Vergabepraxis & -recht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
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VPRRS 2003, 0033OLG Dresden, Beschluss vom 17.11.2000 - WVerg 4/00
1. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn er nach wirksamer Zuschlagserteilung bei der Vergabekammer eingeht.*)
2. Hat der Bieter das Leistungsverzeichnis hingenommen, weil er davon überzeugt war, über ein dessen Anforderungen inhaltlich erfüllendes, dem vorgegebenen Produkt im Ergebnis gleichwertiges Angebot zu verfügen, dann kann er sich im Nachprüfungsverfahren nicht auf einen Verstoß gegen VOB/A § 9 Nr 5 mit der Begründung stützen, das Leistungsverzeichnis sei außer mit dem vorgegebenen Leitprodukt überhaupt nicht erfüllbar und deshalb vergaberechtswidrig.*)
3. Fordert das Leistungsverzeichnis zulässigerweise einen bestimmten Schutzgrad der ausgeschriebenen Beleuchtungskörper gegen das Eindringen von Staub und Wasser, so ist es nicht zu beanstanden, wenn ein Angebot, das diesen Schutzgrad nicht erreicht, als nicht gleichwertig nicht berücksichtigt wird.*)
VolltextVPRRS 2003, 0032
OLG Naumburg, Beschluss vom 03.09.2001 - 1 Verg 6/00
1. Es stellt keinen Ermessensfehlgebrauch dar, dass im Lande Sachsen-Anhalt eine Gebührentabelle Richtwerte für die zu erhebenden Gebühren im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer vorgibt und die Vergabekammer diese Tabelle anwendet.*)
2. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgabe in § 128 Abs. 2 GWB, wonach die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit ein für die Gebührenbemessung maßgeblicher Umstand sein soll, ist auch die grundsätzliche Anknüpfung der Tabellenwerte am Auftragswert der Ausschreibung nicht zu beanstanden.*)
3. Eine Gebühr, die ausgehend von einem Gebühren-Richtwert hier in Höhe von 0, 08 % des Auftragswertes unter weiterer Berücksichtigung etwaiger Abweichungen von einem durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand festgesetzt wird, stellt keine unangemessen hohe, den Zugang zur vergaberechtlichen Nachprüfung unzumutbar erschwerende Gebühr dar.*)
VolltextVPRRS 2003, 0031
OLG Naumburg, Beschluss vom 23.07.2001 - 1 Verg 3/01
1. Die Prüfung der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages hat hinsichtlich jedes behaupteten Vergaberechtsverstoßes gesondert zu erfolgen (Beschluss des erkennenden Senats vom 15. 03. 2001 - 1 Verg 11/00 -, Umdruck S. 10).*)
2. Die Vergabekammer ist bei der Prüfung möglicher Vergaberechtsverstöße im Rahmen eines ordnungsgemäß in Gang gesetzten Nachprüfungsverfahrens sowie in ihrer Entscheidung nicht an die von den Beteiligten geltend gemachten Verstöße gegen vergaberechtliche Vorschriften gebunden.*)
3. Soweit sich Fehler in der Wertung der Angebote, über die der Bieter regelmäßig erst nach näherer Informationen über den Wertungsvorgang und das Wertungsergebnis Kenntnis erlangt, allein daraus ergeben sollen, dass ein bereits in den Verdingungsunterlagen allen Bietern bekannt gegebenes Bewertungsschema angewandt wird, und soweit keiner der Bieter dieses Bewertungsschema innerhalb der Angebotsfrist als nicht sachgerecht gerügt hat, sind die Bieter später mit einer entsprechenden Rüge materiell präkludiert, § 107 Abs. 3 S. 2 GWB; hieran ist die Vergabekammer auch in einem Feststellungsverfahren nach § 114 Abs. 2 S. 2 GWB gebunden (Fortführung der o. g. Rechtsprechung des erkennenden Senats, aaO., Umdruck S. 9).*)
VolltextVPRRS 2003, 0030
OLG Naumburg, Beschluss vom 23.07.2001 - 1 Verg 2/01
1. Für das Vorliegen einer Antragsbefugnis im Feststellungsverfahren nach § 114 Abs. 2 S. 2 GWB genügt die nicht auszuschließende Möglichkeit eines Schadenersatzanspruches des Bieters gegen die Vergabestelle für den Fall der Feststellung eines konkreten Vergaberechtsverstoßes.*)
2. Nach § 17 Nr. 7 Abs. 1 VOB/A können die Bieter eines Vergabeverfahrens von der Vergabestelle während des Laufes der Angebotsfrist sachdienliche zusätzliche Auskünfte verlangen; die Vergabestelle ist zur unverzüglichen und inhaltlich zutreffenden Beantwortung dieser Anfragen verpflichtet.*)
3. Als sachdienlich i. S. dieser Vorschrift kann auch eine Auskunft darüber zu verstehen sein, ob es sich beim Text einer oder mehrerer Positionen des Leistungsverzeichnisses um einen unabänderlichen Wunsch des öffentlichen Auftraggebers handelt oder ob eine abweichende Leistung - im Rahmen eines (zugelassenen) Nebenangebotes - grundsätzlich Aussicht auf Zuschlagerteilung haben kann.*)
4. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ist in einem Feststellungsverfahren regelmäßig notwendig i. S. von § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB, wenn die Höhe der im Raum stehenden Schadenersatzforderung bei einer sofortigen zivilrechtlichen Geltendmachung die sachliche Zuständigkeit eines Landgerichts begründen würde.*)
VolltextVPRRS 2003, 0029
OLG Naumburg, Beschluss vom 12.06.2001 - 1 Verg 1/01
1. Gibt ein Bieter in einem EU-weiten Vergabeverfahren als Angebotsunterlagen zugleich ein Kurzleistungsverzeichnis, in welchem obligatorische Bieterangaben fehlen, und Ablichtungen eines Teils des Originalleistungsverzeichnisses mit handschriftlichen Ergänzungen ab, so können diese Unterlagen in ihrer Zusammenfügung als die verbindliche Äußerung des Bieterwillens aufzufassen sein.*)
2. Dies gilt auch dann, wenn die so interpretierten Angebotsunterlagen eine - unzulässige, zum Ausschluss des Angebots nach §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b), 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A führende - Änderung der Verdingungsunterlagen darstellen.*)
3. Die nach Angebotsfrist abgegebene Erklärung des Bieters, bei den handschriftlichen Ergänzungen in den Ablichtungen des Originalleistungsverzeichnisses handele es sich lediglich um unverbindliche Erläuterungen des Angebots, ist unerheblich.*)
VolltextVPRRS 2003, 0028
OLG Koblenz, Beschluss vom 18.01.2001 - Verg 5/00
1. Das Interesse in Sinne des § 107 Abs. 2 S. 1 GWB ergibt sich nicht allein daraus, das ein Unternehmen die Nachprüfung des Vergabeverfahrens mit dem Ziel der Zuschlagserteilung beantragt. Mindestvoraussetzung ist vielmehr, dass sich der Antragsteller entweder an dem der (beabsichtigten) Auftragsvergabe vorausgehenden Wettbewerb beteiligt hat oder darlegt, gerade daran durch den behaupteten Verstoß gegen Vorschriften des Vergaberechts gehindert gewesen zu sein.*)
2. Hat die Vergabestelle die Gesamtleistung in mehrere Fachlose aufgeteilt und sich die Einzellosvergabe an verschiedene Bieter vorbehalten, kann das alle Lose umfassende Angebot einer die "Gesamtvergabe" anstrebenden vertikalen Bietergemeinschaft nicht dahin ausgelegt werden, dass sie daneben auch Einzellose anbieten wollte.*)
3. Für eine mit der Entscheidung in der Hauptsache verbundene Streitwertfestsetzung durch die Vergabekammer gibt es weder eine Rechtsgrundlage noch ein Bedürfnis.*)
VolltextVPRRS 2003, 0027
OLG Dresden, Beschluss vom 05.04.2001 - WVerg 8/00
1. Der Kostenfestsetzungsbescheid der Vergabekammer ist als selbstständiger Verwaltungsakt selbstständig anfechtbar.*)
2. Die fehlende dritte Unterschrift unter einem Kostenfestsetzungsbescheid kann nachgeholt werden.*)
3. Auftragssumme nach § 12 a Abs. 2 GKG ist regelmäßig der Bruttobetrag des Angebots, das der Antragsteller des Vergabenachrprüfungsverfahren abgegeben hat.*)
VolltextVPRRS 2003, 0026
OLG Dresden, Beschluss vom 16.10.2001 - WVerg 7/01
1. Antragsbefugt im Vergabenachprüfungsverfahren ist auch ein Unternehmen, das am Vergabeverfahren tatsächlich nicht beteiligt war, wenn es nach seinem Vorbringen möglich erscheint, dass der Vergabeverstoß gerade in seiner Nichtbeteiligung liegt.*)
2. Ein vom Antragsteller nicht unterschriebener Nachprüfungsantrag kann bis zur Entscheidung der Vergabekammer durch Nachholung der Unterschrift mit Wirkung für die Zukunft zulässig gemacht werden.*)
3. § 3a Nr. 2a VOL/rechtfertigt nicht ohne weiteres den Übergang ins Verhandlungsverfahren ohne vorherige Vergabebekanntmachung, wenn der Vergabestelle das Scheitern des vorangegangenen Verfahrens zuzurechnen ist, weil die von ihr zu verantwortenden ursprünglichen Ausschreibungsbedingungen die Auftragserfüllung praktisch möglich gemacht haben und (auch) deshalb keine (wirtschaftlichen) Angebote eingegangen sind.*)
4. Jedenfalls wird an einem nachfolgenden Verhandlungsverfahren dann diejenigen Unternehmen zu beteiligen, die die Vergabestelle selbst im vorangegangenen Verfahren als zur Erfüllung des zu vergebenden Auftrags geeignet angesehen hat.*)
VolltextVPRRS 2003, 0025
OLG Dresden, Beschluss vom 17.11.2000 - WVerg 0004/00
1. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn er nach wirksamer Zuschlagserteilung bei der Vergabekammer eingeht.*)
2. Hat der Bieter das Leistungsverzeichnis hingenommen, weil er davon überzeugt war, über ein dessen Anforderungen inhaltlich erfüllendes, dem vorgegebenen Produkt im Ergebnis gleichwertiges Angebot zu verfügen, dann kann er sich im Nachprüfungsverfahren nicht auf einen Verstoß gegen VOB/A § 9 Nr 5 mit der Begründung stützen, das Leistungsverzeichnis sei außer mit dem vorgegebenen Leitprodukt überhaupt nicht erfüllbar und deshalb vergaberechtswidrig.*)
3. Fordert das Leistungsverzeichnis zulässigerweise einen bestimmten Schutzgrad der ausgeschriebenen Beleuchtungskörper gegen das Eindringen von Staub und Wasser, so ist es nicht zu beanstanden, wenn ein Angebot, das diesen Schutzgrad nicht erreicht, als nicht gleichwertig nicht berücksichtigt wird.*)
VolltextVPRRS 2003, 0024
KG, Beschluss vom 15.04.2002 - KartVerg 3/02
1. Wird ein erkannter Verstoß gegen Vergabebestimmungen ohne vorherige Rüge sogleich bei der Vergabekammer geltend gemacht, ist der Nachprüfungsantrag nicht unzulässig, wenn die Beanstandung so aktuell ist, dass der Antragsteller mit der Rüge noch nicht präkludiert wäre (Abgrenzung zu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. August 2000 - Verg 9/00).*)
2. Die prozessualen Interessen des Auftraggebers werden durch den ohne vorherige Rüge angebrachten Nachprüfungsantrag nicht beeinträchtigt, weil er der Beanstandung nach Zustellung des Nachprüfungsantrags abhelfen und dadurch die Erledigung der Hauptsache herbeiführen kann und im Rahmen der dann zu treffenden Kostenentscheidung der Rechtsgedanke des § 93 ZPO zu berücksichtigen ist.*)
3. Dürfen Nachunternehmer nur für Leistungen eingesetzt werden, auf deren Erbringung der Betrieb des Bieters nicht eingerichtet ist und will dieser Subunternehmer entgegen den Verdingungsunterlagen nicht sofort, sondern erst nach Auftragserteilung benennen, rechtfertigt diese Abweichung keinen Ausschluss vom Vergabeverfahren, wenn bei Widersprüchen vorrangig die Verdingungsunterlagen gelten und das Angebot des Unternehmers nur insofern, als es diesen nicht widerspricht. In solchen Fällen droht keine Verfälschung des Wettbewerbs, weil der Bieter daran festgehalten werden kann, die Leistungen im eigenen Betrieb erbringen zu müssen (Abgrenzung zu Thüringer OLG, Beschluss vom 5. Dezember 2001 - 6 Verg 4101).*)
4. Von der Entscheidung eines anderen OLG wird nur dann in einer die Vorlage an den Bundesgerichtshof gebietenden Weise abgewichen, wenn eine Rechtsfrage bei im Wesentlichen gleich oder vergleichbar gelagertem Sachverhalt anders beurteilt werden soll. Die abstrakte, vom Sachverhalt losgelöste Beantwortung einer Rechtsfrage durch den anderen Senat bindet nicht. Inwieweit die Sachverhalte gleich oder vergleichbar gelagert sind, ist eine Frage der einzelnen Fälle.*)
VolltextVPRRS 2003, 0023
BayObLG, Beschluss vom 12.03.2002 - Verg 3/02
1. Der Gegenstandswert des Verfahrens vor der Vergabekammer ist in entsprechender Anwendung des § 12 a Abs. 2 GKG mit 5 % der Auftrags- oder Angebotssumme zu bestimmen.*)
2. Zum Anfall und zur Höhe einer Besprechungsgebühr, wenn die Vergabekammer ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, jedoch in einem ihrer Entscheidung vorausgegangenen Telefonat mit dem Anwalt die entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte angesprochen und ergänzend Unterlagen angefordert wurden.*)
VolltextVPRRS 2003, 0022
KG, Beschluss vom 07.06.2000 - KartVerg 3/00
1. Nach Ansicht des Vergabesenats des Kammergerichts ist gesetzlich für ein Vergabenachprüfungsverfahren nach Zuschlagserteilung kein Raum, auch nicht als Verfahren zur Feststellung von Vergaberechtsverstößen, und dies selbst dann nicht, wenn mangels rechtzeitiger Vorabinformation das Nachprüfungsverfahren gar nicht erst vor Zuschlag eingeleitet werden konnte.*)
2. Wegen der Abweichung in diesem Punkte von dem Beschluss des OLG Rostock vom 20. März 2000 - 17 W 5/99 - legt der Vergabesenat des Kammergerichts seine einschlägige Sache dem BGH zur Entscheidung der Frage vor: Ist ein Nachprüfungsantrag noch nach erteiltem Zuschlag statthaft, wenn der Antragsteller auf den bevorstehenden Zuschlag nicht hingewiesen worden ist?*)
VolltextVPRRS 2003, 0021
BayObLG, Beschluss vom 23.11.2000 - Verg 12/00
1. Ablehnung eines Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung wegen mangelnder Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde.*)
2. Es kommt bei der Rügepräklusion auf die objektive Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes für einen durchschnittlichen Anbieter an, nicht auf die tatsächliche Erkenntnis beim Antragsteller.
VolltextVPRRS 2003, 0020
BayObLG, Beschluss vom 27.09.2002 - Verg 18/02
Die Vergabekammer hat im Nachprüfungsverfahren von Amts wegen auch über die Erstattung der notwendigen Aufwendungen des Beigeladenen zu entscheiden. Liegt insoweit keine Entscheidung vor, kann sie nicht im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens, sondern nur durch nachträgliche Ergänzung des Beschlusses herbeigeführt werden.*)
VolltextVPRRS 2003, 0019
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.11.2002 - Verg 56/02
1. Gem. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A sind bei der Auswahl der Angebote, die für einen Zuschlag in Betracht kommen, nur diejenigen Bieter zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der ausgeschriebenen Leistungen die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen.
2. Gemäß § 7 a Nr. 2 Abs. 3 Satz 1 VOL/A 2. Abschnitt muss der Auftraggeber die vorzulegenden Nachweise bereits in der Bekanntmachung angeben. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass er nach der Bekanntmachung weder zusätzliche noch andere Belege fordern kann und dass er den Bietern ebensowenig die Vorlage anderer Nachweise gestatten kann.
3. Die Formulierung "Der Nachweis ist nicht erforderlich, wenn der Bieter dem Auftraggeber aufgrund früherer Vertragsbeziehungen bereits bekannt ist" verlangt ausdrücklich, dass die ausgeschriebene Leistung bereits früher durch den Bieter aufgrund eigener Vertragsbeziehungen zum Auftraggeber erbracht worden ist. Das schließt eine erweiternde Auslegung der Klausel dahin aus, es genüge auch die Einschaltung in einem fremden Vertragsverhältnis.
VolltextVPRRS 2003, 0018
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.11.2002 - Verg 45/02
1. Nach 16 Abs. 3 VOF ist der Auftraggeber verpflichtet, die Kriterien, die er bei der Entscheidung über die Auftragsvergabe heranziehen will, in der Aufgabenbeschreibung oder der Vergabebekanntmachung anzugeben.
2. Er muss auch solche Auftragskriterien explizit benennen, die sich "von selbst verstehen" bzw. bereits in § 16 Abs. 2 VOF genannt werden.
3. Der Verordnungsgeber hat sich mit § 16 Abs. 1 VOF dafür entschieden, nicht den niedrigsten Preis eines Angebots zum ausschlaggebenden Zuschlagskriterium zu machen, sondern auf die "bestmögliche" Leistung abzustellen.
VolltextVPRRS 2003, 0017
VK Halle, Beschluss vom 04.06.2002 - VK Hal 08/02
1. Gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB hat die Antragstellerin nach Erkennen des Vergabeverstoßes diesen unverzüglich bei der Vergabestelle zu rügen. Diese Vorschrift setzt damit positive Kenntnis des Bewerbers von dem Vergabeverstoß voraus.
2. In Anlehnung an § 121 Abs. 2 Satz 1 BGB ist der wortgleiche Begriff "ohne schuldhaftes Verzögern" nicht mit sofort gleichzusetzen, sondern der Antragstellerin ist nach Kenntniserlangung des Verstoßes eine angemessene Überlegungsfrist einschließlich einer rechtlichen Beratung einzuräumen.
3. Grundsätzlich müssen jedem potentiellen Auftragnehmer gegenüber so rechtzeitig die relevanten Kriterien bekannt gemacht werden, dass dieser die Präsentation seines Angebotes darauf ausrichten kann.
Das Offenlegen der relevanten Kriterien unterfällt dem Pflichtenkreis des Auftraggebers.
VolltextVPRRS 2003, 0016
VK Halle, Beschluss vom 22.04.2002 - VK Hal 05/02
1. Die Vorinformationspflicht des Auftraggebers aus § 13 VgV gilt auch im Verhandlungsverfahren.
2. An das Formerfordernis des § 108 GWB dürfen jedoch keine übersteigerten Anforderungen gestellt werden. Insbesondere können die Anforderungen nicht größer sein, als die an die Form des § 117 GWB, der sofortigen Beschwerde vor dem zuständigen Oberlandesgericht.
3. Nach den Regelungen der VOF steht es dem Auftraggeber grundsätzlich frei, von den in der VOF genannten Auftragskriterien abzuweichen. Durch die Aufstellung derartiger Kriterien darf allerdings kein Wertungswiderspruch zu den in der VOF genannten Auftragskriterien entstehen.
VolltextVPRRS 2003, 0015
VK Halle, Beschluss vom 26.03.2002 - VK Hal 04/02
1. In § 4 Abs. 1 VergabeG LSA ist bestimmt, dass ein Bieter von der Wertung auszuschließen ist, wenn er die unter Nr. 1, 2 und 3 genannten Unterlagen, wie die aktuellen Nachweise der Finanzbehörde, des zuständigen Sozialversicherungsträgers, der Sozialkasse des Baugewerbes über die vollständige Entrichtung von Steuern und Beiträgen, einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister (nicht älter als 6 Monate) oder die Tariftreueerklärung nicht beibringt.
2. Die Vergabekammer kann allein auf der Grundlage der Existenz eines Beschwerdeantrages unabhängig von dessen Zulässigkeit und Begründetheit überprüfen, ob sie Maßnahmen zur Wiederherstellung oder Sicherung der Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens für erforderlich hält.
VolltextVPRRS 2003, 0014
OLG Naumburg, Beschluss vom 15.01.2002 - 1 Verg 5/00
1. Die Prüfung der Eignung der Bewerber, d.h. ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit, ist nicht nur statthaftes Kriterium einer Auswahl, der öffentliche Auftraggeber ist zu einer solchen Prüfung sogar verpflichtet.
2. Im Rahmen der Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Bewerbers darf der öffentliche Auftraggeber die angegebenen Referenzen auch formlos überprüfen (soweit er dadurch gesicherte Erkenntnisse zu erlangen vermag) sowie die Erfahrungen aus der Erfüllung früherer Verträge einbeziehen.
3. Die eigenen Erfahrungen eines öffentlichen Auftraggebers mit einem Bewerber sind im gleichen Maße wie Referenzen letztlich Ausdruck einer subjektiven Bewertung der bisherigen Geschäftsbeziehung. Sie unterliegen als solche nicht den hohen Maßstäben, wie sie beispielsweise für die Begründung einer vorzeitigen Kündigung eines befristeten Vertrages aus wichtigem Grunde anzulegen sind. Entscheidend ist lediglich, dass diese subjektive Wertung vertretbar und nicht völlig haltlos ist.
VolltextVPRRS 2003, 0013
BayObLG, Beschluss vom 02.12.2002 - Verg 24/02
1. Rechtsanwälte, die sich schwerpunktmäßig am Sitz des zuständigen Gerichts mit Vergabesachen befassen, müssen organisatorisch zuverlässig sicherstellen, daß die Fax-Nummer des betreffenden Gerichts in einem Verzeichnis ihrer Kanzlei zugriffsbereit vorliegt und dieses von den Mitarbeitern auch benutzt wird.*)
2. Wirksamkeit eines Beschlusses der Vergabekammer Südbayern, der nur von deren Vorsitzenden, nicht aber auch von (haupt- und ehrenamtlichen) Beisitzern unterschrieben ist (Fortführung von BayObLG Beschluß vom 1. 10. 2001, Verg 6/01 = VergabeR 2002, 63).*)
3. Zur Gleichwertigkeit von Nebenangeboten im Straßenbau.*)
4. Schreibt die Vergabestelle die Decken- und Tragschichten für den Bau einer Bundesfernstraße nach Einheitspreisen aus, stellt es grundsätzlich keinen Wertungsfehler dar, wenn sie ein Pauschalpreis-Nebenangebot mit der Erwägung ausschließt, dieses werde bei Ausnutzung zulässiger Toleranzen nach ZTVT- StB 95/98 und ZTV Asphalt-StB 94/98 teurer als die im Hauptangebot vorgesehene Abrechnung nach Einheitspreisen.*)
VolltextVPRRS 2003, 0012
BayObLG, Beschluss vom 12.12.2001 - Verg 19/01
1. § 107 Abs. 2 GWB setzt voraus, daß die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend gemacht wird. Die Möglichkeit, die Durchführung eines Vergabeverfahrens mit dem Vorbringen anzugreifen, die Anwendung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren sei unzulässig, ist durch § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB i. V. m. § 97 Abs. 7 GWB nicht eröffnet.*)
2. Zu den Anforderungen an eine unverzügliche Rüge im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.*)
VolltextVPRRS 2003, 0011
BayObLG, Beschluss vom 08.02.2001 - Verg 13/00
Im Beschwerdeverfahren nach GWB §§ 116 ff ist über die Erstattung von außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nach billigem Ermessen zu entscheiden (VwGO § 162 Abs 3 analog); die Anordnung der Erstattung entspricht in der Regel der Billigkeit, wenn ein Beigeladener erfolgreich Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.*)
VolltextVPRRS 2003, 0010
BayObLG, Beschluss vom 11.04.2000 - Verg 1/00
1. Ist die in der Bekanntmachung benannte Frist zur Bewerbung infolge fehlerhafter Berechnung kürzer als die nach der Verdingungsordnung hierfür vorgesehene Mindestfrist, ist die Rüge eines aus der Bekanntmachung erkennbaren Verstoßes gegen Vergabevorschriften auch dann als rechtzeitig anzusehen, wenn sie von dem Bewerber unverzüglich erhoben wird.*)
2. Bei der Vergabe von Transportleistungen für Müll darf die Vergabestelle den Einsatz von Subunternehmern von ihrer Zustimmung abhängig machen und den Nachweis einer bestimmten Mindestanzahl von auf den Bewerber zugelassenen Transportfahrzeugen verlangen.*)
3. Zur Frage der Bindung des Auftraggebers bei der Auswahl unter den Bewerbern, die im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs im nicht offenen Verfahren einen Teilnahmeantrag eingereicht haben.*)
VolltextVPRRS 2003, 0009
VK Sachsen, Beschluss vom 24.10.2002 - 1/SVK/096-02g
1. Die Einbeziehung eines Nebenangebotes in die Wertung nach § 25 Nr. 5 VOB/A setzt u.a. voraus, dass die Alternative objektiv gleichwertig ist. Dabei geht es entscheidend um die Frage, ob das Nebenangebot, so wie es vorliegt, mit hinreichender Sicherheit geeignet ist, dem Willen des Auftraggebers in allen technischen und wirtschaftlichen Einzelheiten gerecht zu werden. Nebenangebote müssen von vornherein so gestaltet sein, dass der Auftraggeber in der Lage ist, diese zu prüfen und zu werten. Die vorzulegenden Nachweise müssen es dem Auftraggeber ermöglichen, ohne weitere Untersuchungen die Gleichwertigkeit des Nebenangebots zu erkennen. Defizite des Bieters hinsichtlich der vorzulegenden Unterlagen muss der Auftraggeber nicht durch eigene, ergänzende Untersuchungen ausgleichen. Fehlt eine vollständige, übersichtliche und nachvollziehbare Präsentation der Gleichwertigkeit des Nebenangebotes oder ist diese lediglich allgemein gehalten, ist das Nebenangebot nicht zu berücksichtigen.*)
2. Ist die Durchführung der geplanten Maßnahme in der veränderten Technologie des Nebenangebotes noch von der Herstellung statischer Konzepte oder Bauausführungsplänen abhängig, macht deren Fehlen bei Angebotsabgabe das Nebenangebot unvollständig und damit nicht wertbar.*)
3. Bei § 30 VOB/A handelt es sich um eine bieterschützende Norm. § 30 VOB/A verpflichtet den Auftraggeber die gesamte Vergabeentscheidung (u. a. auch die Bewertung der Nebenangebote) im Vergabevermerk transparent und nachvollziehbar zu dokumentieren; dies gilt insbesondere, wenn er sich bei seiner Auswahlentscheidung über vorhandene gutachterliche Bewertungen hinwegsetzt.*)
4. Ein Verstoß gegen § 13 S.1 VgV liegt nicht vor, wenn der Auftraggeber den Bietern keine Informationen über die Annahme bzw. Ablehnung der Nebenangebote konkurrierender Bieter gibt.*)
VolltextVPRRS 2003, 0008
VK Münster, Beschluss vom 22.08.2002 - VK 7/02
1. Zur Frage der Zulässigkeit von Anträgen von Beigeladenen nach Eröffnung eines Nachprüfungsverfahrens.
2. Zur Frage der Bedeutung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Mitglieds einer Bietergemeinschaft nach Angebotsabgabe für die Zulassung und Eignung der Bietergemeinschaft.
VolltextVPRRS 2003, 0007
VK Münster, Beschluss vom 28.10.2002 - VK 11/02
1. Die Nichteinreichung eines Nachunternehmerverzeichnisses rechtfertigt im Regelfall nicht den Ausschluss vom Vergabeverfahren. Werden jedoch in einem Angebot hinsichtlich des Einsatzes von Nachunternehmern widersprüchliche Angaben gemacht und kann allein aus dem Text des Angebots nicht geschlossen werden, in welchem Umfang ein Nachunternehmereinsatz geplant ist, dann rechtfertigt dies den Ausschluss des Angebots durch die Vergabestelle.
2. Nach der Öffnung der Angebote bis zur Zuschlagserteilung darf die Vergabestelle nur in den in § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A abschließend aufgezählten Fällen mit einem Bieter verhandeln. Eine Aufklärung über Art und Umfang des von der Antragstellerin beabsichtigten Nachunternehmereinsatzes ist von § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht gedeckt, weil dies zu einer wesentlichen Änderung des Angebots der Antragstellerin hätte führen können.
VolltextVPRRS 2003, 0006
VK Münster, Beschluss vom 14.11.2002 - VK 16/02
1. Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags, Schadensdarlegung: Dass ein Bieter wegen des Inhalts eines abgegebenen Angebots keine Zuschlagschance hätte, trifft dann nicht zu, wenn die Korrektur des möglichen Rechtsverstoßes zur Änderung der Verdingungsunterlagen führen müsste und der Antragsteller dann ein neues Angebot vorlegen dürfte.*)
2. Leistungsbeschreibung und Diskriminierungsverbot: Der ausgeschriebene Leistungsinhalt darf so beschaffen sein, dass einzelne Bieter Kostenvorteile genießen, sofern es für den Auftraggeber vernünftige, etwa wirtschaftlichkeitsbezogene Gründe dafür gibt. Derartige Vorteile sind nicht durch einen Wertungszuschlag auszugleichen.*)
3. Offenbares Missverhältnis Preis - Leistung: Auf das Verbot des Zuschlags auf ein Angebot mit einen unangemessen niedrigen, im offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehenden Preis, kann sich ein konkurrierender Bieter nicht berufen, wenn nicht zu erkennen ist, dass eine Absicht zur Verdrängung von Konkurrenten vom Markt besteht. Auf die Gefahr einer nicht ordnungsgemäßen Ausführung der Leistung kann sich ein Konkurrent im Nachprüfungsverfahren zumindest dann nicht berufen, wenn nach dem vorgelegten Aufklärungsvermerk und der in der mündlichen Verhandlung getätigten Erörterung ein Beurteilungsfehler nicht zu erkennen ist.*)
4. Aufklärungspflicht: Ein Verstoß gegen die Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Aufklärung über die Grundlagen der Preisermittlung kann von einem Bieter nur dann geltend gemacht werden, wenn er ein entsprechendes Aufklärungsersuchen nachweisen kann.*)
5. Eine inhaltlich nicht § 13 VgV entsprechende Vorabinformation ist für die Begründetheit eines Nachprüfungsantrags ohne Bedeutung.*)
VolltextVPRRS 2003, 0005
VK Hamburg, Beschluss vom 17.12.2002 - VgK FB 3/02
1. Die Rüge muss die Vergabestelle auffordern, den gerügten Verstoß abzustellen. Sie unterfällt zwar keinem Formerfordernis, kann also auch mündlich ergehen. Der Antragsteller muss jedoch zum Ausdruck bringen, dass er dem Auftraggeber eine letzte Chance zur Korrektur bietet, bevor der Bieter den Rechtsweg zur Vergabekammer beschreitet.
2. Im Vergabenachprüfungsverfahren muss der Antragsteller hinsichtlich jeder einzelnen Rüge darlegen, dass ihm durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Die Antragsbefugnis ist zu verneinen, wenn sich aus Gründen, die außerhalb der Rüge liegen, ergibt, dass dem Antragsteller der Zuschlag nicht erteilt werden kann.
3. Die Bewertung des wirtschaftlichsten Angebots ist auf die in den Vergabeunterlagen ausdrücklich genannten Kriterien beschränkt.
4. Wenn der Auftraggeber - versehentlich oder gewollt - kein relevantes Zuschlagskriterium angegeben hat, ist anerkannt, dass der Preis das einzig relevante Zuschlagskriterium ist.
VolltextVPRRS 2003, 0004
VK Hamburg, Beschluss vom 19.12.2002 - VgK FB 4/02
1. Ein Beurteilungsspielraum ist von der Vergabestelle selbst und nicht etwa von einem dahinter geschalteten Gremium auszufüllen.*)
2. Ein Ausschluss wegen fehlender Fachkunde, Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit muss erkennen lassen, an welchem bzw. welchen der drei Kriterien die Eignung eines Bieters scheitert.*)
3. Die Zubilligung einer Einarbeitungszeit ist notwendige Voraussetzung, um auch Newcomern eine Chance auf den Zuschlag einzuräumen. Soweit spezifische Kenntnisse erforderlich sind, hat die Vergabestelle durch geeignete Rahmenbedingungen (z.B. Dokumentation) dafür Sorge zu tragen, dass die Leistungen nach einer angemessenen Einarbeitungszeit erbracht werden können.*)
IBRRS 2003, 0024
OLG Naumburg, Urteil vom 17.10.2002 - 4 U 99/02
Dem Werkunternehmer obliegt es als Nebenpflicht des Werkvertrages, das Eigentum des Auftraggebers vor Schaden zu bewahren und alle zumutbaren Verkehrungen zum Schutz des Eigentums des Auftraggebers vor Beschädigung und Zerstörung zu treffen. Er hat daher schon in seinem Angebot die geeigneten Sicherungsmaßnahmen einzukalkulieren und diese - wenn sie sich dem Angebot nicht als gesonderte Position entnehmen lassen - gegebenenfalls unentgeltlich zu erbringen.*)
VolltextVPRRS 2003, 0003
OLG Jena, Beschluss vom 16.12.2002 - 6 Verg 10/02
1. Der Umfang des Akteneinsichtsrechts in den Beschwerdeverfahren nach den §§ 116 ff. GWB ergibt sich aus einer Abwägung des Geheimhaltungsinteresses der konkurrierenden Bieter und des Rechtsschutzinteresses des um Akteneinsicht nachsuchenden Bieter unter Berücksichtigung des Transparenzgebots im Vergabeverfahren und des Grundrechts der Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG). Es besteht nur in dem Umfang, wie es zur Durchsetzung der subjektiven Rechte des jeweiligen Verfahrensbeteiligten erforderlich ist und wird von vornherein durch den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens begrenzt (Senat, Beschluss vom 07.11.2001, 6 Verg 4/01; Senat VergR 2002, 305).*)
2. Können Aktenbestandteile für entscheidungserhebliche Fragen von Bedeutung sein, versagt der Senat in ständiger Rechtsprechung (Senat VergR 2002, a.a.O. m.w.N.) die Akteneinsicht nur, wenn die Geheimhaltungsbedürftigkeit nicht nur behauptet, sondern nachvollziehbar dargelegt ist.*)
VPRRS 2003, 0002
OLG Brandenburg, Beschluss vom 19.12.2002 - Verg W 9/02
1. Die Aufhebung einer Ausschreibung ist nach der Entscheidung des EuGH vom 18.6.2002 (Rs. C-92/00, "Hospital Ingenieure") im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren grundsätzlich anfechtbar ("Aufhebung der Aufhebung"). Das deutsche Recht ist insoweit einer richtlinienkonformen Auslegung zugänglich.
2. Die Anfechtbarkeit gilt unabhängig davon, ob die Aufhebung vor Eingang des Nachprüfungsantrages bei der Vergabekammer, vor Zustellung an den Auftraggeber oder vor verfahrensabschließender Entscheidung der Vergabekammer erfolgt ist.
3. Dem öffentlichen Auftraggeber ist es möglich, die Aufhebung eines Vergabeverfahrens herbeizuführen, wenn er gänzlich Abstand von der Vergabe eines zunächst ausgeschriebenen Auftrages nehmen will. Schwerwiegender Gründe oder einer Ausnahmesituation bedarf es hierfür nicht. Die Einleitung eines öffentlichen Vergabeverfahrens begründet keinen Kontrahierungszwang (ständige Rechtsprechung des EuGH).
4. Eine Aufhebung des Vergabeverfahrens ist auch aus Gründen zulässig, die dem Auftraggeber bei Einleitung der später aufgehobenen öffentlichen Ausschreibung bekannt gewesen sind.
5. Bei Aufhebung eines Vergabeverfahrens ist der Auftraggeber in jedem Stadium des Verfahrens verpflichtet, die Gründe für die Aufhebung zeitnah zu dokumentieren, um Manipulationen zu verhindern. Nur auf diese Weise kann ein Bieter die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung nachprüfen lassen. Der Umfang der Dokumentationspflicht liegt nicht im Ermessen des Auftraggebers, ist jedoch bei einer Aufhebungsentscheidung letztlich davon abhängig, in welchem Umfang die Entscheidung des Auftraggebers rechtlich nachprüfbar ist.
VolltextVPRRS 2003, 0001
OLG Köln, Urteil vom 08.10.2002 - 22 U 48/02
1. Ein bei einer öffentlichen Ausschreibung übergangener Bieter kann grundsätzlich nur seinen Vertrauensschaden ersetzt verlangen, also seine Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Angebotserstellung entstanden sind. Auf das Erfüllungsinteresse richtet sich der Anspruch dagegen nur in Ausnahmefällen, und zwar dann, wenn der Bieter bei ordnungsgemäßer Durchführung des Vergabeverfahrens den Zuschlag hätte erhalten müssen.
2. Zur Frage, ob ein Skonto-Angebot ein unzulässiges und damit unbeachtliches Nebenangebot darstellt (so OLG Jena) und ob es wirksam ist, wenn es mit der Formulierung "bei Einhaltung der Zahlung nach VOB/B" verbunden wird.
3. Ein Submissionsspiegel ist ein bloßes Internum der ausschreibenden Stelle und bewirkt deshalb keine Selbstbindung.
VolltextOnline seit 2002
VPRRS 2002, 0283BayObLG, Beschluss vom 22.11.2002 - Verg 26/02
Es entspricht nur dann der Billigkeit, dem unterlegenen Gegner die notwendigen Aufwendungen eines Beigeladenen aufzuerlegen, wenn der Beigeladene entweder eigene Sachanträge gestellt oder ein eigenes Rechtsmittel eingelegt oder zumindest das Verfahren wesentlich gefördert hat.*)
VolltextVPRRS 2002, 0309
OLG Hamburg, Beschluss vom 02.10.2002 - 1 Verg 1/00
Wird eine Bietergemeinschaft allein deswegen bei der Vergabe nicht berücksichtigt, weil von ihren vier Mitgliedern zwei ausgeschieden sind, dann besteht nicht der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen den behaupteten Verletzungen von Vergabevorschriften und der Nichtberücksichtigung bei der Auftragsvergabe.*)
VolltextVPRRS 2002, 0282
OLG Brandenburg, Beschluss vom 28.11.2002 - Verg W 8/02
Ein Verband kann nur dann wirksam im Sinne von § 107 Abs. 3 GWB rügen, wenn die Rüge für einen namentlich benannten Bieter ausgesprochen wird.
VolltextVPRRS 2002, 0281
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 13.11.2002 - 5 Verg 1/02
Die Forderung nach Einhaltung bestimmter umweltschützender Qualitätsstandards ist zulässig, wenn die Standards auftragsbezogen sind (Eignungsnachweise). Die Forderung nach einer Zertifizierung gemäß der Entsorgungsfachbetriebsverordnung ist zulässig (Eignung).
VolltextVPRRS 2002, 0280
VK Brandenburg, Beschluss vom 17.09.2002 - VK 50/02
1. Die Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers, ein Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb auf der Stufe des Teilnahmewettbewerbs aufzuheben, kann im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens nach den §§ 107 ff. GWB überprüft und aufhoben werden. Die Vorschrift des § 114 Abs. 1, 2 GWB ist insofern unter Berücksichtigung der vom EuGH in seinem Urteil vom 18.06.2002 in der Rechtssache C-92/00 vorgenommenen Auslegung von Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie 89/665/EWG richtlinienkonform auszulegen (Fortführung von VK Brandenburg, Beschluss vom 30.07.2002 - VK 38/02 -).*)
2. Auch die Aufhebung eines Verhandlungsverfahrens auf der Stufe eines vorgeschalteten Teilnahmewettbewerbs ist nachprüfbar und kann durch die Vergabekammer aufgehoben werden. Ansonsten könnte ein öffentlicher Auftraggeber das Verbot des § 16 Nr. 2 VOL/A beliebig umgehen, da er ohne den ernsthaften Willen zur Einholung von Angeboten missbräuchlich ein nach § 3a Nr. 1 Abs. 4 VOL/A fingiertes Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb ausschreiben könnte, nur um unter dem Vorwand des nach dieser Vorschrift einem normalerweise ernsthaft beabsichtigten Verhandlungsverfahren vorzuschaltenden Teilnahmewettbewerbs lediglich Markterkundung zu betreiben und das Vergabeverfahren anschließend wieder aufzuheben.*)
3. Die Tatsache einer Aufhebung steht der Antragsbefugnis im Nachprüfungsverfahren nicht entgegen. Eine Aufhebung ist nur dann wirksam mit der Folge der Beendigung eines Vergabeverfahrens, wenn die Aufhebung rechtmäßig nach den Voraussetzungen des § 26 Nr. 1 VOL/A erfolgt ist. Ferner bedarf die Aufhebung, um überhaupt wirksam werden zu können der Bekanntgabe nach außen durch den Auftraggeber an die jeweils betroffenen Bewerber bzw. Bieter.*)
4. Eine Verletzung der bieterschützenden Mitteilungspflicht des § 26 a S. 2 VOL/A ist ausgeschlossen, wenn der Auftraggeber die Gründe mitteilt, die für ihn ausschlaggebend waren, ein Vergabeverfahren aufzuheben. Es kommt nicht darauf an, ob diese Gründe die Aufhebung inhaltlich zu tragen vermögen. Denn durch die Mitteilung im Sinne des § 26a S. 2 VOL/A soll ein Bewerber lediglich in den Stand versetzt werden zu prüfen, ob der Verzicht auf die Vergabe bzw. die Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtmäßig ist oder nicht.*)
5. Für einen Schaden i.S.v. § 107 Abs. 2 S. 2 GWB ist es ausreichend, dass der Auftraggeber es aufgrund einer vom Antragsteller behaupteten und möglichen Verletzung seiner Rechte unterlässt, Teilnahmeanträge von Bewerbern in einem öffentlichen Teilnahmewettbewerb, der einem Verhandlungsverfahren vorgeschaltet ist, pflichtgemäß auszuwerten und auszuwählen.*)
6. Solange es keine dem § 13 VgV entsprechende Vorabinformation für das Verfahren der Aufhebung eines Vergabeverfahrens gibt, ist die Rüge i.S.v. § 107 Abs. 3 GWB im Falle der Überprüfung einer Aufhebung verzichtbar, weil sie zwecklos ist. Durch die Aufhebung gibt der öffentliche Auftraggeber zu erkennen, dass er definitiv auf die Vergabe des Auftrags im Wettbewerb verzichten will (abweichend von VK Brandenburg, Beschluss vom 30.07.2002 - VK 38/02 -).*)
7. Die Aufhebung eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb muss wegen § 1a Nr. 1 Abs. 1 S. 2 VOL/A den Voraussetzungen des § 26 Nr. 1 VOL/A entsprechen.*)
8. Die Aufhebung eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb erfolgt gegenüber allen Bewerbern unter Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot willkürlich, wenn sie sich nur auf Gründe stützt, die dem Auftraggeber bereits vor der Bekanntmachung des Vergabeverfahrens bekannt waren bzw. jedenfalls schon vorher bekannt sein konnten. Ein sachlicher Grund für die Aufhebung fehlt wegen der Verletzung des rechtsstaatliche Gebots konsequenten Verwaltungshandelns, der das Vertrauen der Bewerber auf die Durchführung des Vergabeverfahrens - einschließlich des vorgeschalteten Teilnahmewettbewerbs - auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Vergabebekanntmachung bekannten Umstände schützt.*)
9. Die schlichte Tatsache eines Kreistagsbeschlusses, in dem die Verwaltung beauftragt wird, ein bereits bekannt gemachtes Vergabeverfahren aufzuheben, genügt nicht als Grund für eine Aufhebung nach § 26 Nr. 1 VOL/A. Auch ein Kreistag ist als Organ einer Selbstverwaltungskörperschaft an Recht und Gesetz gebunden und hat bei entsprechenden Beschlüssen die inhaltlichen Voraussetzungen des Vergaberechts, bei Aufhebungen die des § 97 Abs. 1, 2 GWB und des § 26 Nr. 1 VOL/A, zu beachten.*)
10. Eine Aufhebung der Entscheidung eines Auftraggebers, ein Vergabeverfahren aufzuheben, ist die geeignete und erforderliche Entscheidung der Vergabekammer, um klarzustellen, dass eine rechtswidrige Aufhebung das Vergabeverfahren nicht beendet hat.*)
VolltextVPRRS 2002, 0279
OLG Dresden, Beschluss vom 12.06.2002 - WVerg 0006/02
1. Zum Begriff der "Verdingungsunterlagen" nach § 10 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A.*)
2. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A lässt in atypischen Sonderfällen trotz des Fehlens geforderter Angaben eine Angebotswertung zu, wenn dieses Erklärungsdefizit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zu einer Wettbewerbsverbesserung führen kann und deshalb ein Wertungsausschluss nicht geboten ist.*)
3. Dies begründet kein - mit § 25 Nr. 1 Abs. 1 e VOB/A unvereinbares - Ausschlussermessen der Vergabestelle, sondern räumt ihr nur einen der Kontrolle der Vergabenachprüfungsorgane unterliegenden Spielraum bei der Beurteilung der Frage ein, ob der Tatbestand eines atypischen Sonderfalls gegeben ist.*)
VolltextVPRRS 2002, 0278
VK Nordbayern, Beschluss vom 18.11.2002 - 320.VK-3194-23/02
Wurde bei der Vergabekammer u.a. ein Antrag auf Gestattung des Zuschlags gem. § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB gestellt, so ist für den Rechtsanwalt des Erstattungsberechtigten in entsprechender Anwendung des § 65 a Satz 2 BRAGO eine Erhöhung der Gebühr um 50 vom Hundert festzusetzen.*)
VolltextVPRRS 2002, 0277
EuGH, Urteil vom 12.12.2002 - Rs. C-470/99
1. Eine Einrichtung, die zwar nicht zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, die jedoch später solche Aufgaben übernommen hat und diese seither tatsächlich wahrnimmt, erfüllt das Tatbestandsmerkmal des Artikels 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster Gedankenstrich der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, um als Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne dieser Bestimmung qualifiziert werden zu können, sofern die Übernahme dieser Aufgaben objektiv festgestellt werden kann.*)
2. Die Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der Fassung der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, nach der die Nachprüfung einer Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers binnen einer bestimmten Frist beantragt werden muss, wobei sämtliche Mängel des Vergabeverfahrens, auf die der Antrag gestützt wird, innerhalb dieser Ausschlussfrist gerügt werden müssen, so dass bei Versäumnis der Frist im weiteren Verlauf des Verfahrens weder die betreffende Entscheidung angefochten noch ein solcher Mangel geltend gemacht werden kann, sofern die fragliche Frist angemessen ist.*)
3. Die Richtlinie 93/37 ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber, der im Rahmen eines nicht offenen Verfahrens im Voraus Regeln für die Gewichtung der Kriterien für die Auswahl der Bewerber, die zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden, aufgestellt hat, verpflichtet ist, diese Regeln in der Auftragsbekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen anzugeben.*)
VolltextVPRRS 2002, 0276
OLG Dresden, Beschluss vom 03.12.2002 - WVerg 15/02
1. Eine "Aufhebung der Aufhebung" im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren ist auch nach der Entscheidung des EuGH vom 18.06.2002 (Rs. C-92/00 - "Hospital Ingenieure") nicht generell möglich.
2. In richtlinienkonformer Auslegung des deutschen Vergabenachprüfungsrecht sind Entscheidungen über die Aufhebung einer Ausschreibung lediglich dahin nachprüfbar, ob sie gegen materielles Gemeinschaftsrecht oder entsprechende deutsche Umsetzungsvorschriften verstoßen. Wird lediglich ein Verstoß gegen deutsches Vergaberecht geltend gemacht, ist eine Aufhebungsentscheidung nach wie vor nicht anfechtbar.
3. Der Senat sieht sich an einer entsprechenden Entscheidung allerdings durch den Beschluss des OLG Hamburg vom 04.11.2002 (1 Verg 3/02) gehindert und legt das Verfahren daher dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vor.
VolltextVPRRS 2002, 0275
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.08.2002 - 1 S 379/01
1. Eine kommunalaufsichtsrechtliche Beanstandungsverfügung kann auch dann erlassen werden, wenn die beanstandete Verhaltensweise der Gemeinde nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (hier: Auftragsvergabe nach rechtswidrigem Vergabeverfahren).*)
2. Im Hinblick auf die Gleichbehandlung aller Teilnehmer am Vergabeverfahren sind die Vergabegrundsätze streng auszulegen, um von vornherein Missverständnisse auszuschließen.*)
3. Reduziert der öffentliche Auftraggeber nach Rücksprache mit dem Bieter einen Einheitspreis, so dass diesem als günstigstem Bieter der Zuschlag erteilt wird, handelt es sich auch dann um eine nach § 24 Nr. 3 VOB/A unzulässige Preisänderung, wenn an anderer Stelle der Leistungsbeschreibung für dieselbe Position ein anderer Einheitspreis genannt wird.*)
VolltextVPRRS 2002, 0274
OLG Dresden, Beschluss vom 06.06.2002 - WVerg 0005/02
1. Ein einheitlich abgegebenes Nebenangebot kann, auch wenn es technisch in voneinander unabhängige Teile aufgegliedert werden kann und dies der Vergabestelle erkennbar war, jedenfalls dann nicht teilweise gewertet werden, wenn der Bieter sein Einverständnis hierzu nicht mit dem Angebot zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht hat.*)
2. Ob ein unangemessen hoher oder niedriger Preis i.S.d. § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A vorliegt, bestimmt sich grundsätzlich nicht nach einzelnen Einheitspreisen, sondern anhand des Gesamtpreises des Angebots. Insoweit ist der prozentuale Abstand des umstrittenen Angebots zu dem des nächstplazierten Bieters für sich allein nicht erheblich, weil er nichts dazu besagt, ob der angebotene Preis im Verhältnis zur angebotenen Leistung unangemessen ist.*)
3. Die Aufhebung einer Ausschreibung (§ 25 VOB/A) liegt im Ermessen der Vergabestelle; ein Anspruch eines Bieters auf Aufhebung kann sich daher nur ergeben, wenn dieses Ermessen mit dem Ergebnis auf Null reduziert wäre, dass nur eine Aufhebung ermessensfehlerfrei wäre.*)
VolltextVPRRS 2002, 0273
BGH, Urteil vom 05.11.2002 - X ZR 232/00
Bei Geltung der VOB/A ist der Ausschreibende auch dann, wenn kein Aufhebungsgrund nach § 26 Nr. 1 besteht, nicht schlechthin gezwungen, einen der Ausschreibung entsprechenden Auftrag zu erteilen.*)
VolltextVPRRS 2002, 0272
OLG Dresden, Beschluss vom 23.07.2002 - WVerg 7/02
1. Ein Bieter, der über keine von der Vergabestelle geforderten Erfahrungen mit der ausgeschriebenen Leistung verfügt, sondern mit einem innovativen Produkt erstmals den Marktzugang erstrebt ("Newcomer"), bleibt wegen fehlender Eignung mit seinem Angebot jedenfalls dann unberücksichtigt, wenn er es unterlassen hat, das Erfordernis von Erfahrungen in der Frist des § 107 Abs. 3 GWB zu beanstanden.*)
2. Dem hiernach im Ansatz ungeeigneten Bieter fehlt für einen Nachprüfungsantrag, der darauf gerichtet ist, gleichwohl im Vergabeverfahren beteiligt zu bleiben, regelmäßig die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB.*)
3. Die Eignung eines Bieters bestimmt sich grundsätzlich nich allein aus der Person seines Inhabers oder organschaftlichen Vertreters, sondern aus der Unternehmensorganisation als Ganzes, welche die zu vergebende Leistung zu erbringen hätte. Ist die Eignung nach dem Ausschreibungsinhalt (auch) an Ergebnissen der bisherigen betrieblichen Tätigkeit des Bieters zu messen, so leitet sie sich aus der Summe der dabei im Unternehmen angesammelten Erfahrungen und Qualifikationen ab.*)
4. Ein Punktbewertungssystem für die Eignung von Bewerbern in einem Teilnahmewettbewerb muss die einzubeziehenden Wertungskriterien in ein nach Sachgesichtspunkten sinnvolles Verhältnis zueinander bringen und eine sachbezogene Ausfüllung zulassen; seine Verwendung ist nicht allein deshalb ohne weiteres unzulässig, weil es in diesem Rahmen Punkteskalen vorsieht, die nicht jede denkbare Bewertungsabstufung im vorhinein mit konkreten Punktansätzen versehen.*)
VolltextVPRRS 2002, 0271
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.10.2002 - 1 VK 50/02
1. Schaltet ein öffentlicher Auftraggeber für die Angebotswertung ein Ingenieurbüro ein, so muss er sich erkennbar und nachvollziehbar mit dessen Vergabevorschlag auseinandersetzen, wenn er diesen übernehmen will.
2. Ist dies nicht zu erkennen, so liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB vor.
3. Die Einbeziehung eines Nebenangebots in die Wertung nach § 25 Nr. 5 VOB/A setzt grundsätzlich voraus, dass sich der Auftraggeber ein klares Bild über die im Rahmen des Nebenangebots vorgesehene Ausführung machen kann. Bei der Auslegung von Nebenangeboten ist auf den Empfängerhorizont des Auftraggebers abzustellen. Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächliche Gleichwertigkeit von Nebenangeboten liegt beim Bieter.
4. Die Zulassung von technischen Nebenangeboten ohne die Abgabe von Hauptangeboten führt nicht dazu, dass diese Nebenangebote einer Überprüfung der Gleichwertigkeit entzogen wären. Hinsichtlich der Gleichwertigkeit ist dann in erster Linie auf die sonstige allgemeine Leistungsbeschreibung abzustellen.
VolltextVPRRS 2002, 0270
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.11.2002 - 1 VK 54/02
1. Zur Frage, wann ein Teillos vorliegt.
2. Zur Bestimmung des Schwellenwertes.
VolltextVPRRS 2002, 0269
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.10.2002 - 1 VK 51/02
1. Nebenangebote dürfen – auch wenn sie grundsätzlich zugelassen sind – nicht gewertet werden, wenn sie von bindenden Vorgaben des Leistungsverzeichnises abweichen.
2. Sind zum Zwecke einer Hangsicherung zwei Stützmauern bindend im Leistungsverzeichnis vorgegeben, ist ein Nebenangebot, das statt einer der Stützmauern eine Böschung vorsieht, unzulässig.
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