Ermittlung und Rechtsprüfung verpflichtet.
VolltextVPRRS 2005, 0197
BayObLG, Beschluss vom 17.02.2005 - Verg 027/04
1. Ausschluss eines Angebots, das den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses nicht entspricht.*)
2. Ein Fehler im Leistungsverzeichnis, der dazu führt, dass kein Bieter in dieser Position ein der Leistungsbeschreibung entsprechendes Angebot abgegeben hat, zwingt nicht zur Aufhebung der Ausschreibung, wenn es sich dabei um ein untergeordnetes technisches Detail eines einzelnen Gerätes im Rahmen einer umfangreichen Ausschreibung handelt.*)
3. Zu Rahmenvereinbarungen zugunsten Dritter im Zusammenhang mit der landesweiten sukzessiven Einrichtung von Rettungsleitstellen.*)
VolltextVPRRS 2005, 0196
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.02.2005 - Verg 88/04
1. § 13 VgV ist nur gegenüber potentiellen Interessenten, die keinerlei Kontakt zum Auftraggeber haben, nicht anzuwenden.
2. Dem Auftraggeber steht bei der Prüfung und Bewertung der Angebote, und zwar bei der Frage, ob sie den von ihm in den Verdingungsunterlagen abstrakt aufgestellten Anforderungen entsprechen, ein nur beschränkt kontrollierbarer Beurteilungsspielraum zu.
3. Auch im Verhandlungsverfahren sind Angebote möglichst im Wettbewerb einzuholen.
VolltextVPRRS 2005, 0195
BayObLG, Beschluss vom 17.02.2005 - Verg 27/04
1. Ausschluss eines Angebots, das den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses nicht entspricht.*)
2. Ein Fehler im Leistungsverzeichnis, der dazu führt, dass kein Bieter in dieser Position ein der Leistungsbeschreibung entsprechendes Angebot abgegeben hat, zwingt nicht zur Aufhebung der Ausschreibung, wenn es sich dabei um ein untergeordnetes technisches Detail eines einzelnen Gerätes im Rahmen einer umfangreichen Ausschreibung handelt.*)
3. Zu Rahmenvereinbarungen zugunsten Dritter im Zusammenhang mit der landesweiten sukzessiven Einrichtung von Rettungsleitstellen.*)
VolltextVPRRS 2005, 0194
VK Nordbayern, Beschluss vom 11.02.2005 - 320.VK-3194-51/04
Entspricht ein Angebot nicht den in den Verdingungsunterlagen festgelegten Zahlungsbedingungen, so ist es zwingend wegen unzulässiger Änderung der Verdingungsunterlagen von der Wertung auszuschließen (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d VOL/A i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A).*)
VolltextVPRRS 2005, 0193
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.03.2004 - VK 2-04/04
1. Können dem Antragsteller - unabhängig von den geltend gemachten Vergabeverstößen - ersichtlich von vornherein keine Aussichten auf den Zuschlag zugebilligt werden, so fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis.
2. Sind die vom Antragsteller benannten Leistungen, die an Nachunternehmer vergeben werden sollen, von so allgemeiner Art, dass eine detaillierte Zuordnung zu den in der Leistungsbeschreibung seitens der Vergabestelle konkret beschriebenen Leistungen nicht möglich ist, so ist der Bieter wegen unvollständigkeit seines Aangebotes auszuschließen.
3. Wird von den Bietern gefordert, eine Erklärung zur "Güteüberwachung von Mineralstoffen" ausgefüllt mit dem Angebot bei der Vergabestelle vorzulegen, und legt ein Bieter diese Erklärung dann nicht vor, sondern biette der vergabestelle lediglich an, die Eklärung im Auftragsfall nachreichen zu wollen, so ist der Bieter auszuschließen.
VolltextVPRRS 2005, 0192
VK Hannover, Beschluss vom 13.12.2004 - 26045-VgK 13/2004
Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer.
VolltextVPRRS 2005, 0191
OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.02.2005 - Verg 74/04
1. Muss eine Ausschreibung aufgehoben werden und neu erfolgen, wenn der Nachprüfungsantrag eines Bieters Erfolg hat, so ist für dessen Antragsbefugnis unerheblich, dass er in diesem (fehlerhaften) Ausschreibungsverfahren zwingend wegen Änderungen an den Verdingungsunterlagen auszuschließen wäre; auch in der Sache ist der Antrag dann nicht abzulehnen.
2. In der Regel ist ein Bieter/Bewerber, der einen Vergaberechtsverstoß vermutet, genauso wenig gehalten, seine in tatsächlicher oder in rechtlicher Hinsicht ungenügenden Kenntnisse zu vervollständigen, insbesondere rechtlichen Rat einzuholen. Von diesen Grundsätzen ist nur dann eine Ausnahme geboten, wenn der Kenntnisstand des Bieters/Bewerbers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einen solchen Grad erreicht hat, dass seine Unkenntnis vom Vergaberechtsverstoß nur als ein mutwilliges Sich-Verschließen vor der Erkenntnis dieses Rechtsverstoßes verstanden werden kann. Hieran sind indes strenge und vom Auftraggeber darzulegende Anforderungen zu richten.
3. Erkennt der Antragsteller einen Vergaberechtsverstoß erst im Laufe des Nachprüfungsverfahrens, so entsteht keine gesonderte Rügeobliegenheit. Die auf die Obliegenheit zu außerprozessualer Rüge gegenüber dem Auftraggeber angelegte Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist nicht auf solche Rechtsverstöße anzuwenden, die der Antragsteller erst nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens erkennt.
4. Eine Rüge kann nach dem auch das Vergaberecht beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verzichtbar sein, wenn die Vergabestelle zu erkennen gibt, von einer vergaberechtswidrigen Entscheidung unter keinen Umständen abrücken zu wollen.
5. Die Vorschrift des § 9a VOL/A fordert in einem wörtlich zu verstehenden Sinn die Bekanntgabe aller vorgesehenen Zuschlagskriterien einschließlich sog. Unterkriterien, die - vor einer Angebotsabgabe - in der Vergabebekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen zu erfolgen hat. Dies hat jedenfalls in dem Fall zu gelten, in dem jene Zuschlagskriterien vom öffentlichen Auftraggeber im Voraus, und zwar vor einer Übersendung der Verdingungsunterlagen an die potentiellen Bieter, aufgestellt worden sind.
6. Wie Art. 30 Abs. 2 der Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG ist Art. 26 Abs. 2 der Lieferkoordinierungsrichtlinie 93/36 in Nichtoffenen und in Offenen Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zu beachten. Dementsprechend ist § 9a VOL/A gemeinschaftsrechtskonform dahin zu verstehen, dass der öffentliche Auftraggeber, der (jedenfalls) im Vorhinein Regeln zur Gewichtung der Zuschlagskriterien aufgestellt hat, verpflichtet ist, den Bietern in der Vergabebekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen nicht nur die Zuschlagskriterien als solche, sondern auch deren Gewichtung mitzuteilen.
7. Art. 53 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.3.2004 stellt an die Bekanntmachung des öffentlichen Auftraggebers keine abweichenden, insbesondere geringeren Anforderungen an die dem öffentlichen Auftraggeber obliegende Bekanntmachung der Zuschlagskriterien auf.
VolltextVPRRS 2005, 0190
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.02.2005 - Verg 100/04
1. Gemeinnützige private Kapitalgesellschaften zählen nach dem Zweck des § 7 Nr. 6 VOL/A nicht zu den vom Wettbewerb auszuschließenden Einrichtungen.
2. Zur Frage der Auslegung eines Leistungsverzeichnisses im Hinblick auf Unklarheiten und Widersprüche.
3. Gibt ein Bieter in einer Leistungsposition einen Preis vom 0,00 Euro an und ist dieser Preis ersichtlich ernst gemeint, ohne Preisbestandteile auf andere Positionen zu verteilen und diese darin zu verstecken, so ist ein solches Angebot nicht auszuschließen.
4. Der Umsatzsteuersatz ist nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG schon dann ermäßigt, wenn das Unternehmen ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt. Dies ist der Fall, wenn der Bieter Werkstätten für behinderte Menschen im Sinn des § 68 Nr. 3 a AO unterhält, die nach den Vorschriften des SGB III förderungsfähig sind und Personen Arbeitsplätze bieten, die wegen ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.
VolltextVPRRS 2005, 0189
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.03.2005 - VK-SH 03/05
1. Fügt ein Bieter seinem Angebot eigene Geschäftsbedingungen bei, so stellt dies eine unzulässige Änderung an den Verdingungsunterlagen i.S.v. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A dar.*)
2. Die Antragsbefugnis beurteilt sich ausschließlich nach dem Vorbringen des Antragstellers; außerhalb des zur Überprüfung gestellten Gegenstands liegende Ausschlussgründe bleiben dabei unberücksichtigt und sind im Rahmen der Begründetheit zu prüfen.*)
3. Rügt ein Bieter im Nachprüfungsverfahren die Ausschreibungsbedingungen (hier: Auskunftspflicht, produktneutrale Ausschreibung, Gewichtung der Zuschlagskriterien) und ist sein Angebot jedoch wegen eines mit diesen Bedingungen in keinerlei Kausalzusammenhang stehenden Grundes von der Wertung auszuschließen (hier: Beifügung eigener Geschäftsbedingungen), ist der Antrag damit bereits unbegründet. Angesichts eines ausschlussreifen Angebotes kann die Antragstellerin durch anderweitige Vergabeverstöße des Antragsgegners nicht in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein.*)
VolltextVPRRS 2005, 0188
VK Bund, Beschluss vom 21.09.2004 - VK 3-110/04
1. Aus dem Transparenzgrundsatz des § 97 Abs. 1 GWB folgt, dass der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen deutlich machen muss, ob eine losweise Wertung bzw. Vergabe erfolgen soll oder eine Gesamtvergabe beabsichtigt ist. Denn die Festlegung einer losweisen Vergabe bzw. Gesamtvergabe kann für den Bieter von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung sein. Im vorliegenden Fall war aber aus den Vergabeunterlagen, insbesondere aus der Aufforderung zur Angebotsabgabe erkennbar, dass auch die Möglichkeit einer Gesamtvergabe eröffnet sein sollte.
2. Der Umstand, dass eine Gesamtleistung in Teilleistungen untergliedert war, darf für sich allein noch nicht als Festlegung einer losweisen Vergabe verstanden werden. Formulierungen der Auftragsbekanntmachung können auch den Eindruck erwecken, dass losweise vergeben werden sollte, erlauben aber dennoch nicht den Schluss auf eine eindeutige Festlegung. Die Aufforderung zur Angebotsabgabe enthält dann aber in Übereinstimmung mit § 10 Nr. 5 Abs. 2 o) VOB/A einen Vorbehalt für die losweise Vergabe.
3. Wenn die Vergabestelle von einem Vorbehalt zur losweisen Vergabe "Gebrauch" gemacht hat, bedeutet das, dass es der Vergabestelle auch offen gestanden hätte, von einer losweisen Vergabe abzusehen. Bei losweiser Ausschreibung unter dem Vorbehalt der losweisen Vergabe ist es zulässig, eine Gesamtvergabe durchzuführen.
4. Wenn sich der Antragsteller mit ihrem Nachprüfungsantrag in einen direkten Interessengegensatz zum Beigeladenen stellt, indem er die Wertung des Angebots des Beigeladenen beanstandet und für sich in Anspruch nimmt er und nicht der Beigeladene habe das wirtschaftlichste Angebot abgegeben, der Beigeladene selbst hat aber keine Anträge stellt und auch nicht wesentlich zur Sache vorträgt, vor diesem Hintergrund entspricht es Billigkeitsgrundsätzen in entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO, dass der Beigeladene seine Kosten selbst trägt.
5. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Antragsgegner ist nicht erforderlich, wenn aus der maßgeblichen ex ante Sicht das Nachprüfungsverfahren im Wesentlichen auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen betrifft und der Antragsgegner Personal zur Verfügung stehen hat, das zur Bearbeitung der im jeweiligen Nachprüfungsverfahren relevanten Rechtsfragen juristisch hinreichend befähigt ist und auch innerhalb der kurzen Fristen des Vergabeverfahrens eingesetzt werden kann.
VolltextVPRRS 2005, 0187
VK Bund, Beschluss vom 16.09.2004 - VK 3-104/04
1. Aus dem Transparenzgrundsatz des § 97 Abs. 1 GWB folgt, dass der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen deutlich machen muss, ob eine losweise Wertung bzw. Vergabe erfolgen soll oder eine Gesamtvergabe beabsichtigt ist. Denn die Festlegung einer losweisen Vergabe bzw. Gesamtvergabe kann für den Bieter von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung sein.
2. Der Umstand, dass eine Gesamtleistung in Teilleistungen untergliedert war, darf für sich allein noch nicht als Festlegung einer losweisen Vergabe verstanden werden.
3. Aus einer in der Aufforderung zur Angebotsabgabe enthaltenen Formulierung: "Losweise Vergabe bleibt vorbehalten" ergibt sich nicht, dass der Auftraggeber ausschließlich zur losweisen Vergabe verpflichtet gewesen wäre. Vielmehr impliziert die Verwendung des Begriffs "Vorbehalt", dass auch die Gesamtvergabe möglich bleiben und die losweise Vergabe lediglich als zusätzliche Möglichkeit eingeführt werden sollte. Schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist ein "Vorbehalt" die Eröffnung einer zweiten Alternative, die Möglichkeit, sich eine andere Entscheidung offen zu halten. Es ist nicht erkennbar, dass dem Begriff im Vergaberecht eine abweichende Bedeutung zukäme. Wenn die Vergabestelle davon spricht, dass die Vergabestelle von einem Vorbehalt zur losweisen Vergabe "Gebrauch" macht, bedeutet das, dass es der Vergabestelle auch offen steht, von einer losweisen Vergabe abzusehen. Bei losweiser Ausschreibung unter dem Vorbehalt der losweisen Vergabe zulässig bleibt, eine Gesamtvergabe durchzuführen.
4. Wenn sich der Antragsteller mit seinem Nachprüfungsantrag in einen direkten Interessengegensatz zur Beigeladenen gestellt, indem er die Wertung des Angebots des Beigeladenen als Gesamtangebot beanstandet und für sich in Anspruch nimmt er und nicht der Beigeladene das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Der Beigeladene selbst keine Anträge gestellt und auch nicht wesentlich zur Sache vorgetragen hat, vor diesem Hintergrund entspricht es Billigkeitsgrundsätzen in entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO, dass die Beigeladene ihre Kosten selbst trägt.
VolltextVPRRS 2005, 0186
VK Bund, Beschluss vom 24.06.2004 - VK 2-73/04
1. Voraussetzung nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass die konkrete Möglichkeit bestehen muss, dass der Antragsteller durch die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Mit dieser Voraussetzung soll verhindert werden, dass ein Bieter, der auch bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren keinerlei Aussicht auf Berücksichtigung seines Angebotes und auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte, ein Nachprüfungsverfahren einleiten kann. Es kommt damit entscheidend darauf an, dass das Angebot des Antragstellers bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren zumindest eine Aussicht auf Berücksichtigung gehabt hätte. Es muss die Möglichkeit bestehen, dass die Chancen des Antragstellers auf den Zuschlag durch den Fehler im Vergabeverfahren gemindert worden sind.
2. Für die Frage, ob ein Auftraggeber das Gebot, ein Vergabeverfahren nur unter den in § 26 Nr. 1 VOB/A genannten Gründen aufzuheben, verletzt hat, ist ein von der Aufhebung betroffener Bieter antragsbefugt. Dem steht auch § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB nicht entgegen. Weder vom Tatsächlichen noch vom Rechtlichen her besagt die Vorschrift, dass eine Entscheidung der Vergabekammer nach der Aufhebung ein daraufhin angestrengtes Nachprüfungsverfahren ausschließen soll. Es wird lediglich eine Rechtsfolge für den Fall angeordnet, dass sich eine Ausschreibung durch die Aufhebung erledigt. Nicht geregelt wird, dass die Aufhebung ein Erledigungsfall darstellt.
3. Einer Vergabekammer ist es untersagt, in die Privatautonomie einer Vergabestelle dergestalt einzugreifen, dass ihr im Rahmen des § 114 Abs. 1 GWB als Beseitigung der Rechtsverletzung der Zwang einer vertraglichen Bindung für einen Auftrag auferlegt wird, den sie gar nicht mehr vergeben will.
4. § 26 VOB/A ist eng auszulegen. Es muss mehr vorliegen als nur ein vernünftiger Grund für die Aufhebung. Vielmehr muss vorausgesetzt werden, dass zum Zeitpunkt des Beginns des Ausschreibungsverfahrens von dem öffentlichen Auftraggeber das Vorhandensein oder der nachträgliche Eintritt des maßgeblichen Umstandes nicht erwartet werden konnte und dass der Umstand ähnlich schwer wiegt.
VolltextVPRRS 2005, 0185
EuGH, Urteil vom 03.03.2005 - Rs. C-21/03
1. Die Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG und die Sektorenrichtlinie 93/38/EWG stehen einer Bestimmung entgegen, nach der eine Person, die mit Forschungs-, Erprobungs-, Planungs- oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betraut war, nicht zur Einreichung eines Antrags auf Teilnahme an einem öffentlichen Bau-, Liefer- oder Dienstleistungsauftrag oder eines Angebots für einen solchen Auftrag zugelassen ist, ohne dass ihr die Möglichkeit gegeben wird, zu beweisen, dass nach den Umständen des Einzelfalls die von ihr erworbene Erfahrung den Wettbewerb nicht hat verfälschen können.
2. Die Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG sowie die Sektorenrechtsmittelrichtlinie 92/13/EWG stehen dem entgegen, dass der öffentliche Auftraggeber ein Unternehmen, das mit einer Person verbunden ist, die mit Forschungs-, Erprobungs-, Planungs- oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betraut war, bis zum Ende des Verfahrens der Prüfung der Angebote von der Teilnahme an dem Verfahren oder von der Abgabe eines Angebots ausschließen kann, obwohl dieses Unternehmen auf Befragung durch den öffentlichen Auftraggeber versichert, dass ihm hieraus kein ungerechtfertigter Vorteil erwachse, der geeignet wäre, den normalen Wettbewerb zu verfälschen.
VolltextVPRRS 2005, 0184
EuGH, Urteil vom 03.03.2005 - Rs. C-414/03
1. Im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens ist es Sache des Gerichtshofes, festzustellen, ob die beanstandete Vertragsverletzung vorliegt oder nicht, selbst wenn der betreffende Mitgliedstaat sie nicht mehr bestreitet.
2. Der Gerichtshof hat im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens nach Artikel 226 EG-Vertrag nur festzustellen, dass eine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts verletzt wurde, und dass nach Artikel 228 Absatz 1 EG-Vertrag der betreffende Mitgliedstaat die Maßnahmen zu ergreifen hat, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes ergeben. Dies kann auch die Kündigung des Vertrages bedeuten.
VolltextVPRRS 2005, 0183
EuGH, Urteil vom 03.03.2005 - Rs. C-34/03
1. Die Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG und die Sektorenrichtlinie 93/38/EWG stehen einer Bestimmung entgegen, nach der eine Person, die mit Forschungs-, Erprobungs-, Planungs- oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betraut war, nicht zur Einreichung eines Antrags auf Teilnahme an einem öffentlichen Bau-, Liefer- oder Dienstleistungsauftrag oder eines Angebots für einen solchen Auftrag zugelassen ist, ohne dass ihr die Möglichkeit gegeben wird, zu beweisen, dass nach den Umständen des Einzelfalls die von ihr erworbene Erfahrung den Wettbewerb nicht hat verfälschen können.
2. Die Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG sowie die Sektorenrechtsmittelrichtlinie 92/13/EWG stehen dem entgegen, dass der öffentliche Auftraggeber ein Unternehmen, das mit einer Person verbunden ist, die mit Forschungs-, Erprobungs-, Planungs- oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betraut war, bis zum Ende des Verfahrens der Prüfung der Angebote von der Teilnahme an dem Verfahren oder von der Abgabe eines Angebots ausschließen kann, obwohl dieses Unternehmen auf Befragung durch den öffentlichen Auftraggeber versichert, dass ihm hieraus kein ungerechtfertigter Vorteil erwachse, der geeignet wäre, den normalen Wettbewerb zu verfälschen.
VolltextVPRRS 2005, 0182
VK Bund, Beschluss vom 19.05.2004 - VK 2-52/04
1. Maßgeblich im Rahmen einer Auslegung des § 7 Nr. 6 VOL/A ist der Normzweck der Vorschrift. Dabei ist nach Auffassung der Kammer eine restriktive Auslegung geboten. Denn § 7 Nr. 6 VOL/A eröffnet in Verbindung mit § 3 Nr. 4 lit. o VOL/A, der die freihändige Vergabe an nach § 7 Nr. 6 VOL/A nicht zuzulassende Unternehmen ermöglicht, eine Ausnahme vom Grundsatz des Vorrangs offener Verfahren (§ 101 Abs. 5 GWB). Das Abweichen vom Grundsatz des Vorrangs offener Verfahren kann zudem für die nicht zum Wettbewerb zuzulassenden Einrichtungen nachteilige Konsequenzen haben, da ein öffentlicher Auftraggeber bei der freihändigen Vergabe lediglich verpflichtet ist, mit von ihm ausgewählten Unternehmen über die Auftragsvergabe zu verhandeln und somit einzelnen Einrichtungen von vornherein die Chance genommen wird, sich an einem wettbewerblichen Verfahren zu beteiligen.
2. Normzweck der Regelung des § 7 Nr. 6 VOL/A ist es, solche Unternehmen nicht zum Vergabewettbewerb zuzulassen, die aufgrund staatlicher Förderungen unabhängig von marktüblichen Kosten wirtschaften und dementsprechend gewerbliche Unternehmen im Preiswettbewerb verdrängen können. Vor diesem Hintergrund hat der Normgeber in § 7 Nr. 6 VOL/A verbindlich entschieden, welche Einrichtungen eine Verdrängungsgefahr im oben erwähnten Sinne begründen, nämlich Justizvollzugsanstalten, Einrichtungen der Jugendhilfe, Aus und Fortbildungsstätten oder ähnliche Einrichtungen. Die Bestimmung enthält eine obligatorische, abstrakt getroffene Ausschlussregelung. Es kommt nicht darauf an, ob im Einzelfall tatsächlich konkrete Kalkulationsvorteile gegeben sind, dies kann allenfalls indizielle Bedeutung haben. Dies bedeutet, dass der Kreis der unter § 7 Nr. 6 VOL/A fallenden Einrichtungen, jedenfalls dann, wenn er sich nicht eindeutig aus dem Wortlaut ergibt - was lediglich bei den Justizvollzugsanstalten unzweifelhaft sein dürfte -, anhand des Normzwecks der Vorschrift zu definieren ist.
3. Maßgeblich für eine Nichtzulassung von Einrichtungen auf der Rechtsgrundlage des § 7 Nr. 6 VOL/A ist die Erheblichkeit des Wettbewerbsvorteils. Es gibt mehrere Kriterien, die eine dem Normzweck des § 7 Nr. 6 VOL/A entsprechende Verdrängung gewerblicher Unternehmen im Vergabewettbewerb befürchten lassen. Steuerliche Vorteile und eine unmittelbare oder mittelbare Finanzierung durch die öffentliche Hand sowie konkret die Zahlung von Zuschüssen, das verringerte Insolvenzrisiko und der Vorteil der öffentlichen Hand als Gewährträger. § 7 Nr. 6 VOL/A ist eine obligatorische, abstrakt getroffene Ausschlussregelung. Denn die Erheblichkeit eines Wettbewerbsvorteils lässt sich anhand abstrakt gegebener Vorteile bestimmen, ohne dass eine Auswirkung dieser Vorteile im konkreten Vergabewettbewerb vorliegen muss.
VolltextVPRRS 2005, 0181
VK Bund, Beschluss vom 18.03.2004 - VK 2-152/03
1. Der Wortlaut des § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A ist als Sollvorschrift formuliert. Die Formulierung als Sollvorschrift ist dem Umstand der vertraglichen Handlungsfreiheit geschuldet, nicht zur Abgabe eines bestimmten Angebotes verpflichtet zu sein. Die Rechtsfolge bestimmt sich demgegenüber direkt aus § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A.
2. Das vergaberechtliche Prinzip der Gleichbehandlung und der Transparenz gebietet die Wertung ausschließlich solcher Angebote, die in jeder Hinsicht miteinander vergleichbar sind. Demzufolge müssen hinsichtlich jeder Position der Leistungsbeschreibung alle zur Kennzeichnung der angebotenen Leistung geeigneten und erforderlichen Parameter angegeben sein. Es für erforderlich, dass im Lichte des § 9 Nr. 1 VOB/A alle wertungsrelevanten Erklärungen und Angaben in der Leistungsbeschreibung eindeutig sind, um eine Vergleichbarkeit der Angebote und somit die Möglichkeit der Einschätzung der Angebote durch den Auftraggeber zu gewährleisten.
3. Nur ein Angebot, das entgegen § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A nicht sämtliche von der Vergabestelle geforderten Erklärungen enthält, ist nach § 25 Nr.1 Abs. 1 b) VOB/A zwingend auszuschließen.
4. Voraussetzung der Einordnung als Nachunternehmerleistung ist jedoch, dass der Nachunternehmer einen werkvertraglichen Erfolg und nicht lediglich Gerät, Dienstleistungen oder Arbeit schuldet.
VolltextVPRRS 2005, 0180
VK Bund, Beschluss vom 03.03.2004 - VK 2-142/03
1. Eine dem Angebot nachfolgende Erklärung zum Nachunternehmereinsatz kann vom Bieter dazu genutzt werden, den Umfang oder den Gegenstand des Nachunternehmereinsatzes anders als ursprünglich vorgesehen zu deklarieren. Das allein rechtfertigt jedoch nicht anzunehmen, dem Auftraggeber sei es vergaberechtlich verboten, den Bietern die Nachreichung eines Nachunternehmerverzeichnisses zu gestatten.
2. Mit dem Wettbewerbsprinzip des § 2 Nr. 1 S. 2 VOB/A i.V.m. § 97 Abs. 1 GWB ist es nicht vereinbar, wenn eine Vergabestelle zu einem Zeitpunkt eine entsprechende Bereitschaftserklärung einfordert und damit sehenden Auges in Kauf nimmt, dass dasjenige Unternehmen, dass sich nach den Grundsätzen des Vergabewettbewerbs eigentlich gegenüber dem anderen Unternehmen durchgesetzt hätte, nur deshalb nicht den Zuschlag erhält, weil das andere Unternehmen den Zuschlag vereitelt, indem es die Bereitschaftserklärung verweigert.
3. Wenn der Auftraggeber im Vergabeverfahren Fristen für die Vorlage nachzufordernder Erklärungen setzt, um den Ablauf praktikabel, effizient und zügig zu gestalten, bindet er sich im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 97 Abs. 2 GWB selbst. Er hat dann bei Fristüberschreitungen kein Ermessen, ob er Konsequenzen aus ihnen zieht oder nicht. Vielmehr ist die Nichtberücksichtigung der verspätet eingereichten Erklärung wegen des Gebots der Gleichbehandlung aller Bieter zwingend.
4. Nach den Maßstäben von § 25A Ziff. 1.6.3 VHB sind zwar nur Bedarfspositionen "grundsätzlich" zu werten. Allerdings gilt diese Regelung auch für Wahl bzw. Alternativpositionen. Dies folgt aus dem systematischen Zusammenhang zwischen § 25A Ziff. 1.6.3 VHB und § 9A Ziff. 4.1 VHB. § 9A Ziff. 4.1 VHB bezieht sich auf Wahl- und Bedarfspositionen und verweist für beide hinsichtlich der Wertung auf die Richtlinie von § 25A Ziff. 1.6.3 VHB. Bei der Formulierung "grundsätzlich" in dieser Regelung handelt es sich um ein Regelermessen des Auftraggebers, mit dem sein der Wertung nach § 25 VOB/A vorgelagerter planerischer Entscheidungsspielraum zur Auswahl von Wahlpositionen gegenüber den entsprechenden Normalpositionen berücksichtigt und mit der vergaberechtlichen Wertung verknüpft wird. Die Ausübung dieses planerischen Gestaltungsspielraums, der der Angebotswertung vorgeschaltet ist, wird auf diese Weise kanalisiert. Dementsprechend ist eine Wahlposition zu werten, wenn feststeht, dass sie beauftragt werden soll. Ist dies nicht der Fall, ist sie ausnahmsweise nicht zu werten.
5. Hat der Beigeladene die Zurückweisung des Nachprüfungsantrags beantragt und sich durch seinen Vortrag intensiv an dem Verfahren beteiligt, ist er deshalb ebenfalls als Unterlegener anzusehen. Dementsprechend hat er als Gesamtschuldner neben dem Antragsgegner für die Kosten der Vergabekammer einzustehen (§ 128 Abs. 3 Satz 2 GWB). Gemäß § 128 Abs. 4 Satz 1 und 2 GWB tragen Antragsgegner und Beigeladener als die Unterliegenden des Verfahrens zudem die notwendigen Auslagen des Antragstellers. Da § 128 Abs. 4 GWB im Gegensatz zu § 128 Abs. 3 Satz 2 GWB jedoch keine gesamtschuldnerische Haftung anordnet, ist § 159 VwGO analog anzuwenden. Entsprechend dem dort in Bezug genommenen § 100 Abs. 1 ZPO haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen, also je zur Hälfte, wenn keine erhebliche Verschiedenheit ihrer Beteiligung am Verfahren vorliegt, die eine Abweichung von der Grundregel des § 100 Abs. 1 ZPO gebieten würde.
VolltextVPRRS 2005, 0179
VK Bund, Beschluss vom 22.03.2004 - VK 2-140/03
Es fehlt dem Antragsteller an der gemäß § 107 Abs. 2 GWB erforderlichen Antragsbefugnis, wenn unter keinem Gesichtspunkt die Möglichkeit besteht, dass dem Antragsteller durch die von ihm behaupteten Verletzungen von Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GWB setzt die Antragsbefugnis auf Seiten des Antragstellers zum einen die konkrete Möglichkeit einer Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB voraus. Als weitere Voraussetzung muss die konkrete Möglichkeit bestehen, dass dem Antragsteller durch die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Mit der zweiten Voraussetzung soll verhindert werden, dass ein Bieter, der auch bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren keinerlei Aussicht auf Berücksichtigung seines Angebotes und auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte, ein Nachprüfungsverfahren einleiten kann. Es kommt damit entscheidend darauf an, dass das Angebot des Antragstellers bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren zumindest eine Aussicht auf Berücksichtigung gehabt hätte. Es muss die konkrete Möglichkeit bestehen, dass die Chancen des Antragstellers auf den Zuschlag durch den Fehler im Vergabeverfahren gemindert worden sind.
VolltextVPRRS 2005, 0178
VK Bund, Beschluss vom 08.01.2004 - VK 2-124/03
1. § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A und die entsprechende Vorschrift des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A, und zwar jeweils in der Variante des "unangemessen niedrigen Preises, grundsätzlich keine bieterschützende Wirkung. Die Vorschrift dient in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers, der bei Zuschlagerteilung auf ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Preis Gefahr liefe, dass der Bieter entweder in eine qualitativ schlechte Leistung oder aber in unberechtigte Nachforderungen auszuweichen versucht. Es ist nicht Sinn der Vorschrift, den Bietern auskömmliche Preise zu garantieren. Es kann für einen Bieter durchaus rechtlich nicht zu beanstandende Motive geben, wie etwa einen Deckungsbeitrag zu den eigenen Gemeinkosten zu erlangen oder als Newcomer ins Geschäft zu kommen, weshalb er bei einem bestimmten Einzelauftrag davon absieht, einen sog. auskömmlichen Preis zu verlangen.
2. Von dem Grundsatz, dass § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A keinen bieterschützenden Charakter hat, gibt es zwei Ausnahmen. Die eine bezieht sich auf Unterkostenangebote, die den Bieter im konkreten Einzelfall selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen, so dass er den Auftrag nicht vertragsgerecht durchführen kann, die andere auf solche, die in der zielgerichteten Absicht abgegeben werden oder zumindest die Gefahr begründen, dass ein oder mehrere bestimmte Mitbewerber vom Markt ganz verdrängt werden.
3. Der Antragsteller hat dem Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen zu erstatten, wenn der Antragsteller im wesentlichen die Auskömmlichkeit des Angebots des Beigeladenen bestritten hat und schon damit ein Prozessrechtsverhältnis zu diesem begründet, und sich der Beigeladene ausdrücklich dem Vorbringen des Antragsgegners anschließt und eigene Anträge stellt und durch eigenen Vortrag das Verfahren wesentlich befördert. Es entspricht deshalb der Billigkeit, dem unterliegenden Antragsteller auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Beigeladenen aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO in entsprechender Anwendung).
VolltextVPRRS 2005, 0177
VK Bund, Beschluss vom 10.12.2003 - VK 2-116/03
1. Gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GWB muss die konkrete Möglichkeit bestehen, dass der ASt durch die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Mit der Voraussetzung soll verhindert werden, dass ein Bieter, der auch bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren keinerlei Aussicht auf Berücksichtigung seines Angebotes und auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte, ein Nachprüfungsverfahren einleiten kann. Es kommt damit entscheidend darauf an, dass das Angebot des Antragstellers bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren zumindest eine Aussicht auf Berücksichtigung gehabt hätte. Es muss die konkrete Möglichkeit bestehen, dass die Chancen des Antragstellers auf den Zuschlag durch den Fehler im Vergabeverfahren gemindert worden sind
2. Auf späteren Wertungsstufen dürfen ergänzende Wertungskriterien nicht im Wege der Vermischung herangezogen werden, die früheren Wertungsstufen zuzuordnen sind. Anderenfalls würde dies die Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens nach sich ziehen.
3. Die Wertung eines Angebots darf sich nur auf zuvor in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen genannten Wertungskriterien stützen, § 25a VOB/A. Damit soll dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit, zu der auch die Vorhersehbarkeit, Meßbarkeit und Transparenz staatlichen Handelns gehört, Genüge getan werden. Gemäß § 10a 1. Spiegelstrich VOB/A müssen bei Bauaufträgen im Sinne von § 1a VOB/A das Anschreiben außer den Angaben nach § 10 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A die maßgebenden Wertungskriterien im Sinne von § 25 Nr. 3 VOB/A enthalten, sofern diese nicht in der Bekanntmachung angegeben sind. Dabei ist anzugeben, welche Wertungskriterien zur Frage des technischen Werts und der Wirtschaftlichkeit maßgebend sind, sowie solche Kriterien, auf die der Auftraggeber im Einzelfall Wert legt, wie z. B. die Ausführungsfrist. Diese Angaben sollen überdies möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung erfolgen. Als Konsequenz bestimmt § 25a VOB/A, dass bei der Wertung der Angebote nur Kriterien berücksichtigt werden dürfen, die in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen genannt worden sind. Ohne die Information über die maßgeblichen Wertungskriterien kann ein Bieter die Erfolgsaussichten seines Angebot nicht abschätzen. Eine Wertung der Angebote unter Berücksichtigung von Kriterien, die vorher nicht genannt sind, ist somit rechtswidrig. Darüber hinaus bestünde die Gefahr, dass Manipulationen Tür und Tor geöffnet würde.
4. Grundsätzlich ist eine Vergabestelle gehalten, alle genannten Bewertungskriterien zur Anwendung kommen zu lassen. Besteht zwischen den Angaben in der Bekanntmachung und denjenigen der Verdingungsunterlagen insoweit ein Widerspruch, wird einem Bieter, der den Widerspruch nicht erkannt und sich an den Kriterien der Verdingungsunterlagen orientiert hat, grundsätzlich nicht entgegengehalten werden können, es gelten die anderen Wertungskriterien. Denn der Bieter hat bei der Ausarbeitung seines Angebots die Verdingungsunterlagen zugrundegelegt. Die Informationspflicht besteht aber nur dann zur Wahrung eines transparenten Verfahrens, wenn anderenfalls ein Bieter durch die Aufgabe einzelner Wertungskriterien diskriminiert würde.
5. Ein Dokumentationsmangel stellt dann eine Verletzung des subjektiven Rechts des Bieters auf Einhaltung der Vergabebestimmungen dar, wenn sich dieser gerade auf die Rechtsstellung des Bieters im Vergabeverfahren auswirkt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die Ordnungsgemäßheit der Angebotswertung nicht feststellen lässt.
6. Nach § 97 Abs. 4 GWB i. V. m. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A sind bei der Auswahl der Angebote, die für den Zuschlag in Betracht kommen, nur die Bieter zu berücksichtigen, welche die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen. Fachkundig sind die Bieter, die über die für die Vorbereitung und Ausführung der jeweiligen Leistung notwendigen Kenntnisse verfügen. Leistungsfähigkeit, als sach- und betriebsbezogenes Eignungskriterium, stellt auf den Betrieb des Bewerbers ab, nämlich ob seine Ausstattung sowie Kapazitäten ausreichen, um den konkret zu vergebenden Auftrag fachlich einwandfrei und fristgerecht ausführen zu können. Zuverlässig ist der Bieter, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung und Betriebsführung bietet. Die Wertung der Eignung ist prinzipiell justiziabel. Bei der Prüfung der Eignung eines Bieters ist dem Auftraggeber zwar ein Beurteilungsspielraum zuzugestehen, der nur innerhalb bestimmter Grenzen für die Vergabekammer nachprüfbar ist. Allerdings ist die Wertung des Auftraggebers daraufhin überprüfbar, ob die Verfahrensregeln eingehalten worden sind, ob ein zutreffend ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegen hat, ob gültige Bewertungsmaßstäbe angewandt und keine sachfremden Erwägungen angestellt worden sind.
7. Ausnahmsweise kann es im Hinblick auf die speziellen Anforderungen eines Bauvorhabens im Einzelfall gerechtfertigt sein, einen Bieter den anderen, weniger leistungsfähigen, zuverlässigen und fachkundigen Bietern vorzuziehen.
8. Die Verfügung der Fachaufsichtsbehörde ist für den Auftraggeber bindend. Öffentliche Auftraggeber unterliegen stets der Rechts und Fachaufsicht der nächsthöheren Behörde.
9. Maßstab für die Prüfung, ob ein Preis unangemessen niedrig (§ 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A) ist, ist § 2 Nr. 1 Satz 1 VOB/A, wonach Bauleistungen zu angemessenen Preisen zu vergeben sind. Daher sind im konkreten Preis-Leistungs-Verhältnis außerhalb des nach anerkannten fachlichen Maßstäben liegende zu niedrige, aber auch zu hohe, Preisforderungen von der weiteren Wertung auszuschließen. Zu betrachten ist dabei das jeweilige Endgebot für sich, nicht die gegenüberstellende Wertung einzelner Positionen, da die Nichtansetzung von Preisen für bestimmte Teilleistungen unschädlich ist.
10. Grundsätzlich bezieht sich § 155 Abs. 4 VwGO auf zusätzliche, ausscheidbare Mehrkosten. Hat das Verschulden eines Beteiligten jedoch ein Rechtsmittel an sich verursacht, so erfasst § 155 Abs. 4 VwGO auch die Kosten des gesamten Prozesses.
VolltextVPRRS 2005, 0176
VK Bund, Beschluss vom 25.03.2004 - VK 2-138/03
1. Ein Antragsteller muss gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 und 2 substantiiert vortragen, dass ihr ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht. Dazu muss die konkrete Möglichkeit bestehen, dass dem Antragsteller durch die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Mit dieser Voraussetzung soll verhindert werden, dass ein Bieter, der auch bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren keinerlei Aussicht auf Berücksichtigung seines Angebotes und auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte, ein Nachprüfungsverfahren einleiten kann. Es kommt damit entscheidend darauf an, dass das Angebot des Antragstellers bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren zumindest eine Aussicht auf Berücksichtigung gehabt hätte. Es muss die konkrete Möglichkeit bestehen, dass die Chancen des Antragstellers auf den Zuschlag durch den Fehler im Vergabeverfahren gemindert worden sind. An der Voraussetzung eines kausalen Zusammenhangs zwischen geltend gemachter Rechtsverletzung und Schaden fehlt es insbesondere dann, wenn das Angebot des Antragstellers auch bei ordnungsgemäß durchgeführten Vergabeverfahren keine Berücksichtigung gefunden hätte.
2. Gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GWB setzt die Antragsbefugnis auf Seiten des Antragstellers weiterhin die konkrete Möglichkeit einer Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB voraus. Der Schutzzweck von § 25 Nr. 3 Abs. 1 GWB ist einseitig auf den Schutz der Vergabestelle hin ausgerichtet; konkurrierende Bieter werden nicht von der Bestimmung begünstigt und können sich daher nicht im Sinne von § 97 Abs. 7 GWB hierauf berufen.
3. Der Antragsteller hat auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Beigeladenen zu tragen, wenn er sich mit seinem Nachprüfungsantrag ausdrücklich und gewollt in einen Interessengegensatz zum Beigeladenen gestellt und der Beigeladene das Verfahren wesentlich befördert hat.
VolltextVPRRS 2005, 0175
BayObLG, Beschluss vom 16.02.2005 - Verg 28/04
1. Wird ein Anwalt im Vergabenachprüfungsverfahren tätig, ist es auch bei durchschnittlichen Fällen jedenfalls dann nicht unbillig, den 2,5-fachen Gebührensatz abzurechnen, wenn der Antrag zulässig war und eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.*)
2. Die Reisekosten eines auswärtigen Anwalts sind auch im Vergabenachprüfungsverfahren nur erstattungsfähig, wenn die Zuziehung dieses Anwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig war. Das ist nicht der Fall, wenn die Beigeladene am Ort der zuständigen Vergabekammer ihren Firmensitz hat und dort auf eine große Zahl spezialisierter Anwälte zurückgreifen kann.*)
VolltextVPRRS 2005, 0174
OLG Celle, Beschluss vom 03.03.2005 - 13 Verg 21/04
1. Zur Dokumentation der Vollständigkeitsprüfung von Angeboten.*)
2. Zum Ausschluss eines Nebenangebots wegen Abweichens von zwingenden Vorgaben.*)
VolltextVPRRS 2005, 0173
VK Bund, Beschluss vom 26.08.2004 - VK 1-111/04
1. Betrifft der Vergabeverstoß die Ordnungsgemäßheit der Ausschreibungsunterlagen werden die Bieterrechte der Antragstellerin unabhängig davon verletzt, ob ihr auf die vergaberechtswidrig gestaltete Ausschreibung abgegebenes Angebot nach den Ausschreibungsbedingungen auszuschließen war oder nicht.
2. Der Auftraggeber hat das Verwendungsrisiko nach Dienstvertragsrecht nicht nur teilweise, sondern in Gänze zu tragen. Eine Abweichung von der gesetzlichen Risikoverteilung, nach der der Auftragnehmer 20% der vereinbarten Vertragsleistung zusätzlich vorzuhalten hat, ist nicht unerheblich.
3. Der Auftragnehmer kann nur dann im Sinne von § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A die Einwirkung des ihm überbürdeten Risikos auf die Preise schätzen, wenn er im konkreten Fall das Risiko selbst absehen und die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Preis ermessen kann. Hierzu muss für ihn überschaubar sein, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich das Wagnis voraussichtlich realisieren und wirtschaftlich für ihn auswirken wird.
4. Selbst wenn es sich um eine Bedarfsposition handelt, muss sich eine solche an den Erfordernissen des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A messen lassen. Sie darf kein ungewöhnliches Wagnis darstellen.
Volltext